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106<br />

Kapitel A 16: Erwachsene erinnern sich an ihren Vater<br />

Tanja Dückers<br />

„Der längste Tag des<br />

Jahres“<br />

Aufbau-Verlag<br />

nur noch als<br />

Taschenbuch<br />

ISBN:<br />

978-3-7466-2368-9<br />

D: 8,95 €<br />

A: 9,20 €<br />

17,70 sFr<br />

Fünf erwachsene Geschwister erinnern sich an ihren Vater, dessen<br />

Todesnachricht sie gerade erhalten haben. In jedem Kapitel beschreibt die<br />

Autorin die Situation, in der die beiden Töchter und die drei Söhne vom<br />

Tod ihres 62-jährigen Vaters erfahren. So unterschiedlich die Geschwister<br />

leben – vom „braven Familienleben mit Kindern“ bis zum Aussteiger, der<br />

als alleinerziehender Vater in der Wüste lebt – entsteht ein faszinierendes<br />

Familienportrait. Der Vater Paul Kadereit hatte in der<br />

Wirtschaftswunderzeit eine Zoohandlung mit Reptilien aufgebaut, die er<br />

schließlich wegen Insolvents schließen musste. Am Todestag erinnern sich<br />

die Erwachsenen an die Eigenarten ihres Familienoberhauptes, der alle<br />

seine Energie in das Geschäft und in seine Bienenzucht steckte. Die<br />

inzwischen erwachsenen Kinder erinnern sich an den fernen Vater, von<br />

dem es jetzt Abschied zu nehmen gilt. Lediglich einen Sohn, den Jüngsten,<br />

erreicht die Nachricht erst zwei Monate später in der Mojawe-Wüste in<br />

Kalifornien. Gerade als der alleinerziehende Vater eines siebenjährigen<br />

Sohnes wieder Kontakt zu seiner Familie aufnehmen wollte, bekommt er<br />

von seiner Mutter die Todesanzeige und einen Brief mit Familienfotos.<br />

Ein schönes kleines Buch für die Generation zwischen eigenen Kindern<br />

und den alternden Eltern. Durch die Perspektive der fünf Kinder gelingt es<br />

der Autorin, für Erwachsene einen differenzierten Zugang zum Thema<br />

„Erinnerung an den eigenen Vater“ zu finden. Die unterschiedlichen<br />

Lebensumstände und Situationen der Fünf und ihre Empfindungen<br />

sensibilisieren die mittlere Generation für ihren individuellen Umgang mit<br />

Tod und Trauer in der eigenen Familie. Wir haben diese 200 Seiten im<br />

Urlaub mit großem Interesse gelesen und der eigenen Beziehung zum<br />

Vater bzw. zum Schwiegervater gedanklich nachgespürt. Als mein Vater<br />

vor acht Jahren starb, lebte mein Bruder in Südafrika, ich konnte erst<br />

einige Tage nach der Trauerfeier mit ihm telefonieren. Sehr lesenswert,<br />

meint CMS.<br />

Peter Härtling<br />

„Nachgetragene<br />

Liebe“<br />

Dtv<br />

ISBN:<br />

978-3-423-11827-9<br />

D: 8,50 €<br />

A: 8,80 €<br />

15,20 sFr<br />

"Zwischen meiner<br />

Geburt (1933) und dem<br />

Tod meines Vaters am<br />

21. Juli 1945 lagen<br />

zwölf Jahre. Es blieb<br />

uns wenig Zeit".<br />

Der Schriftsteller Peter Härtling schrieb diese autobiographische,<br />

zeitgeschichtlich aufschlussreiche Erzählung, die in seine Kindheit, Familie<br />

und Heimat zurückführt, um Gestalt und Wesensart des früh verstorbenen<br />

Vaters wiederzufinden. Was zu Lebzeiten nicht möglich war, wird hier - die<br />

Vergangenheit vergegenwärtigend - mit begreifender Liebe nachgetragen.<br />

Ich habe zu diesem Taschenbuch für lesegewohnte Erwachsene eine<br />

Gastrezension von Lothar Hitzges aus Schweich gefunden:<br />

„In unseren Köpfen sammelte sich Unrat; wir meinten, es sei die Welt.",<br />

schreibt der Autor zu dem was Hitlerdeutschland ihm in seiner Jugend<br />

vermittelte. Das Buch mit den Schilderungen eines zehnjährigen Jungen,<br />

der mit seiner Familie, aber insbesondere mit seinem Vater hadert, ist<br />

ergreifend. Während die Familie, akademisch gebildet und unbeeindruckt<br />

von der damaligen Propaganda, ein schweres Leben in Mähren führt,<br />

erfährt der Junge eine demagogische Gehirnwäsche in Schule und von<br />

gleichaltrigen Kameraden. Was kann es schöneres geben, als im<br />

Knabenalter Krieg zu spielen, ein Held zu sein und zu den Siegern zu<br />

gehören. Dies ist für einen jungen Heranwachsenden eine sehr große<br />

Versuchung. Die Entzweiung mit der Familie, in der es möglicherweise<br />

sogar Verschwörer gegen alles gibt, was ihm jetzt heilig ist, ist somit<br />

vorprogrammiert.<br />

Die Entfremdung des Kindes zum Vater schmerzt nicht nur den Autor<br />

sehr. Besonders auch deshalb, weil der allzu frühe Tod des Vaters eine<br />

Korrektur, eine Aufarbeitung nicht mehr zulässt. Deshalb kam es<br />

vermutlich zu diesem bemerkenswerten Buch. Eine Annäherung an einen<br />

Vater mit den Augen eines inzwischen erwachsen gewordenen Sohnes.<br />

Eines Sohnes, der die Welt nun aus dem richtigen Blickwinkel zu<br />

betrachten gelernt hat und der etwas sein möchte, was ein verführerisches<br />

System unterband, nämlich Sohn.

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