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5/01<br />

SPEZIAL:[<br />

]<br />

Gen<strong>de</strong>r Mainstreaming: Ohne Brüche geht es nicht<br />

Mit ver.di entsteht nicht nur die größte Gewerkschaft <strong>de</strong>r Welt, son<strong>de</strong>rn<br />

auch die größte Frauenorganisation in Deutschland. 1 466 155 Männer<br />

stehen in ver.di 1 422 327 Frauen gegenüber. Margret Mönig-Raane,<br />

<strong>de</strong>signierte stellvertreten<strong>de</strong> ver.di-Vorsitzen<strong>de</strong>, will Gen<strong>de</strong>r Mainstreaming<br />

zu einem Grundprinzip <strong>de</strong>r neuen Gewerkschaft machen.<br />

Die HBV-Vorsitzen<strong>de</strong><br />

Margret<br />

Mönig-Raane, 52,<br />

soll als einzige<br />

Frau eine <strong>de</strong>r vier<br />

stellvertreten<strong>de</strong>n<br />

ver.di-Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

■ ver.di ist die Frauengewerkschaft<br />

schlechthin – mit einem Frauenanteil<br />

von fast 50 Prozent.<br />

■ Ich hoffe, dass ver.di eine<br />

Gewerkschaft wird, die Männer<br />

und Frauen in ihren jeweiligen<br />

Realitäten annimmt und adäquatere<br />

Antworten auf ihre<br />

Lebensentwürfe fin<strong>de</strong>t, als Gewerkschaften<br />

und Gesellschaft<br />

dies in <strong>de</strong>r Vergangenheit getan<br />

haben. Deshalb haben wir Gen<strong>de</strong>r<br />

Mainstreaming in <strong>de</strong>r Satzung<br />

verankert: Wir wollen,<br />

dass alle Projekte und Maßnahmen<br />

aus <strong>de</strong>r Perspektive von<br />

Männern und Frauen betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n. Wir wollen in unserer<br />

Politik die Folgen berücksichtigen,<br />

die sie für bei<strong>de</strong> Geschlechter<br />

hat. Insofern hoffe ich nicht,<br />

dass ver.di eine Frauengewerkschaft<br />

wird, son<strong>de</strong>rn eine Gewerkschaft,<br />

in <strong>de</strong>r Frauen einen<br />

gleichberechtigten Platz haben.<br />

Daran wer<strong>de</strong>n sich dann an<strong>de</strong>re<br />

messen lassen müssen. Für<br />

mo<strong>de</strong>rne Organisationen ist die<br />

Berücksichtigung <strong>de</strong>s Gen<strong>de</strong>r-<br />

Prinzips eine Überlebensfrage.<br />

■ Gleichberechtigung ist auch eine<br />

Machtfrage.<br />

■ Das wird auch in ver.di nicht<br />

ohne Brüche gehen. Es geht<br />

nicht um eine theoretische Betrachtung,<br />

was Gleichberechtigung<br />

be<strong>de</strong>utet, son<strong>de</strong>rn um<br />

handfeste Interessen. Deshalb<br />

haben wir in <strong>de</strong>r Satzung eine<br />

Quotierung festgeschrieben. Das<br />

heißt, dass ein Mann auch einmal<br />

seinen Platz räumen muss.<br />

Sicher wollen wir, dass alle Aktiven<br />

aktiv bleiben können. Aber<br />

bei <strong>de</strong>n Machtpositionen wird<br />

es zu Einschnitten kommen.<br />

■ Für die Gründungsphase gilt die<br />

Quotierung nicht.<br />

■ Sie gilt auch für die Gründungsphase,<br />

allerdings gibt es<br />

Ausnahmen. Es gibt Realitäten,<br />

die wir nicht wegzaubern<br />

können: Im hauptamtlichen<br />

Bereich, insbeson<strong>de</strong>re bei <strong>de</strong>n<br />

Wahlfunktionen, bringt je<strong>de</strong><br />

Gewerkschaft ihre Geschichte<br />

mit. Diese Funktionen sind<br />

überwiegend von Männern besetzt,<br />

und das kann man nicht<br />

von heute auf morgen än<strong>de</strong>rn.<br />

Aber es gibt für ver.di ein Personalentwicklungskonzept,<br />

und<br />

bis zum 2. or<strong>de</strong>ntlichen Kongress<br />

2007 muss die Quotierung<br />

auch bei <strong>de</strong>n Wahlfunktionen<br />

vollzogen sein.<br />

■ Wie soll die Quote durchgesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n?<br />

■ Dazu ist eine gezielte<br />

Einstellungs- und För<strong>de</strong>rungspolitik<br />

notwendig,<br />

für Männer und<br />

Frauen wohlgemerkt.<br />

Wir wollen sicherstellen,<br />

dass sich ausreichend<br />

Kolleginnen um Wahlfunktionen<br />

bewerben,<br />

damit wir nicht mehr<br />

Kolleginnen suchen<br />

müssen, die Funktionen<br />

übernehmen können.<br />

Wir brauchen auch bei<br />

<strong>de</strong>n Frauen eine Wahlmöglichkeit.<br />

Erst dann<br />

haben wir <strong>de</strong>n Normalzustand<br />

erreicht.<br />

■ Gen<strong>de</strong>r ist mehr als<br />

Quotierung. Wie soll es zu<br />

einem Grundprinzip <strong>de</strong>s<br />

täglichen Han<strong>de</strong>lns wer<strong>de</strong>n?<br />

■ Wir haben das noch nicht zu<br />

En<strong>de</strong> diskutiert. Aber wir wollen<br />

in allen Abteilungen Gen<strong>de</strong>r-<br />

Beauftragte einsetzen, nicht<br />

nur in <strong>de</strong>r Abteilung Frauenund<br />

Gleichstellungspolitik. Und<br />

es wird ein Gen<strong>de</strong>r-Controlling<br />

geben, das in <strong>de</strong>r Abteilung Planung<br />

und Controlling beim Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

angesie<strong>de</strong>lt ist, damit<br />

Gen<strong>de</strong>r zu einer Aufgabe <strong>de</strong>r<br />

Gesamtorganisation wird.<br />

■ Bei <strong>de</strong>r Verteilung von Kompetenzen<br />

geht es auch um Macht. In<br />

2000 ist hart zwischen Gründungsgewerkschaften<br />

gefochten wor<strong>de</strong>n.<br />

Was bleibt davon hängen?<br />

■ An Bitterkeit nichts. Was noch<br />

nicht hinreichend gelöst ist, ist<br />

das Problem ehrenamtlicher<br />

KollegInnen, <strong>de</strong>ren bisheriger<br />

Wirkungskreis praktisch zerlegt<br />

wird, die sozusagen eine völlig<br />

neue Gewerkschaftskarriere<br />

starten müssen. Ich fürchte, das<br />

wer<strong>de</strong>n nicht alle wollen. Aber<br />

es ist unsere Aufgabe, alle ins<br />

Boot zu holen und ihnen zu signalisieren,<br />

dass wir sie brauchen<br />

und dass es wichtige Aufgaben<br />

für sie gibt – wenn auch<br />

nicht in <strong>de</strong>n alten Funktionen.<br />

Stark im Kommen<br />

Anteil <strong>de</strong>r Frauen in <strong>de</strong>n ver.di-Gewerkschaften<br />

im Vergleich zu <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Männer<br />

ver.di<br />

DAG*<br />

DPG<br />

HBV<br />

IG Medien<br />

ÖTV<br />

1 422 327<br />

215 097<br />

191 831<br />

286 825<br />

55 704<br />

672 870<br />

Frauen<br />

1 466 155<br />

168 226<br />

252 207<br />

145 798<br />

117 092<br />

782 832<br />

Männer<br />

* ohne angeschlossene Verbän<strong>de</strong><br />

Quelle: Mitglie<strong>de</strong>rstatistik MIP <strong>de</strong>r ver.di-Gewerkschaften<br />

ver.di<br />

DAG*<br />

DPG<br />

HBV<br />

IG Medien<br />

ÖTV<br />

Trotz niedrigerer Erwerbsbeteiligung ist <strong>de</strong>r Anteil<br />

<strong>de</strong>r Frauen in <strong>de</strong>r Dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di fast so hoch wie <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Männer. Bei DAG<br />

und HBV gibt es sogar mehr Frauen als Männer.<br />

■ Wie kann erreicht wer<strong>de</strong>n, dass<br />

ver.di mehr ist als die Addition von<br />

politischen Gruppeninteressen, also<br />

die Betriebsräte <strong>de</strong>r Kernkraftwerke<br />

sagen, dass <strong>de</strong>r Castor-Transport<br />

wie<strong>de</strong>r rollen soll, und die Verkäuferinnen<br />

<strong>de</strong>r HBV entschei<strong>de</strong>n, wie<br />

lange die Lä<strong>de</strong>n geöffnet bleiben?<br />

■ Das wird die gelebte Matrix<br />

entschei<strong>de</strong>n. Es wird gemeinsame<br />

Positionen geben, die nicht<br />

allen Fachgruppen o<strong>de</strong>r Fachbereichen<br />

gefallen, und umgekehrt<br />

müssen die Fachbereiche<br />

die Möglichkeit haben, ihre<br />

Interessen zu äußern. Das wird<br />

sich manchmal wi<strong>de</strong>rsprüchlich<br />

anhören, aber das muss man<br />

dann aushalten. Allerdings sollte<br />

das nicht das permanente<br />

Bild sein.<br />

■ Nach <strong>de</strong>r Satzung gibt es einen<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n und vier Stellvertreter.<br />

Du kandidierst für einen Stellvertreterposten.<br />

Kannst du dir auch vorstellen,<br />

zweite Vorsitzen<strong>de</strong> zu sein?<br />

■ Diese Frage stellt sich nicht.<br />

Bis 2007 haben wir vier stellvertreten<strong>de</strong><br />

Vorsitzen<strong>de</strong>.<br />

■ Aber du bist in diesem Gremium<br />

die einzige Frau. Unter Gen<strong>de</strong>r-<br />

Aspekten ist da noch einiges zu tun.<br />

■ Wohl wahr.<br />

■ Das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Doppelspitze<br />

wäre eher „gegen<strong>de</strong>rt“ gewesen.<br />

■ Ja. Aber man muss sehr<br />

sorgfältig sehen, wann man<br />

welchen Schritt macht. Und<br />

mit <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s <strong>de</strong>signierten<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n ist ver.di<br />

<strong>DGB</strong> einblick / Nachdruck frei<br />

gut beraten. Zu<strong>de</strong>m war es<br />

für die ÖTV sehr wichtig,<br />

dass sie <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

stellt. Denn für sie war es<br />

mit am schwersten, sich auf<br />

einen Prozess <strong>de</strong>r gleichberechtigten<br />

Gestaltung <strong>de</strong>r<br />

neuen Gewerkschaft einzulassen.<br />

Aber spätestens 2007<br />

sieht das unter <strong>de</strong>m Gen<strong>de</strong>r-Aspekt<br />

an<strong>de</strong>rs aus. •<br />

Langfassung <strong>de</strong>s Interviews:<br />

www.einblick.<strong>dgb</strong>.<strong>de</strong><br />

Faxabruf 0211 / 43 01 675<br />

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