Abschied von Wessobrunn - Tutzing, Missions-Benediktinerinnen
Abschied von Wessobrunn - Tutzing, Missions-Benediktinerinnen
Abschied von Wessobrunn - Tutzing, Missions-Benediktinerinnen
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Oktober, November, Dezember 2012 Nr. 4/2012<br />
<strong>Abschied</strong> <strong>von</strong> <strong>Wessobrunn</strong><br />
Kurz vor Weihnachten wurde es traurige Gewissheit, dass unsere Schwestern der Gemeinschaft<br />
in <strong>Wessobrunn</strong> ihre Koffer packten und in die drei Gemeinschaften in <strong>Tutzing</strong> und<br />
Bernried umzogen. Lange Monate zuvor wurden intensive Verhandlungen zum Verkauf des<br />
Klosters geführt. Ein Investor mit einem überzeugenden Konzept konnte gefunden und Verträge<br />
bereits formuliert werden. Doch dann scheiterte der Verkauf leider daran, dass die<br />
Pfarrpfründestiftung, die Eigentümerin des Prälatentrakts ist, nicht willens ist, ihr Eigentum<br />
abzugeben. So kam der Verkauf des Gesamtobjekts bislang nicht zustande.<br />
Natürlich wäre ein Auszug der Schwestern nach erfolgtem Verkauf sinnvoll, doch zahlreiche<br />
Gründe sprachen dafür, dass die Schwestern zum Jahresende das Haus verlassen. So gingen in<br />
den letzten Wochen umfangreiche Aufräumungsarbeiten vor sich (die sich auch noch ins Jahr<br />
2013 hineinziehen werden) und vieles, was sich im Haus in langen Jahren angesammelt hat,<br />
wurde an andere gegeben bzw. verkauft.<br />
Neben diesen Arbeiten fanden im Dezember zahllose <strong>Abschied</strong>sveranstaltungen statt.<br />
Schwestern kamen, um das Haus nochmals zu besuchen, die Gemeinde mit Bürgermeister<br />
und Gemeinderat lud zu einem <strong>Abschied</strong>sessen in das Gasthaus „Zur Post“ ein. Mit den katholischen<br />
und evangelischen Pfarreien wurde <strong>Abschied</strong> gefeiert und auch die Kinder des<br />
Kindergartens ließen es sich nicht nehmen, nochmals eine Spende aus Selbstgebasteltem (siehe<br />
Bild) zu überreichen, die für Kinder der Crêche in Sao Paolo bestimmt sind. Den Abschluss<br />
bildete der Gottesdienst in der Pfarrkirche am 23. Dezember und nachfolgendem<br />
Weißwurstessen.<br />
So steht das Haus nun nach 99 Jahren missions-benediktinischer Geschichte leer – doch liegt<br />
uns sehr daran, dass wir bald einen Käufer finden, der dieses schöne kunsthistorisch wertvolle<br />
Gebäude einer sinnvollen Verwendung zuführen wird.
2<br />
Seid Zeichen Gottes,<br />
Zeichen seiner Menschenliebe!<br />
Am 25. November 2012 feierten wir in<br />
<strong>Tutzing</strong> in diesem Jahr nicht nur das Hochfest<br />
Christkönig, sondern auch die Ewige<br />
Profess <strong>von</strong> Sr. Hanna Sattler und Sr. Katharina<br />
Rohrmann. Zum Glück waren die<br />
Wetterbedingungen so, dass die Gäste<br />
nicht nur gut und sicher anreisen konnten,<br />
sondern dass Sonnenschein zum Gelingen<br />
des Festtages beitrug.<br />
Mit den ersten Gästen, die bereits angereist<br />
waren, konnten wir am Vorabend gemeinsam<br />
die Vigil zu Christkönig singen. Die<br />
Einführung der Gäste in die Liturgie und<br />
ihre Symbole und Riten hielt Sr. Hildegard<br />
Jansing aber erst am Festtag in der Maria-<br />
Hilf-Kapelle, damit auch die Gäste, die<br />
nicht bei uns übernachteten, daran teilnehmen<br />
konnten und auf die Feier auch<br />
inhaltlich vorbereitet waren.<br />
In die mit vielen Mitschwestern, Verwandten,<br />
FreundInnen, Bekannten und ArbeitskollegInnen<br />
voll besetzte Klosterkirche<br />
zogen dann die Profitentinnen mit Priorin<br />
Sr. Hildegard Jansing und Junioratsleiterin<br />
Sr. Mechthild Hommel sowie den drei missionsbenediktinischen<br />
Mitbrüdern ein, die<br />
die Liturgie leiteten: Br. Pascal Herold aus<br />
Münsterschwarzach, P. Guido Wiedemann<br />
und P. Timotheus Bosch, St. Ottilien, der<br />
im Mai 2012 zum Priester geweiht worden<br />
war. Zum Einzug erklangen feierlich Orgel<br />
und Trompete; und Freunde, Verwandte<br />
und Schwestern gestalteten die gesamte<br />
Feier sehr schön mit unterschiedlichen<br />
Instrumenten und Gesang.<br />
In seiner Festpredigt ging Br. Pascal zunächst<br />
darauf ein, dass bei beiden Schwestern<br />
nach Studium und Einstieg in eine<br />
qualifizierte Berufstätigkeit weitere Lebensfragen<br />
aufgebrochen sind, die unruhig<br />
machten und nach einem „Mehr im Leben“<br />
suchen ließen. Er umschrieb das mit dem<br />
Wort der „Herzerweiterung“, die es als<br />
weiteren Lebensschritt nun zu riskieren<br />
galt. Diese Suche führte beide zur Gemeinschaft<br />
der <strong>Missions</strong>-<strong>Benediktinerinnen</strong> und<br />
damit auf einen benediktinischen Lebensweg,<br />
den er mit einigen kurzen Worten<br />
skizzierte.<br />
Er verwies darauf, dass es Benedikt darum<br />
gehe, dass der Mönch Christus nichts vorziehe<br />
und für Christus, den Herrn und wahren<br />
König, kämpfe. Er bemerkte, dass es<br />
beeindruckend sei, dass diese Profess gerade<br />
auf das Christkönigsfest falle. Er sagte:<br />
„Das königliche Herz Christi umspannt<br />
alle Facetten menschlicher Regungen und<br />
schlägt für uns umso heftiger, je mehr uns<br />
angst und bange ist, je mehr die Liebe am<br />
Austrocknen ist. So ist die Königskrone<br />
Christi ein tief empfindendes Herz, allumfassend,<br />
allumspannend, allbarmherzig.<br />
Krone unseres Lebens kann daher nichts<br />
anderes sein als Ihn in uns, in den Mitschwestern,<br />
ja in allen Menschen zu sehen<br />
und zu erkennen. Das ist die wahre königliche<br />
Auszeichnung, einem jeden Menschen<br />
seine königliche Würde zuzusprechen,<br />
wer auch immer es ist, ob arm oder<br />
reich, gesund oder krank, ob mir sympathisch<br />
oder unsympathisch, angefangen in<br />
den eigenen vier Wänden.“
3<br />
Zum Abschluss seiner Predigt rief er die<br />
beiden Schwestern dazu auf: „Seid Zeichen<br />
Gottes, Zeichen seiner Menschenliebe,<br />
Zeichen königlicher Herkunft!“<br />
Anschließend wurde die Feier fortgesetzt<br />
mit der Ablegung der Profess, und nach<br />
Unterzeichnung der Professurkunden, die<br />
beide selbst gestaltet hatten, zeigten sie<br />
diese der versammelten Gemeinde. Am<br />
Ende der Feier überreichte Sr. Hildegard<br />
beiden ein <strong>Missions</strong>kreuz mit den Worten:<br />
„Werde eine lebendige Quelle der Liebe<br />
und des Friedens und bringe Gottes heilende<br />
Gegenwart in unsere Welt.“<br />
Nach der Eucharistiefeier konnten alle den<br />
beiden Schwestern gratulieren und anschließend<br />
zog die Festgemeinde in die<br />
Mehrzweckhalle, in der das Festessen für<br />
Gäste und Schwestern gemeinsam stattfand.<br />
Vor dem Nachmittagskaffee gab es in<br />
drei Gruppen Gelegenheit zu einer Hausführung,<br />
die gerne <strong>von</strong> den Gästen wahrgenommen<br />
wurde. So nach und nach mussten<br />
einige schon wieder abreisen. Auf die<br />
anderen wartete nach Vesper und Abendessen<br />
in der Klosterkirche noch eine musikalische<br />
Aufführung. Zahlreiche Schwestern,<br />
die <strong>von</strong> zwei Bekannten aus Bernried<br />
und einer Freundin <strong>von</strong> Sr. Hanna mit Harfe,<br />
Bass und Flöte verstärkt wurden, brachten<br />
eine keltische Messe mit dem Titel<br />
„Das Licht in unseren Herzen“ zu Gehör.<br />
Den Abend beschlossen Sr. Hanna und Sr.<br />
Katharina mit einer kleinen Dankansprache,<br />
die aus übervollen Herzen kam.<br />
Miteinander unterwegs<br />
Schwesterntag am 13.10. 2012<br />
Das nächste Kapitel wirft schon seine<br />
Schatten voraus. Im März 2013 werden wir<br />
unser 13. Prioratskapitel halten, das die<br />
Beschlüsse des Generalkapitels auf unsere<br />
Prioratsebene umsetzt. Die andere Aufgabe<br />
des Kapitels ist es, die Anliegen und Fragen,<br />
die sich aus unserer Situation vor Ort<br />
ergeben, miteinander anzuschauen und zu<br />
entscheiden, wie dem Thema oder Anliegen<br />
zu begegnen sei. Ein Wunsch vom<br />
letzten Sachkapitel war es, möglichst alle<br />
Schwestern so gut es geht in den Prozess<br />
mit einzubeziehen. Und so setzten wir als<br />
Startpunkt für unser Kapitel einen Gemeinschaftstag<br />
an, den Frau de Spernbour vom<br />
Kardinal-König-Haus in Wien mit uns gestaltete.<br />
Frau Spernbour, die seit 20 Jahren<br />
Erfahrung mit Prozessen in geistlichen<br />
Gemeinschaften hat, wird unser Kapitel<br />
und die Vorbereitungen begleiten.<br />
Die Vorbereitungskommission hatte zusammen<br />
mit ihr überlegt, wie wir ein Bild<br />
<strong>von</strong> der gegenwärtigen Situation der Konvente<br />
und unseren Anliegen bekommen<br />
können. So haben alle Gemeinschaften als<br />
„Hausaufgaben“ bekommen, aufzuschreiben,<br />
was sie zum geistlichen Leben, zum<br />
Gemeinschaftsleben und zu den Diensten/<br />
der Sendung ihrer jeweiligen Kommunität<br />
sagen wollen. Diese Sammlungen bildeten<br />
den Stoff für unseren Austausch am 13.<br />
Oktober.<br />
Als wir an diesem Samstag in der Turnhalle<br />
des Klosters zusammenkamen – es waren<br />
gut 50 Schwestern, die kommen konnten<br />
– stellte Frau Spernbour uns zunächst<br />
die heutige Einteilung <strong>von</strong> Lebensphasen<br />
in religiösen Gemeinschaften vor. 20 - 40<br />
Jahre = junges Erwachsenenalter (Ausbildung<br />
und Formung)/ 40 – 65 Jahre = mittleres<br />
Erwachsenenalter (beruflich-tätiges<br />
Leben)/ ab ca. 65 Jahre = spätes Erwachsenenalter<br />
(neue persönliche und spirituelle<br />
Ausrichtung)/ ab ca. 80 Jahre = hohes Alter<br />
(Vertiefung und wesentlich werden).<br />
Es ging um die jeweiligen Lebensaufgaben,<br />
Ausrichtungen und möglichen Defizite<br />
in diesen Lebensaltern. Es gab manches
4<br />
erheiterte „Wiedererkennen“ und einen<br />
beginnenden lebhaften Austausch über<br />
unsere eigenen Erfahrungen in und mit den<br />
Alterstufen. Dieser wurde noch konkreter,<br />
als sie uns einlud, unsere Namen mit einem<br />
kleinen Klebeetikett je auf ein vergrößertes<br />
Maßband zu dem jeweiligen Alter zu kleben.<br />
Da Frau de Spernbour dieses Maßband<br />
später noch mit den Namen der nichtanwesenden<br />
Schwestern ergänzte, gab uns<br />
das einen sehr konkreten Einblick und<br />
Eindruck <strong>von</strong> unserer gegenwärtigen Alterstruktur<br />
und unserer Verteilung in die<br />
verschiedenen Phasen.<br />
gibt Halt, ermöglicht Zugehörigkeit. Dazu<br />
sind auch wir eingeladen und berufen.<br />
Mit den Ergebnissen unseres Gemeinschaftstages<br />
werden die Delegierten, aber<br />
je nach Möglichkeit auch die Gemeinschaften<br />
selbst noch im Vorfeld zum Kapitel<br />
weiterarbeiten. Jede Gemeinschaft bekam<br />
inzwischen die Liste mit den genannten<br />
und herausgehobenen Themen und<br />
Fragen.<br />
Wir sind einander und vor allem auch Frau<br />
Spernbour sehr dankbar für diesen guten<br />
Auftakt zu unserem Prioratskapitel.<br />
Sr. Mechthild Hommel<br />
Den Stern aufgehen sehen –<br />
aufbrechen – SchÅtze<br />
empfangen und geben<br />
Gemeinschaftstag in Bernried am 18.12. 2012<br />
Der Hauptteil des Tages war dann dem<br />
Austausch über die Gemeinschafts-<br />
Eindrücke gewidmet. In Tischgruppen zu 8<br />
Schwestern lasen wir die Rückmeldungen<br />
aus den Gemeinschaften (s.o.) und überlegten<br />
miteinander, welche Fragen auf diesem<br />
Hintergrund auf dem Kapitel zu besprechen<br />
seien. Die Ergebnisse wurden an<br />
Pinwände geheftet und anschließend <strong>von</strong><br />
jeder Schwester in Blick auf Dringlichkeit<br />
„gepunktet“. Es entstand eine große Lebendigkeit<br />
und reges Interesse zu sehen,<br />
wer was wie sieht und wertet und wo es<br />
uns gemeinsam hinzieht. Die Atmosphäre<br />
bei diesem Austausch war sehr schwesterlich,<br />
wohlwollend und mit lebendigem<br />
Interesse aneinander. In die einzelnen Bereiche<br />
führte Frau Spernbour jeweils sehr<br />
anschaulich ein – so z. B. in die Thematik<br />
des gemeinschaftlichen Lebens mit der<br />
Betrachtung des Bildes „Heilung eines<br />
Aussätzigen“ aus einem mittelalterlichen<br />
Codex, auf dem deutlich wurde, wie Jesus<br />
Menschen begegnet: er schenkt Ansehen,<br />
Rogier van der Weyden - Columba Altar,<br />
Anbetung der KÄnige, Mittelteil<br />
Zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest<br />
nahmen wir uns am 18. Dezember Zeit für<br />
einen Gemeinschaftstag. Es konnten wirklich<br />
fast alle Schwestern daran teilnehmen<br />
und es war ein gefüllter und anregender<br />
Tag.<br />
Frau Spernbour hatten wir eingeladen, uns<br />
mit auf den Weg der Sterndeuter zu nehmen.<br />
Sie lud uns zunächst ein, aus einer Sammlung<br />
<strong>von</strong> ausgelegten Wegbildern zwei<br />
auszuwählen, die für unseren je eigenen
5<br />
Weg stehen können, uns damit eine Zeit<br />
der Betrachtung zu gönnen und dann in<br />
einer kleinen Gruppe darüber zu sprechen.<br />
Dann gab sie uns das das Bild <strong>von</strong> Rogier<br />
van der Weyden und wir trugen zunächst<br />
unsere Eindrücke über das Bild zusammen,<br />
bevor jede Zeit hatte, sich in das Bild hineinzumeditieren<br />
und ihren Platz zu finden.<br />
Vor dem Mittagsgebet kamen wir dann<br />
wieder zusammen und sie lud uns ein zu<br />
einem „Zwei Schalen-Gebet“. In die eine<br />
Schale konnte etwas gelegt werden, was<br />
wir empfangen haben – in die andere, wo<br />
wir etwas gegeben haben. Dabei ging es<br />
eher um ein Sensibel-werden für die kleinen<br />
Geschenke des Alltags. Denn auch die<br />
Könige bringen ja nicht nur ihre Schätze,<br />
sondern<br />
empfangen<br />
DEN<br />
Schatz.<br />
Am<br />
Nachmittag<br />
schauten wir<br />
uns die drei<br />
Könige<br />
näher an und<br />
stellten fest,<br />
dass sie wie<br />
häufig in<br />
Darstellungen der Anbetung der Sterndeuter<br />
für unterschiedliche Lebensalter mit<br />
ihren je spezifischen Lebensthemen stehen.<br />
Das war ein interessanter Blickwinkel und<br />
die Verknüpfung mit dem Lebensphasenmodell,<br />
das sie uns am Gemeinschaftstag<br />
im Oktober in <strong>Tutzing</strong> gegeben hatte, war<br />
hilfreich. Immer wieder betonte Frau<br />
Spernbour: sie sind alle drei angekommen<br />
beim göttlichen Kind – das ist in jeder Lebensphase<br />
möglich!<br />
Zum Abschluss des Tages las sie uns eine<br />
Weihnachtsgeschichte vor, die einen Gedanken<br />
<strong>von</strong> Kierkegaard in eine Erzählung<br />
verpackt hat. „Einfach Mensch werden“.<br />
Der Tag war eine gute Vorbereitung auf<br />
das Weihnachtsfest – wo wir feiern, wie<br />
Gott es uns vorgemacht hat: Einfach<br />
Mensch werden!<br />
Sr. Elisabeth-Magdalena Zehe<br />
„Benediktinischer Tag“<br />
anlÅsslich des 50jÅhrigen JubilÅums<br />
der NeugrÇndung der<br />
Abtei Kloster Engelthal<br />
In diesem Jahr feiert die <strong>Benediktinerinnen</strong>abtei<br />
Kloster Engelthal den 50. Jahrestag<br />
ihrer Neugründung (bzw. Wiederbesiedlung<br />
der alten Zisterzienserinnen-<br />
Abtei).<br />
Über das ganze Jahr verteilt waren die Feierlichkeiten,<br />
mit Diözese und Ortskirche,<br />
mit Angehörigen der Schwestern, mit Oblaten<br />
und dem Freundeskreis… und als<br />
Abschluss der Feierlichkeiten waren alle<br />
Benediktinerinnnen und Benediktiner eingeladen<br />
zu einem „Benediktinischen Tag“.<br />
Da in der Woche zuvor der Äbte– und Äbtissinnen-Kongress<br />
der Beuroner Kongregation<br />
in Engelthal stattfand, war diese<br />
Kongregation ganz besonders zahlreich<br />
vertreten, Beuron, Maria Laach, Herstelle,<br />
Eibingen, Fulda und Gerleve, Varensell,<br />
Steinfeld und andere. Aber auch <strong>von</strong><br />
Münsterschwarzach, Königsmünster, dem<br />
Jakobsberg und <strong>von</strong> der Kommunität Venio<br />
waren Schwestern und Brüder gekommen.<br />
Unsere <strong>Tutzing</strong>er Gemeinschaft war<br />
durch Sr. Rachel vertreten.<br />
Das Festamt hielt Abtpräses Dr. Albert<br />
Schmidt. Ausgehend vom Evangelien-Text<br />
(die Frage des Schriftgelehrten nach dem<br />
ersten Gebot – „Höre Israel“ - und -„ liebe<br />
den Herrn und Deinen Nächsten wie<br />
dich selbst“ - nannte er Kloster Engelthal
6<br />
einen Ort, wo seit 50 Jahren gehört und<br />
geliebt wird .<br />
Eine gute, kräftige Suppe stärkte uns beim<br />
gemeinsamen Mittagessen. Bunt gemischt<br />
saßen wir im alten und neuen Refektorium<br />
der Abtei. Am Nachmittag gab es zahlreiche<br />
Angebote.<br />
So konnten die neu errichteten Flügel des<br />
Klosters besichtigt werden, der Zellentrakt<br />
ist in vergangenen Jahren komplett neu<br />
gebaut worden.<br />
Dann gab es eine ausführliche Führung<br />
durch das ganze Gelände, bei dem das<br />
Energiekonzept der Abtei <strong>von</strong> Sr. Caterina<br />
engagiert erklärt wurde. So gibt es in dem<br />
neuen Zellentrakt eine Heizung, die mit<br />
Erdwärme betrieben wird. Acht Bohrungen<br />
reichen aus, um den Neubau zu heizen und<br />
mit warmem Wasser zu versorgen. Der<br />
Altbau wird mit einer Heizung mit Holzpellets<br />
beheizt. Warmwasser soll in naher<br />
Zukunft über eine Solar-Anlage bereitet<br />
werden. Da die Abtei aus Denkmalschutzgründen<br />
die Solarzellen nicht auf die Dächer<br />
ihrer Gebäude montieren darf, werden<br />
sie freistehend im Garten installiert.<br />
Darüber hinaus sind Zisternen angelegt<br />
worden, die Regenwasser sammeln, so<br />
dass alle Toiletten-Spülungen mit Regenwasser<br />
betrieben werden.<br />
Im Kapitelsaal war derweil eine Power-<br />
Point-Präsentation zu sehen, die die Geschichte<br />
und Gegenwart der Abtei nachzeichnete<br />
und mit alten und neuen Bildern<br />
untermalte. Und weil gar so schönes<br />
Herbstwetter war, lockte es viele <strong>von</strong> uns,<br />
einfach so im Garten spazieren zu gehen,<br />
unter den Äpfelbäumen oder an den Gewächshäusern<br />
vorbei. So verging die Zeit<br />
bis zum Kaffee-Trinken wie im Flug.<br />
Nachdem wir uns mit Kaffee und Kuchen<br />
gestärkt hatten, war noch eine feierliche<br />
Pontifikal-Vesper, der wieder Abtpräses<br />
Schmidt vorstand. Beim Abendessen konnten<br />
wir diesen schönen, reich gefüllten Tag<br />
nachklingen lassen.<br />
Sr. Rachel Feller<br />
„Und wer bleibt unversorgt?“<br />
Erste Erfahrungen aus der Praxis St. Bonifaz,<br />
München und Teilnahme an einer<br />
Fachtagung 15./16.11.2012 in Mainz (ArbeitsGemeinschaft<br />
Medizinische Versorgung<br />
wohnungsloser Menschen der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Wohnungslosenhilfe<br />
e.V. Bielefeld)<br />
Seit April 2012 arbeite ich als Ärztin in der<br />
Praxis im Haneberghaus der Abtei St. Bonifaz<br />
in München. Für mich ein echter<br />
Glücksfall oder besser ausgedrückt: der<br />
„liebe“ Gott hat seine „Beziehungen“ spielen<br />
lassen. Denn seit Ostern 2012 war eine<br />
Arztstelle frei geworden und am 20. April<br />
habe ich mich zum „Mitarbeiten“ vorgestellt.<br />
Dabei wusste ich <strong>von</strong> der freien Stelle<br />
nichts!<br />
Das Haneberghaus gehört zur Abtei St.<br />
Bonifaz, wurde 2001 errichtet und ist ganz<br />
für „Obdachlose“ da: es gibt einen Speisesaal,<br />
eine Bäderabteilung (oder heutzutage<br />
sagt man ja „Wellnessbereich“), ein Büro<br />
für unsere Sozialarbeiter, ein Genesungszimmer<br />
und eben die Arztpraxis.<br />
Oft melde ich mich am Telefon auch mit<br />
„Obdachlosenpraxis“, aber wenn ich unsere<br />
Patienten so anschaue, stimmt das so<br />
nicht. Denn nicht alle leben auf der Straße,<br />
im Gegenteil. „Hartz IV, Rentner, Grundsicherung<br />
durch das Versorgungsamt, Grad<br />
der Behinderung, Migranten, Schwerst-<br />
Psychiatrisch Erkrankte“, sind nur einige<br />
Schlagwörter aus unserem Alltag. Auch<br />
Sozialgesetzbuch II und XII sind für mich<br />
keine Fremdwörter mehr.<br />
Erschreckend, wie viele Menschen „durchfallen“,<br />
wie viele „ungesehen“ ihr Leben<br />
durchkämpfen müssen. Erschreckend, dass<br />
es eine „Parallelwelt“ gibt, die ich mir so<br />
nicht vorgestellt habe.
7<br />
Sei es das Mädchen aus Nigeria, das den<br />
Menschenhändlern entkommen ist und nun<br />
nach „Gewalterfahrung“ in einem Caritasheim<br />
aufgefangen wurde, das aber befürchtet<br />
schwanger zu sein und ohne Krankenversicherung<br />
kaum in eine „normale“ Gynäkologenpraxis<br />
gehen kann.<br />
Oder Herr X., aus Hamburg, der erst seine<br />
Ehefrau und dann noch seinen Job und die<br />
Wohnung verloren hat, „Platte macht“ (auf<br />
der Straße lebt), und es noch nicht organisieren<br />
konnte, Arbeitslosengeld II (Hartz<br />
IV) zu beantragen, daher leider auch seine<br />
Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr<br />
bezahlen kann. Er hat ein Alkoholproblem<br />
und nebenbei auch hohen Blutdruck und<br />
Diabetes.<br />
Oder Herr Y., der keine Arbeit in Rumänien<br />
findet und jetzt lieber auf der Straße<br />
in Deutschland lebt, da es da auf jeden Fall<br />
besser ist. Er versteht noch nicht soviel<br />
Deutsch und arbeitet schwer auf diversen<br />
Baustellen, da er ja jung und kräftig ist.<br />
Leider ist er nicht angemeldet und hat daher<br />
auch keine Unfallversicherung, wenn<br />
ein schwerer Betonklotz ihm auf den Vorfuß<br />
fällt.<br />
Oder Herr K., der mit seinen 24 Jahren und<br />
seinem Geburtstrauma eine Intelligenzminderung<br />
hat, der einen gesetzlichen Betreuer<br />
hat, der in München lebt, er selbst<br />
dagegen in einem Altenheim (!) außerhalb<br />
untergebracht ist. Leider sind seine Kumpels<br />
auch in München und so übernachtet<br />
Herr K. doch lieber hier auf der Straße, da<br />
es auch sonst niemand zu stören scheint,<br />
wenn er zwei Monate ganz untergetaucht<br />
ist. Er hat auch ein Alkoholproblem neben<br />
seiner Epilepsie.<br />
Das sind nur einige Beispiele <strong>von</strong> unsren<br />
„Helden“. Denn das sind sie ganz bestimmt,<br />
da bin ich mir nach der kurzen Zeit<br />
schon sicher.<br />
Unsre Praxis hat auch einen anderen Ablauf,<br />
denn Termine vergeben wir keine.<br />
Wer da ist wird behandelt, und wer kommt<br />
ist willkommen. Viele Menschen können<br />
sich die Praxis- oder Rezeptgebühr nicht<br />
leisten. Da haben wir noch einen kleinen<br />
Bonus: Die Praxisgebühr müssen wir nicht<br />
erheben und können auch die Rezeptgebühr<br />
„befreien“. Die Antonius-Apotheke<br />
gleich um die Ecke arbeitet eng mit uns<br />
zusammen und im Regressfall zahlt – die<br />
Abtei.<br />
Sr. Ogmunda (eine Mallersdorferschwester)<br />
und Bernadette Riederer<br />
arbeiten auf ehrenamtlicher Basis und<br />
kümmern sich um Verbände, Fußpflege,<br />
Vorbereitung auf Krankenhausaufenthalte,<br />
ja sozusagen um das „körperliche“ Heil<br />
sein unsrer Patienten. Wer nicht weiß, was<br />
Jesus mit „Fußwaschung“ meinte, kann<br />
gerne Nachhilfeunterricht bekommen.<br />
Meine Kollegin Frau Dr. Frey-Mann und<br />
ich teilen uns nach Tagen die Praxisarbeit<br />
auf und springen gegenseitig ein, falls die<br />
eine nicht da ist.<br />
Zur weiteren Einführung ins Arbeitsfeld<br />
konnte ich an der Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Wohnungslosenhilfe in Mainz<br />
teilnehmen. Am 14. November 2012 abends<br />
fuhr ich nach Mainz ins Tagungshaus des<br />
Bistums, Erbacher Hof. Dort trafen sich etwa<br />
70 Haupt- und Ehrenamtlich in der Medizinischen<br />
Versorgung wohnungsloser Menschen<br />
Tätige, um sich intensiv mit der Frage:<br />
„Und wer bleibt unversorgt?“ auseinanderzusetzen.<br />
Das Programm startete mit der Begrüßung<br />
durch Fr. Dr. Peters-Steinwachs aus dem<br />
Sprecherrat der Arbeitsgemeinschaft Med.<br />
Versorgung. Sie arbeitet in der zweiten Obdachlosenpraxis<br />
in München in der Pilgersheimerstraße<br />
und fährt auch nachts in der<br />
Ambulanten Obdachlosenhilfe zu den Patienten,<br />
die sonst nie eine Versorgung bekämen.<br />
Es gab eine Einführung ins EU- und Abkommensrecht<br />
durch Frau Prof. Dr. Dorothee<br />
Frings, Hochschule Niederrhein, Mönchengladbach.<br />
Das ist sehr wichtig für Gesundheitsleistungen<br />
für MigrantInnen. Zum<br />
Beispiel: Wie kommt man an eine Europäische<br />
Krankenversicherungskarte (EHIC)?<br />
Man kann anscheinend in Deutschland ohne<br />
Pflichtversicherung ein Arbeitsverhältnis<br />
beginnen (Mini-job) und über § 5 des SGB 5<br />
eine so genannte Bürgerversicherung abschließen<br />
und….. ich möchte mich nicht<br />
weiter in rechtliche Details verlieren, da ich<br />
leider auch nicht alles 1:1 wiedergeben kann.
8<br />
Danach folgte die Vorstellung eines Modellprojektes<br />
des Frauengesundheitszentrum<br />
FEM in Wien zum Thema: Gesundheit für<br />
wohnungslose Frauen und Familien in Wien.<br />
Nach einer Kaffeepause ging es dann weiter<br />
in Arbeitsgruppen zu speziellen Themen, die<br />
in kleinerer Runde einen Erfahrungsaustausch<br />
ermöglichten. Ich nahm zunächst an<br />
der Arbeitsgruppe „Gesundheit für wohnungslose<br />
Frauen“ teil. Zur gesundheitlichen<br />
Situation wohnungsloser Frauen in Deutschland<br />
gibt es nach wie vor kaum wissenschaftliche<br />
Daten, medizinische Versorgungsangebote<br />
für wohnungslose Frauen<br />
existieren i.d.R. nicht. Dies musste der Fachausschuss<br />
Frauen der BAGW schon 1997(!)<br />
feststellen – 15 Jahre später hat sich die Situation<br />
kaum verbessert.<br />
In der Diskussion mit Frau Eva-Maria Füssl,<br />
die das Frauenprojekt in Wien leitet über die<br />
Effektivität sozialpädagogischer und psychologischer<br />
Beratung wohnungsloser Frauen in<br />
Notübernachtung und ordnungsrechtlicher<br />
Unterbringung konnten wir interessante Einblicke<br />
erlangen. (Von denen wir in Deutschland<br />
meilenweit entfernt sind)<br />
In der BAGW Mitgliederversammlung, zu<br />
der auch Nicht-Mitglieder geladen waren,<br />
wurde dann auf die dringende Notwendigkeit<br />
der Dokumentation und Datenerhebung in<br />
den einzelnen Stellen deutschlandweit hingewiesen.<br />
Dies ist wichtig, um mit „harten“<br />
Zahlen politischen Druck ausüben zu können.<br />
Es gibt bis jetzt immer nur Schätzungen<br />
der Obdachlosenzahlen!<br />
Nach einer lebhaften Diskussionsrunde hatten<br />
wir ein gutes Abendessen verdient und<br />
konnten dann den Tag bei einem Glas Rotwein<br />
und persönlichem Kennenlernen ausklingen<br />
lassen.<br />
Am Folgetag ging es gleich nach dem Frühstück<br />
mit der Arbeitsgruppe los. Diesmal<br />
ging ich zu der Gruppe „Gesundheitsleistungen<br />
für MigrantInnen nach EU-und Abkommensrecht“-<br />
Praxiserfahrungen und<br />
Austausch.<br />
Seit Jahren beobachten die niedrigschwelligen<br />
medizinischen Projekte der Wohnungslosenhilfe<br />
ein stetiges Ansteigen der Zahl<br />
ausländischer Hilfesuchender, über deren<br />
Versicherungsstatus Unklarheit herrscht oder<br />
die sehr häufig gar nicht krankenversichert<br />
sind. Insgesamt gibt es seitens der Einrichtungen<br />
und der Mitarbeiter immer größere<br />
rechtliche Unsicherheiten.<br />
Beispielsweise gibt es einen Nationalen Gesundheitsfond<br />
in Rumänien, d.h. alle (!) sind<br />
krankenversichert. Trotzdem bekommen<br />
Rumänen in Deutschland fast nie eine<br />
„EHIC“ (europäische Gesundheitskarte)<br />
zuerkannt. Laut EU-Gesetz ist es geregelt,<br />
dass wenn eine Krankenversicherung im<br />
Herkunftsland besteht, auch im EU-Land, in<br />
dem man sich aufhält, eine Versicherung<br />
einspringt. Sogenannte Sachleistung: Träger<br />
des Landes, in der sich die Person aufhält<br />
übernimmt.<br />
Das war nur ein kurzer Ausflug in die juristischen<br />
Details, die wir durchgesprochen haben.<br />
(Es gab noch viele mehr!)<br />
Nach einer Pause mit Imbiss ging es dann<br />
weiter im großen Forum mit „Wege zur<br />
nachhaltigen Sicherung der medizinischen<br />
Versorgung Wohnungsloser“. Denn der Zugang<br />
zur regelhaften medizinischen Versorgung<br />
ist Wohnungslosen oft durch strukturelle<br />
und/ oder individuelle Barrieren erschwert.<br />
Dazu wurde ein Projekt für Schwerpunktpraxen<br />
in Hamburg vorgestellt, das in der<br />
Planungsphase ist. Sobald die Finanzierung<br />
gedeckt ist könnte es losgehen….<br />
Insgesamt war es sehr bereichernd für mich,<br />
mit anderen in der „gleichen“ Lage: Ärztin<br />
für Arme (Hartz IV-Empfänger, Rentner,<br />
MigrantInnen, Wohnungslose) reden zu<br />
können und ich konnte einige nützliche Adressen<br />
bekommen, um für Härtefälle eine<br />
Anlaufstelle in München zu haben. Beispielsweise<br />
eine „Telefonnummer im Amt<br />
für Wohnen und Migration“ hinter der sich<br />
eine Frau verbirgt, die im Zweifelsfall auf<br />
der Seite der MigrantInnen steht.<br />
Es hat mich sehr beeindruckt, wie offen und<br />
engagiert viele durch die Jahre in dieser Arbeitsgemeinschaft<br />
mitarbeiten und trotz<br />
Rückschlägen, Ignoranz <strong>von</strong> Politik und öffentlichen<br />
Stellen weiter dabeibleiben und<br />
kämpfen.<br />
Sr. Antonia Hippeli<br />
<strong>Missions</strong>-<strong>Benediktinerinnen</strong><br />
Bahnhofstr. 3, 82327 <strong>Tutzing</strong><br />
Redaktion: Sr. Ruth Schönenberger<br />
www.missions-benediktinerinnen.de