Graf Willy, Swisscontact, Ostjava
Graf Willy, Swisscontact, Ostjava
Graf Willy, Swisscontact, Ostjava
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SWISSCONTACT<br />
Ehrenamtliche Profis im Ausland<br />
Das <strong>Swisscontact</strong> Senior<br />
Expert Corps (SEC) ist<br />
unseren Lesern schon<br />
von zwei Berichten her<br />
bekannt. Diese Organisation<br />
entsendet pensionierte Fachkräfte<br />
ins Ausland um «Hilfe zur<br />
Selbsthilfe» anzubieten. Vor Ort, in<br />
<strong>Ostjava</strong>, war auch <strong>Willy</strong> <strong>Graf</strong>, ehemals<br />
Chef Patissier im Hotel Bellevue<br />
Palace in Bern.<br />
<strong>Willy</strong> <strong>Graf</strong> und<br />
seine Mitarbeiter<br />
Kraton Bar<br />
Herr <strong>Graf</strong>, beginnen wollen wir<br />
zuerst mit Ihrem beruflichen Werdegang.<br />
Sie haben eine Lehre als<br />
Bäcker/Konditor absolviert, waren<br />
Sie durch die Familie auf dieses<br />
Metier gekommen?<br />
<strong>Willy</strong> <strong>Graf</strong>: Indirekt schon. Zuerst half<br />
ich meiner Mutter beim Backen, dann<br />
schnupperte ich bei dem Bruder meines<br />
Onkels, der Bäcker in St. Gallen war<br />
und so kam ich zum Beruf.<br />
Ihre erste Arbeitsstelle war im<br />
Hotel Mirador in Mont-Pélerin sur<br />
Vevey, das war 1957, dann folgten<br />
u.a. der Kronenhof in Pontresina<br />
und das Hotel Victoria-Jungfrau in<br />
Interlaken. 1960 zog es Sie erstmals<br />
für zwei Jahre nach England,<br />
genauer ins Metropool in Leeds in<br />
Yorkshire. War das nur aus sprachlichen<br />
Gründen?<br />
Natürlich wollte ich mein Englisch vor<br />
Ort verbessern, war aber generell an<br />
Auslandaufenthalten interessiert. Ich<br />
habe viele Goldmedaillen an Fachausstellungen<br />
in der Schweiz, in Österreich<br />
und in Deutschland gewonnen. Ausserdem<br />
war ich immer gerne an Swiss<br />
Culinary Weeks mit von der Partie. So<br />
in Tokyo im Hotel Imperial, bei «unserem»<br />
Anton Mosimann in London, aber<br />
auch in den USA. Gerne erinnere ich<br />
mich auch an meine Instruktorenzeit im<br />
Gate Gourmet in Buenos Aires.<br />
PAULI 12 Cuisine 2-2004<br />
Den Grossteil Ihres Berufslebens<br />
verbrachten Sie als Maître Pâtissier
Was fanden Sie in der Küche vor<br />
und wie mussten Sie sich organisieren?<br />
Moderne Küchengeräte, genügend<br />
grosse Kühlschränke oder eine korrekte<br />
Waage waren Fremdwörter, ebenso<br />
gab es kein heisses Wasser. Es war kein<br />
Wunder, dass die Frühstücks-Brötchen<br />
an einem Morgen 80, am andern 120<br />
Gramm wogen und am Tag danach 60.<br />
Ich begann da, wo jeder Patissier-Konditor<br />
beginnt, wenn nichts vorhanden<br />
ist, beim Erstellen von geeigneten<br />
Rezepten in englischer Sprache. Es galt<br />
neue Produkte für das Tea-Room und<br />
den Bakery-Shop zu kreieren und vor<br />
allem auch die Brotvielfalt zu vergrössern.<br />
Der Einkauf auf dem Früchtemarkt<br />
machte viel Spass. Wir haben<br />
sogar die sonst so verschrieene (zuminim<br />
Hotel Bellevue Palace in Bern,<br />
wo Sie 2001 auch in Rente gingen.<br />
Woran erinnern Sie sich besonders<br />
gern und was war Ihre Motivation<br />
für 35 Jahre Zugehörigkeit zum<br />
Palace?<br />
Gerne erinnere ich mich an die grossen<br />
Anlässe wie Staatsempfänge, Bankette<br />
des corps diplomatique und grosse<br />
Hochzeiten. Die Arbeit im Hotel ist sehr<br />
vielfältig und abwechslungsreich. Jeder<br />
Tag verläuft anders, man kann kreativ<br />
arbeiten. Wenn ich nochmals meinen<br />
Beruf wählen könnte, würde ich mich<br />
für die gleiche Aufgabe entscheiden.<br />
Die Arbeitszeiten waren zwar sehr<br />
unregelmässig, dafür konnte ich unter<br />
der Woche Ski fahren oder baden<br />
gehen, oder meinen Garten pflegen.<br />
Durch einen Berufskollegen kamen<br />
Sie zur Adresse von <strong>Swisscontact</strong>,<br />
haben sich vorgestellt und wurden<br />
im November bis Dezember 2003<br />
als Senior Expert Pastry<br />
Advisor/Trainer ins Hotel Tugu<br />
Malang in der gleichnamigen Stadt<br />
in <strong>Ostjava</strong> (Indonesien) entsandt.<br />
Was fanden Sie vor?<br />
Ein Hotel, vorab mit Privat- und<br />
Geschäftskundschaft, weniger Touristen,<br />
da im Landesinnern gelegen. Das<br />
Haus ist mit typisch verschwenderischem<br />
asiatischen Stil eingerichtet und<br />
die Zimmer teilweise sehr luxuriös. Da<br />
gibt es beispielsweise eine Kubilai Khan<br />
Chamber, genannt nach dem Kriegsfürst,<br />
der diesen Landesteil einst im 14.<br />
Jahrhundert eroberte. Aus der selben<br />
Periode stammen viele Kunstschätze.<br />
Die Hotelinhaberin, Frau Dr. Weyda Julianti<br />
und Gatte, führen noch weitere<br />
Häuser. Sie gelten als landesweit<br />
bekannte Sammler von Antiquitäten.<br />
Dem Gast wird jeder Wunsch von den<br />
Augen abgelesen. Gepflegte Aufenthaltsräume,<br />
Swimming-Pool und Garten,<br />
Spa-Einrichtungen und elegante<br />
Suiten werden von 190 Mitarbeitenden<br />
in Schwung gehalten. Für meinen<br />
Bereich standen ein Chef Patissier und<br />
ein Chef Bäcker nebst ca. 20 weiteren<br />
Mitarbeitern zur Verfügung.<br />
The Sahara vereinigt art nouveau und art déco<br />
dest bei den Touristen) Durian für<br />
Früchtekuchen verwendet. Sonst ist<br />
hier viel Mango zu haben und Äpfel<br />
die, kaum geernet, schon bald wieder<br />
nachwachsen.<br />
Wie wird gekocht?<br />
Mit Gasöfen. Verschiedene Geräte wie<br />
Mixer standen zur Verfügung und bei<br />
hiesiger Temperatur von 30°C geht der<br />
Hefeteig ganz von alleine auf.<br />
Wie hat es Ihnen und Ihrer Gattin -<br />
sie hat Sie einen Monat lang begleitet<br />
- in Java gefallen, fanden Sie<br />
leicht Kontakt zu den Einheimischen?<br />
Es hat mir gut gefallen, die Leute sind<br />
freundlich und hilfsbereit. Ausländische<br />
Mitarbeiter haben sie hier übrigens keine.<br />
13 PAULI Cuisine 2-2004
SWISSCONTACT<br />
Was empfehlen Sie einem Berufskollegen<br />
oder einer –kollegin, die<br />
sich für diese ehrenamtliche Tätigkeit<br />
für <strong>Swisscontact</strong> interessiert?<br />
Die meisten Eignungen werden Interessierte<br />
schon von Berufs wegen mitbringen,<br />
man muss sich sprachlich ausdrücken<br />
können, in meinem Fall gings<br />
mit Englisch. Eine Vorbereitung auf ein<br />
neues Land ist wichtig, aber da gibt es<br />
genügend Reiseliteratur und andere<br />
Quellen. Und es braucht Geduld. Aber<br />
Hand aufs Herz, das war doch bei uns<br />
in der Schweiz auch nicht viel anders.<br />
Ich freue mich schon heute auf meine<br />
nächste Reise.<br />
Sie haben fast vier Dutzend Rezepte<br />
hinterlassen, vom Apfelstrudel<br />
über den Gugelhopf bis zu Grittibänzen<br />
und wir veröffentlichen<br />
nachstehend gerne eines davon.<br />
<strong>Swisscontact</strong> Senior Expert Corps<br />
(SEC)<br />
Döltschiweg 39, 8055 Zürich<br />
Tel. 01 454 17 17<br />
www.swisscontact.org<br />
Charlotte royale<br />
Rouladenbiscuit:<br />
1 Blech 25 x 30 cm<br />
4 Eigelb<br />
60 g Zucker<br />
1 Zitrone, abgerieben,<br />
cremig rühren<br />
3 Eiweiss<br />
40 g Zucker<br />
75 g Mehl<br />
Eier, Zucker zusammen steif schlagen<br />
Das geschlagene Eiweiss unter die<br />
Eigelbmasse mischen. Zuletzt das<br />
Mehl unter die Masse ziehen und auf<br />
ein Backpapier ca. 8 mm dick aufstreichen.<br />
Ca. 10 Min. bei 230 °C<br />
backen.<br />
Rouladenfüllung:<br />
150 g Himbeermarmelade<br />
Charlotteform mit Klarsichtfolie<br />
auslegen<br />
Biscuit mit Marmelade bestreichen<br />
und zu 3-4 cm dicken Rouladen<br />
aufrollen, in 4 mm dicke Scheiben<br />
schneiden und die Form damit auskleiden.<br />
Bavaroise Füllung:<br />
6 dl Milch<br />
1 Vanillestängel<br />
1 Prise Salz<br />
aufkochen<br />
150 g Eigelb<br />
200 g Zucker<br />
cremig rühren und in der Milch zur<br />
Rose abziehen<br />
20 g Gelatine 10 Minuten im kalten<br />
Wasser einweichen<br />
Gelatine ausdrücken und in der weissen<br />
Grundmasse auflösen,<br />
kalt rühren bis die Creme zu stocken<br />
beginnt.<br />
500 g geschlagenen Rahm und<br />
150 g Ananas in Würfeln darunterziehen<br />
und<br />
in die Form füllen,<br />
kühl stellen,<br />
nach dem Festwerden stürzen und<br />
mit Ananas<br />
oder Rahm garnieren.<br />
«selamat makan» (bon appétit)<br />
PAULI 14 Cuisine 2-2004