Artikel Baugeschichte - Website Pfarramt Kirchvers
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Eine bebilderte <strong>Baugeschichte</strong><br />
der Ev.-luth. Kirche von <strong>Kirchvers</strong><br />
von Hans Peter Kovács<br />
Die Kirche war ursprünglich ein kleiner Bau ohne den<br />
großen Turm und wahrscheinlich nur mit einem<br />
Dachreiter versehen. Sie besteht bereits im 13.<br />
Jahrhundert als Taufkirche des Sendbezirks Lohra und<br />
reicht nur bis kurz vor den jetzigen Südeingang.<br />
Die erste Kirchentür ist noch gut im Mauerwerk zu<br />
erkennen.<br />
Sehr alt sind der Taufstein mit seinem romanischen<br />
Fries, die gotischen Fresken an der Nordmauer innen,<br />
die möglicherweise den Einzug Jesu in Jerusalem<br />
(oben) und St. Anna und St. Barbara zeigen<br />
und auch das rechts davon<br />
befindliche Tabernakel<br />
(Sakramentshäuschen).<br />
Pfarrer Karl Gipper geht davon aus, daß die Kirche im Jahre 1250<br />
inmitten der damaligen Wasserburg an der Vers<br />
erbaut worden ist.<br />
Im Jahre 1480 wird die älteste Glocke gegossen.<br />
Sie trägt die Inschrift „*ave*maria*gracia*plena“<br />
(„Gegrüßt seist du, Maria, du Begnadete“<br />
- nach Lukas 1,28).
Bereits im Jahre 1468 ist die Pfarrei <strong>Kirchvers</strong>,<br />
damals noch katholisch, bezeugt. Unter dem<br />
dritten nachreformatorischen Pfarrer Christian<br />
Faber wird die Kirche 1602 in Richtung<br />
Westen erweitert. Über dem Südeingang ist<br />
diese Jahreszahl noch gut zu erkennen. Die<br />
Kosten für den Anbau wurden durch den<br />
Verkauf von 2 Äckern aus dem<br />
Pfarreivermögen aufgebracht.<br />
1653 wird erstmals eine gemalte Bühne<br />
erwähnt. 1661 wird die Mauer um den<br />
Kirchhof durch „Tyroler Maurer“<br />
instandgesetzt, die 1653 auch die Kirche<br />
innen pflastern. 1680 wird das gotische<br />
Chorfenster eingebaut.<br />
Nach weiteren Erneuerungen im Inneren erhält sie 1682 eine neue Schlaguhr,<br />
nachdem deren Vorgängerin von den Franzosen entwendet worden war.<br />
In den Jahren 1701 bis 1703 wird das mittlerweile baufällige Gotteshaus unter<br />
Pfarrer Johann Ulrich Dierlamb gründlich renoviert. Dazu wird sie bis auf die Mauern<br />
aus- und abgebrochen. Turm, Gewölbe, Gestühl und Empore werden geändert, die<br />
Dächer werden verschiefert und der Boden wieder neu gepflastert. Anschließend<br />
werden „sowohl Manns- als auch Weibsstände neu verlost.“<br />
1778 wird unter Pfarrer Georg Krauskopf wieder eine<br />
Instandsetzung vorgenommen. Dabei werden<br />
insbesondere die Dächer repariert und die Mauern<br />
mit neuen Strebepfleilern versehen. Inwendig wird<br />
die Kirche geweißt, „und die Stühle und Bänke mit<br />
Ölfarbe gefärbt.“ Die „Mannsbühnen“ wurden<br />
ebenfalls gestrichen und anschließend mit biblischen<br />
Gemälden versehen. Das jetzt neben der Kanzel<br />
hängende „Jüngste Gericht“ war früher ebenso in die<br />
Empore eingebaut, wie auch die 6 jetzt in der Kirche<br />
von Weipoltshausen zu sehenden Bilder aus der<br />
<strong>Kirchvers</strong>er Kirche, die dort nach der Vergrößerung<br />
der hiesigen Orgelempore ihren Platz fanden. Mit ihnen sind insgesamt 30 Gemälde
erhalten geblieben, von denen 24 direkt auf Holz und 3 auf Leinwand ausgeführt<br />
sind, darunter auch das seltene Motiv „Christus, der Schlangentretter“ (EG 113,2).<br />
1780 wird eine zersprungene Glocke ersetzt, die 1942 zwar zu Kriegszwecken<br />
abgeliefert werden musste, 1948 aber wieder aus Hamburg zurückgeholt werden und<br />
erneut im Turm aufgehängt werden konnte. Verloren ging allerdings eine ebenfalls<br />
1942 abgelieferte Glocke aus dem 16. Jahrhundert.<br />
1899 wird die Orgel eingebaut. Angefertigt wurde<br />
sie durch den Orgelbauer Eichhorn in Weilmünster.<br />
Der Einbau, der schon 1897 geplant war, verzögerte<br />
sich durch eine Krankheit des Orgelbauers. Eine<br />
Orgel scheint vorher nicht in der Kirche gewesen zu<br />
sein.<br />
1904 folgt unter Pfarrer Böhling eine erneute<br />
Renovierung. Dabei wird der Unterteil des<br />
Ostgiebels niedergelegt und dann nicht mehr in der<br />
alten Wandstärke von 1,2 – 1,4 m aufgebaut. So<br />
gewinnt man im Chorraum Platz für eine zweite<br />
Sitzreihe. Die Fenster werden neu verglast und auf<br />
der Nordseite wird ein Graben gezogen um die<br />
Kirchen trockenzulegen. 1929-1932 folgt die Instandsetzung durch Pfarrer<br />
Schimmelpfeng. Der Friedhof wird aufgeräumt, die Umfassungsmauer neu aufgeführt<br />
und die Kirche außen neu verputzt. Die Orgel erhält<br />
die während des I. Weltkrieges entfernten<br />
Prospektpfeifen zurück. Unter die Frauenbänke kommt<br />
ein Holzfußboden, ein Ofen wird gesetzt, dessen Rohr<br />
unter der Männerbühne entlanggeführt wird. Das<br />
Schiff wird neu geweißt, die Kanzel wird ausgebessert<br />
und, ebenso wie der Altar, mit einem neuen Anstrich<br />
versehen. Die Emporengemälde werden neu<br />
aufgeputzt und anschließend mit (einem allerdings<br />
falschen) Firnis versehen, sodaß diese nunmehr sehr<br />
dunkel werden. Zwei neue Kerzenleuchter umrahmen<br />
das neue vergoldete Altarkreuz, dessen Corpus selbst<br />
alt ist.<br />
1938, unter Pfarrer Lacher, wird ein Kamin in den Westgiebel eingezogen und ein<br />
neuer Ofen angeschafft. In „Gerhardts Haus“ am Kreuz (jetzt Krech) wird beim<br />
Umbau des Stalles ein alter romanischer Taufstein gefunden, der bisher als<br />
Futterkasten diente. Er wird käuflich erworben und erhält in der Kirche den Platz, an
dem sich bisher der Stand der Pfarrersfamilie befand. Er<br />
wird mit einem Deckel versehen und am Trinitatissonntag<br />
1938 von Pfarrer Schimmelpfeng eingeweiht.<br />
1946 wird der Kirchturm neu verschiefert, und, wie bereits<br />
erwähnt, die Glocke aus dem Jahre 1780 wieder<br />
aufgehängt. <strong>Kirchvers</strong> besitzt wieder ein doppeltes Geläut.<br />
Auch eine gründliche Überholung der Orgel fällt in dieses<br />
Jahr. 1950, schon unter Pfarrer Karl Gipper, wird der<br />
Zugang vor der Kirchentür neu gepflastert. 1951 wird die<br />
Glocke aus dem Jahre 1480 umgehängt und<br />
erhält neue Armaturen, ein neues Lager und<br />
einen neuen Klöppel. Ein Jahr später wird die<br />
Drainage auf dem Kirchplatz gesäubert und<br />
ein Teil des Zugangsweges umgepflastert.<br />
Ebenso wird das Dach ausgebessert und „die<br />
Mauer mit einen Schutzdraht gegen die<br />
Hühnerplage versehen.“ 1953 erhält die<br />
Männerbühne neue Bänke und die Orgel<br />
bekommt einen neuen Spieltisch. 1954 wird<br />
die alte Kirchenuhr im Turm wieder gangbar gemacht.<br />
Auf dem Tauschwege erhält die Kirchengemeinde 1955 das Gelände bis zur<br />
Schulscheune zur Erweiterung des Kirchplatzes, der jetzt auch für größere Feste<br />
geeignet ist. 1956 wird die Kirche an das Kanalnetz des Dorfes angeschlossen. 1959<br />
werden die Nordseite und der Westgiebel des Kirchendaches neu eingedeckt. Mit<br />
dem Dezember 1961 beginnen wieder umfängliche Renovierungsarbeiten, die mit<br />
86.000 DM veranschlagt werden. Hauptpositionen sind die Neuverschieferung des<br />
Daches und die Trockenlegung der Kirche, an der früher die Vers vorüberfloß, was<br />
starke Faulschäden an der Holzkonstruktion des Gotteshauses zur Folge hatte. Neben<br />
einer neuen Schlaguhr wird ein stählerner Glockenstuhl eingebaut, der neben den<br />
schon vorhandenen zwei weitere Glocken aufnehmen<br />
soll, die 1962, zusammen mit einer elektrischen<br />
Läuteanlage, eingebaut werden. Das gesamte Geläut<br />
wird tiefer gehängt und gedreht, sodass es jetzt seine<br />
Schwingungen nicht mehr längs, sonder quer zum<br />
Kirchenschiff abträgt.<br />
Die Turmspitze ziert ein neuer Hahn, nachdem dessen<br />
Vorgänger durch diverse Einschusslöcher arg in<br />
Mitleidenschaft gezogen worden war.
Die romanische Südpforte wird um 30 cm erhöht.<br />
Am 12. Juli findet in der renovierten Kirche ein<br />
Festgottesdienst zum Abschluss der Arbeiten statt.<br />
Am 15. Juli wird, zusammen mit dem neuen Geläut<br />
auch das neue Gefallenendenkmal eingeweiht, auf<br />
dem nun die Namen der Toten und Vermissten<br />
beider Weltkriege ihren Platz gefunden haben.<br />
1985 wird unter Pfarrer Heinrich Dilk die Orgel<br />
umfänglich restauriert.<br />
1989 werden unter dem jetzigen Stelleninhaber vom<br />
Kirchenvorstand erste Maßnahmen wegen des bei<br />
Glockengeläut stark schwankenden Turmes<br />
beschlossen. In den Folgejahren werden in einer Reihe von<br />
Sachverständigengutachten mögliche Maßnahmen diskutiert. Bereits 1990 spricht<br />
sich der Kirchenvorstand für eine Drehung der Glocken um 90° aus. 1993 erhält die<br />
Kirche einen neuen Zugangsweg. Inzwischen stellt sich mehr und mehr heraus, dass<br />
das Gebäude von Grund auf saniert werden muss. So beginnt 1994 die umfangreiche<br />
Ermittlung und Koordination der notwendigen Arbeiten samt der Stellung von<br />
entsprechenden Baumittelanträgen.<br />
2 Jahre später stehen die ersten<br />
Arbeiten am Kirchendach an. Nach<br />
umfänglichen restauratorischen<br />
Voruntersuchungen und dem<br />
genauen Aufmaß der Kirche wird die<br />
Kirche wird ab der Jahrsmitte 1996<br />
geschlossen und die Gottesdienste<br />
finden im Bürgerhaus statt.<br />
Glockengeläut ist nicht mehr<br />
möglich. Im Zuge der Sanierung des<br />
Turmes (1. Bauabschnitt) wird ein<br />
neuer Glockenstuhl verfertigt und die Glocke III restauriert. Die Glocken schwingen<br />
nun längs des Schiffes von Ost nach West. In der Nacht vom 1. zum 2. August 1997<br />
wird der Turmhahn gestohlen und später durch einen neuen ersetzt.<br />
1998 finden die Gottesdienste finden wieder in der Kirche statt. Zugleich beginnt der<br />
Bauabschnitt 2, die Sanierung der Mauerkronen. Als die erneute Schließung der<br />
Kirche nötig wird, feiert die Gemeinde die Gottesdienste im Pfarrsaal.<br />
Zum April 1999 kann die Gemeinde ihre Kirche wieder beziehen. In diesem Jahr<br />
besteht die Orgel 100 Jahre und erklingt zu einem Konzert.
Im Jahre 2000 wird die Anschaffung einer neuen Kirchturmuhr mit außensichtigem<br />
Zifferblatt beschlossen. Diese wird 2001 eingebaut und am 7. April eingeweiht. Nach<br />
Abschluss des Bauabschnitts 3, der Sanierung des Mauerwerks, läuten die Glocken<br />
wieder. Im Folgejahr beginnen die Arbeiten zur Innensanierung der Kirche und die<br />
Gemeinde hält wieder ihre Gottesdienst im Pfarrsaal und im Bürgerhaus. Die Glocken<br />
schweigen erneut. Nach Beendigung der Innensanierung findet der erste<br />
Gottesdienst in der Kirche am 2. März 2003 statt.<br />
Am 4. Mai 2003 schließlich wird das Gotteshaus mit einem feierlichen Gottesdienst, in<br />
dem Dr. Martin Hein, der Bischof der Ev. Landeskirche von Kurhessen-Waldeck die<br />
Predigt hält, wieder eingeweiht.<br />
Fotos: Außenansicht Kirche / Anfängliche Größe der Kirche / Fresken im Altarraum /<br />
Tabernakel / Glocke von 1480 / Türbogen Südeingang von 1602 / Gotisches<br />
Chorfenster von 1680 / Gemälde „Das Jüngste Gericht“ / Orgel von 1899 / Altarkreuz<br />
mit Kerzenleuchter / Taufstein / Uhrenstube mit alter Schlaguhr / Turmhahn vor<br />
dessen Anbringung 1961 / Blick in das Innere der Orgel / Turmspitze mit neuem<br />
Hahn / Altarraum mit Taufstein und Lesepult (alle Farbaufnahmen vom Verfasser).