Weihnachten 2008 - St. Bonifatius, GieÃen
Weihnachten 2008 - St. Bonifatius, GieÃen
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Geistliches Wort<br />
4<br />
Kindern fällt das Warten schwer,<br />
besonders das Warten auf <strong>Weihnachten</strong>.<br />
Die Adventszeit kommt<br />
ihnen unendlich lang vor. Gute<br />
Bräuche wie z. B. der Adventskranz<br />
oder der Adventskalender,<br />
helfen, das Warten zu erleichtern<br />
und zugleich mit sinnvollem Inhalt<br />
zu füllen.<br />
Doch Hand aufs Herz: fällt uns<br />
Erwachsenen das Warten leichter?<br />
Ich vermute, nein. Genau<br />
betrachtet schaffen auch wir es<br />
kaum, <strong>Weihnachten</strong> abzuwarten.<br />
Der Advent wird weitgehend als<br />
„Weihnachtszeit“ begangen. Wir<br />
besuchen Weihnachtsfeiern mit<br />
festlichem Weihnachtsessen, singen<br />
Weihnachtslieder und tauschen<br />
jetzt schon Geschenke aus.<br />
Den Ton geben dabei die Werbung<br />
und der Handel an. Wenn<br />
dann endlich <strong>Weihnachten</strong> ist,<br />
können wir keine Weihnachtslieder<br />
mehr hören und sind froh,<br />
wenn wir unsere Ruhe haben.<br />
Wie gut täte es uns, warten zu<br />
können. Wirkliche Freude und<br />
Zufriedenheit lebt von der natürlichen<br />
Spannung zwischen Erwartung<br />
und Erfüllung. Nur was ich<br />
entbehre und noch nicht habe,<br />
kann mich wirklich mit Freude, ja<br />
mit Glück erfüllen, wenn es da ist.<br />
Unser deutsches Wort warten ist<br />
vom Substantiv Warte abgeleitet,<br />
was bedeutet Aussichtsturm,<br />
Wachturm aber auch Obhut, Verwahrung.<br />
Warten ist also kein<br />
Warten können ....<br />
passives Nichtstun. Es bedeutet<br />
vielmehr wachsam Ausschau halten<br />
oder auf etwas aufpassen, es<br />
pflegen – also etwas sehr Aktives.<br />
Eine Zeit der Erwartung ist auch<br />
notwendig für den Glaubensvollzug<br />
selbst. Denn Glauben bedeutet,<br />
sich für eine bestimmte<br />
Deutung der Wirklichkeit zu entscheiden.<br />
Wir Christen entscheiden<br />
uns für Gott den Schöpfer<br />
dieser Welt und für Jesus Christus,<br />
seinen Sohn, der an <strong>Weihnachten</strong><br />
Mensch geworden ist.<br />
Wir glauben an einen Gott, der<br />
sich auf die Seite der Menschen<br />
gestellt hat. Wir wissen, dass viele<br />
Menschen an andere Deutungen<br />
der Wirklichkeit glauben. Auch<br />
sie entscheiden sich für ihren<br />
Glauben. Sie haben nicht mehr<br />
Beweise dafür als wir für unseren<br />
auch. Sie glauben daran.<br />
Jede wichtige Entscheidung im<br />
Leben will gut überlegt und vorbereitet<br />
sein. Genau dazu will die<br />
Adventszeit Hilfestellung geben:<br />
Dass wir uns an <strong>Weihnachten</strong> bewusst<br />
und aus freien <strong>St</strong>ücken für<br />
das Geschenk dieses Festes entscheiden<br />
können: „Heute ist euch<br />
in der <strong>St</strong>adt Davids der Retter<br />
geboren; er ist der Messias, der<br />
Herr“. (Lk 2,11). Danach Ausschau<br />
zu halten und es sorgsam zu pflegen;<br />
lohnt sich. Die Adventszeit<br />
will uns dabei helfen.<br />
Hermann Josef Zorn