Römische Rechtsgeschichte – Fragen - Michael Poropatich
Römische Rechtsgeschichte – Fragen - Michael Poropatich
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<strong>Michael</strong> <strong>Poropatich</strong> <strong>Römische</strong> <strong>Rechtsgeschichte</strong> WiSe 2012<br />
ursprünglich als autoritativ verstandenen Text des Corpus Iuris Civilis allmählich in<br />
den Hintergrund.<br />
(23) Charakterisieren Sie die Tätigkeit der spätmittelalterlichen Konsiliatoren!<br />
Konsiliatoren (oder Kommentatoren) heißen die Nachfolger der Glossatoren. Sie<br />
verzichteten darauf, das Corpus Iuris Civils weiter zu glossieren. Stattdessen versuchten<br />
sie, das justinianische Recht den Bedürfnissen ihrer Zeit anzupassen und<br />
praktisch nutzbar zu machen. Sie bezogen das kanonische Recht, das langobardische<br />
Lehensrecht, die lokalen Gewohnheitsrechte und das Statutarrecht der oberitalienischen<br />
Stadtstaaten in ihre Arbeit ein.<br />
Die Konsiliatoren verfassten Kommentare und Monographien. Sie wirkten auf die<br />
Gerichtspraxis mittels Gutachten (consilia) ein. Sie entwickelten das ius commune.<br />
(24) Was versteht man unter ius commune?<br />
Das ius commune entstand aus der wissenschaftliche Bearbeitung des römischen<br />
und kanonischen Rechts im Spätmittelalter. Es umfasste das Corpus Iuris Civilis,<br />
das Corpus Iuris Canonici und die Fortbildung beider Rechtsquellen im Rahmen<br />
des wissenschaftlichen Diskurses.<br />
Universitär ausgebildete Juristen, die zunehmend in Justiz, Verwaltung und Politik<br />
eingesetzt wurden, wandten das römische und kanonische Recht immer dort an,<br />
wo ihnen nicht von den Prozessparteien ein entgegenstehender Landesbrauch<br />
nachgewiesen wurde.<br />
Das ius commune erlangte so subsidiäre Geltung. Es drängte im Laufe der Zeit die<br />
Partikularrechte zurück und wurde gemeineuropäisches Recht.<br />
(25) Was versteht man unter Rezeption des römischen Rechts? Warum und wie<br />
erfolgte diese?<br />
Die Rezeption war ein gesamteuropäischer Vorgang, der im 12. Jh begann und im<br />
15. und 16. Jh den Höhepunkt erreichte. Sie übernahm das römisch-kanonische,<br />
gelehrte Recht in die Rechtspraxis. Schuldrechtliche Bedürfnisse der Wirtschaft<br />
stießen die Rezeption an. Universitär ausgebildete Juristen, die zunehmend in Justiz,<br />
Verwaltung und Politik eingesetzt wurden, betrieben sie.<br />
Die Rezeption brachte das ius commune hervor und ließ es in den Partikularrechten<br />
wirksam werden.<br />
(26) Welche Kodifikationen zählt man zu den Naturrechtsgesetzbüchern?<br />
Eine Kodifikation enthält entweder die gesamte Rechtsordnung oder zumindest ein<br />
komplettes Rechtsgebiet. Das Recht wird systematisch und widerspruchsfrei, mittels<br />
abstrakter Rechtssätze aufgezeichnet (also keine Fallsammlung). Das zur Gesetzgebung<br />
berufene Organ stattet es mit Exklusivität aus (also keine subsidiäre<br />
Geltung von älteren Gesetzen oder Gewohnheitsrecht).<br />
Naturrechtliche Kodifikationen entstanden in Europa ab der zweiten Hälfte des 18.<br />
Jh. Sie schufen Rechtssicherheit, indem das zersplitterte ius romano-germanicum<br />
(ein Gemenge aus gemeinem und heimischem Recht) einer einheitlichen Rechtsordnung<br />
wich. Sie begründeten Staatseinheit durch Rechtseinheit. Das ius commune<br />
ging infolge der Aufsplittung in nationale Rechtsordnungen unter.<br />
Naturrechtsgesetzbücher sind das preußische Allgemeine Landrecht 1794, das österreichische<br />
Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch 1811 4 und der französische Code<br />
civil 1804.<br />
(27) Was ist die Historische Rechtsschule?<br />
Die Historische Rechtsschule entstand zu Beginn des 19. Jh. 5 Sie stellte den Anspruch<br />
des Naturrechts auf zeitlose Geltung in Frage. Sie lehnte naturrechtliche<br />
Kodifikationen ab.<br />
4 Dass das ABGB ein typisches Naturrechtsgesetzbuch ist, zeigt sich insbesondere<br />
beim Hinweis auf die „natürlichen Rechtsgrundsätze“ in § 7. Feststellbar sind aber<br />
auch Einflüsse des gemeinen Rechts (va im Schuldrecht), des heimisch-deutschen<br />
Rechts (va im Sachenrecht) und des kanonischen Rechts (va im Familienrecht).<br />
13.10.2013 6