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Grundwerte im Wilhelminischen Zeitalter - Praktikum macht Schule

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tät ausdifferenziert und bewertet werden 5 . Die Schülerinnen und Schüler gewinnen über<br />

diese unterschiedlichen Elemente eine Einsicht in die Komplexität von Geschichte 6 .<br />

Deutlich wird hier, dass mit der Stunde verschiedene Zielstellungen parallel verfolgt<br />

werden. Nicht nur die Faktizität einer neuen Gesinnung gilt es zu erarbeiten (inhaltliche<br />

Ebene). Es geht auch um das selektive Lesen von umfangreichen Sachtexten aus dem Geschichtslehrbuch,<br />

um die Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse und die<br />

Schlussfolgerung (methodische Ebene). Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie ein<br />

Sachverhalt pointiert, verdichtet und kritisch abgewogen wird. Darüber hinaus werden<br />

allgemeine Kompetenzen geübt, die nicht bloß den Geschichtsunterricht betreffen, etwa<br />

Diskurs- und Präsentationstechniken.<br />

Die Auswahl der Sachtexte lässt sich an dieser Stelle einfach begründen: So wird der linearen<br />

Struktur des Lehrbuches (und damit einer chronologischen Ordnung) entsprochen,<br />

zugleich aber der Umgang mit zunehmend umfangreichen und schwierigen Texten<br />

trainiert und eine neue Form des historischen Denkens eröffnet. Überdies wird das<br />

Verständnis der folgenden historischen Entwicklungen erleichtert.<br />

Am Anfang der Stunde soll die Leitfrage der Gruppenarbeit wiederholt werden: Mit welchen<br />

Werten konnte das gemeinschaftliche Selbstbild der Deutschen nach der Kaiserproklamation<br />

entwickelt werden? (Kurz: Von der Geschichte einer Teilung zu e i n e r Gesinnung?) Die<br />

Fragestellung wird auch an die Tafel geschrieben. Zum einen kann damit an das übergreifende<br />

Erkenntnisinteresse erinnert-, zum anderen so die abschließende Sicherungsphase<br />

eingeleitet werden.<br />

Im Anschluss sollen die Arbeitsgruppen ihre Analyseergebnisse mit Referaten und<br />

Schaubildern von vorn präsentieren. Dabei werden methodisch und bildlich variable<br />

Umsetzungen erwartet. Am Ende jeder Präsentation soll die gesamte Lerngruppe aufgefordert<br />

werden, die vorgestellten Ergebnisse und Präsentationstechniken kritisch zu<br />

würdigen. Die einzelnen Schaubilder sind an der Tafel kontrastiv gegenüberzustellen. In<br />

jedem Fall erkennen die Schülerinnen und Schüler das neue Wertesystem des Kaiserreiches<br />

und deren Folgen. Ob in dieser Stunde alle Gruppen zu Wort kommen, hängt davon<br />

ab, inwieweit am Ende ein zeitlicher Spielraum für eine erste gemeinsame Diskussion<br />

bleibt. Hier sollen in einem offenen Unterrichtsgespräch und <strong>im</strong> Sinne einer Sicherungsphase<br />

die wichtigsten Ergebnisse und Fragen durch die gesamte Lerngruppe zusammengefasst<br />

werden. Dabei kann nach den sozialen und individuellen Folgen der<br />

herausgearbeiteten Max<strong>im</strong>en, ihren Vor- und Nachteilen gefragt werden. Wie anspruchsvoll<br />

diese Aufgabe ist, zeigt eine Ausdifferenzierung der methodischen Teilkompetenzen,<br />

die hier angewandt werden können. Tatsächlich sollten die Schülerinnen<br />

und Schüler für ihre Antworten nicht nur auf die bisherigen Ergebnisse der Schülervorträge<br />

zurückgreifen, sondern die verschiedenen Aussagen miteinander verknüpfen, zu<br />

den Motiven Hypothesen aufstellen sowie abschließend ein Urteil formulieren 7 .<br />

Zur weiteren Vertiefung der Ergebnisse haben die Schülerinnen und Schüler überdies zu<br />

Hause an einer Karikatur analytisch die <strong>Grundwerte</strong> des <strong>Wilhelminischen</strong> <strong>Zeitalter</strong>s zu<br />

analysieren. Damit wird die Möglichkeit eingeräumt, die Ergebnisse der Stunde an einem<br />

weiteren Beispiel zu überdenken und zu prüfen. - Für den Fall, dass der geplante<br />

Unterrichtsverlauf nicht in der Zeit von 45 Minuten zu bewältigen ist, weil beispielsweise<br />

die Präsentationen zu lange dauern, lässt sich die Hausaufgabe auch als Stundenabschluss<br />

vor der Zusammenfassung stellen.<br />

Schwierig erscheint schließlich die Frage nach dem Gegenwartsbezug der Prüfungsstunde.<br />

Zweifelsohne bietet ein solcher Bezug eine überzeugende Legit<strong>im</strong>ation für den Ge-<br />

5 Vgl. Rohlfes, 1986, S.221: „Einen geschichtlichen Sachverhalt als Problem sehen, heißt: begreifen, dass man ihn<br />

von mehreren Seiten betrachten, ihm seine Bedeutung noch abgewinnen muss.“<br />

6 Vgl. Günther-Arndt, 2003, S.167. Sauer, 2003, S.69.<br />

7 Vgl. Rohlfes, 1986, S.167. Rüsen, 1992, S.274-279.<br />

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