Sozialkunde und Wirtschaftslehre in ... - Europa-Lehrmittel

Lernbaustein 1
Parteien, Bürgerinitiativen, Verbände und Gewerkschaften
Bei der Wirtschaft stoßen derartige Forderungen – wie schon bisher – auf deutlichen Widerstand.
Strikt dagegen sprach sich etwa der Geschäftsführer des Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben,
aus. „Die Einführung eines Mindestlohns würde weitere Jobs vernichten. Viele Firmen können das nicht
leisten“, sagte Wansleben der „Passauer Neuen Presse“.
Auch Kanzlerin Angela Merkel hat sich auf dem DGB- Bundeskongress in Berlin gegen die Einführung eines gesetzlichen
Mindestlohnes gewandt. Merkel befürwortete stattdessen weitere branchenspezifische Regelungen.
Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, lehnt zwar die flächendeckende
Einführung eines einheitlichen Mindestlohns ab, hat aber die Bundesregierung aufgefordert, für den
Bereich der Leiharbeit einen Mindestlohn festzuschreiben. So könne Lohndumping durch Billigarbeitskräfte aus dem
Ausland verhindert werden. „Der Gesetzgeber sollte in jedem Fall noch in diesem Jahr eine entsprechende Regelung
schaffen“, # sagte Hundt mit Blick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai 2011.
Generell gelte aber auch weiterhin: „Gesetzlich verordnete flächendeckende Mindestlöhne bedrohen bestehende
Arbeitsplätze.“ In Branchen mit niedrigeren Löhnen würden Arbeitsplätze abgebaut oder in die Schwarzarbeit oder ins
Ausland verdrängt. Davon wären nach Worten Hundts bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro 1,7 Millionen Vollzeit-
Arbeitnehmer bedroht, vor allem in Ostdeutschland. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies derartige Befürchtungen
der Wirtschaft dagegen als „absurd“ zurück. Collage aus verschiedenen Zeitungsartikeln, Text des Autors, Januar 2011
Teilnehmer am
politischen
Willensbildungsprozess
Pluralismus
Teilnehmer und Mitgestalter des politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses
sind …
➤ … die politischen Institutionen (Parlamente und Regierungen) sowie
die Personen, die in diesen Institutionen tätig sind, z.B. Abgeordnete
oder Regierungsmitglieder.
➤ … die Parteien, die sich zur Wahl stellen und – sofern sie gewählt
werden – politische Verantwortung übernehmen.
➤ … die Bürger, die vor allem bei Wahlen ihren politischen Willen zum
Ausdruck bringen.
➤ … die Interessenverbände (z.B. die Industriegewerkschaft Metall –
IG Metall), in denen Millionen von Bürgern organisiert sind.
➤ … die Massenmedien (Fernsehen, Rundfunk, Presse).
➤ ... die Kirchen, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften Einfluss auf
die politische Entscheidungsfindung haben, indem sie eine moralische
»Wächterfunktion« ausüben, z.B. in Fragen der Friedenssicherung und
der Menschenrechte.
Allein dieser kurze Überblick macht schon deutlich, dass Politik unter Umständen
sehr kompliziert sein kann. So viele Mitwirkende, die alle wollen,
dass gerade ihre Meinungen gehört werden und ihre jeweiligen Interessen
auch von den verantwortlichen Politikern berücksichtigt werden. Dass die
Beteiligten dabei nicht alle einer Meinung sind, versteht sich eigentlich
von selbst. Und dennoch sind gerade diese unterschiedlichen Interessen,
die nebeneinander existieren und sich auch widersprechen, in einer Demokratie
etwas ganz normales. Und die Konflikte, die dabei entstehen,
ebenfalls. Die Fachleute bezeichnen dieses berechtigte Nebeneinander
unterschiedlicher miteinander konkurrierender Interessen und Wertvorstellungen
als Pluralismus.
Im folgenden Abschnitt geht es um Parteien, Interessenverbände und Bürgerinitiativen.
Sie erfahren, worin sich diese unterschiedlichen Teilnehmer
am politischen Prozess unterscheiden und welche Aufgaben ihnen in
einem demokratischen System zukommen. Warum sie wichtig sind, aber
man sie auch kritisieren kann und muss.
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