Weihnachtspfarrbrief 2011 - Rappenbuegl-st-josef.de
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Lied geformt, in das vielfach sein theologisches<br />
Denken einfloss, z. B. <strong>de</strong>r<br />
Vorrang <strong>de</strong>r göttlichen Gna<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>n<br />
menschlichen Werken. Mit Georg Neumarks<br />
"Wer nur <strong>de</strong>n lieben Gott läs<strong>st</strong><br />
walten" veröffentlicht 1657, das <strong>de</strong>n<br />
Hörer bzw. Mitsingen<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re<br />
in seiner Bachschen Vertonung zu verzaubern<br />
vermag, hat es etwas Eigentümliches<br />
auf sich: Einerseits geht es<br />
auf eine autobiographische Erfahrung<br />
seines Textkomponi<strong>st</strong>en zurück, als er<br />
bei einem Überfall gerettet wur<strong>de</strong>. An<strong>de</strong>rerseits<br />
kommen darin auch allgemeine<br />
chri<strong>st</strong>liche Lebensweisheiten zur<br />
Sprache: "Wer Gott <strong>de</strong>m Allerhöch<strong>st</strong>en<br />
traut, <strong>de</strong>r hat auf keinen Sand gebaut."<br />
"Lobe <strong>de</strong>n Herren, <strong>de</strong>n mächtigen<br />
König <strong>de</strong>r Ehren" gehört zu <strong>de</strong>n bekannte<strong>st</strong>en<br />
ökumenischen Lie<strong>de</strong>rn, die<br />
sowohl von Prote<strong>st</strong>anten als auch Katholiken<br />
eifrig gesungen wer<strong>de</strong>n. Das in<br />
über 30 Sprachen übersetzte Kirchenlied<br />
<strong>st</strong>ammt vom reformierten Chri<strong>st</strong>en<br />
Joachim Nean<strong>de</strong>r. Für viele überraschend<br />
geht die Bezeichnung für <strong>de</strong>n<br />
im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt gefun<strong>de</strong>nen vorgeschichtlichen<br />
Menschen indirekt auf<br />
<strong>de</strong>n Lie<strong>de</strong>rdichter zurück. Nean<strong>de</strong>r i<strong>st</strong> in<br />
seinem Leben 2 Jahrhun<strong>de</strong>rte früher<br />
gerne in das Kalk<strong>st</strong>eintal bei Düsseldorf<br />
gegangen, um Lie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m dortigen<br />
Echo zu erproben. Deshalb wur<strong>de</strong> dieses<br />
Tal, in <strong>de</strong>m später beim Abbau <strong>de</strong>s<br />
Kalk<strong>st</strong>eins <strong>de</strong>r vorgeschichtliche<br />
Mensch gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n i<strong>st</strong>, nach <strong>de</strong>m<br />
Liedkomponi<strong>st</strong>en benannt. "Ich will dich<br />
lieben, meine Stärke" i<strong>st</strong> ein Lied <strong>de</strong>s<br />
früheren Prote<strong>st</strong>anten und späteren Katholiken<br />
Angelus Silesius, mit bürgerlichem<br />
Namen Johannes Scheffler. In<br />
diesem Chri<strong>st</strong>uslied greift Silesius nicht<br />
nur auf die Lichtmetaphorik <strong>de</strong>s ambrosianischen<br />
Hymnus zurück, son<strong>de</strong>rn<br />
auch auf die Bildlichkeit erotischer Liebeslie<strong>de</strong>r,<br />
die er in <strong>de</strong>n Dien<strong>st</strong> seiner<br />
Gesamtaussage <strong>st</strong>ellt.<br />
Den Abschluss und <strong>de</strong>n Höhepunkt<br />
<strong>de</strong>s Lie<strong>de</strong>r- und Vortragabends bil<strong>de</strong>t<br />
die Beschäftigung mit Bonhoeffers berühmtem<br />
Lied "Von guten Mächten treu<br />
und <strong>st</strong>ill umgeben". Ursprünglich als<br />
Gedicht einem geheimen Brief vom Dezember<br />
1944 an seine Verlobte und<br />
Verwandten aus <strong>de</strong>r Haft während <strong>de</strong>r<br />
Nazi-Zeit beigegeben, wur<strong>de</strong> es Jahrzehnte<br />
nach Bonhoeffers Ermordung im<br />
April 1945 im KZ Flossenbürg zu einem<br />
allgemein beliebten ökumenischen Kirchenlied.<br />
Das Engellied (vgl. die Eingangszeile)<br />
verarbeitet Vor<strong>st</strong>ellungen<br />
aus <strong>de</strong>n Psalmen im Alten Te<strong>st</strong>ament<br />
und an<strong>de</strong>ren Bibel<strong>st</strong>ellen und bringt sie<br />
mit <strong>de</strong>r damals äußer<strong>st</strong> schwierigen Lebenssituation<br />
in Beziehung. Vor allem<br />
die letzte Strophe, die später zum Refrain<br />
<strong>de</strong>s gleichnamigen Lie<strong>de</strong>s wur<strong>de</strong>,<br />
hat sich bis heute tief in das allgemeine<br />
chri<strong>st</strong>liche Bewus<strong>st</strong>sein eingeprägt:<br />
„Von guten Mächten wun<strong>de</strong>rbar geborgen,<br />
erwarten wir getro<strong>st</strong>, was kommen<br />
mag. Gott i<strong>st</strong> bei uns am Abend<br />
und am Morgen, und ganz gewiss an<br />
je<strong>de</strong>m neuen Tag."<br />
Robert Glöckl<br />
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