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Hochdruck senken – ohne Risiko fürs Kind - ratgeber-fitness.de

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medizin<br />

Zertifizierte Fortbildung<br />

<br />

Hypertonie in <strong>de</strong>r Schwangerschaft<br />

<strong>Hochdruck</strong> <strong>senken</strong> –<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Risiko</strong> fürs <strong>Kind</strong><br />

Eine hochdruckkranke Patientin wird schwanger – welche Antihypertensiva können Sie nun guten<br />

Gewissens weiter verordnen, <strong>ohne</strong> <strong>de</strong>n Fetus zu gefähr<strong>de</strong>n? Auch bei versehentlicher Einnahme<br />

von Substanzen <strong>ohne</strong> etablierte Sicherheit in <strong>de</strong>r Schwangerschaft ist Ihr Rat gefragt.<br />

➔<br />

Frage aus <strong>de</strong>r Praxis: Ein Hausarzt wen<strong>de</strong>t sich mit folgen<strong>de</strong>r<br />

Frage an <strong>de</strong>n Beratungsdienst: „Ich betreue eine<br />

Patientin mit essenzieller arterieller Hypertonie. Seit etwa einem<br />

Jahr erhält sie Valsartan und Bunazosin mit guter antihypertensiver<br />

Wirkung. Jetzt wur<strong>de</strong> aktuell eine Schwangerschaft festgestellt<br />

und die Patientin ist besorgt, ob schädliche Wirkungen<br />

auf das <strong>Kind</strong> zu erwarten sind. Wie soll ich vorgehen?“<br />

Der Autor<br />

Priv.-Doz.<br />

Dr. med. Klaus Mörike<br />

Universitätsklinikum Tübingen,<br />

Institut für Pharmakologie und<br />

Toxikologie, Abteilung Klinische<br />

Pharmakologie<br />

Otfried-Müller-Straße 45<br />

72076 Tübingen<br />

E-Mail: klaus.moerike@<br />

med.uni-tuebingen.<strong>de</strong><br />

n Medizinstudium in Tübingen und Newcastle upon Tyne<br />

n Weiterbildung und berufliche Tätigkeiten an <strong>de</strong>n<br />

Universitäten Tübingen (Toxikologie), Hei<strong>de</strong>lberg (Innere<br />

Medizin) sowie in Klinischer Pharmakologie am Dr. Margarete<br />

Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart,<br />

und an <strong>de</strong>r Van<strong>de</strong>rbilt University, Nashville, TN (USA)<br />

n Arbeitsschwerpunkte: Arzneimitteltherapieberatung,<br />

kardiovaskuläre Pharmakotherapie, Aus- und Fortbildung in<br />

Klinischer Pharmakologie und Pharmakotherapie<br />

[ von Dr. Klaus Mörike ]<br />

Die Patientin hatte also bislang einen AT 1 -Rezeptorenblocker<br />

und einen Alpha 1 -Rezeptorenblocker erhalten. Die Substanzklassen<br />

sind durch folgen<strong>de</strong> Eigenschaften gekennzeichnet:<br />

ACE-Hemmer und AT 1 -Rezeptorenblocker: Die Substanzen<br />

bei<strong>de</strong>r Klassen haben ihren Angriffspunkt am Renin-Angiotensin-System.<br />

ACE-Hemmer hemmen das Angiotensin-converting-Enzym<br />

(ACE). Dieses Enzym bewirkt die Überführung<br />

von Angiotensin I in das biologisch wirksame Angiotensin II<br />

sowie die Inaktivierung von Bradykinin. Letztere Wirkung ist<br />

wahrscheinlich die Ursache für die nicht selten beobachtete<br />

unerwünschte Wirkung <strong>de</strong>s Hustens. Zu dieser Substanzklasse<br />

gehören <strong>de</strong>rzeit Captopril, Enalapril, Lisinopril, Quinapril,<br />

Benazepril, Ramipril, Fosinopril, Perindopril, Spirapril, Cilazapril,<br />

Moexipril, Imidapril und Trandolapril.<br />

Antagonisten am Angiotensin-II-Rezeptor Typ I wer<strong>de</strong>n als<br />

AT 1 -Rezeptorenblocker und – wegen <strong>de</strong>r gemeinsamen Namensendung<br />

– häufig als „Sartane“ bezeichnet. Sie greifen ebenfalls<br />

am Renin-Angiotensin-System an und teilen daher mit <strong>de</strong>n<br />

ACE-Hemmern einige Eigenschaften. Jedoch ist Husten als<br />

unerwünschte Wirkung <strong>de</strong>utlich seltener. Zu dieser Substanzklasse<br />

gehören <strong>de</strong>rzeit Losartan, Can<strong>de</strong>sartan, Irbesartan, Valsartan,<br />

Eprosartan, Telmisartan und Olmesartan.<br />

Alpha 1 -Rezeptorenblocker: Zu <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Mehrfachtherapie<br />

<strong>de</strong>r Hypertonie-Behandlung verwen<strong>de</strong>ten Mitteln dieser Klasse<br />

gehören <strong>de</strong>rzeit Prazosin, Doxazosin, Bunazosin und Indoramin.<br />

Urapidil, ebenfalls ein Alpha 1 -Rezeptorenblocker, hat<br />

außer<strong>de</strong>m geringfügige Alpha 2 -stimulieren<strong>de</strong> und Serotoninantagonistische<br />

Wirkung.<br />

<strong>Risiko</strong>potenzial während <strong>de</strong>r Schwangerschaft<br />

ACE-Hemmer: Bei Gebrauch nach <strong>de</strong>m ersten Schwangerschaftstrimenon<br />

stehen ACE-Hemmer mit Teratogenität und<br />

schwerer Toxizität – einschließlich Tod – beim Fetus und Neugeborenen<br />

in Zusammenhang. Sie verursachen eine Reihe von<br />

Fetopathien. So wer<strong>de</strong>n kraniale Hypoplasien (Hypocalvaria =<br />

Hypoplasie <strong>de</strong>s Schä<strong>de</strong>ldaches), Dysgenesien <strong>de</strong>r Nierentubuli<br />

beim Neugeborenen, Oligohydramnion, Hypotonie und Anurie<br />

beim Neugeborenen sowie Wachstumsretardierungen beschrieben.<br />

Die Ursache <strong>de</strong>r Defekte und <strong>de</strong>r übrigen Toxizität, die mit<br />

ACE-Hemmern verbun<strong>de</strong>n ist, liegt wahrscheinlich in fetaler<br />

Hypotension und reduziertem renalen Blutfluss begrün<strong>de</strong>t. Das<br />

mit <strong>de</strong>r Anurie verbun<strong>de</strong>ne Oligohydramnion kann Lungen-<br />

Bildnachweis: PD Dr. Klaus Mörike (1), photos.com (1)<br />

22 Der Kassenarzt Nr. 11 | Juni 2008


Nicht alle <strong>Hochdruck</strong>mittel sind für Schwangere geeignet.<br />

hypoplasie, Extremitätenkontrakturen, einen persistierend offenen<br />

Ductus arteriosus, kraniofaziale Deformierung und Tod<br />

<strong>de</strong>s Neugeborenen verursachen.<br />

Hypotension wur<strong>de</strong> bei etwa 10 Prozent <strong>de</strong>r Neugeborenen<br />

nach Schwangerschaften mit ACE-Hemmer-Gebrauch bemerkt.<br />

Sie ist gegenüber Volumenexpansion o<strong>de</strong>r pressorischer<br />

Behandlung refraktär. Anurisches Nierenversagen wur<strong>de</strong> bei<br />

zahlreichen <strong>de</strong>r früh beschriebenen Fälle beobachtet. Das Oligohydramnion,<br />

das ebenfalls häufig vorlag, war wahrscheinlich<br />

auf die reduzierte Nierenfunktion und Urinproduktion <strong>de</strong>s Fetus<br />

zurückzuführen. Komplikationen <strong>de</strong>r Atemfunktion fan<strong>de</strong>n<br />

sich insgesamt bei 14 Prozent <strong>de</strong>r Neugeborenen nach mütterlicher<br />

ACE-Hemmer-Exposition.<br />

Wenn im letzten Drittel <strong>de</strong>r Schwangerschaft versehentlich<br />

ein ACE-Hemmer verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, sollte man beim Neugeborenen<br />

auf die Nierenfunktion und eine mögliche Hypotonie<br />

achten.<br />

Für eine schädliche Wirkung einer ACE-Hemmer-Exposition<br />

im ersten Trimenon lagen bis vor Kurzem keine substanziellen<br />

Hinweise vor. Im Juni 2006 erschienen im „New England Journal<br />

of Medicine“ die Ergebnisse einer epi<strong>de</strong>miologischen Studie,<br />

in <strong>de</strong>r die Daten aus eingelösten Verschreibungen sowie Krankenakten<br />

zusammengeführt wor<strong>de</strong>n waren. 209 <strong>Kind</strong>er nach<br />

ACE-Hemmer-Exposition ausschließlich im ersten Schwangerschaftstrimenon<br />

und 202 <strong>Kind</strong>er nach Exposition mit an<strong>de</strong>ren<br />

Antihypertensiva wur<strong>de</strong>n i<strong>de</strong>ntifiziert und mit 29 096 <strong>Kind</strong>ern<br />

<strong>ohne</strong> Exposition mit jeglichen Antihypertensiva während <strong>de</strong>r<br />

gesamten Schwangerschaft verglichen. Für ACE-Hemmer fand<br />

man ein erhöhtes <strong>Risiko</strong> größerer angeborener Missbildungen<br />

(relatives <strong>Risiko</strong> 2,71; 95 Prozent-Konfi<strong>de</strong>nzintervall 1,72 bis<br />

4,27), nicht jedoch für an<strong>de</strong>re Antihypertensiva. Untergruppenanalysen<br />

zeigten signifikant erhöhte Risiken für Missbildungen<br />

<strong>de</strong>s kardiovaskulären Systems (relatives <strong>Risiko</strong> 3,72;<br />

95 Prozent-Konfi<strong>de</strong>nzintervall 1,89 bis 7,30) sowie <strong>de</strong>s Zentralnervensystems<br />

(relatives <strong>Risiko</strong> 4,39; 95 Prozent-Konfi<strong>de</strong>nzintervall<br />

1,37 bis 14,02).<br />

Nach <strong>de</strong>n Ergebnissen dieser explorativen Studie können ACE-<br />

Hemmer-Expositionen nicht als sicher gelten und sollten vermie<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n. Es ist bemerkenswert, dass nach <strong>de</strong>r Zulassung<br />

<strong>de</strong>s ersten ACE-Hemmers etwa 25 Jahre vergingen, bis solche<br />

Erkenntnisse zutage traten. Weitere Untersuchungen zum<br />

fruchtschädigen<strong>de</strong>n Potenzial <strong>de</strong>r ACE-Hemmer in <strong>de</strong>r Frühschwangerschaft<br />

sind erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

AT 1 -Rezeptorenblocker: Die vorliegen<strong>de</strong>n Informationen zu<br />

Wirkungen von AT 1 -Rezeptorenblockern auf <strong>de</strong>n Fetus sind<br />

bislang spärlich. Von 32 <strong>Kind</strong>ern nach Exposition im ersten<br />

Trimenon <strong>de</strong>r Schwangerschaft hatten zwei jeweils größere<br />

Missbildungen. Drei Schwangerschaften, die unter einer Valsartan-Behandlung<br />

eintraten und bei <strong>de</strong>nen die Valsartan-Einnahme<br />

in <strong>de</strong>r 7., 10. bzw. 18. Woche been<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, wur<strong>de</strong>n<br />

mit <strong>de</strong>r Geburt gesun<strong>de</strong>r <strong>Kind</strong>er abgeschlossen. Lediglich bei<br />

einem <strong>Kind</strong> ließ sich eine Wachstumsretardierung feststellen;<br />

sie wur<strong>de</strong> auf die Hypertonie zurückgeführt.<br />

Im Berliner Pharmakovigilanzzentrum ergab eine retrospektive<br />

Auswertung von 66 Schwangerschaften mit Anwendung<br />

von AT 1 -Rezeptorenblockern im ersten Trimenon, dass fast alle<br />

<strong>de</strong>r 46 Lebendgeborenen gesund waren. Bei zehn Frauen, die<br />

in <strong>de</strong>r frühen Schwangerschaft einen AT 1 -Rezeptorenblocker<br />

verwen<strong>de</strong>ten, ergab die Ultraschallkontrolle Auffälligkeiten bei<br />

fünf Fällen (Oligohydramnion, fetale Dysmorphie und Auffälligkeiten<br />

<strong>de</strong>r Nieren); fünf Schwangerschaftsausgänge waren<br />

normal.<br />

Die Verwendung von AT 1 -Rezeptorenblockern im zweiten und<br />

dritten Trimenon scheint ähnliche schädliche Wirkungen wie<br />

die von ACE-Hemmern zu haben. Hohe Mortalitätsraten wur<strong>de</strong>n<br />

beobachtet: Unter 15 exponierten Fällen waren zwei Totgeburten<br />

und vier Neugeborene starben innerhalb weniger Tage<br />

nach <strong>de</strong>r Geburt. Ein Oligohydramnion wur<strong>de</strong> in 14 von 15<br />

Fällen einer Exposition in <strong>de</strong>r Spätschwangerschaft berichtet.<br />

Anurie beim Neugeborenen war ebenfalls häufig und wur<strong>de</strong> bei<br />

acht von elf Lebendgeborenen registriert. Es ist anzunehmen,<br />

dass <strong>de</strong>r mütterliche Gebrauch eines AT 1 -Rezeptorenblockers<br />

die Nierenfunktion <strong>de</strong>s Fetus reduziert. Eine Lungenhypoplasie<br />

trat bei 3 von 15 Fällen auf, wobei alle tödlich verliefen. Eine<br />

Hypocalvaria fand sich bei 9 von 15 <strong>Kind</strong>ern von Müttern mit<br />

AT 1 -Rezeptorenblocker-Behandlung.<br />

Alpha-Rezeptorenblocker: Die Erfahrungen mit Mitteln<br />

dieser Klasse sind allesamt nicht ausreichend, um ihr embryotoxisches<br />

Potenzial abschätzen zu können.<br />

Für die Behandlung schwerer hypertensiver Schwangerschaftskomplikationen<br />

sehen die Empfehlungen <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft<br />

Schwangerschaftshochdruck/Gestose <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) zur<br />

Diagnostik und Therapie <strong>de</strong>s Bluthochdrucks in <strong>de</strong>r Schwangerschaft<br />

die Perfusor-gesteuerte Dauerapplikation von Urapidil<br />

als Alternative zu Dihydralazin vor.<br />

Nr. 11 | Juni 2008 Der Kassenarzt 23


medizin<br />

Zertifizierte Fortbildung<br />

<br />

Wann drohen Fehlbildungen durch Arzneimittel?<br />

Das <strong>Risiko</strong> größerer o<strong>de</strong>r kleinerer Fehlbildungen liegt in <strong>de</strong>r<br />

Allgemeinbevölkerung insgesamt bei etwa 3 bis 6 Prozent. Nur<br />

ein kleiner Teil (etwa 2 Prozent) dieser Fehlbildungen wird durch<br />

chemische und physikalische Ursachen, inkl. Arzneimittel und<br />

Drogen, verursacht. Noch immer wer<strong>de</strong>n mehr <strong>Kind</strong>er durch Alkoholkonsum<br />

in <strong>de</strong>r Schwangerschaft als durch ein Arzneimittel<br />

geschädigt.<br />

Die meisten Arzneimittel, die <strong>de</strong>rzeit auf <strong>de</strong>m Markt sind, sind<br />

bezüglich ihrer Sicherheit in <strong>de</strong>r Schwangerschaft nicht ausreichend<br />

untersucht. Wird eines dieser Mittel in Unkenntnis<br />

einer Schwangerschaft verwen<strong>de</strong>t, besteht eine Unsicherheit,<br />

ob das ungeborene <strong>Kind</strong> eventuell geschädigt wur<strong>de</strong>. Auf <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Seite ist die Liste <strong>de</strong>r Arzneimittel, für die eine teratogene<br />

Wirkung bekannt ist, begrenzt. Übersichtsarbeiten enthalten<br />

entsprechen<strong>de</strong> Listen. Das Etikett „teratogen“ impliziert<br />

dabei eine Erhöhung <strong>de</strong>s <strong>Risiko</strong>s einer Missbildung, nicht etwa<br />

eine obligate Schädigung. Die Listen lassen <strong>de</strong>n Umkehrschluss<br />

nicht zu; d.h. die Annahme, eine nicht gelistete Substanz sei frei<br />

von einer teratogenen Wirkung, ist nicht zulässig.<br />

Die klassischen Antiepileptika Carbamazepin, Valproinsäure,<br />

Phenobarbital/Primidon und Phenytoin haben sich als teratogen<br />

erwiesen. Das <strong>Risiko</strong> von Fehlbildungen wird bei einer<br />

Monotherapie mit einer dieser Substanzen etwa verdoppelt.<br />

Retinoi<strong>de</strong>, zum Beispiel das in <strong>de</strong>r Therapie <strong>de</strong>r schweren therapierefraktären<br />

Akne verwen<strong>de</strong>te Isotretinoin, müssen als<br />

die stärksten Teratogene nach Thalidomid angesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Cumarin-Derivate, zu <strong>de</strong>nen beispielsweise Phenprocoumon<br />

gehört, können bei Anwendung in <strong>de</strong>r Frühschwangerschaft<br />

eine charakteristisches Fehlbildungssyndrom („fetal warfarin<br />

syndrome) verursachen. Als „schwache Teratogene“ (<strong>Risiko</strong><br />

1:1 000 exponierte Feten) wer<strong>de</strong>n Methimazol, Trimethoprim/<br />

Cotrimoxazol und systemisch angewandte Glucocorticoi<strong>de</strong> diskutiert.<br />

Auch nach <strong>de</strong>m ersten Trimenon ist eine Schädigung <strong>de</strong>s Fetus<br />

möglich. ACE-Hemmer und AT 1 -Rezeptorenblocker sind Beispiele<br />

dafür.<br />

Fehlbildungen beim Neugeborenen wer<strong>de</strong>n weit<br />

häufiger durch Alkoholkonsum verursacht als durch<br />

Arzneimittel.<br />

Empfehlungen für schwangere Hypertonikerinnen<br />

Aufbauend auf <strong>de</strong>m National High Blood Pressure Education<br />

Program (NHBPEP) 2000 Working Group Report wird die<br />

Hypertonie in <strong>de</strong>r Schwangerschaft in folgen<strong>de</strong> Untergruppen<br />

eingeteilt:<br />

n Präeklampsie-Eklampsie (genuine Gestose, „pregnancyinduced<br />

hypertension“),<br />

n chronische Hypertonie (primäre o<strong>de</strong>r sekundäre schwangerschaftsunabhängige<br />

Hypertonie),<br />

n Pfropfgestose („pregnancy-accelerated hypertension“), auf<br />

eine chronische Hypertonie aufgepfropfte Präeklampsie-<br />

Eklampsie,<br />

n transitorische Schwangerschaftshypertonie (Gestationshy<br />

pertonie, „gestational hypertension“).<br />

Methyldopa ist nach wie vor das blutdruck<strong>senken</strong><strong>de</strong> Mittel <strong>de</strong>r<br />

ersten Wahl. Es ist die am ausführlichsten untersuchte Substanz<br />

in <strong>de</strong>r Schwangerschaft. Sicherheit und Wirksamkeit<br />

sind in verschie<strong>de</strong>nen prospektiven Studien und für eine 7,5<br />

Jahre lange Nachbeobachtung von <strong>Kind</strong>ern behan<strong>de</strong>lter Mütter<br />

dokumentiert. Für an<strong>de</strong>re zentral wirksame Mittel wie Clonidin<br />

existieren nur sehr wenige klinische Daten.<br />

Therapien <strong>de</strong>r zweiten Wahl fallen in zwei Kategorien. Zur ersten<br />

gehören Mittel, die vielversprechend, aber noch nicht ausreichend<br />

untersucht sind. Zur zweiten Kategorie zählen Substanzen<br />

mit bekannten unerwünschten Wirkungen, aufgrund<br />

<strong>de</strong>rer man sie gegenüber Methyldopa weniger bevorzugt.<br />

Die Verwendung von Betablockern in <strong>de</strong>r Schwangerschaft ist<br />

vielfach dokumentiert; jedoch wur<strong>de</strong> ihre Sicherheit in großen<br />

Studien bislang nicht untersucht. Sie wur<strong>de</strong>n mit verschie<strong>de</strong>nen<br />

unerwünschten Wirkungen assoziiert, einschließlich intrauteriner<br />

Wachstumsretardierung, beim Neugeborenen Atem<strong>de</strong>pression,<br />

Bradykardie und Hypoglykämie. Die meisten dieser<br />

Wirkungen sind Konsequenzen von Therapien, die früher in<br />

<strong>de</strong>r Schwangerschaft (Woche zwölf bis 24) initiiert wur<strong>de</strong>n.<br />

Eine neuere Studie ergab, dass die Verwendung von Atenolol<br />

in <strong>de</strong>r Schwangerschaft mit – im Vergleich zu keiner Therapie<br />

– erniedrigtem Geburtsgewicht assoziiert ist. Diese Wirkung<br />

wur<strong>de</strong> häufiger bei Frauen beobachtet, die das Mittel früher<br />

in <strong>de</strong>r Schwangerschaft erhielten und wenn es über längere<br />

Zeiträume verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Atenolol beeinflusst auch die<br />

uteroplazentare und fetale Hämodynamik ungünstig.<br />

Bemerkenswert ist ferner, dass in <strong>de</strong>n Studien, die keine signifikanten<br />

unerwünschten Wirkungen im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r Anwendung in <strong>de</strong>r Schwangerschaft ergaben, die Behandlung<br />

später (im Allgemeinen in Woche 29 bis 33) begann.<br />

Betablocker sollten daher vor <strong>de</strong>m dritten Trimenon im Allgemeinen<br />

gemie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, es sei <strong>de</strong>nn, <strong>de</strong>r Blutdruck kann<br />

mit an<strong>de</strong>ren Mitteln wie Methyldopa o<strong>de</strong>r Hydralazin nicht<br />

ausreichend kontrolliert wer<strong>de</strong>n.<br />

Calciumkanalblocker vom Dihydropyridin-Typ sind bei<br />

Schwangeren mit akuter Hypertonie erfolgreich eingesetzt<br />

wor<strong>de</strong>n. Bei kurzfristigem Gebrauch ist insbeson<strong>de</strong>re Nifedipin<br />

<strong>ohne</strong> signifikante unerwünschte Wirkungen bei <strong>de</strong>r Mutter,<br />

<strong>de</strong>m Fetus o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Neugeborenen wirksam. Jedoch sind die<br />

Berichte über die Verwendung von Nifedipin bei chronischer<br />

Hypertonie limitiert. Bei alleiniger Verwendung (das heißt<br />

nicht in Verbindung mit Magnesiumsulfat) ist die Substanz –<br />

wie auch an<strong>de</strong>re Calciumkanalblocker vom Dihydropyridin-<br />

Bildnachweis: photos.com (1)<br />

24 Der Kassenarzt Nr. 11 | Juni 2008


Typ – offenbar frei von unerwünschten Wirkungen. Jedoch<br />

sind die Daten zur Wirksamkeit bei chronischer Hypertonie<br />

uneinheitlich.<br />

Die Verwendung von Diuretika bleibt kontrovers. Der aktuelle<br />

NHBPEP-Bericht rät nicht von <strong>de</strong>r Fortsetzung bei Patientinnen,<br />

die vor <strong>de</strong>r Schwangerschaft behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, ab.<br />

Allerdings sollten Diuretika immer abgesetzt wer<strong>de</strong>n, wenn<br />

die Patientin eine Präeklampsie entwickelt, um eine weitere<br />

Volumenkontraktion zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Zahlreiche Mittel lassen mangels ausreichen<strong>de</strong>r Erfahrung<br />

keine differenzierte Bewertung <strong>de</strong>r Sicherheit für die Verwendung<br />

in <strong>de</strong>r Schwangerschaft zu. Das gilt unter an<strong>de</strong>rem für<br />

Minoxidil (hier wur<strong>de</strong>n einzelne Fälle einer Hypertrichose<br />

beim Neugeborenen berichtet, die Hypertrichose ging aber in<br />

<strong>de</strong>n ersten Lebensmonaten wie<strong>de</strong>r zurück) beziehungsweise<br />

das in <strong>de</strong>r Behandlung <strong>de</strong>r pulmonalen Hypertonie verwen<strong>de</strong>te<br />

Bosentan.<br />

Kommentar zum Fallbericht<br />

Sowohl ACE-Hemmer wie AT 1 -Rezeptorenblocker sind ungeeignete<br />

Antihypertensiva für Frauen, die schwanger wer<strong>de</strong>n<br />

wollen o<strong>de</strong>r können. Ist eine Schwangerschaft während <strong>de</strong>r<br />

Behandlung eingetreten, soll umgehend auf eine antihypertensive<br />

Therapie mit etablierter Sicherheit in <strong>de</strong>r Schwangerschaft<br />

gewechselt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ultraschall-Kontrolluntersuchungen <strong>de</strong>s fetalen Wachstums,<br />

<strong>de</strong>s Volumens <strong>de</strong>r Amnionflüssigkeit und <strong>de</strong>r Organe sollten<br />

nach einer solchen Exposition mehrfach erfolgen. Bunazosin<br />

ist während <strong>de</strong>r Schwangerschaft kontraindiziert, da keine ausreichen<strong>de</strong>n<br />

Erfahrungen vorliegen. Erste Wahl für ein sicheres<br />

Antihypertensivum während <strong>de</strong>r Schwangerschaft und damit<br />

für die Patientin primär geeignet ist Methyldopa. <br />

n<br />

Literatur in <strong>de</strong>r Redaktion<br />

Renin-Angiotensin-System<br />

Blau gekennzeichnet sind die Angriffspunkte <strong>de</strong>r<br />

ACE-Hemmer bzw. <strong>de</strong>r AT 1 -Rezeptorenblocker.<br />

service<br />

Deutschsprachige Fachbücher zu diesem Thema existieren von<br />

Schaefer et al. sowie Friese et al., ein englischsprachiges Standardwerk<br />

stammt von Briggs et al.<br />

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Nr. 11 | Juni 2008 Der Kassenarzt 25

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