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KOMMUNE IM PROFIL Fotos: Gemeinde Kernen 20 Blick auf den Ortsteil Stetten mit der Y-Burg Brot und Wein gleich Brotwasser Kommune im Profil (47): Kernen im Remstal TEXT: Sigrid Krügel Die mittelalterliche Y-Burg erhebt sich mitten in den Weinbergen, im Ort lo cken gute Restaurants und preisge krönte Weinbauern – kein Wunder, dass der Kernener Bürgermeister Stefan Altenberger sagt: „Wir haben hier einfach alles.“ Auch was die Finanzen angeht, kann er nicht klagen. Mit 8,6 Millionen Euro erreichten die Gewerbesteuereinnahmen in Kernen 2012 einen neuen Rekord. Nur wenige S-Bahn-Minuten sind es von Kernen bis zur Landeshauptstadt <strong>Stuttgart</strong>. Trotzdem ist der dörfliche Charakter in der 15.000-Einwohner-Gemeinde nicht verloren gegangen. Überall gibt es kleine Hof läden mit Obst, Gemüse, Eiern und Wein. Überall kann man die Natur auf vielfältige Weise erleben: im Haldenbachtal und im Schurwald, auf den Wanderwegen rund um den Ort oder im Klettergarten mitten im Wald. 1975 ist Kernen durch den Zusammenschluss von Rommelshausen und Stetten entstanden und hat sich nach der nahe gelegenen Erhebung „Kernen“ benannt. Die beiden Ortschaften ergänzen sich perfekt. Mit 9.000 Einwohnern ist das lebhafte Rommelshausen mit Rathaus, vielen Einkaufsmöglichkeiten und dem S-Bahn- Anschluss der größere Ortsteil. Das idyllische Stetten – ein altes Weindorf mit Y-Burg und Schloss – hat 6.200 Einwohner. In Stetten steht auch die Glockenkelter, die vor zwei Jahren saniert wurde und in der heute berühmte Künstler wie der Jazzpianist Wolfgang Dauner auftreten. Überall kleine Highlights „Wir achten darauf, dass jeder Ortsteil seine kleinen Highlights hat oder bekommt“, sagt Bürgermeister Stefan Altenberger. Der Kurpfälzer ist seit 2003 Schultes in Kernen. Bewahren und Weiterentwickeln sind ihm gleich wichtig. „Wenn man sich der Moderne öffnet, ist ‚Dorf’ ein Begriff für Heimat, für einen Ort, an dem man gerne lebt“, meint Altenberger. Ein Highlight, das ebenfalls zahlreiche Touristen anzieht (und neuerdings auch junge Paare, weil man hier heiraten kann), ist die Y-Burg. Die vierstöckige Ruine liegt mitten in den Weinbergen oberhalb von Stetten und wird von den üppigen Figuren und skurrilen Skulpturen des Bildhauers Karl Ulrich Nuss aus dem benachbarten Weinstadt- Strümpfel bach bevölkert. Gleich unterhalb der Y-Burg ist die berühmte Weinberglage „Brotwasser“ zu finden. Sie verdankt ihren Namen einer im Stettener Schloss residierenden Hofdame, die ihr Brot statt in Wasser heimlich in Wein getaucht haben soll. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts diente das Schloss als Ruhesitz der Witwen württembergischer Herzöge. 1863 kaufte der Pädagoge und tiefgläubige Christ Johannes Landenberger die Anlage dem Württembergischen Königshaus ab, um hier region stuttgart aktuell 3 2013
Kernen im Remstal Einwohner 14.782 (31.12.2011 nach Zensus) Fläche (2012) 1.505 Hektar Sozialversicherungspflichtig beschäftigte 5.174 Arbeitnehmer (30.06.2012) Kaufkraft (2010) 21.707 ”/ Einw. Auspendler (30.06.2012) 4.509 Einpendler (30.06.2012) 3.984 Kernen im Remstal KOMMUNE IM PROFIL Ein lauschiger Platz, der Barockgarten in Rommelshausen 21 eine Pflegestätte für behinderte Menschen einzurichten. Der berühmteste Bewohner der „Heil- und Nervenanstalt“ war im Alter von 15 Jahren der Schriftsteller und spätere Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse, den seine Eltern im Jahr 1892 zweimal zwangseinweisen ließen, weil sie mit dem Kind nicht zurechtkamen. Während der Nazi-Diktatur wurden mehr als 300 Bewohnerinnen und Bewohner in nur wenigen Monaten des Jahres 1940 getötet. Sie wurden Opfer der Ideologie des „lebensunwerten Lebens“. Der „Stein des Gedenkens“ im Stettener Schlosshof erinnert an die Deportationen und trägt die Namen der Ermordeten. Heute gehört das Schloss der Diakonie Stetten, dem größten Arbeitgeber in Kernen. Insgesamt 4.000 Mitarbeiter kümmern sich an verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg um 7.700 Menschen mit Behinderung, Lernbehinderte, Arbeitslose und Menschen mit psychischen Erkrankungen. Römische Spuren Während Stetten Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt wurde, tauchte Rommelshausen – damals noch als „Rumoldeshusen“ – 1146 zum ersten Mal in einer Schenkungsurkunde von König Konrad II. auf. Ein römischer Gutshof aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert wurde 1971 etwa 500 Meter südlich von Rommelshausen teilweise freigelegt und kann besichtigt werden. Die „Villa rustica“ wurde vermutlich bis Mitte des 3. Jahrhunderts bewohnt und bei Alamanneneinfällen zerstört. Dass Kernen einst aus zwei Dörfern bestand, ist heute noch an den Partnerstädten abzulesen: Kernen hat – aus der Zeit vor der Gemeindereform – gleich zwei in Frankreich. Eine ganz besondere Städtepartnerschaft folgte 1990 mit Masvingo in Simbabwe. Sie ist einem berühmten Sohn Stettens geschuldet: dem Lehrer und Forscher Karl Mauch, der 1871 die geheimnisvolle Ruinenstadt „Great Zimbabwe“ in der Nähe von Masvingo wiederentdeckte, wissenschaftlich untersuchte und zunächst für das biblische Goldland Ophir hielt. Erklärtes Ziel der Partnerschaft ist die „Unterstützung von Bedürftigen in Masvingo und die Förderung der Völkerverständigung zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen“. Die Gemeinde und die Bürger von Kernen haben in den letzten Jahren mehr als 130.000 Euro für gemeinsame Projekte in Masvingo bereitgestellt. Das jüngste ist der Bau eines Heims für 60 Aidswaisenkinder. Ohne das ehrenamtliche Engagement seiner Einwohner liefe auch in Kernen einiges schlechter. 2006 wurde das Leitbild verabschiedet. Daraus sind die Bürgerstiftung und der „Rote Faden“ entstanden, der sich um Kinder, Jugendliche und Familien kümmert. Seit drei Jahren gibt es außerdem einen Seniorenrat. Nicht zu vergessen das rege Vereinsleben, das auch Bürgermeister Altenberger hervorhebt. In Kernen gibt es rund 100 Vereine und Organisationen. Mit Energie für Kinderbetreuung Was die Energieversorgung angeht, gehört Kernen zu den vier Kommunen im Remstal, die ein gemeinsames Remstalwerk gegründet haben. Weg von der Kernenergie, weg von den Energieriesen, die die Preise bestimmen, hieß die Parole. Die erwirtschafteten Erlöse sollen den Kommunen und ihren Bürgern zugutekommen. Die Rechnung scheint aufzugehen. Der Vertrieb läuft sehr gut, ist aus dem Rathaus zu hören. Das Geld wird auch dringend benötigt. Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau eines weiteren Kinderhauses begonnen werden, denn der Bedarf bei der Kleinkindbetreuung liegt nach den neuesten Anmeldezahlen in Kernen bei weit über 60 Prozent. Und schuldenfrei will Kernen noch mindestens bis 2016 bleiben. www.kernen.de 3 2013 region stuttgart aktuell
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