Feuerwehr-Drehleitern und leere Kassen - ein ... - rehmnetz.de
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BayGTzeitung 9/2003<br />
Seite 3 von 5<br />
Löst Bebauungsplan Beschaffungspflicht aus?<br />
Verschie<strong>de</strong>ntlich wird von Seiten <strong>de</strong>r Landratsämter, aber auch von Bauherren, <strong>de</strong>r Vorwurf an die<br />
Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n erhoben, in Bebauungsplänen Gebäu<strong>de</strong> mittlerer Höhe o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Ausbau von<br />
Dachgeschossen zuzulassen; <strong>de</strong>m gemäß seien sie verpflichtet, ihre <strong>Feuerwehr</strong>en „nachzurüsten".<br />
Diese Argumentation kann nicht überzeugen. Es wäre <strong>ein</strong>e verfassungsrechtlich nicht akzeptable<br />
Einschränkung <strong>de</strong>r kommunalen Planungshoheit, die Festsetzung von Gebäu<strong>de</strong>n mittlerer Höhe o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n Ausbau von Dachgeschossen von <strong>de</strong>r Bereithaltung entsprechen<strong>de</strong>r Einsatzfahrzeuge <strong>de</strong>r<br />
<strong>Feuerwehr</strong> abhängig zu machen. An<strong>de</strong>rnfalls wür<strong>de</strong> <strong>ein</strong>e Vielzahl von Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n von <strong>de</strong>rartigen<br />
Festsetzungen absehen. Um kostspielige Anschaffungen für ihre <strong>Feuerwehr</strong>en zu vermei<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong>n<br />
sie nur noch Gebäu<strong>de</strong> geringer Höhe festsetzen; Art. 15 BayBO liefe im Ergebnis leer. Dies ist we<strong>de</strong>r<br />
politisch noch vom Gesetzgeber gewollt.<br />
Was gilt bei bestandsgeschützten Gebäu<strong>de</strong>n nicht geringer Höhe?<br />
Auch bestandsgeschützte Gebäu<strong>de</strong> nicht geringer Höhe, also insbeson<strong>de</strong>re Gebäu<strong>de</strong>, die in <strong>ein</strong>er Zeit<br />
entstan<strong>de</strong>n sind, in <strong>de</strong>nen noch k<strong>ein</strong>e Verpflichtung zur Schaffung <strong>ein</strong>es zweiten baulichen<br />
Rettungswegs bestand, lösen k<strong>ein</strong>e Beschaffungspflicht <strong>de</strong>r Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong> aus. Vielmehr verdichtet sich<br />
das in Art. 60 Abs. 5 BayBO <strong>de</strong>r Bauaufsichtsbehör<strong>de</strong>n <strong>ein</strong>geräumte Ermessen, „Anfor<strong>de</strong>rungen" zu<br />
stellen, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit notwendig ist, zu<br />
<strong>ein</strong>er Handlungspflicht.<br />
Allgem<strong>ein</strong>e Beschaffungspflicht aufgr<strong>und</strong> Art. 1 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 BayFwG?<br />
Nach Art. 1 Abs. 1 <strong>de</strong>s Bayerischen <strong>Feuerwehr</strong>gesetzes (BayFwG) haben die Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n als<br />
Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis dafür zu sorgen, dass drohen<strong>de</strong> Brand- o<strong>de</strong>r<br />
Explosionsgefahren beseitigt <strong>und</strong> Brän<strong>de</strong> wirksam bekämpft wer<strong>de</strong>n (abwehren<strong>de</strong>r Brandschutz)<br />
sowie ausreichend technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen o<strong>de</strong>r Notstän<strong>de</strong>n im öffentlichen<br />
Interesse geleistet wird (technischer Hilfsdienst). Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n<br />
nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayFwG in <strong>de</strong>n Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gem<strong>ein</strong>dliche <strong>Feuerwehr</strong>en<br />
aufzustellen, auszurüsten <strong>und</strong> zu unterhalten. Diese Verpflichtung be<strong>de</strong>utet, dass die Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n in<br />
<strong>de</strong>n Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit alle Ausrüstungsgegenstän<strong>de</strong> beschaffen müssen, die im<br />
Hinblick auf die Art <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Bebauung zur Sicherstellung <strong>de</strong>s Brandschutzes <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
technischen Hilfeleistung erfor<strong>de</strong>rlich sind.<br />
Diese Beschaffungspflicht <strong>de</strong>r Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n wird jedoch nicht bereits durch je<strong>de</strong> wegen <strong>de</strong>s Fehlens<br />
<strong>ein</strong>es zweiten baulichen Rettungswegs materiell rechtswidrige Bebauung unmittelbar <strong>und</strong> all<strong>ein</strong> durch<br />
<strong>de</strong>ren Entstehung ausgelöst. Denn sonst hätte es zum <strong>ein</strong>en je<strong>de</strong>r „Schwarzbauer" in <strong>de</strong>r Hand, durch<br />
s<strong>ein</strong> unrechtmäßiges Han<strong>de</strong>l bzw. Unterlassen <strong>ein</strong>e Beschaffungspflicht <strong>de</strong>r Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong> auszulösen;<br />
<strong>und</strong> zum an<strong>de</strong>ren wäre je<strong>de</strong> Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong> gezwungen, zur Vermeidung <strong>ein</strong>er etwaigen<br />
Beschaffungspflicht bereits in <strong>de</strong>r Bauphase die Errichtung <strong>de</strong>s zweiten baulichen Rettungswegs bei<br />
Gebäu<strong>de</strong>n nicht geringer Höhe <strong>und</strong> damit die Einhaltung materieller Vorschriften <strong>de</strong>s<br />
Bauordnungsrechts zu kontrollieren. Sie träte insoweit an die Stelle <strong>de</strong>r Bauaufsicht <strong>de</strong>s staatlichen<br />
Landratsamts. Das ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. Für die Einhaltung <strong>de</strong>r materiellen<br />
Baurechtsvorschriften – <strong>und</strong> damit auch für die Sicherstellung <strong>de</strong>s zweiten baulichen Rettungswegs –<br />
ist ausschließlich <strong>de</strong>r Bauherr <strong>und</strong> für die Überwachung <strong>de</strong>r Einhaltung <strong>de</strong>r Vorschriften ist<br />
ausschließlich die Bauaufsicht am Landratsamt zuständig.<br />
Gelegentlich wur<strong>de</strong> die M<strong>ein</strong>ung vertreten, dass die Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>n verpflichtet seien, ihre <strong>Feuerwehr</strong>en<br />
gegebenenfalls mit <strong>Drehleitern</strong> nachzurüsten, wenn sie von unzulässigen Bebauungen bzw.<br />
Nutzungen Kenntnis erhielten <strong>und</strong> sie „auf Dauer hinnähmen". Dieser auch vom Bayerischen<br />
Staatsministerium <strong>de</strong>s Innern zunächst vertretenen Rechtsauffassung hat <strong>de</strong>r Bayerische<br />
Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong>tag mit Nachdruck wi<strong>de</strong>rsprochen. Die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften fällt<br />
in die ausschließliche Zuständigkeit <strong>de</strong>r Baugenehmigungsbehör<strong>de</strong>n. Dem gemäß kann <strong>ein</strong>e<br />
Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong> auch nicht die Bebauung bzw. Nutzung baulicher Anlagen ohne zweiten baulichen<br />
Rettungsweg „auf Dauer hinnehmen". Nimmt hingegen die staatliche Bauaufsichtsbehör<strong>de</strong><br />
baurechtswidrige Zustän<strong>de</strong> auf Dauer hin, so liegt insoweit <strong>ein</strong>e Pflichtverletzung <strong>de</strong>s Landratsamts<br />
vor. Daraus <strong>ein</strong>e Pflicht <strong>de</strong>r Gem<strong>ein</strong><strong>de</strong> zu entwickeln, die Untätigkeit <strong>de</strong>r staatlichen Behör<strong>de</strong> dadurch<br />
zu kompensieren, dass sie ihre <strong>Feuerwehr</strong> entsprechend nachrüstet, ist nicht akzeptabel.<br />
In <strong>ein</strong>em klären<strong>de</strong>n Gespräch mit <strong>de</strong>n zuständigen Mitarbeitern <strong>de</strong>s Bayerischen Staatsministeriums<br />
<strong>de</strong>s Innern konnte mittlerweile <strong>ein</strong> Konsens erzielt wer<strong>de</strong>n. Danach ist folgen<strong>de</strong>s festzuhalten: