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Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung im ... - rehmnetz.de

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II. Zielsetzung <strong>de</strong>r BNatSchG-Novelle 2010<br />

Ziel <strong>de</strong>r Novelle ist es, die natürlichen Lebensgrundlagen<br />

einschließlich <strong>de</strong>r biologischen Vielfalt auch für die kommen<strong>de</strong>n<br />

Generationen zu sichern. In seinen Kernelementen orientiert sich<br />

<strong>de</strong>r Gesetzentwurf an <strong>de</strong>r Struktur und <strong>de</strong>n Regelungen <strong>de</strong>s <strong>im</strong><br />

III. <strong>Die</strong> Vorschriften zur <strong>naturschutzrechtliche</strong>n<br />

<strong>Eingriffsregelung</strong><br />

1. Allgemeines<br />

<strong>Die</strong> <strong>naturschutzrechtliche</strong> <strong>Eingriffsregelung</strong> verfolgt seit jeher<br />

das Ziel, <strong>de</strong>r Inanspruchnahme von Natur und Landschaft durch<br />

raumbeanspruchen<strong>de</strong> Vorhaben unterschiedlichster Art (z. B. Straßenbaumaßnahmen,<br />

Gewässerausbau, Abgrabungen o<strong>de</strong>r Bauvorhaben<br />

<strong>im</strong> Sinne <strong>de</strong>s Baurechts) entgegenzuwirken. 15 Solche VorhabenkönnenzugewichtigenBeeinträchtigungenvonNaturund<br />

Landschaft führen, in<strong>de</strong>m sie das Landschaftsbild tiefgreifend verän<strong>de</strong>rn<br />

und sich zugleich gravierend auf <strong>de</strong>n Naturhaushalt auswirken,<br />

etwa durch Vernichtung, Zerschneidung o<strong>de</strong>r Verschlechterung<br />

<strong>de</strong>r Lebensräume von Tier- und Pflanzenarten. 16 Sinn und<br />

Zweck <strong>de</strong>r <strong>Eingriffsregelung</strong> ist die gesetzliche Verankerung eines<br />

flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n, also nicht nur auf beson<strong>de</strong>re Schutzgebiete<br />

bezogenen Verschlechterungsverbots für Natur und Landschaft,<br />

das wenigstens wertmäßig ihren Status Quo bewahren will. 17<br />

Erreicht wer<strong>de</strong>n soll dieses Ziel dadurch, dass alle potentiell naturschädigen<strong>de</strong>n<br />

und landschaftsverbrauchen<strong>de</strong>n Vorhaben einer<br />

zusätzlichen Prüfung unterzogen wer<strong>de</strong>n. 18 Auf diese Weise wird<br />

die <strong>naturschutzrechtliche</strong> <strong>Eingriffsregelung</strong> wenigstens inhaltlich<br />

zum Zulässigkeitsmaßstab zahlreicher Einzelvorhaben 19 , hat aber<br />

auch Be<strong>de</strong>utung <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>s Planungsrechts, insbeson<strong>de</strong>re für<br />

die Bauleitplanung (vgl. § 18 Abs. 1 BNatSchG i. V. m. § 1a Abs. 3<br />

BauGB) und sonstige Fachplanungen (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 3<br />

BNatSchG). Für die Praxis sind die Vorschriften zur <strong>Eingriffsregelung</strong><br />

daher von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung. 20<br />

Inhaltlich besagt die <strong>Eingriffsregelung</strong>, dass <strong>de</strong>r Verursacher<br />

eines erheblichen Eingriffs in Natur und Landschaft zur Vermeidung<br />

vermeidbarer sowie zur Kompensation unvermeidbarer<br />

Beeinträchtigungen verpflichtet ist. Damit stellt sie eine typische<br />

Ausprägung <strong>de</strong>s umweltrechtlichen Verursacherprinzips dar. 21<br />

2. <strong>Die</strong> Vorschriften zur <strong>Eingriffsregelung</strong> <strong>im</strong> BNatSchG<br />

2010<br />

a) <strong>Die</strong> <strong>Eingriffsregelung</strong> als allgemeiner Grundsatz (§ 13<br />

BNatSchG)<br />

An <strong>de</strong>r Grundkonzeption <strong>de</strong>r <strong>naturschutzrechtliche</strong>n <strong>Eingriffsregelung</strong>,<br />

wie sie soeben beschrieben wur<strong>de</strong>, hat sich mit <strong>de</strong>r<br />

BNatSchG-Novelle 2010 nichts geän<strong>de</strong>rt. Neu ist zunächst aber,<br />

dass dieses Konzept in einer einleiten<strong>de</strong>n Vorschrift, wie es sie <strong>im</strong><br />

bisherigen BNatSchG noch nicht gab, kompr<strong>im</strong>iert vorgestellt<br />

wird, nämlich in § 13 BNatSchG. Danach sind erhebliche Beeinträchtigungen<br />

von Natur und Landschaft vom Verursacher vor-<br />

Seeliger/Wre<strong>de</strong>, NuR 2009, 679 (680); siehe auch Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/<br />

Hofmann/Hopfauf, GG-Kommentar (11. Aufl. 2008), Art. 125b GG, Rn. 3.<br />

10 Vgl. BT-Drucks. 16/12274, S. 39; siehe auch Henneke (Fn. 9), Art. 125b GG,<br />

Rn. 3.<br />

Satz 3 GG 9 9NäherdazuScheidler, UPR 2009, 173, (174 f.); Rolfsen, NuR 2009, 765 (766);<br />

Wegen <strong>de</strong>s sogenannten Moratoriums in Art. 125b Abs. 1<br />

bestand zeitlicher Handlungsdruck für <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>sgesetzgeber<br />

insofern, als er von seiner Gesetzgebungskompetenz<br />

sowohl <strong>im</strong> Naturschutz- als auch <strong>im</strong> Wasserrecht möglichst vor<br />

<strong>de</strong>m 1.1.2010 Gebrauch machen sollte. 10 <strong>Die</strong> entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Gesetze wur<strong>de</strong>n daher kurz vor Ablauf <strong>de</strong>r 16. Legislaturperio<strong>de</strong><br />

<strong>im</strong> Sommer 2009 erlassen; wegen Art. 72 Abs. 3 Satz 2 GG traten<br />

diese in ihren Kernbereichen aber erst am 1.3.2010 in Kraft.<br />

Innerhalb <strong>de</strong>s Naturschutzrechts erfuhrunteran<strong>de</strong>remdiebisher<br />

in <strong>de</strong>n §§ 18 bis 21 BNatSchG a.F. normierte <strong>naturschutzrechtliche</strong><br />

<strong>Eingriffsregelung</strong> eine Neufassung. <strong>Die</strong> entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Vorschriften fin<strong>de</strong>n sich jetzt in <strong>de</strong>n §§ 13 bis 18 BNatSchG.<br />

<strong>Die</strong> Än<strong>de</strong>rungen beschränken sich nicht nur auf eine neue Nummerierung<br />

<strong>de</strong>r einschlägigen Paragrafen, son<strong>de</strong>rn haben auch<br />

inhaltliche Modifizierungen zum Gegenstand, die vor allem<br />

darauf beruhen, dass <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sgesetzgeber seit Inkrafttreten <strong>de</strong>r<br />

Fö<strong>de</strong>ralismusreform am 1.9.2006 <strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>s Naturschutz-<br />

und nicht mehr<br />

nur – wie noch unter Geltung <strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>r Fö<strong>de</strong>ralismusreform<br />

abgeschafften Art.75 GG a.F. – auf bloße Rahmenvorschriften,<br />

die auf Ergänzung durch Lan<strong>de</strong>srecht angelegt sind, beschränkt<br />

ist. Bevor die neuen Vorschriften zur <strong>Eingriffsregelung</strong> einer<br />

näheren Betrachtung unterzogen wer<strong>de</strong>n, soll zunächst ein kurzer<br />

Blick auf die Novellierung <strong>de</strong>s Naturschutzrechts allgemein<br />

geworfen wer<strong>de</strong>n.<br />

rechts erstmals Vollregelungen treffen kann 11 11 Siehe BT-Drucks. 16/12274, S. 1.<br />

Wie eingangs bereits erwähnt, bestand für das Recht <strong>de</strong>s Naturschutzes<br />

und <strong>de</strong>r Landschaftspflege bis zur Fö<strong>de</strong>ralismusreform<br />

<strong>im</strong> Jahre 2006 für <strong>de</strong>n Bund lediglich eine Rahmengesetzgebungskompetenz.<br />

<strong>Die</strong>s hatte zur Folge, dass nur eine begrenzte Einheitlichkeit<br />

<strong>de</strong>s Naturschutzrechts in Deutschland gewährleistet wer<strong>de</strong>n<br />

konnte. Darüber hinaus war mit dieser Kompetenzlage ein<br />

erheblicher legislatorischer Aufwand verbun<strong>de</strong>n. Bei Än<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetzes wur<strong>de</strong>n 16 Folgeän<strong>de</strong>rungen in<br />

<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>snaturschutzgesetzen erfor<strong>de</strong>rlich. <strong>Die</strong>s behin<strong>de</strong>rte insbeson<strong>de</strong>re<br />

auch eine zügige Umsetzung von europäischem Recht.<br />

Durch die Fö<strong>de</strong>ralismusreform ist es <strong>de</strong>m Bund nunmehr möglich,<br />

<strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>s Naturschutzes und <strong>de</strong>r Landschaftspflege<br />

Vollregelungen zu treffen und somit das in Bund und Län<strong>de</strong>rn<br />

bestehen<strong>de</strong> Naturschutzrecht wirksam zu kodifizieren. Damit<br />

wird das Naturschutzrecht insgesamt nicht nur klarer und übersichtlicher<br />

gestaltet, es wird auch <strong>de</strong>ssen Anwendbar- und Vollziehbarkeit<br />

erleichtert und eine schnellere und effektivere Umsetzung<br />

<strong>de</strong>s europäischen Rechts in innerstaatliches Recht ermöglicht.<br />

12 12 BT-Drucks. 16/12274, S. 1; siehe auch Scheidler, UPR 2009, 173 (175).<br />

Jahr 2002 umfassend novellierten Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetzes. 13<br />

Zu<strong>de</strong>m entspricht <strong>de</strong>r Gesetzentwurf weitgehend <strong>de</strong>m Referentenentwurf<br />

für ein UGB III, das <strong>de</strong>n Naturschutz und die Landschaftspflege<br />

zum Inhalt gehabt hätte.<br />

14 BT-Drucks. 16/12274, S. 39.<br />

13 BT-Drucks. 16/12274, S. 39.<br />

Im Einzelnen verfolgt die Novelle folgen<strong>de</strong> wesentlichen Ziele: NuR 2007, 94.<br />

Ersetzung <strong>de</strong>s gelten<strong>de</strong>n Rahmenrechts <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s durch Vollregelungen,<br />

Vereinfachung und Vereinheitlichung <strong>de</strong>s Naturschutzrechts<br />

mit <strong>de</strong>m Ziel, die Verständlichkeit und Praktikabilität<br />

BNatSchG, Rn. 1.<br />

dieser Rechtsmaterie zu verbessern, ausdrückliche Benennung <strong>de</strong>r<br />

allgemeinen Grundsätze <strong>de</strong>s Naturschutzes, Umsetzung verbindlicher<br />

EG-rechtlicher Best<strong>im</strong>mungen durch bun<strong>de</strong>sweit einheitliche<br />

Rechtsvorschriften sowie Überführung bisher <strong>im</strong> Lan<strong>de</strong>srecht<br />

20 BT-Drucks. 16/12274, S. 40.<br />

normierter Bereiche <strong>de</strong>s Naturschutzrechts in Bun<strong>de</strong>srecht, soweit<br />

ein Bedürfnis nach bun<strong>de</strong>seinheitlicher Regelung besteht. 14<br />

15 Vgl. BT-Drucks. 7/5251, S. 3; zur Entwicklung <strong>de</strong>r <strong>Eingriffsregelung</strong> siehe Louis,<br />

16 Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht (Stand: April 2009), vor § 18<br />

17 Kloepfer, Umweltrecht (3. Aufl. 2004), § 11 Rn. 83.<br />

18 Schmidt/Kahl, Umweltrecht (8. Aufl. 2006), § 6 Rn. 23.<br />

19 Für <strong>im</strong>missionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen siehe Scheidler,<br />

in: Feldhaus, Bun<strong>de</strong>s<strong>im</strong>missionsschutzrecht (Stand: Sept. 2009), § 6 BImSchG,<br />

Rn. 64 ff.; <strong>de</strong>rs., NuR 2009, 232.<br />

21 Schmidt/Kahl (Fn. 18), § 6 Rn. 23; Kuschnerus, NVwZ 1996, 235 (238); siehe<br />

auch BT-Drucks. 16/12274, S. 56; allgemein zum umweltrechtlichen Verursacherprinzip<br />

siehe Scheidler, UPR 2009, 11 (13 f.).<br />

UPR 4/2010<br />

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