Preise richtig gestalten - Preispsychologie - Dr. Angerer Marketing ...
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FOCUS<br />
Wirtschaft<br />
UNTERNEHMENSFÜHRUNG | CONTROLLING | FINANZEN<br />
Ausgabe 1 | 11 16.02.11<br />
Inhalt:<br />
MARKETING<br />
Gastautor <strong>Dr</strong>. Thomas <strong>Angerer</strong><br />
<strong>Preise</strong> <strong>richtig</strong> <strong>gestalten</strong> –<br />
<strong>Preispsychologie</strong><br />
Langfinger hinter der Tara –<br />
Wenn Mitarbeiter stehlen<br />
FINANZEN<br />
Neues aus dem Steuerrecht<br />
Anlagetipp der Apobank<br />
Steuerrechtliche Aspekte<br />
von Diebstahl durch Mitarbeiter<br />
CONTROLLING<br />
Aktuelle Marktentwicklung<br />
Impressum/Offenlegung<br />
Liebe Kolleginnen!<br />
Liebe Kollegen!<br />
S<br />
chon seit Jahren versucht<br />
die <strong>Dr</strong>ogeriemarktkette dm<br />
in Österreich in den Markt mit<br />
OTC-Arzneimitteln einzudringen.<br />
Bisher vergeblich, da die Politik dies<br />
aus nachvollziehbaren Gründen<br />
nicht will. Bei der vor wenigen Tagen<br />
bekannt gegebenen Kooperation<br />
mit der Versandapotheke der<br />
schweizerschen „Zur Rose“-Gruppe<br />
ist man bei dm auch nicht viel mehr<br />
als ein Prospektverteiler, aber man<br />
hat sich zumindest medial in die<br />
Nähe des Verkaufs rezeptfreier<br />
Arzneimittel gebracht. Dies braucht<br />
man nicht näher zu kommentieren.<br />
Für viel bedenklicher halte ich aber<br />
den Versandhandel von Arzneimitteln<br />
generell, der ja innerhalb Österreichs<br />
aus guten Gründen verboten,<br />
durch ein EuGH-Urteil aber inner-<br />
< Präsident Mag. pharm.<br />
<strong>Dr</strong>. F. Bachleitner-Hofmann<br />
halb der EU erlaubt ist. Was nichts<br />
anderes bedeutet, als dass OTC-<br />
Arzneimittel aus dem EU-Ausland<br />
nach Österreich legal geschickt<br />
werden dürfen.<br />
In unserem Land wird gerade mit<br />
viel Engagement und auch<br />
beträchtlichen finanziellen Mitteln<br />
die e-medikation eingeführt. Nicht<br />
zuletzt auch deshalb, weil man aus<br />
den Ergebnissen des Pilotprojekts<br />
Arzneimittel-Sicherheitsgurt in<br />
Salzburg weiß, dass eine beträchtliche<br />
Anzahl der Arzneimittelzwischenfälle<br />
auf Wechselwirkungen<br />
zwischen rezeptfreien und rezeptpflichtigen<br />
Arzneimitteln zurückzuführen<br />
ist. Das ist letztlich auch der<br />
Grund, warum wir Apotheker uns in<br />
dieser Frage seit Jahren engagieren.<br />
Die Durchbrechung des Versandhandelsverbotes<br />
rezeptfreier<br />
Arzneimittel tritt diese Bestrebungen<br />
geradezu mit Füßen. Es<br />
kann nicht im Interesse der Bevölkerung<br />
liegen, OTC-Arzneimittel<br />
zu Konsumgütern zu degradieren,<br />
deren Abverkaufszahlen man beliebig<br />
pushen kann. Ich glaube, dass<br />
jetzt der Gesundheitsminister klare<br />
„Spielregeln“ festlegen sollte: im<br />
Interesse der Volksgesundheit.
� FOCUS Wirtschaft<br />
<strong>Preise</strong> <strong>richtig</strong> <strong>gestalten</strong> -<br />
<strong>Preispsychologie</strong><br />
Gastbeitrag von <strong>Dr</strong>. Thomas <strong>Angerer</strong><br />
Oftmals wird heute von Preiskampf<br />
gesprochen. Darunter verstehen<br />
viele den Wettbewerb um<br />
den niedrigsten Preis. Doch in die<br />
Richtung muss die Entwicklung<br />
nicht gehen. Kunden nehmen<br />
<strong>Preise</strong> sehr subjektiv wahr.<br />
Daher kann man diesen Wettkampf<br />
auch auf die Ebene der subjektiven<br />
Preiswahrnehmung verlagern<br />
und selbst bei absolut höheren<br />
<strong>Preise</strong>n beim Kunden gut<br />
ankommen.<br />
Preiswahrnehmung ist subjektiv<br />
Untersuchungen zeigen, dass reales<br />
Preisniveau und Preiswahrnehmung<br />
beim Kunden deutlich auseinanderklaffen.<br />
Was günstig wirkt, muss es<br />
real nicht unbedingt sein. Davon profitieren<br />
manche Unternehmen.<br />
Zugleich erleben wir heute, dass bei<br />
den Kunden der Preis als dominierendes<br />
Kaufkriterium selbst bei<br />
weniger preissensiblen Markenprodukten<br />
eine laufend zunehmende<br />
Bedeutung hat. Der Preis ist somit<br />
zweifelsohne wichtig. Als Schlüsselinformation<br />
kann er die Kaufentscheidung<br />
des Kunden erleichtern<br />
und ihn gedanklich entlasten. Beispielsweise<br />
wurde in Experimenten<br />
nachgewiesen, dass schon die Bezeichnung<br />
als „Aktion“ bei einem<br />
Kombiangebot dazu führen kann,<br />
dass Kunden zu diesem Kombiangebot<br />
greifen, obwohl die Einzelprodukte<br />
in Summe billiger sind.<br />
Die <strong>richtig</strong>e <strong>Preise</strong>rwartung muss<br />
man wecken<br />
Im Rahmen der <strong>Preispsychologie</strong><br />
spielen <strong>Preise</strong>rwartungen beim<br />
Kunden eine wichtige Rolle. Diese<br />
können zwischen Branchen und einzelnen<br />
Betriebstypen variieren – so<br />
z.B. zwischen <strong>Dr</strong>ogeriemärkten,<br />
Supermärkten und Apotheken mit<br />
2<br />
unterschiedlichen preisstrategischen<br />
Positionierungen. Die Entwicklung<br />
von <strong>Preise</strong>rwartungen beim Kunden<br />
sollte jedoch nicht dem Zufall überlassen,<br />
sondern aktiv beeinflusst<br />
werden. Dabei können leistungsbezogene<br />
Komponenten (wie Auswahl,<br />
Angebot, Qualität, Service, Mitarbeiter<br />
oder Marke) und preisbezogene<br />
Komponenten (wie Kaufpreis,<br />
Kosten für Zeit, „subjektive Kosten“<br />
für geistige oder körperliche Anstrengung)<br />
in den Vordergrund<br />
gerückt werden. Wichtig ist dabei,<br />
dass man sich für eine grundlegende<br />
Hauptstoßrichtung entscheidet –<br />
also entweder Leistung oder Preis.<br />
Wann Preisinformationen wichtig<br />
sind<br />
Wie Kunden nun <strong>Preise</strong> im Detail<br />
wahrnehmen, hängt von gewissen<br />
Faktoren ab. Dazu zählen zum einen<br />
motivationale Faktoren. Die Motivation<br />
hängt nun wesentlich davon<br />
ab, inwieweit der Kunde mit dem<br />
Kauf ein entsprechendes Risiko verbindet<br />
– beispielsweise das Risiko,<br />
dass das Präparat nicht wirkt, oder<br />
das Risiko, dass das Geld „zum<br />
Fenster rausgeworfen“ ist. Je höher<br />
dieses subjektiv wahrgenommene<br />
Risiko bzw. der „Leidensdruck“ ist,<br />
desto höher auch das Involvement<br />
des Kunden – und desto höher die<br />
Motivation zur Aufnahme von Preisinformationen.<br />
Dabei kann ein höherer<br />
Preis im Produktvergleich als<br />
wirksames Qualitätssignal fungieren.<br />
In der Praxis kann dies dadurch<br />
genutzt werden, dass der vergleichsweise<br />
höhere Preis mit dem Hinweis<br />
verknüpft wird, dass das Produkt<br />
nicht billig sei, dafür aber die<br />
Wirkungschance höher. Frei nach<br />
dem Motto – „nicht billig, aber es<br />
wirkt“. Preispsychologisch verstärkt<br />
könnte dies werden, indem mit<br />
„durchgestrichenen <strong>Preise</strong>n“ und<br />
einer ausgewiesenen Kostenersparnis<br />
gearbeitet wird.<br />
Neben den motivationalen Faktoren<br />
wird die Preiswahrnehmung durch<br />
kognitive Faktoren des Kunden (z.B.<br />
sein Preiswissen, die Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten zur Preissuche und zu<br />
Preisvergleichen sowie seine<br />
Kauferfahrung) durch situative<br />
Faktoren (z.B. die Preisdarbietung<br />
und -auszeichnung, den bestehenden<br />
Zeitdruck oder die Vergleichbarkeit<br />
mit Konkurrenzangeboten) beeinflusst.<br />
Studien zeigen, dass Kunden dann<br />
weniger intensiv <strong>Preise</strong> vergleichen,<br />
wenn sie mit sog. Referenzpreisen<br />
konfrontiert werden. Derartige<br />
Referenzpreise können in Form von<br />
„Statt-<strong>Preise</strong>n“, „Unverbindlichen<br />
<strong>Preise</strong>mpfehlungen“ oder anderen<br />
Produkten in der Kaufumgebung auftreten,<br />
weswegen z.B. Handels- bzw.<br />
Eigenmarken häufig auch in näherer<br />
Umgebung zu Markenartikeln präsentiert<br />
werden. Auch entsprechende<br />
Nachlässe, die entweder prozentual<br />
oder absolut ausgewiesen werden,<br />
können die Bereitschaft zur<br />
Preissuche beim Kunden reduzieren.<br />
Teure Produkte motivieren den<br />
Kunden eher dazu, „auf Preisvergleich“<br />
zu gehen. Ist dieser jedoch<br />
mit einem großen Aufwand verbunden,<br />
sinkt bei vielen Kunden wieder<br />
die Motivation dazu. Bei einem niedrigen<br />
Preis wählen Kunden häufig den<br />
kürzesten Weg zur Entscheidung –<br />
wissenschaftlich formuliert bedienen<br />
sie sich einer Entscheidungsheuristik.<br />
So kann beispielsweise ein<br />
entsprechend hoch wahrgenommener<br />
prozentualer Preisnachlass die<br />
Lust des Kunden zur Preissuche bei<br />
einem niedrigen Preis schon stoppen.<br />
In der Praxis kann das wiederum<br />
dadurch genutzt werden, dass<br />
Preisnachlässe bei Produkten entsprechend<br />
sichtbar gemacht werden.<br />
Focus Wirtschaft 1 | 2011
Preis ist Emotion<br />
Es wäre ein großer Irrtum, <strong>Preise</strong> als<br />
rein rationales Entscheidungskriterium<br />
von Kunden zu betrachten.<br />
Wir alle kennen es wohl, dass Sonderangebote,<br />
Schlussverkäufe oder<br />
Schnäppchen bei Markenartikeln<br />
<strong>Preise</strong>rlebnisse auslösen können. Es<br />
existiert eine Reihe von <strong>Preise</strong>motionen.<br />
Dazu zählt z.B. die Preisfreude,<br />
die bei Schnäppchen,<br />
Einführungs- und Jubiläumsangeboten<br />
auftritt und sich bis zu<br />
einer <strong>Preise</strong>uphorie bei Schlussverkäufen<br />
steigern kann. Oder denken<br />
wir an Preisbelohnungen z.B. bei<br />
Selbstgeschenken („Weil ich es mir<br />
wert bin“), bei denen die Höhe des<br />
<strong>Preise</strong>s das Ausmaß der<br />
Selbstbelohnung bestimmt. Anders<br />
formuliert: höherer Preis – höhere<br />
Selbstbelohnung. Das Preisprestige<br />
schließlich bezieht sich auf Lob und<br />
positives Feedback aus dem Umfeld<br />
(„Das ist wirklich ein toller Kauf!“),<br />
durch das Kunden ein gutes Gefühl<br />
erleben.<br />
<strong>Preise</strong>motionen können jedoch auch<br />
negativ ausfallen – wie z.B.<br />
Preisstress durch unklare und verwirrende<br />
Preisauszeichnungen, der<br />
bis zu Preisärger führen kann.<br />
Manche Kunden ärgern sich dabei<br />
nicht, sie kaufen halt nur nicht.<br />
Praktische Schlussfolgerung: <strong>Preise</strong><br />
sollten leicht lesbar, gut sichtbar und<br />
unter Nutzung preispsychologischer<br />
Erkenntnisse (z.B. „durchgestrichene<br />
<strong>Preise</strong>“, ausgewiesene Kostenersparnis<br />
in Prozent oder absolut,<br />
bewusster Einsatz von Farben und<br />
Symbolen usw.) ausgezeichnet werden.<br />
Dabei stellt die Umsetzung und<br />
Beachtung der rechtlichen Regelungen<br />
nur eine Grundbedingung dar, die<br />
in ihrer Kombination mit preispsychologischen<br />
Erkenntnissen umgesetzt<br />
werden sollte. Gerade in der<br />
gezielten Stimulierung von <strong>Preise</strong>motionen<br />
liegen noch beträchtliche<br />
Potenziale in Richtung Kundenbegeisterung<br />
– unabhängig davon, ob dieses<br />
gute Gefühl durch einen real<br />
oder subjektiv niedrigen Preis hervorgerufen<br />
wird.<br />
FOCUS Wirtschaft<br />
<strong>Dr</strong>. Thomas <strong>Angerer</strong><br />
Der Autor ist Geschäftsführer von DR. ANGERER MARKETING INTERNATIONAL mit<br />
Sitz Graz (A) und Essen (D), allgemein beeideter Sachverständiger sowie Dozent und<br />
Referent. Kontakt: office@<strong>Dr</strong>-<strong>Angerer</strong>.com<br />
Das Image zählt<br />
Kunden neigen dazu, Preisinformationen<br />
zu vereinfachen. So klassifizieren<br />
sie die Vielzahl der <strong>Preise</strong><br />
häufig in Gruppen – wie z.B. „billig“,<br />
„mittel“ und „teuer“. Zwei unterschiedlich<br />
teure Produkte können<br />
somit in derselben Preisklasse angesiedelt<br />
sein, wenn preispsychologisch<br />
an der <strong>richtig</strong>en Schraube gedreht<br />
wird. Häufig werden in diesem<br />
Zusammenhang gebrochene <strong>Preise</strong><br />
(also Endung nicht auf 0) eingesetzt.<br />
Da Kunden die <strong>Preise</strong> von links nach<br />
rechts lesen, führt dies zu einer<br />
Unterschätzung der <strong>Preise</strong>.<br />
Daneben können gebrochene <strong>Preise</strong><br />
auch ein Zeichen dafür sein, dass<br />
scharf kalkuliert wird. Dass aus<br />
Kundensicht damit mindere Qualität<br />
in Verbindung gebracht wird, kann<br />
durch Untersuchungen nicht belegt<br />
werden. „Falsch“ eingesetzte 9er-<br />
Endungen führen im schlechtesten<br />
�<br />
Fall zu keinen Absatzsteigerungen.<br />
Vernachlässigt man bestehende<br />
Preisschwellen jedoch, so führt dies<br />
erwiesenermaßen zu beträchtlichen<br />
Einbußen. Die praktische Schlussfolgerung:<br />
preispsychologisch betrachtet<br />
sollte man runde <strong>Preise</strong> (auf<br />
0 endend) eher selten einsetzen.<br />
Kunden haben dann das Gefühl, ein<br />
„gutes Geschäft“ gemacht zu haben,<br />
wenn ihre <strong>Preise</strong>rwartungen und ihre<br />
Preiswahrnehmungen übereinstimmen.<br />
Beides kann in der Apotheke<br />
gezielt beeinflusst werden – sogar<br />
mit einfachen Mitteln. Rechtlich<br />
gesehen gibt es dabei bestimmte<br />
Mindesterfordernisse, die beachtet<br />
werden müssen, jedoch in Verbindung<br />
mit preispsychologischen<br />
Erkenntnissen der Apotheke sehr viel<br />
bringen können. Konsequent verfolgt,<br />
ergibt sich daraus ein klares und<br />
attraktives Preisimage, bei dem nicht<br />
der niedrigste Preis das ist, was<br />
beim Kunden zählt.<br />
Focus Wirtschaft 1 | 2011 3