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Mein lieber Schwan - Rondo

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Foto: Decca/Petra Stadler, Monika Rittershaus – Teatro alla Scala<br />

Geht seine<br />

Wagner-Karriere<br />

entspannt an:<br />

Jonas Kaufmann<br />

habe, die Wagner-Partien wirklich einzustudieren,<br />

habe ich gemerkt, wie stark<br />

er differenziert hat. Wie oft er piano und<br />

pianissimo schreibt, wie oft er die Stimme<br />

fast allein lässt, nur mit ein,<br />

zwei Holzblasinstrumenten.<br />

Wagner heißt nicht immer:<br />

laut.<br />

Und wie hat sich das<br />

äußere Bild des Wagner-<br />

Tenors verändert?<br />

Einer der berühmtesten<br />

Wagner-Tenöre, Lauritz<br />

Melchior, wurde „das<br />

wandelnde Sofa“ genannt.<br />

Im Neu-Bayreuth Wieland<br />

Wagners kam nach dem<br />

Krieg der Typus des Sänger-<br />

Darstellers, im Fach des<br />

Heldentenors ideal verkörpert<br />

von Wolfgang Windgassen.<br />

Mitte der 1970er<br />

Jahre hatte man einen Peter<br />

Hofmann, bei dem die Erscheinung<br />

die Hälfte<br />

seiner Wirkung ausgemacht<br />

hat. Und dann<br />

kommt man schon in<br />

einen gefährlichen Bereich,<br />

weil dieses Type-<br />

Casting bei Wagner<br />

irgendwann nicht mehr<br />

funktioniert. Ich bin aber auch davon überzeugt,<br />

dass die Anforderungen ans Wagner-<br />

Singen über die Jahrzehnte gewachsen sind.<br />

Warum?<br />

Weil sich die Instrumente so stark verändert<br />

haben. Die Flöten, die Trompeten, überhaupt<br />

die Blechbläser; und die Streicher spielen<br />

nicht mehr auf Darm-, sondern auf Stahlsaiten.<br />

Für den Sänger bedeutet das, dass<br />

er mehr leisten muss, denn die Stimme<br />

hat sich ja nicht verändert. Wir sind<br />

vielleicht ein paar Zentimeter<br />

größer geworden und haben ein<br />

bisschen mehr Resonanzraum.<br />

Aber technisch machen wir<br />

eigentlich seit 100 Jahren das<br />

Gleiche. Man könnte fast<br />

sagen: Der Mozart-Tenor von<br />

früher ist heute der Rossini-<br />

Tenor, der Verdi-Tenor ist<br />

der Mozart-Tenor, und<br />

der Wagner-Tenor ist der<br />

Verdi-Tenor. Und wer<br />

ist der Wagner-Tenor?<br />

Der muss dann neu geschaffen werden!<br />

Da muss man gut mit dem Orchester zusammenarbeiten,<br />

damit keine Forte-Dauerbefeuerung<br />

stattfindet.<br />

Herrliche Längen<br />

Auf seiner<br />

Wagner-CD singt<br />

Jonas Kaufmann<br />

die Gralserzählung<br />

aus<br />

Lohengrin in<br />

Als Lohengrin<br />

Originalfassung<br />

an der Scala<br />

(mit Evelyn<br />

mit zweiter<br />

Herlitzius und<br />

Strophe. Wagner<br />

Tomas Tomasson)<br />

selbst hat diese<br />

Strophe aus der<br />

ursprünglichen Partitur gestrichen. An Liszt schrieb er, das<br />

Publikum würde sonst an Aufmerksamkeit verlieren. Auch<br />

Jonas Kaufmann findet, dass die Verlängerung der Gralserzählung<br />

im Gesamtzusammenhang der Oper keinen<br />

dramaturgischen Sinn ergibt. Musikalisch und inhaltlich<br />

sei sie aber umso interessanter: Es gibt Reminiszenzen an<br />

Elsas Arie und Lohengrins Auftrittschor aus dem ersten<br />

Akt. Außerdem werden Geschichte und Bedeutung des<br />

<strong>Schwan</strong>s detailliert erklärt.<br />

Aber nochmal zurück zum äußeren Erscheinungsbild:<br />

Kann Schönheit auch<br />

hinderlich sein?<br />

Na klar. Weil sie so sehr in den Vordergrund<br />

treten kann, dass man das Gefühl hat,<br />

das wäre jetzt die musikalische Leistung.<br />

Aber es ist natürlich auch so, dass wir diese<br />

Art von Leuten gerade im Opernbereich<br />

suchen – wegen des Mangels an Fantasie im<br />

Publikum. Wer liest denn heute noch Bücher?<br />

Alle gucken Filme und surfen im Internet.<br />

Dementsprechend müssen wir versuchen, in<br />

der Oper nicht nur durch Scheinwerfer und<br />

Maske eine Illusion hervorzurufen. Und deshalb<br />

spielen auch Aussehen und körperliche<br />

Fitness eine immer größere Rolle. Aber: Es<br />

darf nicht das erste Argument sein.<br />

Neu erschienen: Wagner-Arien (mit Donald<br />

Runnicles, Orchester der Deutschen Oper<br />

Berlin), Universal/Decca<br />

Abonnenten-CD: Track 1<br />

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