Die Dosis der Bewegungstherapie mit Hüft - Bayerischer ...

Arbeitsbereich
Bewegung und Gesundheit
Prof. Dr. Klaus Pfeifer
Hintergrund
Methoden
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Perspektiven
Dosis der Bewegungstherapie in der
Rehabilitation nach Hüft- oder Knie-
Totalendoprothese
Simon Hendrich 1 , Astrid Zech 2 , Barbara Schmitt 3 , Klaus Pfeifer 1
1 Institut für Sportwissenschaft und Sport, Universität Erlangen - Nürnberg
2 Fachbereich Bewegungswissenschaft, Universität Hamburg
3 Kaiserberg-Klinik, Bad Nauheim
Bewegungstherapie in der Rehabilitation
Ca. 60% aller in der Reha erbrachten therapeutischen
Leistungen sind der Bewegungstherapie zuzuordnen (Brüggemann &
Sewöster, 2010)
• BT-Anteil bei orthopädischen Indikationen: 72%
• Zeitlicher Umfang pro Woche und Rehabilitand: 11,3 Stunden
Nach Knie- oder Hüft-TEP kommt Bewegungstherapie bei ca.
90% aller Rehabilitanden zum Einsatz (Gülich et al., 2010).
Mangel an tragfähigen bewegungstherapeutischen
Interventionskonzepten (Arbeitsgruppe Bewegungstherapie, 2009).
Kaum wissenschaftliche Analysen zu Strukturen / Wirkungen
bewegungstherapeutischer Interventionen (Pfeifer et al., 2010).
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Dosis-Wirkung in der BT nach Knie- / Hüft-TEP
Es existieren generell nur wenige Untersuchungen
• Knie-TEP: Keine qualitativ hochwertigen Publikationen (Müller et al., 2009; DRV,
2010).
• Hüft-TEP: Erfolgreicher Einsatz von gerätegestützter Bewegungstherapie (u.
a. Suetta et al., 2004a, 2004b; Husby et al., 2010)
Existierende Studien zeigen eine hohe Heterogenität
• Z. B. hinsichtlich Studiendesign, Patientencharakteristika, Beginn der
Intervention, Inhalte und Dosierungen der BT
• Optimale Inhalte, Modalitäten und Dosierungen für BT-Interventionen
bleiben so weitestgehend unklar (Geidl et al., 2009).
Eingeschränkte Übertragbarkeit selbst dieser wenigen
Erkenntnisse auf die Reha-Landschaft in Deutschland (Pfeifer et al.,
2010; Koch et al., 2007).
Bewegungstherapie nach Knie- oder Hüft-TEP
Therapie-Standards: Nur auf Einrichtungsebene (DRV, 2010; KTL, 2007)
• Reha-Therapiestandards Hüft- und Knie-TEP: Quantitative
Mindestanforderungen an die Bewegungstherapie
• Dokumentation: Therapiehäufigkeit, -dauer, -umfang und -inhalt sowie der
prozentuale Anteil der zu behandelnden Patienten
• Instrument zur Reha-Qualitätssicherung, eingesetzt auf Einrichtungsebene
über alle Patienten einer Indikation hinweg
Keine Abbildung der Qualität der BT
auf individueller Ebene
• Therapie-Intensität
• Systematische Berücksichtigung
individueller Ausgangszustände
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Konsequenzen für die Reha-Praxis
Ziele: Verbesserung von Schmerz, Funktion, Beweglichkeit,
Lebensqualität (Jones et al., 2005; Montin et al., 2008)
Keine konkreten evidenzbasierten Empfehlungen für eine
optimale Gestaltung und Dosierung der BT ableitbar (Geidl et al.,
2009; Müller et al., 2009; DRV, 2010).
Einsatz vielfältiger Interventionsinhalte und –dosierungen in
der Praxis (Müller et al., 2009)
Orientierungspunkte: individueller
Heilungsverlauf, Schmerzbild, Funktion
des ersetzten Gelenks (Bizzini et al., 2003;
Heisel, 2008; Heisel & Jerosch, 2007b; Sanders, 2004)
Epidemiologische und ökonomische Bedeutung
Erstimplantationen im Jahr 2009
(BARMER GEK Report Krankenhaus, 2010):
• Künstliche Hüftgelenke: ca. 209.000
(+ 18% seit 2003)
• Künstliche Kniegelenke: ca. 175.000
(+ 52% seit 2003)
• Gesamtausgaben der GKV für die
stationäre Behandlung: 2,9 Mrd. Euro
Stationäre Arthrose-Behandlungen im Jahr 2008
(Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2009):
• Hüftgelenk: ca. 160.000 (+ 27% seit 2000)
• Kniegelenk: ca. 204.000 (+ 44% seit 2000)
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EDWin-Studie
Projekt: „Evaluation von Dosis-Wirkungsbeziehungen der
Bewegungstherapie in der Rehabilitation nach Implantation
einer Knie- oder Hüftendoprothese“ (Aug. 2009 – Jan. 2012)
Ziele
• Überprüfung der Wirksamkeit aktueller bewegungstherapeutischer
Interventionen in der Rehabilitation nach Knie- oder Hüft-TEP
• Beitrag zur Annäherung an evidenzbasierte Praxisempfehlungen
Projekt-Schritte
1. Beobachtungsstudie
2. Systematische Literaturanalyse
3. Randomisierte, kontrollierte
Interventionsstudie
1. Beobachtungsstudie (Evaluation der BT-Dosis)
Outcomes
• Gelenkspezifische Funktionalität (WOMAC)
• Gelenkbeweglichkeit (PT-Befund)
• Gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF36)
Dokumentation der Therapieinhalte
• Einzel-KG, Fahrradergometer, MTT
• Gruppengymnastik (Halle, Bewegungsbad)
• Selbständiges („freiwilliges zusätzliches“) Training
Dokumentation der Belastungsnormative
• Therapiedauer, -häufigkeit, dichte, -umfang, -intensität
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Therapietagebuch (Ausschnitt)
Borg-Skala (Subjektives Belastungsempfinden)
(Löllgen, 2004)
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Gelenkbeweglichkeit
Patientenrekrutierung und -charaktaristika
Patientenrekrutierung
Patienten mit Knie-TEP (n = 36)
Geschlecht m=13 / w=23
Alter (Jahre) 70,0 ± 7,6
Tage post OP 13,0 ± 2,6
BMI 29,3 ± 5,4
Für den Studieneinschluss evaluierte Patienten (n = 75)
Eingeschlossene Patienten (n = 65)
Betroffenes Gelenk
Patientencharakteristika
Drop out (n = 10)
„Standard“-Bewegungstherapie in der Kaiserberg-Klinik in Bad Nauheim
(Tätigkeiten der Forscher: Dokumentation ja, Modifikation nein)
Patienten mit Hüft-TEP (n = 29)
Geschlecht m=14 / w=15
Alter (Jahre) 67,3 ± 7,9
Tage post OP 12,6 ± 2,7
BMI 28,8 ± 3,8
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Zusammenfassung der Ergebnisse
Keine signifikante Veränderung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität (SF36)
Deutliche Verbesserungen über den Rehabilitationszeitraum
• Hüft- bzw. Kniefunktion (WOMAC)
• Hüft- bzw. Kniegelenkbeweglichkeit (PT-Befund)
Dosis-Wirkungs-Analyse der Bewegungstherapie
• Keine eindeutigen bzw. starken Zusammenhänge der Outcome-
Verbesserungen mit einzelnen Belastungsnormativen
• Geringe Belastungsintensitäten
Interpretation und Schlussfolgerung
Möglicherweise unterschwellige Belastungsintensitäten
• Borg-Skala Knie-TEP: 11.77 ± 0.74
• Borg-Skala Hüft-TEP: 11.02 ± 0.98
• Einfluss unterschiedlicher Therapieformen,
-inhalte und -modifikationen bliebe ungewiss
Mögliche Ursachen
• Nachbehandlungsvorgaben der Operateure
• Unterschiedliche Individuelle Gesundheitszustände
(z. B. Schmerz, Alter, Fitness)
Schlussfolgerung für die Interventionsstudie
• Ausschluss von Patienten mit Teilbelastung
• Erhöhung der Therapie-Intensität
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2. Systematische Literaturanalyse
Wirkungen von postoperativ frühzeitig beginnenden
bewegungstherapeutischen Interventionen
Ergebnis der Literatursuche
Identifizierte RCTs / CTs (n=49)
Potenziell für eine Datenanalyse
geeignete Untersuchungen (n=13)
Eingeschlossene Untersuchungen
in die Metaanalyse (n=6)
Ausschluss:
• Inadäquate Intervention (n=18)
• Inadäquate Outcomes / Probanden (n=9)
• Beginn der Bewegungstherapie nach der
vierten postoperativen Woche (n=9)
Ausschluss:
• Unzureichende Daten oder
Interventionsbeschreibungen (n=7)
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Zusammenfassung der Ergebnisse
Unterschiedliche Interventionsinhalte und -dosierungen
• Krafttraining (3), BT im Wasser (2), Elektrostimulation
Variierende Effekte in den einzelnen Untersuchungen
• Hinweise auf möglichen Zusammenhang mit der Interventionsdauer,
der Dauer einzelner Trainingseinheiten und der Trainingsintensität
• Postoperativ frühzeitiges, hochintensives Krafttraining erhöht nicht
zwangsläufig das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen
Schlussfolgerung für die Interventionsstudie
• Erhöhung der Therapie-Intensität
Fazit für die Praxis in der Rehabilitation
Herausforderung: Individuelle Dosierung der BT (DRV, 2010)
• Spannungsfeld: Einwachsen vs. Lockerung der Endoprothese
Maßgebend: Nachbehandlungsvorgaben der Operateure
• Teilbelastung vs. Vollbelastung
Berücksichtigung der individuellen Problemkonstellationen
• Schmerzen, Schwellung
• Verlauf der Wundheilung
• Bewegungsbiographie, Trainingszustand
• Gesundheitszustand, Multimorbidität
• Art der Fixierung der Endoprothese
(Zementiert vs. unzementiert)
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Für die Praxis: Sportliche Aktivität nach TEP
Keine Langzeitstudien zum Effekt sportlicher Aktivität auf
Knie- / Hüft-Implantate (Engelhardt & Hörterer, 2006).
Herausforderung: Dosierung von körperlicher und
sportlicher Aktivität (Brander & Stulberg, 2006; Franke, 2006; Jacobs et al., 2009; Huch et
al., 2009).
• Überlastung, Verletzung, Abrieb / Verschleiß, Lockerung
• Gelenkstabilität, -fixierung und –funktion; Kardiovaskuläre Fitness,
Prävention von Folgeerkrankungen, soziale Integration
Empfehlungen sind oftmals undifferenziert (Hüft- / Knie-
TEP), Expertenmeinungen variieren (Engelhardt & Hörterer, 2006; Hartford,
2003; Kuster, 2002; Simmel et al., 2008).
Sportliche Aktivität nach TEP
Bevorzugt „Low-Impact-Sportarten“ (Engelhardt & Hörterer, 2006;
Hartford, 2003; Kuster, 2002; Jacobs et al., 2009; Simmel et al., 2008)
• Niedrig: Belastungsspitzen, Torsionsbelastungen, Sturzrisiko, Kontakt
• Geeignet: Wandern, Nordic Walking, Aquafitness, Fahrradergometer,
Schwimmen (Kraul, Rücken)
• Eher ungeeignet: Fußball, Brustschwimmen, Mountainbiking
• Ausnahme: „Könner“ können zu „Ihrer“ (ggf. modifizierten) Sportart
zurückkehren
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Ausblick
Informationsmangel zeigt
Optimierungspotenzial
Innovative Weiterentwicklung der BT nach TEP
• Verstärkte Analyse existierender einrichtungsspezifischer
Bewegungstherapieprogramme
• Konzeption, Realisation und Evaluation inhaltlich und methodisch
hochwertiger Untersuchungen
• Schaffung belastbarer Aussagen zu Dosis-Wirkungs-Beziehungen
Noch bessere Nutzung des Potenzials bewegungsbezogener
Interventionen für eine gelingende Rehabilitation
Dosis der Bewegungstherapie in der
Rehabilitation nach Hüft- oder Knie-
Totalendoprothese
Simon Hendrich 1 , Astrid Zech 2 , Barbara Schmitt 3 , Klaus Pfeifer 1
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Literatur
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49 (1), S. 13-21.
Di Monaco M; Vallero F; Tappero R; Cavanna A (2009): Rehabilitation after total hip arthroplasty: a systematic
review of controlled trials on physical exercise programs. In: Eur J Phys Rehabil Med 45 (3), S. 303–317.
Husby, V. S. (2009): Early maximal strength training is an efficient treatment for patients operated with total hip
arthroplasty. In: Arch Phys Med Rehabil 90 (10), S. 1658-1667.
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improves work efficiency 6-12 months after osteoarthritis-induced total hip arthroplasty in patients younger than
60 years. In: Am J Phys Med Rehabil 89 (4), S. 304–314.
Hauer, K. (2002): Intensive physical training in geriatric patients after severe falls and hip surgery. In: Age and
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Literatur
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