Globale Nachbarn
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Überlebende der<br />
Flüchtlingskatastrophe<br />
vor Lampedusa.<br />
Foto: KNA-Bild<br />
Kommentar<br />
„Weit weg ist näher, als du denkst“<br />
… so überschreibt die Caritas ihre Jahreskampagne<br />
2014.<br />
Sie rückt damit unsere „globalen <strong>Nachbarn</strong>“ in den<br />
Fokus und zeigt auf, wie weltweite Verflechtungen<br />
unseren Alltag prägen, wie Ereignisse in fernen Ländern<br />
mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf<br />
unser Leben haben und wie unsere Lebensweise für<br />
die ökologische und soziale Zukunft anderer<br />
Menschen entscheidend ist.<br />
„Die Welt ist ein Dorf“, sagt man so leicht dahin. Aber<br />
was heißt das konkret? In jedem Dorf sind die Menschen<br />
aufeinander angewiesen, lebt man in einer Gemeinschaft.<br />
Doch im globalen Dorf, da sind die unmittelbaren<br />
<strong>Nachbarn</strong> vermeintlich weit weg. Aus den Augen,<br />
aus dem Sinn! Die reichen Industrieländer haben<br />
beträchtlichen Anteil an den Ursachen des Klimawandels,<br />
die Länder des Südens leiden unter den Folgen<br />
jedoch am stärksten. Für unseren Luxus und unsere<br />
Niedrigpreise werden Menschen anderswo auf der Welt<br />
ausgebeutet und leben in Armut.<br />
Und dann, wenn unsere armen globalen <strong>Nachbarn</strong> an<br />
unsere Tür klopfen, dürfen sie dann auf Hilfe und Unterstützung<br />
hoffen? In der Regel wohl nicht, denn insbesondere<br />
die Länder des reichen Europa machen die<br />
Grenzen dicht. Wir erwirtschaften unseren Wohlstand<br />
auf Kosten der Armen, aber teilen wollen wir nicht. Sie<br />
seien nicht politisch verfolgt, heißt es, sie seien nur Armutsflüchtlinge,<br />
die keinen Asylgrund hätten, heißt es.<br />
Wir verursachen den Klimawandel, der in anderen Regionen<br />
der Welt zu Dürren und Hungersnöten führt.<br />
Wir holzen den Regenwald ab und beanspruchen wertvolle<br />
Ackerflächen in Ländern der sogenannten Dritten<br />
Welt, um unseren Energiebedarf zu decken, und<br />
nennen das dann noch Bio-Treibstoff. Wir vertreiben<br />
Kleinbauern von ihrem Land, um unseren Bedarf an<br />
billigen Lebensmitteln zu decken. Wir kaufen billige<br />
Waren und nehmen Sklavenarbeit anderswo auf der<br />
Welt billigend in Kauf. Wir rekrutieren billige Arbeitskräfte<br />
und produzieren soziale Probleme in anderen<br />
Ländern. Wir arbeiten mit nicht demokratischen und<br />
totalitären Regierungen zusammen, wir exportieren<br />
Waffen und verdienen gut daran. Wir schaffen Fluchtgründe!<br />
Wenn die globalen <strong>Nachbarn</strong> aber an unsere<br />
Tür klopfen, schimpfen wir sie „Wirtschaftsflüchtlinge“!<br />
„Wir geben nichts!“ – Zynischer geht’s nicht!<br />
Andreas Meiwes ist<br />
Diözesan-Caritasdirektor<br />
für das Bistum Essen und<br />
Herausgeber von „Caritas<br />
in NRW“.<br />
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