FORUM BACHAKADEMIE - Internationale Bachakademie Stuttgart
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»Selten gibt es bei Konzerten mit geistlicher Musik<br />
so eine Begeisterung wie in Lateinamerika«,<br />
schwärmt Helmuth Rilling.<br />
Die Gründung einer <strong>Bachakademie</strong> in Chile am<br />
12. Mai sei quasi der Anker dieser Reise, erläutert<br />
Christian Lorenz. Schon vor Jahren hatten Ulrich<br />
Bader, Leiter des Teatro del Lago, und Helmuth<br />
Rilling darüber gesprochen, 2008 in <strong>Stuttgart</strong><br />
schmiedeten sie erste konkretere Pläne. Mit Hilfe<br />
der brasilianischen Konzertagentur Felipe Silvestre<br />
entstand schließlich der Tourplan dieser Reise mit<br />
Konzerten in Lima, Bogotá, Sao Paulo, Buenos<br />
Aires, Frutillar, Santiago und Caracas. Auch<br />
zahlreiche junge Zuhörer sitzen in den Gesprächskonzerten<br />
im Publikum. 40 Freikarten für Kinder<br />
bietet das Teatro del Lago für alle Konzerte an.<br />
Mechthild Schlumberger<br />
(Esslinger Zeitung, 26. Mai 2012)<br />
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Im kleinen Ferienort Frutillar, am See Llanquihue,<br />
sitzt Helmuth Rilling auf einer Bank: ein Mann<br />
mit weithin sichtbarem weißem Haarschopf, der<br />
Zigarre raucht und eine chilenische Tageszeitung<br />
liest. »Muy bien!«, »sehr gut!«, wird er später<br />
einen jungen chilenischen Dirigenten loben, »más<br />
energía«, mehr Energie wird er von ihm einfordern,<br />
und abends in einem jener Gesprächskonzerte,<br />
die zum Markenzeichen des 79-Jährigen geworden<br />
sind, kommentiert der Dirigent den<br />
Credo-Satz von Johann Sebastian Bachs h-Moll-<br />
Messe nicht nur auswendig, sondern auch noch auf<br />
Spanisch. Was für eine Leistung ist hier zu bewundern!<br />
Und das am Ende zweier harter Meisterkurs-<br />
Arbeitstage, in denen acht junge Dirigenten einzelne<br />
Sätze des Stücks dirigierten, während der<br />
weltweit bewunderte Bach-Kenner mit wachen<br />
Augen und Ohren an der Seite sitzt, kommentiert,<br />
korrigiert. Oft nennt er Taktzahlen, ohne in die<br />
Partitur zu blicken. »Du hast die Pauken vergessen«,<br />
sagt er einmal zu einem jungen Mann mit<br />
noch recht pauschalen Armbewegungen.<br />
»Es contento?«, »bist du zufrieden?«, fragt er einen<br />
anderen. Das kann dieser zwar nicht guten Gewissens<br />
mit Ja beantworten, aber die Frage ist freundlich.<br />
Und wer Rillings Augen einmal auf sich ruhen<br />
spürt, der vergisst diesen Blick nicht: einen Blick,<br />
der auch in den singenden und spielenden Kollektiven<br />
jeden ernst nimmt und wertschätzt. Auch für<br />
diesen Blick, der etwas Forderndes, aber auch<br />
etwas sehr Menschliches hat, haben 30 Sänger der<br />
Gächinger Kantorei und 25 Instrumentalisten des<br />
Bach-Collegiums <strong>Stuttgart</strong> in den zwei Wochen<br />
zuvor mit Bachs großer katholischer Messe bereits<br />
Peru, Kolumbien, Brasilien und Argentinien bereist,<br />
und auch für ihn reisen sie nach zwei Konzerten<br />
in Chile noch weiter nach Caracas, Venezuela.<br />
Susanne Benda<br />
(<strong>Stuttgart</strong>er Nachrichten, 19. Mai 2012)<br />
F O R U M B A C H A K A D E M I E 77<br />
1 3 . M A I .<br />
Wir fliegen zurück nach S A N T I A G O<br />
D E C H I L E , wo wir am selben<br />
Abend noch in die wunderschöne Residenz<br />
des deutschen Botschafters geladen sind. Er<br />
kennt Helmuth Rilling und unsere Arbeit<br />
noch aus seiner frühen Zeit in Warschau und<br />
freut sich sehr, dass er uns unmittelbar vor<br />
seinem Ruhestand hier noch einmal empfangen<br />
kann. Beim gemütlichen Beisammensein<br />
ergeben sich hochinteressante Begegnungen<br />
mit Menschen, die uns einen Einblick in den<br />
chilenischen Alltag und in die Zusammenarbeit<br />
deutscher und chilenischer Institutionen<br />
geben – ein nicht immer leichtes Unterfangen,<br />
wie wir vernehmen.<br />
1 4 . M A I .<br />
Vielen von uns fällt es nicht leicht, sich von<br />
der ländlichen Idylle der vergangenen<br />
Tage erneut auf eine Millionenmetropole umzustellen,<br />
die zudem nicht leicht zu entdecken<br />
ist. Ein historischer Kern ist im Zentrum<br />
dieser Stadt kaum zu erkennen, hat doch<br />
Chile und ganz besonders Santiago in den vergangenen<br />
Jahrhunderten immer wieder unter<br />
heftigen Erbeben zu leiden gehabt. Der<br />
Konzertsaal liegt in einem modernen großen<br />
Kulturzentrum, der Saal selbst ist komplett<br />
unter die Erde gebaut, was ihn ein wenig<br />
düster und bedrückend erscheinen lässt. Das<br />
Konzert ist komplett ausverkauft, die Akustik<br />
erweist sich als problematisch. Aber auch hier<br />
erwartet uns ein begeistertes Publikum.<br />
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