Gemeindebrief 4 / 2010 Besinnung Wege aus der Sackgasse Und Jesus sprach: „Die Zeit ist erfüllt, und die Herrschaft Gottes nahe herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“ Das sind die ersten Worte, die Jesus im Markusevangelium spricht. So etwas wie ein Programm: „Tut Buße!“ Und was heißt das? „Buße“ heißt „Umkehr“ – nur, diese Übersetzung sagt auf der einen Seite zu viel und auf der anderen Seite zu wenig. Zu viel deswegen, weil mir ja nicht gesagt wird: „Wieso denn?“ Wer mich auffordert, umzukehren, der meint: „Du bist auf dem falschen Weg!“ oder: „Hier kommst du nicht weiter!“ Sind wir denn auf einem falschen Weg, kommen wir nicht weiter? Das ist also das Erste: dass ich erst einmal anhalte und meinen Weg prüfe. Dazu ist der Bußtag da: Können wir, wollen wir so weitergehen, so weiterleben wie bisher oder müssen, können, wollen wir umkehren? Eine solche Prüfung kann ja nur jeder für sich durchführen. Und mancher kann zu dem Ergebnis kommen: „So will ich nicht weiterleben. So kann ich nicht weiterleben.“ Für manchen wird ganz klar, wenn er nachdenkt: „Ich bin in eine Sackgasse geraten!“ Sackgasse – und was nun? In einer Sackgasse – da gibt es nicht viele Möglichkeiten, sollte man meinen. Das ist aber ein Irrtum, wir sind da ganz schön erfinderisch: Es gibt manche, die machen einfach weiter und fahren ihren Lebenswagen voll gegen die Wand. Andere bleiben einfach stehen, wie gebannt: „Da kann man nichts machen!“ „Das Leben ist eben so!“ „Der Zug ist abgefahren!“ – Sprüche, die alle signalisieren: Es geht weder vor noch zurück, eine Haltung, die so tut, als hätte dieses Verkehrsschild noch ein Zusatzschild: „Sackgasse – keine Wendemöglichkeit!“ Aber das stimmt ja nicht. Also: umkehren. Es gibt eine Wendemöglichkeit. Aber eben wie? Der erste Schritt ist im griechischen Wort für „Buße tun“ versteckt und heißt: „den Sinn ändern, umdenken“. Und Jesus gibt auch die Richtung an: „Die Zeit ist erfüllt und Gottes Herrschaft steht vor der Tür. Denkt um und glaubt an das Evangelium.“ Umdenken, Buße tun, fängt also mit einem neuen Denken über Gott an. Gott ist nicht fern, sondern ganz nah. Gott ist das Schicksal seiner Welt und der Menschen nicht gleichgültig, sondern er wird sich einmischen, seinen Willen durchsetzen. Gott kommt nicht als der, vor dem man sich ängstlich verkriechen müsste, als der große Richter, sondern als der, der seine Menschen liebt und sie darum sucht. Das ist die Botschaft Jesu. Wer so neu über Gott denken lernt, der sieht sich und seine Mitmenschen auch ganz neu, und der findet einen neuen Weg heraus aus der Sackgasse. Also: Nutzen wir die Wendemöglichkeit dieses Tages, beginnen wir damit, neu über Gott zu denken, und das ist nicht nur der erste Schritt, das ist der wichtigste Schritt. nach Helmut Siegel 24
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