Kirchencafé - Axel Henß
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Besinnung<br />
4 / 2010 Gemeindebrief<br />
Trauer zum Leben hin<br />
Jesus hat im Matthäusevangelium gesagt:<br />
„Lass die Toten ihre Toten begraben; du<br />
aber folge mir nach …“ Ganz weise erkennt<br />
Jesus in diesem Wort – das zunächst so<br />
gefühllos daherkommt – die große Gefahr<br />
im Tod: dass der Tote den Lebendigen zum<br />
Toten macht. Weil sich dessen Denken nur<br />
um den Verstorbenen dreht.<br />
Trauer ist dann gelungen, wenn wir den<br />
anderen, der gegangen ist, so sehen<br />
können, wie er wirklich war. Und wenn wir<br />
trotzdem oder gerade deshalb noch dankbar<br />
sein können dafür, dass wir ihn hatten.<br />
Dass wir lachen können über ihn und seine<br />
Marotten, dass wir respekt- und<br />
ehrfurchtsvoll von dem reden können, was<br />
er geschafft hat, dass wir aber auch<br />
kritische Distanz finden zu Dingen, die<br />
vielleicht nicht so in Ordnung waren – dass<br />
wir eben die Liebe zur Basis unserer<br />
Beurteilung machen. Wenn wir so mit<br />
denen, die vor uns gegangen sind,<br />
umgehen, sind wir auf Jesu Spur. Der<br />
Verstorbene, so interpretiere ich Christi<br />
Wort, soll in unserem Herzen weiterleben,<br />
er darf es aber nicht zerbrechen. Denn<br />
damit werden einem als Zurückbleibender<br />
die Möglichkeiten genommen, die Gott<br />
uns Lebenden jeden Tag neu schenkt, die<br />
Möglichkeiten, ihm nachzufolgen und ihn<br />
weiterhin zu entdecken in unserem Alltag.<br />
Das ist Trauer zum Leben hin und nicht<br />
vom Leben weg. Das ist Trauer, wie Jesus<br />
sie sich und uns wünscht, wenn er sagt:<br />
„Lass die Toten ihre Toten begraben; du<br />
aber folge mir nach …“<br />
Ich weiß, dass diese Worte für einige zu<br />
viel verlangen. Ist doch jene endgültige<br />
Trennung erst vor Kurzem geschehen. Und<br />
jetzt: diese grauen Tage, das erste<br />
Weihnachten, der erste Geburtstag ohne<br />
den Mann, ohne die Frau. Ohne das Kind.<br />
Ich möchte, will und kann Ihnen die Trauer<br />
nicht nehmen. Sie hat ihr Recht, aber<br />
vergessen Sie dennoch nicht, sich wieder<br />
dem Leben und seinen Anforderungen zu<br />
stellen. Legen Sie den Verstorbenen oder<br />
Ihre Verstorbene in Gottes Hände. Gehen<br />
Sie ans Grab. Sie werden sich ihm in den<br />
meisten Fällen dort näher fühlen. Reden<br />
Sie mit ihm, es wird Ihnen helfen. Beten<br />
Sie mit ihm und für ihn. Ottmar Arnd<br />
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