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Der S<strong>ch</strong>ulweg eines angehenden Landarztes<br />

im frühen 19. Jahrhundert<br />

Kurt F. Huba<strong>ch</strong>er<br />

Ob si<strong>ch</strong> Johann S<strong>ch</strong>neider, der Wirt in<br />

der Galeere in Meienried wohl bewusst<br />

war, was ein Studium kosten würde, als<br />

er seinem Sohn empfahl, Landarzt zu<br />

werden? Au<strong>ch</strong> wenn die Wirts<strong>ch</strong>aft am<br />

Ums<strong>ch</strong>lagplatz von Aare und Zihl gutes<br />

Geld abwarf, so mag es aus heutiger<br />

Si<strong>ch</strong>t do<strong>ch</strong> erstaunen, wie unbes<strong>ch</strong>wert<br />

Johann Rudolf S<strong>ch</strong>neider seine Ausbildung<br />

dur<strong>ch</strong>laufen hat. Er war ni<strong>ch</strong>t<br />

gezwungen, wie heute vielfa<strong>ch</strong> übli<strong>ch</strong>,<br />

sein Studium als Werkstudent zu verdienen.<br />

Er hat es au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in der kürzest<br />

mögli<strong>ch</strong>en Zeit absolviert, um vom<br />

Geldsäckel seines Vaters unabhängig zu<br />

werden. Im Gegenteil: Na<strong>ch</strong> der Akademie<br />

in Bern konnte er si<strong>ch</strong> ein zusätzli<strong>ch</strong>es<br />

Studienjahr in Berlin leisten und<br />

na<strong>ch</strong> seinem Fa<strong>ch</strong>examen weitere zwei<br />

Semester in Paris. Als Mitglied der Studentenverbindung<br />

Zofingia hat er au<strong>ch</strong><br />

die angenehmen Seiten des Studentenlebens<br />

genossen.<br />

Die ersten S<strong>ch</strong>uljahre S<strong>ch</strong>neiders in der<br />

Stadts<strong>ch</strong>ule von Büren fielen no<strong>ch</strong> in<br />

die letzten Jahre der französis<strong>ch</strong>en<br />

Besetzung und in die Übergangszeit<br />

zur Restauration. Den S<strong>ch</strong>ulweg von<br />

Meienried na<strong>ch</strong> Büren legte er in etwa<br />

einer Dreiviertelstunde zurück, vermutli<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t immer trockenen Fusses. Was<br />

an S<strong>ch</strong>ulwissen auf dem Lande vermittelt<br />

werden sollte, basierte zur Zeit<br />

der Helvetik no<strong>ch</strong> auf der Erneuerten<br />

S<strong>ch</strong>ulordnung für den Staat Bern deuts<strong>ch</strong>er<br />

Lands<strong>ch</strong>aft, herausgegeben von<br />

S<strong>ch</strong>ultheiss und Rat anno 1720. Man<br />

hatte indessen in der hohen Regierung<br />

erkannt, dass das Niveau des unterri<strong>ch</strong>teten<br />

Stoffes in der Elementar- und<br />

Reals<strong>ch</strong>ule erbärmli<strong>ch</strong> war. Das war<br />

ni<strong>ch</strong>t weiter verwunderli<strong>ch</strong>, stellten<br />

do<strong>ch</strong> die Landgemeinden, die den<br />

S<strong>ch</strong>ulbetrieb zu berappen hatten, als<br />

Lehrer vielfa<strong>ch</strong> ehemalige Söldner,<br />

Hirten oder kleine Landwirte an. Die<br />

Anstellung der Lehrer erfolgte mit dem<br />

Einverständnis des Pfarrers und des<br />

Landvogtes, die zuglei<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>ulaufsi<strong>ch</strong>t<br />

hatten. Sie hatten darüber zu<br />

wa<strong>ch</strong>en, dass neben Lesen, S<strong>ch</strong>reiben<br />

und etwas Re<strong>ch</strong>nen vor allem der<br />

Kate<strong>ch</strong>ismus gelehrt wurde. Jeremias<br />

Bestätigung der Friedri<strong>ch</strong>-Wilhelms Universität<br />

Berlin für S<strong>ch</strong>neider, 1825.<br />

(Staatsar<strong>ch</strong>iv Bern)<br />

43


Sanitätsrat der Stadt und Republik Bern, 1830.<br />

(Staatsar<strong>ch</strong>iv Bern)<br />

Gotthelf hat in seinen S<strong>ch</strong>riften ein<br />

treffendes Bild dieser Lands<strong>ch</strong>ulen<br />

gezei<strong>ch</strong>net. Folgen wir einer Enquete<br />

des helvetis<strong>ch</strong>en Unterri<strong>ch</strong>tsministers<br />

Stapfer, so waren von 419 S<strong>ch</strong>ulen nur<br />

deren 302 in S<strong>ch</strong>ulhäusern untergebra<strong>ch</strong>t<br />

und davon waren zwei Drittel in<br />

einem tristen Zustand. Die Lehrer<br />

bezogen ni<strong>ch</strong>t mehr als zwanzig Kronen<br />

an Jahresgehalt. S<strong>ch</strong>ulhelfer Grüner<br />

bes<strong>ch</strong>reibt, wie die Kinder in den<br />

dunklen Stuben «mit dem Kopf auf dem<br />

Papier s<strong>ch</strong>reiben mussten», und dies in<br />

so s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t gelüfteten Räumen, «dass<br />

ihre Dünste von den Fenstern auf ihre<br />

Köpfe herabronnen». S<strong>ch</strong>neider selbst<br />

bedauerte später in einer Rede im<br />

Grossen Rat, dass er in der S<strong>ch</strong>ule in<br />

Büren ni<strong>ch</strong>t «das denkende Re<strong>ch</strong>nen»<br />

mitbekommen habe. Eingedenk dieser<br />

Zustände, ordnete man 1807 eine bessere<br />

Ausbildung der Lands<strong>ch</strong>ullehrer<br />

an. In einem dreimonatigen Normals<strong>ch</strong>ulkurs<br />

sollten die Grundlagen für<br />

Lesen, S<strong>ch</strong>reiben, Singen, Re<strong>ch</strong>nen und<br />

Religion erarbeitet werden. Es sollte<br />

do<strong>ch</strong> in jedem Dorf der eine oder andere<br />

in der Lage sein, die Flä<strong>ch</strong>e eines<br />

Grundstückes oder den Inhalt eines<br />

Miststockes zu bere<strong>ch</strong>nen. Überhaupt<br />

ers<strong>ch</strong>ien die Zeit der Mediation wie eine<br />

Befreiung vom s<strong>ch</strong>weren Druck der<br />

Helvetik. Die Ideen eines Pestalozzi,<br />

eines Girard und eines von Fellenberg<br />

begannen Frü<strong>ch</strong>te zu tragen. Bisher<br />

hatten Herrs<strong>ch</strong>aft und Bildung zusammengehört<br />

und im Volk ein S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tungsgefühl<br />

erzeugt. Die S<strong>ch</strong>eu der<br />

Landleute vor den Städtern gründete<br />

ni<strong>ch</strong>t nur in der Tatsa<strong>ch</strong>e, dass «diese<br />

am Werktag Sonntagskleider trugen»,<br />

sondern im Respekt vor ihrer Bildung.<br />

Das sollte si<strong>ch</strong> in den kommenden<br />

Jahren ändern, als eine liberale, aufgeklärte<br />

Obers<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t erkannte, dass die<br />

Neuverteilung der Ma<strong>ch</strong>t eine Neuausri<strong>ch</strong>tung<br />

der Bildung verlangte. Bildung<br />

für alle war das Losungswort. Aber<br />

umsonst gab es sie ni<strong>ch</strong>t: einzig Kinder<br />

von Burgern zahlten kein S<strong>ch</strong>ulgeld.<br />

Für Auswärtige konnte dieses re<strong>ch</strong>t<br />

happig sein, besonders wenn no<strong>ch</strong><br />

Pensionskosten und Uniformenzwang<br />

dazu kamen. Bis in die Neuzeit war für<br />

die Landjugend ein Wels<strong>ch</strong>landjahr<br />

na<strong>ch</strong> der Grunds<strong>ch</strong>ule zum Erlernen der<br />

französis<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e übli<strong>ch</strong>. S<strong>ch</strong>neider<br />

absolvierte dieses im Neuenburger<br />

Jura. Er s<strong>ch</strong>eint das Französis<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>t<br />

gut beherrs<strong>ch</strong>t zu haben, wie wir aus<br />

44


seinen politis<strong>ch</strong>en Aktivitäten wissen<br />

und wofür au<strong>ch</strong> sein Aufenthalt in<br />

Paris spri<strong>ch</strong>t sowie zweifellos au<strong>ch</strong> die<br />

Tatsa<strong>ch</strong>e, dass er seine Frau, Lucie<br />

Dunand, in einer Uhrenfabrikantenfamilie<br />

in La Chaux-de-Fonds fand.<br />

Sein aufgeweckter und lebhafter Geist,<br />

wie wir ihn aus seinen vielen Tagebü<strong>ch</strong>ern<br />

erahnen können, bestätigte<br />

den Wuns<strong>ch</strong> des Vaters, seinen Sohn<br />

Medizin studieren zu lassen. Es bleibt<br />

unverständli<strong>ch</strong>, warum er ihn als Vorbereitung<br />

auf das akademis<strong>ch</strong>e Studium<br />

ni<strong>ch</strong>t in das 1817 gegründete Bieler<br />

Gymnasium s<strong>ch</strong>ickte. Er wäre dort von<br />

dessen erstem Rektor, Pfarrer Konrad<br />

Appenzeller, mit offenen Armen empfangen<br />

worden und hätte im zugehörigen<br />

Pensionat in der Leiterin, der<br />

Witwe Marie Louise Bloes<strong>ch</strong>, eine<br />

mütterli<strong>ch</strong>-umsorgende Betreuerin gefunden.<br />

Biel hatte unter der französis<strong>ch</strong>en<br />

Besetzung gelitten, die S<strong>ch</strong>ulen<br />

hatten ein erbärmli<strong>ch</strong>es Niveau errei<strong>ch</strong>t,<br />

alle instructions der Zentralregierung in<br />

Paris, dur<strong>ch</strong> den Unterpräfekten des<br />

Département du Mont Terrible übermittelt,<br />

landeten bei Meier Wildermeth<br />

unbeantwortet auf einem Papierhaufen.<br />

Die Franzosenzeit blieb den Bielern in<br />

böser Erinnerung: «Steuern zahlen,<br />

sehr viel Steuern zahlen, Kanonenfutter<br />

liefern, und gute Miene zum bösen<br />

Spiel ma<strong>ch</strong>en». Umso freudiger wurde<br />

1815 na<strong>ch</strong> dem Wiener Kongress der<br />

Auftrag der Berner Regierung aufgenommen,<br />

in Biel ein reformiertes Gymnasium<br />

zu gründen, vor allem, um den<br />

angehenden reformierten Theologen<br />

den Weg auf die Akademie vorzubereiten,<br />

während Juristen und Ärzte diese<br />

gymnasiale Vors<strong>ch</strong>ule weniger nötig<br />

hatten, wie man damals meinte. Mit<br />

wel<strong>ch</strong>er Begeisterung man 1817 das<br />

Bieler Gymnasium eröffnete, mag eine<br />

Strophe des Festgedi<strong>ch</strong>tes von Rektor<br />

Appenzeller zeigen, das er in übers<strong>ch</strong>äumender<br />

Freude über die wiedergewonnene<br />

Freiheit am 15. September<br />

in der Stadtkir<strong>ch</strong>e deklamierte:<br />

Unsere S<strong>ch</strong>ulen blühen wieder!<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft den Geist erfreut!<br />

Nun, wir säen, teure Brüder,<br />

Samen für die Ewigkeit.<br />

Leider war dem Blühen des jungen<br />

Gymnasiums nur ein kurzes Leben<br />

bes<strong>ch</strong>ieden. Politis<strong>ch</strong>e Querelen unter<br />

den Lehrern, grösstenteils deuts<strong>ch</strong>e<br />

Ernennungsurkunde für S<strong>ch</strong>neider zum Kreis-<br />

Arzt für den Amtsbezirk Nidau, ausgestellt vom<br />

Regierungsrat der Republik Bern, 1836.<br />

(Staatsar<strong>ch</strong>iv Bern)<br />

45


Emigranten, störten den Unterri<strong>ch</strong>t. Das<br />

empörte die Bielburger und führte zu<br />

einer Petition an den Burgerrat: Es sei<br />

in Zukunft mehr Burgerholz zu verteilen,<br />

die Geissenweiden seien wieder<br />

herzustellen, den Rebbesitzern sei der<br />

Weinverkauf freizugeben und das Gymnasium<br />

sei aufzuheben. 1836 wurde es<br />

zum Progymnasium degradiert.<br />

Statt seinen Sohn in das blühende Bieler<br />

Gymnasium zu s<strong>ch</strong>icken, meldete Vater<br />

S<strong>ch</strong>neider seinen Sohn zur Vorbereitung<br />

auf das Medizinstudium zu einer<br />

dreijährigen Apothekerlehre bei Apotheker<br />

Xaver Fiala in Nidau an. Es mag<br />

sein, dass der Vorrang, den man bei den<br />

akademis<strong>ch</strong>en Studien immer no<strong>ch</strong> der<br />

Theologie gab, auss<strong>ch</strong>laggebend war.<br />

Jedenfalls verspra<strong>ch</strong> Fiala dem jungen<br />

S<strong>ch</strong>neider nebst der Einführung in<br />

den Apothekerberuf au<strong>ch</strong> Unterri<strong>ch</strong>t<br />

in medizinis<strong>ch</strong>en Fä<strong>ch</strong>ern wie Chemie,<br />

Physik, Botanik, Anatomie zu erteilen<br />

und ihn in die lateinis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e einzuführen.<br />

S<strong>ch</strong>neider hat den guten<br />

Willen von Apotheker Fiala s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t<br />

vergolten. Er bra<strong>ch</strong> seinen Apothekerlehrgang<br />

bereits na<strong>ch</strong> einem halben Jahr<br />

ab und meldete si<strong>ch</strong> im Herbst 1821 an<br />

der Akademie in Bern an. (Die 1805<br />

gegründete Akademie war die Vorläuferin<br />

der 30 Jahre später eröffneten<br />

Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule.) Dort herrs<strong>ch</strong>te eine<br />

eiserne Disziplin, die dur<strong>ch</strong> Kuratoren<br />

bei Professoren und Studierenden überwa<strong>ch</strong>t<br />

wurde. Unter der Leitung von<br />

Abraham von Muta<strong>ch</strong> sollte sie in erster<br />

Linie den Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>s aus den regimentsfähigen<br />

Familien auf ihre künftige<br />

Aufgabe vorbereiten. Der Theologie<br />

wurde erste Priorität eingeräumt,<br />

denn der Pfarrer hatte als moralis<strong>ch</strong>e<br />

Instanz über Sitten und Gebräu<strong>ch</strong>e zu<br />

wa<strong>ch</strong>en. Der Lehrgang für Juristen und<br />

Mediziner bot das notwendige Wissen<br />

Ernennungsurkunde für S<strong>ch</strong>neider als<br />

Mitglied der Medizinis<strong>ch</strong>-Chirurgis<strong>ch</strong>en<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft des Kantons Bern, 1830.<br />

(Staatsar<strong>ch</strong>iv Bern)<br />

für ihren Brotberuf, aber kein Allgemeinwissen,<br />

das ihren Horizont erweitert<br />

hätte. Für die Professoren gab es<br />

keine Lehrfreiheit, au<strong>ch</strong> ihr Unterri<strong>ch</strong>tsstoff<br />

unterstand der Kontrolle dur<strong>ch</strong> die<br />

Kuratoren. Der Eintritt in die Akademie<br />

wurde nur Knaben ermögli<strong>ch</strong>t, die na<strong>ch</strong><br />

Stand, Beruf und Vermögen der Eltern<br />

auf eine gebildete Erziehung Anspru<strong>ch</strong><br />

erheben konnten. Die einzige Ausnahme<br />

galt für gute Lands<strong>ch</strong>üler, die<br />

beabsi<strong>ch</strong>tigten, Landarzt zu werden –<br />

denn diese waren Mangelware. Sie<br />

hatten si<strong>ch</strong> vor der Immatrikulation<br />

einer Prüfung «in fertigem und ri<strong>ch</strong>tigem<br />

Lesen des Deuts<strong>ch</strong>en, im<br />

Re<strong>ch</strong>nen in den vier Species und den<br />

gemeinen und Dezimalbrü<strong>ch</strong>en» zu<br />

unterziehen. In seinen vier Akademiejahren<br />

in Bern hat S<strong>ch</strong>neider an Fa<strong>ch</strong>-<br />

46


wissen unter anderem in Chemie,<br />

Physik, Anatomie doziert bekommen,<br />

was für seinen späteren Brotberuf nötig<br />

war. Ihm fehlte aber der grosse Rahmen<br />

einer Weltans<strong>ch</strong>auung, ein Allgemeinwissen,<br />

das ihm grössere Zusammenhänge<br />

eröffnet hätte. Das mag einer der<br />

Gründe gewesen sein, weshalb er na<strong>ch</strong><br />

vier Jahren bes<strong>ch</strong>loss, si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t den<br />

Examinatoren für die Fa<strong>ch</strong>prüfung zu<br />

stellen, sondern ein weiteres Studienjahr<br />

an der Humbold-Universität in<br />

Berlin anzus<strong>ch</strong>liessen. Viellei<strong>ch</strong>t gab er<br />

si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft, dass er zu<br />

wenig Zeit in die Prüfungsvorbereitung<br />

und etwas zuviel in das fröhli<strong>ch</strong>gesellige<br />

Treiben der Zofingia investiert<br />

hatte. In Berlin sein medizinis<strong>ch</strong>es<br />

Wissen zu vertiefen war das Eine; dazu<br />

hatte er in den Vorlesungen berühmter<br />

Professoren dieser Zeit wie Hörn, Hufeland,<br />

von Graefe und vielen mehr,<br />

rei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> Gelegenheit. Darüber hinaus<br />

trieb ihn sein Wissensdurst in die Kollegien<br />

der Naturwissens<strong>ch</strong>aften, speziell<br />

der Botanik, der Geologie und Hydrologie,<br />

aber ebenso in die Vorlesungen<br />

über Philosophie. Er war ein eifriger<br />

Benutzer der Bibliotheken, las wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Abhandlungen und verfasste<br />

eine eigene Theorie über die<br />

Wärmelehre. Seine Tagebü<strong>ch</strong>er verraten,<br />

dass er in der lebendigen Grossstadt<br />

Berlin mit Museums- und Theaterbesu<strong>ch</strong>en<br />

seinen Hunger na<strong>ch</strong> Kultur<br />

befriedigen konnte, aber dass bei allen<br />

Aktivitäten au<strong>ch</strong> das gesellige Leben<br />

ni<strong>ch</strong>t zu kurz kam.<br />

Im Herbst 1826 rief ihn sein Vater na<strong>ch</strong><br />

Hause zurück und ermahnte ihn, endli<strong>ch</strong><br />

sein Fa<strong>ch</strong>examen als Arzt abzulegen.<br />

Sein mässiges Abs<strong>ch</strong>neiden im<br />

Februar 1827 mag bestätigen, dass sein<br />

Berlinjahr mehr der Erweiterung seines<br />

geistigen Horizontes als der Vertiefung<br />

seines Fa<strong>ch</strong>wissens gedient hatte. Das<br />

Manko holte er mit zwei zusätzli<strong>ch</strong>en<br />

Semestern in Paris auf, aber dann s<strong>ch</strong>ien<br />

ihm do<strong>ch</strong> der Moment gekommen, si<strong>ch</strong><br />

vom Geldbeutel seines Vaters zu lösen:<br />

Am 1. August 1828 eröffnete er seine<br />

Arztpraxis in Nidau.<br />

Der Bieler Arzt Dr. Kurt F. Huba<strong>ch</strong>er setzt si<strong>ch</strong> seit<br />

Jahrzehnten für den S<strong>ch</strong>utz der Lands<strong>ch</strong>aft und die<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Bielerseeregion ein und hat für den<br />

<strong>Seebutz</strong> zahlrei<strong>ch</strong>e Artikel verfasst.<br />

(Fotos: Rudolf Käser, Meienried)<br />

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