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Frisches Ufo vor der Stadt

... und andere Aufzeichnungen

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Sie waren dann noch aus. Strip-Bar mit Karaoke. O<strong>der</strong> Karaoke mit Striptease.<br />

War auch irgendwie klar. Gute Show gespielt und das, wo eigentlich nichts zu<br />

holen war. Sie, das waren <strong>der</strong> kleine Kanadier mit seinem Akkordeon, ein durchgeknallter<br />

norwegischer Fan, <strong>der</strong> jodeln konnte, und zwei verrückte finnische<br />

Hühner. War natürlich nichts. Nepp. Und dann auch noch rausgeflogen, weil sie<br />

alle zusammen grad mal dreifuffzig Trinkgeld für die Tänzerin zusammengekratzt<br />

hatten. Das war alles noch beinahe Metropole.<br />

Jetzt schlurften wir beide über den Bahnhofs<strong>vor</strong>platz einer Reißbrett-<strong>Stadt</strong><br />

in Pohjanmaa, dem Mittleren Westen Finnlands. Redneck Country. Der eine mit<br />

einem runtergewanzten »Estella« Akkordeon, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mit einer abgeschlagenen<br />

Gretsch und einem Fen<strong>der</strong> Champ. Freitagabend in Seinäjoki. Doppelkonzert.<br />

Klezmer-Akkordeonist trifft Lofi-Pop Songwriter.<br />

Wenn irgendwas<br />

nach Ärger<br />

riecht … Sei‘s drum. Das hatten wir alles auch schon schlimmer. Der Bärtige<br />

mit dem Basecap und den drei Kilo Kette am Portemonnaie baut uns die Anlage auf und<br />

gibt uns wortlos zu verstehen: Der Soundcheck ist Euer Bier. Ach ja, eines habt<br />

Ihr frei. Zehn Minuten noch. Wir sitzen <strong>vor</strong> dem Pub, kippen unser Budget-Bier. Ich<br />

versuche, unter den gut zwanzig Gästen die Troublemaker zu erkennen. Prinzipiell<br />

alle, außer vielleicht den fünf englischsprechenden Austauschstudenten. Der<br />

Rest sind Basecaps und Skinheads. Was dann folgt, trägt Kaurismäkis Handschrift.<br />

Sie hören zu, schweigen, trinken. Ich gebe nach meinem Set einem Skin ein Autogramm<br />

auf den nackten Bierbauch. Und dann – bei Geoffs Set – erlebe ich ein<br />

Märchen.<br />

Er spielt keine seiner Sauf-Nummern, die immer funktionieren. Er geht Risiko.<br />

Er kann nicht an<strong>der</strong>s. Er ist <strong>der</strong> Whiskey Rabbi. Er beginnt mit einer magischen<br />

Version seines vielleicht ruhigsten Songs. Den Rücken zur Glasfront, <strong>vor</strong> <strong>der</strong> wir<br />

spielen, den Blick nach irgendwo weit weg. Draußen tobt ein Schneesturm.<br />

Smashed the windows of the logging company/just to get a little release/<br />

had to throw down my accordion/to get away from the police.<br />

Make it light enough to travel.<br />

Mir steht das Wasser in den Augen.<br />

Und ich bin nicht allein.<br />

18<br />

Wenn irgendwas nach Ärger riecht · Text: Mäkkelä · Foto: alwayshappy/photocase.com

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