Quell des leBens - Schwerin Live
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Hinter <strong>Schwerin</strong>er Fassaden (54)<br />
Seite 28<br />
März 2013<br />
Ausgabe 54<br />
Wer kennt das nicht: Da steht<br />
ein schönes Haus in der Straße,<br />
hundertmal und mehr ist man<br />
schon vorbeigegangen. Aber was<br />
verbirgt sich hinter der Fassade?<br />
Welche Geschichten stecken hinter<br />
den Mauern, wer geht hier ein<br />
und aus? Denn schließlich sind<br />
Geschichten von Häusern immer<br />
auch Geschichten von Menschen.<br />
In dieser Serie wollen wir gemeinsam<br />
mit Ihnen hinter Fassaden<br />
blicken. Heute im Bootshaus <strong>des</strong><br />
<strong>Schwerin</strong>er Segler-Vereins von<br />
1894, das Wassersportler und Urlauber<br />
gleichermaßen lockt.<br />
nah Am Wasser gebaut<br />
<strong>Schwerin</strong>er Seglerheim lockt Wassersportler und Urlauber gleichermaßen<br />
Wenn manche Besucher <strong>des</strong> neuen<br />
Seglerheims sagen „Was so ein<br />
paar Eimer Farbe doch ausmachen“,<br />
dann muss Bernhard Kaatz<br />
schmunzeln. „Das wäre teure Farbe<br />
gewesen“, sagt der Schatzmeister <strong>des</strong><br />
<strong>Schwerin</strong>er Segler-Vereins. Denn<br />
das Haus, das dem 1924 errichteten<br />
Bootshaus wie ein Ei dem anderen<br />
gleicht, ist ein kompletter Neubau.<br />
Gleichzeitig zeigt der manchmal<br />
auftretende Irrtum aber auch, wie<br />
gut dieser Neubau gelungen ist.<br />
Das Gebäude auf der kleinen Insel<br />
„Schwanenhorst“, unmittelbar vor<br />
der Marstallhalbinsel, ist in der Vereinsgeschichte<br />
Bootshaus Nummer<br />
3 und entstand 1998/99. „Der Vorgängerbau<br />
war während der Jahre<br />
der DDR völlig heruntergekommen“,<br />
erzählt Vereinsmitglied Burkhard<br />
Richter. „Besonders die hier ab<br />
1968 stattfindenden Beat-Veranstaltungen<br />
hatten dem Gebäude den<br />
Rest gegeben.“ Die Holzböden, die<br />
auf Balken lagen, waren dabei regelrecht<br />
durchgetanzt worden und<br />
auch sonst hatte der Zahn der Zeit,<br />
zusammen mit Wind und Regen,<br />
dem Holzhaus zugesetzt. Nach der<br />
Wende war schnell klar: Eines der<br />
schönsten Bootshäuser Deutschlands<br />
war nicht mehr zu retten.<br />
Doch wo sollte jetzt die theoretische<br />
Ausbildung der jungen Segler<br />
stattfinden, wo die Clubabende<br />
und wo die Planung und organisatorische<br />
Begleitung von Regatten?<br />
Ganz zu schweigen von dem Café:<br />
Gleich nach der Eröffnung <strong>des</strong> Seglerheims<br />
am 28. September 1924<br />
war die seeseitige Terrasse zum beliebten<br />
Treffpunkt geworden. „Wir<br />
wussten natürlich auch, dass diese<br />
Anlage eine Perle ist“, sagt Bernhard<br />
Kaatz. So schulterten Verein,<br />
Stadt und Land gemeinsam den<br />
2,4 Millionen DM teuren Neubau<br />
– in enger Abstimmung mit der<br />
Denkmalpflege. Die Fachwerkfassade<br />
zur Seeseite beispielsweise<br />
kam – wenngleich nur vorgesetzt<br />
– zurück. Der Fahnenmast krönt<br />
wie eh und je das Gebäude und<br />
sorgt dafür, dass die Vereinsflagge<br />
schon vom Wasser aus gut zu sehen<br />
ist. Und während sich andere<br />
Vereine hinter Zäunen verschanzen,<br />
heißt es im Seglerheim: Betreten<br />
erwünscht. So genießen die<br />
Wassersportler gemeinsam mit den<br />
<strong>Schwerin</strong>ern und ihren Gästen dieses<br />
herrliche Fleckchen Erde. Wer<br />
einmal auf der Terrasse gesessen<br />
und bei einem Glas Bier oder Wein<br />
Das erste Bootshaus von 1907 (links). Ihm folgte 1924 ein größeres Gebäude. So sah es 1998 vor dem Abriss aus.<br />
den dahingleitenden Booten zugesehen<br />
hat, weiß, wovon die Rede ist.<br />
Einfach war der Neubau nicht.<br />
Denn ob Theater, Schloss oder<br />
Marstall: <strong>Schwerin</strong> steht in diesem<br />
Bereich auf Pfählen. Das Seglerheim<br />
macht da keine Ausnahme. 64<br />
Pfähle rammten die Mitarbeiter der<br />
beauftragten Spezialfirma 16 Meter<br />
tief in den Boden, bevor das Gebäude<br />
überhaupt in die Höhe wachsen<br />
konnte. Im Innern durfte der Zuschnitt<br />
verändert und den neuen<br />
Herausforderungen angepasst werden.<br />
So gibt es neben der Gaststätte<br />
zum Beispiel einen Klubraum,<br />
einen Schulungsraum, Umkleideräume<br />
und den Trockenraum,<br />
der eigentlich ein „Nassraum“ ist,<br />
wie Burkhard Richter sagt. Hier<br />
trocknen in der Saison die Anzüge<br />
der Kinder und Jugendlichen, die<br />
im Verein trainieren.<br />
Mit insgesamt 430 Mitgliedern ist<br />
der Verein der größte Segelclub<br />
in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Und auch als Wirtschaftsfaktor<br />
in der Region ist er nicht zu unterschätzen.<br />
So lockt allein das<br />
Seglerheim je<strong>des</strong> Jahr zahlreiche<br />
Urlauber nach <strong>Schwerin</strong>. Vier<br />
Doppelzimmer und eine Ferienwohnung<br />
laden hier zum Urlaub<br />
am See ein. Die Zimmer heißen<br />
„Rakow“ und „Rüter Horn“ und<br />
„Goldburg“ – benannt nach Untiefen<br />
auf dem <strong>Schwerin</strong>er See.<br />
Dann gibt es noch das Kaiser-<br />
Zimmer, das auch für Meetings<br />
und Veranstaltungen vermietet<br />
wird und <strong>des</strong>sen Name nichts mit<br />
dem Regenten zu tun hat. „Der<br />
Kieler Yachtclub hat einen Kaisersaal,<br />
der seinen Namen wirklich<br />
nach Kaiser Wilhelm trägt“, erzählt<br />
Burkhard Richter. Und weil<br />
der 1. Vorsitzende <strong>des</strong> <strong>Schwerin</strong>er<br />
Segler-Vereins zu diesem Zeitpunkt<br />
Dirk Kaiser hieß, befanden<br />
die Sportler, dass ein Kaiser-Zimmer<br />
auch zu ihrem Domizil gut<br />
passen würde.<br />
Gäste, die einmal übernachtet haben,<br />
kommen meist wieder. Kein<br />
Wunder: Vom Seglerheim sind<br />
es nur wenige Minuten bis zum<br />
Schloss, die Anreise mit dem eigenen<br />
Boot ist kein Problem. Nachts<br />
plätschern die Wellen ein Schlaflied<br />
und am Tage ist es auf Schwanenhorst<br />
eigentlich viel zu schön,<br />
um je wieder abzureisen.