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Kindesschutz im Kanton St.Gallen - Amt für Soziales - Kanton St ...

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<strong>Kindesschutz</strong> <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

Bericht der Projektgruppe «Kinder – und Jugendschutz»<br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>, Februar 2006<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Auftrag und Vorgehen ................................ ................................ ................................ .........2<br />

2. Kinder- und Jugendschutz: Bedeutung, rechtliche Grundlagen und <strong>St</strong>rukturen ...................3<br />

2.1. Gesellschaftliche Bedeutung ................................ ................................ ........................ 3<br />

2.2. Die wichtigsten Begriffe <strong>im</strong> Kinder- und Jugendschutz ................................ .................4<br />

2.3. Rechtliche Grundlagen................................ ................................ ................................ .5<br />

2.4. <strong>St</strong>rukturen des <strong>Kindesschutz</strong>es <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>................................ ....................8<br />

3. <strong>St</strong>and der Umsetzung und Beurteilung................................ ................................ ................8<br />

3.1. Erkennen von Kindesmisshandlungen................................ ................................ ..........8<br />

3.2. Spezialisierte Angebote <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> ................................ ................................ .....9<br />

3.3. Zusammenwirken kommunaler und kantonaler Angebote in der Region ...................... 9<br />

3.4. <strong>St</strong>andardisierung des Verfahrens ................................ ................................ ...............11<br />

3.5. Anzeige- und <strong>St</strong>rafverfolgungspflichten ................................ ................................ ......11<br />

3.6. Koordination und Vernetzung ................................ ................................ ..................... 12<br />

3.7. Zusammenfassende Beurteilung der Situation <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> 13<br />

4. Entwicklung in der Schweiz................................ ................................ ............................... 14<br />

5. Fazit und weiteres Vorgehen................................ ................................ ............................. 15<br />

Anhang: ................................ ................................ ................................ ................................ ...16<br />

- Akteure <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong>................................ ................................ ................................ ...16


- 2 -<br />

1. Auftrag und Vorgehen<br />

Die Regierung des <strong>Kanton</strong>s <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> hat sich am 5. Oktober 2004 mit dem Kinder- und Jugendschutz<br />

<strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> befasst und ist dabei zu folgender Einschätzung gelangt:<br />

«Im <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> sind in den letzten Jahren verschiedene Einzelschritte zu einem wirksamen<br />

Kinderschutz unternommen und entsprechende Leistungen erbracht worden. Festzustellen<br />

ist aber, dass eine einheitliche Planung und <strong>St</strong>euerung <strong>im</strong> Kinder- und Jugendschutz fehlt<br />

und die Massnahmen nicht aufeinander abgest<strong>im</strong>mt sind. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

findet zwar in der operativen Tätigkeit und projektbezogen auf Ebene der Facheinrichtungen<br />

teilweise statt. Es gibt ein Netzwerk in der themenbezogenen Arbeit und mit unterschiedlicher<br />

Zusammensetzung, nicht jedoch eine institutionalisierte interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

auf strategischer Ebene. Angesichts der verschiedenen Einrichtungen und <strong>St</strong>ellen, die in diesem<br />

vielfältigen System aktiv sind, bildet vordringlichste Aufgabe eines Jugendhilfekonzepts<br />

die Institutionalisierung der interdisziplinären Zusammenarbeit. Vernetzung und Koordination<br />

sind wichtig, um die bestehenden Mittel und Ressourcen besser nutzen zu können.» 1<br />

Die Regierung entschied, eine Projektgruppe einzusetzen, in der alle Departemente, die Gemeinden<br />

und kantonale Institutionen vertreten sind, welche Aufgaben <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> wahrnehmen.<br />

Auftrag ist, eine Analyse der Gesamtsituation <strong>im</strong> Bereich Kinder- und Jugendschutz<br />

vorzunehmen und Vorschläge zum weiteren Vorgehen, insbesondere auch zur Schaffung<br />

regionaler interdisziplinärer Kinderschutzgruppen, in einem Bericht vorzulegen.<br />

Zusammensetzung der Projektgruppe<br />

In der Projektgruppe waren folgende staatlichen und privaten Organisationen vertreten:<br />

- Departement des Innern, <strong>Amt</strong> <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong> (Projektleitung)<br />

- Erziehungsdepartement, <strong>Amt</strong> <strong>für</strong> Volksschule<br />

- Gesundheitsdepartement, Gesundheitsvorsorge<br />

- Heilpädagogischer Dienst SG/AR/AI/GL<br />

- Justiz- und Polizeidepartement, Vormundschaftsdienst<br />

- Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

- Kinderschutzzentrum<br />

- Schulpsychologischer Dienst des <strong>Kanton</strong>s <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

- Soziale Dienste Werdenberg<br />

- <strong>St</strong>aatsanwaltschaft, Untersuchungsamt Gossau<br />

- Vereinigung <strong>St</strong>.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten<br />

Vorgehen<br />

Die Projektgruppe traf sich zu fünf Sitzungen. In einem ersten Schritt erarbeitete sie einen<br />

Überblick zu den relevanten Themen und Aufträgen <strong>im</strong> Kinder- und Jugendschutz, analysierte<br />

die <strong>St</strong>rukturen und Abläufe des <strong>Kindesschutz</strong>es <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> und stellte den Handlungsbedarf<br />

fest. Auf der Basis des vorhandenen Konzeptentwurfs zur Schaffung von regionalen<br />

interdisziplinären Kinderschutzgruppen entwickelte sie anschliessend einen Umsetzungsvorschlag,<br />

der den <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> tätigen Institutionen eine opt<strong>im</strong>ale Erfüllung ihrer Aufgaben<br />

und eine kontinuierliche Beobachtung und Weiterentwicklung des <strong>Kindesschutz</strong>es <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong><br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> ermöglichen würde.<br />

1 RRB Nr. 660, 5. Oktober 2004


- 3 -<br />

2. Kinder- und Jugendschutz: Bedeutung, rechtliche Grundlagen und<br />

<strong>St</strong>rukturen<br />

2.1. Gesellschaftliche Bedeutung<br />

Jedes Kind hat ein Recht auf die Achtung seiner Integrität und seiner Persönlichkeit. Dieses<br />

Recht wurde in der UNO-Kinderrechtskonvention verankert. Bund, <strong>Kanton</strong>e und Gemeinden<br />

sind verpflichtet alles zu tun, was in ihren jeweiligen Möglichkeiten steht, um Kinder vor Gewalt<br />

und Ausbeutung zu schützen. Im Vordergrund stehen dabei einerseits präventive und familienpolitische<br />

Massnahmen, welche die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> das gesunde Aufwachsen von<br />

Kindern gestalten, andererseits geht es um Beratungsangebote und Interventionen von privaten<br />

und staatlichen <strong>St</strong>ellen, um bereits von Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche vor weiterer<br />

Gewalt zu schützen und ihnen Hilfe anzubieten.<br />

Bericht «Kindesmisshandlung in der Schweiz» von 1992<br />

Der erste in der Schweiz zum Thema Kindesmisshandlungen veröffentlichte Bericht zuhanden<br />

des Vorstehers des Eidgenössischen Departementes des Innern zeigte 1992 den erschreckenden<br />

Umfang von Gewalt an Kindern auf. Misshandlungen, insbesondere in Form von körperlicher<br />

oder sexueller Gewalt, häufig begleitet von Vernachlässigung, sind weit verbreitet. Der<br />

Bericht verdeutlicht zudem die Schwierigkeiten, welchen die Berufsgruppen begegnen, die sich<br />

mit dem Problem der Misshandlung konfrontiert sehen. Ein grosses Problem ist, vor allem bei<br />

sehr kleinen Kindern, die Erkennung der Misshandlungsfälle. Der Bericht enthält eine ganze<br />

Reihe konkreter Empfehlungen, die sich sowohl an die <strong>Kanton</strong>s- und Bundesbehörden als auch<br />

an die betroffenen Berufsgruppen richten. In seiner <strong>St</strong>ellungnahme zum Bericht «Kindesmisshandlung<br />

in der Schweiz» bestätigte der Bundesrat 1995, dass Kindesmisshandlungen ein<br />

grosses gesellschaftliches Problem darstellen 2 .<br />

Ausmass von Kindesmisshandlungen<br />

Psychische Gewalt und Vernachlässigung zählen wohl zu den häufigsten Formen von Gewalt<br />

an Kindern. Die Anzahl der betroffenen Kinder lässt sich jedoch nicht beziffern, da zu diesem<br />

Thema keine wissenschaftlichen <strong>St</strong>udien vorliegen. Psychische Misshandlung begleitet oft andere<br />

Gewaltformen wie körperliche Misshandlung und sexuelle Ausbeutung. Bei der sexuellen<br />

Ausbeutung ist davon auszugehen, dass mindestens jedes fünfte Mädchen und jeder zehnte<br />

Knabe vor dem 18. Geburtstag zu den Opfern gehören. Eine von Halpérin et al. 1997 an 1130<br />

Genfer Jugendlichen <strong>im</strong> Alter zwischen 13 und 17 Jahren durchgeführte <strong>St</strong>udie ergab, dass<br />

33,8 Prozent der Mädchen und 10,9 Prozent der Jungen bis zum Alter von 16 Jahren missbraucht<br />

wurden, davon 60,4 Prozent der Mädchen und 30 Prozent der Jungen mit physischem<br />

Kontakt (d.h. 20,5 Prozent der befragten Mädchen und 3,3 Prozent der befragten Jungen).<br />

Während Eltern und Fachpersonen einen Missbrauch durch Fremde besonders <strong>für</strong>chten,<br />

schneller erkennen und darauf <strong>im</strong> Allgemeinen angemessen reagieren (Anzeige, Unterstützung<br />

und Begleitung <strong>für</strong> die Opfer), beträgt der Anteil dieser Fälle "lediglich" 10 Prozent. Dagegen<br />

werden 90 Prozent der sexuellen Ausbeutung von Eltern, Verwandten oder Bekannten des<br />

Kindes begangen. 3 Eine <strong>St</strong>udie zum Bestrafungsverhalten von Eltern wurde 1989/1990 und<br />

2003/2004 vom Departement <strong>für</strong> Psychologie der Universität Fribourg <strong>im</strong> Auftrag des Bundesamtes<br />

<strong>für</strong> Sozialversicherung durchgeführt. Trotz dem Trend zu weniger Gewaltanwendungen<br />

werden laut der neuen <strong>St</strong>udie in der Schweiz über 13'000 Kinder bis zum Alter von zweieinhalb<br />

Jahren geohrfeigt, fast 18'000 an den Haaren gezogen und rund 1‘700 mit Gegenständen geschlagen.<br />

Wenn auch eine klare Abnahme der Häufigkeit von Körperstrafen seit 1990 zu verzeichnen<br />

sei, würden vor allem Kleinkinder in der Schweiz <strong>im</strong>mer noch "in Besorgnis erregendem<br />

Umfang körperlich bestraft", konstatieren die Freiburger Psychologen 4 .<br />

2 Bericht Kindesmisshandlung in der Schweiz. <strong>St</strong>ellungnahme des Bundesrates vom 27. Juni 1995, Nr. 93.034<br />

3 Bundesamt <strong>für</strong> Sozialversicherung, Grundlagentext zu <strong>Kindesschutz</strong> - Kindesmisshandlung – Kinderrechte auf der<br />

Internetseite http://www.bsv.admin.ch/fam/grundlag/d/schutz.htm, eingesehen am 4.11.2005<br />

4 Bericht der Universität Fribourg vom 25.01.2005, auf der Internetseite:<br />

http://www.unifr.ch/main/news/detailD.php?nid=317, eingesehen am 4.11.2005


- 4 -<br />

Im Rahmen des Berichts «Kindesmisshandlung» gemachte Umfragen bei sozialen und medizinischen<br />

<strong>St</strong>ellen ergaben sehr unterschiedliche Fallzahlen in den <strong>Kanton</strong>en. Es wurde angenommen,<br />

dass sich in den Unterschieden das unterschiedliche psychosoziale und medizinische<br />

Versorgungssystem, der Grad der Tabuisierung des Themas und das Vorhandensein<br />

oder der Mangel an ausgebildeten Fachpersonen widerspiegle.<br />

Als Spätfolgen von Misshandlungen gelten Suizid/Suizidversuche, gewaltsame Todesfälle,<br />

Kr<strong>im</strong>inalität, Suchtkrankheiten, psychische Krankheiten und soziale Notlagen.<br />

Gemäss <strong>St</strong>atistik der Fachstelle In Via des Kinderschutzzentrums <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> kamen <strong>im</strong> Jahr<br />

2004 zu den bereits hängigen 129 Opferhilfeberatungsfällen 258 dazu. Weitere 156 Fälle wurden<br />

<strong>im</strong> Bereich "Elternnotruf" erfasst. Der grösste Teil, der in der <strong>St</strong>atistik erfassten Opfer, ist<br />

zwischen fünf und siebzehn Jahre alt. Im Schlupfhuus fanden 69 Jugendliche Schutz und Unterkunft.<br />

53 davon stammten aus dem <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>.<br />

2.2. Die wichtigsten Begriffe <strong>im</strong> Kinder- und Jugendschutz<br />

Nachfolgend werden die wichtigsten Begriffe kurz beschrieben.<br />

Kinder- und Jugendschutz<br />

Die Bundesverfassung gibt Kindern und Jugendlichen ein Recht auf besonderen Schutz ihrer<br />

Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung. Kinder- und Jugendpolitik umfasst alle<br />

Massnahmen des Kinder- und Jugendschutzes und der Kinder- und Jugendförderung. Kinderund<br />

Jugendschutz beinhaltet angemessene und aufeinander abgest<strong>im</strong>mte Massnahmen, um<br />

die physische, psychische und sexuelle Integrität und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen<br />

zu schützen sowie die Regelung von behördlichen Interventionen bei erfolgter Verletzung<br />

der Integrität. Der Kinder- und Jugendschutz umfasst den <strong>Kindesschutz</strong>, den freiwilligen und<br />

präventiven <strong>Kindesschutz</strong> und gesetzliche Jugendschutzbest<strong>im</strong>mungen.<br />

<strong>Kindesschutz</strong><br />

Unter dem Begriff «<strong>Kindesschutz</strong>» werden aufeinander abgest<strong>im</strong>mte Massnahmen verstanden,<br />

die unmittelbar zum Schutz der Integrität und der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen<br />

getroffen werden müssen. Der Begriff «<strong>Kindesschutz</strong>» umfasst auch den Schutz von Jugendlichen.<br />

Be<strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> wirken verschiedene berufliche Disziplinen wie beispielsweise Justiz<br />

(zivilrechtliche und strafrechtliche Verfahren), Sozialarbeit / Sozialpädagogik (Beratungsstellen,<br />

stationäre Einrichtungen), Psychologie (Gutachten) und Medizin (Pädiatrie, Kinder- und<br />

Jugendpsychiatrie) zusammen.<br />

Gesetzlicher Jugendschutz<br />

Dieser Begriff wird vorwiegend <strong>für</strong> gesetzliche Schutzbest<strong>im</strong>mungen verwendet, welche die<br />

Wirtschaftsfreiheit zugunsten des Schutzes der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen einschränken.<br />

Der Begriff «Jugendliche» wird dabei <strong>für</strong> alle Minderjährigen verwendet.<br />

Freiwilliger <strong>Kindesschutz</strong><br />

Der Begriff «Freiwilliger <strong>Kindesschutz</strong>» wird verwendet <strong>für</strong> Massnahmen, welche unterstützend<br />

und präventiv wirken. Im Wesentlichen sind damit die Beratungsangebote <strong>für</strong> Kinder,<br />

Jugendliche und Familien, Elternbildung und Präventionsprojekte gemeint. Diese Angebote<br />

können freiwillig genutzt werden.<br />

Kindesmisshandlung<br />

Kindesmisshandlungen sind „gewaltsame, psychische und/oder physische Schädigungen des<br />

Kindes durch Personen (Eltern, andere Erziehungsberechtigte, Dritte), Institutionen und gesellschaftliche<br />

<strong>St</strong>rukturen, die zu Verletzungen, Entwicklungshemmungen, Invalidität oder sogar


- 5 -<br />

zum Tod führen. Darunter fallen auch alle Formen der Vernachlässigung und der sexuellen<br />

Ausbeutung von Kindern durch Erwachsene.“ 5<br />

2.3. Rechtliche Grundlagen<br />

UN-Kinderrechtskonvention<br />

Die UN-Kinderrechtskonvention (abgekürzt UN-KRK) ist ein Abkommen der Vereinten Nationen<br />

(UNO). Sie hebt in 54 Artikeln die Verantwortung der <strong>St</strong>aaten <strong>für</strong> den Schutz und das Wohl<br />

Minderjähriger (Personen bis 18 Jahre) hervor. Sie verankert Rechte und Pflichten <strong>für</strong> alle Lebensbereiche<br />

von Kindern. Das Übereinkommen schützt und anerkennt Kinder als eigenständige<br />

Personen mit eigenen Zielen und eigenem Willen und fordert, dass das Wohl des Kindes<br />

bei allen Entscheidungen, die es betreffen, vorrangig berücksichtigt wird. Das Kind wird als<br />

Rechtspersönlichkeit anerkannt. Die Schweiz hat die UN-KRK am 24. Februar 1997 ratifiziert<br />

und am 26. März 1997 in Kraft treten lassen. Seither ist die UN-KRK Bestandteil der<br />

schweizerischen Rechtsordnung.<br />

Bezüglich der Misshandlung von Kindern haben die Artikel 18, 19 und 34 eine zentrale Bedeutung.<br />

Artikel 18 spricht den Eltern die pr<strong>im</strong>äre, gemeinsame Verantwortung <strong>für</strong> die Erziehung<br />

des Kindes und <strong>für</strong> die Sicherstellung von Lebensbedingungen, die <strong>für</strong> die Entwicklung des<br />

Kindes unerlässlich sind zu. Artikel 19 verpflichtet die Vertragsstaaten, alle geeigneten Gesetzgebungs-,<br />

Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmassnahmen zu treffen, um das Kind vor jeder<br />

Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung,<br />

vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschliesslich<br />

des sexuellen Missbrauchs zu schützen. Artikel 34 verlangt den Schutz des Kindes<br />

vor sämtlichen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs.<br />

Die Vertragsstaaten haben dem Kinderrechtsausschuss der UNO Berichte über Massnahmen<br />

vorzulegen, die sie zur Verwirklichung der <strong>im</strong> Übereinkommen anerkannten Rechte getroffen<br />

haben und über die erzielten Fortschritte. Ein erster Bericht wurde vom Bundesrat am<br />

1. November 2000 verabschiedet.<br />

Die Konvention schafft einen ständigen Begründungs-, Rechtfertigungs- und Innovationsdruck,<br />

dem sich die staatlichen Behörden, aber auch private Institutionen oder Einzelpersonen stellen<br />

müssen. Im <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> besteht die Absicht, die Anliegen der Kinderrechtskonvention<br />

durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen und<br />

entsprechende <strong>St</strong>rukturen zu fördern. 6<br />

Bundesverfassung<br />

Der Schutz der Kinder und Jugendlichen ist ein in der schweizerischen Bundesverfassung<br />

(SR 101; abgekürzt BV) verankertes Grundrecht.<br />

Art. 11 (Grundrecht)<br />

«Kinder- und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf<br />

Förderung ihrer Entwicklung. Sie üben ihre Rechte <strong>im</strong> Rahmen ihrer Urteilsfähigkeit aus.»<br />

Art. 67 Abs. 1 (Zuständigkeiten)<br />

«Bund und <strong>Kanton</strong>e tragen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den besonderen Förderungs- und<br />

Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung.»<br />

5 Definition aus: Arbeitsgruppe Kindesmisshandlung: Kindesmisshandlungen in der Schweiz, Schlussbericht<br />

zuhanden des Vorstehers des Eidgenössischen Departements des Innern, Bern, Juni 1992<br />

6 GR des <strong>Kanton</strong>s <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> 43.00.06


- 6 -<br />

<strong>Kanton</strong>sverfassung<br />

Die Verfassung des <strong>Kanton</strong>s <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> (sGS 111.1; abgekürzt KV) best<strong>im</strong>mt, dass die von der<br />

Bundesverfassung garantierten Grundrechte – namentlich der Anspruch von Kindern auf<br />

Schutz und Förderung - gewährleistet werden (Art. 2 Bst. e KV).<br />

Diese Best<strong>im</strong>mung ermöglicht den Erlass von entsprechenden Gesetzen und den Aufbau von<br />

zielführenden <strong>St</strong>rukturen.<br />

Schweizerisches Zivilgesetzbuch<br />

Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (SR 210; abgekürzt ZGB) – insbesondere die Art. 307 ff.<br />

ZGB - ist das wichtigste Instrument zur Umsetzung der <strong>Kindesschutz</strong>massnahmen. Es enthält<br />

verschiedene Artikel zur Verantwortung der Gesellschaft, wenn das Wohl eines Kindes von den<br />

Eltern oder seinen gesetzlichen Vertretern nicht sichergestellt werden kann oder wird. Artikel<br />

307 bis 317 sehen zum Schutz des Kindes zivilrechtliche Massnahmen vor, wenn Gefahr besteht,<br />

dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes Schaden n<strong>im</strong>mt. Der zivilrechtliche<br />

<strong>Kindesschutz</strong> ist ein taugliches Instrumentarium, um der Gefährdung von Kindern<br />

und Jugendlichen zu begegnen. Entscheide zum Schutz von Kindern und Jugendlichen werden<br />

als zivilrechtliche <strong>Kindesschutz</strong>massnahmen von den Vormundschaftsbehörden oder in eherechtlichen<br />

Verfahren (Scheidungs- Trennungs- und Eheschutzverfahren) von den Kreisgerichten<br />

verfügt.<br />

Gestützt auf Art. 317 ZGB sind die <strong>Kanton</strong>e verpflichtet, Vorschriften zum <strong>Kindesschutz</strong>, insbesondere<br />

auch zur Koordination der verschiedenen <strong>St</strong>ellen zu treffen.<br />

Schweizerisches <strong>St</strong>rafgesetzbuch<br />

Verschiedene Handlungen, welche sich gegen die sexuelle, physische, psychische Integrität<br />

der Kinder und Jugendlichen richten sind gemäss schweizerischem <strong>St</strong>rafgesetzbuch<br />

(SR 311.0; abgekürzt <strong>St</strong>GB) strafbar. Die <strong>St</strong>rafnormen dienen dem Schutz der Kinder und<br />

Jugendlichen und sollen ihnen eine ungestörte Entwicklung ermöglichen. So sollen sie<br />

insbesondere auch sexuelle Handlungen erst vollziehen, wenn sie über die dazu erforderliche<br />

Reife verfügen. <strong>St</strong>rafbar sind z.B. Körperverletzungen (Art. 122 ff. <strong>St</strong>GB), Handlungen gegen<br />

die sexuelle Integrität (Art. 187 ff. <strong>St</strong>GB), insbesondere sexuelle Handlungen mit Kindern<br />

(Art. 187 <strong>St</strong>GB) und Verbrechen und Vergehen gegen die Familie (Art. 213 ff. <strong>St</strong>GB).<br />

Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von <strong>St</strong>raftaten<br />

Aufgrund des Opferhilfegesetzes (SR 312.5; abgekürzt OHG) haben Opfer von <strong>St</strong>raftaten und<br />

deren Angehörige Anspruch auf Beratung, Information, Begleitung und Unterstützung <strong>im</strong> <strong>St</strong>rafverfahren.<br />

Die <strong>Kanton</strong>e sorgen <strong>für</strong> fachlich unabhängige Beratungsstellen. Im <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

wurde die Aufgabe der <strong>St</strong>iftung Opferhilfe übertragen. Die Opferhilfeberatung <strong>für</strong> Kinder, Jugendliche<br />

und deren Angehörige wurde <strong>im</strong> Jahr 2002 in die Fachstelle <strong>Kindesschutz</strong> In Via des<br />

Kinderschutzzentrums integriert.<br />

Durch eine Teilrevision des Opferhilfegesetzes, welche am 1. Oktober 2002 in Kraft trat, ist der<br />

Schutz von Kindern und Jugendlichen als Opfer verbessert worden. Insbesondere die Befragung<br />

von Kindern und Jugendlichen als Opfer wird stärker geregelt. Die <strong>St</strong>aatsanwaltschaft hat<br />

einen Leistungsvertrag mit den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten des <strong>Kanton</strong>s<br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>, welche als «Spezialisten» bei der Befragung von Kindern und Jugendlichen anwesend<br />

sind, abgeschlossen.<br />

Die Arbeitsgruppe «Justiz – Opferhilfe» beobachtet und reflektiert die Umsetzung der neuen<br />

gesetzlichen Best<strong>im</strong>mungen.<br />

Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und <strong>St</strong>rafprozessgesetz<br />

Der <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> verpflichtet in Artikel 50 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen<br />

Zivilgesetzbuch (sGS 911.1; abgekürzt EGzZGB) jedermann, "insbesondere Lehrer und Beamte",<br />

eine Anzeige an die Vormundschaftsbehörde zu machen, wenn „zuverlässige Kenntnis“


- 7 -<br />

davon besteht, dass das Kindeswohl gefährdet ist. Alle, die mit Kindern und Jugendlichen zu<br />

tun haben, stehen somit in der Verantwortung, bei Kenntnis von Kindesmisshandlungen zu<br />

handeln.<br />

Behörden und Beamte des <strong>St</strong>aats und der Gemeinden sind zudem, gestützt auf Art. 167 Abs. 2<br />

des <strong>St</strong>rafprozessgesetzes (sGS 962.1; abgekürzt <strong>St</strong>P), verpflichtet, bei schweren Delikten (wie<br />

z.B. Tötung, Vergewaltigung, usw.) Anzeige zu erstatten. Wie <strong>im</strong> Kapitel 3 beschrieben wird,<br />

können diese umfassenden Anzeigepflichten <strong>für</strong> die interinstitutionelle Zusammenarbeit <strong>im</strong><br />

<strong>Kindesschutz</strong> hinderlich sein.<br />

Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und kantonales Sozialhilfegesetz<br />

Bis Ende 1998 bestanden in den verschiedenen Regionen des <strong>Kanton</strong>s <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> 33 staatliche<br />

Jugendschutzkommissionen. Diese definierten ihren Auftrag regional sehr unterschiedlich. Im<br />

Rahmen der Neuregelung der Jugendhilfe durch das Sozialhilfegesetz vom 27. September<br />

1998 (sGS 381.1; abgekürzt SHG) wurden diese Kommissionen aufgehoben. Die Jugendhilfe<br />

wurde <strong>im</strong> Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch wie folgt geregelt:<br />

Art. 58bis EGzZGB:<br />

Die politische Gemeinde sorgt <strong>für</strong> eine ganzheitliche Jugendhilfe. Diese umfasst Jugendarbeit,<br />

Jugendschutz und Jugendberatung. Sie stellt die Zusammenarbeit in der Jugendhilfe nach den<br />

Best<strong>im</strong>mungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches sicher.<br />

Art. 58ter EGzZGB:<br />

Das zuständige Departement führt eine Kontaktstelle, die insbesondere die Zusammenarbeit<br />

zwischen öffentlichen und privaten Organisationen der Jugendhilfe sowie den zuständigen<br />

<strong>St</strong>ellen von <strong>St</strong>aat und Gemeinden koordiniert.<br />

Art. 58quater EGzZGB:<br />

Der <strong>St</strong>aat kann <strong>im</strong> Rahmen der durch den <strong>St</strong>aatsvoranschlag zur Verfügung gestellten Mittel<br />

<strong>St</strong>aatsbeiträge an Vorhaben der Jugendhilfe und der ausserschulischen Jugendarbeit ausrichten.<br />

Ein Rechtsanspruch besteht nicht. Er kann Mittel aus dem Lotteriefond beziehen.<br />

Weitere kantonale Gesetze und Verordnungen<br />

In verschiedenen weiteren kantonalen Gesetzen finden sich Best<strong>im</strong>mungen zum Kindes- und<br />

Jugendschutz. 7<br />

Fazit<br />

Nach Einschätzung der Projektgruppe genügen die vorhandenen rechtlichen Grundlagen<br />

grundsätzlich, um <strong>im</strong> einzelnen Misshandlungsfall einen effizienten <strong>Kindesschutz</strong> zu gewährleisten.<br />

Für die interinstitutionelle Zusammenarbeit <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> sind Anpassungen bei der<br />

Anzeige- und Schweigepflicht notwendig.<br />

Probleme in der Umsetzung des <strong>Kindesschutz</strong>es entstehen durch die Vielfältigkeit der Zuständigkeiten<br />

und der sich daraus ergebenden Umsetzungsstrukturen, die nachfolgend aufgezeigt<br />

werden. Die Aufgabenteilung zwischen <strong>Kanton</strong> und Gemeinden in der Jugendhilfe wird zwar in<br />

einem Gesetzesartikel geregelt. Ein Konzept oder Gesetz, welches die <strong>St</strong>ruktur und Organisation<br />

der Jugendhilfe, d.h. des Kinder- und Jugendschutzes und der Kinder- und Jugendförderung,<br />

gesamthaft regelt, fehlt jedoch.<br />

7 vgl. Broschüre «Kinder- und Jugendschutz <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>; Rechtliche Grundlagen und Zuständigkeiten»,<br />

<strong>Amt</strong> <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong>, elektronische Fassung auf www.soziales.sg.ch


- 8 -<br />

2.4. <strong>St</strong>rukturen des <strong>Kindesschutz</strong>es <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

Überall, wo Berufsleute mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, werden sie sich in der Ausführung<br />

ihres Kernauftrags mit Fragen des <strong>Kindesschutz</strong>es zu befassen haben. Sie können durch<br />

ihren direkten Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen erkennen, wenn das Kindeswohl gefährdet<br />

ist. Sie sind rechtlich und moralisch verpflichtet, geeignete Hilfsangebote zu vermitteln<br />

oder eine Anzeige an die Vormundschaftsbehörde zu machen.<br />

Hilfe in verschiedenen Problemsituationen und bei verschiedenen besonderen Bedürfnissen<br />

bieten die kommunalen oder regionalen Jugend-, Erziehungs- oder Familienberatungsstellen,<br />

die Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienste, die Schulpsychologischen Dienste und private<br />

Praxen an. In stationären sozialpädagogischen oder psychiatrischen Einrichtungen werden<br />

Kinder und Jugendliche aufgrund verschiedener sozialer oder psychischer Schwierigkeiten<br />

betreut, unterstützt und gefördert.<br />

Die Vormundschaftsbehörden bzw. in eherechtlichen Verfahren die Gerichte sind beauftragt,<br />

geeignete Massnahmen <strong>für</strong> den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu ergreifen. Die <strong>St</strong>rafbehörden<br />

führen die <strong>St</strong>rafuntersuchung durch und verfolgen die <strong>St</strong>raftäter. Sie sorgen <strong>für</strong> ein<br />

faires Verfahren und <strong>für</strong> die Berücksichtigung der Rechte der Opfer. Um jugendliche Täter und<br />

Täterinnen kümmert sich die Jugendanwaltschaft.<br />

Als spezialisierte <strong>St</strong>elle ist das Kinderschutzzentrum zuständig <strong>für</strong> akuten und präventiven<br />

Schutz, <strong>für</strong> die Beratung und Information bei drohender oder erlebter Gewalt, <strong>für</strong> Krisenintervention<br />

und Unterkunft rund um die Uhr und <strong>für</strong> die Unterstützung von Fachpersonen mittels<br />

Schulung, Weiterbildung und Fachberatung.<br />

In den bereits bestehenden Kinderschutzgruppen in Flawil und <strong>im</strong> Linthgebiet wird das Fachwissen<br />

verschiedener involvierten beruflichen Disziplinen in <strong>Kindesschutz</strong>fragen genutzt.<br />

Über eine von der Projektgruppe erarbeitete Übersicht der Akteure, deren Aufträge und die<br />

rechtlichen Grundlagen, gibt der Anhang Auskunft.<br />

Die Aufstellung zeigt, dass <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> kommunale und kantonale <strong>St</strong>ellen und Behörden,<br />

staatliche und private Institutionen und Privatpraxen zusammenwirken.<br />

3. <strong>St</strong>and der Umsetzung und Beurteilung<br />

3.1. Erkennen von Kindesmisshandlungen<br />

Fachpersonen, die regelmässig mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, haben oft einen diffusen<br />

Verdacht oder Wahrnehmungen, die auf eine Kindesmisshandlung hinweisen könnten. Die<br />

Unsicherheit <strong>im</strong> Umgang mit solchen Beobachtungen führt dazu, dass ein grosser Teil von Kindesmisshandlungen<br />

in allen Formen auch heute noch nicht erkannt oder gemeldet wird und<br />

keine adäquate Hilfe erbracht werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass das Thema noch<br />

<strong>im</strong>mer stark tabuisiert wird.<br />

Damit ein Verdacht richtig eingeschätzt und ein koordiniertes Vorgehen unter Einbezug von<br />

sozialen, therapeutischen, medizinischen und rechtlichen Gesichtspunkten geplant werden<br />

kann, benötigt das Umfeld der betroffenen Kinder und Jugendlichen professionelle Unterstützung.<br />

Fachwissen ist in unserem <strong>Kanton</strong> vorhanden. Es fehlen jedoch die interinstitutionelle<br />

Verknüpfung und ein einfacher und gezielter Zugang zu diesem Know-how <strong>für</strong> alle, die mit<br />

Kindern und Jugendlichen arbeiten.


- 9 -<br />

3.2. Spezialisierte Angebote <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong><br />

Spezialisierter <strong>Kindesschutz</strong>: Kinderschutzzentrum<br />

<strong>Kindesschutz</strong> benötigt spezielles Fachwissen. Zum spezialisierten <strong>Kindesschutz</strong> gehören Interventionen<br />

in akuten Situationen, die Unterstützung von Fachpersonen in Verdachtssituationen<br />

und deren Schulung und Weiterbildung. Aufgrund der sensiblen Thematik muss der spezialisierte<br />

<strong>Kindesschutz</strong> auch anonyme Beratungen ermöglichen. Mit dem Kinderschutzzentrum<br />

verfügt der <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> über eine Institution, die über spezifisches Fachwissen, Kompetenzen<br />

in Intervention, Schulung und spezifischer Prävention verfügt und hohe Anonymität gewährleisten<br />

kann. Kinder und Jugendliche können in Notsituationen rund um die Uhr be<strong>im</strong> Kinder-<br />

und Jugendnotruf des Kinderschutzzentrums Hilfe holen. Bei einer akuten Gefährdung von<br />

Kindern und Jugendlichen ist jederzeit – auch nachts und an den Wochenenden - eine Notunterbringung<br />

<strong>im</strong> «Schlupfhuus» des Kinderschutzzentrums möglich. Grundlage <strong>für</strong> die Tätigkeiten<br />

des Kinderschutzzentrums ist der Grossratsbeschluss über den <strong>St</strong>aatsbeitrag an das<br />

Kinderschutzzentrum vom 18. April 2001 (sGS 325.919).<br />

Das Kinderschutzzentrum führt Kriseninterventionen durch, stabilisiert die Situation und bietet<br />

Opferhilfeberatung an. Aufgabe der Gemeinde ist die psychosoziale Beratung von Kindern,<br />

Jugendlichen und Eltern.<br />

Interdisziplinäre Kinderschutzgruppen<br />

Eine aktive interdisziplinäre Kinderschutzgruppe hat die Gemeinde Flawil. Diese Kinderschutzgruppe<br />

bietet Kriseninterventionen, Beratungen von Fachpersonen und Privaten und Sensibilisierungsarbeit<br />

in Schulen an.<br />

Im Linthgebiet ist seit längerer Zeit informell, ohne eigentlichen Auftrag, eine Kinderschutzgruppe<br />

tätig. Daraus hervorgegangen ist <strong>im</strong> Frühling 2005 eine vom Zweckverband Soziale<br />

Dienste Linthgebiet eingesetzte Kinderschutzgruppe. Sie hat ihre Tätigkeit <strong>im</strong> Rahmen einer<br />

zweijährigen Pilotphase aufgenommen. In der Kinderschutzgruppe Linthgebiet arbeiten Fachpersonen<br />

aus dem Zuständigkeitsgebiet der Gemeinden und der Kinder- und Jugendpsychiatrische<br />

Dienst mit. Weitere kantonale Dienste und Selbständigerwerbende wirken aus finanziellen<br />

Gründen nicht in der Kinderschutzgruppe Linthgebiet mit. Die <strong>St</strong>ellen und Institutionen<br />

haben ihre Mitarbeit <strong>im</strong> Rahmen von bestehenden Ressourcen <strong>für</strong> lediglich zwei Jahre zugesichert.<br />

3.3. Zusammenwirken kommunaler und kantonaler Angebote in der Region<br />

Erziehungs-, Familien- und Jugendberatung wird von polyvalenten Beratungsstellen, Erziehungs-<br />

und Familienberatungsstellen und / oder Jugendberatungsstellen angeboten. Die <strong>St</strong>ellen<br />

werden <strong>im</strong> Rahmen der ganzheitlichen Jugendhilfe von den Gemeinden getragen. Insgesamt<br />

68 Gemeinden bilden als Zweckverbände oder Vereine die Trägerschaften <strong>für</strong> 15 regionale<br />

soziale Fachstellen. Ein grosser Teil der Gemeinden arbeitet demnach regional zusammen.<br />

Sechs grössere Gemeinden, inkl. der <strong>St</strong>adt <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>, führen Beratungsangebote kommunal.<br />

8<br />

Jede Region organisiert sich selber. Die Angebote und die Zusammenarbeit zwischen den<br />

Gemeinden und den kantonalen Diensten sind daher unterschiedlich. Es existieren keine verbindlichen<br />

Kriterien, an denen sich das Engagement <strong>im</strong> freiwilligen Kinder- und Jugendschutz<br />

misst. Die Koordination ist heute noch ungenügend.<br />

Einige kantonal organisierte Dienste und Institutionen arbeiten in Regional- oder Zweigstellen<br />

in den Regionen des <strong>Kanton</strong>s <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>. Die Regioneneinteilungen der verschiedenen Dienste<br />

st<strong>im</strong>men nicht überein. Die nachfolgende Tabelle listet die Dienststellen und ihre Regionen auf:<br />

8 Alle Angaben basieren auf dem aktuellen Informationsstand der Jugendkoordinationsstelle des <strong>Amt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong>.<br />

<strong>St</strong>euerung, Planung und systematische Erfassung der Angebote <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> bestehen nicht.


- 10 -<br />

Schulpsychologischer Dienst des <strong>Kanton</strong>s<br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

Schulpsychologischer Dienst der <strong>St</strong>adt<br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste<br />

Heilpädagogischer Dienst<br />

Zweigstellen in Rorschach, Rebstein,<br />

Sargans, Rapperswil-Jona, Lichtensteig,<br />

Wil, Gossau<br />

<strong>St</strong>adt <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

Zweigstellen in <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>, Heerbrugg,<br />

Sargans, Uznach, Wattwil, Wil<br />

Zweigstellen<br />

- Ziegelbrücke (Regionen See-Gaster und Werdenberg-Sarganserland)<br />

- <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> (Regionen <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>, Rorschach und<br />

Rheintal) und Herisau (Regionen Wil und Toggenburg)<br />

Regionale interdisziplinäre Kinderschutzgruppen<br />

In <strong>Kindesschutz</strong>fällen sind meistens mehrere Institutionen und <strong>St</strong>ellen mit eigenem Auftrag und<br />

spezifischem Know-how involviert.<br />

Um das Vorgehen zu planen und die psychologischen, sozialen, pädagogischen, medizinischen<br />

und juristischen Aspekte beachten zu können, sind in einigen Regionen des <strong>Kanton</strong>s<br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> seit Ende der neunziger Jahre Bestrebungen <strong>im</strong> Gange, interdisziplinäre Kinderschutzgruppen<br />

aufzubauen. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Regionen treffen sich<br />

dazu regelmässig zu einem informellen Austausch. An diesen Sitzungen wurde festgestellt,<br />

dass es schwierig ist, regionale Kinderschutzgruppen aufzubauen, weil keine der Institutionen<br />

dazu einen spezifischen Auftrag hat. In einigen Regionen wurden deshalb solche Bestrebungen<br />

sistiert. Ein flächendeckendes Angebot, bei dem kommunale und kantonale <strong>St</strong>ellen zusammenwirken<br />

sollen, kann nur in einer kantonalen Lösung erfolgreich aufgebaut werden.<br />

Beispiel <strong>für</strong> die Arbeit einer interdisziplinären Kinderschutzgruppe<br />

Ein Hausarzt wendet sich mit der Frage an die regionale interdisziplinäre Kinderschutzgruppe,<br />

wie er sich verhalten soll. Er habe ein Mädchen in Behandlung, welches in seiner Entwicklung<br />

sehr zurück sei. Er habe den Eindruck, dass das Kind nicht gut oder nicht richtig ernährt werde<br />

und einen verwahrlosten Eindruck mache. Das Mädchen habe ihm erzählt, dass es grosse<br />

Schwierigkeiten in der Schule habe, weil es sich nicht konzentrieren könne. Dem Arzt ist schon<br />

von anderen Patienten zugetragen worden, dass es in der Familie des Mädchens drunter und<br />

drüber gehe und die Kinder <strong>im</strong>mer wieder laut schreien würden. Vor kurzem kam das Mädchen<br />

zusammen mit der Lehrerin in die Praxis, weil es auf dem Pausenplatz gestürzt war und sich<br />

verletzt hatte.<br />

Der Arzt erhält von der Kinderschutzgruppe die Bestätigung, dass von einer Gefährdung des<br />

Mädchens ausgegangen werden muss. Er wird auch dahingehend informiert, dass jedermann<br />

– auch Ärzte – bei einer Gefährdung des Kindeswohls eine Meldung an die Vormundschaftsbehörden<br />

machen müssen. Der Arzt wendet sich nach der Besprechung in der Kinderschutzgruppe<br />

an die Lehrerin des Mädchens, um sich ein breiteres Bild der Familiensituation zu machen.<br />

So erfährt er, dass der Schule bekannt ist, dass es dem Mädchen nicht gut geht. Er hört<br />

auch, dass die Vormundschaftsbehörde bereits informiert ist und der Kinder- und Jugendpsychiatrische<br />

Dienst zur Abklärung des Mädchens beigezogen worden ist. Der Arzt meldet<br />

seine Beobachtungen der zuständigen Vormundschaftsbehörde, welche zu prüfen hat, welche<br />

<strong>Kindesschutz</strong>massnahmen zu treffen sind.


- 11 -<br />

3.4. <strong>St</strong>andardisierung des Verfahrens<br />

Leitfaden<br />

Eine grosse Hilfe <strong>für</strong> Fachpersonen, welche mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ist der von<br />

der Kommission <strong>für</strong> <strong>Kindesschutz</strong> des <strong>Kanton</strong>s Zürich <strong>im</strong> Jahre 2000 erarbeitete Leitfaden zur<br />

<strong>St</strong>andardisierung des Verfahrens in Fällen von Kindesmisshandlung 9 . Der <strong>Kanton</strong> Zürich würde<br />

dem <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> den Leitfaden zur Verfügung stellen damit er, auf <strong>St</strong>.Galler Verhältnisse<br />

angepasst werden könnte. Die <strong>St</strong>andardisierung des Verfahrens müsste jedoch durch die involvierten<br />

Instanzen (Beratung, Vormundschaftswesen, <strong>St</strong>rafbehörden) besprochen und es<br />

müsste über dessen Anwendung und mögliche Anpassungen verbindlich entschieden werden.<br />

Dazu fehlen derzeit die <strong>St</strong>rukturen.<br />

<strong>St</strong>andardisierte Erstbefragung STEB<br />

Im Jahr 2004 haben sich auf Einladung des Kinderschutzzentrums Vertreter und Vertreterinnen<br />

von sozialen Beratungsstellen, des Vormundschaftswesens, von kantonalen Diensten (Schulpsychologischer<br />

Dienst, Heilpädagogischer Dienst, Kinder- und jugendpsychiatrische Dienste)<br />

und Untersuchungsämtern zu zwei Sitzungen getroffen, um die Einführung der standardisierten<br />

Erstbefragung, kurz STEB, zu diskutieren. Bei der STEB geht es darum, in<br />

Verdachtssituationen mit einer Videobefragung durch eine speziell ausgebildete Fachperson<br />

Entscheidungsgrundlagen zu erhalten und Beweise <strong>für</strong> ein allfälliges späteres <strong>St</strong>rafverfahren<br />

zu sichern. Mit der standardisierten Erstbefragung können Zielkonflikte zwischen <strong>Kindesschutz</strong><br />

und Täterverfolgung vermindert werden. Ein Konzeptvorschlag «STEB – <strong>St</strong>andardisierte<br />

Erstbefragung» wurde der Projektgruppe «Kinder- und Jugendschutz» <strong>im</strong> April 2005 zugestellt,<br />

damit auch dieses Thema <strong>im</strong> Gesamtzusammenhang des <strong>Kindesschutz</strong>es geprüft werden<br />

kann.<br />

Beispiel <strong>für</strong> den Einsatz von STEB<br />

Ein vierjähriges Mädchen macht gegenüber seiner Mutter Äusserungen, die auf eine sexuelle<br />

Ausbeutung durch den Vater während den Besuchswochenenden hindeuten können. Die Mutter<br />

wendet sich an die Vormundschaftsbehörde. Diese wiederum zieht <strong>für</strong> die weiteren Abklärungen<br />

und die Beratung der Mutter die Fachstelle In Via des Kinderschutzzentrums bei. Die<br />

Vormundschaftsbehörde und die Fachstelle In Via sind unschlüssig, wie die geschilderten bildhaften<br />

Aussagen des Mädchens zu verstehen sind. Die Vormundschaftsbehörde beauftragt ein<br />

forensisches Institut in einem anderen <strong>Kanton</strong>, eine <strong>St</strong>andardisierte Erstbefragung STEB<br />

durchzuführen. Eine speziell ausgebildete Fachperson befragt das Mädchen altersgerecht. Die<br />

Aussagen des Mädchens werden auf Videoband festgehalten.<br />

Das Mädchen wiederholt bei der Befragung seine Aussagen. Der Verdacht, dass es sich um<br />

ein schweres Delikt – sexuelle Handlungen mit einem Kind – handelt, erhärtet sich. Aufgrund<br />

der Resultate der STEB-Befragung macht die Vormundschaftsbehörde eine <strong>St</strong>rafanzeige. Den<br />

Untersuchungsbehörden wird das Videoband der STEB-Befragung als Beweismittel zur Verfügung<br />

gestellt. Die Vormundschaftsbehörde und die Fachstelle In Via planen in Zusammenarbeit<br />

den Schutz <strong>für</strong> das Mädchen und die psychosoziale Hilfe <strong>für</strong> Tochter und Mutter. Sie orientieren<br />

sich am Wohl des Kindes und müssen nicht be<strong>für</strong>chten, dass ihnen eine Beeinflussung des<br />

Kindes vorgeworfen wird, welche sich negativ auf das <strong>St</strong>rafverfahren auswirken würde.<br />

3.5. Anzeige- und <strong>St</strong>rafverfolgungspflichten<br />

Verschiedene kantonale Best<strong>im</strong>mungen erschweren bzw. verunmöglichen die Zusage der Vertraulichkeit<br />

gegenüber den Fachpersonen, die bei den Kinderschutzgruppen um Unterstützung<br />

9 Leitfaden zur <strong>St</strong>andardisierung des Verfahrens in Fällen von Kindesmisshandlung, Kommission <strong>für</strong> <strong>Kindesschutz</strong><br />

<strong>Kanton</strong> Zürich, vierte vollständig überarbeitete Auflage 2004


- 12 -<br />

ersuchen. Alle Mitglieder der Kinderschutzgruppen unterstehen gemäss Art 50 EGzZGB der<br />

Anzeigepflicht an die Vormundschaftsbehörde. Mitglieder der Kinderschutzgruppen, die<br />

Beamte oder Behördenmitglied sind, sind zudem gemäss Art. 167 Abs. 2 <strong>St</strong>P bei gewissen<br />

schweren Delikten, z.B. schwerer Körperverletzung oder schweren Sexualdelikten, zur Anzeige<br />

an die <strong>St</strong>rafverfolgungsbehörden verpflichtet. Sind Mitarbeiter der <strong>St</strong>aatsanwaltschaft und der<br />

Polizei als Mitglieder der Kinderschutzgruppen tätig, so unterstehen diese zusätzlich der<br />

<strong>St</strong>rafverfolgungspflicht gemäss Art. 61 <strong>St</strong>P.<br />

Die Anzeigepflicht an die <strong>St</strong>rafverfolgungsbehörden gemäss Art. 167 Abs. 2 <strong>St</strong>P trifft auch die<br />

Vormundschaftsbehörden, die gestützt auf Art 50 EGzZGB von einem schweren Delikt Kenntnis<br />

erhalten.<br />

Von den Anzeigepflichten ausgenommen sind gestützt auf Art. 4 OHG lediglich Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter des Kinderschutzzentrums und der Beratungsstelle Opferhilfe <strong>im</strong> Rahmen<br />

der Opferhilfeberatungen.<br />

In der derzeitig laufenden Revision des <strong>St</strong>rafprozessgesetzes wird eine Ergänzung von Art. 167<br />

Abs. 3 <strong>St</strong>P vorgeschlagen, die das zuständige Departement (das Justiz- und Polizeidepartement)<br />

ermächtigt, Behördenmitglieder und Beamte von der Anzeigepflicht zu befreien. Dies<br />

allerdings nur <strong>im</strong> Einzelfall und aufgrund einer Abwägung der auf dem Spiel stehenden schutzwürdigen<br />

privaten Interessen gegenüber den Interessen der <strong>St</strong>rafrechtspflege. An den Grundsätzen<br />

der Anzeigepflicht wird festgehalten. Eine generelle Entbindung von allen Anzeige- und<br />

Verfolgungspflichten <strong>für</strong> Mitglieder der Kinderschutzgruppen sieht diese Best<strong>im</strong>mung zurzeit<br />

nicht vor.<br />

Damit interdisziplinäre Kinderschutzgruppen ihre unterstützende Funktion <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong><br />

wahrnehmen können, ist es wichtig, dass deren Mitglieder keinerlei Anzeige- und <strong>St</strong>rafverfolgungspflichten<br />

unterliegen mit Bezug auf alle Informationen, die sie in ihrer Tätigkeit <strong>für</strong> die<br />

Kinderschutzgruppen erhalten. Kinderschutzgruppen müssen garantieren können, dass alle<br />

Informationen vertraulich behandelt werden. Sie unterstützen die fallführenden Fachpersonen,<br />

damit diese ihre Verantwortung übernehmen können. Es muss daher gesetzlich so geregelt<br />

werden, dass die Mitglieder von Kinderschutzgruppen in Bezug auf Kenntnisse aus ihrer Tätigkeit<br />

<strong>für</strong> die Kinderschutzgruppen, keinerlei Anzeige- und <strong>St</strong>rafverfolgungspflichten unterliegen.<br />

Dazu sind die entsprechenden Best<strong>im</strong>mung (Art. 50 EGzZGB, 61 und 167 <strong>St</strong>P) entsprechend<br />

anzupassen bzw. entsprechende Ausnahmen gesetzlich festzuschreiben.<br />

3.6. Koordination und Vernetzung<br />

Das Departement des Innern führt eine Kontaktstelle, die insbesondere die Zusammenarbeit<br />

zwischen öffentlichen und privaten Organisationen der Jugendhilfe sowie den zuständigen<br />

<strong>St</strong>ellen von <strong>St</strong>aat und Gemeinden koordiniert. Für die Koordination <strong>im</strong> Bereich des Kinder- und<br />

Jugendschutzes stehen bei der Jugendkoordinationsstelle des <strong>Amt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong> seit August<br />

2002 55 <strong>St</strong>ellenprozente zur Verfügung.<br />

Das <strong>Amt</strong> <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong> erarbeitet einen Überblick über Akteure und Aktivitäten <strong>im</strong> Kinder- und<br />

Jugendschutz und setzte erste vernetzende Handlungsansätze um. Mit der Herausgabe der<br />

Broschüre «Kinder- und Jugendschutz <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>; Rechtliche Grundlagen und Zuständigkeiten»<br />

etablierte sich auf Initiative des <strong>Amt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong> eine regelmässige interinstitutionelle<br />

Zusammenarbeit. Auf <strong>St</strong>ufe Gemeinden initiierte die Jugendkoordinationsstelle den<br />

Aufbau eines Netzwerks «Kontaktstellen Kinder- und Jugendschutz». Zusammen mit dem Kinderschutzzentrum<br />

erarbeitete sie einen Konzeptentwurf zur Schaffung von regionalen interdisziplinären<br />

Kinderschutzgruppen, der eine der Grundlagen des vorliegenden Berichts bildet.<br />

Über die geknüpften Kontakte informiert die Jugendkoordinationsstelle regelmässig über Aktivitäten<br />

und Hintergründe <strong>im</strong> Kinder- und Jugendschutz und bearbeitet fachliche Themen.


- 13 -<br />

Für verschiedene anstehende Themen werden in der Regel auf Initiative von Fachpersonen<br />

Arbeitsgruppen gebildet. So gibt es eine Arbeitsgruppe, welche die Umsetzung von neuen Opferhilfe-Best<strong>im</strong>mungen<br />

<strong>für</strong> die Befragung von Kindern beobachtet. Eine andere Arbeitsgruppe<br />

hat ein Konzept <strong>für</strong> die standardisierte Erstbefragung STEB erarbeitet, verschiedene Regionen<br />

trafen sich zu einem informellen Treffen von Kinderschutzgruppen. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit<br />

und Kooperation ist bei allen Beteiligten gross. Es existiert aber <strong>für</strong> die Akteure <strong>im</strong><br />

<strong>Kindesschutz</strong> keine Vereinbarung zur interdisziplinären Zusammenarbeit und die Koordination<br />

basiert nicht auf einer verbindlichen Grundlage. Die Klärung von Zielkonflikten und die Erarbeitung<br />

einer gemeinsamen Haltung, einer unité de doctrine, zum Wohle der betroffenen Kinder<br />

wird dadurch erschwert.<br />

3.7. Zusammenfassende Beurteilung der Situation <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong><br />

<strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

<strong>St</strong>ärken<br />

Im <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> bestehen verschiedene Institutionen, welche professionelle Hilfe bei Kindesmisshandlungen,<br />

d.h. Krisenintervention, Beratung, Betreuung und Therapie anbieten. Mit<br />

dem Kinderschutzzentrum gibt es eine spezialisierte Institution <strong>für</strong> den akuten und präventiven<br />

Schutz von gewaltbetroffenen oder gefährdeten Kindern und Jugendlichen.<br />

Die Jugendkoordinationsstelle des <strong>Amt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong> hat erste wichtige Schritte zu einer koordinierten<br />

und vernetzten Zusammenarbeit möglich gemacht und ist dabei auf grosse Bereitschaft<br />

zur Zusammenarbeit gestossen.<br />

Kriseninterventionen sind <strong>im</strong> Kinderschutzzentrum, <strong>im</strong> Kinderspital und <strong>im</strong> Schulbereich durch<br />

die Kriseninterventionsgruppe des Schulpsychologischen Dienstes rund um die Uhr möglich.<br />

Die Gemeinde Flawil hat eine funktionierende Kinderschutzgruppe. Weitere Erfahrungen können<br />

in der Pilotphase der Kinderschutzgruppe Linthgebiet gemacht werden.<br />

Schwächen<br />

In <strong>Kindesschutz</strong>fällen wird oft aus Unsicherheit weggeschaut oder aus Betroffenheit oder Angst<br />

vor Verantwortlichkeitsansprüchen vorschnell und unreflektiert gehandelt. Beide Verhaltensweisen<br />

dienen nicht dem Kindeswohl und verursachen viel Leid und hohe Folgekosten <strong>im</strong> Sozial-<br />

und Gesundheitswesen. Nur wenn reflektiert gehandelt wird und die verschiedenen Hilfsmassnahmen<br />

aufeinander abgest<strong>im</strong>mt sind, kann die Situation von betroffenen Kindern verbessert<br />

werden.<br />

Ein Jugendgesetz, welches die Angebote der Jugendhilfe regelt, gibt es <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />

nicht. Die verschiedenen Zuständigkeiten von Gemeinden und mehreren kantonalen Departementen<br />

führen zu einer verwirrenden Vielfalt. Zuständigkeiten und Schnittstellen müssen daher<br />

zwischen den Institutionen <strong>im</strong>mer wieder neu geklärt werden. Die vorhandenen Ressourcen<br />

können nicht gezielt eingesetzt werden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit gehört nicht zum<br />

Kernauftrag der Institutionen und <strong>St</strong>ellen und <strong>für</strong> verbindliche, koordinierende Aufträge fehlt<br />

eine <strong>St</strong>ruktur.<br />

Beispiel <strong>für</strong> die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit<br />

Ein 15-Jähriger wird vom Freund der Mutter so stark geschlagen, dass er Verletzungen erleidet.<br />

Die Mutter macht eine <strong>St</strong>rafanzeige und wird von der Polizei zur Opferhilfeberatung an die<br />

Fachstelle In Via des Kinderschutzzentrums verwiesen. Der Mutter steht <strong>für</strong> die Erziehung ihrer<br />

beiden Kinder bereits eine Beiständin zur Seite. Mutter und Sohn werden von einem Berater<br />

der Fachstelle In Via beraten. Dem Sohn wird eine Therapie vermittelt.


- 14 -<br />

In der Beratung erfährt der Berater von In Via, dass der Sohn sexuelle Übergriffe auf seine jüngere<br />

Schwester macht. Um Rollenkonflikte zu vermeiden, übern<strong>im</strong>mt eine andere Beraterin von<br />

In Via die Beratung von Mutter und Tochter. Die Mutter ist mit einer Meldung an die Beiständin<br />

einverstanden. Die Beiständin macht eine <strong>St</strong>rafanzeige. Die <strong>St</strong>rafuntersuchung wird von der<br />

Jugendanwaltschaft durchgeführt.<br />

Inzwischen befassen sich 20 Fachpersonen mit der Fallsituation. Die Mutter rennt von Termin<br />

zu Termin und steht am Rande eines Zusammenbruchs. Die Fachstelle In Via beruft eine<br />

Helferinnenkonferenz ein, um das Hilfssystem zu verkleinern und die Fallführung zu klären.<br />

Weil spezifische Aufträge fehlten und aufgrund der verschiednen Finanzierungsarten der verschiedenen<br />

kantonalen Dienste (Fall- oder zeitbezogene Finanzierungen, Aufteilung auf verschiedene<br />

Kostenträger) ist die Institutionalisierung von Kinderschutzgruppen in den Regionen<br />

weitgehend gescheitert.<br />

Um den verschiedenen Fachpersonen das Mitwirken in Kinderschutzgruppen zu ermöglichen,<br />

ist es notwendig, gesetzliche Anpassungen bei der Anzeigepflicht vorzunehmen.<br />

4. Entwicklung in der Schweiz<br />

Die Empfehlungen des Bundesrates in der <strong>St</strong>ellungnahme zum Bericht «Kindesmisshandlungen<br />

in der Schweiz» 10 bildeten 1995 die Ausgangslage <strong>für</strong> viele <strong>Kanton</strong>e, sich mit der<br />

Verbesserung des <strong>Kindesschutz</strong>es zu befassen. An regelmässigen Sitzungen von Vertreterinnen<br />

und Vertretern von fast allen Deutschschweizer <strong>Kanton</strong>en werden Erfahrungen ausgetauscht<br />

und Konzepte, Berichte und Arbeitspapiere zum <strong>Kindesschutz</strong> zur Verfügung gestellt.<br />

Die meisten <strong>Kanton</strong>e stellten ähnlichen Handlungsbedarf fest: Die Notwendigkeit einer verstärkten<br />

interdisziplinären Zusammenarbeit, die Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit, um<br />

Kindesmisshandlungen zu erkennen, und die Bedeutung der Unterstützung von Fachpersonen,<br />

welche mit unklaren Verdachtssituationen konfrontiert sind.<br />

Was tun die anderen <strong>Kanton</strong>e<br />

Die <strong>Kanton</strong>e Zürich, Bern, Graubünden, Aargau und Wallis haben eine Kinderschutzkommission<br />

eingesetzt. In diesen Fachkommissionen arbeiten Vertreter und Vertreterinnen des Vormundschaftswesens,<br />

der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Kinderspitäler, der Schulpsychologie,<br />

von Fachstellen <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong>, der Justiz und von verschiedenen kantonalen Departementen<br />

mit. Die Kommissionen haben <strong>im</strong> Wesentlichen den Auftrag, die Entwicklungen <strong>im</strong><br />

<strong>Kindesschutz</strong> zu beobachten, Empfehlungen zuhanden von Departementen oder Regierung zu<br />

erarbeiten, Vollzugsdefizite zu ermitteln und Verfahren, Massnahmen und Angebote departementsübergreifend<br />

zu koordinieren. Im <strong>Kanton</strong> Solothurn wurde der Auftrag der kantonalen<br />

Jugendkommission um Aufgaben <strong>im</strong> Kinder- und Jugendschutz erweitert und die Kommission<br />

neu zusammengesetzt.<br />

Im <strong>Kanton</strong> Basel-<strong>St</strong>adt wurde nach einer Projektphase ein Netzwerk <strong>Kindesschutz</strong> eingesetzt.<br />

Dieses Netzwerk wird gebildet durch neun Anlaufstellen <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong>: Dem Universitäts-<br />

Kinderspital beider Basel, der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Universitätsklinik, dem<br />

Schulärztlichen Dienst, dem Heilpädagogischen Dienst, dem Schulpsychologischen Dienst, der<br />

Abteilung Kindes- und Jugendschutz der Vormundschaftsbehörde, der Opferhilfeberatungsstelle<br />

<strong>für</strong> gewaltbetroffene Kinder und Jugendliche und der Erziehungs- und Familienberatung.<br />

Das Netzwerk stellt den Fachpersonen <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> verschiedene Angebote zur Verfügung;<br />

eine interdisziplinäre und interinstitutionelle Kinderschutzgruppe (KSG), standardisierte<br />

10 Bericht Kindesmisshandlung in der Schweiz. <strong>St</strong>ellungnahme des Bundesrates vom 27. Juni 1995, Nr. 93.034


- 15 -<br />

Erstbefragungen <strong>im</strong> zivilrechtlichen Rahmen (STEB), Weiterbildungen sowie regelmässige<br />

Informations- und Austauschveranstaltungen.<br />

Für die Unterstützung von Fachpersonen in <strong>Kindesschutz</strong>fällen, insbesondere in Verdachtssituationen,<br />

haben die <strong>Kanton</strong>e Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Land, Basel-<strong>St</strong>adt,<br />

Bern, Glarus, Graubünden, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Unterwalden, Uri, Zug<br />

und Zürich interdisziplinäre Kinderschutzgruppen aufgebaut. Die Konzepte dieser Kinderschutzgruppen<br />

unterscheiden sich und bilden die jeweiligen kantonalen Gegebenheiten ab.<br />

Kernauftrag der interdisziplinären Kinderschutzgruppen sind die interdisziplinären Fallbesprechungen<br />

und die Unterstützung der fallführenden Fachpersonen. In kleineren <strong>Kanton</strong>en nehmen<br />

die Kinderschutzgruppen auch Vernetzungs- und Koordinationsaufgaben wahr oder übernehmen<br />

als Fachstelle auch die Verantwortung <strong>für</strong> die Einleitung von Massnahmen.<br />

Im <strong>Kanton</strong> Appenzell Ausserrhoden besteht seit Januar 2001 unter der Trägerschaft des <strong>Kanton</strong>s<br />

eine Kinderschutzgruppe. Die Kinderschutzgruppe besteht aus sechs Fachpersonen aus<br />

den Fachbereichen Soziale Dienste, Pädiatrie, Kinderpsychologie, Kinderpsychiatrie, <strong>St</strong>rafverfolgungsbehörden<br />

und Erziehungsberatung. Das Konzept der Kinderschutzgruppe Appenzell<br />

Ausserrhoden vom August 2000 diente unter anderem als Grundlage <strong>für</strong> die Erarbeitung eines<br />

Konzeptes «regionale interdisziplinäre Kinderschutzgruppen» <strong>für</strong> den <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>.<br />

Im Rahmen von Massnahmen zur Verbesserung des <strong>Kindesschutz</strong>es haben einige <strong>Kanton</strong>e in<br />

den letzten Jahren spezialisierte Fachstellen <strong>für</strong> den <strong>Kindesschutz</strong> eingerichtet. Diese Fachstellen<br />

ergänzen die Angebote der Erziehungs- und Familienberatung. Sie arbeiten in der Regel<br />

eng mit den interdisziplinären Kinderschutzgruppen zusammen.<br />

5. Fazit und weiteres Vorgehen<br />

Vorrangiges Ziel aller Massnahmen <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> ist es, Gewalt an Kindern zu vermeiden,<br />

frühzeitig zu erkennen und betroffenen Kindern und Jugendlichen mit der gebotenen Sorgfalt<br />

und Achtung professionell zu helfen. Die vorhandenen rechtlichen Grundlagen genügen grundsätzlich,<br />

um einen effizienten Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten. Die dazu in Art. 317<br />

ZGB geforderte Zusammenarbeit in der Jugendhilfe ist <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> nach Einschätzung<br />

der Projektgruppe nicht gegeben. Zwar ist vielfältiges Fachwissen vorhanden und sind einige<br />

wichtige Massnahmen bereits ergriffen worden, um den Schutz von Kindern zu verbessern.<br />

Diese Massnahmen genügen aber nicht. Insbesondere ist es notwendig, die einzelnen Massnahmen<br />

kontinuierlich aufeinander abzust<strong>im</strong>men und die Verfahren und Abläufe <strong>im</strong><br />

<strong>Kindesschutz</strong> in einer verbindlichen, institutionalisierten Zusammenarbeit aller Akteure zu regeln.<br />

Unter diesen Voraussetzungen wäre es auch möglich, einen Leitfaden <strong>für</strong> <strong>Kindesschutz</strong>verfahren<br />

zu erarbeiten und herauszugeben.<br />

Die Projektgruppe ist zum Schluss gekommen, dass es <strong>für</strong> die Unterstützung der Fachpersonen<br />

<strong>im</strong> ganzen <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> unerlässlich ist, regionale interdisziplinäre Kinderschutzgruppen<br />

aufzubauen und übergeordnete <strong>St</strong>rukturen zu schaffen, die eine abgest<strong>im</strong>mte und<br />

zielgerichtete Weiterentwicklung des <strong>Kindesschutz</strong>es ermöglichen. Der der Projektgruppe als<br />

Arbeitsgrundlage dienende Konzeptentwurf «Regionale interdisziplinäre Kinderschutzgruppen»<br />

wurde überarbeitet und in ein Gesamtkonzept «<strong>Kindesschutz</strong>» integriert. Als weitere Teile eines<br />

Gesamtkonzepts wurden das Konzept <strong>für</strong> eine standardisierte Erstbefragung «STEB»,<br />

weitere Massnahmen <strong>für</strong> die Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit und eine kontinuierliche<br />

Schulung und Weiterbildung von Fachpersonen vereinbart. Eine Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit<br />

und eine Verbesserung von unterstützenden Angeboten sowie Weiterbildungen<br />

<strong>für</strong> Fachpersonen verschiedenster Fachdisziplinen werden zu einer vermehrten Aufdeckung<br />

von Gewalt an Kindern führen. Damit rechtzeitige und angemessene Interventionen möglich<br />

werden, müssen die zuständigen <strong>St</strong>ellen und Institutionen die notwendigen Ressourcen<br />

bereitstellen können und kontinuierlich zusammenarbeiten


- 16 -<br />

Handlungsleitendes Instrument soll das Gesamtkonzept «<strong>Kindesschutz</strong>» sein. Unter Federführung<br />

des Departementes des Innern soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, welche während<br />

einer Pilotphase von zwei Jahren <strong>für</strong> die Umsetzung, Überprüfung und Weiterentwicklung<br />

des vorliegenden Gesamtkonzepts, die Beobachtung der Entwicklungen <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong> und<br />

die Ausarbeitung von Empfehlungen zuhanden der Departemente oder der Regierung zuständig<br />

ist. Die Vernetzungs- und Koordinationstätigkeiten und die Bearbeitung von Themen <strong>für</strong> die<br />

Arbeitsgruppe sollen von der Jugendkoordinationsstelle des <strong>Amt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Soziales</strong> ausgeführt<br />

werden. Dazu ist eine <strong>St</strong>ellenaufstockung um 40 Prozent notwendig.<br />

Die Mitarbeit von Behördemitgliedern und Beamten in interdisziplinären Kinderschutzgruppen<br />

bedingt eine Befreiung von Anzeige- und Verfolgungspflichten bezüglich der besprochenen<br />

Fälle.<br />

Den Institutionen, welche Fachpersonen in die regionalen Kinderschutzgruppen delegieren,<br />

sollen Lohnkosten vergütet werden. Bei den Justizbehörden ist eine <strong>St</strong>ellenaufstockung um 20<br />

Prozent vorzusehen.<br />

Für die Umsetzung des Gesamtkonzepts «<strong>Kindesschutz</strong>» werden, nebst den erwähnten <strong>St</strong>ellenaufstockungen,<br />

finanzielle Mittel des <strong>Kanton</strong>s in der Höhe von Fr 168'000 benötigt. Weitere<br />

Beiträge sind durch die Gemeinden zu erbringen. Ein detailliertes Budget ist <strong>im</strong> Konzept «<strong>Kindesschutz</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>» aufgelistet.<br />

Anhang:<br />

- Akteure <strong>im</strong> <strong>Kindesschutz</strong>

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