Sektionsmitglieder berichten - DAV Sektion Chemnitz
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<strong><strong>Sektion</strong>smitglieder</strong> <strong>berichten</strong><br />
Die Besteiger ziehen nur mit leichtem Tagesgepäck in der baumlosen Bergsteppe<br />
aufwärts in Richtung Base Camp und schwitzen gehörig. Einen schützenden und feuchten<br />
Regenwald wie am Kili gibt es hier nicht.<br />
Der Wegverlauf lässt sich sehr einfach beschreiben - immer gerade hoch. Nur an steilen<br />
Stellen gibt es Pfade. Man seppelt trotz der Hitze mit langen Hosen, weil einem sonst die<br />
zahlreichen Disteln und Dornen die Beine zerkratzen würden.<br />
Irgendwelche Wegzeichen oder Markierungen auf den Steinen sind nicht vorhanden.<br />
Unsere Gruppe trifft am ersten Besteigungstag hochzu keinen einzigen anderen<br />
Bergfreund. Erst im Bereich des Base Camp auf 3260 m sind auf den Yalas die Zelte<br />
kurdischer Viehweide-Familien und zweier anderer Besteigergruppen sichtbar.<br />
Im Base Camp haben wir Glück, dass auch die anderen Besteigergruppen keine Esel als<br />
Lasttiere nutzen - aus den Beschreibungen von Vorgängern war erkennbar, dass wir sonst<br />
früh ab etwa 03:00 Uhr wegen der heftigen I-A-Rufe keinen Schlaf mehr gefunden hätten.<br />
Uns stört in der Nacht nur der heftige Wind und nahes Gewitterdonnern, weil wir<br />
Neuschnee beim weiteren Aufstieg befürchten. Fünf vor uns am Berg gewesene Gruppen<br />
haben nämlich wegen heftigen Wetterstürzen die Besteigung ohne Gipfelerfolg abbrechen<br />
müssen.<br />
Der Weg vom Base Camp aus 3260 m ins High Camp auf 4200 m am nächsten Tag lässt<br />
die Direktheit des Anstieges noch deutlicher werden. Kein Weg, kein Pfad, kein Strauch -<br />
Blockwerk, Blockwerk, Blockwerk. Trotz der Hitze großfl ächige Schneefelder.<br />
Dass die Lastpferde hier noch ohne größere Verletzungen hochkommen, wundert uns -<br />
einige sind allerdings hufl ahm und auch verletzt.<br />
Am Tag zwei lernen wir auch noch die Mitglieder der vor uns losgestiefelten spanischen<br />
Gruppe und zwei Teile einer russischen Gruppe kennen. Gegenüber unserer im Wesentlichen<br />
aus Mittfünfzigern bestehenden Truppe liegt der Altersdurchschnitt hier bei Mitte 20.<br />
Die Begegnung bringt unserem Ben einen heftigen Flirt mit einer glutäugigen Spanierin<br />
und Vadim den Versuch zur Hebung verschüttet gegangener russischer Sprachkenntnisse<br />
ein - wir haben jedenfalls an diesem Tag noch richtig Spaß.<br />
Das High Camp liegt mitten in einem Steilhang aus Blockwerk. Die Stellplätze für die<br />
Zelte müssen von mittleren und großen Steinen befreit und die Flächen mit den Pickeln<br />
halbwegs geebnet und dann festgetrampelt werden. Wegen immer wieder in der Nachbarschaft<br />
herunter polternder Steine bauen sich alle Zeltbesatzungen einen bergseitigen steinernen<br />
Schutzwall. Wir machen uns weniger Sorgen um eine Entführung, wie sie letzten Sommer<br />
einer bayerischen Bergsteigergruppe hier passiert ist, sondern eher um Steinschlag.<br />
Selbst um sich zu erleichtern, muss man über die großen Steine mit ständiger<br />
Rutschgefahr regelrecht turnen. Häuschen wie am Kili gibt es nicht. Allzu weit weg wagt<br />
sich auch niemand, da im englischen Guide 2004 auf die ohne Vorwarnung schießenden<br />
Militärpatrouillen hingewiesen wurde. Schon 16:30 Uhr geht die ganze Gruppe in die Zelte<br />
zum Schlafen.<br />
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