Sprachentwicklung - sprich-mit-mir.at
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Welche Sprache <strong>sprich</strong>t man in Ämtern, welche beim täglichen Einkauf? Sprechen<br />
beide Elternteile oder nur ein Elternteil die Sprache? Und schließlich sind Kinder, die<br />
erst einige Zeit nach ihrer Geburt in ein Land kommen, in dem nicht ihre und die<br />
Sprache ihrer Eltern die Landessprache ist, <strong>mit</strong> der Frage konfrontiert: Warum <strong>sprich</strong>t<br />
der V<strong>at</strong>er oder die Mutter in der „neuen“ Sprache so „unsicher“? Dass Eltern, die ein<br />
Vorbild darstellen, plötzlich nicht mehr als „perfekt“, sondern selbst als Lernende zu<br />
erleben sind, ist eine neue Erfahrung für Kinder.<br />
Kinder erkennen die institutionellen Bedingungen in Bezug auf Erst- und<br />
Zweitsprache<br />
Das Kind, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, kann (dargestellt von<br />
BUTTARONI, VIS, S 12) zum Beispiel in folgender Situ<strong>at</strong>ion sein:<br />
„ Zu Hause höre ich Serbisch, im Kindergarten aber fast immer nur Deutsch, manchmal auch<br />
andere Sprachen. Im Kindergarten kann ich <strong>mit</strong> Milica und Roman auch Serbisch sprechen.<br />
Die Erwachsenen dort haben <strong>mir</strong> aber gesagt, dass ich nicht Serbisch sprechen darf. Warum<br />
denn, wenn Milica und Roman mich dadurch sehr wohl verstehen?“<br />
H<strong>at</strong> die Erstsprache ebenfalls im Kindergarten Pl<strong>at</strong>z? Dies sollte der Fall sein, sogar<br />
dann, wenn das Kind das Einzige in der Gruppe ist, das diese Sprache <strong>sprich</strong>t: Als<br />
Kindergartenpädagogin bzw. –pädagoge „Sibe ba"!“ (<strong>sprich</strong>: „sibe basch“) für „Guten<br />
Morgen!“ auf Kurdisch zu sagen bzw. „Hod# h#fez!“ (<strong>sprich</strong>: „hodaa haafes“) für „Auf<br />
Wiedersehen!“ auf Persisch ist ein Ausdruck der Wertschätzung. Für den<br />
Spracherwerbsprozess wäre es förderlich, wenn Kinder Bedeutung und<br />
Wertschätzung der Erstsprache erfahren könnten.<br />
Kinder erwerben die neue Sprache nicht im „luftleeren Raum“, sondern unter<br />
konkreten, förderlichen oder hemmenden, psychischen Bedingungen<br />
Der Spracherwerb sollte lustbetont, prozessorientiert (<strong>mit</strong> Blick auf Kontinuität und<br />
Fortschritt) und „kindgerecht“ erfolgen. Der Kontext wäre neg<strong>at</strong>iv, wenn<br />
„ergebnisorientiert“ (im Sinne von schnellen vorzeigbaren Erfolgen) unter Druck<br />
gearbeitet würde und es nur auf die „Produktion“ von möglichst viel „perfektem<br />
Output“ in möglichst kurzer Zeit ankäme. (Dazu siehe 1.2: Ausführungen zu<br />
„Kindgemäßheit und Authentizität“).<br />
Daraus folgt, dass das Kind sich selbst bei diesem Spracherwerbsprozess entweder<br />
als Objekt („fremdartiges Wesen, das möglichst bald sprachlich assimiliert sein soll“)<br />
oder als Individuum erlebt, das in seinem Erwerbsstand und –tempo angenommen<br />
wird und dem man Offenheit und Interesse entgegenbringt. Spracherwerb ist<br />
„Entfaltung“, die durch Sprachanregungen und lustvolle Beschäftigung (ja sogar, wie<br />
dargestellt, durch freudvolles „Üben“) begünstigt und durch den Erfolgsdruck<br />
ehrgeiziger Ver<strong>mit</strong>tler/innen gehemmt wird.<br />
Kinder erleben sich selbst u.U. reduziert auf ein „sprachliches Mängelwesen“<br />
Kinder haben vielfältige Bedürfnisse; werden sie in eingeengter Sichtweise<br />
k<strong>at</strong>egorisiert („Kann noch nicht Deutsch!“), so übersieht man leicht den ganzen<br />
Menschen und seine anderen Stärken, Schwächen, herausragenden Seiten oder zu<br />
fördernden Bereiche:<br />
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