Sprachentwicklung - sprich-mit-mir.at
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Gesten noch zeigen sie eine Aufmerksamkeitszentrierung auf das Gesicht oder die<br />
Stimme der Mutter. Demnach zeigen sich hier bereits erste Anzeichen einer<br />
auffälligen Entwicklung. 38<br />
Ist eine mehrsprachige Situ<strong>at</strong>ion problem<strong>at</strong>isch für die kindliche<br />
<strong>Sprachentwicklung</strong>?<br />
Wie zum Thema „Zwei- und Mehrsprachigkeit im Kindesalter“ am Ende meines<br />
Beitrags in Kapitel 2.1 dieses Bandes angeführt, ist eine zwei- oder sogar<br />
mehrsprachige Erziehung unproblem<strong>at</strong>isch. Wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt,<br />
ist sie auf jeden Fall empfehlenswert, da Gewinn bringend. Sogar Menschen <strong>mit</strong><br />
einer geistigen Behinderung können mehrsprachig sein (siehe dazu auch später in<br />
diesem Beitrag).<br />
Trotzdem wird bei Kindern, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, immer mehr<br />
sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich Sprache festgestellt. 39 Äußerungen,<br />
die nicht den Normen einer einsprachigen Standardsprache entsprechen, werden<br />
häufig als Anzeichen einer mangelhaften Sprachkompetenz gewertet.<br />
Sprachmischungen, die bei zweisprachigen Kindern immer wieder beobachtet<br />
werden, entstehen in den seltensten Fällen auf Grund sprachlicher Inkompetenz, so<br />
DIRIM (2004). Sie gehören vielmehr zu den besonderen sprachlichen Fähigkeiten<br />
von zweisprachig aufwachsenden Kindern und erfüllen viele wichtige kommunik<strong>at</strong>ive<br />
Funktionen.<br />
Halbsprachigkeit bei Migrantenkindern<br />
Zum echten Problemfall werden allerdings jene Migrantenkinder, deren Eltern<br />
glauben ihren Kindern etwas Gutes zu tun, wenn sie sie zu Hause nicht in ihrer<br />
Muttersprache erziehen, sondern z.B. auf Deutsch, obwohl sie selber ungenügend<br />
Deutsch beherrschen. Im schlimmsten Fall ist der Input, der solchen Kindern<br />
geboten wird, so mangelhaft und inkonsistent und eher eine Art „Unsprache“ oder<br />
„Nicht-Sprache“, dass er nicht ausreicht, um das angeborene Gramm<strong>at</strong>ikprogramm<br />
angemessen zu aktivieren. Solche Kinder sind dann gar nicht oder nur unzureichend<br />
imstande Gramm<strong>at</strong>ik zu entwickeln und erreichen höchstens eine „Halbsprachigkeit“.<br />
Da sie ohne zusätzliche Förderung keine vollständige Erstsprache erwerben, sind<br />
massive Probleme hier vorprogrammiert. Hier wäre Aufklärungsarbeit für Eltern sehr<br />
wichtig: St<strong>at</strong>t Deutsch sollten sie ihre Kinder zu Hause vielmehr in ihrer eigenen<br />
Erstsprache oder Familiensprache erziehen. Da<strong>mit</strong> ihre Kinder auch Deutsch<br />
erwerben, sollten sie möglichst früh und regelmäßig Kontakte <strong>mit</strong><br />
Muttersprachsprechern des Deutschen pflegen. Wie unkompliziert Kinder unter<br />
solchen Umständen auch gleichzeitig Deutsch lernen könnten, zeigen von GRIMM<br />
(2003, 63) zitierte Untersuchungen über den Spracherwerb hörender Kinder von<br />
38 Aus Pl<strong>at</strong>zmangel kann hier nicht näher auf den frühkindlichen Autismus eingegangen werden. Als<br />
Einstiegsliter<strong>at</strong>ur zu diesem Thema können Interessierten z.B. die darin einführenden Kapitel in<br />
GRIMM (2003, ab S. 95) und in BUTZKAMM & BUTZKAMM (1999, ab 169) empfohlen werden.<br />
39 Im Rahmen der „3. Interdisziplinären Tagung über <strong>Sprachentwicklung</strong>sstörungen - ISES 3“, für die<br />
ich Hauptorganis<strong>at</strong>orin war und die vom 1. bis 3. Juli 2004 in Wien st<strong>at</strong>t fand, gab es aus diesem<br />
Anlass sogar ein eigenes Workshop zu diesem Thema „Mehrsprachigkeit: Wo besteht<br />
Förderbedarf?“. Details dazu sind z.Z. noch unter www.univie.ac.<strong>at</strong>/ises3 abrufbar.<br />
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