Jagd & Natur, Heftvorschau August 2014
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<strong>Jagd</strong> & Gesellschaft<br />
Biber<br />
durch ein zu grosses Vorkommen ausgehen. Selbstverständlich<br />
sitzen sie nicht an einen runden Tisch und<br />
verhandeln über Geburtenkontrolle oder Einwanderungsstopps.<br />
Biber leben instinktiv in einem Reviersystem.<br />
Hat sich einer auf sein Territorium festgelegt, so<br />
nutzt er einen begrenzten Fluss- oder Seeabschnitt.<br />
Solange noch Lebensräume frei sind, können sich abwandernde<br />
Jungtiere in diesen ansiedeln und ein eigenes<br />
Revier gründen. Biber leben in Familienverbän-<br />
durch die hohe Besiedlungsdichte bedingten Stress zu<br />
geringerem Gewicht, geringeren Nachwuchsraten und<br />
höherer Sterblichkeit führen. Die effektive Zuwachsrate<br />
kann dann bis auf null sinken.<br />
Revierstreit mit den Menschen<br />
Während ihrer Ausbreitung kommen die Biber immer<br />
öfters in Kontakt mit den «Revieren der Menschen». Im<br />
Januar <strong>2014</strong> titelte die Berner Zeitung: «Dieser Biber-<br />
Bach- und neuerdings am Seeufer spielten. Das Amt<br />
für <strong>Jagd</strong> und Fischerei erteilte die erforderliche Bewilligung,<br />
um den Staudamm zu halbieren. Der ausführende<br />
Baggerfahrer wollte seine Arbeit wohl gründlich<br />
machen und liess den Biberdamm komplett verschwinden.<br />
Daraufhin verschwand auch der ganze<br />
See und der Wasserspiegel sank unter das Niveau des<br />
Einganges zum Biberbau. Die Fähigkeit, Dämme zu<br />
bauen, ist den Bibern angeboren. Diese aufwendige<br />
Konflikte ist bekannt. Eine Analyse in Bayern hat<br />
ergeben, dass die meisten Probleme, d. h. in rund<br />
90 % aller Fälle, weniger als zehn Meter vom Wasser<br />
entfernt auftreten. Würde der Mensch konsequent<br />
auf die letzten zehn bis zwanzig Meter vor dem Wasserufer<br />
auf Nutzung und Interessen verzichten,<br />
könnte ich hier kaum etwas über Konflikte schreiben.<br />
Biberjagd oder Schädlingsbekämpfung?<br />
Menschen jagten Biber bereits zu prähistorischen Zeiten.<br />
Ein Biber kann bis zu 30 kg schwer werden, hat also<br />
mindestens gleich viel Fleisch am Knochen wie ein Reh.<br />
Er war deshalb seit jeher eine Beute, die etliche Mäuler<br />
sättigte. Das Biberfell haben die Menschen wahrscheinlich<br />
schon immer geschätzt. In ein Konfliktverhältnis ka-<br />
Biber sind hierzulande<br />
vor allem<br />
dämmerungsund<br />
nachtaktiv.<br />
Foto: Sven-Erik Arndt<br />
Foto: zVg<br />
Fotos: Peter Eggenberger<br />
Arbeit machen sie nur, wenn der Wasserspiegel in den<br />
besiedelten Gewässern nicht ihren Ansprüchen genügt.<br />
Damit der Eingang zum Biberbau unter Wasser<br />
liegt, benötigen Biber eine Wassertiefe von über 80<br />
Zentimetern. Bei dieser Wassertiefe können Biber<br />
auch sicher abtauchen. Die tiefliegenden Eingänge<br />
schützen vor unerwünschten Eindringlingen und frieren<br />
im Winter nicht zu. Der Eingriff in Müllheim war<br />
derart einschneidend, dass die Biber verschwanden,<br />
zumindest vorläufig.<br />
Biberbauten führen<br />
hin und wieder<br />
zu Konflikten<br />
mit dem Menschen.<br />
Foto: Markus P. Stähli<br />
Foto: Markus P. Stähli<br />
den, die meist aus Elterntieren und den beiden letzten<br />
Jungengenerationen bestehen. Wenn im Frühling die<br />
neuen Jungen geboren werden, müssen die ältesten,<br />
jetzt geschlechtsreif werdenden Jungen das elterliche<br />
Revier verlassen.<br />
Mittlerweile steht die Ausbreitung in die Seitengewässer<br />
des Mittelandes kurz bevor. Da ist für revierlose Biber<br />
noch konkurrenzfreier Lebensraum vorhanden. Die<br />
Biber werden sich weiter ausbreiten und ihre Zuwachsrate<br />
wird bis auf Weiteres positiv bleiben. Wenn sich die<br />
Biberpopulation künftig ihrer Kapazitätsgrenze nähert,<br />
können die Reviere zwar noch verkleinert werden, abwandernde<br />
Jungbiber finden aber bald keinen Platz<br />
mehr. Es wird vermehrt zu Kämpfen und zu einer höheren<br />
Sterblichkeit kommen. Auch in bestehenden Revieren<br />
wird es durch die Revierverkleinerung und den<br />
bau braucht eine Bewilligung». Man hatte entschieden,<br />
an der Aare-Gürbe-Mündung ein Hochwasserschutzund<br />
Auenrevitalisierungsprojekt umzusetzen. Dazu<br />
musste ein bewohnter Biberbau zerstört werden. Pro<br />
<strong>Natur</strong>a nahm sich der obdachlosen Biberfamilie an und<br />
leitete den Bau eines künstlichen Biberbaus ein. Dieser<br />
Umsiedlungsbiberbau unterlag dann folglich der Bewilligungspflicht.<br />
Der Interessenskonflikt ist in diesem Fall<br />
für den Biber glimpflich ausgegangen. Der neue Bau<br />
wurde bewilligt und die Biber sind umgezogen.<br />
Bei Müllheim im Kanton Thurgau hatte eine Biberfamilie<br />
im Sommer 2013 etwas weniger Glück. Am<br />
Tobelbach stauten die Tiere Wasser. Der dadurch entstandene<br />
See weichte die Uferbereiche auf und diese<br />
begannen teilweise zu rutschen. Zudem befürchteten<br />
die Anwohner eine Gefährdung der Kinder, die am<br />
Mit dem Bau von Biberdämmen entstehen immer<br />
wieder Seen. Dies ist ganz im Interesse und im Sinne<br />
der Biber. Stauen sie einen Bach zu einem See auf,<br />
der so gross ist, dass er bis an ihre Nahrungsquellen<br />
heranreicht, dann müssen sie nicht so weit über<br />
Land laufen. Dies bietet zusätzliche Sicherheit und<br />
spart beim Nahrungstransport viel Energie. So wandelt<br />
sich halt manchmal ein Getreidefeld zu einem<br />
neuen See. Meist liesse sich ein solcher Konflikt jedoch<br />
erahnen und auch vermeiden. Um einen zu<br />
hohen Wasserspiegel zu verhindern, können tiefliegende<br />
Rohre in den Biberdamm eingebaut werden.<br />
Der Biberdamm bleibt so bestehen, eine für den Biber<br />
genügende Wassertiefe ebenfalls. Ein neuer See<br />
kann jedoch verhindert werden. Bei fast allen Konflikten<br />
zwischen Mensch und Biber gibt es eine Lösung,<br />
zumindest in Form einer «Symptombekämpfung».<br />
Die Hauptursache für fast alle Mensch-Biber-<br />
men Menschen und Biber frühestens seit der Erfindung<br />
der Landwirtschaft vor etwa 6000 Jahren. Die Konflikte<br />
mit Bibern waren jedoch nicht ausschlaggebend für deren<br />
Ausrottung. Die Nachfrage der hochwertigen <strong>Natur</strong>produkte<br />
Biberfleisch, Fell und Bibergeil waren bis zum<br />
letzten Tier schlicht zu hoch. Das Fleisch wurde sehr<br />
geschätzt und durfte unter anderem, bewilligt von der<br />
Kirche, an Fastentagen gegessen werden. Die Kirche<br />
hatte den Biber einfach zum Fisch erklärt.<br />
Das Biberfell ist von enormer Qualität. Der Biber<br />
galt einst wegen seines Fells als «König der Pelztiere».<br />
Bibergeil ist ein Sekret aus den Drüsensäcken<br />
des Bibers. Der Biber nutzt das fetthaltige Sekret zur<br />
Fellpflege und zum Markieren seiner Reviergrenzen.<br />
Die Menschen trachteten nach dem Sekret, weil es<br />
als Wunderheilmittel galt.<br />
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JAGD & NATUR<br />
JAGD & NATUR 13