Glockenfest - Evangelische Kirchengemeinde Deizisau
Glockenfest - Evangelische Kirchengemeinde Deizisau
Glockenfest - Evangelische Kirchengemeinde Deizisau
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Festschrift<br />
zur Einweihung der neuen Glocke<br />
der <strong>Evangelische</strong>n Kirche in <strong>Deizisau</strong><br />
September / Oktober 2005
2<br />
Er wird Frieden gebieten den Völkern<br />
Sacharja 9,10<br />
Jesus spricht: Selig sind die Friedfertigen;<br />
denn sie werden Gottes Kinder heißen<br />
Matthäus 5,9<br />
(Losung und Lehrtext für den 29. Juli 2005,<br />
den Tag, an dem die <strong>Deizisau</strong>er Friedensglocke in Karlsruhe gegossen wurde)<br />
Impressum:<br />
Herausgegeben von der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirchengemeinde</strong> <strong>Deizisau</strong><br />
September 2005<br />
Verantwortlich für den Inhalt: Christoph Reusch, Kirchstr. 4, <strong>Deizisau</strong><br />
Titelgrafik: S. Künstle; Druck: Arnold, <strong>Deizisau</strong>
Was wäre ein Kirchturm ohne Glocken?<br />
Durch Glocken wird aus dem<br />
sichtbaren Zeichen des Turmes ein<br />
hörbares. Wenn Glocken läuten,<br />
schwingen ihre Töne sich ein in Herz<br />
und Seele. Das Geläut vom Kirchturm<br />
lässt in der Welt der vielen anderen<br />
Geräusche seinen Ton erklingen.<br />
Glocken sind der Ruf Gottes an<br />
den Menschen, inne zu halten im<br />
Laufe des Tages und sich erinnern<br />
zu lassen an Gottes Wort, das in der<br />
Kirche weitergesagt wird. Sie sind<br />
aber auch der Ruf, sich einladen zu<br />
lassen zum Gottesdienst, zum Gedenken,<br />
zu letzten Wegen.<br />
Zwar hat der Kirchturm in <strong>Deizisau</strong><br />
schon Glocken, mit einem wunderschönen<br />
Geläut. Aber wenn nun dieses<br />
Geläut verstärkt wird, so setzt<br />
die <strong>Kirchengemeinde</strong> durch die gestiftete<br />
Glocke ein Zeichen, dass dieser<br />
Klang weiterhin, noch verstärkt<br />
und noch schöner zu den Menschen<br />
dringen soll. So ist das Geläut für alle<br />
Grußwort von Dekan Dieter Kaufmann<br />
Menschen im Ort ein Geschenk. Und<br />
eine weitere Glocke, die gestiftet<br />
wird, ein Geschenk für andere.<br />
Deshalb freuen wir uns im Kirchenbezirk<br />
mit der <strong>Kirchengemeinde</strong> in<br />
<strong>Deizisau</strong> über das verstärkte und<br />
verschönerte Geläut ihrer Kirche. Wir<br />
wünschen, dass dieser Klang Menschen<br />
berührt, erfreut und erinnert an<br />
das Innehalten im Leben. Wir wünschen,<br />
dass das Geläut der Glocken<br />
alle Geräusche dieser Welt übertönt<br />
und an den Gott erinnert, der über<br />
alles, was in unseren Orten, in unserem<br />
Tun geschieht, uns seine Treue<br />
zuspricht.<br />
Ich danke allen von Herzen, die dazu<br />
beigetragen haben, dass dies so<br />
möglich wurde. Für die Stiftung und<br />
für alles, was dazu getan werden<br />
musste, damit die neue Glocke im<br />
Konzert mit den anderen läuten<br />
kann.<br />
Dieter Kaufmann, Dekan<br />
3
Grußwort von Bürgermeister Gerhard Schmid<br />
4<br />
Eine neue F 1-Glocke hält Einzug in<br />
<strong>Deizisau</strong>!<br />
Sie wird das Geläut der Ev. Kirche<br />
vervollständigen - ein harmonischer<br />
Glockenklang wird dann mit den Glocken<br />
der Kath. Kirche über <strong>Deizisau</strong><br />
ertönen.<br />
Dies ist wahrlich ein ganz besonderer<br />
Tag für die Ev. <strong>Kirchengemeinde</strong>,<br />
aber auch für ganz <strong>Deizisau</strong>, gehört<br />
doch ein Glockengeläut in jeden Ort,<br />
in jede Stadt.<br />
Bereits vor vielen hundert Jahren<br />
gab es wahrscheinlich die Glocke<br />
und wird sogar als das älteste Musikinstrument<br />
der Menschheit bezeichnet.<br />
Sie übermittelte zur damaligen<br />
Zeit den Menschen Freude, aber<br />
auch Leid, Krieg und Tod.<br />
Auch heute rufen die Glocken zum<br />
Gebet, zum Kirchgang auf und erinnern<br />
uns täglich an die Uhrzeit.<br />
Ich beglückwünsche die Ev. <strong>Kirchengemeinde</strong>,<br />
dass sie, neben den vielen<br />
kleinen und großen Spenden,<br />
das Geld zusammengebracht hat,<br />
um diese weitere Glocke anschaffen<br />
zu können.<br />
„Jetzo mit der Kraft des Stranges<br />
wiegt die Glock mir aus der Gruft,<br />
dass sie in das Reich des Klanges,<br />
steige in die Himmelsluft.<br />
Ziehet, zieht, hebt!<br />
Sie bewegt sich, schwebt!<br />
Freude dieser Stadt bedeute,<br />
Friede sei ihr erst Geläute."<br />
(Aus Schillers Glocke)<br />
Gerhard Schmid, Bürgermeister
Grußwort der gewählten Vorsitzenden Claudia Künstle<br />
Wenn am Sonntagmorgen die Glocken<br />
zum Gottesdienst einladen, ist<br />
dies für <strong>Deizisau</strong> ein vertrauter<br />
Klang. Seit 500 Jahren rufen sie zum<br />
Gebet und vermitteln dabei ein großes<br />
Stück Heimat. Die Glocken sagen<br />
uns: Gönnt Euch eine Ruhepause!<br />
Gönnt Euch eine Denkpause! Die<br />
Glocken haben eine frohe Botschaft:<br />
Gott will uns etwas sagen. Gott will<br />
uns hören. Gott will uns zusammenführen.<br />
Oft nehmen wir das Läuten<br />
der Glocken nicht mehr bewusst<br />
wahr, so sehr gehört ihr Klang zu<br />
unserer Gemeinde dazu. Glocken<br />
begleiten unser Leben. Sie läuten<br />
morgens, wenn wir aufwachen und<br />
abends, wenn wir die Arbeit aus der<br />
Hand legen. Sie rufen zum Gottesdienst,<br />
sie ertönen, wenn wir getauft<br />
werden und sie läuten, wenn wir zu<br />
Grabe getragen werden. 396 Mal<br />
schlagen die Glocken am Tag.<br />
Im Krieg wurden Glocken beschlagnahmt,<br />
eingeschmolzen und zu Kanonen<br />
umgegossen. Und wenn die<br />
Glocken dann den Frieden verkünden<br />
sollten, dann klangen die Geläu-<br />
te nur noch kläglich und leise. Glocken<br />
wollen den Frieden verkünden.<br />
Angesichts der vielen Kriegsschauplätze<br />
in unserer Welt war es der<br />
Wunsch des <strong>Kirchengemeinde</strong>rats,<br />
die neue Glocke „Friedensglocke“ zu<br />
nennen.<br />
Jede Viertelstunde soll unsere Friedensglocke<br />
schlagen. Viermal jede<br />
Stunde mahnt sie uns dann zum<br />
Frieden.<br />
Durch eine Spende bekam unsere<br />
<strong>Kirchengemeinde</strong> die Chance geboten,<br />
das Klangbild unseres vierstimmigen<br />
Geläuts mit einer Glocke auf<br />
der Unterquart mit dem Ton f` zu<br />
bereichern. Hierdurch wird das Geläut<br />
schöner und voller. Bei der Auswahl<br />
der Glocke wurde darauf geachtet,<br />
dass das Klangbild auch mit<br />
dem Geläut der Katholischen <strong>Kirchengemeinde</strong><br />
übereinstimmt. Viele<br />
Spenderinnen und Spender haben<br />
dieses große Projekt Wirklichkeit<br />
werden lassen. Ich möchte Ihnen<br />
allen sehr herzlich dafür danken. Sie<br />
haben dazu beigetragen, „unser <strong>Deizisau</strong>“<br />
für alle hörbar ein Stück schöner<br />
zu machen.<br />
Möge das Geläut der Kirchenglocken<br />
immer in Frieden und Freiheit über<br />
unserer Gemeinde erklingen!<br />
Ihre<br />
Claudia Künstle,<br />
Gewählte Vorsitzende<br />
des <strong>Kirchengemeinde</strong>rats<br />
5
Grußwort von Pfarrer Christoph Reusch<br />
6<br />
Ich freue mich, dass wir diese neue<br />
Glocke bekommen. Es ist ein ganz<br />
besonderes Erlebnis, das Werden<br />
einer Kirchenglocke miterleben zu<br />
können - von der Planung über den<br />
Guss und die Ankunft in der Gemeinde<br />
bis zum ersten Gottesdienst.<br />
Die Überraschung im <strong>Kirchengemeinde</strong>rat<br />
war groß, als wir erfuhren,<br />
dass es einen Spender für eine fünfte<br />
Glocke gibt. Dennoch war es keine<br />
leichte Entscheidung für das Gremium,<br />
denn die Mittel für den Ausbau<br />
des Glockenstuhls und den Einbau<br />
der neuen Glocke - immerhin zwei<br />
Drittel der Gesamtsumme - musste<br />
die <strong>Kirchengemeinde</strong> selbst übernehmen.<br />
Und selbstverständlich konnte<br />
und durfte für dieses Projekt kein<br />
einziger Euro an Steuergeldern verwendet<br />
werden. Es sei auch nicht<br />
verschwiegen, dass es kritische<br />
Stimmen in der Gemeinde gab, die<br />
vor den finanziellen Risiken warnten.<br />
Aber unser Optimismus war größer<br />
als unsere Bedenken und das ist gut<br />
so.<br />
Ich möchte im Namen der <strong>Kirchengemeinde</strong><br />
<strong>Deizisau</strong> den vielen Menschen<br />
im Ort danken, die durch größere<br />
und kleinere Spenden die Anschaffung<br />
dieser Glocke ermöglicht<br />
haben. Unser Glockengeläut wird<br />
durch die fünfte Glocke ein neues<br />
klangliches Fundament erhalten. Ich<br />
bin sicher: Diese tiefe Glocke wird<br />
unser Geläut bereichern.<br />
Der Name „Friedensglocke“ drückt<br />
aus, was wir ersehnen: Friede für die<br />
Welt, Friede in unseren Gemeinden<br />
und Friede in unseren Herzen.<br />
Ich wünsche mir und der <strong>Kirchengemeinde</strong>,<br />
dass sich viele Menschen<br />
vom neuen Geläut zu den Gottesdiensten<br />
einladen lassen.<br />
Ihr<br />
Christoph Reusch, Pfarrer
Der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat war zunächst<br />
überrascht und erfreut, als die<br />
Nachricht eintraf, dass ein <strong>Deizisau</strong>er<br />
Bürger, Herr Herbert Mezger, bereit<br />
wäre, eine Glocke zur Erweiterung<br />
des kleinen Geläuts unserer <strong>Evangelische</strong>n<br />
Kirche zu spenden.<br />
Der Glockensachverständige des<br />
Oberkirchenrats wurde hinzugezogen.<br />
Er war von diesem Gedanken<br />
angetan und empfahl für die <strong>Deizisau</strong>er<br />
<strong>Kirchengemeinde</strong> eine tiefe<br />
Glocke im Ton F´, die das Klangbild<br />
des bisherigen Geläuts und das der<br />
Katholischen <strong>Kirchengemeinde</strong> gut<br />
ergänzen würde. Die neue Glocke ist<br />
900 kg schwer, dunkel und voll im<br />
Klang. Mehrere <strong>Kirchengemeinde</strong>räte<br />
fuhren daraufhin ins Glockenmuseum<br />
nach Herrenberg und ließen<br />
sich das neue Klangbild des Geläuts<br />
exemplarisch vorspielen. Spätestens<br />
zu diesem Zeitpunkt war der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat<br />
von der Richtigkeit des<br />
Vorhabens überzeugt.<br />
Doch woher die finanziellen Mittel für<br />
den Einbau der Glocke nehmen?<br />
Denn die Spende umfasste lediglich<br />
die Glocke selbst. Für den Umbau<br />
des Glockenstuhls und den Einbau<br />
der neuen Glocke musste die <strong>Kirchengemeinde</strong><br />
aufkommen. So waren<br />
also über die gespendeten<br />
12.000 Euro hinaus rund 24.000 Euro<br />
an Spendengeldern zu sammeln.<br />
Also musste kräftig die Werbetrommel<br />
für die neue Glocke gerührt werden.<br />
Glockenwein mit besonderem<br />
Etikett wurde im <strong>Deizisau</strong>er Einzelhandel<br />
angeboten. Dies wurde von<br />
der <strong>Deizisau</strong>er Bevölkerung, ob als<br />
Wie es zur neuen Glocke kam...<br />
Geschenk oder für den Eigenbedarf,<br />
kräftig unterstützt. Die <strong>Evangelische</strong><br />
<strong>Kirchengemeinde</strong> feierte ein Glockenweinfest.<br />
Der <strong>Deizisau</strong>er Glockentaler<br />
wurde gegossen und hat<br />
sicher in vielen <strong>Deizisau</strong>er Wohnzimmern<br />
einen Ehrenplatz bekommen.<br />
Der Spendenstand wuchs. Endlich<br />
konnte die Glocke bei der Glockengießerei<br />
Bachert bestellt werden. Die<br />
Gestaltung der Glockenzier übernahm<br />
Dekan i. R. Eisenhardt, der<br />
Leiter des Glockenmuseums in Herrenberg.<br />
Als Motiv wurden das <strong>Deizisau</strong>er<br />
Rathaus, sowie die <strong>Evangelische</strong><br />
und Katholische Kirche gewählt.<br />
Ein passender Vierzeiler aus<br />
der Feder des Glockenspenders wurde<br />
hier aufgenommen.<br />
Im Juli 2005, insgesamt 3 Jahre nach<br />
den ersten Planungen, konnte die<br />
Glocke in Karlsruhe bei der Firma<br />
Bachert gegossen werden. Anfang<br />
September wird die Glocke mit einem<br />
Festzug eingeholt. Dabei wird<br />
ein <strong>Glockenfest</strong> gefeiert unter Beteilung<br />
der <strong>Deizisau</strong>er Bevölkerung und<br />
verschiedener Vereine. Am 9. Oktober<br />
wird das neue Geläut zum ersten<br />
Mal zum Gottesdienst einladen.<br />
Ein großes und einmaliges Projekt<br />
hat dann einen erfolgreichen Abschluss<br />
gefunden.<br />
Allen ein herzliches Dankeschön, die<br />
an der Verwirklichung der „Friedensglocke“<br />
mitgeholfen haben!<br />
7
Was bedeuten mir Glocken?<br />
8<br />
Glockenläuten – das ist ein Stück<br />
Heimat<br />
Geboren bin ich zwar nicht in <strong>Deizisau</strong>,<br />
aber hier habe ich seit vielen<br />
Jahren eine Heimat gefunden. Gerade<br />
die <strong>Kirchengemeinde</strong> ist mir<br />
zur Heimat geworden. Das Geläut<br />
der Glocken ist mir sehr vertraut.<br />
Sonntag morgens um 9 Uhr bedeut<br />
e t d a s<br />
Schlagen der<br />
Uhr, dass ich<br />
mich beeilen<br />
muss, um<br />
r e c h t z e i t i g<br />
beim Sonnt<br />
agsgott esdienst<br />
zu<br />
sein. Leider<br />
gelang mir<br />
das während<br />
des sehr zeitaufwendigen Berufslebens<br />
nicht so häufig, wie ich gerne<br />
gewollt hätte. Das weckt ein Gefühl<br />
der Wehmut in mir. Doch gerade in<br />
diesen Momenten war das Läuten<br />
der Glocken sehr wichtig für mich.<br />
Für einen kurzen Moment halte ich<br />
inne und werde mir über meine Zeit<br />
und der Einmaligkeit des Augenblickes<br />
bewusst. Eine persönliche und<br />
sehr intensive Verbundenheit verspüre<br />
ich, wenn die Glocken für<br />
mich läuten, zum Beispiel am Tag<br />
meiner Hochzeit oder zur Taufe<br />
meiner Kinder.<br />
Als Kind waren die Glocken das<br />
Zeichen zum Aufbruch. Beim Abendläuten<br />
hatte man zu Hause zu<br />
sein.Ich finde, die <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirchengemeinde</strong><br />
kann sich glücklich<br />
schätzen, in Zeiten knapper Kassen,<br />
noch ein solches Projekt verwirklichen<br />
zu können. Zudem finde<br />
ich es äußerst spannend. Ich freue<br />
mich, wenn ich die neue Glocke das<br />
erste Mal läuten höre. Helga<br />
Seifried<br />
Die Glocken rufen die kirchliche<br />
Gemeinde zur Versammlung und<br />
zum Gebet...<br />
Durch den Schlag der Glocken werde<br />
ich daran erinnert, dass die uns<br />
gegebene Zeit sehr schnell verrinnt.<br />
Beim Klang der Glocken werden<br />
auch ganz persönliche Empfindungen<br />
in mir wach, wie z.B. an meine<br />
Hochzeit und an die Taufe meiner<br />
Kinder. Ich werden durch den Klang<br />
der Glocken jedoch auch daran erinnert,<br />
dass<br />
sie irgendwanneinmal<br />
zu meinerBeerdigung<br />
läuten<br />
w e r d e n .<br />
Sie erinnern<br />
mich<br />
an den<br />
Kirchgang<br />
und laden<br />
die kirchliche Gemeinde zur Versammlung<br />
und zum Gebet ein. Sie<br />
laden ein, Gott zuzuhören. Für die<br />
Juden bedeutet der Posaunentag<br />
eine Zeit der Reue und des Neuanfangs<br />
(3. Mose 23, 23-25: „Am ersten<br />
Tage des siebten Monats sollt<br />
ihr Ruhetag halten mit Posaunen-
lasen zum Gedächtnis, eine heilige<br />
Versammlung.“) Die jüdische<br />
Bedeutung der Posaunen wurde<br />
von uns Christen mit den Glocken<br />
übernommen. Dieter Krüger<br />
Technik, die begeistert<br />
Viele Jahre bin ich schon Mitarbeiter<br />
der Kinderkirche. Die Glocken bedeuteten<br />
für mich jeden Sonntag:<br />
„Jetzt geht's los!“ Es ist das hörbare<br />
Zeichen für den Beginn des Gottesdienstes<br />
und für mich ganz besonders<br />
wichtig die Einladung zur Teilnahme<br />
am Kindergottesdienst. Eindrucksvoll<br />
finde ich, dass Menschen<br />
bereits im 14. Jahrhundert Glocken<br />
mit 1 Tonne Gewicht auf hohe<br />
Kirchtürme gebracht haben. Das ist<br />
für mich schwer vorstellbar und fasziniert<br />
mich<br />
daher.<br />
Die Technik<br />
des<br />
G l o c k e n -<br />
g i e ß e n s<br />
beeindruckt<br />
mich sehr.<br />
Eine große<br />
Glocke so<br />
h i n z u b e -<br />
k o m m e n ,<br />
dass sie<br />
genau den richtigen und gewollten<br />
Ton trifft! Schön ist die Kombination<br />
vieler verschiedener Glocken, zum<br />
Beispiel beim Glockenspiel am Esslinger<br />
Alten Rathaus, das sogar<br />
Liedmelodien spielen kann. Da bleibe<br />
ich gerne stehen und nehme mir<br />
die Zeit, zuzuhören.<br />
Sebastian Hagenmüller<br />
Was bedeuten mir Glocken?<br />
„Liebster Mensch, was mag's bedeuten,<br />
dieses späte Glockenläuten...“<br />
Das Läuten<br />
der<br />
G l o c k e n<br />
hat mich<br />
schon von<br />
jeher berührt.<br />
Wenn die<br />
G l o c k e n<br />
läuten, stehe<br />
ich still<br />
und höre<br />
zu. Es ist<br />
für mich Anlass, Innenschau zu halten.<br />
Im Urlaub, in den Bergen, ganz<br />
besonders.<br />
Die Glocken rufen bei Freud und<br />
Leid. Vor allem aber läuten sie den<br />
Sonntag, den Tag des Herrn, ein.<br />
Hier, gerade beim Besuch des<br />
sonntäglichen Gottesdienstes, sehe<br />
ich den Ort und die Zeit, um Kraft<br />
schöpfen zu können für die gesamte<br />
kommende Woche, die vor mir liegt.<br />
Vor allem aber erinnere ich mich,<br />
als Kind beim allabendlichen 18 Uhr<br />
Läuten das Kinderspiel zu unterbrechen,<br />
die Hände zu falten und das<br />
Gebet zu sprechen:<br />
„Liebster Mensch, was mag's bedeuten,<br />
/ dieses späte Glockenläuten.<br />
/ Es bedeutet abermals, Deines<br />
Lebens Ziel und Zahl. / Dieser Tag<br />
hat abgenommen, / bald wird auch<br />
der Tod herkommen. / Drum oh<br />
Mensch, so schicke Dich, / dass Du<br />
sterbest seliglich. Amen.“<br />
Martha Clauß<br />
9
Bilder vom Glockenguss<br />
10<br />
Christiane Bachert erläutert den Glockenguss<br />
Fest gemauert in der Erden<br />
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.<br />
Heute muß die Glocke werden,<br />
Frisch, Gesellen, seid zur Hand.<br />
Von der Stirne heiß<br />
Rinnen muss der Schweiß,<br />
Soll das Werk den Meister loben,<br />
Doch der Segen kommt von oben.<br />
[Schiller, Das Lied von der Glocke]<br />
Die <strong>Deizisau</strong>er Gruppe<br />
Am Freitag, 29. Juli 2005 wurde<br />
die <strong>Deizisau</strong>er Friedensglocke<br />
in der Glockengießerei<br />
Bachert in Karlsruhe gegossen.<br />
Außerdem wurden sechs<br />
weitere Glocken gegossen,<br />
und zwar für die Gemeinden<br />
Wiesloch, Meckelfeld bei<br />
Hamburg, sowie für die Abteikirche<br />
St. Johann in Duisburg-<br />
Homborn.<br />
Kanäle für die flüssige Bronze Eine Glockengussform
Der Chef überwacht den Guss<br />
Bilder vom Glockenguss<br />
Beim Glockenguss ist höchste Konzentration gefordert<br />
11
Die Gestaltung der neuen Glocke<br />
12<br />
Dekan i. R. Dieter Eisenhardt, Backnang,<br />
hat die Glocke künstlerisch<br />
gestaltet.<br />
Er schreibt:<br />
„In den vergangenen Monaten habe<br />
ich mich mit der künstlerischen Gestaltung<br />
der neuen <strong>Deizisau</strong>er Glocke<br />
beschäftigt. Mein Konzept basiert<br />
wesentlich auf dem, was ich im März<br />
dieses Jahre mit dem zuständigen<br />
Gremium (<strong>Kirchengemeinde</strong>rat und<br />
interessierte Gemeindeglieder)<br />
wahrgenommen, besprochen und<br />
vorgeschlagen habe.<br />
Vorgaben der Konzeption<br />
1. Von der Glocke vorgegebene Kriterien<br />
(Gestalt, Material, Tradition<br />
der Glockenzier)<br />
2. Die Funktion der Glocken (Aufgaben,<br />
die Glocken an Sonntag und<br />
Werktag wahrzunehmen haben)<br />
3. Die <strong>Deizisau</strong>er Ortsgeschichte unter<br />
besonderer Berücksichtigung der<br />
Kirchengeschichte und der Geschichte<br />
ihrer Glocken<br />
4. Die anregenden Beiträge der Ausschussmitglieder<br />
und anderer an der<br />
Gestaltung der Glocken erfahrener<br />
Fachleute und Interessierter<br />
Ich habe versucht, diese Vorgaben<br />
mit meinen eigenen Vorstellungen in<br />
ein theologisch und künstlerisch<br />
stimmiges Programm zu bringen.<br />
Der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat hat dazu<br />
seine Zustimmung gegeben.<br />
Die Arbeit an den Entwürfen, die<br />
Fertigung der Modelle und die Begleitung<br />
der verschiedenen Schritte<br />
an den werdenden Glocken bis hin<br />
zum letzten Schliff hat mir große<br />
Freude gemacht. Sehr gern denke<br />
ich an das gute Miteinander aller<br />
Beteiligten. Danke!<br />
Verwirklichung der Konzeption<br />
Die im Laufe der Jahrhunderte geprägte<br />
Form der Bronzeglocke setzt<br />
Vorgaben und Grenzen, auch für die<br />
künstlerische Gestaltung.<br />
Figürliche Darstellungen auf dem<br />
Mantel dürfen nicht zu voluminös<br />
ausfallen, damit der Klang nicht beeinträchtigt<br />
wird. Glocken sind immer<br />
zuerst Klangkörper, die Glockenzier<br />
hat dienende Funktion. Eine gute<br />
Glocke ist an sich schon ein Kunstwerk.<br />
Sie darf in ihrer Verzierung<br />
nicht überladen werden. Der künstlerische<br />
Schmuck hat die in der vorgegebenen<br />
Gestalt der Glocke gewiesenen<br />
Möglichkeiten wahrzunehmen.<br />
Da sind in erster Linie die Fläche<br />
unter der Glockenhaube (Hals) und<br />
über dem Schlag (Wolm). Der obere<br />
und der untere Abschluss eignet sich<br />
besonders gut für Inschriften und<br />
Zierbänder. Die Flanke und die Krone<br />
kommen für plastische Gestaltung<br />
in Frage.<br />
Jede Glocke hat eine in der Tradition<br />
der Kirche wurzelnde Aufgabe. Sie<br />
kommt im Glockennamen zum Ausdruck<br />
und soll in Inschrift und Bild<br />
erkennbar sein.<br />
Glocken sind Originale. Das zeigt<br />
sich auch darin, dass sie etwas von<br />
der besonderen Geschichte und vom<br />
speziellen Leben der Gemeinde, zu<br />
der sie gehören, widerspiegeln. Die
eiden Festschriften zur <strong>Deizisau</strong>er<br />
Kirche und die Hinweise der Ausschussmitglieder<br />
haben mir bei meiner<br />
Arbeit wertvolle Hinweise gegeben.<br />
Beschreibung der neuen Glocke<br />
Die Friedensglocke ist die größte<br />
Glocke des nunmehr fünfstimmigen<br />
Geläuts. Sie wird auch Dominica<br />
genannt, weil sie mit ihrem tiefen<br />
Ton F‘ das Sonntagsgeläut prägt.<br />
Sie wiegt 900 kg. Sie trägt die gleiche<br />
Inschrift wie die im letzten Weltkrieg<br />
eingeschmolzene große <strong>Deizisau</strong>er<br />
Glocke:<br />
"Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden<br />
auf Erden und den Menschen<br />
ein Wohlgefallen." Das ist die Botschaft<br />
des Weihnachtsengels.<br />
Mit seinen großen Flügeln bildet er<br />
ein schützendes Dach über der Silhouette<br />
unseres Dorfes, den herausragenden<br />
Gebäuden der Gemeinde:<br />
Kirchen, Rathaus und Schule. Ein<br />
Arm weist auf den Weihnachtsstern<br />
und sechs weitere Sterne. Die Zahl<br />
sieben ist ein Zeichen der vollen Einheit<br />
der Kirche (Offenbarung 1,20).<br />
Wasserwellen schließen das Bild<br />
nach unten ab. Sie symbolisieren<br />
den Neckar und bilden ein Wasserband,<br />
das die ganze Glocke umfließt<br />
und so die Vorder- mit der Rückseite<br />
verbindet.<br />
Hier türmen sich Wellenberge unter<br />
der Arche Noah. Das Motiv aus dem<br />
Alten Testament ist dem mittleren<br />
<strong>Deizisau</strong>er Kirchenfenster entnommen.<br />
Die Arche steht für die Kirche<br />
Jesu Christi. Die Wasserwogen erinnern<br />
an ihre Bedrohung, aber die<br />
Die Gestaltung der neuen Glocke<br />
Friedenstaube und der Regenbogen<br />
reichen höher als alles, was uns<br />
ängstet. Gottes Friedensbogen wölbt<br />
sich über den Wassern der Tiefe. Er<br />
hat seinen Grund im Alten und im<br />
Neuen Bund. Dafür stehen der brennende<br />
Dornbusch, die Gesetzestafeln<br />
und das aus dem aufgesprengten<br />
Grab sprießende Weizenkorn,<br />
das Christi Kreuz und Auferstehung<br />
symbolisiert.<br />
Die Stifterinschrift: "Zum Guten streben,<br />
auf Treue bauen, in Liebe leben,<br />
auf Gott vertrauen" schließt die<br />
Glockenzier nach unten ab. Die Aussagen<br />
sind unterbrochen von gotischen<br />
Tonplättchen, die in vorreformatorischen<br />
Zeit den Fußboden der<br />
<strong>Deizisau</strong>er Kirche geschmückt haben.<br />
Die barocken Ornamente, die das<br />
Bibelwort oben am Glockenhals umfassen,<br />
stammen vom alten <strong>Deizisau</strong>er<br />
Kanzeldeckel. Sie erinnern an<br />
die evangelische Tradition unserer<br />
Kirche.<br />
Gekrönt wird das Bildprogramm der<br />
Dominica mit dem Friedensthema,<br />
Es prägt in deutscher, hebräischer,<br />
griechischer, englischer, russischer<br />
und chinesischer Sprache die sechs<br />
Glockenbügel.<br />
So will die Zier der <strong>Deizisau</strong>er Friedensglocke<br />
anschaulich machen,<br />
worum es Sonntag für Sonntag in<br />
der Kirche geht: Ums Evangelium,<br />
um Gottes Freudenbotschaft, die<br />
uns zur Einkehr und Heimkehr in<br />
Gottes versöhnendes Wort einlädt.“<br />
Dekan i. R. Dieter Eisenhardt<br />
13
Aus der Geschichte der <strong>Deizisau</strong>er Glocken<br />
14<br />
17. Juni 1917:<br />
Durch konsistorialen Erlass vom 30.<br />
Mai wird dem <strong>Kirchengemeinde</strong>rat<br />
„mitgeteilt, daß nunmehr die Aufforderung<br />
an alle Gemeinden ergangen<br />
ist, die beschlagnahmten Glocken an<br />
die Heeresverwaltung abzuliefern,<br />
so daß bei Ablieferung derselben bis<br />
zum 30. Juni eine Prämie von 1<br />
Mark“ für das Kilogramm bezahlt<br />
wird.<br />
Im Juli 1917:<br />
Die zwei großen Glocken mit einem<br />
Gesamtgewicht von 492 kg können<br />
erst im Juli abgenommen werden, da<br />
„bei dem Mangel an männlichen<br />
Hilfskräften“ diese „vor dem 1. Juli<br />
nicht zur Verfügung“ standen. Die<br />
<strong>Kirchengemeinde</strong> trägt die Kosten<br />
für die Abnahme der Glocken und für<br />
die Anlieferung bei der Heeresleitung.<br />
23. September 1919:<br />
Dem <strong>Deizisau</strong>er <strong>Kirchengemeinde</strong>rat<br />
wird von der Stuttgarter Glockengießerei<br />
Kurtz mitgeteilt, dass bis zum<br />
Frühjahr 1920 eine Glocke mit dem<br />
Gewicht von 159 kg zum Preis von<br />
2100 Mark geliefert werden kann.<br />
Der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat beschließt,<br />
„lieber noch zu warten, bis man ein<br />
volles Geläute haben kann und zwar<br />
will man ... außer der kleinen noch 2<br />
größere Glocken haben, so daß es<br />
im ganzen 4 Glocken wären“. Außerdem<br />
ist man der Meinung, „daß<br />
Bronzeglocken den neu angebotenen<br />
Gußstahlglocken“ vorzuziehen<br />
sind.<br />
14. März 1920:<br />
„Bei einer vorgenommenen Untersuchung<br />
des Glockenstuhls bezweifelt“<br />
Glockengießer Kurtz „die Tragfähigkeit<br />
desselben für 4 Glocken“. Er<br />
erklärt, dass er die „bestellte Glocke<br />
mit 235 kg Gewicht zwar bis Anfang<br />
April fertig stellen könne“, dagegen<br />
die Lieferung von weiteren zwei Glocken<br />
„wegen Mangel an Metall und<br />
Heizmaterial in absehbarer Zeit nicht<br />
möglich“ sei. So war der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat<br />
der Meinung, es „einfach<br />
bei dem früheren Geläut mit 3 Glocken<br />
B, D, F zu belassen, welches<br />
ein harmonisches Geläut ergeben“<br />
hatte.<br />
September 1920:<br />
Mit der Lieferung der zwei Glocken<br />
läuten wieder drei Glocken im <strong>Deizisau</strong>er<br />
Kirchturm.<br />
6. März 1942:<br />
„Am 6. März 1942 wurden die 2 großen<br />
Glocken vom Turm herunter<br />
geholt. Es war im 3. Kriegsjahr“, so<br />
schrieb es damals Frau Karoline<br />
Fritz, geborene Schloz, in ihre Familienbibel.<br />
Im <strong>Deizisau</strong>er <strong>Kirchengemeinde</strong>ratsprotokoll<br />
findet sich zu<br />
diesem wichtigen Ereignis keine Eintragung<br />
(oder durfte darüber keine<br />
Eintragung erfolgen!?).<br />
Aus Erzählungen älterer Gemeindeglieder,<br />
die sich noch an die Glockenabnahme<br />
jener Tage erinnern<br />
können, wurde mir folgendes geschildert:<br />
„Am Sonntag davor war Gottesdienst<br />
und die Kirche war voll. Da wurde<br />
dann von der Kanzel verlesen, dass<br />
in der kommenden Woche die zwei<br />
großen Glocken abgeholt werden.<br />
Dann wurden die Glocken noch einmal<br />
geläutet und alle Gottesdienstbesucher<br />
mussten bitterlich weinen.
Aus der Geschichte der <strong>Deizisau</strong>er Glocken<br />
Am Tag, als die Glocken abgeholt<br />
wurden, versammelten sich viele<br />
<strong>Deizisau</strong>er um ihre Kirche herum.<br />
Als die Glocken herunter geholt wurden<br />
und dann auf ein bereitstehendes<br />
Fuhrwerk verladen wurden, hat<br />
jedes der Dabeistehenden geweint,<br />
denn jeder wusste: Jetzt holen sie<br />
die Glocken, um dann die Menschen<br />
zu verschießen.“<br />
Die zwei Glocken aus <strong>Deizisau</strong> wurden<br />
wohl, wie die meisten anderen<br />
Glocken, auf den „Glockenfriedhof“<br />
im Hamburger Hafen gebracht. Der<br />
Großteil wurde dort eingeschmolzen.<br />
Diese beispiellose Glockenvernichtungsaktion<br />
erfolgte nicht nur „zur<br />
Sicherung der Metallreserve“, sondern<br />
hatte auch ideologische Gründe,<br />
denn nach dem „Endsieg“ sollten<br />
im Hitler-Deutschland keine Glocken<br />
mehr läuten.<br />
Mai 1945:<br />
Nazi-Deutschland ist besiegt und der<br />
2. Weltkrieg endet. <strong>Deizisau</strong> hat 174<br />
Gefallene zu beklagen.<br />
3. Februar 1946:<br />
Der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat von <strong>Deizisau</strong><br />
beschließt die Beschaffung neuer<br />
Glocken, sobald die Glockengießerei<br />
Kurtz ihre Arbeit wieder aufgenommen<br />
hat, um „möglichst bald<br />
wieder in den Besitz eines vollständigen<br />
Geläuts zu kommen“.<br />
6. Juli 1948:<br />
Aus dem <strong>Kirchengemeinde</strong>rat:<br />
„Unsere größte Glocke, Klang B, 330<br />
kg, käme auf etwa 3300 Mark und<br />
kommt zunächst noch nicht in Frage,<br />
die mittlere D-Glocke, 159 kg, käme<br />
auf etwa 1700 Mark ... Die sofortige<br />
Überweisung von 950 Mark zum Ma-<br />
terialkauf würde eine Lieferung in<br />
etwa einem halben Jahr ermöglichen“.<br />
5. Juli 1949:<br />
Die Zeichen- und Schiedglocke „soll<br />
zu Erntedank im Turm hängen. Im<br />
Blick auf die lange Lieferfrist soll die<br />
Bestellung der 3. Glocke jetzt schon<br />
eingeleitet werden. ... Diese 2. Glocke<br />
sei dem Gedächtnis unserer Toten<br />
gewidmet“.<br />
8 Jahre später:<br />
1957 wird dann die 4. Glocke gegossen.<br />
Die Kreuzglocke hat ein Gewicht<br />
von 261 kg. Erstmals hängen<br />
im <strong>Deizisau</strong>er im Kirchturm vier Glocken<br />
.<br />
Mein Wunsch an dieser Stelle:<br />
Möge diese „Friedensglocke“, die<br />
am 29. Juli 2005 in Bronze gegossen<br />
wurde, unsere Generation und<br />
alle künftigen Generationen an die<br />
schrecklichen Kriegszeiten des letzten<br />
Jahrhunderts erinnern, wo in<br />
Deutschland die Glocken von den<br />
Kirchtürmen geholt wurden, um einem<br />
sinnlosen Zerstörungswerk zu<br />
dienen. Ungefähr 150 000 Glocken<br />
sollen es gewesen sein, die während<br />
dieser beiden Weltkriege in Deutschland<br />
zerstört wurden. Möge unserer<br />
„Friedensglocke“ ein solches oder<br />
ähnliches Schicksal erspart bleiben!<br />
Deshalb soll unser aller Wunsch<br />
sein: „Nie wieder soll Krieg sein!“<br />
und das Geläut von unserer 5. Glocke<br />
möge uns immer wieder zum<br />
aufrichtigen Gebet mahnen: „Verleih<br />
uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu<br />
unsern Zeiten!“.<br />
Diakon Klaus Hillius<br />
15
Die Glocken der <strong>Evangelische</strong>n Kirche <strong>Deizisau</strong><br />
16<br />
Die Taufglocke<br />
Die Taufglocke ist die kleinste und<br />
älteste Glocke. Sie ist auf den Ton<br />
F’’ gestimmt. Sie stammt aus dem<br />
Jahr 1920 und wiegt 115 Kilogramm.<br />
Sie trägt die Aufschrift:<br />
„Freuet euch in dem Herrn allewege“<br />
Bei diesem Satz handelt es sich um<br />
ein Zitat aus dem Brief des Paulus<br />
an die Gemeinde<br />
in<br />
Philippi, Kapitel<br />
4, Vers 4.<br />
Mit dieser<br />
Glocke wird<br />
bei Taufgottesdiensten<br />
vorgeläutet<br />
(eine halbe<br />
Stunde vor<br />
Gottesdienstbeginn).<br />
Außerdem schlägt sie als kleinste<br />
Glocke jede Viertelstunde, und sie<br />
ist – wie ihre größeren Geschwister -<br />
Teil des Hauptgeläuts zum Beginn<br />
jedes Gottesdienstes.<br />
Die Totenglocke<br />
Die Totenglocke (auch Schiedglocke<br />
genannt) ist die drittgrößte Glocke<br />
und wiegt 174 Kilogramm. Sie ist auf<br />
den Ton D’’ gestimmt und wurde<br />
1949 gegossen. Als Aufschrift trägt<br />
sie das Motto: „Den Lebenden läute<br />
ich, die Toten beklage ich“.<br />
Sie läutet eine halbe Stunde vor Beerdigungen,<br />
außerdem ist sie Teil<br />
des Hauptgeläuts zu Beginn der<br />
Gottesdienste.<br />
Ein Gemeindeglied erinnert sich:<br />
„Den zweiten Weltkrieg hat nur unsere<br />
Taufglocke aus dem Jahr 1920<br />
überstanden. Umso mehr freute sich<br />
1948 die <strong>Deizisau</strong>er Bevölkerung<br />
über die Nachricht, dass eine zweite<br />
Glocke gegossen werden soll. Natürlich<br />
war in den ersten Nachkriegsjahren<br />
das Geld sehr knapp und so kamen<br />
Pfarrer Spohn und der <strong>Kirchengemeinde</strong>rat<br />
auf die Idee, mit den<br />
Konfirmanden eine Straßensammlung<br />
durchzuführen. Mit großem Eifer<br />
machten sich die Mädchen und<br />
Buben des Geburtsjahrgang 1934/35<br />
auf den Weg durchs Dorf, um an<br />
jeder Haustür eine Spende zu erbitten.<br />
Jedem Konfirmanden wurden<br />
hierzu bestimmte Straßen zugewiesen.<br />
Was die damaligen Konfirmanden<br />
bis heute nicht vergessen haben, ist<br />
die unterschiedliche Reaktion an den<br />
Haustüren.<br />
An<br />
mancher<br />
Haustür,<br />
an der<br />
man viel<br />
erwartete,<br />
fiel die<br />
Spende<br />
dürftig<br />
aus und<br />
umgekehrt<br />
war<br />
die Überraschung<br />
riesengroß über eine ansehnliche<br />
Spende. Die Sammlung war auf jeden<br />
Fall erfolgreich und als Dank<br />
durften die 2 Buben (Otto Maier und<br />
Heinz Mayer) beim Glockenguss<br />
dabei sein. 1949 wurde die Glocke<br />
feierlich eingeweiht.ù
Die Glocken der <strong>Evangelische</strong>n Kirche <strong>Deizisau</strong><br />
Die Kreuzglocke<br />
Die Kreuzglocke ist die zweitgrößte<br />
und jüngste Glocke. Sie ist auf den<br />
Ton C’’ gestimmt und wurde im Jahr<br />
1957 gegossen. Ihr Gewicht beträgt<br />
261 Kilogramm. Als Aufschrift trägt<br />
sie Worte aus dem Psalm 104:<br />
„Lobe den<br />
Herrn,<br />
meine<br />
Seele und<br />
vergiss<br />
nicht, was<br />
er dir Gutes<br />
getan<br />
hat.“<br />
Mit dieser<br />
Glocke<br />
wird bei<br />
Sonntagsgottesdiensten<br />
vorgeläutet (eine volle und eine halbe<br />
Stunde vor Gottesdienstbeginn).<br />
Außerdem erinnert sie jeden Tag<br />
um 15 Uhr an die Sterbestunde Jesu.<br />
Die Betglocke<br />
Die Betglocke (im unteren Bild vorne)<br />
wiegt 385 Kilogramm und ist auf<br />
den Ton B’ gestimmt. Seit 1952<br />
hängt sie im Glockenturm und trägt<br />
als Inschrift die Worte „Bete und arbeite“.<br />
Dieser alte mönchische<br />
Grundsatz (auf lateinisch: „ora et<br />
labora“) stellt gewissermaßen den<br />
Grundakkord des Lebens der Christen<br />
dar. Sie ruft ihre Botschaft täglich<br />
um 6 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr<br />
den <strong>Deizisau</strong>ern zu. Außerdem erklingt<br />
sie während des Vaterunserbetens<br />
beim Gottesdienst und bildet<br />
die klangliche Basis des vollen Geläuts,<br />
mit dem zu den Gottesdiensten<br />
eingeladen wird.<br />
Vervollständigt wird der Gesamtklang<br />
des <strong>Deizisau</strong>er Geläutes nun<br />
durch die fünfte Glocke, die im Ton<br />
F’ erklingen und rund 900 Kilogramm<br />
wiegt.<br />
17
Die Glocken der Katholischen Kirche <strong>Deizisau</strong><br />
18<br />
Vier Glocken beherbergt der Kirchturm<br />
der Klemens-Maria-Hofbauer-<br />
Kirche in <strong>Deizisau</strong>:<br />
Die kleinste (im Bild oben links) ist<br />
dem Namenspatron der Kirche gewidmet.<br />
Sie wiegt 220 Kilogramm,<br />
hat einen Durchmesser von 68 Zentimeter<br />
und ertönt im Ton D‘‘. „Ich habe<br />
dich bei deinem Namen gerufen“<br />
lautet ihre Inschrift. Gestiftet wurde<br />
sie von den <strong>Deizisau</strong>er Katholiken.<br />
Die nächstgrößere Glocke ist die Marienglocke<br />
(oben rechts). Sie wiegt<br />
280 Kilogramm, hat einen Durchmesser<br />
von 77 Zentimeter und wurde von<br />
der katholischen Gesamtkirchengemeinde<br />
Plochingen finanziert. Ihre<br />
Inschrift lautet: „Maria, aufgenommen<br />
in den Himmel, erbitte uns von Gott<br />
Frieden!“. Sie erklingt im Ton C‘‘.<br />
Die größte Glocke (unten links) wiegt<br />
680 Kilogramm, hat einen Durchmesser<br />
von etwas über einem Meter und<br />
hat den Ton G‘. Als Inschrift trägt sie<br />
die Worte: „Den im Kampf Gefallenen,<br />
den in der<br />
Fremde Vermißten,<br />
den in der<br />
Heimat Geopferten<br />
zum Gedächtnis<br />
gestiftet<br />
von der Gemeinde<br />
<strong>Deizisau</strong>“. Sie<br />
trägt ein Bild des<br />
Erzengels Michael.<br />
Diese drei Glocken stammen aus der<br />
Stuttgarter Glockengießerei Kurtz<br />
und wurden am 23. Oktober 1960<br />
geweiht.<br />
Das Geläut wurde fünf Jahre später<br />
vervollständigt, als die Familie Paul<br />
Zeitler eine Glocke stiftete „zur Erin-<br />
nerung an meine gefallenen Brüder<br />
Josef und Wilhelm“, wie die Inschrift<br />
lautet. Sie trägt außerdem die Worte<br />
„mich goß E. Gebhard Kempten<br />
1965“ Diese zweitgrößte Glocke<br />
(unten rechts) hat einen Durchmesser<br />
von 92 Zentimeter und ertönt im<br />
Ton A‘.<br />
Um 7 Uhr, 12 Uhr und 19 Uhr ruft<br />
eine Glocke zum Gebet, und alle vier<br />
laden jeweils 15 Minuten vor Beginn<br />
zum Gottesdienst ein.
Die Glocke auf dem Alten Rathaus<br />
Sie stammt aus dem Jahr 1658. Diese<br />
Jahreszahl ist in der Glocke eingraviert.<br />
Das Alte Rathaus selber<br />
stammt aus dem Jahr 1728, das<br />
heißt die Glocke<br />
wurde<br />
vom abgebrochenenRathausgebäude<br />
übernommen.<br />
1658 - also<br />
zehn Jahre<br />
nach Ende<br />
des DreißigjährigenKrieges<br />
-zählte<br />
<strong>Deizisau</strong> nur<br />
noch 30 Einwohner.<br />
Vor<br />
dem Krieg<br />
waren es 150<br />
E i n w o h n e r<br />
gewesen.<br />
Das Glöcklein<br />
auf dem Alten<br />
Rathaus wurde<br />
1993/94 restauriert und ertönte<br />
am 1. Mai 1994 zum ersten Mal wieder.<br />
Die Glocke läutet um 8.30 Uhr, um<br />
12 Uhr und um 19 Uhr. In frühen Zeiten<br />
alarmierte sie die Bürger, wenn<br />
im Ort ein Feuer ausgebrochen war.<br />
Hört ihrs wimmern hoch vom Turm?<br />
Das ist Sturm!<br />
Rot wie Blut<br />
Ist der Himmel,<br />
Das ist nicht des Tages Glut!<br />
[Schiller, Das Lied von der Glocke]<br />
Rathausglocke und Friedhofsglocke<br />
Die Friedhofsglocke<br />
Im November 1970 wurde die neue<br />
Aussegnungshalle auf dem Friedhof<br />
ihrer Bestimmung übergeben. Seit<br />
dieser Zeit gibt es auch die Friedhofsglocke.<br />
Schwer und bang,<br />
Tönt die Glocke<br />
Grabgesang.<br />
Ernst begleiten ihre Trauerschläge<br />
Einen Wandrer auf dem letzten Wege.<br />
[Schiller: Das Lied von der Glocke]<br />
Sie wurde im Sommer 1970 gegossen<br />
und wiegt 45 Kilogramm. Ihr unterer<br />
Durchmesser beträgt 42 Zentimeter<br />
und sie ertönt im Ton B‘‘. Geliefert<br />
wurde sie von der Firma Hielscher.<br />
Als Inschrift trägt sie die Worte „Der<br />
Friede sei mit Euch“ (Lukas 24, Vers<br />
36) und<br />
als Symbol<br />
ein<br />
Kreuz.<br />
Das Geläut<br />
der<br />
Friedhofsg<br />
l o c k e<br />
g e l e i t e t<br />
den Sarg<br />
und die<br />
Trauergem<br />
e i n d e<br />
von der<br />
A u s s e g -<br />
nungshalle<br />
zum Grab. Außerdem ertönt sie nach<br />
Abschluss einer Trauerfeier anlässlich<br />
einer Feuerbestattung.<br />
19
<strong>Glockenfest</strong><br />
Samstag, 17. September 2005<br />
14.00 Uhr Einholung der Glocke<br />
Festzug von der Sirnauer Straße über die<br />
Karlstraße, Marktstraße, Holderstraße,<br />
Kirchstraße zur Kirche<br />
14.30 Uhr Andacht zur Glockeneinholung<br />
15.00 Uhr <strong>Glockenfest</strong><br />
Besichtigung der Glocke<br />
Darbietungen örtlicher Vereine<br />
Bewirtung<br />
In den Tagen danach kann die Glocke im Pfarrhof besichtigt<br />
werden.<br />
Festgottesdienst<br />
Sonntag, 9. Oktober 2005<br />
9.30 Uhr Festgottesdienst<br />
zur Einweihung der neuen Glocke<br />
mit dem Gospelchor<br />
anschließend:<br />
Kirchenkaffee im Gemeindehaus<br />
Die <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirchengemeinde</strong> <strong>Deizisau</strong> lädt herzlich ein.