<strong>St</strong>. Konrad Haslach Ehrenamt in der <strong>Behindertenhilfe</strong> Schaustellerfamilie Gebauer lädt seit 49 Jahre zur kostenlosen Nutzung ihrer Fahrgeschäfte ein – <strong>St</strong>. Konrad Haslach sagt herzlich DANKE Wangen: Autoskooter, Kettenkarussell, Babyflug konnten am Montagvormittag 17.11., die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung <strong>St</strong>. Konrad Haslach nach Herzenslust genießen. Seit 49 Jahren dürfen Frauen und Männer mit Behinderung kostenlos die Fahrgeschäfte der Schaustellerfamilie Gebauer beim Martinimarkt in Wangen nutzen. Neben den traditionellen Fahrgeschäften wagten sich einige Mutige ins Riesenrad mit 40 m Durchmesser. Als sich mit zunehmendem Tempo auch noch die Kabine um die eigene Achse drehte, blieb einem schon mal die Luft weg und mancher war froh, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Seniorchefin Bärbel Gebauer erzählte, dass ihr verstorbener Mann dieses Angebot für Menschen mit Behinderung eingeführt habe. „Für uns ist es selbstverständlich, dass wir diese Zeit für die Menschen aus <strong>St</strong>. Konrad reservieren. Es macht uns große Freude und mittlerweile kennen wir ja auch schon die allermeisten, die uns besuchen.“ Professorin Dr. Sigrid Kallfaß lehrt an der Hochschule Ravensburg-Weingarten in den <strong>St</strong>udiengängen Soziale Arbeit und Pflegepädagogik. Sie ist Mitglied im Hochschulrat und Sprecherin des Schwerpunkts angewandte Sozialforschung am Institut für angewandte Forschung. Professorin Kallfaß arbeitet außerdem seit vielen Jahren mit Landkreisen und Gemeinden in der Bodenseeregion im Bereich der Sozialplanung. Ein Themengebiet ihrer Forschung ist der Bereich Bürgerschaftliches Engagement. „Ehrenamt soll dem <strong>St</strong>aat helfen, Geld zu sparen“ ist in den Augen von Professorin Kallfaß eine völlig falsche Aussage. Ehrenamt erwächst aus dem Wunsch der Bürger, freiwillig etwas für andere zu tun. Ehrenamtliche kosten Geld, denn es ist wichtig sie zu begleiten und zu qualifizieren. Die Arbeit Ehrenamtlicher trägt nicht dazu bei, Kosten zu sparen. In diesem Zusammenhang beantwortet Kallfaß auch die Frage, was sie von bezahltem Ehrenamt halte, ganz deutlich: „Bezahltes Ehrenamt gibt es nicht“. Wenn eine Bezahlung erfolgt, meist mit einem geringen <strong>St</strong>undensatz, handelt es sich laut Kallfaß um einen sogenannten Niedriglohn. Hierzu zählt die Professorin auch die Vergütung für Freiwillige in der organisierten Nachbarschaftshilfe oder Übungsleiter in Sportvereinen. Ehrenamt im eigentlichen Sinn sei das nicht. Somit können Ehrenamtliche auch keine Konkurrenz zu Fachkräften in der <strong>Behindertenhilfe</strong> sein. Es gibt in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung Dinge, die Ehrenamtliche besser können als Fachkräfte, davon ist Sigrid Kallfaß überzeugt. Hierzu zählt sie alles, was mit Inklusion, der gleichbe- Die <strong>Jakobus</strong>pilger der <strong>St</strong>. <strong>Jakobus</strong> <strong>Behindertenhilfe</strong> rechtigten Teilhabe an und der Nicht- Ausgrenzung von Menschen mit einer Behinderung aus der bürgerlichen Gesellschaft zusammenhängt. Ehrenamtliche sind Bürger ihrer Gemeinde, deshalb „können“ sie bürgerschaftliches Leben besser als Fachkräfte. Fachkräfte hingegen sind, laut Kallfaß, an den <strong>St</strong>ellen in der <strong>Behindertenhilfe</strong> einzusetzen, an denen der Gesetzgeber sie und ihre Professionalität vorgibt. Das Verhältnis von Fachkräften und Ehrenamtlichen sieht Sigrid Kallfaß nicht als feindlich, sondern ergänzend an. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit Behinderung. Es kommt darauf an, dass Fachkräfte das Engagement Ehrenamtlicher zulassen. Sie müssen es als Teil ihrer Profession sehen, mit Ehrenamtlichen zu arbeiten. Nach Meinung der Wissenschaftlerin muss die Arbeit mit Ehrenamtlichen in den Ausbildungsplan der Fachschulen für Heilerziehungspflege aufgenommen werden. Wichtiger als eine von der Alltagsarbeit abgekoppelte Fachstelle für die Begleitung Ehrenamtlicher ist ihrer Ansicht nach, dass die Mitarbeiter an der Basis partnerschaftlich mit den Freiwilligen zusammenarbeiten. Gleichwohl sieht Kallfaß die Aufgabe professioneller Sozialarbeit in der Akquise, Motivation, Unterstützung und Fortbildung der Ehrenamtlichen. Auch soll deren Arbeit attraktiv gestaltet werden. Die Professorin fordert, aus Sicht des Ehrenamtlichen zu denken. Kleinere und mittlere Träger der <strong>Behindertenhilfe</strong> haben, so Kallfaß, keine Nachteile bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen. Den Schwerpunkt ehrenamtlicher Arbeit in der <strong>Behindertenhilfe</strong> sieht Kallfaß in gemeindenahen Wohn-, Arbeits- oder Freizeitformen von Menschen mit Behinderung, weniger im stationären Bereich. Im Gegenteil: Die Hemmschwelle, in große stationäre Einrichtungen zu gehen, ist für Ehrenamtliche sehr hoch. Gerade im ländlichen Raum könne man oft nicht erwarten, dass Ehrenamtliche in die Einrichtungen kommen. Hier seien neue Wege gefragt, zum Beispiel den Menschen mit Behinderung zum Ehrenamtlichen zu bringen, so dass er dort Zeit mit dessen Familie verbringen kann. Auf Netzwerke angesprochen, auf die Einrichtungen der <strong>Behindertenhilfe</strong> auf dem Land zugehen können, um Ehrenamtliche zu gewinnen, erwidert Kallfaß, dass die Kirchengemeinde klassische Anlaufstelle für das Ehrenamt, als Ansprechpartner immer weniger in Frage kommt. Die Zahl der Gemeindemitglieder sinkt und die wenigen Aktiven werden in den Kirchengemeinden selbst gebraucht. Frauengruppen, Schulen, Vereine und auch Angehörige der Menschen mit Behinderung sind daher wichtige Ansprechpartner. Die Einrichtungen der <strong>Behindertenhilfe</strong> müssen sich im Klaren sein, welche Ziele sie in der Arbeit mit Ehrenamtlichen verfolgen wollen, sagt Kallfaß. <strong>St</strong>eht für den Träger an oberster <strong>St</strong>elle die Zuverlässigkeit und Kontinuität der mitarbeitenden Personen oder möchte er, dass keine inhaltlichen Diskussionen geführt werden müssen, so ist eine Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen nicht möglich. Sind seine Ziele aber Inklusion und die Bereicherung des Alltags der Menschen mit Behinderung, dann ist Ehrenamt ein Erfolg versprechender Weg in der <strong>Behindertenhilfe</strong>. • Carolin Bucher Zusammen mit anderen Mitbewohnern besuchte Gisela Brose wie jedes Jahr den Rummel. Im Namen aller Menschen von <strong>St</strong>. Konrad überreichte sie Bärbel Gebauer mit Sohn Heinz und Schwiegersohn Ralf ein kleines Präsent als Dankeschön für die kostenlose Teilnahme an den Fahrgeschäften. Am 22. September starteten die MitarbeiterInnen unserer beiden Einrichtungen, <strong>St</strong>. Konrad Haslach und <strong>St</strong>. Johann Zussdorf, begleitet von Pfarrer Rudi Kaiser und Geschäftsführer Helmut Müller, zur ersten gemeinsamen Pilgerwanderung der <strong>St</strong>. <strong>Jakobus</strong> <strong>Behindertenhilfe</strong> auf dem deutschen <strong>Jakobus</strong>weg. Beim <strong>Jakobus</strong>weg oder „Camino de Santiago“ handelt es sich um ein dichtes, historisch belegtes Wegenetz, das ganz Europa durchzieht. Zielort ist „Santiago de Compostela“ im Nordwesten Spaniens. Hier befindet sich das Grab des Apostels <strong>Jakobus</strong>, zu dem seit dem 9. Jahrhundert unzählbar viele Menschen pilgern. Neben Rom und Jerusalem ist Santiago de Compostela eines der wichtigsten christlichen Fernwallfahrtsziele. mit einem Morgenimpuls in der Pfarrkirche „<strong>St</strong>. <strong>Jakobus</strong>“ in Brochenzell. Nachdem Pfr. Kaiser uns den Reisesegen gespendet hatte, konnte es los gehen. Unser ca. 20 km langes Teilstück führte uns von Brochenzell durch das schöne Oberschwaben, vorbei an Feldern, grünen Wiesen und Obstplantagen bis nach Markdorf. Mittagspause konnten wir in Oberteuringen halten und die Rast tat allen sehr gut. Frisch gestärkt konnten wir nach dem Mittagsimpuls den zweiten Teil des Pilgerweges antreten. Der knapp dreistündige Fußmarsch führte uns nach Markdorf. Dort versammelten wir uns noch einmal zu einem kurzen Gottesdienst in der Pfarrkirche. Leider hat uns der Regen kurz vor Markdorf doch noch eingeholt. Aber dieser Umstand, der einen Pilger auf dem <strong>Jakobus</strong>weg auf keinen Fall aus der Fassung bringen kann, tat der Freude keinen Abbruch. Die Pilgerwanderung gab Gelegenheit, die Kollegen der jeweils anderen Einrichtung kennen zu lernen und sich intensiv auszutauschen. Großer Dank gilt Herrn Pfarrer Kaiser für seine Begleitung und geistlichen Impulse sowie Sr. Veronica (Organisation der Pilgerwanderung) und Herrn Leierseder (musikalische Unterstützung). Ein gelungener und ereignisreicher Tag, bei dem die Vorfreude auf ein nächstes Mal bereits während der 1.Pilgerwanderung zu erkennen war. ULTREIA! [lat. Vorwärts!; Weiter!] (Pilgerzuruf) • Klaus Günthner 16 Frauen und Männer starteten an diesem 22.September um 10:00 Uhr Der <strong><strong>Jakobus</strong>bote</strong> 2. Ausgabe 2008