seitenbühne Nr. 10 - Staatsoper Hannover
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Seite 24 | seitenbühne<br />
Nachruf<br />
Max Vax †<br />
Am Anfang dieser Spielzeit stand eine Schreckensnachricht: In diesem<br />
Jahr sind nicht alle wohlbehalten aus den sechswöchigen Theaterferien<br />
zurückgekehrt. Der Pianist Max Vax ist in der zweiten<br />
Ferienwoche, am 22. Juli 2008, in seiner russischen Heimat bei<br />
einem Autounfall ums Leben gekommen. Seit 2000 hatte er als<br />
Korrepetitor für das Ballett der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> gearbeitet.<br />
Die <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> betrauert den frühen Tod eines groß -<br />
artigen Musikers, beliebten Kollegen und wunderbaren Menschen.<br />
Intendant Michael Klügl: „Ich mochte Max Vax sehr. Er war ein<br />
äußerst sympathischer und gewinnender Mensch, ein zuverlässiger<br />
Ballettkorrepetitor und vor allem ein Jazz-Pianist der Extraklasse:<br />
In seinem Spiel verbanden sich eine enorme Virtuosität mit<br />
spielerischer Intelligenz, indem er russische Klaviertradition mit<br />
amerikanischem Jazz verband, und einer großen Klangsensibilität,<br />
die er im Opernhaus unter anderem mit Werken von Rachmaninow<br />
und Schostakowitsch demonstrierte. Sein früher Tod ist ein<br />
Schock für alle, die ihn besser kannten.“ Auch die „klassischen“<br />
Musiker-Kollegen trauern um ihn. Stellvertretend für viele<br />
Kapellmeister Lutz de Veer: „Als ich Max mit seinem Trio das erste<br />
Mal erlebte, war ich vom ersten Augenblick an fasziniert von seinem<br />
energiegeladenen Spiel, diesem treibenden Swing und seiner<br />
grandiosen stilistischen Sicherheit. Später lernte ich ihn persönlich<br />
kennen, es gab viele anregende Momente, gemeinsame Projekte<br />
sollten folgen. Das Schicksal hat anders entschieden … Bleibt<br />
mir die Erinnerung an einen vom Jazz besessenen und dennoch<br />
bescheidenen Menschen, der in seinen Aufnahmen weiterleben<br />
wird.“<br />
Max Vax, mit bürgerlichem Namen Maxim Vaks, wurde 1975 im<br />
russischen Gorkij geboren. Mit sechs Jahren erhielt er den ersten<br />
Klavierunterricht, mit 13 Jahren entdeckte er den Jazz. Aufgewachsen<br />
in der klassischen russischen Klaviertradition, fand er<br />
eine Verbindung der Werke von Rachmaninow, Prokofjew, Chopin<br />
und Liszt zu seinen Interpretationen der Stücke aus dem<br />
Broadway Songbook und später zu eigenen Kompositionen. Die<br />
musikalischen Prinzipien des klassischen Klaviers schienen ihm<br />
nicht nur übertragbar in die musikalische Welt des Jazz, sondern<br />
sehr bereichernd, als eine „Entdeckungsreise zu unbegrenzten<br />
kreativen Möglichkeiten“. Wer Max Vax einmal hat spielen hören,<br />
den wundert nicht, die Namen Art Tatum, Thelonious Monk, Bill<br />
Evans und ganz besonders Oscar Peterson als Fixsterne über seinem<br />
künstlerischen Weg zu finden.<br />
Mit 18 Jahren kam er in den Westen. Am Rotterdam Conservatory<br />
studierte er von 1993 bis 1999 Jazz-Klavier, ein Semester verbrachte<br />
er am Berklee College of Music in Boston, als Schüler von<br />
Hal Crook, Ray Santisy, Lazlo Gardony, Dave Samuels und Don<br />
Friedman. Letzterer schrieb die einleitenden Worte für die erste<br />
CD des Max Vax Trios. 1998 kam sie heraus: „A Personal Touch“,<br />
von Max Vax zusammen mit Hein van der Geyn und Sharon Rosner<br />
(Bass) und Ralf Jackowski (Schlagzeug) eingespielt. 2001 folgte<br />
die zweite CD des Trios, „Unspoken Words“. Neben der Arbeit<br />
mit dem Trio verfolgte Max Vax die eigene Solo-Karriere: 2003<br />
gewann er den ersten Preis bei der 5. Monaco International Jazz<br />
Soloists Competition. In der Quartett-Formation mit Jens Heisterhagen,<br />
Jackowski und Volker Winck am Saxophon errang Max<br />
Vax 2004 den ersten Preis beim 3. International Jazz Contest in<br />
Granada. „The Best European Jazz Group“ – dieses Urteil der Jury<br />
eröffnet heute noch die Website von Max Vax: www.maxvax.com.<br />
Sie bleibt mit Bildern, Videos und Texten ein Ausgangspunkt der<br />
Erinnerung an Max Vax. Alle, die ihn nicht kannten, können hier<br />
entdecken, welch großes Talent uns in diesem Sommer viel zu früh<br />
verlassen hat.<br />
Max selbst begrüßt den Besucher der Seite mit einem Credo seines<br />
Musizierens: „Die menschliche Seele ist vielleicht das größte<br />
aller Geheimnisse. Je mehr wir von ihr entdecken, desto weniger<br />
verstehen wir sie. Die Furcht vor diesen Entdeckungen lässt uns<br />
zurückschrecken oder emotional verhärten. Eines der Ziele dieser<br />
Aufnahmen ist das emotionale Erwachen und die Intensität des<br />
Fühlens. Musik ermöglicht uns auszudrücken, was wir fühlen, aber<br />
kaum in Worte fassen können. Wenn Sie also diese Musik hören,<br />
versuchen Sie zu vergessen, was Sie wissen, was Sie wissen möchten<br />
oder wovor Sie Angst haben. Versuchen Sie zu fühlen.“ Die<br />
Musik von Max Vax können wir noch hören. Das Fühlen dabei ist<br />
aber von Fassungslosigkeit und Trauer bestimmt.<br />
Swantje Gostomzyk