Domrufe - Das Evangelium...
Domrufe - Das Evangelium...
Domrufe - Das Evangelium...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die Johanneskapelle im Dom<br />
1301 erwähnt der Wetzlarer Nekrolog<br />
den Tod des Vikars Johannes von<br />
Dalheim, der dem „vicarius altaris S.<br />
Marci in nova capella“ zwei Mark<br />
gestiftet hatte. Die „nova capella“, die<br />
heutige Johanneskapelle, muss also<br />
schon 1301 bestanden haben. Die<br />
Johanneskapelle diente im Laufe der<br />
Geschichte unterschiedlichen Zwecken.<br />
Zunächst diente sie als Altarplatz und<br />
Grablege, später als katholische<br />
Sakristei und schließlich als<br />
Dommuseum, in dem sich noch weit<br />
bis ins 20. Jahrhundert so manches<br />
„Erwähnenswerte“ (Heinrich Gloel)<br />
befand.<br />
Heute ist in ihr das bedeutendste<br />
Kunstwerk des Wetzlarer Domes, die<br />
Pietà (auch Vesperbild genannt),<br />
untergebracht. Schon bevor man die<br />
drei Stufen zur Johanneskapelle empor<br />
geht, beeindruckt diese wunderbare<br />
Darstellung, die zu den größten ihrer<br />
Art zählt. Sie misst ohne Sockel 1,84<br />
m. Sie zeigt Maria sitzend im blauen<br />
Kleid und weißen Mantel. <strong>Das</strong><br />
22<br />
Kopftuch trägt sie wie<br />
einen Schleier. Auf dem<br />
Schoß trägt sie den<br />
leblosen Körper ihres<br />
Sohnes, den man vom<br />
Kreuz abgenommen hat.<br />
Maria präsentiert ihren<br />
Sohn, der nicht nur von<br />
ihr beweint wird, dem/der<br />
Betrachter/in. Ihr Blick<br />
ruht auf dem gekreuzigten<br />
und geschundenen Körper<br />
und zugleich ist ihr<br />
Gesicht dem zugewandt, der betend vor<br />
dem Vesperbild steht. Die Wunden Jesu<br />
sind stark betont und Blutstropfen<br />
quellen aus ihnen hervor. Die Größe der<br />
Wunden ermöglichte es dem Betrachter<br />
des Mittelalters, seine Finger und damit<br />
all seine Sorgen und sein Leid in diese<br />
Wunden zu legen. Noch heute kommen<br />
viele Menschen mit ihren Sorgen in die<br />
Johanneskapelle, um Trost und<br />
Stärkung zu erfahren.<br />
Rechtzeitig zum Hessentag wurde die<br />
Johanneskapelle wieder für Besucher<br />
geöffnet, nachdem sie zuvor von<br />
Restaurator Berthold Engel unter der<br />
fachlichen Begleitung von Architekt<br />
Herbert Eßer in beeindruckender und<br />
gelungener Weise restauriert wurde.<br />
Peter Kollas, Pfarrer