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1 Sophie Wolfrum Antrittsvorlesung TUM 2004 Szene Stadt _ der ...

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sind wir als Betrachter gleichzeitig Akteur. Dagobert Frey entfaltete in seinen<br />

Prolegomena zu einer Kunstphilosophie die Auffassung über das Wesen <strong>der</strong> Architektur:<br />

In <strong>der</strong> Architektur sind wir „Mitspieler“, während wir in den Bildkünsten<br />

„Zuschauer“ bleiben. 20<br />

„Ein Mann (Mensch) geht durch den Raum, ein an<strong>der</strong>er sieht ihm zu. das ist<br />

alles, was zu einer Theaterhandlung notwendig ist.“ Mit diesem bekannten Satz<br />

Peter Brooks hat <strong>der</strong> Gedankengang begonnen. Aber im Unterschied zum Theater<br />

sind bei <strong>der</strong> Architektur Zuschauer und Darsteller <strong>der</strong>selbe Mensch. Man sieht sich<br />

selbst durch den Raum gehen, <strong>der</strong> Raum macht einen auf bestimmte Weise gehen:<br />

er beför<strong>der</strong>t, verlangsamt, saugt, beruhigt o<strong>der</strong> dehnt etc. Man wird sich<br />

seines im Raum Seins bewusst. In städtischen Räumen, die wir als Gesellschaft<br />

erzeugen, wird das natürlich komplizierter. Entscheidend an Architektur (ob Haus<br />

o<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> o<strong>der</strong> Landschaft) ist, wie sie uns agieren lässt, was sie mit uns macht,<br />

wie sie sich in Situationen entfaltet.<br />

Auf keinen Fall bedeutet das zu dirigieren, wie man sich zu verhalten habe.<br />

Vielmehr besteht die Herausfor<strong>der</strong>ung an den architektonischen Entwurf, <strong>der</strong><br />

<strong>Stadt</strong> offene Räume bereitzustellen für ein beiläufig bemerktes frei entfaltetes<br />

Handeln. Die Aufgabe des Städtebaus ist es, eine offene szenische Kapazität zu<br />

erzeugen (in Anlehnung an den Begriff einer offenen semantischen Kapazität).<br />

Städtische Räume dürfen nicht festgelegt auf nur einen bestimmten Gebrauch<br />

sein, sie müssen verschieden interpretierbar sein, in verschiedenen Zeiten von<br />

verschiedenen Menschen genutzt werden.<br />

Für solche Räume gibt es viele Beispiele, seit einiger Zeit rücken diejenigen<br />

ins Zentrum <strong>der</strong> professionellen Aufmerksamkeit, die gerade <strong>der</strong> „Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong><br />

<strong>Stadt</strong>planer“ zu verdanken sind: Niemandslän<strong>der</strong>, urban voids: 21 „Niemandslän<strong>der</strong><br />

... sind attraktiv, weil sie niemanden und nichts repräsentieren, keine Macht, keinen<br />

Besitz – es sind Orte entmachteter Symbole. Die Entmachtung besteht aber<br />

nicht in ihrer Negation, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Austauschbarkeit <strong>der</strong> Symbole, in <strong>der</strong> Mög-<br />

20<br />

Frey 1946, S. 93 ff<br />

21 urban void _ Seminar und Entwurf an <strong>der</strong> TU München WS 2003/04<br />

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