05.08.2014 Aufrufe

Bewertung und Optimierung von Geschäftsprozessen bei Mergers ...

Bewertung und Optimierung von Geschäftsprozessen bei Mergers ...

Bewertung und Optimierung von Geschäftsprozessen bei Mergers ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

519<br />

Dipl.-Ing.<br />

Michael Knoblauch, M.Eng., MBA<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong><br />

<strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong><br />

<strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Ein Ansatz, der die Kulturen<br />

in Unternehmen in den Fokus<br />

rückt.


520<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Inhalt<br />

1 Summary 521<br />

2 Projekthintergr<strong>und</strong> 522<br />

3 Ausgangssituation <strong>und</strong> Projektziel 523<br />

4 Kulturgerechte Prozessgestaltung 525<br />

4.1 Unternehmenskultur 526<br />

4.2 Kulturdimensionen 526<br />

4.3 Kulturanalyse 527<br />

4.4 Analyse <strong>von</strong> Geschäftsprozessen 529<br />

4.5 Kultureinfluss auf Geschäftsprozesse 529<br />

4.6 Zusammenhang <strong>von</strong> Kulturdimensionen <strong>und</strong><br />

Geschäftsprozessmerkmalen 531<br />

4.7 <strong>Bewertung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen 532<br />

4.8 Methodisches Vorgehen 533<br />

4.9 Fall<strong>bei</strong>spiel 534<br />

5 Ergebnis <strong>und</strong> Ausblick 543


Michael Knoblauch 521<br />

1 Summary<br />

Im Rahmen zunehmender Globalisierung expandieren Organisationen auf internationalen<br />

Märkten. Die Internationalisierung des Wettbewerbs erfolgt häufig<br />

durch Unternehmensübernahmen <strong>und</strong> -zusammenschlüsse. Das Merger & Akquisitions-Geschäft<br />

(M&A) gewinnt aufgr<strong>und</strong> dieser Entwicklung seit einigen Jahren<br />

zunehmend an Bedeutung. Während der Integrationsphase z.B. nach einer<br />

Firmenübernahme kommt es jedoch häufig zu Problemen. Verschiedene Studien<br />

attestieren Misserfolgsquoten zwischen 20 <strong>und</strong> über 50 %. Als Hauptursache für<br />

das Scheitern <strong>von</strong> Unternehmensübernahmen <strong>und</strong> -zusammenschlüssen werden<br />

häufig Kulturunterschiede identifiziert. Da<strong>bei</strong> erscheinen inkompatible Unternehmenskulturen<br />

als primäres Hindernis für die Nutzung <strong>von</strong> Synergieeffekten nach<br />

einer Fusion, obwohl eine Zusammenlegung <strong>von</strong> doppelten Funktionseinheiten<br />

umfangreich geplant, im Rahmen eines systematischen Change Management<br />

verfolgt <strong>und</strong> umgesetzt wird.<br />

Zunehmend werden auch die persönlichen Aspekte berücksichtigt <strong>und</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

über Standorte hinweg zu gemeinsamen „Integration Camp’s“ eingeladen. Was<br />

bislang jedoch häufig fehlt, ist die zusätzliche Berücksichtigung der kulturellen<br />

Unterschiede <strong>bei</strong> der Definition der zukünftigen Verantwortlichkeiten, Aufgabenteilungen<br />

<strong>und</strong> insbesondere <strong>bei</strong> der Gestaltung einheitlicher Geschäftsprozesse.<br />

Hierfür gibt es bisher kaum Konzepte, die eine Berücksichtigung der kulturellen<br />

Aspekte <strong>bei</strong> der Prozessgestaltung <strong>und</strong> -optimierung ermöglichen.<br />

Um im Rahmen der Post-Merger Integrationsberatung (PMI-Beratung) den oben<br />

beschriebenen Malus der mangelnden Berücksichtigung <strong>von</strong> kulturellen Aspekten<br />

insbesondere <strong>bei</strong> der Gestaltung <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> der Geschäftsprozesse entgegenzuwirken,<br />

wird im Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t die vorhandene PMI-Toolbox erweitert.<br />

Es wird eine Methode für die <strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen<br />

entwickelt, die insbesondere die kulturelle Tauglichkeit der Prozesse<br />

überprüft <strong>und</strong> Ansätze zur <strong>Optimierung</strong> verdeutlicht.<br />

h&z ist eine international agierende Unternehmensberatung mit den Schwerpunkten<br />

Business Excellence, Procurement & Supply Chain, Production & Technology,<br />

Sales & Growth <strong>und</strong> Service. Seit 1997 werden mit „Hirn, Herz <strong>und</strong> Hand“ sehr<br />

erfolgreich Großunternehmen <strong>und</strong> Mittelstandsk<strong>und</strong>en in Industrie <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />

unterstützt. Der Beratungsumfang reicht hier<strong>bei</strong> oft <strong>von</strong> der Analyse bis<br />

weit in die Umsetzung hinein. Für die Unterstützung <strong>bei</strong> Unternehmenszusammenschlüssen<br />

<strong>und</strong> -übernahmen existiert bereits ein umfangreicher Beratungsansatz,<br />

in dem die wesentlichen Aspekte einer Integrationsstrategie systematisch<br />

zusammengeführt werden.


522<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

2 Projekthintergr<strong>und</strong><br />

Bei der Gründung neuer Niederlassungen sowie während der Integrationsphase<br />

nach Firmenübernahmen <strong>und</strong> -zusammenschlüssen kommt es häufig zu Problemen<br />

<strong>und</strong> Missverständnissen. Beispiele aus den USA zeigen, dass es nur in wenigen<br />

Fällen gelungen ist, Firmen im unternehmerischen Sinne erfolgreich zu fusionieren<br />

(vgl. auch [PORT87; S. 30ff.]). Zusammengefasst bestätigen verschiedene<br />

Studien Misserfolgsquoten zwischen 20 <strong>und</strong> über 50 % ([SCHR05; S. 19] nach<br />

[FRAN93; S. 135], [VISC99]).<br />

Abbildung 1: Misserfolgsquoten <strong>bei</strong> Unternehmensübernahmen.<br />

Zum Teil ergibt sich die Misserfolgsquote aufgr<strong>und</strong> unglücklich gewählter Messgrößen.<br />

So sind eingesetzte finanzwirtschaftliche Kennzahlen wie Return on Invest<br />

(ROI), Cash Flow Rentabilität, Buchwertabschreibung, Eigenkapitalverzinsung<br />

oder Bilanzsummen unzureichend zur ganzheitlichen Erfolgsbewertung <strong>von</strong><br />

Akquisitionen oder Zusammenschlüssen. Auch andere Kenngrößen wie operatives<br />

Ergebnis, Umsatz oder Markanteil sind zur Messung des Integrationserfolges<br />

zu ungenau. Das tatsächlich zu erreichende Ziel wird so in den seltensten<br />

Fällen gemessen. Trotz schlechter genereller Messbarkeit kann jedoch aufgr<strong>und</strong><br />

der Vielzahl <strong>von</strong> Studien mit ihren ernüchternden Ergebnissen festhalten werden,<br />

dass Übernahmen oder Fusionen offensichtlich alles andere als risikoarm sind.<br />

Für die Misserfolgsquoten <strong>von</strong> Fusionen gibt es verschiedene Erklärungsansätze.<br />

Krathz nennt als Gründe eine überoptimistische Einschätzung des Managements<br />

(bzgl. Synergieerzielung, Marktentwicklung, etc.) sowie eine unzureichende rechtliche<br />

<strong>und</strong> betriebswirtschaftliche Abwicklung der Transaktion [KRAT89; S. 27ff.].<br />

Möller benennt als Ursachen fehlende Mobilitätsbereitschaft, allgemeinen Widerstand<br />

der Mitar<strong>bei</strong>ter gegen Veränderungen sowie Identifikationsprobleme mit den<br />

Produkten. Als Hauptursache für das Scheitern <strong>von</strong> Unternehmensübernahmen<br />

<strong>und</strong> -zusammenschlüssen werden häufig Kulturunterschiede identifiziert. Mangel-


Michael Knoblauch 523<br />

hafte Kommunikation, unvollständige Integrationsstrategien, Kulturunterschiede<br />

zwischen den fusionierten Unternehmen sowie Managementfehler sind laut einer<br />

Untersuchung <strong>von</strong> Roffey Park Management mitverantwortlich für das Scheitern<br />

<strong>von</strong> Fusionen. Einer Umfrage des Forbes Institute unter 500 Finanzvorständen<br />

zufolge stellen inkompatible Unternehmenskulturen gar das primäre Hindernis<br />

<strong>bei</strong> der Erreichung der mit einer Fusion angestrebten Synergien dar ([ROFF99]).<br />

Auch weitere Studien <strong>und</strong> Untersuchungen <strong>von</strong> Ploenzke Management Consulting,<br />

Jansen & Pohlmann, A-C-R <strong>und</strong> Watson Wyatt Management Consutants bescheinigen<br />

immer wieder, dass kulturelle Unterschiede, die Nicht-Beachtung der<br />

„weichen Faktoren“, Schwierigkeiten in der Integration <strong>von</strong> Kulturen, Strukturen<br />

<strong>und</strong> Abläufen sowie die Beschäftigung der Mitar<strong>bei</strong>ter mit sogenannten „Me-Issues“<br />

eine zentrale Rolle für die Probleme <strong>bei</strong> der Integration spielen ([PLOE99],<br />

[JANS00; S. 32], [A-C-01], [WATS01]).<br />

3 Ausgangssituation <strong>und</strong> Projektziel<br />

So, wie die Entscheidung für eine Akquisition auf Basis einer f<strong>und</strong>ierten <strong>Bewertung</strong><br />

im Rahmen der Due Diligence erfolgen sollte, ist es offensichtlich erforderlich,<br />

für die Phase nach der Fusion/ Übernahme eine klare Integrationsstrategie<br />

zu definieren <strong>und</strong> konsequent zu verfolgen. Die üblichen Schritte im Rahmen einer<br />

systematischen Integrationsunterstützung sind:<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

Identifikation <strong>von</strong> Synergiepotentialen <strong>und</strong> Integrationsvorbereitung<br />

Entwicklung der Integrationsstrategie <strong>und</strong> PMI-Scorecard zur regelmäßigen<br />

Überwachung des Erfolgs <strong>und</strong> Identifikation des weiteren Handlungsbedarfes<br />

Kontinuierliches Programm, Risk <strong>und</strong> Transitions Management<br />

Unterstützung funktionaler Teams <strong>bei</strong> der Integrationsumsetzung<br />

Inhaltlich werden Integrationen scheinbar zumeist sehr gut betreut. Auch persönlichen<br />

Aspekte werden berücksichtigt <strong>und</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter über Standorte hinweg zu<br />

gemeinsamen „Integration Camp’s“ eingeladen. Dennoch reicht dies nicht aus.<br />

Es ist erkennbar, dass kulturelle Unterschiede zunächst bewusst wahrgenommen<br />

<strong>und</strong> akzeptiert werden müssen, um eine optimale Zusammenar<strong>bei</strong>t zu ermöglichen.<br />

Eine vollständige Harmonisierung der Kultur in einem global agierenden<br />

Unternehmen ist da<strong>bei</strong> kaum möglich. Offensichtlich ist jedoch, dass geographisch<br />

oder durch die Geschichte verankerte Werte, Normen <strong>und</strong> Symbole (die<br />

drei Säulen der Kultur [PODS04; S. 3]) nicht beliebig veränderbar sind. Somit<br />

kann es immer ein entsprechendes Delta zwischen den Unternehmenskulturen<br />

an verschiedenen Standorten geben. Umso wichtiger ist es daher, diese kulturellen<br />

Unterschiede aktiv <strong>bei</strong> der Integration, vor allem jedoch auch <strong>bei</strong> der Gestaltung<br />

der operativen Tätigkeiten zu berücksichtigen.


524<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Was bislang häufig fehlt, ist die zusätzliche Berücksichtigung der kulturellen Unterschiede<br />

<strong>bei</strong> der Definition der zukünftigen Verantwortlichkeiten, Aufgabenteilungen<br />

<strong>und</strong> insbesondere <strong>bei</strong> der Gestaltung einheitlicher Geschäftsprozesse.<br />

Hierfür gibt es bisher kaum Konzepte, die eine Berücksichtigung der kulturellen<br />

Aspekte <strong>bei</strong> der Prozessgestaltung <strong>und</strong> optimierung ermöglichen. Die h&z Unternehmensberatung<br />

möchte an dieser Stelle anknüpfen <strong>und</strong> die bisherige Toolbox<br />

erweitern.<br />

In Abbildung 2 sind die einzelnen Bausteine des Beratungsansatzes für Integrationsprojekte<br />

<strong>bei</strong> Unternehmenszusammenschlüssen <strong>und</strong> -übernahmen dargestellt.<br />

Die wesentlichen Aspekte bzw. Bausteine fügen sich zu einer systematischen<br />

Methodik zusammen.<br />

Abbildung 2: Beratungsansatz <strong>bei</strong> Integrationsprojekten.<br />

Zu den wesentlichen Aspekten gehören<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

Integrationsstrategie: Kern des Beratungsansatz <strong>und</strong> Ergebnis der Zusammenführung<br />

der einzelnen Aspekte: hier wird die Vorgehensweise zur Umsetzung<br />

der Unternehmensstrategie unter Berücksichtigung der Integrationsziele<br />

<strong>und</strong> aller Restriktionen festgelegt.<br />

Programm Management: Systematisierung, Koordination <strong>und</strong> Controlling aller<br />

Integrationsprojekte <strong>von</strong> der Initialisierung bis zur Übergabe in die Linie<br />

Governance: Berücksichtigung externer Rahmenbedingungen wie Aufsicht,<br />

Recht <strong>und</strong> Steuern sowie Formulierung <strong>von</strong> Integrationsleitlinien unter Einbe-


Michael Knoblauch 525<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ziehung interner Vorgaben; Eingliederung in die Gruppenstruktur <strong>und</strong> Neustrukturierung<br />

der Aufbauorganisation<br />

Change Management & Personal: Sicherstellung des Integrationserfolges<br />

durch Berücksichtigung kultureller Faktoren; Zusammenführung <strong>und</strong> Motivation<br />

des Humankapitals<br />

Finanzen: Harmonisierung des externen Rechnungswesen, Controllings <strong>und</strong><br />

Risikomanagements; Realisierung <strong>von</strong> Synergien im Liquiditätsmanagement<br />

<strong>und</strong> in der Kapitalanlage<br />

Produkte: Definition der Produktstrategie <strong>und</strong> Durchführung des Produktmappings<br />

(auch für Dienstleistungen); Begleitung des Entscheidungsprozesses<br />

<strong>und</strong> der produktspezifischen Umsetzung<br />

Marketing & Vertrieb: Anpassung der Marketingstrategie im Hinblick auf Markenauftritt,<br />

Zielgruppen, Produkte <strong>und</strong> Kommunikation; Adjustierung des Vertriebsmodells,<br />

insbesondere Strukturen <strong>und</strong> Instrumente<br />

IT: Sicherung des laufenden Geschäfts während der Transformation; Festlegung<br />

der IT-Strategie; Definition der Zielarchitektur; Migration <strong>von</strong> Anwendungen<br />

<strong>und</strong> Daten<br />

Geschäftsbetrieb: Realisierung der Synergiepotenziale durch Harmonisierung<br />

der Ablauforganisation; <strong>Optimierung</strong> des internen <strong>und</strong> externen Sourcing-<br />

Konzepts<br />

Der dargestellte Ansatz soll um eine Methodik für die <strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong><br />

<strong>von</strong> Geschäftsprozessen erweitert werden, die insbesondere die kulturelle Tauglichkeit<br />

der Prozesse überprüft <strong>und</strong> Ansätze zur <strong>Optimierung</strong> verdeutlicht. Dadurch<br />

soll sichergestellt werden, dass die Geschäftsprozesse nach Unternehmensübernahmen<br />

<strong>und</strong> -zusammenschlüssen in allen bisherigen <strong>und</strong> neuen Unternehmenskulturen<br />

des Gesamtunternehmens stabile Prozessergebnisse liefern.<br />

4 Kulturgerechte Prozessgestaltung<br />

Zur Erar<strong>bei</strong>tung der Methode müssen für dieses Projekt zunächst Charakteristika<br />

für Unternehmenskulturen erar<strong>bei</strong>tet <strong>und</strong> definiert werden. Zur jeweiligen <strong>Bewertung</strong><br />

<strong>von</strong> Unternehmenskulturen werden Kulturdimensionen festgelegt. Außerdem<br />

müssen für eine vollständige Integrationsberatung auch die Geschäftsprozesse<br />

analysiert werden. Diese bilden den zweiten Teil der Betrachtung. Da<strong>bei</strong><br />

werden sowohl der IST- als auch der SOLL-Zustand aufgenommen. Mit Hilfe <strong>von</strong><br />

<strong>Bewertung</strong>smatrizen können dann im Anschluss die Unternehmenskulturen <strong>von</strong><br />

Stamm- <strong>und</strong> Zielhaus bewertet werden. Zu allererst sind jedoch die relevanten<br />

Begriffe zu klären.


526<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

4.1 Unternehmenskultur<br />

Für den Begriff der „Unternehmenskultur“ existiert heute eine große Anzahl unterschiedlicher<br />

Definitionen. Viele Vertreter wie z. B. Schein oder Adler & Jelinek<br />

leiten das Konzept explizit aus der Kulturanthropologie ab <strong>und</strong> fordern, die Unternehmung<br />

gewissermaßen als eine Art Miniaturgesellschaft mit eigener Kultur zu<br />

begreifen (vgl. [SCHE85], [ADLE86; S. 73ff.]). Unternehmenskulturen sind also<br />

ein soziales <strong>und</strong> kein individuelles Phänomen, obgleich die Manager in einem<br />

Unternehmen eine zentrale Rolle <strong>bei</strong> der Kollektivierung <strong>von</strong> (gewollten) Werten<br />

spielen. Über latente Werte- <strong>und</strong> Normensysteme wirken sie (überwiegend unbewusst)<br />

verhaltenssteuernd. Da Unternehmenskulturen überliefert werden, sind sie<br />

im Sozialisationsprozess erlernbar <strong>und</strong> wandlungsfähig. Sie manifestieren sich<br />

da<strong>bei</strong> in Symbolen (kulturelle Artefakte), die kommunikations- (z. B. Geschichten,<br />

Mythen), handlungs- (z. B. Betriebsfeiern, -ausflüge) oder objektorientiert (z. B.<br />

Firmenwagen, Mobiltelefone) sein können. Für die Betrachtung <strong>von</strong> Einflussfaktoren<br />

auf Geschäftsprozesse reichen diese ganzheitlichen Beschreibungen <strong>von</strong><br />

Kulturtypen für Unternehmenskulturen kaum aus. Vielmehr ist eine differenzierte<br />

Beschreibung der verschiedenen Variablen einer Kultur, den so genannten Kulturdimensionen,<br />

nötig.<br />

4.2 Kulturdimensionen<br />

Eine Kulturdimension ist eine Variable zur differenzierten Beschreibung einer Kultur.<br />

Für eine umfangreiche <strong>und</strong> möglichst viele Charakteristika abdeckende Beschreibung<br />

<strong>von</strong> Kulturen konnten da<strong>bei</strong> durch Vergleichen <strong>und</strong> Zusammenfassen<br />

<strong>von</strong> verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen elf unabhängige Dimensionen<br />

identifiziert werden.<br />

Diese komprimierte Darstellung der Kulturdimensionen deckt somit einen umfangreichen<br />

Betrachtungsrahmen ab <strong>und</strong> erlaubt dadurch eine sehr differenzierte<br />

Analyse <strong>und</strong> Beschreibung <strong>von</strong> Kulturen in Unternehmen <strong>und</strong> Gemeinschaften,<br />

die für die Verwendung <strong>bei</strong> der kulturgerechten Gestaltung <strong>und</strong> <strong>Bewertung</strong> <strong>von</strong><br />

Geschäftsprozessen nötig ist.<br />

1. Machtdistanz: Sie beschreibt die Stellung des Menschen in der Gesellschaft<br />

bezüglich dessen Status, Wohlstand, Ansehen etc.<br />

2. Unsicherheitsvermeidung: Diese bildet die Reaktionen einer Kultur auf die<br />

Gestaltung ihrer eigenen Zukunft ab.<br />

3. Beziehung zwischen den Menschen: Sie beschreibt die gr<strong>und</strong>sätzliche Einstellung<br />

einer Kultur gegenüber der Essenz des menschlichen Zusammenlebens.<br />

Ergänzt wird dies durch den Aspekt des sozialen Umgangs miteinander<br />

sowie dem diskutiven Verhalten <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Fähigkeiten einzelner<br />

gegenüber anderen.


Michael Knoblauch 527<br />

4. Individualismus vs. Kollektivismus: Individualistische Kulturen stellen die<br />

Individuen <strong>und</strong> das Wohl des Einzelnen in dem Vordergr<strong>und</strong>, wohingegen in<br />

kollektivistischen Kulturen die Gruppe <strong>und</strong> das Gemeinwohl Vorrang haben.<br />

5. Geschlechtergleichheit: Diese Dimension beschreibt die geschlechterspezifische<br />

Stellung sowie die Rollenverteilung in der Gesellschaft <strong>und</strong> bewertet so<br />

die Gleichheit <strong>und</strong> Gleichberechtigung der verschiedenen Geschlechter.<br />

6. Zeitorientierung: Durch diese Dimension wird zum einen die zeitliche Orientierung<br />

(Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) beschrieben, zum anderen die<br />

Kurz- oder Langzeitorientierung.<br />

7. Leistungsorientierung: Mit ihr wird bestimmt, inwiefern eine Gesellschaft<br />

leistungsorientiert ist.<br />

8. Kontextgestaltung: Hier wird auf die Kommunikations- <strong>und</strong> Handlungsgestaltung<br />

<strong>von</strong> Kulturen eingegangen. Im Speziellen beschreibt sie auch die Verwobenheit<br />

der persönlichen <strong>und</strong> beruflichen Beziehungen der Mitglieder einer<br />

Kultur.<br />

9. Beziehung zur Umwelt: Sie beeinflusst die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens<br />

sowie die Produktqualität. Ist die Kultur die Natur beherrschend ausgerichtet,<br />

versucht das Unternehmen selber Standards in Qualität, Sicherheit<br />

<strong>und</strong> Nachhaltigkeit zu setzen <strong>und</strong> nicht Gegebene als Status quo anzusehen.<br />

10. Raumorientierung: Diese Dimension beschreibt unterschiedliche Verhältnisse<br />

zum Raum. Zur Differenzierung dienen die Begriffe Privatsphäre <strong>und</strong> Territorium.<br />

11. Informationsgeschwindigkeit: Sie beschreibt, mit welcher Geschwindigkeit<br />

Informationen in Kommunikationssituationen kodiert <strong>und</strong> dekodiert werden.<br />

4.3 Kulturanalyse<br />

Mit den elf definierten Kulturdimensionen kann mittels einer Kulturanalyse der<br />

IST-Zustand der vorherrschenden Kultur detailliert beschrieben werden. Um zu einem<br />

umfassenden Bild der inhaltlichen Ausgestaltung einer Unternehmenskultur<br />

zu kommen, müssen Daten erhoben, analysiert <strong>und</strong> interpretiert werden. Die Vorgehensweise<br />

<strong>bei</strong> der Kulturanalyse lässt sich anhand <strong>von</strong> zwei auch miteinander<br />

kombinierbaren Arten unterscheiden ([SACK02; S. 133] nach [EVER81], [FETT89]<br />

[OSTE88]): Man unterscheidet die induktive <strong>und</strong> die deduktive Herangehensweise.<br />

Die deduktive Vorgehensweise ist dem positivistischen Wissenschaftsverständnis<br />

angelehnt. Auf der Basis existierender Konzepte, Modelle <strong>und</strong> Theorien<br />

werden neue Datenerhebungsinstrumente entwickelt oder bereits existierende<br />

verwendet. Hier<strong>bei</strong> werden bereits im Vorfeld der Untersuchung Annahmen getroffen<br />

<strong>und</strong> Modelle bzw. Konzepte in den zu untersuchenden Kontext eingeführt.<br />

Der Untersuchende nimmt da<strong>bei</strong> die Rolle eines emotional nicht involvierten Be-


528<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

trachters ein. Beispiele für die Kulturerfassung <strong>bei</strong> deduktiver Vorgehensweise<br />

sind standardisierte Fragebögen, die auf a priori Dimensionen basieren, also die<br />

Kultur in Bezug auf bestimmte Dimensionen hin untersuchen (z. B. [PÜMP84],<br />

[GORD85], [CAME91]). Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt klar in einer einfachen<br />

<strong>und</strong> vergleichbaren Analyse der erhobenen Daten, die mit Hilfe statistischer<br />

Auswertungsverfahren unterstützt werden kann. Nachteilig ist da<strong>bei</strong> die Tatsache,<br />

dass aufgr<strong>und</strong> der im Vorfeld festgelegten Dimensionen nur bestimmte Aspekte<br />

einer Kultur erkannt werden können <strong>und</strong> nicht der gesamte spezifische kulturelle<br />

Kontext aufgedeckt wird [SACK; S. 134].<br />

Bei der induktiven Vorgehensweise liegt der Fokus auf dem Verstehen eines bestimmten<br />

<strong>und</strong> individuellem kulturellen „Settings“. Hier<strong>bei</strong> werden die Modelle <strong>und</strong><br />

Konzepte nicht im Vorfeld angenommen. Vielmehr entwickelt der Untersuchende<br />

durch die Interaktion mit den Mitgliedern des Unternehmens <strong>und</strong> durch die<br />

persönliche Involvierung Konzepte <strong>und</strong> Hypothesen, die kontextspezifisch <strong>und</strong><br />

somit nicht generalisierbar sind. Das Vorgehen eignet sich daher besonders <strong>bei</strong><br />

fehlender theoretischer Basis oder mangelndem Vorwissen [VANM79; S. 520ff.].<br />

Ein typisches Beispiel für die Kulturerfassung ist die Methode der teilnehmenden<br />

Beobachtung [SAPI85; S. 66ff.]. Vorteil dieser Vorgehensweise ist hohe Situationsrelevanz<br />

der erhobenen Daten, jedoch ist die Gewinnung <strong>von</strong> Erkenntnissen,<br />

also die Analyse <strong>und</strong> Auswertung, im Gegensatz zu standardisierten Fragebögen<br />

schwierig <strong>und</strong> langwierig. Die inhaltsanalytischen Auswertungen stellen zudem<br />

hohe Anforderungen an den Untersuchenden, <strong>von</strong> dem letztlich die Qualität der<br />

Erkenntnisse abhängt [SACK; S. 134f.].<br />

Neben den bereits erwähnten standardisierten Fragebögen sowie der teilnehmenden<br />

Beobachtung gibt es noch weitere Erhebungsmethoden, die vorwiegend<br />

aus dem Bereich der empirischen Sozialforschung <strong>und</strong> der Psychologie stammen<br />

<strong>und</strong> sich nicht ausschließlich der einen oder anderen Vorgehensweise zuordnen<br />

lassen. Sie können auf einem Kontinuum deduktiv-induktiv dargestellt werden<br />

([SACK; S. 135]):<br />

Abbildung 3: Induktive vs. Deduktive Datenerhebungsmethoden


Michael Knoblauch 529<br />

Die ideale Methode für die Kulturanalyse gibt es da<strong>bei</strong> nicht, da jede Methode ihre<br />

spezifischen Vor- <strong>und</strong> Nachteile aufweist [SACK; S. 118]. Je nach Unternehmenssituation,<br />

Datenzugang <strong>und</strong> Zeitspanne sollten die jeweilig passenden Methoden<br />

ausgewählt werden.<br />

4.4 Analyse <strong>von</strong> Geschäftsprozessen<br />

Neben der Kulturanalyse müssen auch die Geschäftsprozesse in den unterschiedlichen<br />

Unternehmenseinheiten bewertet werden. Auch für den Begriff „Geschäftsprozess“<br />

gibt es eine Fülle an Definitionen sowie Synonyme. Als umfassende<br />

Definition lässt sich nach Stapf ein „Geschäftsprozess definieren als ein<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

ρρ<br />

objektorientiertes,<br />

über Ereignisse ausgelöstes<br />

auf Modellierungsebene definiertes <strong>und</strong> auf Ausführungsebene verwendetes<br />

aus verknüpften Teilgeschäftsprozessen bzw. Geschäftsprozessschritten zusammengesetztes,<br />

in verschiedene Geschäftsprozessvarianten spezialisiertes,<br />

sich anhand <strong>von</strong> Führungsgrößen dynamisch wandelndes<br />

System aus GP-Zielen, Geschäftsobjekten, GP-Rollen, GP-Regeln <strong>und</strong> GP-Ressourcen,<br />

die über einen GP-Ablauf verknüpft sind, mit dem Zweck, als Teil einer<br />

Wertschöpfungskette nachgefragte bzw. potentielle K<strong>und</strong>enbedürfnisse durch<br />

Geschäftsprozessleistungen zu befriedigen“ [STAP00; S. 80].<br />

Wesentliches Instrument für die Analyse <strong>und</strong> Dokumentation <strong>von</strong> Geschäftsprozessen<br />

ist die Geschäftsprozessmodellierung. Nach Allweyer dient die Geschäftsprozessmodellierung<br />

der „Darstellung <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>und</strong> Sachverhalten,<br />

die für die Gestaltung <strong>von</strong> Prozessen relevant sind, wie z. B. die Aufbauorganisation<br />

oder Datenstrukturen.“ [ALLW05; S, 94].<br />

4.5 Kultureinfluss auf Geschäftsprozesse<br />

Eine Harmonisierung <strong>von</strong> Geschäftsprozessen zwischen verschiedenen Unternehmen<br />

z. B. im Rahmen der Post-Merger-Integration nach Unternehmensübernahmen<br />

oder -zusammenschlüssen führt zur Definition gemeinsamer Geschäftsprozessmodelle.<br />

Diese erlauben aus dem gemeinsamen Verständnis eine<br />

reibungslose Zusammenar<strong>bei</strong>t [AHLR06; S. 61]. Dennoch bleibt die Notwendigkeit<br />

zur Bildung <strong>von</strong> Prozessvarianten nicht aus. Besonders in großen oder verteilten<br />

Unternehmen ist die Definition einheitlicher Prozessmodelle meistens nicht<br />

ausreichend, da es in der betrieblichen Praxis nicht möglich ist, einen detaillierten<br />

Prozess überall völlig identisch zu leben. Die Definition <strong>von</strong> Geschäftsprozess-


530<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

varianten ist daher notwendig. Die Standardisierung sollte da<strong>bei</strong> jedoch so umfangreich<br />

wie möglich sein, da zu viele Geschäftsprozessvarianten die Kosten<br />

erhöhen [AHLR06; S. 63]. Als mögliche Gründe für Geschäftsprozessvarianten<br />

führen Ahlrichs <strong>und</strong> Knuppertz verschiedene Rechtssysteme oder Auftragsarten<br />

an den Standorten, verschiedene Gesellschaftsformen sowie verschiedene Religionen<br />

<strong>und</strong> Mentalitäten an [AHLR06; S. 63f.]. Sie weisen damit indirekt auch<br />

auf verschiedene Kulturen als Gr<strong>und</strong> für Geschäftsprozessvarianten hin. Wie die<br />

meisten Forscher auf diesem Gebiet bleiben jedoch auch Ahlrichs <strong>und</strong> Knuppertz<br />

eine Antwort auf die Frage, WIE die Kulturen <strong>bei</strong> der Geschäftsprozessmodellierung<br />

zu berücksichtigen sind, schuldig. Das Ziel der vorliegenden Ar<strong>bei</strong>t ist es,<br />

einen ersten Lösungsansatz auf diese Frage zu liefern.<br />

Bei der Untersuchung <strong>von</strong> Geschäftsprozessen in Bezug auf ihre kulturelle Tauglichkeit<br />

stellt sich die Frage nach der Charakterisierung, also nach der Beschreibung<br />

der eigentümlichen <strong>und</strong> relevanten Merkmale <strong>von</strong> Geschäftsprozessen.<br />

Kruse hat erkannt, dass unterschiedliche Anforderungen an die betriebliche Leistungserstellung<br />

situativ angepasste Geschäftsprozesse erfordern. Um Geschäftsprozesse<br />

zu differenzieren <strong>und</strong> den Geschäftsprozessbegriff zu systematisieren,<br />

entwickelte Kruse ein umfangreiches Merkmalsschema, <strong>bei</strong> dem bezogen auf ein<br />

Merkmal einem Geschäftsprozess mehrere Merkmalsausprägungen zugeordnet<br />

werden können [KRUS96; S. 26]):<br />

Abbildung 4: Merkmale <strong>von</strong> Geschäftsprozessen nach Kruse.


Michael Knoblauch 531<br />

4.6 Zusammenhang <strong>von</strong> Kulturdimensionen <strong>und</strong> Geschäftsprozessmerkmalen<br />

Die Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Kulturdimensionen <strong>und</strong> den<br />

Geschäftsprozessmerkmalen erfolgt in Form einer <strong>Bewertung</strong>smatrix, in der die<br />

Kulturdimensionen den Geschäftsprozessmerkmalen gegenübergestellt werden.<br />

Anhand dieser Matrix wurde im Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t <strong>und</strong> zusammen mit Experten<br />

bestimmt, welche Kulturdimensionen welche Geschäftsprozessmerkmale<br />

beeinflussen.<br />

Im Folgenden wird <strong>bei</strong>spielhaft ein identifiziertes Beeinflussungspaar genauer<br />

hinsichtlich der spezifischen Ausprägungen des Geschäftsprozessmerkmals <strong>und</strong><br />

der Kulturdimensionen analysiert <strong>und</strong> bewertet, inwiefern eine bestimmte Ausprägung<br />

einer Kulturdimension einen Einfluss auf die Funktionalität der Geschäftsprozessmerkmale<br />

hat. Aufgr<strong>und</strong> der hohen Unschärfe <strong>und</strong> der großen Anzahl<br />

nicht messbarer „weicher“ Faktoren ist eine exakte Analyse da<strong>bei</strong> nicht möglich.<br />

Für eine möglichst große Absicherung wurden die Ergebnisse durch Expertengespräche<br />

ermittelt oder mit Hilfe <strong>von</strong> Experten auf ihre Plausibilität hin überprüft.<br />

Eine positive Beeinflussung bzw. Begünstigung der Kultur auf das Geschäftsprozessmerkmal<br />

wird in den Matrizen durch ein Plus-Zeichen (+) ausgedrückt, eine<br />

negative Beeinflussung durch ein Minus-Zeichen (-). Bei einer nicht allgemein bewertbaren<br />

Beeinflussung erfolgt die Kennzeichnung durch eine Raute (#). Für den<br />

Fall einer derartigen Paarung sind weitere Betrachtungen unter Berücksichtigung<br />

der konkreten Gegebenheiten nötig. Erfolgt keine Kennzeichnung, so liegt keine<br />

bedeutende Beeinflussung vor. Anhand der folgenden Tabelle soll <strong>bei</strong>spielhaft die<br />

Beeinflussung der Kultur auf das Merkmal „Gruppierungsobjekt“ dargestellt werden.<br />

Insgesamt wurde 14 solcher Matrizen entwickelt.


532<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Tabelle 1: Einfluss der Kultur auf das Gruppierungsobjekt.<br />

4.7 <strong>Bewertung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen<br />

Die systematische <strong>Bewertung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen in Unternehmen in Bezug<br />

auf ihre kulturelle Tauglichkeit erfolgt anhand eines strukturierten Vorgehens. Zur<br />

Anwendung kann die Methode <strong>bei</strong> unterschiedlichen Ausgangssituationen kommen<br />

– jedoch immer mit dem Ziel, einen Prozess auf seine Tauglichkeit für eine<br />

bestimmte Kultur zu bewerten <strong>und</strong> Ansatzpunkte zur <strong>Optimierung</strong> zu liefern. Im<br />

Folgenden werden zwei <strong>bei</strong>spielhafte Anwendungsszenarien kurz vorgestellt.<br />

Geschäftsprozessharmonisierung nach Übernahme oder Fusion<br />

Ausgangssituation: Nach Unternehmensübernahmen oder –fusionen sollen die<br />

Geschäftsprozesse harmonisiert werden, um Synergiepotentiale auszuschöpfen.<br />

Hierzu werden entweder bestehende Prozesse aus einem Unternehmen als zukünftiger<br />

Standard definiert oder zukünftige Prozesse für <strong>bei</strong>de „Partner“ neu modelliert.<br />

Zielsetzung: Mit Hilfe der Methode werden die Soll-Prozesse bezüglich ihrer Tauglichkeit<br />

für die Anwendung in dem neuen kulturellen Umfeld bewertet, um Prozessstabilität<br />

<strong>und</strong> -ergebnisse abzusichern. <strong>Optimierung</strong>sbedarfe werden aufgezeigt.


Michael Knoblauch 533<br />

Geschäftsprozessoptimierung <strong>bei</strong> konstanten Rahmenbedingungen<br />

Ausgangssituation: In einem bestehenden Kulturumfeld sind die Prozessstabilität<br />

<strong>und</strong> -ergebnisse im Rahmen einer Geschäftsprozessoptimierung zu verbessern.<br />

Hier<strong>bei</strong> kann eine allgemeine Performancesteigerung oder aber Probleme<br />

mit der bisherigen Leistung als Auslöser dienen.<br />

Zielsetzung: Mit Hilfe der Methode werden die bestehenden Prozesse bezüglich<br />

ihrer kulturellen Tauglichkeit bewertet <strong>und</strong> bestehende Schwachstellen identifiziert,<br />

um Prozessstabilität <strong>und</strong> -ergebnisse zu verbessern.<br />

4.8 Methodisches Vorgehen<br />

Die Verknüpfung der genannten Aspekte aus den vorangegangenen Untersuchungen<br />

führt zu einem methodischen Vorgehen, welches in Abbildung 5 dargestellt<br />

ist. Der Prozess lässt sich in vier Teile gliedern. Bei der Charakterisierung<br />

der Soll-Prozesse werden die zu betrachtenden Geschäftsprozesse erar<strong>bei</strong>tet.<br />

Daran schließt sich die Analyse der Zielkultur, welche in die Beschreibung der<br />

betrachteten Zielkultur fußt. In einem weiteren Schritt werden die Prozesse einer<br />

„Kulturtauglichkeits“-Prüfung unterzogen, um zu erfahren, in wie weit die Prozesse<br />

zu der Kultur passen. Abschließend wird der <strong>Optimierung</strong>sbedarf <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong>sansätze<br />

abgeleitet. Im folgenden Fall<strong>bei</strong>spiel wird das methodische Vorgehen<br />

an einem Praxis<strong>bei</strong>spiel dargestellt.<br />

Abbildung 5: Methodisches Vorgehen.


534<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

4.9 Fall<strong>bei</strong>spiel<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Im vorliegenden Beispiel aus dem Sondermaschinenbau hat sich das betrachtete<br />

Unternehmen zum Ziel gesetzt, dem allgemeinen Trend zu folgen <strong>und</strong> sich <strong>von</strong><br />

einem Maschinen- zu einem Anlagenhersteller zu wandeln, um so den steigenden<br />

K<strong>und</strong>enanforderungen gerecht zu werden. K<strong>und</strong>en fragen nicht mehr nur einzelne<br />

Anlagenkomponenten bzw. Maschinen verschiedener Anbieter an sondern<br />

möchten zunehmend komplette Anlagen aus einer Hand beziehen <strong>und</strong> so die Verantwortung<br />

der technischen Schnittstellen zwischen den einzelnen Anlagenkomponenten<br />

auf den Lieferanten übertragen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden<br />

<strong>bei</strong> dem betrachteten Unternehmen innerhalb <strong>von</strong> drei Jahren insgesamt sechs<br />

Wettbewerber aus verschiedenen Ländern übernommen. Durch die Ergänzung<br />

<strong>von</strong> Kompetenzen <strong>und</strong> Infrastruktur ist das Unternehmen heute in der Lage, eine<br />

durchgehende Anlage mit verschiedenen Varianten für ein stark aufstrebendes<br />

Produktsegment anzubieten.<br />

Projektziel<br />

Im Zuge der zuvor beschriebenen Firmenübernahmen wurde im Rahmen eines<br />

Beratungsprojektes die Post-Merger-Integration, also die Integration der zugekauften<br />

Unternehmen in die betrieblichen Abläufe des Stammhauses, unterstützt.<br />

Insbesondere galt es da<strong>bei</strong>, die im Rahmen eines Business Process Reengineering<br />

definierten Soll-Geschäftsprozesse über alle Standorte hinweg auszurollen<br />

<strong>und</strong> Probleme bzw. Hemmnisse für eine Harmonisierung zu identifizieren. Für<br />

die Validierung der im Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t entwickelte <strong>Bewertung</strong>smethodik<br />

beschränken sich die folgenden Erläuterungen auf einen neuen Standort in Österreich,<br />

der sich durch eine vom Deutschen Stammhaus stark unterschiedliche<br />

Unternehmenskultur charakterisiert.<br />

Analyse der Stammhauskultur<br />

Um einen Vergleich der Kulturen an den verschiedenen Standorten zu ermöglichen,<br />

erfolgte zunächst eine Analyse der Stammhauskultur. Für die Kulturanalyse<br />

steht gr<strong>und</strong>sätzlich eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden zur Verfügung. Zur<br />

Anwendung kamen <strong>bei</strong> diesem Projekt Interviews <strong>und</strong> Beobachtungen, um die vorgef<strong>und</strong>ene<br />

Kultur möglichst genau zu charakterisieren <strong>und</strong> anhand der definierten<br />

Kulturdimensionen zu beschreiben. Von Vorteil waren da<strong>bei</strong> die externe Beobachterperspektive<br />

sowie die Möglichkeit, das Unternehmen nicht ausschließlich in einer<br />

Momentaufnahme sondern über einen längeren Zeitraum beobachten zu können.<br />

Somit konnten auch aus verschiedenen Handlungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen<br />

Rückschlüsse über die Kultur gezogen werden. Bewertet wurde die vorgef<strong>und</strong>ene<br />

Kultur im Rahmen dieses Fall<strong>bei</strong>spiels auf einer vierstufigen Skala, um einerseits


Michael Knoblauch 535<br />

den unterschiedlich starken Ausprägungen der einzelnen Eigenschaften gerecht<br />

zu werden, andererseits aber mit dieser eher groben Einteilung die Komplexität<br />

<strong>bei</strong> den folgenden Betrachtungen möglichst gering zu halten. Das Ergebnis der<br />

Analyse der Stammhauskultur ist in Tabelle 2 dargestellt.<br />

Tabelle 2: Analyse der Stammhauskultur „Standort Deutschland“.<br />

Charakterisierung der Soll-Prozesse<br />

Im zweiten Schritt ist die Charakterisierung der Soll-Geschäftsprozesse erfolgt.<br />

Für den vorliegenden Fall war da<strong>bei</strong> eine sehr gute Datenbasis vorhanden, da die<br />

Geschäftsprozesse im Stammhaus des Unternehmens erst in den vergangenen<br />

zwei Jahren im Rahmen eines größeren Business Process Reengineering auf die<br />

derzeitige Marktsituation hin ausgerichtet wurden. Die Dokumentation der Geschäftsprozesse<br />

erfolgte da<strong>bei</strong> für ein leichtes Verständnis <strong>und</strong> für das Qualitätsmanagementhandbuch<br />

als vereinfachte Kommunikationsstrukturanalyse.<br />

Als Beispiel ist im Folgenden der Prozess der Angebotsanfrage bis zur Auftragseröffnung<br />

untersucht worden. Basis für die <strong>Bewertung</strong> ist die Charakterisierung<br />

des Prozesses mit Hilfe der bereits dargestellten Merkmale <strong>von</strong> Geschäftsprozessen.<br />

Der betrachtete Prozess lässt sich somit wie folgt charakterisieren:


536<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Tabelle 3: Merkmale des Geschäftsprozesses „Angebotsanfrage – Auftragseröffnung“.<br />

Analyse der Zielkulturen<br />

Im dritten Schritt ist die Zielkultur analysiert worden. Im Rahmen dieses Fall<strong>bei</strong>spiels<br />

handelt es sich um ein zugekauftes ehemaliges Familienunternehmen aus<br />

Oberösterreich. Die Vorgehensweise <strong>bei</strong> der Analyse erfolgte da<strong>bei</strong> analog dem<br />

Vorgehen <strong>bei</strong> der Stammhauskultur. Das Ergebnis der Zielkulturanalyse ist in Tabelle<br />

4 dargestellt.


Michael Knoblauch 537<br />

Tabelle 4: Analyse der Zielkultur „Standort Oberösterreich“.<br />

<strong>Bewertung</strong> der Kulturtauglichkeit der Prozesse<br />

Nachdem im Rahmen der Analysephase die notwendigen Gr<strong>und</strong>lagen für die<br />

<strong>Bewertung</strong> des betrachteten Geschäftsprozesses erar<strong>bei</strong>tet wurden, erfolgt im<br />

Anschluss die eigentliche <strong>Bewertung</strong> anhand der Beeinflussungsmatrizen. Zur<br />

besseren Vergleichbarkeit <strong>und</strong> Deutung der Ergebnisse wird zunächst eine <strong>Bewertung</strong><br />

des Prozesses in Bezug auf die Stammhauskultur durchgeführt. Anschließend<br />

erfolgt eine <strong>Bewertung</strong> für die Zielkultur. Im Folgenden sind jeweils<br />

Auszüge dieser Matrizen dargestellt.


538<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

<strong>Bewertung</strong> in Bezug auf die Stammhauskultur<br />

Tabelle 5: <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die Stammhauskultur (1).


Michael Knoblauch 539<br />

Tabelle 6: <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die Stammhauskultur (2).<br />

Eine weiterführende Betrachtung der nicht allgemein bewertbaren Paarungen hat<br />

ergeben, dass die eher hohe Geschlechtergleichheit in Bezug auf das Gruppierungsobjekt<br />

„Geschäftspartner“ <strong>und</strong> den Betrieblichen Funktionsbereich „Absatz“<br />

sowie auf die unternehmensübergreifende organisatorische Reichweite eine<br />

negative Beeinflussung hat. Eine große Anzahl der K<strong>und</strong>en des Unternehmens<br />

kommt aus zentralasiatischen Ländern, in denen die Geschlechtergleichheit i. d.<br />

R. sehr gering ist. Dies kann es in den zuvor genannten Punkten zu Akzeptanzproblemen<br />

führen. Die weiteren im Allgemeinen nicht genauer bewertbaren Beeinflussungen<br />

ergaben <strong>bei</strong> der genaueren Betrachtung keine weiteren besonderen<br />

Beeinflussungen (vgl. <strong>Bewertung</strong>en in Klammern).


540<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

<strong>Bewertung</strong> in Bezug auf die Zielkultur<br />

Tabelle 7: <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die Zielkultur (1).


Michael Knoblauch 541<br />

Tabelle 8: <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die Zielkultur (2).<br />

Eine weiterführende Betrachtung der nicht allgemein bewertbaren Paarungen ergibt<br />

aufgr<strong>und</strong> der Parallelitäten in Bezug auf die Kulturausprägungen der Stammhauskultur<br />

eine identische <strong>Bewertung</strong> (vgl. <strong>Bewertung</strong>en in Klammern).<br />

<strong>Bewertung</strong>sergebnis<br />

Bei der Untersuchung <strong>von</strong> Geschäftsprozessen in Bezug auf ihre kulturelle Tauglichkeit<br />

interessieren vor allem die negativen Beeinflussungen, da diese einen Hinweis<br />

auf eine mangelnde Tauglichkeit liefern. Aufgr<strong>und</strong> der teilweise auftretenden Polarität<br />

der Beeinflussungsbewertungen einer Kulturausprägung auf die verschiedenen<br />

Geschäftsprozessmerkmale ist jedoch eine eindeutige Aussage über die generelle<br />

Tauglichkeit häufig nicht möglich. Vielmehr müssen die <strong>Bewertung</strong>sergebnisse als<br />

ganzes betrachtet <strong>und</strong> interpretiert werden, um einzelne Schwachstellen zu erkennen<br />

<strong>und</strong> die Geschäftsprozesse <strong>bei</strong> Bedarf entsprechend anzupassen.


542<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Bei der zuvor durchgeführten <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses „Angebotsanfrage<br />

– Auftragseröffnung“ lässt die ganzheitliche Ergebnisbetrachtung <strong>und</strong><br />

-interpretation erkennen, dass die in der Zielkultur als eher hoch eingestufte<br />

Geschlechtergleichheit, die Kurzzeitorientierung sowie die eher niedrige Leistungsorientierung<br />

zu verminderter Leistung <strong>und</strong> zu Problemen in Bezug auf die<br />

aktuelle Ausgestaltung des Geschäftsprozesses führen kann. Bei einem Vergleich<br />

der Zielkultur mit der Kultur des Stammhauses, für die die Geschäftsprozesse<br />

modelliert wurden, sind <strong>bei</strong> Zeit- <strong>und</strong> Leistungsorientierung deutlich gegensätzliche<br />

Ausprägungen erkennbar. Ein ähnliches Ergebnis liefert die den Prozess<br />

überwiegend negativ beeinflussende hohe Unsicherheitsvermeidung. Auch diese<br />

Kulturdimension ist am Stammhaus gegensätzlich ausgeprägt. Insgesamt wird<br />

die Tauglichkeit des Prozesses in Bezug auf die Stammhauskultur im Vergleich zu<br />

der Tauglichkeit in der Zielkultur deutlich positiver Bewertet.<br />

<strong>Optimierung</strong>shebel<br />

Zur <strong>Optimierung</strong> der identifizierten Schwachstellen sind im Rahmen des Projektes<br />

verschiedene Maßnahmen diskutiert worden:<br />

Die hohe Geschlechtergleichheit kann wie bereits erläutert zu Akzeptanzproblemen<br />

<strong>bei</strong> der Zusammenar<strong>bei</strong>t mit Geschäftspartner führen. Da der Prozess in<br />

diesem Punkt nicht verändert werden kann <strong>und</strong> auch die Kultur sich nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

ändern wird, ist hier „lediglich“ eine Erhöhung der Aufmerksamkeit <strong>bei</strong><br />

K<strong>und</strong>enkontakt möglich. Dies sollte in einem Vertriebshandbuch berücksichtigt<br />

<strong>und</strong> regelmäßig geschult werden.<br />

Die Kurzzeitorientierung sowie die niedrige Leistungsorientierung werden als<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Schwäche des übernommenen Unternehmens betrachtet. Hier soll<br />

daher nicht den Prozess sondern die Zielkultur mittel- bis langfristig an die Kultur<br />

des Stammhauses angepasst werden. Um einerseits diese Kulturanpassung<br />

voranzutreiben, auf der anderen Seite jedoch gute Prozessergebnisse sicherzustellen,<br />

wurde als Integrationsmaßnahme eine Entsendung <strong>von</strong> Mitar<strong>bei</strong>tern des<br />

Stammhauses an den neuen Standort in Oberösterreich vorgenommen. Dadurch<br />

soll sowohl die „Soll-Kultur“ vorgelebt als auch eine Prozessstabilität ermöglicht<br />

werden.<br />

Gleiches gilt auch für die hohe Unsicherheitsvermeidung in der neuen Gesellschaft.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der früheren Machtgefüge im Unternehmen haben die Mitar<strong>bei</strong>ter in der<br />

Vergangenheit jederzeit deutliche Vorgaben bekommen. Dies widerspricht dem<br />

neuen Gedanken des Inhabers, denn durch eine ges<strong>und</strong>e Portion „Risikofreude“<br />

können Innovationen ermöglicht <strong>und</strong> selbständiges Ar<strong>bei</strong>ten erleichtert werden.<br />

Auch hier ist eine langfristige Anpassung der Kultur durch „Aktives Vorleben“ erforderlich.


Michael Knoblauch 543<br />

5 Ergebnis <strong>und</strong> Ausblick<br />

Um im Rahmen der Post-Merger Integrationsberatung (PMI-Beratung) den Malus<br />

der mangelnden Berücksichtigung <strong>von</strong> kulturellen Aspekten insbesondere <strong>bei</strong><br />

der Gestaltung <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> der Geschäftsprozesse entgegenzuwirken, ist im<br />

Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t eine Methode für die <strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen<br />

entwickelt worden, die insbesondere die kulturelle Tauglichkeit<br />

der Prozesse überprüft <strong>und</strong> Ansätze zur <strong>Optimierung</strong> aufzeigt.<br />

Bereits in der Pilothaften Anwendung zeigen die Ergebnisse aus dem Fall<strong>bei</strong>spiel<br />

das Potential der entwickelten Methodik: Der oftmals schwer greifbare Aspekt der<br />

Geschäftsprozesse wird nicht nur beschreibbar, vielmehr werden bereits konkrete<br />

Schwachstellen erkannt <strong>und</strong> Ansatzpunkte zur <strong>Optimierung</strong> aufgezeigt. Hiermit<br />

können unmittelbare Handlungsbedarfe formuliert <strong>und</strong> Veränderungshürden beseitigt<br />

werden.<br />

Neben den praktischen Aspekten schafft die Anwendung der vorgestellten Methodik<br />

jedoch eine weitere, für Veränderungen im Unternehmen wesentliche Voraussetzung:<br />

Die gewonnene Transparenz ist Basis für die Sensibilisierung <strong>und</strong><br />

Voraussetzung für einen intensiven Dialog mit den Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>und</strong> der Führungsmannschaft<br />

des Unternehmens. Denn für erfolgreiche <strong>und</strong> nachhaltige Veränderungen<br />

im Unternehmen ist es unerlässlich, die Mitar<strong>bei</strong>ter umfangreich einzubeziehen<br />

<strong>und</strong> ihnen zu ermöglichen, ihre eigene Zukunft mit zu gestalten.


544<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

Anhang<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Misserfolgsquoten <strong>bei</strong> Unternehmensübernahmen. 522<br />

Abbildung 2: Beratungsansatz <strong>bei</strong> Integrationsprojekten. 524<br />

Abbildung 3: Induktive vs. Deduktive Datenerhebungsmethoden 528<br />

Abbildung 4: Merkmale <strong>von</strong> Geschäftsprozessen nach Kruse. 530<br />

Abbildung 5: Methodisches Vorgehen. 533<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Einfluss der Kultur auf das Gruppierungsobjekt. 532<br />

Tabelle 2: Analyse der Stammhauskultur „Standort Deutschland“. 535<br />

Tabelle 3:<br />

Merkmale des Geschäftsprozesses<br />

„Angebotsanfrage – Auftragseröffnung“. 536<br />

Tabelle 4: Analyse der Zielkultur „Standort Oberösterreich“. 537<br />

Tabelle 5:<br />

Tabelle 6:<br />

<strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die<br />

Stammhauskultur (1). 538<br />

<strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die<br />

Stammhauskultur (2). 539<br />

Tabelle 7: <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die Zielkultur (1). 540<br />

Tabelle 8: <strong>Bewertung</strong> des Geschäftsprozesses für die Zielkultur (2). 541<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

bzgl.<br />

Dipl.-Ing.<br />

etc.<br />

ff.<br />

GP<br />

i.d.R.<br />

bezüglich<br />

Diplom Ingenieur<br />

Et cetera<br />

Fortfolgende<br />

Geschäftsprozess<br />

in der Regel


Michael Knoblauch 545<br />

M&A Merger & Aquisition<br />

M. Eng. Master of Engineering<br />

PMI Post Merger Integration<br />

ROI Return on Investment<br />

S. Seite<br />

vgl. vergleiche<br />

z.B. zum Beispiel<br />

Literaturverzeichnis<br />

[A-C-01] A-C-R: Analyse-Concept-Realisierung <strong>von</strong> Akquisitionen. 2001.<br />

http://www.a c r.de<br />

[CAME91] Cameron, K. S.: Freeman, S. J.: Cultural Congruence, Strength, And<br />

Type: Relationships To Effectiveness. In: Woodman, R. W.; Pasmore, W. A.<br />

(Eds.): Research In Organizational Change and Development. Vol. 5, JAI Press,<br />

Greenwich, CT, S. 23-58.<br />

[EVER81] Evered, R.; Louis, M. R.: Alternative Perspectives In The Organizational<br />

Sciences: “Inquiries From The Inside” And “Inquiries From The Outside”.<br />

Academy of Management Review, 3 (3), 1981, S. 385-389.<br />

[FETT89] Fetterman, D. M.: Ethnography: Step By Step. Sage, Newbury Park,<br />

CA, 1989.<br />

[FRAN93] Frank, G.; Stein, I.: Management <strong>von</strong> Unternehmensakquisitionen.<br />

Schäffer-Poeschel, Springer, 1993.<br />

[GORD85] Gordon, G. G.: The Relationship Of Corporate Culture To Industry<br />

Sector & Corporate Performance. In: Kilmann, R.; Saton, M. J.; Sherpa, R.;<br />

Associates (Eds.): Gaining Control Of The Corporate Culture. Jossey-Bass, San<br />

Francisco, 1985, S. 103-125.<br />

[JAES96] Jaeschke, P.: Geschäftsprozessmodellierung mit INCOME. In: Vossen;<br />

Becker (Hrsg.): Geschäftsprozessmodellierung <strong>und</strong> Workflow-Management.<br />

Internat. Publishing, Bonn, Albany, 1996.<br />

[JANS00] Jansen, S.; Pohlmann, N.: Anforderungen <strong>und</strong> Zumutungen: Das HR-<br />

Management <strong>bei</strong> Fusionen. In: Personalführung, 33(2), S. 30-39, 2000.<br />

[KRAT89] Krathz, H.-J.: Ein wirkungsvoller Ansatz, sich zeitgerecht auf veränderte<br />

Verhältnisse einzustellen. In: Handelsblatt: Sonder<strong>bei</strong>lage Merger & Acquisitions.<br />

Düsseldorf, 19.04.1989.


546<br />

<strong>Bewertung</strong> <strong>und</strong> <strong>Optimierung</strong> <strong>von</strong> Geschäftsprozessen <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions<br />

[KRUS96] Kruse, Christian: Referenzmodellgestütztes Geschäftsprozeßmanagement.<br />

Ein Ansatz zur prozeßorientierten Gestaltung vertriebslogistischer<br />

Systeme. Gabler, Wiesbaden, 1996.<br />

[OBER96] Oberweis, Andreas: Modellierung <strong>und</strong> Ausführung <strong>von</strong> Workflows mit<br />

Petri-Netzen. Teubner Verlag, Stuttgart, Leipzig, 1996.<br />

[OSTE88] Osterloh, M.: Methodische Probleme einer empirischen Erfassung<br />

<strong>von</strong> Organisationskulturen. In: Dülfer, E. (Hrsg.): Organisationskultur. Poeschel,<br />

Stuttgart, 1988, S. 139-151.<br />

[PLOE99] Ploenzke Management Consulting: Erfolgsfaktoren für Merger <strong>und</strong><br />

Akquisition Aktivitäten. Ergebnisse einer K<strong>und</strong>enumfrage. 1999.<br />

[PODS04] Podsiadlowski, Astrid: Interkulturelle Kommunikation <strong>und</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t.<br />

Verlag Franz Vahlen, München, 2004.<br />

[PÜMP84] Pümpin, C.: Unternehmenskultur, Unternehmensstrategie <strong>und</strong> Unternehmenserfolg.<br />

Präsentation auf der ATAG Konferenz „Die Bedeutung der<br />

Unternehmenskultur für den künftigen Erfolg ihres Unternehmens“, Zürich, 1984.<br />

[ROFF99] Roffey Park Management: Post Merger Integration. In: The Economist,<br />

09.01.1999.<br />

[RUMP99] Rump, F. J.: Geschäftsprozessmanagement auf Basis ereignisgesteuerter<br />

Prozessketten. Teubner, Stuttgart, Leipzig, 1999.<br />

[SACK02] Sackmann, Sonja: Unternehmenskultur, Erkennen, Entwickeln, Verändern.<br />

Luchterhand, 2002.<br />

[SAPI85] Sapienza, A. M.: Believing Is Seeing: How Organizational Culture<br />

Influences The Decisions Top Managers Make. In: Kilmann, R. H.; Saxton, M. J.;<br />

Serpa, R. (Eds.): Gaining Control Of The Corporate Culture. Jossey-Bass, San<br />

Francisco, 1985, S. 66-83.<br />

[SCHE85] Schein, E. H.: Organizational culture and leadership. A Dynamic View.<br />

San Francisco, 1985.<br />

[SCHE96] Scheerer, A.-W.; Jost, W.: Geschäftsprozessmodellierung innerhalb<br />

einer Unternehmensmodellierung <strong>und</strong> Workflow-Management. Internat. Publishing,<br />

Bonn, Albany, 1996.<br />

[SCHR05] Schröer, Astrid: Post-Merger-Integration. Mentale Modelle <strong>von</strong> Handlungsstrategien<br />

zum Umgang mit Widerständen <strong>bei</strong> der Integration neuer Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

nach Unternehmenszusammenschlüssen. Dissertation an der Universität<br />

Trier, 2005.


Michael Knoblauch 547<br />

[SCHW93] Schwab, Klaus: Konzeption, Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung eines<br />

computergestützten Bürovorgangssystemes zur Modellierung <strong>von</strong> Vorgangsklassen<br />

<strong>und</strong> Abwicklung <strong>und</strong> Überwachung <strong>von</strong> Vorgängen. Dissertation am Lehrstuhl<br />

für Wirtschaftsinformatik, Universität Bamberg, 1993.<br />

[STAP00] Stapf, W.: Geschäftsprozeßmanagement. Eine Konzeption zur prozeßorientierten<br />

Unternehmens-(Re-)Organisation. Betriebswissenschaftliches<br />

Institut der Universität Stuttgart, Stuttgart, 2000.<br />

[VANM79] Van Maanen, J.: Reclaiming Qualitative Methods For Organizational<br />

Research. Administrative Science Quarterly, 24, 1979, S. 520-526.<br />

[VISC99] Viscio, A.; Harbinson, J.; Asin, A.; Vitario, R.: Post Merger Integration.<br />

What makes mergers work? 1999. .<br />

http://www.strategy business.com/press/article/13903 [Stand 12.01.2007]<br />

[WATS01] Watson Wyatt Management Consultants: Wachstum mit Erfahrung als<br />

Erfolgsgarant <strong>bei</strong> <strong>Mergers</strong> & Acquisitions. Düsseldorf, 2001.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!