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Küchenplaner Nischentrend - Individuelle Küchen aus Altholz (Vorschau)

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Impulse/Ansichten<br />

Sowohl als auch -<br />

statt entweder oder<br />

Mit dieser Ausgabe gehen wir tief in den Spagat. Rein journalistisch<br />

versteht sich – alles andere wäre ohnehin überambitioniert.<br />

Wir berichten in diesem Heft über Inhalte, die auf den ersten<br />

Blick so kompatibel scheinen wie die Geißens und die Queen<br />

– oder Donald Duck und Gustav Gans.<br />

Wir tauchen zum Beispiel in die entschleunigte Welt der <strong>Altholz</strong>küchen<br />

ein. Wenn Menschen die Balken ihres entkernten Elternh<strong>aus</strong>es<br />

auf einen Hänger laden und damit zur Schreinerei<br />

fahren, um sich <strong>Küchen</strong>möbel dar<strong>aus</strong> fertigen zu lassen, hat das<br />

Charme. „Holz erzählt Geschichten. Altes Holz erzählt alte Geschichten.“<br />

hat unsere Autorin Astrid Plaßhenrich festgestellt.<br />

Nachdem sie Uwe Pfister von der gleichnamigen Möbelwerkstatt<br />

in Angelbachtal nahe Heidelberg zugehört hat. In aller Ruhe.<br />

Pfister erzählte von Möbeln, die <strong>aus</strong> alten Weinfässern entstanden<br />

sind und <strong>aus</strong> den Balken einer Scheune. Und von einer<br />

Kundin, die mit dem besagten Hänger vor dem Betrieb vorfuhr,<br />

darauf unter anderem ein angekohltes Holzstück mit mehreren<br />

aneinandergereihten Löchern. Dieses Stück Holz erinnere sie<br />

noch heute an einen Brand auf dem elterlichen Gehöft, den sie als<br />

kleines Mädchen miterlebt habe. Bei diesem Brand sei eine Kuh<br />

gestorben. Die Experten der Möbelwerkstatt integrierten das historische<br />

Brett in die neue Küche der Kundin. Als Griffe – die Löcher<br />

wurden zu Eingriffen. Wenn Holz beginnt Geschichten zu<br />

erzählen, sollte man sich hinsetzen, Ruhe geben und zuhören.<br />

An anderer Stelle in dieser Ausgabe berichten wir über die<br />

IFA-Preview in Berlin. Zeit spielt in der aktuellen Gerätewelt<br />

ebenfalls eine Rolle. Eine große sogar. Aber anders. Denn alles,<br />

was einen Stecker hat, darf möglichst wenig davon vergeuden.<br />

Kochen, Backen, Garen, Spülen und Waschen muss fix über die<br />

Bühne gehen. Wir sind in Eile. Wir müssen zum nächsten Event,<br />

die Arbeitskraft will optimiert und die Freizeit gestaltet werden.<br />

Und damit das alles noch hurtiger und perfekter gemanagt werden<br />

kann, wird es auf der IFA im September neue Backöfen und<br />

Spülmaschinen geben, die per W-LAN ans Internet angeschlossen<br />

werden können.<br />

Aus diesen Zeilen könnte man die Tendenz her<strong>aus</strong>lesen: „Entschleunigte<br />

<strong>Altholz</strong>küchen gut – hektische H<strong>aus</strong>geräte schlecht!“<br />

Doch so ist es nicht gemeint. Und so einfach funktioniert es nicht.<br />

Mit „Verstaubte Holzromantik schlecht – zukunftsfähige Geräte<br />

gut!“ kommen wir aber auch nicht weiter. Statt eines apokalyptisch<br />

anmutenden „Entweder – Oder“ (Subtext: Es kann nur einen<br />

geben), könnte ein „Sowohl als auch“ angemessener sein.<br />

Die Welt der eher beschaulichen Möbelmanufakturen fasziniert.<br />

Aber das vermag das auf Komfort und Schnelligkeit zielende<br />

Digitale auch. Abschied nehmen sollten wir indes von<br />

einem der medialen Vernetzungsdauerbrenner schlechthin:<br />

des sich selbst versorgenden Kühlschranks. Das ist eine Idee<br />

von Freaks für Journalisten, die über zu wenig eigene Vorstellungskraft<br />

verfügen und deshalb den Internetkühlschrank<br />

als die Krönung der vernetzten Welt ins mediale Rampenlicht<br />

rücken.<br />

Jeder, der sich ernsthaft mit vernetzten H<strong>aus</strong>geräten beschäftigt,<br />

weiß, dass es um solche Spielereien gar nicht geht. Und<br />

das ist wohl auch gut so, denn über die Gefahren eines selbstständig<br />

agierenden Kühlgerätes wird ja gar nicht offen geredet.<br />

Was, wenn ein Virus meinen Kühler befällt und dieser auf eigene<br />

F<strong>aus</strong>t 1000 Liter H-Milch via Amazon ordert? Was werden<br />

die mithorchenden Staatsschützer dies- und jenseits des Atlantiks<br />

denken, was ich mit so viel Milch vorhabe? Und der Mossad<br />

erst oder die Spaßvögel beim KGB? Einen besonders perfiden Anschlag<br />

planen? Sehr verdächtig wäre das. Gibt es eigentlich Anti-<br />

Viren-Programme für Kühlschränke? Vielleicht eine Geschäftsidee.<br />

Aber vielleicht sollten wir uns das alles auch noch mal ganz<br />

in Ruhe überlegen.<br />

Exotisch mutet auch eine weitere unreflektiert <strong>aus</strong>gelebte Vernetzungsidee<br />

an. Die permanent in Aussicht gestellte Möglichkeit,<br />

Kochgeräte <strong>aus</strong> der Ferne zu steuern. Via Smartphone. Oder<br />

sich das Badewasser von unterwegs einzulassen. Ich weiß nicht,<br />

wie es Ihnen geht, aber mir ist wohler, wenn ich in der Nähe bin,<br />

wenn der Backofen per 3-D-Umluft auf 220 ° vorheizt. Und die<br />

Pyrolyse-Funktion aktiviere ich ebenfalls gern persönlich. Da<br />

bin ich vielleicht etwas eigen.<br />

Die Synapsen meiner für Technikbegeisterung zuständigen<br />

Gehirnareale klatschen hingegen Beifall, wenn es darum geht,<br />

am Tablet online nach Rezepten zu stöbern und die Zubereitung<br />

des favorisierten Gerichts später über den handlichen PC im cleveren<br />

Ofen zu steuern. Wahlweise per Hitze von oben, unten, der<br />

Seite oder mit wohlportioniertem Dampf. Mit vielen anschaulichen<br />

Bildern, Balken und Skizzen. So ein vernetzungsfähiges<br />

Gerät kann das Kochvergnügen fördern und macht sicher auch<br />

in einer <strong>Altholz</strong>küche eine gute Figur. Ein Spagat, der anfangs<br />

vielleicht etwas zwickt, der aber ganz bestimmt nicht weh tun<br />

wird, meint<br />

Dirk Biermann, Chefredakteur<br />

d.biermann@kuechenplaner-magazin.de<br />

4 KÜCHENPLANER 7/8/2014

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