KOMpass - Ausgabe 9 / 3. Quartal 2014
DIE VERHÄLTNISSE ZUM TANZEN BRINGEN
DIE VERHÄLTNISSE ZUM TANZEN BRINGEN
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LÖHNE RAUF? LÖHNE RAUF!<br />
Mit Lautstärke trommelten die Wirtschaftsvertreter die letzten Monate<br />
ernsthaft, dass wir Arbeitenden zu viel verdienten, die Löhne zu<br />
hoch seien. Angesichts unseres Lebensalltags, immer tiefer in die Tasche<br />
greifen zu müssen um über die Runden zu kommen, ein blanker<br />
sozialer Zynismus und in ökonomischer Hinsicht ein dümmlicher wirtschaftlicher<br />
Analphabetismus.<br />
Was ersteres anbelangt: Die Zahl der Beschäftigten,<br />
die mit ihrem Einkommen<br />
gerade so auskommen oder für die es gar<br />
nicht mehr reicht, steigt dramatisch an –<br />
nahe 2/3 der Lohnarbeitenden! Tendenz:<br />
weiter steigend.<br />
Aktuell bestätigte das WIFO diese Entwicklung<br />
nochmals dahingehend: Für die<br />
Beschäftigten ist „heuer bereits das fünfte<br />
Jahr in Folge, in dem die Einkommen<br />
real zurückgehen“. (siehe Grafik 1)<br />
Die reale Teuerung bei den Lebenserhaltungskosten<br />
liegt dabei in Wirklichkeit<br />
noch weit über der Inflationsrate, welche<br />
für das Alltagsleben eines durchschnittlichen<br />
Arbeitnehmerhaushalts kaum<br />
noch aussagekräftig ist. Zieht man der<br />
Inflationsrate gegenüber die tatsächliche<br />
Teuerung bei Nahrungsmitteln, Mieten<br />
und Energie sowie Sprit als Maßstab<br />
der Lebenserhaltungskosten heran, wird<br />
schlagartig dreierlei deutlich: Die von<br />
jedem spürbare Explosion der Lebenserhaltungskosten,<br />
das eklatante Nachhinken<br />
der Löhne und die sich gerade in Arbeitnehmerhaushalten<br />
niederschlagenden<br />
Preistreiber. (siehe Grafik 2)<br />
Demgegenüber wollen uns Wirtschaft<br />
und Kapitalvertreter allen Ernstes weismachen,<br />
dass die Löhne und Gehälter im<br />
Land zu hoch seien und damit auch noch<br />
regelrecht Jobkiller wären und die Konkurrenzfähigkeit<br />
behindern.<br />
Freilich, in ihrer einzelwirtschaftlichen<br />
Froschperspektive sehen die Unternehmer<br />
und ihre Ideologen nur die<br />
„Kosten“seite des Lohns, ignorieren<br />
dabei aber dessen doppelten Charakter:<br />
dass nämlich Löhne und Gehälter in ihrer<br />
Summe binnenwirtschaftlich gleichzeitig<br />
die nach wie vor entscheidende Nachfragegröße<br />
darstellen. Gut die Hälfte aller<br />
Güter und Dienstleistungen werden von<br />
Privathaushalten gekauft und hängen in<br />
ihrem Absatz so unmittelbar am allgemeinen<br />
Einkommensniveau.<br />
Das Dahindümpeln der Konjunktur liegt<br />
denn auch nicht in zu hohen Löhnen. Im<br />
Gegenteil, diese sind in Österreich von<br />
1978 bis zu Beginn der Krise um 12,4%<br />
(gemessen am BIP) abgesackt.<br />
Das Problem liegt vielmehr in den absaufenden<br />
Binnenmärkten aufgrund der<br />
„sozialpartner“schaftlich mageren Lohnabschlüsse<br />
durch die Jahre. Gipfelnd in<br />
einem sich bereits über fünf Jahre erstreckenden<br />
jährlichen Reallohnverlust. Kein<br />
Wunder, dass im Vorjahr die privaten<br />
Konsumausgaben erstmals seit 1984 wieder<br />
rückgängig waren.<br />
Grafik 1: Real-Einkommen pro Kopf (netto, zum Vorjahr in %) Grafik 2: Anstieg der Preise und Löhne seit dem Jahr 2000<br />
(bis 2012, Sprit bis 2013)<br />
<strong>KOMpass</strong> 9