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Neue Normenreihe DIN 18008 „Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln“ Informationen zu den Normen DIN 18008 Teil 1 bis Teil 5 Hubertus Wambsganz Historie Früher übernahm Glas i. d. R. nur „ausfachende“ und damit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung weitgehend unbedenkliche Aufgaben (z.B. als Fenster- und Türverglasungen). Deswegen bedurften diese Glaskonstruktionen in bauaufsichtlicher Hinsicht keiner besonderen Bemessung. Seit ca. 25 - 30 Jahren finden Glaskonstruktionen nun zunehmend aber auch als Glasdächer, Glasfassaden, begehbare Glasböden oder absturzsichernde Verglasungen und sogar als tragende Glaselemente (Ganzglastreppe s. Abbildung, Glasstützen, Glasunterzüge, Glasschwerter, etc.) Verwendung und sind damit in Bereichen eingesetzt, in denen ein Versagen zu einer ernsten Gefährdung der in Art. 3 Abs. 1 Bayerischer Bauordnung (BayBO) genannten Schutzziele führen kann. Für derartige (neue) Einsatzgebiete des Baustoffs Glas sind bestimmte bauaufsichtliche Anforderungen zu erfüllen. Zu diesem Zweck erarbeiteten in den vergangenen Jahren Vertreter der deutschen Bauaufsicht in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin für die Planung, Bemessung und Ausführung von Glaskonstruktionen die Richtlinien „Technische Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen (TRLV)“ - Fassungen August 2006 (Vorgängerfassung September 1998) -, “Technische Regeln für die Bemessung und die Ausführung punktförmig gelagerter Verglasungen (TRPV)“ - Fassung August 2006 - und “Technische Regeln für die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen (TRAV)“ - Fassung Januar 2003 -, die alle inzwischen als Technische Baubestimmung bauaufsichtlich eingeführt und als solche zu beachten sind, sowie das Merkblatt des DIBt „Anforderungen an begehbare Verglasungen; Empfehlungen für das Zustimmungsverfahren“ - Fassung November 2009 (Vorgängerfas sung März 2000). Daneben existiert auch noch die Norm DIN 18516 Teil 4 „Außenwandbekleidungen, hinterlüftet; Einscheiben-Sicherheitsglas; Anforderungen Bemessung - Prüfung“ - Stand Februar 1990 als Technische Baubestimmung. Die vorgenannten Technischen Baubestimmungen waren bereits Gegenstand eines Fachartikels im bau intern-Heft Ausgabe Nov./Dez. 2008 (Seite 22 - 25). Vorbemerkungen Allen eingangs genannten Regelwerken liegt das historisch in Deutschland übliche globale Sicherheitsbeiwertverfahren zu Grunde, bei dem die jeweiligen unter den tatsächlichen Belastungen im Bauteil auftretenden Spannungen mit maximal zulässigen Spannungen zu vergleichen sind, die sich aus versuchstechnisch ermittelten Materialkennwerten ergeben, die mit einem pauschal alle Unwägbarkeiten abdeckenden globalen Sicherheitsbeiwert abgemindert werden. In Europa setzte sich dahingegen das Teilsicherheitsbeiwertverfahren durch, bei dem sowohl die auftretenden Belastungen in Abhängigkeit u. a. von Auftretenswahrscheinlichkeit und Einwirkungsdauer als auch die für das Bauteil maximal zugelassenen Spannungen in Abhängigkeit u. a. von der Materialkennwertermittlung als auch der Sicherheitsrelevanz des jeweiligen mit ihnen durchgeführten Standsicherheitsnachweises durch den Ansatz Ganzglastreppe im Bürogebäude Nord der Fa. Seele GmbH & Co. KG mehrerer Teilsicherheitsbeiwerte zu erhöhen bzw. abzumindern sind. Dies bedingte eine Überarbeitung der o. g. alten Regelwerke für die Bemessung von Glaskonstruktionen. Die o. g. verschiedenen Regelwerke für die Bemessung von Glaskonstruktionen sollten zudem anwenderfreundlich in einem einzigen Regelwerk zusammengefasst werden. Selbstverständlich musste sich das Normungsgremium dabei auch der Aufgabe stellen, die in vielen Zulassungs- und Zustimmungsverfahren sowie in Forschungsvorhaben inzwischen gewonnenen und abgesicherten Erfahrungen und Erkenntnisse in die neue Norm einzuarbeiten. Zu diesem Zweck beantragte die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz beim Deutschen Institut für Normung (DIN) in Berlin ein neues Normungsverfahren, worauf hin bereits am 30.01.2003 der DIN-Arbeitsausschuss NABau - AA 005-09-25 "Bemessungs- und Konstruktionsregeln für Bauprodukte aus Glas" mit der Erarbeitung der neuen deutschen Norm DIN 18008 „Glas im Bauwesen - Bemessungs- und Konstruktionsregeln“ begann. Aktueller Stand der Normung DIN 18008 Die nationale Norm DIN 18008 – Glas im Bauwesen; Bemessungs- und Konstruktionsregeln – umfasst derzeit folgende Normenteile: – Teil 1: Begriffe und allgemeine Grundlagen (Fassung Dezember 2010) – Teil 2: Linienförmig gelagerte Verglasungen (Fassung Dezember 2010 mit Berichtigung 1 vom April 2011) – Teil 3: Punktförmig gelagerte Verglasungen (Fassung Juli 2013) – Teil 4: Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen (Fassung Juli 2013) – Teil 5: Zusatzanforderungen an begehbare Verglasungen (Fassung Juli 2013) – Teil 6: Zu Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten betretbare Verglasungen (noch in Erarbeitung) – Teil 7: Sonderkonstruktionen (noch in Erarbeitung). Ein Fachartikel im bau intern-Heft Ausgabe September/Oktober 2009 (Seite 7 - 9) befasste sich mit den Teilen 1 und 2, weshalb auf ihren Inhalt hier nicht weiter eingegangen wird. 28 bau intern November/Dezember 2013
Seit Juli 2013 sind nun auch die im Folgenden vorgestellten Teile 3, 4 und 5 der DIN 18008 als endgültige Normen erschienen. DIN 18008 Teil 3: Punktförmig gelagerte Verglasungen Teil 3 der DIN 18008 entspricht inhaltlich im Wesentlichen der zurzeit noch gültigen TRPV und regelt ausfachende Verglasungen, bei denen ausschließlich mechanische Halter die Glasscheiben in deren Gesamtdicke formschlüssig umfassend punktförmig halten. Die Punkthalter werden dabei unterschieden in durch zylindrische Glasbohrungen (keine konischen Bohrungen) geführte Tellerhalter und ohne Bohrungen am Glasscheibenrand angeordnete Klemmhalter. Eine Kombination von linien- und punktförmiger Lagerung ist ebenfalls zulässig. Für gegen Absturz sichernde, planmäßig begehbare oder befahrbare oder zu Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten betretbare Verglasungen sind zusätzliche Anforderungen zu berücksichtigen. Neu gegenüber den TRPV sind die Angaben von geeigneten Trennmaterialien zwischen Glas und Punkthalter- Stahlbauteilen und zu deren Berücksichtigung beim statischen Nachweis von punktförmig gelagerten Verglasungen im Anhang A, das Verifizierungsverfahren für Finite-Elemente- Modelle zum statischen Nachweis von punktförmig gelagerten Verglasungen im Bohrungsbereich im Anhang B, das vereinfachte Verfahren für den Nachweis der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit von punktgelagerten Verglasungen im Anhang C und die Beschreibung von anerkannten Nachweisen der Verwendbarkeit von Glashaltern und Zwischenmaterialien durch Versuche im Anhang D des Teils 3 der DIN 18008. DIN 18008 Teil 4: Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen Teil 4 der DIN 18008 entspricht inhaltlich im Wesentlichen der zurzeit noch gültigen TRAV. Er gilt für Vertikalverglasungen und zur Angriffsseite geneigte Horizontalverglasungen (durch Verglasung und angriffsseitige Verkehrsfläche aufgespannter Winkel < 80°), die Personen auf Verkehrsflächen gegen Absturz sichern. In den TRAV waren punktförmig gelagerte absturzsichernde Verglasungen nur als in Innenräumen gelegene Geländerausfachungen (= Kategorie C1) geregelt. Teil 4 der DIN 18008 enthält nun unabhängig vom Einbauort auch Regelungen für punktförmig gelagerte Verglasungen mit absturzsichernder Funktion nach Kategorie A (= i. d. R. raumhohe Verglasungen), C2 (= Verglasungen unterhalb eines Brüstungsriegels in erforderlicher Holmhöhe) und C3 (= Verglasungen mit in erforderlicher Hohe vorgesetztem lastabtragendem Holm). Waren gemäß den TRAV absturzsichernden Verglasungen nach Kategorie B (= unten eingespannt gehaltene Glasbrüstungen, deren einzelne Glasscheiben durch einen durchgehenden Handlauf in erforderlicher Höhe mit einander verbunden sind) nur geregelt, wenn der Handlauf auf den Glasscheibenoberkanten aufgesetzt war, so darf der Handlauf gemäß DIN 18008 Teil 4 nun auch durch Tellerhalter nach Teil 3 der DIN 18008 an den Glasscheiben befestigt sein. Im Teil 4 der DIN 18008 ist gegenüber den TRAV darüber hinaus noch Folgendes neu: – Ergänzung des Nachweises der Stoßsicherheit durch Bauteilversuch mit einer Durchdringungsprüfung, die beim Bruch von Verbundsicherheitsglasscheiben bei der Pendelschlagprüfung zusätzlich durchzuführen ist (Anhang A.2). – Ausweitung der Konstruktionen mit bereits nachgewiesener Stoßsicherheit: Die Abmessungen der linienförmig gelagerten Verglasungen mit nachgewiesener Stoßsicherheit nach Kategorie A, C1, C2 und C3 des Anhangs B der DIN 18008 Teil 4 sind teilweise größer als in den TRAV und hier sind nun auch Konstruktionen mit Drei- und Mehrscheibenisoliergläsern sowie punktförmig gelagerte Verglasungen nach Kategorie A, C1, C2 und C3 mit ausreichend erbrachter Stoßsicherheit zu finden. – Der in Abschnitt 6.4 der TRAV beschriebene Stoßsicherheitsnachweis mittels Spannungstabellen ist in Teil 4 der DIN 18008 nicht mehr enthalten. Stattdessen bietet Anhang C des Teils 4 der DIN 18008 zwei Verfahren zum Nachweis der Stoßsicherheit von Glasaufbauten durch Berechnung an: Ein vereinfachtes Nachweisverfahren im Anhang C.2 und die volldynamische transiente Simulation des Stoßvorgangs im Anhang C.3. – Anhang D des Teils 4 der DIN 18008 macht Angaben nicht nur zu liniensondern auch zu punktförmigen Lagerungskonstruktionen, die als ausreichend tragfähig für die Absturzsicherheit anzusehen sind. – DIN 18008 Teil 4 enthält im Anhang E einen Nachweis eines ausreichend wirksamen Kantenschutzes durch Versuche und im Anhang F die Darstellung eines Musters eines ausreichend wirksamen Kantenschutzes. DIN 18008 Teil 5: Zusatzanforderungen an begehbare Verglasungen Teil 5 der DIN 18008 regelt begehbare Verglasungen mit ausschließlich planmäßigem Personenverkehr bei üblicher Nutzung und einer lotrechten Nutzlast von höchstens 5 kN/m 2 (z. B. Treppen, Podeste, Stege und Lichtschachtabdeckungen). Für befahrbare Verglasungen, Verglasungen, die hohen Dauerlasten ausgesetzt sind oder für die aufgrund der Nutzungsbedingungen von einer erhöhten Stoßgefahr ausgegangen werden muss, gelten weitergehende Anforderungen. Die Norm gilt auch nicht für nur zu Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten begehbare Verglasungen. Diese Verglasungen sind Gegenstand des noch in Bearbeitung befindlichen Teils 6 der DIN 18008. Teil 5 der DIN 18008 enthält die Vorgaben des Kapitels 3.4 der TRLV und des DIBt-Merkblatts "Anforderungen an begehbare Verglasungen; Empfehlungen für das Zustimmungsverfahren" - Fassung November 2009 -, wobei die Bemessung der begehbaren Verglasungen nach Teil 5 der DIN 18008 auf die Bemessungskonzepte der Teile 1, 2 und 3 der DIN 18008 abgestimmt wurde. Der im DIBt-Merkblatt beschriebene experimentelle Nachweis der Stoßsicherheit und der Resttragfähigkeit ist jetzt im Anhang A der DIN 18008 Teil 5 zu finden. Anhang B des Teils 5 der DIN 18008 beschreibt Konstruktionen mit bereits nachgewiesener Stoßsicherheit und Resttragfähigkeit - wie u. a. die bisher in der Ziffer 3.4.3 der TRLV angegebenen. Bei diesen Konstruktionen ist ein versuchstechnischer Nachweis nicht mehr erforderlich. bau intern November/Dezember 2013 29
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