Untitled - Hansestadt Stralsund
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Pflege-Hinweise(r)<br />
Hinterfragt - Ehrenamtliche Betreuungskraft<br />
„Wir möchten eine neue Betreuerin. Wir wollen Ina-Mutti.“ Mit diesen Sätzen meldete<br />
sich Anfang 2003 ein Ehepaar im <strong>Stralsund</strong>er Amtsgericht…<br />
„Und das Gericht hat tatsächlich herausbekommen, dass ich gemeint war“, lacht<br />
Kristin Gräfe noch heute über den ungewöhnlichen Beginn ihrer ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit als Betreuungskraft. Besagtes Ehepaar waren Freunde ihrer Tochter Ina,<br />
die sie bei der Arbeit in der Werkstatt für behinderte Menschen kennen gelernt<br />
hatten. „Die Besuche bei uns zu Hause haben den Beiden wohl so gefallen, dass<br />
sie sich mit ihrer Bitte an das Gericht wandten“, mutmaßt Kristin Gräfe, die sich<br />
wegen der neuen Tätigkeit nicht lange bitten ließ. „Als Mutter einer behinderten<br />
Tochter und auch als Vorsitzende des Vereins Lebenshilfe e.V. für Menschen mit<br />
geistiger Behinderung hat es mich gereizt zu erfahren, inwieweit ein selbstbestimmtes<br />
Leben für Menschen mit geistiger Behinderung möglich ist und wie ihr<br />
Leben in der Praxis aussieht“, nennt sie den wichtigsten Beweggrund und kniete<br />
sich fortan mit Herzblut in ihre neue Arbeit. Lediglich in einem halben Jahr schaffte<br />
sie es, dass „ihr“ Ehepaar aus einem zwölf Quadratmeter großen Zimmer in<br />
einem Heim in ihre 60 Quadratmeter große Wohnung ziehen konnte. „Eine eigene<br />
Wohnung war der größte Wunsch der Beiden“, erzählt Kristin Gräfe weiter,<br />
deren Arbeit daraufhin mit dem Abchecken der finanziellen Situation ihrer zu<br />
betreuenden Personen begann. Es folgten Rentenanträge, der Wohnungsantrag,<br />
die Anträge zur finanziellen Unterstützung bei der Erstausstattung, Kindergeldanträge.<br />
Parallel dazu förderte die gelernte Ingenieur-Ökonomin die Selbstständigkeit<br />
ihrer Schützlinge: lehrte sie Preise zu vergleichen, führte sie an den Computer<br />
heran, versetzte sie in die Lage, in den Urlaub zu fahren… „Ich hatte rundum<br />
zu tun“, lässt sie keine Zweifel und ist stolz, dass die Beiden bis heute ihr<br />
gemeinsames Leben in der neuen Wohnung gepackt haben. „Es geht ihnen gut<br />
und sie sind finanziell abgesichert“, freut sie sich, das Ehepaar sechs Jahre lang<br />
auf ihrem selbstbestimmten Weg begleitet zu haben. „Wichtig ist es, sich als<br />
Betreuer auf die Seite des Betreuten zu stellen und aus seiner Sicht zu beurteilen,<br />
ob ich auch so leben möchte. Nur so kann man schließlich ein Vertrauensverhältnis<br />
zum Betreuten aufbauen“, nennt die 66-Jährige wichtige Erfahrungen<br />
aus ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Betreuungskraft und sieht der Zukunft ihrer<br />
Tochter nun auch gelassener entgegen: „Sie kann ein selbstbestimmtes Leben<br />
führen mit einem gerichtlich bestellten Betreuer an ihrer Seite.“<br />
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