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Erd: Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

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Rainer <strong>Erd</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Mitbestimmungsrechte</strong> <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

Wann immer die Wirtschaft in der Bun<strong>des</strong>republik in Probleme gerät, wird das Thema<br />

„Mitbestimmung“ öffentlich vorgebracht. <strong>Die</strong> einen, meist Konservative und Liberale,<br />

fordern dann, die Mitbestimmung einzuschränken, da sie zu den ökonomischen Problemen<br />

beigetragen habe. <strong>Die</strong> anderen, eher Sozialdemokraten und Grüne, sehen gerade in einer<br />

wirkungsvollen Mitbestimmung eine Voraussetzung dafür, die Probleme gemeinsam zu<br />

bewältigen. <strong>Die</strong> folgenden Ausführungen fühlen sich unzweideutig der zweiten Position<br />

verpflichtet. Es soll argumentiert werden, dass die Mitbestimmung, insbesondere die durch<br />

den Betriebsrat, ein wesentliches Element <strong>des</strong> relativ stabilen Systems industrieller Beziehung<br />

in der Bun<strong>des</strong>republik ist.<br />

1. Begriff<br />

1.1 Mitbestimmung zur Konfliktregulierung auf dem Vormarsch<br />

1.2 Was ist Mitbestimmung ?<br />

1.3 Welche Formen gibt es ?<br />

2. Sicht <strong>des</strong> Arbeitgebers<br />

2.1 Was will der Arbeitgeber mit der betrieblichen Mitbestimmung erreichen ?<br />

2.2 Make or buy ? Welche Vor- und Nachteile gibt es ?<br />

3. Auswirkungen auf die Arbeitnehmer<br />

3.1 Welche Auswirkungen hat sie auf die Belegschaft ?<br />

3.2 Rechtslage für Arbeitnehmer<br />

3.3 Chancen für verbliebe Kollegen<br />

4. Handlungsmöglichkeiten <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

4.1 Unterrichtungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

4.2 Beratungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

4.3 Überwachung der Gesetze zugunsten der Arbeitnehmer<br />

4.4 Vorschläge durch den Betriebsrat<br />

4.5 <strong>Mitbestimmungsrechte</strong><br />

4.6 Auswirkungen auf den Betriebsrat<br />

5. Praxis


2<br />

1. Begriff<br />

1.1 Betriebliche Mitbestimmung<br />

zur Konfliktregulierung auf dem Vormarsch<br />

<strong>Die</strong> Wirtschaft einer kapitalistischen Gesellschaft wird von Interessengegensätzen<br />

zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern charakterisiert. Während die Arbeitgeber einen<br />

maximalen Gewinn anstreben, sind die Arbeitnehmer an hohen Löhnen und optimalen<br />

Arbeitsbedingungen interessiert. Aus diesem Interessengegensatz entwickeln sich immer<br />

wieder Konflikte, die die sozialen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

konfliktreich gestalten.<br />

Wenn z. B. ein Arbeitgeber einen oder mehrere Arbeitnehmer entlässt, dann entfallen für<br />

die Betroffenen nicht nur die bisherigen Lohnzahlungen, sondern auch ein sozialer<br />

Zusammenhang (Arbeitsplatz). Finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Austragung<br />

solcher Konflikte keinen von beiden Seiten akzeptierten Weg, dann können große<br />

ökonomische Schäden für beide Seiten entstehen.<br />

<strong>Die</strong> wesentlichen Aufgaben der betrieblichen Mitbestimmung bestehen in der:<br />

- Beilegung und Verringerung von Konflikten zwischen Arbeitgebern und<br />

Arbeitnehmern,<br />

- Erarbeitung und Durchsetzung eines betrieblichen Regelsystems,<br />

- Informationen auf den unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens (Betrieb,<br />

Unternehmen, Konzern).<br />

1.2 Was ist Mitbestimmung ?<br />

Mitbestimmung meint die Beteiligung von Arbeitnehmern oder den von ihnen gewählten<br />

Repräsentanten an Entscheidungen der Leitung eines Betriebs, Unternehmens oder Konzern.<br />

Es gibt verschiedene Formen von Mitbestimmung:<br />

- auf Unternehmensebene durch das Mitbestimmungs- und Montan-<br />

Mitbestimmungsgesetz,<br />

- auf der Ebene <strong>des</strong> Betriebs durch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und<br />

das Sprecherausschussgesetz.<br />

Gegenstand dieses Artikels ist allein die betriebliche Mitbestimmung.<br />

1.3 Welche Formen gibt es ?<br />

Das BetrVG unterscheidet drei unterschiedliche Beteiligungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>:


3<br />

- Informationsrechte<br />

Dazu gehören ein Fragerecht <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> und eine entsprechende<br />

Erläuterungspflicht <strong>des</strong> Arbeitgebers. Häufig sind Informationsrechte die Vorstufe<br />

für eine weitergehende Mitwirkung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>, z. B. §§ 92 Abs. 1, 111 Abs.<br />

1; vgl. auch §§ 80 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 3 Satz 1, 105, 108 Abs. V, 110 BetrVG.<br />

Neben den im Gesetz geregelten Fällen können sich Informationsrechte auch aus<br />

dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit ergeben, §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1<br />

und 2 BetrVG.<br />

- Mitspracherechte<br />

Bei Mitspracherechten wirkt der Betriebsrat an Entscheidungen mit, kann den<br />

Arbeitgeber aber höchstens überzeugen, nicht jedoch überstimmen. In diesen<br />

Fällen bleibt die Entscheidungsfreiheit <strong>des</strong> Arbeitgebers bestehen. Nur<br />

ausnahmsweise kann der Betriebsrat nach §§ 23 Abs. 3, 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG<br />

gegen eine Entscheidung <strong>des</strong> Arbeitgebers gerichtlich vorgehen. Bei<br />

Mitspracherechten muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören (z.B. §§ 102<br />

Abs. 1) oder Angelegenheiten mit ihm beraten (z.B. §§ 90, 92 Abs. 1 Satz 2, 92a<br />

Abs. 2 Satz 1, 96 Abs. 1, 97 Abs. 1 BetrVG). Dem Betriebsrat kann auch ein<br />

Vorschlagsrecht zustehen, §§ 92 Abs. 2, 96 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.<br />

- <strong>Mitbestimmungsrechte</strong><br />

Den größten Einfluss vermag der Betriebsrat im Rahmen der ihm gesetzlich<br />

zugestandenen <strong>Mitbestimmungsrechte</strong> erlangen. Bei <strong>Mitbestimmungsrechte</strong>n kann<br />

er über die Mitsprache hinaus die Einführung bestimmter Regelungen verlangen.<br />

Der Betriebsrat hat in diesem Zusammenhang ein Initiativrecht. In diesem Fall<br />

können Arbeitgeber und Betriebsrat eine Entscheidung nur gemeinsam treffen. Es<br />

besteht ein Einigungszwang. Kommt keine Einigung zustande, können<br />

Arbeitgeber oder Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, deren Spruch die<br />

Einigung ersetzt, §§ 76, 87 Abs. 2 BetrVG.<br />

<strong>Die</strong> wichtigsten <strong>Mitbestimmungsrechte</strong> sind die in<br />

- sozialen Angelegenheiten, § 87,<br />

- bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung,<br />

§ 91 BetrVG.<br />

<strong>Mitbestimmungsrechte</strong> können durch die Betriebsparteien erweitert werden.<br />

Z.B. kann ein Mitbestimmungsrecht <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> bei der Anrechnung von<br />

Tariferhöhungen auf übertarifliche Zulagen vereinbart werden.<br />

Fazit<br />

Eine echte Mitbestimmung in dem Sinne, dass der Arbeitgeber nur gemeinsam mit dem<br />

Betriebsrat eine Entscheidung treffen kann, gibt es allein bei der sozialen Mitbestimmung. In<br />

diesen Fällen stehen keine wirtschaftlichen Kompetenzen <strong>des</strong> Unternehmers in Frage, sondern<br />

allein Fragen <strong>des</strong> betrieblichen Ablaufs. Je stärker die unternehmerische<br />

Entscheidungsfreiheit in wirtschaftlichen Angelegenheiten betroffen ist, <strong>des</strong>to geringer sind<br />

die Beteiligungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> ausgestaltet.


4<br />

2. Sicht <strong>des</strong> Arbeitgebers<br />

2.1 Was will der Arbeitgeber mit der betrieblichen Mitbestimmung<br />

erreichen ?<br />

Historisch gesehen, waren Arbeitgeber zunächst gegen innerbetriebliche<br />

<strong>Mitbestimmungsrechte</strong> von Arbeitnehmervertretern, weil sie ihre Entscheidungsautonomie in<br />

Frage stellten. <strong>Die</strong> ersten Initiativen für eine betriebliche Mitbestimmung gingen von<br />

staatlicher Seite aus. In dem Entwurf einer Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom<br />

Februar 1849 waren erstmals Fabrikausschüsse vorgesehen, denen ein Mitglied jeder<br />

selbständigen Gruppe der Fabrikarbeiter, ein Werkmeister und der Inhaber der Fabrik<br />

angehören sollten. Nach mehreren Veränderungen der Gewerbeordnung entstand erst mit dem<br />

Betriebsrätegesetz von 1920 die erste große gesetzliche Kodifikation von<br />

<strong>Mitbestimmungsrechte</strong>n <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>. <strong>Die</strong> gegenwärtige gesetzliche Regelung <strong>des</strong><br />

Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist durch die nach dem 2. Weltkrieg verabschiedeten<br />

Betriebsverfassungsgesetze von 1952, 1972 und 2001 geschaffen worden.<br />

<strong>Die</strong> betriebliche Mitbestimmung ist heute vor allem von Arbeitgebern in Großbetrieben<br />

anerkannt und wird als Instrument einer effektiven betrieblichen Konfliktschlichtung<br />

verstanden. In Klein- und Mittelbetrieben hingegen lehnen Arbeitgeber die Mitbestimmung<br />

häufig ab, weil sie eine zu starke Einflussnahme auf das betriebliche Geschehen befürchten.<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit aller Betriebsräte ist <strong>des</strong>halb auch in Großbetrieben tätig, während sie in Kleinund<br />

Mittelbetriebe stark unterrepräsentiert sind.<br />

2.2 Make or buy ? Welche Vor- und Nachteile gibt es ?<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer verfolgen einerseits gegensätzliche Interessen:<br />

Gewinnmaximierung die einen, Lohnerhöhung und humane Arbeitsbedingungen die anderen.<br />

Neben diesen gegensätzlichen Interessen haben beide Parteien aber auch gemeinsame<br />

Interessen:<br />

- Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit <strong>des</strong> Betriebes, die erst eine Sicherheit von<br />

Arbeitsplätzen möglich macht,<br />

- Gestaltung zufrieden stellender Arbeitsbedingungen, ohne die der Arbeitnehmer<br />

seine Arbeitskraft nicht optimal einsetzt,<br />

- Herstellung und Beibehaltung eines guten Betriebsklimas, das Voraussetzung für<br />

eine Identifikation der Arbeitnehmer mit dem Betrieb ist,<br />

- Beilegung von Konflikten unter Beteiligung der betroffenen Parteien Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer/Betriebsrat,<br />

- Einbringung von Verbesserungsvorschlägen von Seiten der Arbeitnehmer zur<br />

Verbesserung von Arbeitsbedingungen.


5<br />

<strong>Die</strong> betriebliche Mitbestimmung gibt eine Fülle von gesetzlichen Möglichkeiten für beide<br />

Parteien, Regelungen für solche gemeinsamen Interessen zu erarbeiten. Je komplexer die<br />

betriebliche Struktur (wie in Großbetrieben), <strong>des</strong>to eher sehen Arbeitgeber die positiven<br />

Funktionen der betrieblichen Mitbestimmung. Je kleiner der Betrieb, <strong>des</strong>to stärker rücken die<br />

(aus Arbeitgebersicht) Nachteile in den Vordergrund.<br />

Als positiv wird die betriebliche Mitbestimmung von Arbeitgebern insofern angesehen, als<br />

sie<br />

- die betriebliche (und nicht die staatliche) Beilegung von Konflikten zwischen<br />

Arbeitgebern und Arbeitnehmern ermöglicht. Gegenüber der staatlichen<br />

Konfliktbeilegung durch Arbeitsgerichte ist die betriebliche zeitlich schneller,<br />

kostenmäßig günstiger und von den streitenden Parteien eher zu beeinflussen,<br />

- den Informationsfluss zwischen den betrieblichen Parteien relativ transparent hält<br />

und damit die Entstehung von Konflikten verhindert oder abmildert,<br />

- die Integration von Arbeitnehmern in den Betrieb gestattet.<br />

Negativ wird die betriebliche Mitbestimmung (überwiegend von Arbeitgebern in Klein- und<br />

Mittelbetrieben) <strong>des</strong>halb angesehen, weil sie<br />

- dem Arbeitnehmer/Betriebsrat Einfluss auf das betriebliche Geschehen gibt und<br />

auf diese Weise den Handlungsspielraum <strong>des</strong> Arbeitgebern begrenzt,<br />

- das Informationsniveau der Arbeitnehmer/Betriebsräte erhöht und sie <strong>des</strong>halb zu<br />

Aktivitäten anregen kann, die der Arbeitgeber nicht wünscht,<br />

- die Integration <strong>des</strong> Arbeitnehmers erschwert.<br />

4. Handlungsmöglichkeiten <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

4.1 Unterrichtungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

4.1.1 Unterrichtungs- und Beratungsrechte hinsichtlich der Gestaltung <strong>des</strong><br />

Arbeitsplatzes, <strong>des</strong> Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung<br />

In diesen Bereichen hat der Betriebsrat unterschiedliche Rechtspositionen. Einen Anspruch<br />

auf Unterrichtung und Beratung hat der Betriebsrat, sofern es um Planungen geht von:<br />

- Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Fabrikations-, Verwaltungs- und<br />

sonstigen betrieblichen Räumen,<br />

- technischen Anlagen,<br />

- Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen,<br />

- Arbeitsplätzen,<br />

§ 90 Abs. 1 BetrVG.<br />

Zunächst muss der Arbeitgeber den Betriebsrat von den Planungen unterrichten und diese<br />

sodann mit ihm zu beraten. Im Vordergrund der Beratung haben die möglichen<br />

Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, insbesondere die sich daraus ergebenden


6<br />

Anforderungen an die Arbeitnehmer zu stehen. <strong>Die</strong> Beratung muss so rechtzeitig erfolgen,<br />

dass Vorschläge und Bedenken <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> bei der Planung berücksichtigt werden<br />

können. Dabei sollen beide Parteien die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit zugrunde legen, § 90 BetrVG.<br />

Für einzelne der in § 90 enthaltenen Rechte sieht das Gesetz neben der Unterrichtung und<br />

Beratung noch ein weitergehen<strong>des</strong> Mitbestimmungsrecht vor. Werden Änderungen der<br />

Arbeitsplätze, <strong>des</strong> Arbeitsablaufs oder Arbeitsumgebung durchgeführt und widersprechen<br />

diese offensichtlich den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die<br />

menschengerechte Gestaltung der Arbeit und werden Arbeitnehmer infolge<strong>des</strong>sen in<br />

besonderer Weise belastet, dann kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur<br />

Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen. Wie bei<br />

<strong>Mitbestimmungsrechte</strong>n üblich entscheidet die Einigungsstelle verbindlich, wenn es zwischen<br />

Betriebsrat und Arbeitgeber zu keinem Konsens kommt (vgl. 4.5)<br />

4.1.2 Anhörungs- und Erörterungsrechte<br />

Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person<br />

betreffen, von den zuständigen betrieblichen Personen gehört zu werden. Das<br />

Anhörungsrecht hat besonders dort Bedeutung, wo der Arbeitnehmer von Maßnahmen <strong>des</strong><br />

Arbeitgebers betroffen wird. In diesem Fall kann er dazu Stellung nehmen und Vorschläge<br />

zur Gestaltung <strong>des</strong> Arbeitsplatzes und <strong>des</strong> Arbeitsablaufs machen. Weiterhin kann der<br />

Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber ihm die Berechnung und Zusammensetzung<br />

seines Lohns erläutert und die Beurteilung seiner Leistung sowie die Möglichkeit seiner<br />

beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert. Dazu kann er ein Mitglied <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

heranziehen. Über den Inhalt der Gespräche ist der Betriebsrat zur Verschwiegenheit<br />

verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht davon entbindet, § 82. Ist der Arbeitnehmer mit<br />

der Entscheidung nicht einverstanden, kann er den Betriebsrat im Rahmen der skizzierten<br />

Mitwirkung oder Mitbestimmung anrufen (besonders §§ 99, 102; die Mitbestimmung in<br />

sozialen Angelegenheiten nach § 87 gilt nicht für Einzelfälle, sondern für solche, die eine<br />

Vielzahl von Arbeitnehmern betreffen). Ein darüber hinausgehen<strong>des</strong> Mitbestimmungsrecht<br />

enthält § 82 nicht.<br />

4.1.3 Einsicht in die Personalakte<br />

Einen dem Anhörungs- und Erörterungsrecht vergleichbaren Charakter hat das<br />

Einsichtsrechts <strong>des</strong> Arbeitnehmers in seine Personalakte, § 83 BetrVG. Ist eine Information<br />

in der Personalakte fälschlicherweise enthalten, so hat der Arbeitnehmer das Recht,<br />

Erklärungen zum Inhalt der Personalakte beizufügen. Bei diesem Vorgang kann der<br />

Arbeitnehmer ein Mitglied <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> hinzuziehen, der über den Inhalt der Personalakte<br />

Stillschweigen zu bewahren hat, es sei denn, dass der Arbeitnehmer ihn davon entbunden hat.<br />

Das Akteneinsichtsrecht ist in der Praxis von großer Bedeutung, weil es einzelnen<br />

Arbeitnehmern und dem Betriebsrat die Möglichkeit gibt, Korrekturen in der Personalakte<br />

vorzunehmen, die für das spätere Berufsleben <strong>des</strong> Arbeitnehmers von allergrößter Bedeutung<br />

sein können.<br />

4.1.4 Beschwerderecht


7<br />

Beim Beschwerderecht <strong>des</strong> einzelnen Arbeitnehmers kann der Betriebsrat ebenfalls<br />

hinzugezogen werden. § 84 BetrVG gibt dem Arbeitnehmer das Recht, sich bei den<br />

zuständigen Stellen <strong>des</strong> Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von<br />

Arbeitnehmern <strong>des</strong> Betriebs benachteiligt, ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise<br />

beeinträchtigt fühlt. Beschwert sich ein Arbeitnehmer, so hat ihn der Arbeitgeber darüber zu<br />

unterrichten, was er von der Beschwerde hält und was er in dem Fall getan hat, dass er die<br />

Beschwerde für gerechtfertigt hielt. Aus der Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine<br />

Nachteil entstehen.<br />

Anstelle beim Arbeitgeber direkt, kann sich der Arbeitnehmer auch beim Betriebsrat<br />

beschweren. In diesem Fall muss der Betriebrat, wenn er die Beschwerde für berechtigt hält,<br />

beim Arbeitgeber darauf dringen, dass der Beschwerdegrund beseitigt wird. Im Gegensatz<br />

zum Beschwerderecht <strong>des</strong> einzelnen Arbeitnehmers kann bei der Beschwerde vor dem<br />

Betriebsrat dieser bei Nichteinigung die Einigungsstelle anrufen, die bindend entscheidet<br />

(vgl. 4.5). Über die Behandlung der Beschwerde ist der Arbeitnehmer vom Betriebsrat zu<br />

unterrichten.<br />

4.2 Beratungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

4.2.1 Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten<br />

Der Betriebsrat hat in personellen Angelegenheiten im wesentlichen ein Mitwirkungs- und<br />

kein Mitbestimmungsrecht. Im einzelnen gilt:<br />

1. bei Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen sowie Versetzungen hat der Betriebsrat<br />

ein Unterrichtungs- und Auskunftsrecht, § 99 Abs.1. Unter den Voraussetzungen von § 99<br />

Abs.2 Zi. 1 bis 6 kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer dieser Maßnahmen innerhalb<br />

einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber verweigern. Dabei muss er die<br />

Gründe der Verweigerung angeben. Anders als bei der sozialen Mitbestimmung kann der<br />

Betriebsrat aber in diesen Fällen nicht im Wege der Einigungsstelle eine Entscheidung<br />

erzwingen. Der Arbeitgeber kann vielmehr die verweigerte Zustimmung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen, § 99 Abs. 4. Darüber hinaus hat er im Falle der<br />

Verweigerung der Zustimmung sowie auch vor Äußerung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> die Möglichkeit,<br />

wenn es aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme<br />

vorläufig durchzuführen, § 100 Abs.1. Dagegen kann der Betriebsrat mit dem Argument<br />

vorgehen, die Maßnahme sei aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich. In diesem<br />

Fall muss der Arbeitgeber die fehlende Zustimmung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> innerhalb einer<br />

Dreitagesfrist beim Arbeitsgericht ersetzen lassen. Er muss dabei vortragen, dass die<br />

Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Lehnt das Gericht den Antrag<br />

<strong>des</strong> Arbeitgebers ab, so endet die vorläufige personelle Maßnahme zwei Wochen nach<br />

Rechtskraft der Entscheidung <strong>des</strong> Arbeitsgerichts, § 100 Abs. 2;<br />

2. bei Kündigungen hat der Betriebsrat zunächst ein Anhörungsrecht. Erfolgt eine<br />

Kündigung ohne Anhörung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>, ist sie unwirksam, § 102 Abs.1. Nach der<br />

Anhörung kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber seine Bedenken gegen eine Kündigung<br />

innerhalb einer Woche mitteilen und dieser widersprechen. Der Widerspruch muss auf eine


8<br />

der Gründe <strong>des</strong> § 102 Abs.3 gestützt sein. Auch in diesem Fall kann der Betriebsrat keine<br />

Entscheidung erzwingen. Denn auf den Widerspruch <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> kann der Arbeitgeber<br />

einen Arbeitnehmer trotzdem kündigen. In diesem Fall muss er dem Arbeitnehmer mit der<br />

Kündigung die Stellungsnahme <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> zuleiten, § 102 Abs. 4. <strong>Die</strong> Rechte <strong>des</strong><br />

<strong>Betriebsrats</strong> sind damit erschöpft. Der gekündigte Arbeitnehmer kann allerdings<br />

Kündigungsschutzklage erheben und verlangen, dass er bis zum rechtskräftigen Abschluss<br />

<strong>des</strong> Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt wird. Dagegen<br />

wiederum kann sich der Arbeitgeber mit einer einstweiligen Verfügung wenden, § 102 Abs.5.<br />

In der Praxis wird der sog. Weiterbeschäftigungsanspruchs selten realisiert, da die meisten<br />

Arbeitnehmer, mit einer Abfindung versehen, den Betrieb verlassen. Ein<br />

Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen enthält das BetrVG aber insofern, als Arbeitgeber und<br />

Betriebsrat freiwillig ein Einigungsstellenverfahren vereinbaren können, § 102 Abs.6.<br />

4.2.2 Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten<br />

Nach dem BetrVG gibt es in wirtschaftlichen Angelegenheiten zwei Beteiligungsmöglichkeiten<br />

<strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>:<br />

- im Wirtschaftsausschuss und<br />

- bei Betriebsänderungen.<br />

Überbetriebliche Mitbestimmungsformen sieht das Mitbestimmungsgesetz vor.<br />

4.2.2.1. Beteiligung im Wirtschaftsausschuss<br />

In Unternehmen mit mehr als 100 ständig Beschäftigten ist ein Wirtschaftsausschuss zu<br />

bilden, der wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber berät und den Betriebsrat<br />

unterrichtet. Im Wirtschaftsausschuss arbeiten min<strong>des</strong>tens drei und höchstens sieben<br />

Personen, darunter min<strong>des</strong>tens ein Mitglied <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>, § 107 Abs. 1 BetrVG. Der<br />

Wirtschaftsauschuss soll monatlich einmal zusammentreten. Er kann über folgende Themen<br />

beraten:<br />

- wirtschaftliche und finanzielle Lage <strong>des</strong> Unternehmens,<br />

- Produktions- und Absatzlage,<br />

- Produktions- und Investitionsprogramm,<br />

- Rationalisierungsvorhaben,<br />

- Fabrikations- und Arbeitsmethoden,<br />

- Fragen <strong>des</strong> betrieblichen Umweltschutzes,<br />

- Einschränkung oder Stillegung von Betrieben oder Betriebsteilen,<br />

- Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen,<br />

- Zusammenschluss oder Spaltung von Unternehmen oder Betrieben,<br />

- Änderung der Betriebsorganisation oder <strong>des</strong> Betriebszwecks sowie<br />

- sonstige Vorgänge und Vorhaben, die die Interessen der Arbeitnehmer<br />

wesentlich berühren können, § 106 Abs. 3.


9<br />

Zusammen mit dem Wirtschaftsausschuss und dem Betriebsrat hat der Unternehmer alle drei<br />

Monate die Belegschaft über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklung <strong>des</strong> Unternehmens<br />

zu unterrichten, § 110. Ein Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat in diesem<br />

Zusammenhang nur dann, wenn der Unternehmer eine Auskunft über wirtschaftliche<br />

Angelegenheiten entgegen dem Verlangen <strong>des</strong> Wirtschaftsausschusses nicht erteilt und<br />

darüber keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zustande kommt. In diesem<br />

Fall kann die Einigungsstelle angerufen werden, die bindend entscheidet.<br />

4.2.2.2 Betriebsänderungen<br />

Darüber hinausgehende Rechte hat der Betriebsrat nur für einen bestimmten Fall wirtschaftlicher<br />

Veränderung: die Betriebsänderung. In Unternehmen mit mehr als zwanzig wahlberechtigten<br />

Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über solche geplanten<br />

Betriebsänderungen zu unterrichten und sie mit ihm zu beraten, die wesentliche Nachteile für<br />

die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können. Unter einer<br />

Betriebsänderung versteht das BetrVG folgen<strong>des</strong>:<br />

- Einschränkung und Stillegung <strong>des</strong> ganzen Betriebs oder von wesentlichen<br />

Betriebsteilen. <strong>Die</strong> Rechtsprechung geht davon aus, dass bei Großbetrieben von<br />

mehr als 600 Beschäftigten die Entlassung von 5 % der Gesamtbelegschaft als<br />

Betriebsänderung gilt,<br />

- Verlegung <strong>des</strong> ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,<br />

- Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,<br />

- grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, <strong>des</strong> Betriebszwecks oder der<br />

Betriebsanlagen,<br />

- Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren,<br />

§ 111 BetrVG.<br />

Bei Betriebsänderungen hat der Betriebsrat zunächst ein Unterrichtungs- und<br />

Beratungsrecht. Ziel der Beratungen ist der Abschluss eines Interessensausgleichs oder<br />

Sozialplans, für <strong>des</strong>sen Abschluss der Betriebsrat kein Mitbestimmungs-, sondern nur ein<br />

Mitwirkungsrecht hat. Gelingt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein Interessenausgleich<br />

über die geplante Betriebsänderung, so ist dieser schriftlich niederzulegen und von beiden<br />

Seiten zu unterschreiben. Gelingt dies nicht, dann können Betriebsrat oder Arbeitgeber zwar<br />

die Einigungsstelle anrufen, diese darf aber keine verbindliche Entscheidung treffen, § 112<br />

Abs.3. Weicht ein Arbeitgeber von einem Interessenausgleich über die geplante<br />

Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die wegen der<br />

Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht auf Abfindung klagen. Andere Nachteile,<br />

die infolge der Abweichung entstehen, hat der Arbeitgeber für einen Zeitraum von zwölf<br />

Monaten auszugleichen, § 113 BetrVG.<br />

Anders ist dies beim Sozialplan. Im Gegensatz zum Interessenausgleich, in <strong>des</strong>sen Rahmen<br />

man versuchen kann, die geplante Betriebsänderung in einer bestimmten Form durchzuführen,<br />

hat der Sozialplan den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile,<br />

die dem Arbeitnehmer infolge der Betriebsänderung entstehen, zum Gegenstand. Der<br />

Sozialplan befasst sich nicht mit der Frage, „ob“ eine Betriebsänderung durchgeführt wird.<br />

Das obliegt allein dem Arbeitgeber. Sein Gegenstand ist der „sozialen Ausgleichs“ der


10<br />

Betriebsänderung. Hier hat der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Im<br />

Sozialplan werden in der Regel Abfindungszahlungen für den Fall <strong>des</strong> Ausscheidens aus dem<br />

Betrieb oder ein Lohnausgleich bei Versetzungen vereinbart, § 112 Abs. 4 BetrVG. Der<br />

Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Kommt der Arbeitgeber seiner<br />

Verpflichtung aus dem Soziaplan nicht nach, so kann jeder einzelne Arbeitnehmer seine<br />

Ansprüche gerichtlich geltend machen.<br />

4.3 Überwachung der Gesetze zugunsten der Arbeitnehmer<br />

4.3.1 Wie wird die Position <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> rechtlich geschützt ?<br />

Da der Betriebsrat über weitgehende Mitbestimmungs- und andere Rechte verfügt, ist er der<br />

Gefahr ausgesetzt, dass Arbeitgeber Versuche unternehmen, ihn durch sozialen Druck in<br />

ihrem Interesse zu beeinflussen. Je geringer die Rechtsposition <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> ausgestaltet<br />

ist, <strong>des</strong>to unmittelbarer kann er von einem Arbeitgeber gedrängt werden, auf die weitgehende<br />

Ausübung seiner Rechte zu verzichten. Wenngleich rechtliche Schutzpositionen keine<br />

hundertprozentige Garantie vor ungerechtfertigten Einflussnahmen gewährleisten, geben sie<br />

dem Betriebrat doch eine gewisse Sicherheit, dass eine offensichtliche Beeinflussung durch<br />

einen Arbeitgeber eher in Ausnahmefällen erfolgen wird.<br />

Der Betriebsrat übt ein unentgeltliches Ehrenamt aus, § 37 Abs. 1 BetrVG. Er soll aus<br />

seiner Amtstätigkeit keine Vorteile, aber auch keine Nachteile erfahren, §§ 37 Abs.4, 78 Satz<br />

2. Für seine Arbeit ist er von der beruflichen Tätigkeit ohne Minderung <strong>des</strong> Arbeitsentgelts zu<br />

befreien. Bei Betrieben mit mehr als 200 Arbeitnehmer sind einzelne Mitglieder <strong>des</strong><br />

<strong>Betriebsrats</strong> von ihrer Berufstätigkeit vollständig freizustellen, § 38. Um seine Arbeit<br />

qualifiziert ausüben zu können, hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Freistellung zur<br />

Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, deren Kosten (Fahrt,<br />

Verpflegung, Übernachtung und Lehrgangsgebühren) der Arbeitgeber nach § 40 zu tragen<br />

hat.<br />

Zum Schutz der Arbeit <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> hat der Gesetzgeber in § 78 Regelungen vorgesehen,<br />

die es ihm erlauben sollen, seine Tätigkeit ungestört auszuüben. Danach darf der Betriebsrat<br />

in der Ausübung seiner Tätigkeit weder gestört oder behindert noch benachteiligt oder<br />

begünstigt werden. <strong>Die</strong>ser Grundsatz gilt auch für die berufliche Entwicklung <strong>des</strong><br />

<strong>Betriebsrats</strong>. Der Schutz <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> vor Einflussnahmen <strong>des</strong> Arbeitgebers erhält<br />

dadurch besonderen Nachdruck, dass der Gesetzgeber ihm einen besonderen<br />

Kündigungsschutz gibt.<br />

<strong>Die</strong> ordentliche Kündigung eines <strong>Betriebsrats</strong>mitglieds ist nach § 15 Kündigungsschutzgesetz<br />

(KSchG) grundsätzlich ausgeschlossen. Eine außerordentliche ist nur nach Zustimmung <strong>des</strong><br />

<strong>Betriebsrats</strong> möglich, § 103 Abs.1 BetrVG. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur<br />

außerordentlichen Kündigung eines <strong>Betriebsrats</strong>mitglied, dann kann das Arbeitsgericht sie auf<br />

Antrag <strong>des</strong> Arbeitgebers ersetzen, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände<br />

gerechtfertigt ist. Auch vor einer Versetzung ist der Betriebsrat gesetzlich geschützt. Würde<br />

die Versetzung zum Verlust <strong>des</strong> Amtes oder der Wählbarkeit führen, bedarf sie der<br />

Zustimmung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>. Auch in diesem Fall kann das Arbeitsgericht die fehlende<br />

Zustimmung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> ersetzen, allerdings nur dann, wenn dies unter Berücksichtigung


11<br />

der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung <strong>des</strong> betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden<br />

betrieblichen Gründen notwendig ist.<br />

4.3.2 Pflichten <strong>des</strong> Arbeitgebers<br />

Damit der Betriebsrat seine Mitwirkungs- und <strong>Mitbestimmungsrechte</strong> optimal ausüben und<br />

der Arbeitnehmer den Betriebsrat informiert in Anspruch nehmen kann, hat der Gesetzgeber<br />

beiden nicht nur Rechtspositionen garantiert, sondern den Arbeitgeber auch verpflichtet, in<br />

bestimmten Fällen gegenüber Arbeitnehmer und Betriebsrat aktiv zu werden.<br />

Dem Arbeitnehmer gegenüber ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihn über seine Aufgaben, die<br />

Verantwortung sowie die Art und Weise seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den<br />

Arbeitsablauf <strong>des</strong> Betriebs zu unterrichten. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber seine<br />

Beschäftigten vor Beginn der Arbeitsaufnahme über die Unfall- und Gesundheitsgefahren,<br />

denen er bei der Beschäftigung ausgesetzt ist und über die Maßnahmen und Einrichtungen zur<br />

Abwendung dieser Gefahren belehren. Sollen Veränderungen im Arbeitsbereich <strong>des</strong><br />

Arbeitnehmers vorgenommen werden, ist der Arbeitnehmer auch darüber rechtzeitig zu<br />

unterrichten. Da es (vor allem in Kleinbetrieben) häufig keinen Betriebsrat gibt, müssen in<br />

diesem Fall alle Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gehört werden, wenn er Maßnahmen ergreift,<br />

die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.<br />

Weiterhin verpflichtet der Gesetzgeber den Arbeitgeber, seine Beschäftigten zu unterrichten,<br />

wenn Maßnahmen zu erwarten sind aufgrund folgender Planungen: von<br />

- technischen Anlagen,<br />

- Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder<br />

- Arbeitsplätzen.<br />

Bei der Unterrichtung muss der Arbeitgeber die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen<br />

auf den Arbeitnehmer bezeichnen. Besonders wenn Auswirkungen auf folgende Bereiche zu<br />

erwarten sind:<br />

- den Arbeitsplatz,<br />

- die Arbeitsumgebung sowie<br />

- Inhalt und Art der Tätigkeit.<br />

Steht fest, dass sich durch die geplanten Maßnahmen <strong>des</strong> Arbeitgebers die Tätigkeit <strong>des</strong><br />

Arbeitnehmers ändern wird und die erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur<br />

Arbeitserfüllung nicht mehr ausreichen werden, dann muss er mit dem Arbeitnehmer<br />

erörtern, auf welche Weise die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten <strong>des</strong> Arbeitnehmers<br />

im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den zukünftigen Anforderungen angepasst<br />

werden können. Fühlt sich der Arbeitnehmer bei diesen Gesprächen überfordert, kann er den<br />

Betriebsrat hinzuziehen, § 81 BetrVG. <strong>Die</strong> Pflichten <strong>des</strong> Arbeitgebers folgen der Idee, dass<br />

ein Arbeitnehmer erst dann die ihm gesetzlich eingeräumten Rechte wahrnehmen kann, wenn<br />

er über Planungen <strong>des</strong> Arbeitgebers und ihre Konsequenzen informiert ist.<br />

Unterrichtungspflichten gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber<br />

neben den Fällen <strong>des</strong> § 81 auch nach § 110 BetrVG, allerdings nur bei Betrieben mit in der<br />

Regel mehr als 1000 Beschäftigten. In solchen Betrieben ist der Arbeitgeber verpflichtet,<br />

min<strong>des</strong>tens einmal alle drei Monate die Arbeitnehmer schriftlich über die wirtschaftliche Lage


12<br />

und die Entwicklung <strong>des</strong> Unternehmens zu informieren. Vor dieser Unterrichtung muss er<br />

sich mit dem Wirtschaftsausschuss und dem Betriebsrat abstimmen. In kleineren Betrieben,<br />

die mehr als zwanzig wahlberechtigte ständige Arbeitnehmer beschäftigen, ist der Arbeitgeber<br />

ebenfalls zur Unterrichtung der Beschäftigten verpflichtet, ohne dass dies in schriftlicher<br />

Form erfolgen muss. Mündliche Unterrichtung ist ausreichend. Gibt es in diesen Betrieben<br />

keinen Wirtschaftsausschuss, dann hat die vorherige Abstimmung allein mit dem Betriebsrat<br />

zu erfolgen.<br />

Aus den Unterrichtungs- und Beratungspflichten der Arbeitgeber folgen keine Rechtsansprüche<br />

der Arbeitnehmer auf Mitwirkung oder Mitbestimmung. <strong>Die</strong> Pflichten <strong>des</strong><br />

Arbeitgebers können den Arbeitnehmern dazu dienen, dass der Betriebsrat besonders seine<br />

Rechte im Rahmen der sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten<br />

informierter wahrnehmen kann.<br />

<strong>Die</strong>s gilt auch für die Unterrichtungs- und Beratungsrechte <strong>des</strong> Arbeitgebers gegenüber dem<br />

Betriebsrat bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung nach<br />

§ 90 BetrVG. In folgenden Fällen hat der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig unter<br />

Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten: bei der Planung<br />

- von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Fabrikations-, Verwaltungs- und<br />

sonstigen betrieblichen Räumen,<br />

- von technischen Anlagen,<br />

- von Arbeitsverfahren und Abläufen oder<br />

- der Arbeitsplätze.<br />

§ 90 BetrVG ist § 81 Abs. 4 BetrVG nachgebildet, der entsprechende Unterrichtungs- und<br />

Erörterungspflichten <strong>des</strong> Arbeitgebers gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer vorsieht. Wie<br />

im Falle <strong>des</strong> § 81 Abs. 4 BetrVG hat der Arbeitgeber auch gegenüber dem Betriebsrat die<br />

vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf den Arbeitnehmer, insbesondere auf<br />

die Art der Arbeit sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Arbeitnehmer zu<br />

beraten. <strong>Die</strong>s muss so rechtzeitig geschehen, dass Vorschläge und Bedenken <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong><br />

bei der Planung berücksichtigt werden können. In diesem Zusammenhang sollen Arbeitgeber<br />

und Betriebsrat die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte<br />

Gestaltung der Arbeit berücksichtigen.<br />

4.3.3 Pflichten de <strong>Betriebsrats</strong><br />

Den Schutzrechten <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> stehen bestimmte Pflichten gegenüber. Nach § 79 BetrVG<br />

ist der Betriebsrat verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihm in seiner<br />

Tätigkeit als Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als<br />

geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und zu verwerten. <strong>Die</strong><br />

Geheimhaltungspflicht erstreckt sich auch auf die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem<br />

Betriebsrat. Gegenüber anderen <strong>Betriebsrats</strong>mitglieder gilt die Geheimhaltungspflicht<br />

allerdings nicht. Im Rahmen der personellen Mitbestimmung ist die Pflicht noch einmal<br />

konkretisiert: <strong>Die</strong> Mitglieder <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> sind verpflichtet, Stillschweigen über die<br />

persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten von Arbeitnehmern zu bewahren, die ihrer<br />

Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlungen bedürfen, § 99 Abs.1<br />

Satz 3 BetrVG.


13<br />

Neben der Geheimhaltungspflicht treffen den Betriebsrat noch andere Pflichten.<br />

§ 89 BetrVG verpflichtet den Betriebsrat, sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über<br />

den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen<br />

Umweltschutz durchgeführt werden. Zu diesem Zweck muss er die zuständigen Behörden,<br />

die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden<br />

Stellen zur Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren durch Anregung, Beratung und<br />

Auskunft unterstützen.<br />

<strong>Die</strong> Mitgliedschaft im Betriebsrat beginnt mit Beendigung <strong>des</strong> Wahlvorgangs und erlischt u.a.<br />

durch Niederlegung <strong>des</strong> Amtes, Beendigung <strong>des</strong> Arbeitsverhältnisses und Ausschluss aus dem<br />

Betriebsrat, § 24 BetrVG.<br />

4.3.4 Gemeinsame Pflichten von Arbeitgeber und Betriebsrat<br />

§ 2 <strong>des</strong> BetrVG verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat zu folgenden Aufgaben:<br />

- vertrauensvolle Zusammenarbeit unter Beachtung der geltenden Tarifverträge,<br />

- Wahrnehmung <strong>des</strong> Wohls von Arbeitnehmer und Betrieb,<br />

- Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften.<br />

Mit dem Grundsatz der Kooperation wird ein Verfahren der Zusammenarbeit zwischen<br />

Arbeitgeber und Betriebsrat gesetzlich festgelegt, das ökonomisch kostspielige Folgen für<br />

beide Seiten ausschließen soll. Konkretisiert wird der Grundsatz der vertrauensvollen<br />

Zusammenarbeit im BetrVG durch folgende Regelungen:<br />

- Verpflichtung zu gemeinsamen monatlichen Besprechungen von Betriebsrat und<br />

Arbeitgeber, § 74 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Dabei sollen sie mit dem ernsten Willen zur<br />

Einigung verhandeln und Vorschläge zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten<br />

machen, § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG.<br />

- Verpflichtung zur Sicherung <strong>des</strong> Betriebsfriedens durch Verbot<br />

o von Arbeitskampfmaßnahmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat,<br />

o von parteipolitischer Betätigung und<br />

o der Beeinträchtigung <strong>des</strong> Betriebsfriedens;<br />

- Unterrichtungsanspruch <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>, damit dieser seine Aufgaben<br />

wahrnehmen kann, § 80 Abs. 2 BetrVG.<br />

Wenn man der gesetzlich vorgeschriebenen vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen<br />

Arbeitgeber und Betriebsrat einen Beitrag zur ökonomischen Prosperität zusprechen kann,<br />

dann dient sie auch dazu, die Beziehungen zwischen den beiden betrieblichen Parteien offen<br />

und jederzeit gesprächsbereit zu halten. Der gesetzlichen Verpflichtung für eine Dauerkom-


14<br />

munikation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommt so die Aufgabe zu, bei Konflikten<br />

die Lösung zu finden, die für beide Parteien den geringsten ökonomischen Schaden<br />

verursacht. Soziale Stabilität als Voraussetzung ökonomischer Prosperität, so kann man die<br />

Leitidee <strong>des</strong> BetrVG bezeichnen.<br />

4.4 Vorschläge durch den Betriebsrat<br />

An den Regelungen <strong>des</strong> BetrVG ist in der Vergangenheit von Gewerkschaften und<br />

Betriebsräten vielfach Kritik geübt worden. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Tatsache, dass<br />

das Gesetz die Reichweite von <strong>Mitbestimmungsrechte</strong>n an die Nähe zu unternehmerischen<br />

Entscheidungen koppelt. Je größer der Einfluss <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> auf wirtschaftliche<br />

Entscheidung <strong>des</strong> Betriebs werden könnte, <strong>des</strong>to geringer hat der Gesetzgeber die<br />

Handlungsmöglichkeiten ausgestaltet. Das liegt daran, das das BetrVG aus der Sicht <strong>des</strong><br />

Gesetzgebers einen Beitrag zur sozialverträglichen Gestaltung betrieblicher Konflikte leisten<br />

soll, nicht jedoch zur gemeinsamen Entscheidung von Arbeitgebern und Arbeitnehmer über<br />

die wirtschaftliche Zukunft.<br />

Gesetzgeberische Initiativen zur Veränderung <strong>des</strong> BetrVG scheinen gegenwärtig kaum<br />

realisierbar zu sein. Wo Betriebsräte für Arbeitnehmer jedoch Vereinbarungen durchsetzen<br />

können, ist im Rahmen der erzwingbaren Mitbestimmung und – in der seit Jahren<br />

andauernden Wirtschaftskrise höchst aktuell – beim Abschluss von Sozialplänen. Allerdings<br />

ist hier stets zu beachten, dass der Betriebrat nicht bei Fragen <strong>des</strong> „ob“, sondern <strong>des</strong> „wie“<br />

einer unternehmerischen Maßnahme seinen wesentlichen Einflussbereich hat.<br />

4.5 <strong>Mitbestimmungsrechte</strong><br />

4.5.1 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten<br />

<strong>Die</strong> umfassendsten <strong>Mitbestimmungsrechte</strong> hat der Betriebsrat in sozialen Angelegenheiten,<br />

§ 87 Abs. 1 BetrVG. Der Betriebsrat kann bei der sozialen Mitbestimmung die ihm vom<br />

Gesetzgeber überantworteten Rechte im Wege eines Verfahrens vor der Einigungsstelle<br />

erzwingen. Was kann der Betriebsrat, sofern keine gesetzliche oder tarifliche Regelung<br />

besteht, im einzelnen durchsetzen ? § 87 Abs. 1 BetrVG führt 13 Bereiche an, in denen der<br />

Betriebsrat eine betriebliche Regelung erzwingen kann:<br />

1. Fragen der Ordnung <strong>des</strong> Betriebs und <strong>des</strong> Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.<br />

Beispiele:<br />

Vorschriften über Krankmeldung, Einführung von Stechuhren, Torkontrollen, Tragen<br />

von <strong>Die</strong>nstkleidung, Rauch- und Alkoholverbot, Telefonbenutzung, Radiohören<br />

während der Arbeit, Betriebsbußen. Keine Mitbestimmung, wenn nur<br />

arbeitsvertragliche Pflichten wiederholt werden (Rauchverbot für Tankwarte).<br />

2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung<br />

der Arbeitszeit auf einzelne Wochentage.<br />

Nicht die Dauer der Arbeitszeit, sondern ihre Lage ist mitbestimmungspflichtig. <strong>Die</strong><br />

Dauer ergibt sich aus Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag.


15<br />

Beispiele:<br />

Einführung von Schichtarbeit oder gleitender Arbeitszeit, Rahmenbedingungen für<br />

kapazitätsorientierter Arbeitszeit (KAPOVAZ).<br />

3. Vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit.<br />

Das Mitbestimmungsrecht <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> erstreckt sich auf die Dauer der<br />

Arbeitszeit.<br />

Beispiele:<br />

Einführung von Kurzarbeit oder Überstunden.<br />

4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte.<br />

Zeit der Auszahlung meint: Tag, Woche oder Monat. Ort: innerhalb oder außerhalb<br />

<strong>des</strong> Betriebs. Art der Zahlung: meist bargeldlos. Häufig wird über diese Frage eine<br />

Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die u. a. regelt, wer die Kosten der Überweisung<br />

trägt.<br />

5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und <strong>des</strong> Urlaubsplans sowie die<br />

Festsetzung der zeitlichen Lage <strong>des</strong> Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn<br />

zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis<br />

erzielt wird. Nicht die Dauer <strong>des</strong> Urlaubs (auch <strong>des</strong> Bildungsurlaubs) ist<br />

mitbestimmungspflichtig, sondern die Frage, wann der Urlaub angetreten wird, also<br />

der Urlaubsplan.<br />

6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind,<br />

das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.<br />

Kontrolleinrichtungen, die in das Persönlichkeitsrecht <strong>des</strong> Arbeitsnehmers eingreifen<br />

können, unterliegen der Mitbestimmung.<br />

Beispiele:<br />

Filmkamera, Telefonabhöranlagen, Personalabrechnungs- und Informationssysteme.<br />

Nicht mitbestimmungspflichtig, weil gesetzlich vorgesehen sind: Fahrtenschreiber für<br />

Lastwagen und Omnibusse.<br />

7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie<br />

über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der<br />

Unfallverhütungsvorschriften.<br />

Kein Mitbestimmungsrecht besteht, wenn gesetzliche Regelungen zur Verhütung von<br />

Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten existieren.<br />

8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren<br />

Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist.<br />

Beispiele:<br />

Kantine, Sportanlage, Bücherei, Erholungsheim, Kindergarten, Werkbusse, wenn sie<br />

von Dritten betrieben werden. Mitbestimmungspflichtig sind Form, Ausgestaltung und<br />

Verwaltung der Sozialeinrichtung.<br />

9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht<br />

auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine<br />

Festlegung der Nutzungsbedingungen.<br />

Unter die Regelung fällt nur die Werkmietwohnung, nicht die Werkwohnung, die<br />

einem Arbeitnehmer ohne Mietvertrag zu dienstlichen Zwecken im Rahmen <strong>des</strong><br />

Arbeitsverhältnisses überlassen wird (Pförtner, Hausmeister). Zur


16<br />

mitbestimmungspflichtigen Festlegung der Nutzungsbedingungen gehören die<br />

Hausordnung und der Mustermietvertrag.<br />

10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von<br />

Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen<br />

Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung.<br />

<strong>Die</strong> Lohnhöhe ist nicht mitbestimmungspflichtig, da sie im Tarifvertrag geregelt ist, es<br />

sei denn der Tarifvertrag lässt zusätzliche Regelungen zu (außertarifliche Zulagen).<br />

Unter Entlohnungsgrundsätzen sind die Regeln zu verstehen, nach denen das<br />

Arbeitsentgelt bemessen wird: Zeitlohn, Akkordlohn, Provisionen, Prämien, Zulagen.<br />

Entlohnungsmethoden sind Arbeitsbewertungsverfahren wie REFA, Bédaux- oder<br />

MTM-System.<br />

Verändert ein Arbeitgeber ohne Zustimmung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> eine<br />

Vergütungsordnung, so gilt die alte weiter.<br />

11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener<br />

Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren.<br />

Leistungsbezogene Entgelte sind solche, die aufgrund einer besonderen Leistung <strong>des</strong><br />

Arbeitnehmers ausgezahlt werden (Akkord- und Prämienlohn). Nicht unter diese<br />

Vorschrift fallen Gewinn- und Ergebnisbeteiligungen.<br />

12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen.<br />

Verbesserungsvorschläge <strong>des</strong> Arbeitsnehmers für die Gestaltung der Arbeit<br />

unterliegen dem Mitbestimmungsrecht <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong>. Erfindungen sind im<br />

ArbNErfG geregelt.<br />

13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser<br />

Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen <strong>des</strong> betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe<br />

von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen<br />

eigenverantwortlich erledigt.<br />

Nicht die Einführung oder Beendigung von Gruppenarbeit ist<br />

mitbestimmungspflichtig, sondern ihre die Grundsätze ihrer Durchführung.<br />

Was ist das Gemeinsame der 13 Bereiche, für die der Betriebsrat über ein<br />

Mitbestimmungsrecht verfügt ? Sie betreffen vorwiegend die formelle Arbeitsbedingungen<br />

von Arbeitnehmern, nicht die Inhalte der Arbeit, sondern die Art und Weise, wie z. B.<br />

Arbeitsbedingungen, die die Arbeitsleistung berühren. In einzelnen Fällen, wie in den Ziffern<br />

1, 2, 4, 9 und 12, werden aber auch materielle Arbeitsbedingungen geregelt. <strong>Die</strong><br />

Mitbestimmung <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> ist nicht für einzelne Fälle vorgesehen, sondern nur für<br />

kollektive Regelungstatbestände. <strong>Die</strong>se liegen dann vor, wenn eine Reglung alle<br />

Arbeitnehmer umfasst. Sofern es sich um eine kollektive Interessenstreitigkeit handelt, kann<br />

sich ein Mitbestimmungsrecht aber auch in einem Einzelfall ergeben.<br />

In allen Bereichen <strong>des</strong> § 87 Abs.1 BetrVG verfügt der Betriebsrat über ein erzwingbares<br />

Mitbestimmungsrecht. Was geschieht nun, wenn der Arbeitgeber die <strong>Mitbestimmungsrechte</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> nicht beachtet ? Das Gesetz hat dafür keine Regelung vorgesehen. In der<br />

rechtswissenschaftlichen Literatur wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass in diesem<br />

Fall die Maßnahme <strong>des</strong> Arbeitgebers unwirksam ist (Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung).<br />

Um seinen Anspruch durchzusetzen, kann der Betriebsrat dann ein Beschlussverfahren<br />

einleiten und einen arbeitsgerichtlichen Beschluss vollstrecken (§ 85 Abs.1 ArbGG)


17<br />

oder eine einstweilige Verfügung beantragen (§ 85 Abs.2 ArbGG). Zudem hat er einen<br />

Unterlassungsanspruch bei schweren Verstößen <strong>des</strong> Arbeitsgebers.<br />

Ein umsichtiger Arbeitgeber wird jedoch die Rechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> aus § 87 Abs. 1 BetrVG<br />

anerkennen und Konflikte nach den gesetzlichen Regeln zu lösen versuchen. In diesem Fall<br />

sieht das Verfahren für die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten folgendermaßen aus:<br />

Liegt keine gesetzliche oder tarifliche Regelung vor (siehe auch § 77 Abs. 3 BetrVG), dann<br />

kann der Betriebsrat in den angeführten 13 Fällen sein Mitbestimmungsrecht in der Weise<br />

ausüben, dass er bei Nichteinigung mit dem Arbeitgeber das Verfahren <strong>des</strong> § 87 Abs. 2<br />

BetrVG in Gang setzt<br />

4.5.2 Verfahren vor der Einigungsstelle<br />

Um ein Mitbestimmungsverfahren nach § 87 BetrVG in Gang zu setzen, hat der Betriebsrat<br />

ein Initiativrecht, das er nötigenfalls durch Anrufung der Einigungsstelle ausübt. Das<br />

Verfahren der Einigungsstelle ist in § 76 BetrVG im einzelnen geregelt. In der Praxis wird<br />

vom Einigungsstellenverfahren häufig Gebrauch gemacht.<br />

<strong>Die</strong> Einigungsstelle verfolgt das Ziel, betriebliche Konflikte nicht vor den Arbeitsgerichten,<br />

sondern innerhalb eines Betriebs auszutragen. <strong>Die</strong> innerbetriebliche Konflikterledigung ist<br />

nicht nur zeit- und geldsparender als ein Gerichtsverfahren, sondern auch sachnäher.<br />

Gesetzlich trägt dem die Formulierung in § 76 Abs. 5 Satz 3 Rechnung. Dort wird verlangt,<br />

dass die Einigungsstelle die „Belange <strong>des</strong> Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer“<br />

berücksichtigen soll. <strong>Die</strong> in § 2 Abs. 1 BetrVG festgeschriebene Idee einer „vertrauensvollen<br />

Zusammenarbeit“ zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat findet sich in den Regeln für die<br />

Einigungsstelle wieder. Eine Garantie dafür, dass es stets zu einer innerbetrieblichen Lösung<br />

kommt, ist das Verfahren vor der Einigungsstelle allerdings nicht. Deshalb sieht das Gesetz in<br />

§ 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG die Möglichkeit der Einschaltung eines Arbeitsgerichts für den<br />

Fall vor, dass Arbeitgeber oder Betriebsrat die Grenzen ihres Ermessens überschritten haben.<br />

Auch § 76 Abs. 7 BetrVG eröffnet den Weg zu den Arbeitsgerichten.<br />

<strong>Die</strong> Einigungsstelle ist grundsätzlich keine Dauereinrichtung, sondern wird bei Bedarf<br />

gebildet. Der unparteiische Vorsitzende soll neben den Vertretern der Parteien Arbeitgeber<br />

und Betriebsrat dafür sorgen, dass keine der beiden streitenden Parteien benachteiligt wird.<br />

Deshalb besteht auch über die Bestellung <strong>des</strong> Unparteiischen ein Einigungszwang. Notfalls<br />

kann die Einigung gerichtlich im Wege <strong>des</strong> Beschlussverfahrens erzwungen werden, § 76<br />

Abs. 2 S. 2 und 3 BetrVG, § 98 ArbGG. Im Falle der sozialen Mitbestimmung nach § 87<br />

BetrVG kann die Einigungsstelle im Wege der Zwangsschlichtung auf Antrag einer Partei<br />

tätig werden. In anderen Fällen müssen beide Parteien einen Antrag auf Einleitung eines<br />

Verfahrens vor der Einigungsstelle stellen. Der Spruch der Einigungsstelle ist für die<br />

Betriebsparteien bindend, weil er wie eine Betriebsvereinbarung angesehen wird. Allerdings<br />

gilt dies nur dann, wenn eine Form der erzwingbaren Mitbestimmung, wie in § 87 BetrVG<br />

vorliegt.<br />

Für die Einigungsstelle besteht ein Entscheidungszwang, d. h. es genügt nicht, dass der<br />

Antrag einer Partei zurückgewiesen wird. Es muss eine positive Entscheidung getroffen<br />

werden. Neben § 87 besteht in folgenden Fällen eine Zuständigkeit der Einigungsstelle für<br />

Zwangsschlichtungen:<br />

- § 91 S. 2 (Änderungen der Arbeitsplätze, <strong>des</strong> Arbeitsablaufs oder der


18<br />

Arbeitsumgebung),<br />

- § 94 (Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätze),<br />

- § 95 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 S. 1(Auswahlrichtlinien),<br />

- 112 Abs. 4 (Sozialplan).<br />

Grundsätzlich entscheidet die Einigungsstelle nur bei sog. Regelungsstreitigkeiten, während<br />

die Arbeitsgerichte für Rechtsstreitigkeiten zuständig sind. Ausnahmsweise kann die<br />

Einigungsstelle auch für Rechtsstreitigkeiten angerufen werden:<br />

- § 37 Abs. 6 und 7 (Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für Betriebsräte),<br />

- § 38 Abs. 2 ( Freistellung von Betriebsräten),<br />

- § 109 (Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten <strong>des</strong> Unternehmens durch<br />

den Arbeitgeber).<br />

Hat die Einigungsstelle eine Entscheidung getroffen, vertritt aber einer der beiden<br />

Betriebsparteien die Auffassung, der Spruch berücksichtige nicht angemessen die Belange <strong>des</strong><br />

Betriebs oder der betroffenen Arbeitnehmer, so kann er binnen einer Frist von zwei Wochen<br />

beim Arbeitsgericht die Überprüfung beantragen, § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG. Das<br />

Arbeitsgericht kann die Nichtigkeit <strong>des</strong> Spruch der Einigungsstelle feststellen, ihn aber nicht<br />

abändern oder eine eigene Regelung treffen.<br />

Haben Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen der Mitbestimmung in sozialen<br />

Angelegenheiten eine Einigung erzielt, dann legen sie diese in einer Betriebsvereinbarung<br />

(BV) nieder. BVen können durch Spruch der Einigungsstelle oder gemeinsamen Beschluss<br />

der Betriebsparteien zustande kommen. Durch eine BV kann alles geregelt werden, was in<br />

den Aufgabenbereich <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> fällt. Verstößt eine BV gegen höherrangige rechtliche<br />

Regelungen, dann ist sie nichtig.<br />

<strong>Die</strong> Regelungen einer BV wirken unmittelbar und zwingend wie ein Gesetz auf die<br />

Arbeitsverhältnisse ein. Eine BV erfasst alle Arbeitsverhältnisse innerhalb eines Betriebs mit<br />

Ausnahme der leitenden Angestellten. Eingeschränkt wird die Wirkung einer BV durch den<br />

Vorrang <strong>des</strong> Tarifvertrags, § 77 Abs. 3 BetrVG. Was bereits in einem Tarifvertrag geregelt<br />

ist, kann nicht noch einmal Gegenstand einer BV werden. Sinn dieser gesetzlichen Vorschrift<br />

ist es, den Gewerkschaften („Tarifvertrag“) Vorrang vor den Betriebsräten (BV) zu geben.<br />

Üblicherweise können BVen ohne Angaben von Gründen mit einer Frist von drei Monaten<br />

gekündigt werden. Ist eine erzwingbare BV (wie in den Fällen <strong>des</strong> § 87 BetrVG)<br />

abgeschlossen worden, dann entfaltet sie nach Zeitablauf Nachwirkungen bis zum Abschluss<br />

einer neuen. Bei freiwillig abgeschlossen BVen gibt es eine solche Nachwirkung nicht. Weil<br />

BVen schriftlich vereinbart werden müssen, fehlt allen mündlichen Vereinbarungen zwischen<br />

Betriebsrat und Arbeitgeber der Charakter einer BV. Es handelt sich dann um sog.<br />

Regelungsabreden.<br />

4.5.3 Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten<br />

Soweit der Betriebsrat im Rahmen der personellen Mitbestimmung ein erzwingbares<br />

Mitbestimmungsrecht hat, ist zu differenzieren:<br />

1. in allgemeinen personellen Angelegenheiten hat der Betriebsrat ein erzwingbares<br />

Mitbestimmungsrecht nur bei der Aufstellung von Personalfragebögen und allgemeinen<br />

Beurteilungsgrundsätzen, § 94 BetrVG, sowie bei den Auswahlrichtlinien und den Methoden


19<br />

der Personalauswahl, § 95. Bei der Personalplanung ist der Betriebsrat nur vom Arbeitgeber<br />

zu unterrichten. Daneben steht ihm ein Beratungsrecht zu, § 92. Außerdem kann er verlangen,<br />

dass neu zu besetzende Arbeitsplätze betriebsintern ausgeschrieben werden, § 93;<br />

2. in der Berufsausbildung gibt der Gesetzgeber dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht<br />

bei der Einführung von Maßnahmen, § 97 Abs. 2. Bei der Durchführung von betrieblichen<br />

Berufsbildung steht ihm jedoch nur ein Beratungsrecht zu, § 97 Abs. 1;<br />

4.6 Auswirkungen auf den Betriebsrat<br />

Gemessen an anderen hochentwickelten Industriegesellschaften, die über kein vergleichbar<br />

ausdifferenziertes System betrieblicher Rechte von Arbeitnehmern und Betriebsrat verfügen,<br />

ist das deutsche System industrieller Beziehungen in hohem Maße arbeitnehmer- und<br />

betriebsratsfreundlich. Bei näherem Hinsehen ist diese Interpretation aber zu differenzieren.<br />

Gewiss sieht das BetrVG eine Fülle von Informations-, Mitwirkungs- und <strong>Mitbestimmungsrechte</strong>n<br />

für Arbeitnehmer und Betriebsrat vor. Es hat sich aber gezeigt, dass die<br />

Einflussmöglichkeiten <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> um so größer sind, je weniger wirtschaftliche und<br />

personalpolitische Entscheidungen <strong>des</strong> Arbeitgebers berührt sind. <strong>Die</strong> am weitestgehenden<br />

<strong>Mitbestimmungsrechte</strong> hat der Betriebsrat in sozialen Angelegenheiten, also dann, wenn<br />

innerbetriebliche Regelungen <strong>des</strong> Ablaufs zur Diskussion stehen. In diesen Fällen kann ein<br />

Arbeitgeber nur vom innerbetrieblichen Wissen <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> profitieren. Das<br />

Mitbestimmungsrecht dient dann beiden Seiten gleichermaßen. Je gegensätzlicher die<br />

Interessen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat/Arbeitnehmer aber werden, wie<br />

beispielsweise bei Fragen der Entlassung von Arbeitnehmern oder der wirtschaftlichen<br />

Investition, <strong>des</strong>to geringer sind die Beteiligungsrechte <strong>des</strong> <strong>Betriebsrats</strong> ausgestaltet. In diesen<br />

Fällen hat ihm der Gesetzgeber allein ein Mitwirkungsrecht zugestanden. <strong>Die</strong> Rechte <strong>des</strong><br />

<strong>Betriebsrats</strong> sollen auf keinen Fall den wirtschaftlichen Handlungsspielraum <strong>des</strong> Arbeitgebers<br />

in entscheidend Maße beeinflussen. Ziel ist es vielmehr, die sozialen Folgen weitgehend<br />

autonomer wirtschaftlicher Entscheidungsmacht von Arbeitgebern so zu gestalten, dass das<br />

damit potentiell verbundene soziale Konfliktniveau gering gehalten wird. So gesehen sollen<br />

die Rechte <strong>des</strong> Betriebsrat dazu beitragen, dass unternehmerisches Verhalten sozial<br />

verträglich erfolgt.<br />

Das Betriebsverfassungsgesetz hat insoweit einen Beitrag zu dem international gerühmten<br />

Modell industrieller Beziehungen in der Bun<strong>des</strong>republik geleistet. Es zeichnet sich dadurch<br />

aus, dass es im Rahmen gegebener wirtschaftlicher Bedingungen unternehmerische<br />

Handlungsautonomie mit der Verpflichtung zu sozialer Folgenbeachtung kombiniert. An<br />

dieser positiven Funktion <strong>des</strong> Betriebsverfassungsgesetzes hat sich auch nichts durch die<br />

Tatsache geändert, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahre<br />

grundlegend gegenüber denen geändert haben, als das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft<br />

getreten bzw. reformiert worden ist. Im internationalen Vergleich ist das deutsche System der<br />

Mitbestimmung noch immer konkurrenzlos.


20<br />

Autor: Professor für Arbeits- und Informationsrecht an der Fachhochschule Darmstadt,<br />

Studiengang Informationsrecht.<br />

Persönlicher Kontakt: erd@fh-darmstadt.de

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