06.09.2014 Aufrufe

Klausur Nr. 2 Thema: PISA und die Konsequenzen ... - Sw-cremer.de

Klausur Nr. 2 Thema: PISA und die Konsequenzen ... - Sw-cremer.de

Klausur Nr. 2 Thema: PISA und die Konsequenzen ... - Sw-cremer.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Bildungspolitischer Paradigmenwechsel 1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Abschließend kann noch <strong>die</strong> Frage nach <strong>de</strong>r Einschätzung <strong>de</strong>r Auswirkungen <strong>de</strong>s<br />

Paradigmenwechsels gestellt wer<strong>de</strong>n. Der Paradigmenwechsel hin zur Outputsteuerung <strong>und</strong><br />

Qualifikation kann durchaus kritisch gesehen wer<strong>de</strong>n. Mit ihm ist eine potentielle<br />

Überbetonung <strong>de</strong>r Funktion von Bildung verb<strong>und</strong>en, <strong>die</strong> jedoch durch <strong>die</strong> jahrzehntelange<br />

Vernachlässigung <strong>die</strong>ses Aspekts erklärt wer<strong>de</strong>n kann. Durch <strong>die</strong> Betonung von<br />

Kompetenzen <strong>und</strong> Standards besteht <strong>die</strong> Gefahr <strong>de</strong>r Vernachlässigung einer Debatte um<br />

Inhalte bzw. einen kultur- <strong>und</strong> regionalspezifischen Bildungskanon 2 . Damit verb<strong>und</strong>en ist <strong>die</strong><br />

Gefahr <strong>de</strong>r Vernachlässigung solcher Schulfächer, bei <strong>de</strong>nen ein direkter<br />

volkswirtschaftlicher o<strong>de</strong>r individueller Nutzen nur schwer nachweisbar ist. Hierzu gehören<br />

alle Fächer, <strong>die</strong> nicht Bestandteil <strong>de</strong>r (durch <strong>PISA</strong> <strong>de</strong>finierten) Gr<strong>und</strong>bildung sind. Deren<br />

schwächerer Stand offenbart sich schon dadurch, dass sie nicht durch <strong>die</strong> großen<br />

internationalen Vergleichsstu<strong>die</strong>n überprüft wer<strong>de</strong>n. Nicht zuletzt besteht <strong>die</strong> Gefahr <strong>de</strong>r<br />

Vernachlässigung von Zielsetzungen <strong>und</strong> von <strong>Konsequenzen</strong> gegenüber <strong>de</strong>r Evaluation von<br />

Maßnahmen. Während <strong>die</strong> Ermittlung von Ursachen <strong>und</strong> Zusammenhängen im Zentrum <strong>de</strong>r<br />

Aufmerksamkeit von Politik <strong>und</strong> Forschung steht, gelangen weit weniger Ressourcen<br />

beispielsweise in <strong>die</strong> Lehrerfortbildung <strong>und</strong> in <strong>die</strong> Sprachentwicklung.<br />

Der Paradigmenwechsel beinhaltet jedoch auch positive Aspekte. Das gestiegene Interesse<br />

an <strong>de</strong>n Hintergr<strong>und</strong>faktoren <strong>und</strong> Wirkungen von Bildung hat eine Verän<strong>de</strong>rung im<br />

Bewusstsein <strong>de</strong>r Gesellschaft in Bezug auf <strong>die</strong> Be<strong>de</strong>utung von Bildung bewirkt. Langfristig<br />

kann so eine Diskussion über <strong>die</strong> Ziele von Bildung initiiert wer<strong>de</strong>n. Die internationalen<br />

Vergleichsstu<strong>die</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re <strong>PISA</strong>, haben einen empirisch basierten Druck auf <strong>die</strong> Politik<br />

aufgebaut, <strong>die</strong> sozialen Bedingungen von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen dahingehend zu<br />

verbessern, dass negative Auswirkungen <strong>de</strong>r familiären Herkunft abgeschwächt wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Betonung <strong>de</strong>r Schul- <strong>und</strong> Ausbildungsfähigkeit ist zwar funktional, ermöglicht aber eine<br />

vehementere For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Sicherstellung basaler Ausgangsbedingungen aller Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen gera<strong>de</strong> in Bezug auf <strong>die</strong> Sprach- <strong>und</strong> Lesefähigkeit. Nicht zuletzt wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

wer<strong>de</strong>n durch <strong>die</strong> Ergebnisse <strong>de</strong>r internationalen Leistungsvergleichsstu<strong>die</strong>n von <strong>de</strong>r Politik<br />

<strong>de</strong>utlich mehr Ressourcen für <strong>de</strong>n Bildungsbereich eingeräumt.<br />

Es wird letztlich darauf ankommen, <strong>die</strong> durch <strong>de</strong>n Paradigmenwechsel aufgebrochenen<br />

Polaritäten zwischen Internationalität <strong>und</strong> Regionalität, Systemsteuerung <strong>und</strong><br />

Schulentwicklung, Chancengleichheit <strong>und</strong> Ausschöpfung von Begabungsreserven sowie<br />

zwischen Allgemeinbildung <strong>und</strong> Qualifikation in Richtung eines jeweils funktionieren<strong>de</strong>n<br />

Gleichgewichts zu beeinflussen. Es gilt, Kompetenzen mit einem Kanon zu verbin<strong>de</strong>n,<br />

Schulentwicklung mit einer Metaevaluation zu verknüpfen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Schule nur<br />

qualitätsbezogene, jedoch keine normativen Ziele vorgibt, sowie <strong>die</strong> sozialen <strong>und</strong><br />

integrativen Aspekte <strong>de</strong>r Chancengleichheit mit <strong>de</strong>n volkswirtschaftlichen Zielen <strong>de</strong>r<br />

Vermehrung <strong>de</strong>s Humankapitals in Einklang zu bringen. Nach <strong>de</strong>r Formulierung von Zielen<br />

<strong>und</strong> Benchmarks 3 durch <strong>die</strong> internationale Politik <strong>und</strong> <strong>die</strong> Festlegung von Standards <strong>und</strong><br />

Monitoringinstrumenten auf nationaler Ebene muss nun <strong>die</strong> regionale Bildungspolitik<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> <strong>Konsequenzen</strong> auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Ziele sowie <strong>de</strong>r Ergebnisse <strong>de</strong>s<br />

Monitorings erarbeiten. So könnte insgesamt eine Verbindung zweckfreier Allgemeinbildung<br />

mit funktionaler Qualifikation erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Quelle: Tabea Raidt: Bildungsreformen nach <strong>PISA</strong>, o.O., Februar 2010.<br />

1 Als Paradigmenwechsel wird eine (oft radikale) Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Blickwinkels auf ein<br />

wissenschaftliches Feld bezeichnet.<br />

2 Verbindliche inhaltliche Vorgaben<br />

3 Maßstäbe

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!