Die Befreiung von Mauthausen - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 34 / 01. 07. 2005 48<br />
Kultur<br />
Zum Geburtstag <strong>von</strong> Otto Schenk – als Paradebeispiel seines Könnens:<br />
<strong>Die</strong> Sternstunde des Josef Bieder<br />
<strong>Die</strong> Requisite ist jene Abteilung des<br />
Theaters, die mich am meisten fasziniert<br />
und <strong>von</strong> der ich immer abhängig war.<br />
<strong>Die</strong> Requisiteure sind mir die verwandtesten<br />
Helfer. Ich habe sie immer wieder beobachtet.<br />
Das ist eine Abteilung im Theater, wo es<br />
eine Sehnsucht gibt, wo man sich aber immer<br />
wieder begnügen muß…“, erzählt der<br />
großartige Otto Schenk über das Stück, in<br />
dem bei mehr als 100 Aufführungen viele<br />
tausende Zwerchfelle in Wien, Salzburg,<br />
Hamburg, München, Düsseldorf, Berlin …<br />
strapazierte.<br />
Otto Schenk: »Ich habe einfach aus meinem Leben geplaudert. So kommt es, daß<br />
der Bieder keine einzige Anekdote erzählt, die ich nicht selbst erlebt hätte …«<br />
Quelle: MC Live Künstler- und VeranstaltungsgesmbH http://www.mclive.at / Fotos: Moritz Schell<br />
Otto Schenk in einer seiner Glanzrollen:<br />
Josef Bieder tanzt Ballett<br />
Im <strong>Die</strong>nstplan des Theaters steht heute<br />
ein Schließtag, dennoch steht der alte Requisiteur<br />
Josef Bieder – verkörpert <strong>von</strong> Otto<br />
Schenk – einem vollen Zuschauerraum<br />
gegenüber. So beginnt er, sich mit dem Publikum<br />
auseinanderzusetzen, erzählt, was er<br />
am Theater erlebt hat und weiß natürlich<br />
alles viel besser als die anderen.<br />
Otto Schenk hat sich zusammen mit dem<br />
Autor Eberhard Streul das Stück auf den<br />
Leib geschrieben. „Ein bißchen autobiographisch<br />
ist es schon“, meint er. „Ich habe einfach<br />
aus meinem Leben geplaudert. So<br />
kommt es, daß der Bieder keine einzige<br />
Anekdote erzählt, die ich nicht selbst erlebt<br />
hätte. Ich wollte mir eine Figur erfinden, die<br />
nach außen transportiert, was auch in mir<br />
selbst ist. Zum Beispiel teile ich mit Josef<br />
Bieder sein durchaus zwiespältiges Verhältnis<br />
zum Schauspiel und seine Haßliebe zum<br />
Ballett.“ Und weiter meint Schenk über<br />
„Ich habe nicht gern die Toten vor dem<br />
Vorhang. <strong>Die</strong> dürften sich meiner Meinung<br />
nach nicht mehr verbeugen. Tot ist tot, hin<br />
ist hin.“<br />
„Und dann die Kritiker: So ein Kritiker<br />
ist ja eigentlich im Grunde ein armer<br />
Hund. Der sitzt da und fragt sich die ganze<br />
Zeit, ob ihm das, was er sieht, gefallen<br />
darf. Stellen Sie sich vor, wie oft der ins<br />
Theater gehen muß! Das hält kein normaler<br />
Mensch aus.“<br />
„Ohne Gefühle gäb‘s kein Theater,<br />
keine Musik, keine Lieder, nicht einmal ein<br />
diese Rolle: „Ich habe so viele geniale Resignierer<br />
am Theater erlebt. <strong>Die</strong>ses ewige<br />
Verweigern und Verzichten eines Menschen,<br />
der nie etwas geworden ist. <strong>Die</strong> Flucht vor<br />
der Größe hat Hans Weigel das genannt“.<br />
Otto Schenk, der geniale Komiker weiß<br />
genau, „wo ein komischer Mensch lächerlich<br />
und lächerlicher Mensch tragisch wird“.<br />
Möglicherweise liegt ihm deshalb soviel an<br />
dem schrulligen Requisiteur. „Ich bin der<br />
Rolle sehr verfallen.“<br />
•<br />
Zitate aus »<strong>Die</strong> Sternstunde des Josef Bieder«<br />
Wienerlied. Ich bin nämlich ein Wiener.<br />
Auch eine Art Schicksal. Wien die Stadt<br />
der Lieder, mit der höchsten Selbstmordrate<br />
Europas. Darum sind ja neun <strong>von</strong><br />
zehn Wienerliedern traurig.“<br />
„<strong>Die</strong> Bühne muß man erst nehmen. <strong>Die</strong><br />
Bühne und das Leben sind Eins.“<br />
„Ein gekonntes Verbeugen kann auch<br />
eine nicht so große Leistung zum Erfolg<br />
führen. <strong>Die</strong> Leute denken sich dann, wenn<br />
der sich gar so selbstbewußt verbeugt,<br />
kann er so schlecht nicht gewesen sein, wie<br />
er war.“