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DIE UNMODERNE ORGEL

Tagungsheft zum Symposium des Österreichischen Orgelforums ins Stift Reichersberg

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ÖSTERREICHISCHES <strong>ORGEL</strong>FORUM ( ÖOF )<br />

19. INTERNATIONALES SYMPOSIUM IM STIFT REICHERSBERG/OÖ 2014<br />

<strong>DIE</strong> <strong>UNMODERNE</strong> <strong>ORGEL</strong><br />

…WAS TUN MIT 50 JAHRE ALTEN <strong>ORGEL</strong>N?<br />

VOM UMGANG MIT »HALB«HISTORISCHEN INSTRUMENTEN<br />

& <strong>ORGEL</strong>LANDSCHAFT INNVIERTEL<br />

TAGUNGSPROGRAMM<br />

DONNERSTAG, 2. BIS SONNTAG, 5. OKTOBER 2014


19. INTERNATIONALES SYMPOSIUM DES ÖSTERREICHISCHEN <strong>ORGEL</strong>FORUMS<br />

DONNERSTAG, 2. BIS SONNTAG, 5. OKTOBER 2014<br />

STIFT REICHERSBERG / OBERÖSTERREICH<br />

PROGRAMM<br />

Donnerstag 2. Oktober 2014<br />

16.00 Einchecken im Bildungszentrum Stift Reichersberg<br />

18.00 Abendessen<br />

19.30 Eröffnung des Symposiums in der Pfarrkirche Münsteuer<br />

(3,5 km vom Stift Reichersberg entfernt)<br />

20.00 Orgelkonzert Brett Leighton in der Pfarrkirche Münsteuer<br />

(Johann Christoph Egedacher, 1712, 8/I/P)<br />

Referenten<br />

OBM Siegfried Adlberger<br />

Gottfried Allmer<br />

Mag. Gustav Auzinger<br />

Mag. Johannes Dandler<br />

OBM Wendelin Eberle<br />

Dr. Wolfgang Kreuzhuber<br />

Günter Lade<br />

em. oUniv. Prof. Peter Planyavsky<br />

Tagungsleitung<br />

Prof. Dr. Wolfgang Kreuzhuber<br />

Tagungsort<br />

Carlone Saal, Stift Reichersberg<br />

Freitag 3. Oktober 2014<br />

09:00 Wolfgang Kreuzhuber:<br />

Einführung zum Tagungsthema »Die unmoderne Orgel«<br />

09.20 Peter Planyavsky: Viel alt, viel neu, wenig Romantik<br />

– Konzertprogramme in der Neobarock-Zeit<br />

10.00 Pause<br />

10.15 Wendelin Eberle: Unmodern oder verbesserungswürdig?<br />

11.00 Wolfgang Kreuzhuber: Die Orgel der Stadtpfarrkirche<br />

Schärding am Inn (Johann Pirchner, 1973, 31/III/P)<br />

11.30 Diskussion mit Siegfried Adlberger, Gerd Pichler (Bundesdenkmalamt),<br />

Wendelin Eberle, Peter Planyavsky, Moderation: Wolfgang Kreuzhuber<br />

13.00 Mittagessen<br />

15.00 Gottfried Allmer: Grosse Orgeln mit kurzer Lebensdauer – Beispiele<br />

aus Süddeutschland<br />

15.45 Bustransfer nach Schärding am Inn<br />

16.30 Besichtigung, Vorführung und Diskussion zur Orgel in der<br />

Stadtpfarrkirche Schärding<br />

18.00 Abendessen<br />

20.00 Orgelkonzert Peter Waldner in der Kurhauskirche der Barmherzigen<br />

Brüder in Schärding am Inn (Karl Nelson, 2004, 23/II/P)<br />

22.00 Rückfahrt nach Reichersberg<br />

Samstag 4. Oktober 2014<br />

09.00 Siegfried Adlberger: Die Orgellandschaft Innviertel<br />

09.30 Johannes Dandler: Historische Stimmungen an neuen<br />

Orgeln im Innviertel<br />

10.00 Pause<br />

10.15 Gustav Auzinger: CD-Reihe historischer Orgeln Oberösterreichs<br />

– ein Projekt der OÖ Landesregierung<br />

10.45 Günter Lade: Die Orgel – tönender Kosmos auf Tonträgern<br />

11.15 Pause<br />

11.30 Diskussion<br />

12.30 Mittagessen<br />

13.30 Exkursion zu Innviertler Orgeln<br />

19.00 Orgelkonzert Roman Summereder in der Stiftskirche Reichersberg<br />

(Hansueli Metzler, 1981, 22/II/P)<br />

20.30 Weinverkostung (Anmeldung erforderlich!)<br />

Sonntag 5. Oktober 2014<br />

Ende des Symposiums und Abreise der TeilnehmerInnen<br />

2 3


DONNERSTAG, 2. OKTOBER 2014, 20.00 UHR<br />

PFARRKIRCHE MÜNSTEUER<br />

KONZERT<br />

<strong>ORGEL</strong> &<br />

BAROCKVIOLINE<br />

Georg Muffat aus Apparatus musico-organistiscus (1690):<br />

1653–1704 Toccata decima<br />

Sonata für Violine und basso continuo (1677)<br />

Adagio – Allegro – Adagio – Allegro – Adagio<br />

Johann Caspar Kerll<br />

Toccata 4 Cromatica con durezze e ligature<br />

1627–1693 Canzona 4<br />

Wolfgang Ebner Partite Sopra L’ Aria Favorita 20<br />

1612–1665<br />

Johann Caspar Kerll Canzona 2<br />

Wolfgang Ebner<br />

Rupert Ignaz Mayr<br />

1646–1712<br />

Carlo Francesco Polarollo<br />

ca. 1653–1723<br />

Toccata Tertij Toni<br />

Sonata in D für Violine und basso continuo<br />

Capriccio in D<br />

Petra Samhaber-Eckhardt, Barockvioline<br />

Brett Leighton, Orgel<br />

Petra Samhaber-Eckhardt, geboren in Linz, absolvierte<br />

zunächst anfängliche Studien bei Gunar Letzbor; es<br />

folgte ein Violinstudium am Mozarteum Salzburg, wo<br />

sie ihr Konzertdiplom und die Lehrbefähigungsprüfung<br />

ablegte.<br />

Barockviolinstudium bei Michi Gaigg an der Bruckneruniversität<br />

Linz, anschließend Barockviolinstudium bei<br />

Andrew Manze am Royal College of Music in London<br />

und Ingrid Seifert. Dieses Postgraduate-Studium absolvierte<br />

sie mit Auszeichnung.<br />

Ferner folgten während ihres Londonaufenthaltes zwei<br />

erste Preise bei Wettbewerben in England (UK Early<br />

Music), und sie wurde mit dem erfolgreichen Ensemble<br />

Puttanesca zum Finale des BBC Music Award nach<br />

Manchester eingeladen.<br />

Sie ist Leiterin des mittlerweile äußerst erfolgreichen<br />

Ensemble CASTOR, sowie gefragte Konzertmeisterin<br />

für Projekte im In- und Ausland (Michi Gaigg, Ton<br />

Koopman, Enrico Onofri). Sie ist Mitglied des L’Orfeo<br />

Barockorchesters, welches bereits mehrfach für seine<br />

CD-Aufnahmen ausgezeichnet wurde.<br />

Im Juni 2012 absolvierte sie ihr Masterstudium an der<br />

Anton Bruckner Privatuniversität mit Auszeichnung<br />

und studiert außerdem bei Enrico Onofri am »Conservatorio<br />

Bellini« in Palermo, wo sie mit ihm auch bereits<br />

konzertierte.<br />

2013 veröffentlichte sie ihr erstes Buch »Die musikalischrhetorischen<br />

Figuren in J. S. Bachs Sonaten für Violine<br />

und obligates Cembalo BWV 1014–1019«.<br />

Brett Leighton ist seit 1994 Lehrer für Orgel, Cembalo<br />

und Ensemblemusik an der Anton Bruckner Privatuniversität,<br />

Linz. Gebürtig aus Sydney, Australien, hat er<br />

seine Hochschulstudien bei David Rumsey am Conservatorium<br />

seiner Heimatstadt (1977), später bei Michael<br />

Radulescu an der Wiener Musikhochschule (1981)<br />

absolviert. Die vielen ihm verliehenen Auszeichnungen<br />

und Preise (u. a. Würdigungspreis des Österreichsichen<br />

Ministeriums für Wissenschaft und Forschung) sowie<br />

Stipendien (u. a. der Winston Churchill Fellowship Trust<br />

und des Music Board of the Australia Council) waren<br />

allerdings erst der Anfang einer Entdeckungsreise zu<br />

den historischen Orgellandschaften Europas. Mitbestimmend<br />

für die gleichzeitige Erforschung der Alten<br />

Musik war seine Begeisterung fürs Cembalospiel. Es<br />

folgte 1981–1985 eine weitere Ausbildung als Cembalist<br />

bei Jean-Claude Zehnder und Ton Koopman in Basel<br />

bzw. Amsterdam. Weitere Impulse verdankt er Luigi<br />

Ferdinando Tagliavini, Harald Vogel und Jean Langlais.<br />

1979 gewann er den Paul Hofhaimer Preis der Stadt<br />

Innsbruck für die Interpretation von Orgelwerken alter<br />

Meister, der seit dem zehnjährigen Bestehen des Wettbewerbs<br />

noch nie vergeben worden war. Seither rege<br />

Konzerttätigkeit als Organist, Cembalist und Generalbaßspieler<br />

in ganz Europa, Japan, Australien, Mexiko<br />

und den USA mit einem enormen Repertoire aus nahezu<br />

allen Stilepochen. Sein Spiel wird durch Quellenstudium<br />

und Erforschung der Aufführungspraxis bereichert.<br />

Zahlreiche Ur- und Erstaufführungen zeitgenössischer<br />

Werke für und mit Orgel (Tournemire, Berio, Heiller,<br />

Radulescu, Schlee, Jungwirth usw.). Jurorentätigkeit bei<br />

internationalen Orgelwettbewerben im In- und Ausland.<br />

Verfasser von Artikeln in diversen Fachzeitschriften zur<br />

Aufführungspraxis älterer Tastenmusik. Initiator und<br />

Leiter der Internationalen Max Reger Tage, Linz 2005,<br />

künstlerischer Leiter der Fiesta Espanola, Linz 2010.<br />

Zusätzlich zu seiner Unterrichtstätigkeit in Linz ist er<br />

Dozent bei vielen europäischen Festivals (Treviso, Arona,<br />

La Spezia [I], Baigorry [F], Muri [CH] u. a.) und Sommerkursen<br />

(Ponte in Valtellina, Brescia, Venedig, Civitanova<br />

Marche [I], San Sebastian, Marchena, Cuenca [E], les<br />

Andelys [F] u. a.). 1996/97 war er Lehrbeauftragter an der<br />

Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien.<br />

Zusammenarbeit mit Ensembles wie Contrapunctus,<br />

Ensemble 415, Pacific Rim und Van Eyck Projekt. Rundfunkaufnahmen<br />

(ORF, DRS, WDR, Radio nacional de<br />

Espana usw.) und CD-Produktionen sowohl als Solist<br />

als auch im Ensemble (Coronata, Weinberg Records,<br />

Motette-Ursina, Carrara, ex Libris, Musical Omina, u. a.).<br />

4 5


Die Orgel der Pfarrkirche Münsteuer<br />

wurde vom Salzburger Orgelbauer Johann<br />

Christoph Egedacher (1666–1747) im Jahre<br />

1712 erbaut. Dies ist durch eine Signatur an<br />

der Innenseite des Vorsatzbrettes (Mittelfeld<br />

der Orgel) bezeugt. Nach Aufhebung<br />

der Pfarrkirche Reichersberg wurde das Instrument<br />

nach Münsteuer verbracht. Trotz<br />

einiger Eingriffe im 19. und 20. Jahrhundert<br />

blieb die Orgel weitgehend original erhalten<br />

und konnte 1957 durch Johann Pirchner sen.<br />

(1900–1972) unter Einbau einer neuen Flöte 4’<br />

restauriert werden. Diese nach 1945 frühe<br />

Restaurierung wurde im Jahre 1991 durch<br />

eine neuerliche Restaurierung von Romano<br />

Zölss aus Frankenau (Flöte 4’ rekonstruiert,<br />

neue Keilbalganlage) korrigiert und schließlich<br />

2001 durch Bernhardt Edskes (*1940)<br />

nachintoniert.<br />

¯ Orgel Münsteuer<br />

© Institut für Orgel, Orgelforschung<br />

und Kirchenmusik, Wien<br />

Die Orgel der Pfarrkirche Münsteuer<br />

Manual CDEFG – c 3 , 45 Tasten und Töne<br />

Principal 8’<br />

Copl 8’<br />

Octav 4’<br />

Flöten 4’<br />

Quint 3’<br />

Superoctav 2’<br />

Mixtur 2 fach 1 1⁄2’<br />

Pedal CDEFG – a 0 , 18 Tasten und 12 Töne<br />

Sub Pahs 16’<br />

ständige Pedalkoppel<br />

’’<br />

Stimmtonhöhe: a 1 = 461,3 Hz / 15° C,<br />

’’<br />

modifiz. mitteltönige Stimmung<br />

6 7


FREITAG, 3. OKTOBER 2014, 16.30 UHR<br />

BESICHTIGUNG UND VORFÜHRUNG DER PIRCHNER-<strong>ORGEL</strong> DER STADTPFARRKIRCHE<br />

SCHÄRDING (1973, 31/III / P)<br />

Erbauer: Johann Pirchner jun. (1928–2012), Steinach am Brenner / Tirol<br />

Schleierbretter: Adalbert Kutter, Innsbruck<br />

Disposition und Konzeption: Prof. Dr. Hans Haselböck (*1928), Wien<br />

Zur Geschichte der Orgeln von Johannes Dandler in: Die Orgeln des politischen Bezirkes<br />

Schärding am Inn, Oberösterreich, Diplomarbeit, Wien, 2000, S. 82 ff.<br />

’’<br />

1733 Orgelneubau durch Johann Ignaz Egedacher / Passau (16/I/ P)<br />

’’<br />

1809 Zerstörung der Egedacher-Orgel durch den Brand vom 26. April 1809<br />

’’<br />

1840 Orgelneubau von Joseph Heining, Wels (18/II/ P)<br />

’’<br />

1917 Entnahme der zinnernen Prospektpfeifen für Kriegszwecke<br />

’’<br />

1923 Orgelneubau unter Verwendung einiger Register der Vorgängerorgel durch den<br />

Passauer Orgelbauer Josef Mayr (24/II/ P)<br />

’’<br />

1932 neuerliche Reparatur durch Linzer Orgelbaufirma Mauracher<br />

’’<br />

1973 Orgelneubau Johann Pirchner jun. (31/III/ P)<br />

˚ Stadtpfarrkirche Schärding, Pirchner-Orgel,<br />

Prospekt Gesamtansicht © Michael Kitzinger<br />

¯ Stadtpfarrkirche Schärding,<br />

Pirchner-Orgel © Wolfgang Kreuzhuber<br />

8 9


Die Pirchner-Orgel der Stadtpfarrkirche Schärding, 1973<br />

I. Rückpositiv C – g³<br />

Holzgedeckt 8’<br />

Quintatön 8’<br />

Prinzipal 4’<br />

Rohrflöte 4’<br />

Sesquialtera 2 2⁄3’ + 1 3⁄5’<br />

Waldflöte 2’<br />

Quinte 1 1⁄3’<br />

Scharff 1’ 4 fach<br />

Krummhorn 8’<br />

Tremulant<br />

II. Hauptwerk C – g³<br />

Pommer 16’<br />

Prinzipal 8’<br />

Rohrflöte 8’<br />

Oktav 4’<br />

Nachthorn 4’<br />

Nasat 2 2⁄3’<br />

Superoktav 2’<br />

Mixtur 5–6 fach 1 1⁄3’<br />

Trompete 8’<br />

III. Brustwerk (schwellbar), C – g³<br />

Metallgedackt 8’<br />

Quintadena 4’<br />

Prinzipal 2’<br />

Blockflöte 2’<br />

Cimbel 2 fach 1⁄2’<br />

Regal 16’<br />

Tremulant<br />

Pedal C – f 1<br />

Prinzipalbaß 16’<br />

Subbaß 16’<br />

Oktavbaß 8’<br />

Gedecktbaß 8’<br />

Choralbaß 4’<br />

Pedalmixtur 4 fach 2 2⁄3’<br />

Posaune 16’<br />

˘ Schärding, Spieltisch<br />

© Wolfgang Kreuzhuber<br />

Koppeln (als Tritte):<br />

Rückpositiv zu HW<br />

Brustwerk zu HW<br />

Hauptwerk zu Ped.<br />

Rückpositiv zu Ped.<br />

Brustwerk zu Ped.<br />

’’<br />

Freistehender Spieltisch hinter dem Rückpositiv mit Blickrichtung zum Hauptgehäuse<br />

’’<br />

Spiel- und Registertraktur: mechanische Schleifladen<br />

’’<br />

Windladen: 5 Schleifladen<br />

’’<br />

Windanlage (Windversorgung): Magazinbalg im Orgelfuß<br />

’’<br />

Gebläse: im Orgelfuß<br />

’’<br />

Pfeifenwerk: Zinn, Holz und Kupfer, Spitzlabien mit Bärten, C – Cis – seitig aufgestellt<br />

˘ Schärding, Spieltisch<br />

Innenansicht<br />

© Wolfgang Kreuzhuber<br />

˘ Schärding, Wellen<br />

© Wolfgang Kreuzhuber<br />

’’<br />

Stimmtonhöhe: a 1 440 Hz /17°C<br />

’’<br />

Temperatur: gleichstufig<br />

10 11


FREITAG, 3. OKTOBER 2014, 20.00 UHR<br />

KURHAUSKIRCHE DER BARMHERZIGEN BRÜDER IN SCHÄRDING<br />

<strong>ORGEL</strong>KONZERT<br />

’’<br />

In Zusammenarbeit mit dem XI. Internationalen Orgelfestival<br />

an der Nelsonorgel Schärding 2014<br />

Anonymus<br />

Anonymus<br />

Jacob Hassler<br />

1569–1622<br />

Jan Pieterszoon Sweelinck<br />

1562–1621<br />

Heinrich Scheidemann<br />

um 1596–1663<br />

Georg Böhm<br />

1661–1733<br />

Aus dem »Mulliner Book« (16. Jahrhundert):<br />

Rejoice in the Lord always<br />

La bounette – La doune cella – La bounette<br />

Fantasia<br />

Ballo del Granduca<br />

Ons is gheboren een kindekijn<br />

(Puer nobis nascitur)<br />

Benedicam Domino<br />

(Intavolierung einer sechsstimmigen Motette von<br />

Hieronymus Praetorius)<br />

Vater unser im Himmelreich<br />

Dieterich Buxtehude Praeludium, Fuga & Ciacona in C-Dur BuxWV 137<br />

um 1637–1707<br />

Johann Sebastian Bach Partite diverse sopra<br />

1685–1750 »Sey gegrüsset, Jesu gütig« BWV 768<br />

Der Cembalist und Organist Peter Waldner stammt aus<br />

Mals im Vinschgau und studierte Musikwissenschaft<br />

und Germanistik an der Leopold-Franzens-Universität<br />

in Innsbruck sowie Cembalo, Orgel und Klavier am<br />

Tiroler Landeskonservatorium bei Reinhard Jaud und<br />

Bojidar Noev.<br />

Weitere Studien führten ihn zu Gustav Leonhardt,<br />

William Christie, Jean-Claude Zehnder u. a.<br />

Seit 1988 ist Peter Waldner Organist der Landschaftlichen<br />

Pfarre Mariahilf in Innsbruck und unterrichtet<br />

Cembalo, Orgel und Generalbaß am Tiroler Landeskonservatorium<br />

und am Mozarteum in Innsbruck.<br />

Eine rege Konzerttätigkeit führte ihn in die wichtigsten<br />

Länder Europas, bei vielen Festivals für Alte Musik war<br />

er zu Gast. Seit 1994 spielt Peter Waldner in regelmässigen<br />

Abständen CDs mit Alter Musik an historischen<br />

Tasteninstrumenten ein, die zunächst im Eigenverlag,<br />

später dann beim ORF Tirol und Vorarlberg, beim Label<br />

»Extraplatte« Wien und in der ORF-Edition Alte Musik<br />

erschienen und von der internationalen Fachpresse sehr<br />

positiv rezensiert wurden. Seine beiden CDs »Orgellandschaft<br />

Ritten I & II« wurden mit dem Pasticcio-Preis des<br />

Österreichischen Rundfunks Ö1 ausgezeichnet.<br />

Peter Waldner ist künstlerischer Leiter der Innsbrucker<br />

Konzertreihe für Alte Musik »Abendmusic – Lebensmusik«<br />

und Gründer des Tiroler Ensembles für Alte<br />

Musik »vita & anima«, mit dem er seit vielen Jahren<br />

unterschiedlichste Konzertprojekte realisiert.<br />

Seit vielen Jahren arbeitet er vor allem an Johann Sebastian<br />

Bachs Orgel- und Cembalowerk, das er in einem<br />

groß angelegten Zyklus zu neuem Leben erweckt.<br />

1989 erhielt Peter Waldner ein Stipendium der Klavierfirma<br />

Bösendorfer Wien, 1991 den Musikförderungspreis<br />

der Tiroler Sparkassen und 1994 den Jacob-Stainer-Preis<br />

des Landes Tirol für seine Verdienste um die Interpretation<br />

Alter Musik an historischen Tasteninstrumenten.<br />

Peter Waldner gilt als profunder Kenner des reichhaltigen<br />

Repertoires für die Tasteninstrumente Cembalo,<br />

Orgel, Fortepiano und der entsprechenden historischen<br />

Aufführungspraxis.<br />

Sein interpretatorisches Interesse gilt vor allem der Musik<br />

der Renaissance, des Barock, der Frühklassik sowie<br />

im besonderen dem kompositorischen Schaffen Johann<br />

Sebastian Bachs.<br />

Peter Waldner, Orgel<br />

12 13


Die Orgel der Barmherzigen Brüder in Schärding am Inn wurde<br />

vom international anerkannten und hochgeschätzten OBM Karl<br />

Nelson (Schüler von John Brombaugh) in Lidköping bei Göteborg<br />

in Schweden erbaut (Disposition und Konzeption von Johannes<br />

Dandler).<br />

Die 23 klingenden Register verteilen sich auf Werk, Oberwerk und<br />

Pedal. Klanglich orientiert sich das Werk an den »vokalen« Orgeln<br />

des 17. Jahrhunderts. Das künstlerische und klangliche Konzept<br />

ist das Resultat einer kreativen Auseinandersetzung sowie einer<br />

künstlerisch selbständigen Weiterführung der klassischen deutschniederländischen<br />

Orgelbautradition des Barock. Dieser Schule entsprechen<br />

die hohen Pfeifenaufschnitte, die Vollwind-Intonation mit<br />

offenen Pfeifenfüßen sowie die Stimmung nach der sog. Großterz-<br />

Mitteltönigkeit mit den drei reinen großen Terzen (C–E, G–H und<br />

D–Fis) in den Cornett-Tonarten C, G und D. Die einarmige Spieltraktur<br />

ermöglicht dem Organisten ein sensibles, feinartikuliertes Spiel<br />

beim Öffnen und Schließen der Ventile, wie es die Artikulationspraxis<br />

der Orgelmusik des 17. und 18. Jahrhunderts erfordert<br />

Karl Nelson, 2004<br />

Die Orgel in der Kurhauskirche Schärding am Inn<br />

˚ Orgel Kurhauskirche © Johannes Dandler<br />

Werk C–d 3<br />

Principal 8’<br />

Hohlflöte 8’<br />

Octav 4’<br />

Spitzflöte 4’<br />

Qvint 3’<br />

Superoctav 2’<br />

Cornet IV<br />

Mixtur IV<br />

Trompete 8’<br />

Oberwerk C–d 3<br />

Gedact 8’<br />

Quintadena 8’<br />

Principal 4’<br />

Rohrflöte 4’<br />

Gemshorn 2’<br />

Sesquialtera II<br />

Scharff III<br />

Dulcian 8’<br />

Pedal C–d 1<br />

Subbass 16’<br />

Octav 8’<br />

Super Octav 4’<br />

Posaune 16’<br />

Trompete 8’<br />

Cornet 2’<br />

Oberwerk / Werk (Schiebekoppel)<br />

Werk / Pedal<br />

Tremulant<br />

Cimbelstern<br />

’’<br />

Stimmsystem: modifizierte Großterz-Mitteltönigkeit<br />

’’<br />

Tonhöhe: a 1 415 Hz /20°C<br />

14 15


Das Innviertel besitzt nicht zuletzt aufgrund seiner unterschiedlichen<br />

politischen Zugehörigkeit im Laufe der Jahrhunderte<br />

eine sehr bunte Orgellandschaft, von der noch einige historische<br />

Orgeln – u. a. die Instrumente in Münsteuer (Johann Christoph<br />

Egedacher, 1712, 8/I / P) und Brunnenthal bei Schärding (Leopold<br />

Freund(t), 1715, 9/I / P) – zeugen. Vielerorts sind leider nur noch historische<br />

Gehäuse vorhanden.<br />

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde der Inn immer mehr zum<br />

trennenden Grenzfluss, sodass es im Vergleich zum benachbarten<br />

Bayern zu eigenständigen Entwicklungen im Innviertel kam. Nach<br />

1945 war die Begeisterung für den mechanischen Orgelbau auch im<br />

Innviertel stark zu spüren. So sind die zu hörenden Orgeln der Stiftskirche<br />

Reichersberg (Hansueli Metzler, 1981, 22/II / P) und der Stadtpfarrkirche<br />

Schärding am Inn (Johann Pirchner, 1973, 31/III / P) Beispiele<br />

des Werdens von qualitätsvollem Orgelbau. Letztere Orgel wird<br />

aufgrund ihrer Konzeption, Substanz und ihres jetzigen Zustands intensiv<br />

zu diskutieren sein. Der »unmodernen Orgel« im allgemeinen<br />

sei deshalb auch ein besonderes Augenmerk beim 19. Internationalen<br />

Symposium des Österreichischen Orgelforums gewidmet.<br />

<strong>ORGEL</strong>EXKURSION 4. OKTOBER 2014<br />

13.30 Uhr Abfahrt von Reichersberg<br />

13.50 Uhr Andreas-Metzler-Orgel der Pfarrkirche<br />

St. Marienkirchen bei Schärding (1991, 12/I / P)<br />

Disposition und Konzeption:<br />

Gerd Pechstein und Johannes Dandler (*1963)<br />

Andreas Metzler (*1960)<br />

Zur Geschichte der Orgeln der Pfarrkirche:<br />

’’<br />

1824 urk. Reparatur durch Sebastian Schwarzmayr aus<br />

Wippenham (8 Register, davon 2 im Pedal C–h).<br />

’’<br />

April 1871 Orgelneubau durch Franz Sales Ehrlich (1835–1883) aus<br />

Braunau am Inn, (10/I/ P)<br />

’’<br />

1991 Übertragung der Ehrlich-Orgel in die Friedhofskirche von<br />

Lambach, durch OBM Bruno Riedl (*1937) aus Linz<br />

Die Orgel der Pfarrkirche St. Marienkirchen<br />

Manual C – f³<br />

Principal 8’<br />

Gedackt 8’<br />

Octave 4’<br />

Spitzflöte 4’<br />

Quinte 2 2⁄3’<br />

Superoctave 2’<br />

Terz 1 3⁄5’<br />

Mixtur 4 fach 1 1⁄3’<br />

Dulcian 8’<br />

Pedal C – f 1<br />

Subbaß 16’<br />

Octavbaß 8’<br />

Posaune 8’<br />

Koppel: Pedalkoppel (als Tritt)<br />

˘ Orgel St. Marienkirchen<br />

© Johanna Mayr<br />

’’<br />

Registerzüge: gedrechselte Ebenholzzüge<br />

’’<br />

Windladen: 2 Schleifladen<br />

’’<br />

Windanlage (Windversorgung): Magazinbalg in einem Kasten am Boden hinter dem<br />

Pedal liegend<br />

’’<br />

Gebläse: im Balgkasten<br />

’’<br />

Pfeifenwerk: Zinn und Holz, Rundlabien im Prospekt vergoldet, C–Cis-seitig aufgestellt<br />

’’<br />

Stimmtonhöhe: a 1 440 Hz /16°C<br />

’’<br />

Temperatur: ungleichstufig<br />

’’<br />

Gehäuse: nach dem Vorbild der barocken Chororgeln der Klosterkirche Muri in der<br />

Schweiz; hinterständig ausgeführtes Pedalwerk (3 Register) in separatem Gehäuse.<br />

16 17


14.30 Uhr Abfahrt nach Brunnenthal bei Schärding<br />

14.50 Uhr Freund(t)-Orgel der Pfarr- und Wallfahrtskirche<br />

Brunnenthal bei Schärding (1715, 9/I / P)<br />

Zur Geschichte der Orgeln:<br />

’’<br />

1678 Orgelneubau, Gehäuse vom Schärdinger Schreinermeister<br />

Johann Chrysostomus Finck, schwarz / goldene Fassung durch<br />

Hans Bernhard Haas, Bewerber für das Orgelwerk waren der<br />

Münchner Hofmusicus und Orgelmacher Veit Weinberger sowie<br />

der Orgelmacher zu Passau, Jacobus Butz; 1713/15 mutwilige Zerstörung;<br />

’’<br />

1715 Errichtung einer zweiten Empore aus Holz sowie Orgelneubau<br />

durch den Passauer Orgelmacher Leopold Freund(t)<br />

(ca. 1640–1722), wohl unter Verwendung älterer Teile.<br />

’’<br />

Mehrere Reparaturen und Eingriffe im 20. Jahrhundert 1939<br />

’’<br />

1981 Restaurierung durch Johann Pirchner, Steinach am Brenner,<br />

Tirol;<br />

’’<br />

1998/99 neuerliche Reparatur durch Johann Pirchner<br />

Die Freund(t)-Orgel der Pfarr- und Wallfahrtskirche Brunnenthal<br />

Manual<br />

C kurz gebr. – c³ / 45 (47) Tasten, 47 Töne<br />

Principal 8’<br />

Gedackt 8’<br />

Octav 4’<br />

Flöte 4’<br />

Quint 3’<br />

(Super)Octav 2’<br />

Mixtur III (fach, 1 1⁄2’)<br />

Pedal<br />

C kurz gebr. – a 0 / 18 (20) Tasten, 20 Töne<br />

Subbaß 16’<br />

Octavbaß 8’<br />

Cimbelstern (3 Glocken)<br />

’’<br />

Koppeln: keine, angehängtes Pedal<br />

’’<br />

Tastenbeläge: Untertasten – Buchsbaum, Obertasten – Beinauflage<br />

’’<br />

Registerzüge: Ebenholzmanubrien beiderseits des Manuals<br />

’’<br />

Registerschilder: weiße, schwarz beschriftete Pergamentschilder über den Registerzügen<br />

’’<br />

Windladen: 2 Schleifladen<br />

’’<br />

Windanlage (Windversorgung): ein Keilbalg direkt auf dem Motor liegend (ähnlich einem<br />

Magazinbalg), Stoßfänger<br />

’’<br />

Gebläse: in einem Holzkasten im Orgelfuß unter dem Stimmgang und den Pedalpfeifen<br />

’’<br />

Stimmtonhöhe: a 1 448 Hz /15°C<br />

’’<br />

Temperatur: ungleichstufig, wohltemperiert<br />

˘ Orgel Brunnenthal bei Schärding<br />

© Helene Pürmayr, Schärding<br />

18 19


15.30 Uhr Abfahrt von Brunnenthal bei Schärding<br />

16.15 Uhr Schwanthalerorgel der Stadtpfarrkirche Ried im Innkreis<br />

(1978, Mathis, 35/III / P)<br />

Konzept von Prof. Joseph Werndl (*1929).<br />

Dieser Neubau ersetzte die Mayr-Orgel von 1924 (II / 27 pneum.)<br />

Zur Geschichte der Orgeln:<br />

’’<br />

1864 Orgelneubau (26/II/ P) durch Martin Hechenberger (1836–1919)<br />

’’<br />

1924 Orgelneubau (27/II/ P, pneumat.) durch Josef Mayr aus Passau<br />

in das Hechenberger-Gehäuse<br />

’’<br />

1978 Orgelneubau durch Mathis Orgelbau (35/III/ P)<br />

Die Schwanthalerorgel der Stadtpfarrkirche Ried im Innkreis<br />

I. Oberwerk C-g 3<br />

Rohrgedackt 8’<br />

Principal 4’<br />

Gedacktflöte 4’<br />

Octave 2’<br />

Nachthorn 2’<br />

Sesquialter 2 fach [2 2⁄3’]<br />

Sifflöte 1’<br />

Scharf 1’ [3–4 fach]<br />

Krummhorn 8’<br />

Tremulant<br />

II. Hauptwerk C-g 3<br />

Bordun 16’<br />

Principal 8’<br />

Suavial 8’<br />

Hohlflöte 8’<br />

Salicional 8’<br />

Octave 4’<br />

Spitzflöte 4’<br />

Octave 2’<br />

Cornet 2 2⁄3’ [3 fach]<br />

Mixtur 1 1⁄3’ [3–5 fach]<br />

Trompete 8’<br />

˙ Orgel Stadtpfarrkirche Ried im Innkreis © Mathis Orgelbau<br />

III. Brustwerk (schwellbar) C-g 3<br />

Gedackt 8’<br />

Rohrflöte 4’<br />

Principal 2’<br />

Quint 1 1⁄3’<br />

Cymbel 1⁄2’<br />

Regal 8’<br />

Tremulant<br />

Pedal C-f 1<br />

Principal 16’<br />

Subbass 16’<br />

Octave 8’<br />

Gedacktbass 8’<br />

Choralbass 4’<br />

Mixtur 2 2⁄3’ [4 fach]<br />

Posaune 16’<br />

Zinke 8’<br />

Clairon 4’<br />

’’<br />

Temperatur: ungleichstufige Stimmung<br />

’’<br />

Stimmtonhöhe: a 1 444,3 Hz/22°C<br />

’’<br />

Koppeln: OW-HW, BW-HW, HW-PED, OW-PED, BW-PED<br />

’’<br />

Spiel- und Registertraktur rein mechanisch<br />

’’<br />

Plenotritt für die Prinzipalstimmen (»Organo pleno«)<br />

’’<br />

Wechselwirkende Einführungstritte für Tompete 8’(HW),<br />

Posaune 16’ und Zinke 8’ (PED)<br />

’’<br />

Schwelltritt für das Brustwerk<br />

17.00 Uhr Abfahrt von Ried im Innkreis<br />

17.45 Uhr Ankunft Reichersberg<br />

20 21


SAMSTAG, 4. OKTOBER 2014, 19.00 UHR<br />

STIFTSKIRCHE REICHERSBERG<br />

<strong>ORGEL</strong>KONZERT<br />

Franz Tunder<br />

1614–1667<br />

Praeambulum ex g<br />

»Komm heiliger Geist, Herre Gott«<br />

auff zwey clavier und pedal<br />

Johann Sebastian Bach Aus den Leipziger Chorälen:<br />

1685–1750 »Komm heiliger Geist, Herre Gott« BWV 652<br />

à 2 clav. e ped., canto fermo colorato in soprano<br />

Präludium und Fuge in C-Dur BWV 547<br />

Michael Radulescu Madrigali – Neun Strophen für Orgel (2009/10)<br />

geb. 1943<br />

über die Tonbuchstaben E-G-E-D-A-C-H-E-R<br />

für die neurestaurierte Johann-Ignaz-Egedacher-Orgel<br />

zu Vornbach am Inn (1732) geschrieben<br />

Robert Schumann Aus den »Sechs Fugen über den Namen B-A-C-H« op. 60:<br />

1810–1856 VI – Mäßig, nach und nach schneller – Lebhafter<br />

Roman Summereder, Orgel<br />

Der gebürtige Oberösterreicher Roman Summereder<br />

war von Kindheit an kirchenmusikalisch tätig und absolvierte<br />

seine Studien an der Wiener Musikhochschule<br />

(Kirchenmusik, Dirigieren bei Hans Gillesberger, Orgel<br />

bei Anton Heiller), am Konservatorium der Stadt Wien<br />

(Musiktheorie und Komposition bei Kurt Schwertsik),<br />

an der Universität Wien (Germanistik und Musikwissenschaften,<br />

abgebrochen) und am Conservatoire Royal<br />

in Brüssel (Cembalo und Kammermusik bei Robert<br />

Kohnen).<br />

Nach Korrepetitorentätigkeit am Brucknerkonservatorium<br />

in Linz und beim Wiener Jeunesse-Chor lehrte<br />

Roman Summereder an der Hochschule (heute: Universität)<br />

für Musik und darstellende Kunst in Wien vorerst<br />

Partiturspiel (für Dirigenten, Komponisten und Kirchenmusiker),<br />

später auch Basso continuo.<br />

Nach dem plötzlichen Tod von Alfred Mitterhofer wurde<br />

er 1999 mit der interimistischen Leitung einer Orgelklasse<br />

betraut und 2002 zum Professor an der Wiener<br />

Musikuniversität ernannt. Seine pädagogische Tätigkeit<br />

wird abgerundet mit Lectures und Masterclasses, u. a.<br />

an der Internationalen Sommerakademie in Haarlem<br />

(Niederlande).<br />

Seine künstlerische Laufbahn führt ihn an bedeutende<br />

historische und moderne Instrumente in Europa. Im<br />

Brennpunkt seines Repertoire steht, neben dem Orgelwerk<br />

J. S. Bachs, die Orgelmusik des 20. und 21. Jhs.<br />

Dazu kommen Uraufführungen und österreichische<br />

Erstaufführungen von Bengt Hambraeus, Daniel Glaus,<br />

Jan Welmers, Isang Yun, Toshio Hosokawa, Karlheinz<br />

Essl, Wolfgang Sauseng, Gerhard E. Winkler, Kurt Estermann,<br />

Dominik Susteck und Michael Radulescu.<br />

Seine Einspielungen von Schlüsselwerken des 20. Jhs.<br />

(Reger, Schmidt, Schönberg, Jarnach, Hindemith, David,<br />

Krenek, Messiaen, Reda, Schiske, Heiller, Ligeti) erfahren<br />

hohe Wertschätzung: Die CD-Produktion »Zungen<br />

aus Feuer« wurde 2008 mit dem Pasticcio-Preis des<br />

ORF ausgezeichnet, die Hindemith-CD erhielt 2012 die<br />

Höchstprämierung bei »Klassik heute«.<br />

Zur Zeit ist Roman Summereder mit der bereits viel beachteten<br />

Gesamtaufnahme des Orgelwerks von Anton<br />

Heiller für das Label AMBIENTE-AUDIO befasst (an der<br />

Bruckner-Orgel in Stift St. Florian bei Linz), Vol.I und II<br />

sind 2013 erschienen, Vol. III erscheint Ende 2014.<br />

Als Standardwerke der kirchenmusikalischen Forschung<br />

gelten seine Studien »Aufbruch der Klänge. Materialien,<br />

Bilder, Dokumente zu Orgelreform und Orgelkultur im<br />

20. Jh.« (Innsbruck 1995 bzw. 1999) sowie »Als gingen<br />

uns jetzt erst die Ohren auf – Helmut Bornefeld, Siegfried<br />

Reda und die Heidenheimer Arbeitstage für Neue<br />

Kirchenmusik 1946–1960. Ein Beitrag zu musikalischen<br />

Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit« (München<br />

2010).<br />

22 23


Erinnerungen ans Innviertel<br />

Mitte der 60er Jahre unternahm ich meine<br />

ersten Gehversuche an der Orgel. Dies geschah<br />

am Pneumatikum der Rieder Stadtpfarrkirche<br />

– Franz Schmidt hätte es zurecht<br />

als kraftlos brüllendes Ungeheuer verdammt.<br />

Auch hatte die kirchenmusikalische Praxis<br />

– sie sprudelte fröhlich in gewisser Opulenz<br />

vor sich hin – noch einigen spätcäcilianistischen<br />

Anstrich. Doch schon der Vergleich<br />

mit mechanischen Dorforgeln des späten 19.<br />

Jhs, aus der Werkstatt des grundsoliden Leopold<br />

Breinbauer oder des eher klobigen Franz<br />

Sales Ehrlich, erst recht die lichtvolle Aura<br />

der völlig intakten Egedacher-Orgel zu Münsteuer,<br />

befeuerten den wachsenden Unmut<br />

mit der überlebten pneumatischen Ära.<br />

Ein zeitgemäßer mechanischer Orgelbau<br />

aber zeichnete sich kaum noch am Horizont<br />

ab. Einzige Ausnahme war die Orgel in<br />

der Stiftskirche Reichersberg in ihrer von<br />

Pirchner 1954 eingreifend umgebauten<br />

Form. Die wunderbare Raumakustik überdeckte<br />

sanft ihre Ecken und Kanten, selbst<br />

ihre schwergängige Traktur war kein Hindernis<br />

für eine gedeihliche Kirchenmusik. Allmählich<br />

entstand hier ein reges Konzertleben:<br />

sogar Anton Heiller konnte man<br />

einmal hören. Sein Schüler August Humer,<br />

dem die oberösterreichische Orgelkultur<br />

nachhaltige Impulse verdankt, gab hier<br />

seine ersten Orgelabende und brachte dabei<br />

eine für den Landstrich ungewohnte Spielweise<br />

mit. Um 1970 begannen sich unwiderruflich<br />

neue Lebensgeister zu regen.<br />

Pirchners Orgeln in der Riedbergkirche und<br />

in Schärding, Zikas Orgel im Innviertler Dom<br />

bei Zell / Pram wiesen den Weg in eine optimistisch<br />

bewertete Zukunft. Als um 1980 der<br />

hochentwickelte schweizerische Orgelbau im<br />

Innviertel Einzug hielt ( Mathis 1978 in Ried,<br />

Metzler 1981 in Reichersberg) – und dem<br />

Prestigeträchtigen sind die Innviertler letzt-<br />

endlich nicht abgeneigt … – war die Euphorie<br />

grenzenlos: ausgefeilte Intonation und<br />

sensitive Trakturen setzten neue Maßstäbe.<br />

Dennoch sollten wir vorzeitig angegraute<br />

Instrumente – wie eben in Schärding –<br />

nicht krank reden; vielmehr sollten wir<br />

ihnen Gerechtigkeit zuteil werden lassen.<br />

Aufführungen von großen Brocken aus<br />

J. N. Davids Choralwerk, gerade in Schärding<br />

– an Pirchners erster dreimanualiger Orgel –<br />

konnten eindrücklich vor Ohren führen, dass<br />

des Meisters Welser Initialzündung von 1930,<br />

nach Überwindung zäher Widerstände, respektable<br />

Ergebnisse gezeitigt hat. So gesehen<br />

wird die kleine Welt des Innviertels zum<br />

globalen Spiegel: in den vergangenen Jahrzehnten<br />

entwickelte sich die internationale<br />

Orgelkultur insgesamt in geradezu atemloser<br />

Rasanz. Wen wundert ’s, dass manches Instrument<br />

nicht mehr in Einklang mit aktuellen<br />

Ansprüchen steht? Den Rang eines<br />

in sich geschlossenen Kunstwerks kann es<br />

dennoch einnehmen. Die Reichersberger<br />

Metzler-Orgel ist in ihrer geglückten Einheit<br />

von neuem Klangleben und historischem Gehäuse<br />

zweifellos ein zeitlos-gültiges Instrument.<br />

Dennoch könnte eingewendet werden,<br />

ihre Ressourcen seien beschränkt, weil sie<br />

nicht über ein Récit expressif verfügt. Von<br />

innen nach außen geformte, klar definierte<br />

Klanggestalten aber erheischen Respekt; sie<br />

haben Wahrheitsgehalt. Dass diese Orgel<br />

dennoch einem weit gefächerten Repertoire<br />

offen steht, möge im Programm des heutigen<br />

Abends anklingen.<br />

Roman Summereder<br />

»MADRIGALI« entstanden 2009/2010 als Auftragswerk für die<br />

neurestaurierte, ursprünglich 1732 von Johann Ignaz Egedacher<br />

erbaute Orgel in der ehemaligen Abteikirche zu Vornbach am Inn<br />

in Niederbayern, und sind der Gemeinde Vornbach »in herzlicher,<br />

heimatlicher Verbundenheit« gewidmet.<br />

Das aus 9 »Strophen« bestehende Werk nimmt naturgemäß auf<br />

die Einschränkungen der süddeutsch-österreichischen Barock-Orgel<br />

Rücksicht, ist aber ebensogut auch auf großen, anderen Stilrichtungen<br />

verpflichteten Instrumenten überzeugend realisierbar.<br />

Die 9 stark voneinander kontrastierenden, jedoch ineinander<br />

übergehenden Abschnitte (»Strophen«) lehnen sich in ihrem jeweiligen<br />

Aufbau sowie in der Verwendung und Handhabung der »Reime«<br />

(Stab- bzw. Endreime) an die ursprünglich der Marienverehrung<br />

gewidmete Madrigaldichtung (madrigal vom italienischen madre =<br />

Mutter abgeleitet) der Frührenaissance an, sowie auch an die spätmittelalterliche<br />

estampie, einer mehrteiligen, singend, gestikulierend<br />

und »stampfend« vorgetragenen Dichtungsform. Der Rhythmus des<br />

Werkes erscheint einmal als »freier, sprechender Gestus«, einmal als<br />

»streng bemessenes Geschehen in der Zeit«, und ist in beiden Fällen als<br />

vom Sprachduktus definierte Kategorie zu verstehen, allerdings ohne<br />

jeglichen Bezug zu einem »semantischen Programm« oder gar zu einer<br />

»außermusikalischen Handlung«.<br />

Der Orgelsatz als solcher wird gelegentlich auf mehreren Klangebenen<br />

realisiert, manchmal blockartig-kompakt, manchmal frei<br />

schwebend oder zerrissen-stockend eingesetzt. Das verwendete<br />

Tonmaterial basiert auf in sich jeweils symmetrisch aufgebauten Tongeschlechtern,<br />

welche auch die harmonische Entwicklung der Großform<br />

mitbestimmen.<br />

Michael Radulescu, im Sommer 2010<br />

24 25


1126 erfolgte die Weihe der Stiftskirche Reichersberg und 1480<br />

ist der Name des ersten Organisten erwähnt: Konrad (»Conradus<br />

organista«).<br />

Nach dem verheerenden Brand von 1624, bei dem ein Großteil des<br />

Stiftes ein Raub der Flammen geworden waren, wurde die Stiftsanlage<br />

neu errichtet. 1638 konnte der Orgelneubau durch Andreas<br />

Butz († 25. 2. 1657) abgeschlossen werden. Anton Estendorfer (1670–<br />

1711) ist der Erste, von dem Kompositionen (ausschließlich für Orgel)<br />

erhalten sind.<br />

Einen herben Einschnitt – nicht nur – für das Musikarchiv stellte<br />

die geplante Aufhebung des Stiftes dar, wobei zwischen 1810 und 1817<br />

ein Teil des beweglichen Stiftsbesitzes veräußert wurde.<br />

1774 stürzte ein Turm der Kirche ein und zerstörte das Orgelwerk.<br />

1779 baute Johann Michael Herberger (1712–1784) aus Stadt am Hof<br />

bei Regensburg ein neues Werk, das Gehäuse und das Chorgeländer<br />

fertigte der Stiftsbildhauer Josef Stöger.<br />

1882 wurde die Substanz der Orgel durch einen Umbau von Johann<br />

Lachmayr (1850–1915) weitestgehend verändert, Kronpositiv und<br />

Pedal romantisch umgestaltet.<br />

1954 erfolgte eine Neubau unter Verwendung des historischen<br />

Pfeifenmaterials die Firma Reinisch–Pirchner.<br />

Die Pirchner-Orgel ist 1981 durch einen Orgelneubau durch Hansueli<br />

Metzler (1927–2010) ersetzt worden. Das historische Pfeifenmaterial<br />

wurde in die Orgel nach Lambrechten verbracht.<br />

¯ Orgel Stiftskirche<br />

Reichersberg<br />

© Institut für Orgel, Orgelforschung<br />

und Kirchenmusik, Wien<br />

Die Orgel der Stiftskirche Reichersberg<br />

Hauptwerk C – f 3<br />

Bourdon 16’<br />

Principal 8’<br />

Coppelflöte 8’<br />

Oktave 4’<br />

Rohrflöte 4’<br />

Nasard 2 2⁄3’<br />

Superoctav 2’<br />

Mixtur 4 fach 1 1⁄3’<br />

Trompete 8’<br />

Tremulant<br />

Oberwerk C – f 3<br />

Gedakt 8’<br />

Salicet 8’<br />

Principal 4’<br />

Spitzflöte 4’<br />

Waldflöte 2’<br />

Scharf 3 fach 1’<br />

Sesquialter 2 fach 2 2⁄3’<br />

Dulcian 8’<br />

Pedal C – f 1<br />

Subbaß 16’<br />

Oktavbaß 8’<br />

Oktave 4’<br />

Mixtur 2’<br />

Posaune 16’<br />

3 Normalkoppeln:<br />

Hauptwerk – Oberwerk<br />

Hauptwerk – Pedal<br />

Oberwerk – Pedal<br />

26 27


Veranstalter<br />

Österreichisches Orgelforum<br />

Lothringerstraße 18, A - 1030 Wien<br />

e-mail: info@orgelforum.org<br />

www.orgelforum.org<br />

Grafikdesign Michael Kitzinger, DA [ www.kitzinger.at ]

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