Download als PDF - Agrarforschung Schweiz
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Agrar<br />
forschung<br />
schweiz<br />
O k t o b e r 2 0 1 0 | H e f t 1 0<br />
Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich<br />
Umwelt<br />
Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungshabitaten fördern eine reiche<br />
Wildbienenfauna Seite 360<br />
Nutztiere Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter Seite 366<br />
Pflanzenbau Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung Seite 378
Inhalt<br />
Oktober 2010 | Heft 10<br />
Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca)<br />
am Pollensammeln auf Natterkopf (Echium vulgare). Wildbienen<br />
haben <strong>als</strong> unverzichtbare Bestäuber von Wild- und<br />
Kulturpflanzen einen hohen ökologischen und ökonomischen<br />
Nutzen. Rund die Hälfte der 600 Wildbienenarten<br />
der <strong>Schweiz</strong> ist jedoch gefährdet.<br />
(Foto: Albert Krebs, Winterthur)<br />
Impressum<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique Suisse ist die<br />
Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope<br />
und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und<br />
Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung,<br />
Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und<br />
eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.<br />
Herausgeberin<br />
Agroscope<br />
Partner<br />
b Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil<br />
ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und <strong>Schweiz</strong>erisches<br />
Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)<br />
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern<br />
b <strong>Schweiz</strong>erische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen<br />
b Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne<br />
b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,<br />
Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften<br />
Redaktion<br />
Andrea Leuenberger-Minger, <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique<br />
Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP,<br />
Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21,<br />
Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Judith Auer, <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique<br />
Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach<br />
1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Redaktionsteam<br />
Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard<br />
Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART),<br />
Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL),<br />
Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).<br />
Abonnement<br />
Preise<br />
Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),<br />
inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–*<br />
*reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder<br />
info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Adresse<br />
Nicole Boschung, <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique<br />
Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP,<br />
Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21,<br />
Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Internet<br />
www.agrarforschungschweiz.ch<br />
www.rechercheagronomiquesuisse.ch<br />
ISSN infos<br />
ISSN 1663-7852 (Print)<br />
ISSN 1663-7909 (Internet)<br />
Schlüsseltitel: <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. <strong>Schweiz</strong><br />
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet,<br />
bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an<br />
die Redaktion.<br />
359 Editorial<br />
Umwelt<br />
360 Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und<br />
Nahrungshabitaten fördern eine reiche<br />
Wildbienenfauna<br />
Antonia Zurbuchen, Andreas Müller und<br />
Silvia Dorn<br />
Nutztiere<br />
366 Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung<br />
von konserviertem Raufutter<br />
Yves Arrigo<br />
Umwelt<br />
372 Aquatische Risikobewertung von<br />
Pflanzenschutzmitteln<br />
Katja Knauer, Stefanie Knauert, Olivier Felix<br />
und Eva Reinhard<br />
Pflanzenbau<br />
378 Verbesserung der Stickstoffeffizienz von<br />
Gülle durch Aufbereitung<br />
Christine Bosshard, René Flisch, Jochen Mayer,<br />
Sonja Basler, Jean-Louis Hersener, Urs Meier<br />
und Walter Richner<br />
Pflanzenbau<br />
384 Einfluss von Rinderausscheidungen auf<br />
die auswaschungsbedingten Verluste<br />
unter einem Gräserrasen<br />
Jakob Troxler, Jean-Pierre Ryser, Jean-Paul<br />
Pittet, Hélène Jaccard und Bernard Jeangros<br />
Kurzbericht<br />
392 News von den Agroscope<br />
Forschungsprogrammen<br />
Ueli Bütikofer, Anna Crole-Rees, Christian<br />
396 Porträt<br />
397 Aktuell<br />
Flury und Martin Lobsiger<br />
399 Veranstaltungen<br />
Sortenlisten<br />
Beilage Liste der empfohlenen Sorten von<br />
Futterpflanzen 2011–2012<br />
Daniel Suter, Hans-Ulrich Hirschi,<br />
Rainer Frick und Mario Bertossa<br />
Berner Fachhochschule<br />
Haute école spécialisée bernoise<br />
<strong>Schweiz</strong>erische Hochschule<br />
für Landwirtschaft SHL<br />
Haute école suisse d’agronomie HESA
Editorial<br />
Brauchen wir Agrarmarketingforschung?<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Stefan Mann,<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Das Feld der Agrarmarketingforschung boomt. Das weltweit viertgrösste<br />
Detailhandelsunternehmen, Tesco, hat der Universität Manchester 25 Millionen<br />
Pfund für jüngst angelaufene Forschung im Bereich des nachhaltigen<br />
Konsums zur Verfügung gestellt. Wissenschaftliche Seminare zu «Sustainability<br />
in the Food Sector» im Juli 2010 in Italien oder zu «The Economics of<br />
Food, Food Choice and Health» im September 2010 in Deutschland geben<br />
sich die Klinke in die Hand. An diesen Anlässen findet ein reger Austausch<br />
der zahlreichen Lehrstühle für Agrarmarketing statt. Die australische Monash<br />
University vergibt gar jährlich einen «Agribusiness Award» für besonders<br />
erfolgreiche Vermarktung im Lebensmittelbereich.<br />
Auch wenn fast alle derartigen Aktivitäten ohne Beteiligung der <strong>Schweiz</strong><br />
vonstattengehen, tut sich etwas im Inland. In Frick werden durch Forschende<br />
des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FIBL Fragen des Marketings<br />
für Bio-Produkte wissenschaftlich bearbeitet. Daneben fördert das<br />
Netzwerk «Swiss Food Research» unter Beteiligung vieler Organisationen der<br />
<strong>Agrarforschung</strong> die Innovation im Ernährungssektor. Doch hier wird weitgehend<br />
naturwissenschaftliche Forschung betrieben. Marktforschung, Werbeerfolgsforschung<br />
oder der Vergleich unterschiedlicher Distributionsstrategien<br />
wird hierzulande, zumindest ausserhalb des Biobereichs, noch recht<br />
kampflos kleineren Beratungsfirmen überlassen.<br />
Nun kann mit Recht argumentiert werden, ein so kleines Land wie die<br />
<strong>Schweiz</strong> könne nicht jedes Forschungsfeld besetzen. In diesem Fall müssten<br />
besondere Gründe gefunden werden, weswegen gerade die Agrarmarketingforschung<br />
von so hoher Wichtigkeit ist. Das Argument liegt jedoch dann<br />
auf der Hand, wenn wir in den Agrarfreihandel mit der Europäischen Union<br />
einsteigen. Verschärft sich dadurch der Wettbewerb im Agribusiness massiv,<br />
wäre die hiesige Ernährungsindustrie und der Detailhandel deutlich besser<br />
aufgestellt, wenn es zumindest einen universitären Lehrstuhl oder eine Forschungsgruppe<br />
gäbe, die sich wissenschaftlich mit Agrarmarketing beschäftigt.<br />
Es reicht bekanntlich nicht, mit hochwertigen Produkten zu glänzen.<br />
Gute Leistungen müssen auch professionell kommuniziert werden. Und dies<br />
besser mit wissenschaftlicher Präzision <strong>als</strong> ohne.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 359, 2010<br />
359
U m w e l t<br />
Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungshabitaten<br />
fördern eine reiche Wildbienenfauna<br />
Antonia Zurbuchen, Andreas Müller und Silvia Dorn, ETH Zürich, Institut für Pflanzen-,<br />
Tier- und Agrarökosystem-Wissenschaften, Angewandte Entomologie, 8092 Zürich<br />
Auskünfte: Antonia Zurbuchen, E-Mail: antonia.zurbuchen@ipw.agrl.ethz.ch, Tel. +41 44 632 39 26<br />
Abb. 1 | Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca)<br />
am Pollensammeln auf Natterkopf (Echium vulgare). Um Brutzellen<br />
mit Pollen <strong>als</strong> Larvenproviant zu versorgen, sammelt diese spezialisierte<br />
Biene ausschliesslich Pollen auf der Pflanzengattung Echium.<br />
Als Teilsiedlerin ist sie auf ein reiches Wirtspflanzenangebot innerhalb<br />
ihres Flugradius um den Neststandort angewiesen.<br />
E i n l e i t u n g<br />
Nebst der bekannten Honigbiene gibt es in der <strong>Schweiz</strong><br />
rund 600 verschiedene Wildbienenarten. Auch sie sind<br />
sehr wichtige Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen<br />
und leisten damit einen äusserst wichtigen Beitrag zur<br />
Erhaltung und Stabilisierung verschiedener Landökosysteme<br />
und der Nahrungsmittelvielfalt. In den vergangenen<br />
fünf Jahrzehnten haben aber sowohl die Artenvielfalt<br />
<strong>als</strong> auch die Populationsgrössen der Wildbienen in<br />
Mitteleuropa stark abgenommen. In der <strong>Schweiz</strong> sind<br />
mindestens 45% der Wildbienenarten gefährdet (Amiet<br />
Foto: Albert Krebs, Winterthur<br />
1994). Die meisten Bienen sind typische Teilsiedler und<br />
nutzen häufig unterschiedliche Lebensräume für den<br />
Nestbau einerseits und für das Sammeln von Pollen und<br />
Nektar <strong>als</strong> Larvenproviant andererseits. Für den Nestbau<br />
geeignete Kleinstrukturen sind z.B. Totholz, Trockenmauern<br />
oder offene und gut besonnte Bodenstellen.<br />
Eine gute Nahrungsgrundlage sind artenreiche Blumenwiesen.<br />
Der quantitative Pollenbedarf der Bienen ist<br />
enorm gross. Um nur einen einzigen Nachkommen zu<br />
erzeugen, brauchen zahlreiche Wildbienenarten den<br />
gesamten Pollengehalt von mehreren hundert Blüten<br />
(Müller et al. 2006). Dazu müssen die Weibchen je nach<br />
Bienenart zwei- bis 50mal zwischen ihren Nestern und<br />
geeigneten Futterpflanzen hin und her fliegen (Neff<br />
2008, Zurbuchen et al. 2010a).<br />
Durch den zunehmenden Flächenverlust, die Fragmentierung<br />
der Landschaft und die Intensivierung der<br />
Landwirtschaft gehen vermehrt Kleinstrukturen und<br />
artenreiche Blumenwiesen verloren, mit negativen Auswirkungen<br />
auf den Fortpflanzungserfolg vieler Bienenarten.<br />
Das Verschwinden von geeigneten Nist- und Nahrungshabitaten<br />
hat auch zur Folge, dass sich die<br />
räumliche Anordnung der entsprechenden Ressourcen<br />
verändert und die Bienen zwingt, grössere Flugdistanzen<br />
zwischen Nest und Futterpflanzen zurückzulegen.<br />
Wachsende Flugdistanzen können dazu führen, dass Bienen<br />
mit eingeschränktem Flugradius geeignete Blütenressourcen<br />
ausserhalb dieses Radius nicht mehr nutzen<br />
können und deshalb ihren Neststandort aufgeben müssen.<br />
In vielen Fällen dürften Bienen jedoch fähig sein,<br />
sich bis zu einem gewissen Mass an grössere Sammelflugdistanzen<br />
anzupassen, was aber mit erheblichen<br />
Kosten einhergehen dürfte (Williams und Kremen 2007).<br />
Damit die Wildbienenbestände langfristig erhalten und<br />
gefördert werden können, ist es wichtig zu wissen, wie<br />
unterschiedliche Arten auf räumliche Veränderungen<br />
des Ressourcenangebotes reagieren. Eine erste Zielsetzung<br />
dieser Arbeit war es herauszufinden, wie weit pollensammelnde<br />
Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene<br />
(Hoplitis adunca) und der Lauch-Maskenbiene (Hylaeus<br />
punctulatissimus) maximal fliegen und wie gross die Distanzen<br />
zwischen Nest und Futterquellen sein dürfen,<br />
damit die Wirtspflanzen noch von einem beträchtlichen<br />
360 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 360–365, 2010
Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna | Umwelt<br />
Anteil der Individuen einer Population besammelt werden<br />
können. Eine zweite Zielsetzung war es, den Einfluss<br />
von zunehmenden Sammelflugdistanzen auf die Flugzeiten<br />
und die daraus resultierenden Fortpflanzungsleistungen<br />
der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca)<br />
und der Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma<br />
rapunculi) experimentell zu quantifizieren.<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e<br />
Für die vorliegende Untersuchung wurden drei Wildbienenarten<br />
unterschiedlicher Grösse ausgewählt, die für<br />
die Versorgung ihrer Brutzellen nur auf je einer einzigen<br />
Pflanzengattung Pollen sammeln: die Natterkopf-Mauerbiene<br />
(Hoplitis adunca) (Körperlänge 11 – 13mm, Trockengewicht<br />
19,7mg) (Abb. 1), die Glockenblumen-Scherenbiene<br />
(Chelostoma rapunculi) (8– 10mm, 8,6mg) und<br />
die Lauch-Maskenbiene (Hylaeus punctulatissimus)<br />
(6– 8mm, 5,3mg). Die Natterkopf-Mauerbiene ist auf<br />
Natterkopf (Echium) spezialisiert, die Glockenblumen-<br />
Scherenbiene sammelt Pollen ausschliesslich auf Glockenblumen<br />
(Campanula) und die Lauch-Maskenbiene<br />
ist ein Spezialist von Zwiebeln (Allium). Bei allen drei<br />
Arten handelt es sich um solitär lebende Wildbienen, die<br />
ihre Fortpflanzungsperiode im Sommer (Juni-August)<br />
haben und in Hohlräumen nisten, was ihre Ansiedlung<br />
in künstlichen Nisthilfen relativ einfach ermöglicht.<br />
Die drei Bienenarten wurden in einer intensiv<br />
genutzten Agrarlandschaft bei Selzach (SO) angesiedelt,<br />
in der die artspezifischen Wirtspflanzen fehlten. Dazu<br />
wurden verschlossene Bienennester, die im Jahr zuvor in<br />
hohlen Bambusstäben angelegt worden waren, an<br />
unterschiedlichen Niststandorten im Untersuchungsgebiet<br />
ausgebracht. Diese Niststandorte enthielten ein<br />
grosses Angebot an künstlichen Nestgängen in Form von<br />
Bohrlöchern in Hartholzblöcken (Abb. 2). Als einzige<br />
geeignete Pollenquellen für die drei Bienenarten im<br />
Umkreis von 1600m dienten blühende Pflanzen des<br />
Gemeinen Natterkopfes (Echium vulgare), der Rapunzel-<br />
Glockenblume (Campanula rapunculus) und der Küchenzwiebel<br />
(Allium cepa), welche in transportierbaren Töpfen<br />
in das Gebiet gebracht und bei Untersuchungsbeginn<br />
direkt neben den Niststandorten platziert wurden.<br />
Frischgeschlüpfte Bienenweibchen wurden individuell<br />
mit verschiedenen Farbcodes markiert, die mit Modellbaufarben<br />
auf Thorax und Abdomen aufgebracht wurden.<br />
Zusammenfassung<br />
Wildbienen haben <strong>als</strong> unverzichtbare<br />
Bestäuber von Wild- und Kulturpflanzen<br />
einen hohen ökologischen und ökonomischen<br />
Nutzen. Rund die Hälfte der 600<br />
Wildbienenarten der <strong>Schweiz</strong> ist jedoch<br />
gefährdet. Anhaltender Flächenverbrauch<br />
und die Intensivierung der Landwirtschaft<br />
führen zu einem reduzierten Angebot<br />
geeigneter Nist- und Nahrungshabitate. Dies<br />
wiederum zwingt die Bienen, Pollen und<br />
Nektar in zunehmenden Distanzen von ihren<br />
Nestern zu sammeln. In dieser Studie wurden<br />
maximale Sammelflugdistanzen ausgewählter<br />
Wildbienenarten untersucht und die<br />
Auswirkung von zunehmenden Flugdistanzen<br />
auf deren Fortpflanzungsleistung<br />
analysiert. Bienenarten, die auf eine einzige<br />
Pflanzengattung <strong>als</strong> Pollenquelle angewiesen<br />
sind, wurden in einem Gebiet ohne geeignete<br />
Wirtspflanzen dazu gebracht, Pollen auf<br />
Topfpflanzen in unterschiedlichen Distanzen<br />
von ihren Nestern zu sammeln. Einige<br />
wenige Individuen der Natterkopf-Mauerbiene<br />
(Hoplitis adunca) und der Lauch-<br />
Maskenbiene (Hylaeus punctulatissimus)<br />
erwiesen sich <strong>als</strong> Langstreckenflieger, die<br />
mehr <strong>als</strong> 1000 m zwischen Nest und Nahrungspflanzen<br />
zurücklegten. Die Mehrheit<br />
der Individuen hatte aber bereits bei einer<br />
Distanz von 100 – 300 m ihre Nistaktivität<br />
aufgegeben. Zunehmende Flugdistanzen<br />
zwischen Nest und Futterpflanzen scheinen<br />
hohe Kosten zu verursachen. Tatsächlich<br />
hatten Distanzzunahmen ab 150 m eine<br />
substantielle Reduktion der Fortpflanzungsleistung<br />
bei der Natterkopf-Mauerbiene und<br />
der Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma<br />
rapunculi) zur Folge. Kurze Distanzen<br />
zwischen geeigneten Nist- und Nahrungshabitaten<br />
könnten wesentlich zur Förderung<br />
einer arten- und individuenreichen Wildbienenfauna<br />
beitragen.<br />
Maximale Sammelflugdistanzen<br />
Um die maximale Sammelflugdistanz der Natterkopf-<br />
Mauerbiene und der Lauch-Maskenbiene zu bestimmen,<br />
wurden die Töpfe mit den blühenden Wirtspflanzen an<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 360–365, 2010<br />
361
Umwelt | Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna<br />
Abb. 2 | Die drei untersuchten Bienenarten wurden in einer intensiv<br />
bewirtschafteten Agrarlandschaft bei Selzach (SO) in künstlichen<br />
Nisthilfen angesiedelt. Im ganzen Untersuchungsgebiet fehlten<br />
natürliche Bestände der artspezifischen Wirtspflanzen. Die einzigen<br />
nutzbaren Wirtspflanzen wurden in Töpfen ins Gebiet gebracht.<br />
Durch das Verschieben der Töpfe konnten die Bienen dazu<br />
gebracht werden, Pollen in genau bestimmten Distanzen von ihren<br />
Nistplätzen zu sammeln.<br />
Foto: Antonia Zurbuchen<br />
Verschieben des Pflanzenbestandes konnten die Sammelflugdistanzen<br />
verändert werden. Es wurden drei<br />
unterschiedliche Distanzpaare für die Natterkopf-Mauerbiene<br />
und ein Distanztriplett für die Glockenblumen-<br />
Scherenbiene getestet. An den verschiedenen Niststandorten<br />
wurden gleichzeitig durch je einen Beobachter die<br />
individuellen Sammelflugzeiten pollensammelnder<br />
Weibchen ermittelt und daraus die durchschnittliche<br />
Dauer eines Pollensammelfluges für jede Sammelflugdistanz<br />
berechnet. Da in einem vorgängigen Experiment<br />
gezeigt werden konnte, dass die transportierte Pollenmenge<br />
einer Biene unabhängig von der Flugdistanz ist,<br />
kann davon ausgegangen werden, dass alle Bienen einer<br />
Art ungefähr gleich viele Pollensammelflüge brauchen,<br />
um eine Brutzelle mit einer durchschnittlichen Pollenmenge<br />
zu versorgen. Für jede Sammelflugdistanz wurde<br />
die durchschnittliche Zeit für die Verproviantierung<br />
einer einzelnen Brutzelle bestimmt, indem die durchschnittliche<br />
Sammelflugdauer mit der vorgängig ermittelten<br />
durchschnittlichen Anzahl Pollensammelflüge<br />
multipliziert wurde, die für die Verproviantierung einer<br />
Brutzelle notwendig ist.<br />
jeweils zwei verschiedenen Standorten schrittweise von<br />
den Nestern der Bienen weggerückt. Die Bienen hatten<br />
jeweils einen Tag Zeit, um sich an den neuen Pflanzenstandort<br />
zu gewöhnen. Nach dieser Gewöhnungsphase<br />
wurden auf den Wirtspflanzen und an den Nestern während<br />
jeweils zwei Stunden alle markierten Bienen registriert.<br />
Alle Individuen, die sowohl auf den Wirtspflanzen<br />
beim Pollensammeln <strong>als</strong> auch am Niststandort beim Polleneintragen<br />
beobachtet werden konnten, wurden <strong>als</strong><br />
Individuen gewertet, die bei der getesteten Sammelflugdistanz<br />
noch Brutzellen verproviantierten. Anschliessend<br />
wurden die Pflanzentöpfe erneut weiter von den<br />
Nestern weggerückt. Das Experiment wurde so lange<br />
weitergeführt, bis alle Bienen ihre Nistaktivitäten aufgegeben<br />
hatten.<br />
Einfluss von Sammelflugdistanzen auf die Fortpflanzung<br />
Um den Einfluss von zunehmenden Sammelflugdistanzen<br />
auf die Fortpflanzungsleistung zu untersuchen, wurden<br />
die Natterkopf-Mauerbiene an zwei und die Glockenblumen-Scherenbiene<br />
an drei Niststandorten<br />
angesiedelt. Für beide Arten wurde jeweils ein einzelner<br />
grosser Wirtspflanzenbestand in Form von Topfpflanzen<br />
so im Untersuchungsgebiet platziert, dass die Weibchen<br />
an den zwei beziehungsweise drei verschiedenen Niststandorten<br />
unterschiedliche Flugdistanzen zurücklegen<br />
mussten, um auf demselben Pflanzenbestand unter den<br />
gleichen Bedingungen Pollen zu sammeln. Durch das<br />
Anteil Bienen<br />
Anteil Bienen<br />
1.0<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0.0<br />
1.0<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0.0<br />
2829<br />
13<br />
15 24 15<br />
12<br />
10<br />
6<br />
6<br />
14<br />
11<br />
4<br />
3 3<br />
4 4 4<br />
Lauch-Maskenbiene<br />
Natterkopf-Mauerbiene<br />
2<br />
2 2<br />
10<br />
Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna | Umwelt<br />
Tab. 1 | Reduktion der Fortpflanzungsleistung der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) und der Glockenblumen-Scherenbiene<br />
(Chelostoma rapunculi) bei unterschiedlich langen Sammelflugdistanzen unter gleichen äusseren Bedingungen. Basierend auf den durchschnittlichen<br />
Messwerten für die Dauer eines Pollensammelfluges (t Flug<br />
) und der Anzahl Pollensammelflüge, die für die Verproviantierung<br />
einer Brutzelle benötigt wird (F Brutzelle<br />
), konnte der Zeitaufwand für die Verproviantierung einer Brutzelle (t Brutzelle<br />
=t Flug<br />
×F Brutzelle<br />
) abgeschätzt<br />
werden. Die Reduktion der Fortpflanzungsleistung bezieht sich auf die Anzahl Brutzellen, die bei unterschiedlichen Sammelflugdistanzen<br />
pro Zeiteinheit mit Pollen versorgt werden können (Zurbuchen et al. 2010a). Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten<br />
Unterschied an. n=Anzahl Individuen, die getestet wurden.<br />
Bienenart<br />
n<br />
Distanzpaar/<br />
-triplett [m]<br />
t Flug<br />
[h:min:s]<br />
t Brutzelle<br />
[h:min]<br />
Brutzelle<br />
pro Stunde<br />
Reduktion der Fortpflanzungsleistung<br />
bei längerer<br />
Distanz [%]<br />
Statistik<br />
Natterkopf-Mauerbiene<br />
Natterkopf-Mauerbiene<br />
Natterkopf-Mauerbiene<br />
18 225 0:27:35a 21:09 0,047<br />
17 375 0:35:51b 27:29 0,036 23 (375 m vs. 225 m) t-Test, p
Umwelt | Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna<br />
Einfluss von Sammelflugdistanzen auf die Fortpflanzung<br />
Die Zunahme der Sammelflugdistanz um 150 m bis 600 m<br />
verlängerte die durchschnittliche Dauer für einen Pollensammelflug<br />
signifikant (Abb. 4, Tab. 1). So benötigte<br />
die Natterkopf-Mauerbiene bei einer Zunahme der Flugdistanz<br />
um 150 m, 200 m beziehungsweise 300 m rund<br />
acht bis zwölf Minuten länger für einen Pollensammelflug,<br />
und die Sammelflugdauer der Glockenblumen-<br />
Scherenbiene verlängerte sich bei einer Distanzzunahme<br />
um 400 m beziehungsweise 500 m um rund neun bis<br />
zwölf Minuten (Tab. 1). Die Natterkopf-Mauerbiene<br />
musste durchschnittlich 46 Pollensammelflüge absolvieren,<br />
um eine einzige Brutzelle mit genügend Pollen zu<br />
füllen, die Glockenblumen-Scherenbiene brauchte dazu<br />
rund 19 Pollensammelflüge (Abb. 5). Bei längeren Sammelflugdistanzen<br />
führte die zusätzlich benötigte Zeit für<br />
einen einzelnen Sammelflug deshalb zu einem deutlich<br />
grösseren Zeitaufwand für die Verproviantierung einer<br />
einzelnen Brutzelle und entsprechend zu einer geringeren<br />
Anzahl Nachkommen während einer Fortpflanzungssaison.<br />
Die Natterkopf-Mauerbiene versorgte bei<br />
einer Zunahme der Flugdistanz um 150 m, 200 m beziehungsweise<br />
300 m rund 23 %, 31 % respektive 26 %<br />
weniger Brutzellen. Bei der Glockenblumen-Scherenbiene<br />
reduzierte sich bei einer Zunahme der Flugdistanz<br />
um 500 m bzw. 600 m die Anzahl Brutzellen um 46 %<br />
respektive 36 %. Mehrere Untersuchungen zeigten, dass<br />
bei den Bienen mit erhöhter Flugaktivität der Alterungsprozess<br />
beschleunigt und die Lebensdauer reduziert<br />
wird (Torchio und Tepedino 1980, Schmid-Hempel und<br />
Wolf 1988). Diese Aspekte wurden in dieser Arbeit nicht<br />
berücksichtigt. Es ist <strong>als</strong>o bei zunehmenden Flugdistanzen<br />
in Wirklichkeit mit noch grösseren Fortpflanzungseinbussen<br />
zu rechnen. Wachsende Sammelflugdistanzen<br />
haben aber nicht nur negative Auswirkungen auf die<br />
Fortpflanzungsleistung der adulten Bienenweibchen,<br />
sondern dürften auch die Mortalität der Larven erhöhen.<br />
Je länger ein offenes Nest unbeaufsichtigt bleibt, desto<br />
höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Brutzellen<br />
durch natürliche Feinde parasitiert werden (Goodell<br />
2003, Seidelmann 2006). In einer Studie mit der Luzerne-<br />
Blattschneiderbiene (Megachile rotundata) wurde der<br />
tatsächliche Fortpflanzungserfolg bei zwei unterschiedlichen<br />
Sammelflugdistanzen unter Berücksichtigung von<br />
Alterungsprozessen und dem Einfluss von Parasiten<br />
untersucht (Peterson und Roitberg 2006). Bienenweibchen,<br />
die 150 m weit fliegen mussten, um Pollen zu sammeln,<br />
produzierten rund 74 % weniger lebensfähige<br />
Nachkommen <strong>als</strong> Weibchen, deren Nester sich direkt<br />
neben den Pollenquellen befanden.<br />
Fotos: Stephanie Cheesman, ?<br />
Abb. 5 | Geöffnete Nester der Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma<br />
rapunculi) (oben) und der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis<br />
adunca) (unten). Sichtbar sind die Brutzellen, die beidseits durch<br />
Zellwände aus Erde begrenzt und mit einem Gemisch aus Pollen und<br />
Nektar <strong>als</strong> Proviant für die Larven gefüllt sind. Für die Verproviantierung<br />
einer einzigen Brutzelle benötigt die Glockenblumen-Scherenbiene<br />
im Durchschnitt rund 19, die Natterkopf-Mauerbiene rund<br />
46 Pollensammelflüge.<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n<br />
Für die Erhaltung und Förderung arten- und individuenreicher<br />
Wildbienenbestände sollten geeignete Nestund<br />
Nahrungshabitate nicht weiter <strong>als</strong> 100 m bis 300 m<br />
von einander entfernt liegen. Kurze Sammelflugdistanzen<br />
erhöhen den Fortpflanzungserfolg der Wildbienen<br />
wesentlich, indem sie es den pollensammelnden Weibchen<br />
ermöglichen, die Nahrungsressourcen effizient zu<br />
nutzen. Durch gezielte Förderungsmassnahmen auf<br />
Landschaftsebene, wie zum Beispiel der Schaffung von<br />
blütenreichen Flächen und Kleinstrukturen in enger<br />
Nachbarschaft zueinander, hat die Landwirtschaft die<br />
Chance, einen grossen Beitrag zur Erhaltung und Förderung<br />
einer reichen Wildbienenfauna zu leisten. Eine<br />
arten- und individuenreiche Wildbienenfauna ist wiederum<br />
Garant für die sichere Bestäubung von Wildund<br />
Nutzpflanzen. Die grossartige Unterstützung<br />
dieser Forschungsarbeit durch ausnahmslos alle<br />
Betriebsleiter in der Selzacher Witi zeigt das grosse<br />
Interesse der Landwirtschaft an einer reichen Bestäuberfauna<br />
deutlich auf.<br />
Diese Arbeit wurde durch das Competence Centre Environment and Sustainability<br />
(CCES) finanziell unterstützt.<br />
Foto: Stephanie Cheesman<br />
n<br />
364<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 360–365, 2010
Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna | Umwelt<br />
Riassunto<br />
Distanze brevi tra il luogo di nidificazione e le<br />
zone di bottinatura favoriscono le api selvatiche<br />
Le api selvatiche sono impollinatori indispensabili<br />
della flora selvatica e coltivata. Esse ricoprono anche<br />
un ruolo importante sul piano ecologico ed economico.<br />
Circa metà delle 600 specie d’api selvatiche presenti in<br />
Svizzera sono minacciate. Il crescente sfruttamento<br />
delle superfici e l’intensificazione dell’agricoltura<br />
riducono gli ambienti adatti alla nidificazione e alla<br />
bottinatura. Le api devono quindi percorrere distanze<br />
sempre maggiori per raccogliere nettare e polline.<br />
Questo studio mira a determinare la distanza massima<br />
che alcune specie d’api selvatiche riescono a percorrere<br />
per la bottinatura e ad analizzare l’impatto delle crescenti<br />
distanze sulla riproduzione. Delle specie d’api<br />
selvatiche, strettamente infeudate a un genere di<br />
piante, sono state poste in un ambiente privo di<br />
appropriate piante ospite, inducendole a bottinare su<br />
specie in vaso poste a diverse distanze dagli alveari.<br />
Alcuni individui delle specie Hoplitis adunca e Hylaeus<br />
punctulatissimus hanno percorso lunghe distanze,<br />
superando i 1000 metri, tra il nido e la pianta nutritrice.<br />
La maggior parte degli individui ha abbandonato<br />
l’attività di nidificazione già quando la distanza era tra<br />
i 100 – 300 metri. L’aumentare delle distanze di<br />
bottinatura sembra quindi comportare costi elevati.<br />
A partire da una distanza di 150 metri, la capacità riproduttiva<br />
è sostanzialmente ridotta, sia per individui<br />
della specie Hoplitis adunca che per quelli della specie<br />
Chelostoma rapunculi. Distanze brevi tra il sito di<br />
nidificazione e zone di bottinatura potrebbero<br />
contribuire considerevolmente a favorire la diversità<br />
delle specie e la crescita delle popolazioni di api<br />
selvatiche.<br />
Summary<br />
Close neighbourhood of nesting sites and foraging<br />
habitats enhances a diverse fauna of native bees<br />
Native bees are essential pollinators of wild and crop<br />
plants providing high ecological and economical<br />
benefits. However, half of the 600 native bee species<br />
of Switzerland are endangered. Ongoing soil sealing<br />
and intensification of agricultural land use result in<br />
fewer suitable nesting sites and foraging habitats,<br />
which is expected to force female bees to cover<br />
longer distances between nest and flower-rich<br />
patches. In this study, maximum foraging distances<br />
of selected solitary bee species were investigated<br />
and the effect of increasing foraging distances on<br />
their reproduction was analyzed. Bee species, which<br />
restrict pollen foraging to a single plant genus, were<br />
established in an agricultural landscape lacking their<br />
specific host plants. Females were forced to collect<br />
pollen on potted host plants at different distances<br />
from their nests. Only few individu<strong>als</strong> of Hoplitis<br />
adunca and Hylaeus punctulatissimus covered long<br />
distances of more than 1000 m to collect pollen. The<br />
majority of females already discontinued foraging at<br />
a distance of 100 – 300 m, which indicates that long<br />
distances between nesting sites and flower resources<br />
impose high costs on reproduction. In fact, increased<br />
distances by 150 m and more substantially reduced<br />
the number of progeny produced by females of<br />
Hoplitis adunca and Chelostoma rapunculi. Thus, a<br />
close neighbourhood of nesting and foraging<br />
habitats clearly contributes to a diverse native bee<br />
fauna and to an increase of bee population sizes.<br />
Key words: foraging distance, bee conservation,<br />
fitness cost, habitat fragmentation.<br />
Literatur<br />
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Amiet F., 1994. Rote Liste der gefährdeten Bienen der <strong>Schweiz</strong>. In: Rote<br />
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▪▪<br />
Zurbuchen A., Landert L., Klaiber J., Müller A., Hein S. & Dorn S., 2010b.<br />
Maximum foraging ranges in solitary bees: only few individu<strong>als</strong> have the<br />
capability to cover long foraging distances. Biological Conservation 143,<br />
669 – 676.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 360–365, 2010<br />
365
N u t z t i e r e<br />
Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung<br />
von konserviertem Raufutter<br />
Yves Arrigo, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux<br />
Auskünfte: Yves Arrigo, E-Mail: yves.arrigo@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 64<br />
vierungsmethode beeinflusst werden (Dewhurst & King<br />
1998, Nada & Delic 1976). Die Auswirkungen der Fettsäuren<br />
im Raufutter auf den Fettgehalt der Milch<br />
wurden in vielen Studien untersucht (Morel et al. 2006a<br />
& b ). Die vorliegende Studie zeigt, in welchem Maß sich<br />
der Fettgehalt und der Fettsäuregehalt des unterschiedlich<br />
konservierten Raufutters von dem des ursprünglichen<br />
Grünfutters unterscheidet. Sie schliesst das Projekt<br />
ab, in welchem bereits der Einfluss der Konservierung<br />
auf den Aminosäurengehalt (Arrigo 2006) sowie auf die<br />
Verdaulichkeit und den Miner<strong>als</strong>toffgehalt des Futters<br />
(Arrigo 2007) geprüft wurde.<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n<br />
Das Grünfutter wurde in zwei Entwicklungsstadien (früh<br />
und spät) im Abstand von 30 Tagen <strong>als</strong> erster Schnitt in<br />
den Jahren 2000 und 2002 sowie <strong>als</strong> dritter Schnitt im<br />
Jahr 2001 geerntet. Nach dem Mähen wurde das Grünfutter<br />
der gleichen Parzelle unterschiedlich konserviert:<br />
Tiefkühlen (-20°C), schonende Trocknung (Versuchsanlage,<br />
die mit Luft bei 30 °C und einer relativen Feuchtigkeit<br />
von
Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter | Nutztiere<br />
Grünfutters der Parzelle, wobei in den Konserven der<br />
Anteil der Leguminosen und anderen Pflanzen um bis zu<br />
10 % zugunsten der Gräser zurückging. Dies bestätigte<br />
bisherige Beobachtungen, dass die Vorbereitung des<br />
Futters für die Konservierung zu erheblichen Blattverlusten<br />
führen kann. Ihr Einfluss, auf den Nährwert des konservierten<br />
Futters ist fast ebenso gross wie das eigent liche<br />
Konservierungsverfahren (Fermentationen, Saftverlust<br />
usw.). Die Fettgehalte und die Fettsäuregehalte des<br />
untersuchten Grünfutters werden in Tabelle 1 dargestellt.<br />
Einfluss von Schnitt und Entwicklungsstadium der<br />
Pflanzen auf den Fettgehalt<br />
Der Fettgehalt der Pflanzen des dritten Schnittes lag<br />
über jenem des ersten Schnittes (26,1 g vs. 21,2 g/kg TS,<br />
P < 0,05; Tab. 2). Der Fettgehalt des im frühen Stadium<br />
geernteten Raufutters war höher <strong>als</strong> der des im späten<br />
Stadium geernteten Futters (26,1 g vs. 19,6 g/kg TS, P <<br />
0,001, Abb. 1). Diese Ergebnisse bestätigen die Schlussfolgerungen<br />
von Hawke (1963), dass je jünger und reicher<br />
das Grünfutter an Blättern und Lipiden in den Chloroplasten<br />
ist, um so höher ist der Fettgehalt.<br />
Einfluss der Konservierung auf den Fettgehalt<br />
Der Fettgehalt des untersuchten Raufutters variiert im<br />
ersten Schnitt 2000 stark. Für das auf dem Feld getrocknete,<br />
spät geschnittene Gras wurden 11,0 g/kg TS analysiert<br />
und für die spät geschnittene Silage (30% TS)<br />
40,1 g/kg TS (Tab. 3, Abb.2). Die Fettgehalte der Silagen<br />
bei 30 % TS sind höher (P < 0,001) <strong>als</strong> diejenigen des<br />
Grünfutters und der anderen Konserven. Diese lassen<br />
Zusammenfassung<br />
Das Grünfutter von ein- und derselben<br />
Parzelle wurde drei Jahre lang in zwei<br />
verschiedenen Stadien - Abstand von<br />
30 Tagen – geerntet undnach sechs verschiedenen<br />
Verfahren konserviert. Es wurden<br />
42 Proben mittels Petrolether-Extraktion auf<br />
ihren Fettgehalt und mittels Gas-Chromatographie<br />
auf den Anteil an Fettsäuren<br />
untersucht.<br />
Die Fettgehalte variieren stark (11 bis<br />
40 g/kg TS). Das Futter im frühen Wachstumsstadium<br />
weist die höchsten Fettgehalte auf<br />
(26 vs. 20 g/kg TS; P < 0,01) und der Fettgehalt<br />
der Pflanzen im dritten Schnitt lag über<br />
jenem des Futter im ersten Schnitt (26 gegenüber<br />
21 g/kg TS;P < 0,05). Die silierten<br />
Konserven haben den höchsten Fettgehalt;<br />
42 % mehr <strong>als</strong> das Grünfutter. Das auf dem<br />
Feld getrocknete Futter wies den niedrigsten<br />
Wert auf;30 % niedriger <strong>als</strong> das Grünfutter.<br />
Die Linolensäure ist die dominante Fettsäure<br />
mit einem Wert über 55 Prozent. Die Fettsäuregehalte<br />
werden durch das Vegetationsstadium<br />
beeinflusst. Die Trocknungsverfahren<br />
reduzieren den Anteil an Linolensäure. Um<br />
den Fett- und Fettsäuregehalt , welche im<br />
Grünfutter vorliegen, zu bewahren, muss<br />
das Heuen schnell und schonend durchgeführt<br />
werden.<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
g kg TS<br />
g kg TS<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1.Schnitt<br />
früh<br />
2000<br />
Fettgehalt<br />
1.Schnitt<br />
spät<br />
2000<br />
1.Schnitt<br />
früh<br />
2002<br />
Abb. 1 | Fettgehalt des Grünfutters.<br />
1.Schnitt<br />
spät<br />
2002<br />
3.Schnitt<br />
früh<br />
2001<br />
3.Schnitt<br />
spät<br />
2001<br />
sich mit dem Verlust von wasserlöslichen Nährstoffen im<br />
Silosaft oder in den Fermentationsprodukten erklären,<br />
was zu einer Konzentration des Fettgehaltes in der TS<br />
führt. Die übrigen Futterkonserven unterscheiden sich<br />
nur im früh geschnittenen Gras (P < 0,01), bei dem durch<br />
das Trocknen auf dem Feld gegenüber dem Grünfutter<br />
ein niedrigerer Fettgehalt entsteht (19,5 vs. 27,4 g/kg TS).<br />
Die niedrigeren Fettgehalte des Trockenfutters im Vergleich<br />
zu jenen des Grünfutters könnten auf der Oxidation<br />
und Polymerisation der mehrfach ungesättigten<br />
Fettsäuren beim Heuen (Morand-Fehr & Tran 2001) oder<br />
auf dem Verlust von Blättern beruhen. Dewhurst et al.<br />
(2001) zeigten, dass ein Einfluss des Anteils an Blättern<br />
auf den Fettsäuregehalt im Verlauf des Pflanzenwachstums<br />
besteht.<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 366–371, 2010<br />
367
Nutztiere | Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter<br />
Tab. 1 | Fettgehalt und Fettsäuregehalt (%) im Grünfutter<br />
Fettgehalt, g/kg TS 1<br />
frisches<br />
Grünfutter<br />
tiefgefroren<br />
schonened<br />
getrocknet<br />
belüftet<br />
auf dem Feld<br />
getrocknet<br />
bei 30 % TS<br />
siliert<br />
bei 50 % TS<br />
siliert<br />
1. Schnitt früh 2000 24,9 19,6 23,7 21,1 18,0 40,1 30,2<br />
1. Schnitt spät 2000 16,8 14,9 11,4 11,4 11,0 25,6 19,3<br />
1. Schnitt früh 2002 27,4 23,7 24,2 20,9 17,8 35,1 28,1<br />
1. Schnitt spät 2002 18,9 16,4 16,2 14,8 11,9 29,3 21,7<br />
3. Schnitt früh 2001 30,0 30,0 25,2 23,6 22,8 36,2 26,4<br />
3. Schnitt spät 2001 26,0 26,3 21,6 20,2 20,5 35,4 21,2<br />
C16:0 % (∑FS) 2<br />
1. Schnitt früh 2000 14,1 16,1 19,2 20,1 20,4 14,8 14,9<br />
1. Schnitt spät 2000 19,0 20,4 21,7 25,2 29,4 17,4 19,5<br />
1. Schnitt früh 2002 12,8 14,7 17,5 18,2 20,4 15,4 16,6<br />
1. Schnitt spät 2002 16,8 19,2 21,6 23,1 27,7 18,0 20,0<br />
3. Schnitt früh 2001 13,8 15,0 17,4 16,9 18,3 15,0 16,8<br />
3. Schnitt spät 2001 15,6 16,4 18,8 19,3 20,4 15,9 18,9<br />
C18:0 % (∑FS) 3<br />
1. Schnitt früh 2000 1,4 1,8 2,5 2,3 2,4 1,3 1,5<br />
1. Schnitt spät 2000 2,1 2,2 2,4 2,4 3,2 1,6 1,8<br />
1. Schnitt früh 2002 1,4 1,7 1,9 1,9 2,0 1,5 1,6<br />
1. Schnitt spät 2002 1,7 2,4 2,3 2,4 2,8 1,7 2,0<br />
3. Schnitt früh 2001 1,1 1,4 1,6 1,5 1,5 1,2 1,5<br />
3. Schnitt spät 2001 2,0 2,2 2,1 1,9 1,9 1,5 2,2<br />
C18:1 % (∑FS) 4<br />
1. Schnitt früh 2000 2,8 3,0 3,3 3,2 3,2 3,1 2,8<br />
1. Schnitt spät 2000 4,5 5,1 5,3 5,3 7,2 4,9 4,1<br />
1. Schnitt früh 2002 2,4 2,4 2,5 2,7 2,8 2,5 2,9<br />
1. Schnitt spät 2002 3,6 4,0 4,1 4,1 5,1 3,7 3,6<br />
3. Schnitt früh 2001 2,7 2,0 2,1 2,1 2,4 2,3 2,3<br />
3. Schnitt spät 2001 4,3 4,6 4,5 3,8 3,5 3,5 3,8<br />
C18:2 % (∑FS) 5<br />
1. Schnitt früh 2000 16,7 15,7 18,1 18,1 17,7 16,8 17,2<br />
1. Schnitt spät 2000 20,5 18,0 20,5 19,7 20,8 21,1 21,5<br />
1. Schnitt früh 2002 16,0 14,1 18,2 17,8 18,2 16,9 18,7<br />
1. Schnitt spät 2002 19,0 17,1 19,3 20,7 20,3 20,2 20,4<br />
3. Schnitt früh 2001 14,2 12,6 15,8 14,7 15,6 16,0 15,4<br />
3. Schnitt spät 2001 19,9 18,8 22,2 19,8 18,4 18,5 18,8<br />
C18:3 % (∑FS) 6<br />
1. Schnitt früh 2000 64,4 60,5 52,9 53,7 54,8 63,4 61,8<br />
1. Schnitt spät 2000 54,0 52,7 50,2 47,4 39,4 53,5 51,9<br />
1. Schnitt früh 2002 65,4 65,5 58,1 57,3 55,5 61,4 57,9<br />
1. Schnitt spät 2002 57,2 57,4 51,2 48,1 41,8 53,6 51,7<br />
3. Schnitt früh 2001 67,5 67,2 61,0 63,8 61,2 64,9 62,5<br />
3. Schnitt spät 2001 58,2 56,4 51,3 54,1 54,5 52,1 46,2<br />
1<br />
TS Trockensubstanz, 2 C16 :0 Palmitinsäure in Prozent der Fettsäuren, 3 C18 :0 Stearinsäure, 4 C18 :1 Ölsäure, 5 C18 :2 Linolsäure, 6 C18 :3 Linolensäure<br />
368 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 366–371, 2010
Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter | Nutztiere<br />
g/kg TS<br />
45<br />
1. Schnitt 2000, früh<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
g / kg TS<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Grünfutter<br />
Tiefkühlung<br />
Versuchsanlage<br />
Belüftung<br />
Feldtrocknung<br />
Silage 30% TS<br />
Silage 50% TS<br />
Feldtrocknung<br />
Versuchsanlage<br />
Silage 30% TS Silage 50% TS<br />
Abb. 2 | Fettgehalt des Grünfutters und seiner Konserven.<br />
Einfluss der Konservierung auf die Fettsäuregehalte<br />
Nur der Gehalt der Palmitinsäuren mit 2,2 ± 0,6 g/kg TS,<br />
Stearinsäuren mit 0,2 ± 0,1 g/kg TS, Ölsäuren mit 0,4 ±<br />
0,1 g/kg TS, Linolsäuren mit 2,2 ± 0,7 g/kg und Linolensäuren<br />
mit 7,4 ± 3,4 g/kg TS lässt einen Vergleich zu. Der<br />
Anteil der übrigen Fettsäuren ist zu gering (< 0,1g/kg TS)<br />
oder liegt jeweils unter der Nachweisgrenze. Die Summe<br />
der Fettsäuren in der TS macht durchschnittlich 53,4 %<br />
des Fettgehaltes aus. Dieses Verhältnis ist beim spät<br />
geschnittenen Raufutter mit 47,6% geringer <strong>als</strong> bei früh<br />
geschnittenem (58,8%; P < 0,001). Der Fettsäuregehalt<br />
der Futterkonserven ist mit Ausnahme der feuchten<br />
Silage ( 30 % TS) geringer <strong>als</strong> der des Grünfutters (P <<br />
0,001). Auch bei stark vorgetrockneten Silagen (> 70%<br />
TS) wurden geringere Gehalte, insbesondere was die Ölund<br />
Linolensäuren betraf, im Vergleich zum Grünfutter<br />
nachgewiesen (Elgersma et al. 2003). Diese Verringerung<br />
könnte auf der Wirkung von Mikroorganismen oder<br />
Enzymen pflanzlicher Herkunft während des Fermentationsprozesses<br />
beruhen.<br />
geschnitten wurde, bis 3,2 % im auf dem Feld getrockneten<br />
Heu des ersten Schnittes 2000, welches spät<br />
geerntet wurde. Betrachtet man das früh und spät<br />
geschnittene Gras zusammen, unterscheiden sich die<br />
Konserven untereinander im Hinblick auf diese Fettsäuren<br />
nicht.<br />
Ölsäure (C18:1)<br />
Der Anteil von C18:1 an den Fettsäuren ist beim früh<br />
geschnittenem Raufutter geringer <strong>als</strong> beim spät geschnittenen<br />
(2,6 vs. 4,4 %; P < 0,001). Die Art der Konservierung<br />
hat keinen Einfluss auf den C18:1-Anteil.<br />
Tab. 2 | Gesamtfett- und Fettsäuregehalt in g/kg Trockensubstanz<br />
und Fettsäuregehalt in % der FS Gesamt<br />
gemäß Zyklus oder Entwicklungsstadium<br />
Palmitinsäure (C16:0)<br />
Im früh geschnittenen Gras unterscheidet sich der<br />
C16:0-Anteil des Grünfutters (13,6%) von dem der feuchten<br />
Futterkonserven tiefgefroren und siliert mit 30% TS<br />
(15,3 – 15,1%, P < 0,01), der wiederum geringer ist <strong>als</strong> der<br />
des getrockneten Futters (>18,1%; P < 0,01). Im spät<br />
geschnittenen Gras liegt nur das auf dem Feld getrocknete<br />
Heu mit einem C16:0-Wert von 25,9% über dem der<br />
Feuchtkonserven (< 19,5%; P < 0,01).<br />
Stearinsäure (C18:0)<br />
Der Anteil an C18:0 stellt den geringsten Fettsäureanteil<br />
der fünf aufgeführten Säuren dar (1,9%). Er variiert<br />
von 1,1% im Grünfutter, welches im dritten Schnitt früh<br />
1.<br />
Schnitt<br />
3.<br />
Schnitt<br />
S x<br />
p früh spät S x<br />
p<br />
n: 28 14 21 21<br />
FG 1 21,2a 26,1b 1,4 0,03 26,1a 19,6b 1,3
Nutztiere | Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter<br />
Tab. 3 | Gesamtfett- und Fettsäuregehalt in g/kg Trockensubstanz und Fettsäuregehalt in % des Gesamtfettfettsäuregehaltes gemäß<br />
Konserve in den ersten Schnitten, n:2<br />
Grünfutter<br />
Tiefkühlung<br />
Entfeuchtung<br />
Belüftung<br />
Feldtrocknung<br />
Silage 30 %<br />
TS<br />
Silage 50 %<br />
TS<br />
S x<br />
p<br />
TS(g/kg) 1 166 d 175 d 864 a 890 a 873 a 280 c 477 b 2,1
Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter | Nutztiere<br />
Tenore in materia grassa e composi-<br />
Fat and fatty acids in preserved<br />
Riassunto<br />
zione in acidi grassi di foraggio<br />
conservato<br />
Il presente articolo descrive in quale<br />
misura i tenori in materia grassa (MG)<br />
e acido grasso (AG) dei foraggi<br />
Summary<br />
forages<br />
This article shows the difference in fat<br />
and fatty acid levels between preserved<br />
forages and grass. Grass was<br />
harvested from the same plot of land<br />
conservati si differenziano da quelli<br />
at two different stages (30 days apart)<br />
dell'erba d'origine. Per tre anni è stata<br />
over three years and stored using six<br />
raccolta da una stessa particella erba a<br />
different processes. 42 samples were<br />
due stadi di sviluppo diversi (30 giorni)<br />
analysed by extraction using petro-<br />
e in seguito conservata in base a sei<br />
leum ether for fat and by gas chroma-<br />
processi differenti. Sono stati analizzati<br />
tography for fatty acids.<br />
42 campioni mediante estrazione con<br />
There was considerable variation in the<br />
etere di petrolio per la MG e cromato-<br />
fat levels (11 to 40 g/kg dry matter<br />
grafia in fase gassosa per l'AG.<br />
(DM)): fodder cut early showing the<br />
I tenori in MG variano fortemente<br />
highest levels (26 versus 20 g/kg DM<br />
(11-40 g/kg MS): il foraggio precoce<br />
p < 0,01), and regrowth higher levels<br />
presenta i valori più alti (26 vs. 20 g/kg<br />
than the first cycle (26 versus 21 g/kg<br />
MS p
U m w e l t<br />
Aquatische Risikobewertung von<br />
Pflanzenschutzmitteln<br />
Katja Knauer, Stefanie Knauert, Olivier Felix und Eva Reinhard, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern<br />
Auskünfte: Katja Knauer, E-Mail: katja.knauer@blw.admin.ch, Tel. +41 31 323 11 34<br />
Foto: Katja Knauer, Basel<br />
Mesokosmenanlage von Syngenta in Stein (AG).<br />
E i n l e i t u n g<br />
Umweltrisikobewertungen sind in den letzten Jahrzehnten<br />
Teil vieler Programme zum Schutze der Umwelt<br />
geworden. So gehören sie obligatorisch zu jeder Zulassung<br />
von Pflanzenschutzmitteln (PSM), Bioziden und seit<br />
einigen Jahren auch zur Beurteilung von pharmazeutischen<br />
Produkten sowie zur Meldung und Registrierung<br />
von Industriechemikalien.<br />
Pflanzenschutzmittel enthalten biologisch aktive<br />
Stoffe, die neben den gewünschten Schutzwirkungen<br />
gegen Schadorganismen auch Nebenwirkungen auf<br />
Nicht-Zielorganismen haben können. Deshalb muss für<br />
die Zulassung neben der Wirksamkeit mit aufwändigen<br />
Testverfahren auch die Sicherheit für Nicht-Zielorganismen<br />
nachgewiesen werden. Die rechtliche Basis legt die<br />
Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV) fest, die die<br />
Datenanforderungen und Bewertungsgrundsätze<br />
bezüglich Wirksamkeit und Schutz von Mensch und<br />
Umwelt spezifiziert. Die <strong>Schweiz</strong>er PSMV entspricht in<br />
grossen Zügen der Europäischen Pflanzenschutzmittelgesetzgebung<br />
(91/614/EC bzw. inskünftig 1107/2009/EC).<br />
Um unannehmbare Nebenwirkungen von PSM auf die<br />
Umwelt auszuschliessen, kann die Zulassung eines PSM<br />
372 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 372–377, 2010
Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln | Umwelt<br />
mit spezifischen Risikoreduktionsmassnahmen (z. B.<br />
Abstandsauflagen zu Oberflächengewässer, zeitliche<br />
Anwendungsbeschränkungen) verknüpft werden.<br />
Die Umweltrisikobewertung gemäss PSMV bezweckt,<br />
Ökosysteme wie Gewässer, Böden und Luft zu schützen,<br />
um nichtakzeptable Schäden auf die dort lebenden<br />
Organismen zu verhindern. Bei der aquatischen Risikobewertung<br />
ist der Schutz von Wasserlebewesen, die<br />
typischerweise in Bächen und kleinen Flüssen angrenzend<br />
an das Agrarland anzutreffen sind, im Fokus. Der<br />
Schutz von Oberflächengewässern vor schädlichen Auswirkungen<br />
von PSM wird ebenfalls in anderen Rechtserlassen,<br />
wie zum Beispiel in der auf das Umweltschutzgesetz<br />
gestützten Gewässerschutzverordnung (GSchV)<br />
behandelt. Anhang 2, Ziffer 12 GSchV stellt für PSM die<br />
folgende quantitative Anforderung: «0.1 µg/L je Einzelstoff,<br />
vorbehalten bleiben andere Werte auf Grund von<br />
Einzelstoffbeurteilungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens».<br />
M e t h o d e<br />
Ziel einer Umweltrisikobewertung ist es, nicht akzeptable<br />
Schäden und negative Effekte auf Ökosysteme zu<br />
verhindern. Dafür werden Expositionskonzentrationen<br />
abgeschätzt und ökotoxikologische Daten erhoben. In<br />
der Folge werden ökologische Risiken abgeschätzt,<br />
indem die potenzielle Exposition und die möglichen<br />
Effekte ins Verhältnis gesetzt werden (Risiko = Exposition<br />
/ Effekte). Um in der EU ein einheitliches Vorgehen<br />
bei der Risikobewertung zu gewährleisten, wurden die<br />
Datenansprüche und die Vorgehensweise in verschiedenen<br />
Wegleitungen unter anderem im aquatischen<br />
Guidance-Dokument (SANCO/3268/2001 rev.4) festgehalten.<br />
Zusammenfassung<br />
Umweltrisikobewertungen zielen darauf hin,<br />
Ökosysteme wie Gewässer, Böden und Luft<br />
zu schützen, um nichtakzeptable Schäden auf<br />
die dort lebenden Organismen ausschliessen<br />
zu können. Für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln<br />
(PSM) in Gewässern stehen<br />
typische Bäche und kleine Flüssen angrenzend<br />
an das Agrarland im Fokus. Risikobewertungen<br />
basieren auf der Abschätzung<br />
von Expositionskonzentrationen und der<br />
Erhebung von einer Vielzahl ökotoxikologischer<br />
Daten. Bei der Abschätzung der<br />
Toxizität eines PSM werden Wirkungen auf<br />
Individuen, Populationen und Lebensgemeinschaften<br />
erhoben, um kurz- wie auch<br />
langfristige Folgen einer Belastung ermitteln<br />
zu können. Risikobewertungen werden für<br />
Umweltmanagemententscheidungen<br />
zwingend benötigt, da die Zusammenstellung<br />
umweltrelevanter Informationen es<br />
ermöglicht, potenzielle Risiken zu erkennen<br />
und Vermeidungsstrategien zum Schutze der<br />
Umwelt zu entwickeln. Die Handlungsoptionen,<br />
um das Risiko auf einem akzeptablem<br />
Niveau zu halten, sind vielseitig. Durch das<br />
Vorschreiben konkreter Auflagen auf<br />
spezifische PSM wie zum Beispiel das<br />
Einhalten von bestimmten Abständen zu<br />
Oberflächengewässern oder der obligatorische<br />
Einsatz von abdriftmindernder Technik<br />
bei der Anwendung, können PSM weiterhin<br />
sicher in der Landwirtschaft eingesetzt<br />
werden und unannehmbare Effekte auf<br />
Lebensgemeinschaft weitgehend ausgeschlossen<br />
werden.<br />
Expositionsabschätzung<br />
Für die Expositionsabschätzung werden Angaben über<br />
Aufwandmengen, Stoffeigenschaften und das Verhalten<br />
der in PSM enthaltenen aktiven Stoffe in der Umwelt<br />
benötigt. Die Expositionsabschätzung erfolgt meistens<br />
mit Computermodellen, die voraussichtliche Umweltkonzentrationen<br />
(PEC, vgl. Glossar) berechnen. Bei den<br />
Berechnungen werden sogenannte «Worst-case-Annahmen»<br />
in Bezug zum Beispiel auf Abbau der Substanzen,<br />
Klima- und Bodenbedingungen getroffen, um mögliche<br />
Spitzenkonzentrationen von PSM in Gewässern bei der<br />
Risikobewertung einzubeziehen. Zudem werden bei der<br />
Expositionsabschätzung verschiedene Eintragswege wie<br />
Abdrift, Abschwemmung und Drainage in Oberflächengewässer<br />
berücksichtigt. Bei einer Spritzapplikation<br />
kann zum Beispiel PSM-haltiger Sprühnebel in angren-<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 372–377, 2010<br />
373
Umwelt | Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln<br />
Realistisch<br />
Konservativ<br />
1<br />
2<br />
Einfach<br />
(Wenige Daten)<br />
zende Gewässer gelangen (Abdrift). Bei Regen, besonders<br />
bei Starkregen oder Regenfall auf gefrorenem<br />
Boden, oder während der Schneeschmelze können PSM<br />
abgeschwemmt und in Oberflächengewässer eingetragen<br />
werden (Abschwemmung). Auch durch Drainagen -<br />
landwirtschaftlich genutzte Böden sind oft drainiert -<br />
können PSM schnell versickern, abfliessen und von den<br />
behandelten Flächen in angrenzende Oberflächengewässer<br />
gelangen.<br />
Toxizitätsabschätzung<br />
Bei der Abschätzung der Toxizität eines PSM werden Wirkungen<br />
auf Individuen, Populationen und Lebensgemeinschaften<br />
ermittelt. Toxizitätsdaten werden nach einem<br />
stufenförmigen Prozess generiert (Abb. 1).<br />
3<br />
Standardtests<br />
+ Sicherheitsfaktor<br />
4<br />
Zusätzliche Studien<br />
+ Speziessensitivitätsverteilungen<br />
Komplex<br />
(Viele Daten)<br />
Abb. 1 | Stufenweises Vorgehen in der Effektbewertung.<br />
Effekt-Modelle<br />
Semi-Feldstudien<br />
(Micro-Mesokosmen)<br />
Auf der ersten Stufe wird für die Bewertung eines<br />
potenziellen Risikos für Wasserorganismen ein Basisdatensatz<br />
erstellt, dem akute und chronische ökotoxikologische<br />
Labortests mit Algen, Daphnien und Fischen zu Grunde<br />
liegen. Diese Tests werden nach international harmonisierten<br />
Richtlinien durchgeführt (OECD-Testverfahren<br />
nach GLP). In Kurzeittests werden akute Effekte wie zum<br />
Beispiel Mortalität erfasst, während in Langzeittests chronische<br />
Effekte vorwiegend auf die Reproduktion untersucht<br />
werden. Aus den Ergebnissen werden ökotoxikologische<br />
Werte wie der akute EC50 (oder der chronische<br />
NOEC (vgl. Glossar) berechnet.<br />
Um unvermeidliche Ungenauigkeiten bei der Übertragung<br />
von Laborergebnissen von einzelnen wenigen Organismen<br />
auf reale Gewässerverhältnisse Rechnung zu tragen,<br />
wird das Testergebnis für die empfindlichste Art mit<br />
einem Sicherheitsfaktor (AF) versehen. Die Berücksichtigung<br />
resultiert in einem sogenannten PNEC (PNEC = EC50/<br />
AF und PNEC = NOEC/AF) (Tab. 1), einer Konzentration, bei<br />
der keine negativen Effekte auf das aquatische Ökosystem<br />
zu erwarten sind (Abb. 2). Die PNEC werden dabei so<br />
berechnet, dass selbst bei einer langfristigen Pestizidexposition<br />
keine Beeinträchtigung der aquatischen Organismen<br />
zu erwarten ist.<br />
Gefahrenbewertung von PSM in Oberflächengewässern<br />
Repräsentative sensitive<br />
Spezies von drei<br />
Akuter T<br />
trophischen Ebenen<br />
des Ökosystems<br />
Akuter Test (EC50)<br />
Sicherheitsfaktor<br />
PNEC<br />
Chronischer Test (NOEC)<br />
Abb. 2 | Gefahrenbewertung für Ökosysteme im Rahmen der<br />
PSM-Zulassung.<br />
Tab. 1 | Ökotoxikologische Kenngrössen in der Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln<br />
Kenngrössen Organismen Tests Methoden<br />
PNEC = EC50 / AF Auswertung von Speziesdaten Akute Laborstudien Dosis-Wirkungskurven<br />
PNEC = NOEC / AF Auswertung von Speziesdaten Chronische Laborstudien Dosis-Wirkungskurven<br />
HC5 * AF Spezies-Sensitivitätsverteilungen Akute und chronische Studien Probabilistische Auswertung<br />
NOEAEC * AF<br />
Auswertung der Populations- und<br />
Gemeinschaftsdaten<br />
Mikro- und Mesokosmendaten,<br />
komplexe Umweltsysteme<br />
Principle-Response-Kurven, Gemeinschaftindices,<br />
Dosis- Wirkungskurven<br />
EAC oder RAC Alle verfügbaren Daten Alle Tests Alle Methoden<br />
374 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 372–377, 2010
Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln | Umwelt<br />
Ergibt sich aus dem Vergleich der Toxizitätsdaten der<br />
1. Stufe (PNEC) mit der Expositionskonzentration (PEC)<br />
ein potenzielles Risiko für aquatische Organismen, so<br />
geht man auf die nächst höhere Stufe in der Risikobewertung<br />
(Abb. 1, Daniel 2007). Nun müssen zusätzliche<br />
Studien herangezogen werden, um die Unsicherheit der<br />
Übertragung von Laborergebnissen auf die reale Situation<br />
zu überprüfen. Es können dafür weitere Tests mit<br />
anderen Organismen der sensitivsten Gruppe, Versuche<br />
mit realistischeren Expositionen und Multispeziestests<br />
durchgeführt werden.<br />
Für die Auswertung von Ergebnissen (EC50 und<br />
NOEC) mehrerer Organismen der sensitiven Gruppe können<br />
probabilistische Methoden angewendet werden,<br />
mit denen die Gefährdung der aquatischen Organismen<br />
abgeschätzt wird. Der ökotoxikologisch relevante Wert<br />
aus den Spezies-Sensitivitätsverteilungen ist die Gefahrenkonzentration<br />
(HC5, vgl. Glossar) (Tab.1).<br />
Bei Versuchen, die realistische Expositionsszenarien<br />
berücksichtigen, wird häufig der Einfluss des Sediments<br />
auf die Wirkung einer Substanz beurteilt oder der Abbau<br />
der Substanz in der Wasserphase simuliert, wie sie unter<br />
natürlichen Bedingungen zu erwarten wäre.<br />
Für die Multispeziestests wurden eine Reihe von<br />
Modell-Ökosystemen entwickelt, wie zum Beispiel<br />
Micro- und Mesokosmen, die es ermöglichen, Effekte<br />
von PSM auf komplexe aquatische Lebensgemeinschaften<br />
zu untersuchen. Neben den direkten Effekten wird<br />
in diesen Systemen auch die Regenerationsfähigkeit, das<br />
heisst auch das Erholungspotenzial von Populationen<br />
und Lebensgemeinschaften untersucht und in der Risikobewertung<br />
berücksichtigt. Temporäre Effekte, von<br />
denen sich Populationen in einem kurzen Zeitraum<br />
erholen können, werden <strong>als</strong> akzeptabel eingestuft. Für<br />
diese Multispeziestests werden sogenannte NOEAEC<br />
(vgl. Glossar) festgelegt.<br />
Auch auf die Ergebnisse dieser «Higher-tier»-Studien<br />
(auf höherer Stufe) können zur Abschätzung des tatsächlichen<br />
Risikos zusätzliche Sicherheitsfaktoren eingerechnet<br />
werden. Die Höhe der Faktoren ist abhängig<br />
von der Qualität und Quantität der vorhandenen ökotoxikologischen<br />
Studien. Für die Entscheidung, welche<br />
Vorgehensweise im Rahmen der Risikobewertung sinnvoll<br />
ist, sind das Wissen und die Erfahrungen von Experten<br />
unabdingbar. Guidance-Dokumente, die die Methoden<br />
der Durchführungen komplexer Tests und die<br />
Auswertung empfehlen, können herangezogen werden<br />
(HARAP 1999, CLASSIC 2001).<br />
Eine Gesamtbewertung aller ökotoxikologischen<br />
Daten ermöglicht in einem abschliessenden Schritt in der<br />
Risikobewertung, eine akzeptable Umweltkonzentration<br />
(EAC) für ein PSM festzulegen. Der EAC ist zu ver-<br />
Abb. 3 | Der Seebach im Agrarland des Kantons Bern.<br />
Glossar<br />
••<br />
PSM: Pflanzenschutzmittel<br />
••<br />
PSMV: Pflanzenschutzmittelverordnung<br />
••<br />
GSchV: Gewässerschutzverordnung<br />
••<br />
PEC: predicted environmental concentration<br />
••<br />
GLP: good laboratory practice; gute Laborpraxis<br />
••<br />
EC50: effect concentration; Konzentration, bei der<br />
50 Prozent des Effekts auftritt<br />
••<br />
NOEC: no observed effect concentration; Konzentration,<br />
bei der kein Effekt auftritt<br />
••<br />
NOEAEC: no observed ecologically adverse effect<br />
concentrations; Konzentrationen, bei denen keine<br />
für die Umwelt nachteiligen Effekte auftreten<br />
••<br />
AF: assessement factor, Sicherheitsfaktor<br />
••<br />
PNEC: EC50/AF sowie NOEC/AF<br />
••<br />
HC5: hazard concentration; Gefahrenkonzentration<br />
bei der fünf Prozent der getesteten Organismen einen<br />
50-prozentigen oder gerade noch keinen Effekt<br />
zeigen<br />
••<br />
EAC oder RAC: ecologically acceptable concentration,<br />
annehmbare Umweltkonzentration oder regulatory<br />
acceptable concentration, regulatorisch akzeptable<br />
Konzentration<br />
Foto: Katja Knauer, Basel<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 372–377, 2010<br />
375
Umwelt | Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln<br />
Tab. 2 | Ökotoxikologische Kenngrössen (PNEC) für Pestizide in<br />
Oberflächengewässern berechnet nach den Vorgaben der Pflanzenschutzmittelverordnung<br />
Wirkstoff<br />
gleichen mit dem PNEC, der auf der ersten Stufe der Risikobewertung<br />
festgelegt wird, und wird heute auch oft<br />
<strong>als</strong> regulatorisch akzeptable Konzentration (RAC)<br />
bezeichnet. Je mehr Studien vorhanden sind, umso besser<br />
und sicherer lässt sich eine Risikobewertung durchführen.<br />
Liegen neue Erkenntnisse vor, müssen die Werte<br />
neu berechnet werden, damit die geltenden Bewilligungsvoraussetzungen<br />
erfüllt sind (Art. 21, PSMV). Die<br />
Erhebung dieser für die Risikobewertung relevanten<br />
Daten ist für jeden Wirkstoff und jedes Produkt obligatorisch.<br />
D i s k u s s i o n u n d<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n<br />
Kenngrössen (μg/L)<br />
Beflubutamid 0,55<br />
Benalaxyl- M 3<br />
Bifenazat 1,7<br />
Clothianidin 10<br />
Cyflufenamid 2,4<br />
Etofenprox 0,0054<br />
Flonicamid 310<br />
Fluoxastrobin 0,63<br />
Kaliumbicarbonat 7314<br />
Kaliumiodid 57<br />
Kaliumthiocyanat 27<br />
Laminarin >1000<br />
Mandipropamid 28<br />
Mepiquat-chlorid 260<br />
Metrafenone 8,2<br />
Oxardiagyl 0,09<br />
Pelargonsäure 1190<br />
Pethoxamid 0,5<br />
Picloram 55<br />
Pinoxaden 44<br />
Tembotrion 0,85<br />
Triazoxid 0,78<br />
Tritosulfuron 4,8<br />
6-Benzyladenin 205<br />
Wofür wird eine Risikobewertung verwendet?<br />
Aquatische Risikobewertungen werden für Umweltmanagemententscheidungen<br />
zwingend benötigt. Sie stellen<br />
umweltrelevante Informationen zusammen, um die<br />
grössten Risiken zu erkennen und um Wissenslücken zu<br />
identifizieren. Basierend auf diesen Informationen können<br />
Auflagen auf PSM-Produkte gesetzt werden, zum<br />
Beispiel Abstände zu Oberflächengewässern oder der<br />
obligatorische Einsatz von abdriftmindernder Technik<br />
bei der Anwendung eines spezifischen Produktes, um<br />
unannehmbare Effekte für die aquatische Lebensgemeinschaft<br />
weitgehend auszuschliessen.<br />
Was sind die Schutzziele der PSMV?<br />
Die PSMV stellt sicher, dass PSM gemäss international<br />
vereinbarten Kriterien hinreichend geeignet sind, aber<br />
auch bei vorschriftsmässigem Umgang keine unannehmbaren<br />
Nebenwirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt<br />
haben (Art. 1 PSMV).<br />
Um dieses Schutzziel für die Umwelt zu gewährleisten,<br />
muss jede Umweltrisikobewertung spezifische<br />
Bewertungskriterien festlegen. Sie muss einerseits geeignete<br />
Endpunkte definieren, deren Verwendung es<br />
ermöglicht, Umweltwerte wie zum Beispiel die aquatische<br />
Lebensgemeinschaft zu schützen. Andererseits<br />
muss das Schutzniveau definiert werden. Hierbei ist festzulegen,<br />
welche Effekte akzeptiert werden und mit welcher<br />
Unsicherheit die Vorhersage der Effekte belegt sein<br />
darf.<br />
Wie geeignet sind die Vorhersagen einer Risikobewertung?<br />
Entsprechend der PSMV dürfen ökotoxikologische Kenngrössen<br />
wie PNEC, EAC oder RAC (Tab. 2) nicht überschritten<br />
werden. Die Modellierung der Exposition<br />
berücksichtigt verschiedene Eintragswege wie Abdrift,<br />
Abschwemmung und Drainage für Oberflächengewässer.<br />
So wird garantiert, dass keine unannehmbaren<br />
Effekte für die aquatischen Lebensgemeinschaften zu<br />
erwarten sind. Erst dann ist die Zulassung eines PSM<br />
möglich. Mit Hilfe gezielter Messkampagnen zur Bestimmung<br />
von PSM-Konzentrationen in Oberflächengewässern<br />
wird die Richtigkeit der Risikobewertung und des<br />
darauf basierenden Zulassungsentscheids überprüft und<br />
gegebenenfalls eine Anpassung der Produktzulassung<br />
initiiert. Dieser Vergleich ist für jedes PSM durchführbar<br />
und macht eine Einschätzung des potenziellen Risikos<br />
für die aquatischen Lebensgemeinschaften möglich<br />
(Chèvre 2003). Massnahmen zur Reduktion der PSM-Einträge<br />
in Oberflächengewässer sind gegebenenfalls zu<br />
treffen. Dabei sind in einem ersten Schritt mögliche<br />
Emissionsquellen zu reduzieren, die Einhaltung von<br />
Anwendungsbeschränkungen zu kontrollieren und das<br />
Auflagenmanagement zu überprüfen. <br />
n<br />
376<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 372–377, 2010
Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln | Umwelt<br />
Valutazione dei rischi rappresentati dai<br />
Pesticides risk assessment for aquatic<br />
Riassunto<br />
prodotti fitosanitari per l’ecosistema<br />
acquatico<br />
Le valutazioni dei rischi ambientali sono<br />
finalizzate a proteggere ecosistemi come<br />
le acque, il suolo e l'aria, onde poter<br />
Summary<br />
ecosystem<br />
The analyse of environmental risks aims<br />
to protect water, soils and the air so that<br />
the organisms living in these ecosystems<br />
do not suffer an unacceptable level of<br />
escludere danni inaccettabili agli organi-<br />
damage. To analyse the effects of plant<br />
smi che li abitano. Nella valutazione del<br />
protection products in rivers and streams,<br />
rischio rappresentato dai prodotti fito-<br />
the focus is typically on small waters<br />
sanitari per i corsi d'acqua si analizzano<br />
adjacent to farmland. Risk assessment is<br />
soprattutto ruscelli tipici e piccoli fiumi<br />
based on an estimation of the exposure<br />
confinanti con le superficie agricole,<br />
and on various ecotoxicological data. In<br />
stimando le concentrazioni d'esposizione<br />
order to estimate the toxicity of a plant<br />
e rilevando un gran numero di dati<br />
protection product, its effects on individu-<br />
ecotossicologici. La stima della tossicità<br />
<strong>als</strong>, populations and communities are<br />
di un prodotto fitosanitario verte sulla<br />
investigated so that both short and<br />
rilevazione degli effetti dello stesso su<br />
long-term consequences of an exposure<br />
individui, popolazioni e cenosi allo scopo<br />
can be determined. Risk analyses are<br />
di determinare le conseguenze a breve e<br />
essential for decisions concerning environ-<br />
lungo termine. Le valutazioni dei rischi<br />
mental management, since a compilation<br />
sono imprescindibili per le decisioni in<br />
of environmental relevant informations<br />
materia di gestione ambientale, poiché la<br />
can lead to the identification of potential<br />
raccolta di informazioni rilevanti per<br />
risks and to the development of strategies<br />
l'ambiente permette di individuare rischi<br />
to avoid damage to the environment.<br />
potenziali e di sviluppare strategie<br />
There are many ways of keeping risks to<br />
preventive adeguate per la sua tutela.<br />
an acceptable minimum. By introducing<br />
Vi sono varie opzioni operative per<br />
compulsory practical conditions for<br />
mantenere il rischio a un livello accetta-<br />
specific plant protection products, like the<br />
bile. Mediante l'imposizione di condizioni<br />
utilisation at an obligatory distance from<br />
concrete nei confronti di prodotti fitosani-<br />
surface waters, or the compulsory use of<br />
tari specifici, come ad esempio quella di<br />
technology to prevent spread, it will still<br />
rispettare una determinata distanza dalle<br />
be possible to use such substances in<br />
acque superficiali o l'obbligo di ricorrere a<br />
agriculture while unwanted effects on<br />
una tecnica di applicazione che riduce la<br />
aquatic organisms are largely avoided.<br />
deriva, sarà possibile continuare a impiegare<br />
tali prodotti in agricoltura in maniera<br />
Key words: plant protection products,<br />
sicura, escludendo in larga misura effetti<br />
risk assessment, surface water,<br />
inaccettabili sulla cenosi acquatica.<br />
protection go<strong>als</strong>.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
Campbell P.J., Arnold D.J.S., Brock T.C.M., Grandy N.J., Heger W.,<br />
Heimbach F., Maund S.J. & Streloke M. 1998. Guidance document on<br />
Higher tier risk assessment for pesticides (HARAP). Proceedings from the<br />
HARAP workshop. SETAC pub. ISBN 90 – 5607 – 011 – 8.<br />
▪▪<br />
Chèvre N. 2003, 2006. Pestizide in <strong>Schweiz</strong>er Oberflächengewässern,<br />
gwa 4: 297 – 307.<br />
▪▪<br />
Daniel, O. Gandolfi, M., Aldrich, A., Baumann H. & Büchi, R. 2007. Ökotoxikologische<br />
Risikobewertungen von Pflanzenschutzmitteln.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> 14 (6), 266 – 271.<br />
▪▪<br />
Europäische Pflanzenschutzmittelverordnung (1107/2009/EC)<br />
▪▪<br />
Gewässerschutzverordnung vom 28.Oktober 1998 (GSchV) (SR 814.201)<br />
▪▪<br />
Giddings J.M., Brock T.C.M., Heger, W., Heimbach F., Maund S.J., Norman<br />
S.M., Ratte H.T., Schafers C. & Steloke M (2001) Community – Level<br />
aquatic system studies – interpretation criteria. Proceedings from the<br />
CLASSIC workshop. SETAC pub. ISBN 1 – 880611 – 49-x.<br />
▪▪<br />
SANCO/3268/2001 rev.4 (final) 17 October 2002. Working document,<br />
Guidance document on aquatic ecotoxicology in the context of the directive<br />
91/414/EEC.<br />
▪▪<br />
Verordnung vom 18. Mai 2005 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln<br />
(Pflanzenschutzmittelverordnung, PSMV) (SR 916.161).<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 372–377, 2010<br />
377
P f l a n z e n b a u<br />
Verbesserung der Stickstoffeffizienz von<br />
Gülle durch Aufbereitung<br />
Christine Bosshard 1 , René Flisch 1 , Jochen Mayer 1 , Sonja Basler 2 , Jean-Louis Hersener 3 , Urs Meier 4 und Walter Richner 1<br />
1<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich<br />
2<br />
LZ Liebegg, 5722 Gränichen<br />
3<br />
Ingenieurbüro Hersener, 8542 Wiesendangen<br />
4<br />
Meritec GmbH, 8357 Guntershausen<br />
Auskünfte: Christine Bosshard, E-Mail: christine.bosshard@art.admin.ch, Tel. +41 44 377 71 11<br />
Gefässversuche mit Mais und Sommerweizen zur Ermittlung der<br />
Stickstoffausnutzungseffizienz von aufbereiteter Gülle.<br />
Foto: Jochen Mayer, ART<br />
Hofdünger (Gülle und Mist) spielen in der landwirtschaftlichen<br />
Praxis im Bereich der Pflanzenernährung<br />
eine zentrale Rolle. Die in Hofdüngern enthaltenen<br />
Nährstoffe sind wichtige Produktionsfaktoren im Pflanzenbau.<br />
Vor allem Stickstoff (N) ist für die Ertragsbildung<br />
von grosser Bedeutung. Ein Teil des Dünger-N<br />
dient der Erzeugung von pflanzlichen und tierischen<br />
Produkten, der Rest wird in der organischen Bodensubstanz<br />
gebunden (Immobilisierung) und/oder geht gasförmig<br />
oder durch Auswaschung unproduktiv verloren.<br />
Die Tierhaltung zur Milch- und Fleischproduktion führt<br />
zu erheblichen Mengen an Hofdüngern. Regionale<br />
N-Überschüsse aufgrund zu hoher Nutztierdichte erhöhen<br />
das Risiko von N-Emissionen. Stickstoffverluste<br />
belasten nicht nur die Umwelt (Versauerung und Überdüngung<br />
natürlicher Ökosysteme, Belastung von Oberflächengewässern<br />
und Grundwasser, Verstärkung des<br />
Treibhauseffektes), sondern verringern auch die Systemeffizienz.<br />
Während durchschnittlich nur zirka 50 %<br />
des mit Mineraldünger ausgebrachten N von den Pflanzen<br />
aufgenommen wird, ist die Ausnutzung von Hofdünger-N<br />
in der Regel tiefer und auch viel variabler<br />
(Dobermann 2005; Gutser et al. 2005). Die N-Ausnutzungseffizienz<br />
(NAE) von Hofdüngern muss deshalb<br />
gesteigert und der Verlust umweltrelevanter N-Verbindungen<br />
reduziert werden. Neue Technologien zur Aufbereitung<br />
von Hofdüngern, wie zum Beispiel anaerobe<br />
Vergärung (aV) von Gülle zur Biogasgewinnung in<br />
Kombination mit Membrantrenntechniken (Ultrafiltration,<br />
UF; Umkehrosmose, RO), versprechen die NAE von<br />
Gülle zu verbessern. Weitere Vorteile der technischen<br />
Aufbereitung von Gülle sind: Reduktion des Transportvolumens<br />
der Gülle sowie Produktion erneuerbarer<br />
Energie (Biogas).<br />
E i n l e i t u n g<br />
Anfangsprodukt Verfahren Zwischenprodukt Endprodukt<br />
Unbehandelte Gülle<br />
Anaerobe<br />
Vergärung<br />
Mechanische<br />
Separierung<br />
Ultrafiltration<br />
Umkehrosmose<br />
Vergorene Gülle<br />
Vergorene<br />
Dünngülle<br />
UF-Permeat<br />
Feststoffe<br />
UF-Retentat<br />
RO-Retentat<br />
RO-Permeat<br />
Abb. 1 | Verfahrensschritte der Gülleaufbereitung zur Erzeugung<br />
der verschiedenen Düngerprodukte. Nur die fett geschriebenen<br />
Düngerprodukte wurden in den Gefäss- und Feldversuche untersucht.<br />
378 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 378–383, 2010
Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung | Pflanzenbau<br />
In dieser Studie wurden verschiedene Düngerpro-<br />
Stickstoffemissionen aus Agrarökosystemen<br />
dukte aus der Aufbereitung von Gülle (aV, UF, RO) in<br />
Gefäss- und Feldversuchen getestet, mit dem Ziel, den<br />
Beitrag der technischen Gülleaufbereitung zur Verbesserung<br />
der NAE und der Reduktion von N-Verlusten zu<br />
ermitteln. Zudem wurde untersucht, wie die Eigenschaften<br />
von Schweinegülle durch die Gülleaufbereitung<br />
beeinflusst werden.<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n<br />
Zusammenfassung<br />
in die Umwelt haben in den letzten Jahrzehnten<br />
aufgrund der Intensivierung der landwirtschaftlichen<br />
Produktion zugenommen.<br />
Die Landwirtschaft ist Hauptemittentin von<br />
Stickstoffverbindungen wie Ammoniak,<br />
Nitrat und Lachgas, die sich negativ auf die<br />
Umwelt auswirken können. Die effizientere<br />
Nutzung von Düngerstickstoff sowie die<br />
Reduktion umweltschädigender Stickstoffemissionen<br />
sind deshalb den meisten Indust-<br />
Gülleaufbereitung: Anaerobe Vergärung kombiniert<br />
rienationen ein dringendes Anliegen. Neue<br />
mit Membrantrennverfahren<br />
Technologien der Hofdüngeraufbereitung,<br />
Die verschiedenen Aufbereitungsschritte, aus denen die<br />
wie zum Beispiel anaerobe Vergärung von<br />
Düngerprodukte, die in der Studie untersucht wurden,<br />
Gülle kombiniert mit anschliessender<br />
hervorgingen, sind in Abbildung 1 ersichtlich. Die<br />
Ultrafiltration und Umkehrosmose, können<br />
Schweinegülle wurde in einem ersten Schritt anaerob<br />
für die Landwirtschaft deshalb attraktiv sein,<br />
vergoren und anschliessend mechanisch separiert, um<br />
da sie das Potenzial besitzen, den Nährstoff-<br />
die Feststoffe von der Flüssigphase (Dünngülle) zu tren-<br />
einsatz zu optimieren, das Transportvolumen<br />
nen. In einem zweiten Schritt fand die Weiteraufberei-<br />
von Gülle zu senken und erneuerbare<br />
tung der vergorenen Dünngülle mittels Membrantrenn-<br />
Energie zu erzeugen.<br />
verfahren (UF und RO) statt. Bei der UF wird eine<br />
In dieser Studie wurden vergorene Gülle und<br />
Flüssigkeit – in unserem Fall die Dünngülle – mit Druck<br />
Düngerprodukte aus der nachfolgenden<br />
durch eine semipermeable Membran gezwungen. Hoch-<br />
Membrantrennung (Ultrafiltration und<br />
molekulare Substanzen (z. B. Bakterien, Proteine, Mak-<br />
Umkehrosmose) auf ihre Eigenschaften<br />
romoleküle) werden an der Membran zurückgehalten<br />
untersucht sowie deren scheinbare Stickstoff-<br />
(Abb. 2). Dabei entsteht ein konzentrierter Teilstrom,<br />
ausnutzungseffizienz mittels der Differenz-<br />
das UF-Retentat. Niedermolekulare Substanzen (z. B.<br />
methode in Gefäss- und Feldversuchen<br />
Ionen) können die Membran passieren und resultieren<br />
ermittelt. Durch die Aufbereitung der Gülle<br />
in einem weniger konzentrierten Teilstrom, dem UF-Per-<br />
<br />
stieg der Ammoniumstickstoffgehalt in den<br />
aufbereiteten Düngerprodukten an, womit<br />
die Pflanzenverfügbarkeit des Güllestickstoffs<br />
verbessert wurde. Da während der<br />
Aufbereitung aber gleichzeitig auch der<br />
pH-Wert anstieg, erhöht sich das Risiko<br />
gasförmiger Stickstoffverluste während der<br />
Separation<br />
> 100 μm<br />
Ultrafiltration<br />
0,1 – 0,01 μm<br />
Umkehrosmose<br />
< 0,001 μm<br />
Lagerung und Ausbringung. Neue Aufbereitungstechnologien<br />
können, sind sie mit<br />
emissionsarmen Ausbringtechniken gekoppelt,<br />
die Stickstoffausnutzung von Gülle<br />
verbessern und die Stickstoffemissionen in<br />
die Umwelt senken.<br />
Feststoffe UF-Retentat RO-Retentat RO-Permeat<br />
Fasern<br />
& Partikel<br />
Kolloide<br />
Bakterien<br />
Viren<br />
Proteine<br />
Makromoleküle<br />
Ionen<br />
Niedermolekulare<br />
Verbindungen<br />
Wasser-<br />
Moleküle<br />
© MERITEC GmbH<br />
Abb. 2 | Stoffabtrennung mittels Separierung und Membrantrennung<br />
(Ultrafiltration, UF und Umkehrosmose, RO) bei der Aufbereitung<br />
von Gülle.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 378–383, 2010<br />
379
Pflanzenbau | Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung<br />
Abb. 3 | Umkehrosmose-Anlage.<br />
Foto: Jean-Louis Hersener,<br />
Wiesendangen<br />
Die Düngung betrug in den Gefässversuchen beim Sommerweizen<br />
total 1 g, beim Mais 1,3 g mineralischer N pro<br />
Gefäss (0,038 m²) und in den Feldversuchen mit Winterweizen<br />
135 kg N ha –1 .<br />
Berechnungen<br />
Die scheinbare N-Ausnutzungseffizienz der verschiedenen<br />
Düngerprodukte wurde mittels der Differenzmethode<br />
(Muñoz et al. 2004) berechnet:<br />
NAE (%) = [(N-Aufnahme gedüngt<br />
–<br />
N-Aufnahme un gedüngt<br />
)/total N gedüngt<br />
] x 100<br />
meat. In einem letzten Schritt wurde das UF-Permeat<br />
mittels RO (Abb. 3) weiter aufbereitet. Durch Anlegen<br />
eines Drucks, der den osmotischen Druck übersteigt,<br />
wird die Flüssigkeit von einer Region höherer zu einer<br />
Region tieferer Konzentration (Gegenteil von Osmose)<br />
wieder durch eine semipermeable Membran gezwungen<br />
(Abb. 2). Die niedermolekularen Substanzen, die bei<br />
der UF die Membran noch passierten, werden nun <strong>als</strong><br />
RO-Retentat zurückgehalten und aufkonzentriert. Wassermoleküle<br />
hingegen können die Membran passieren<br />
und gelangen in das RO-Permeat. Ausser den Feststoffen<br />
und dem RO-Permeat wurden alle aus der Gülleaufbereitung<br />
resultierenden Zwischen- und Endprodukte<br />
(Abb. 1) charakterisiert und deren NAE in Gefäss- und<br />
Feldversuchen ermittelt.<br />
Gefäss- und Feldversuche<br />
Die Gefässversuche wurden mit Sommerweizen (Triticum<br />
aestivum L. var. Fiorina) und Mais (Zea mays var.<br />
Delitop) in der Vegetationshalle von ART, die Feldversuche<br />
an zwei Standorten (Zürich-Affoltern und Oensingen)<br />
mit Winterweizen (Triticum aestivum L. var. Zinal)<br />
durchgeführt. Bei der Versuchsanordnung handelte es<br />
sich um ein vollständig randomisiertes Blockdesign mit<br />
jeweils vier Wiederholungen für jedes Düngerprodukt.<br />
Folgende Düngerverfahren wurden untersucht:<br />
••<br />
Unbehandelte Schweinegülle (Anfangsprodukt)<br />
••<br />
Vergorene Schweinegülle<br />
••<br />
Vergorene Dünngülle<br />
••<br />
UF-Retentat<br />
••<br />
UF-Permeat<br />
••<br />
RO-Retentat<br />
••<br />
Ammoniumsulfat aus Ammoniakstrippung<br />
(nur in Gefässversuchen)<br />
••<br />
Mineraldünger (Ammoniumnitrat)<br />
••<br />
Ungedüngtes Kontrollverfahren<br />
wobei N-Aufnahme gedüngt<br />
(g pro Gefäss oder kg ha –1 ) der<br />
Aufnahme von N in die oberirdische Pflanzenmasse der<br />
mit N gedüngten Kultur und N-Aufnahme ungedüngt<br />
(g pro<br />
Gefäss oder kg ha –1 ) der Aufnahme von N in die oberirdische<br />
Pflanzenmasse der ungedüngten Kultur entspricht.<br />
Total N gedüngt<br />
(g pro Gefäss oder kg ha –1 ) ist die total ausgebrachte<br />
N-Menge. Die N-Aufnahme in die Pflanze im<br />
ungedüngten Verfahren entspricht dem totalen N-Entzug<br />
aus dem Boden. Die Differenz in der N-Aufnahme<br />
zwischen dem gedüngten und dem ungedüngten Verfahren<br />
entspricht deshalb dem N-Entzug aus dem jeweiligen<br />
Dünger.<br />
Statistische Analyse<br />
Die Varianzanalyse wurde mit dem statistischen Analyseprogramm<br />
SYSTAT 11 (Systat Software Inc., USA) durchgeführt.<br />
Der Effekt der untersuchten Düngerprodukte<br />
auf die NAE wurde mittels «General Linear Model»<br />
(GLM) entsprechend dem komplett randomisierten<br />
Blockdesign überprüft. Bei signifikantem Effekt wurde<br />
Tab. 1 | Ausgewählte Eigenschaften (Trockensubstanz [TS], pH-<br />
Wert, Gesamt-N [N tot<br />
], Ammonium-N [NH 4<br />
-N]) der verschiedenen<br />
Düngerprodukte aus der Gülleaufbereitung<br />
Düngerprodukt<br />
Unbehandelte<br />
Schweinegülle<br />
Vergorene<br />
Schweinegülle<br />
Vergorene<br />
Dünngülle<br />
TS<br />
pH<br />
(H 2<br />
O)<br />
N tot<br />
NH 4<br />
-<br />
N<br />
Anteil NH 4<br />
-N<br />
am Gesamt-N<br />
(%) (g/kg FS) (%)<br />
2,8 8,26 4,6 3,1 67,4<br />
1,9 8,30 3,9 3,4 87,2<br />
1,9 8,52 4,0 3,4 85,0<br />
UF-Retentat 4,6 8,53 6,0 3,8 63,3<br />
UF-Permeat 1,1 8,68 3,4 3,3 97,1<br />
RO-Retentat 3,7 8,81 7,8 7,6 97,4<br />
380 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 378–383, 2010
Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung | Pflanzenbau<br />
der Tukey-HSD-Test mit einem Signifikanzniveau von<br />
P ≤ 0,05 verwendet. Prozentzahlen wurden für die Varianzanalyse<br />
arcsin-transformiert.<br />
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n<br />
Einfluss der Aufbereitung auf die Gülleeigenschaften<br />
Trockensubstanz-Gehalt:<br />
Durch die anaerobe Vergärung wurde der Trockensubstanzgehalt<br />
(TS) der Gülle reduziert (Tab. 2). Die Reduktion<br />
des TS-Gehaltes vermindert die Viskosität der Gülle<br />
und verbessert somit deren Fliessfähigkeit (Chatigny et<br />
al. 2004). Dadurch kann die Gülle schneller von den<br />
Pflanzen abfliessen und schneller in den Boden einsickern,<br />
was gasförmige N-Verluste reduzieren kann. Ultrafiltration<br />
und RO erhöht den TS-Gehalt in den Retentaten<br />
(Tab. 1).<br />
UF-Retentat der Anteil von NH 4<br />
-N am totalen N mit dem<br />
von unbehandelter Gülle vergleichbar war (Tab. 1). Dies<br />
kann damit erklärt werden, dass während der UF organische<br />
N-Verbindungen (z. B. Proteine) die semipermeable<br />
Membran nicht passieren können und so im UF-Retentat<br />
angereichert werden, während Ionen (z. B. NH 4+<br />
) die<br />
Membran passieren und ins UF-Permeat gehen. Die<br />
Umwandlung von organisch gebundenem N in NH 4<br />
-N<br />
während der Aufbereitung erhöhte den Gehalt an direkt<br />
pflanzenverfügbarem N gegenüber der unbehandelten<br />
Gülle. Die N-Freisetzung aus Düngerprodukten aus der<br />
Gülleaufbereitung wird dadurch vorhersagbarer und<br />
lässt damit einen präziseren Einsatz des Gülle-N zu. Da<br />
jedoch gleichzeitig mit der Zunahme des NH 4<br />
-N-Gehalts<br />
auch der pH-Wert der Gülle ansteigt, erhöht sich das<br />
Risiko von potenziellen NH 3<br />
-Verlusten während der<br />
Lagerung und Ausbringung.<br />
pH-Wert:<br />
Da während der anaeroben Vergärung ein Teil des<br />
or ganisch gebundenen N in Ammoniumkarbonat überführt<br />
wird, steigt der pH-Wert der Gülle in der Regel an<br />
(Kirchmann und Witter 1992). In dieser Studie war der<br />
pH-Wert der vergorenen Gülle gegenüber der unvergorenen<br />
jedoch nur geringfügig höher, was auf den schon<br />
relativ hohen pH-Wert der unbehandelten Gülle zurückzuführen<br />
sein könnte. Die weitere Aufbereitung mit UF<br />
und RO führte zu einem weiteren pH-Anstieg im Permeat<br />
und den Retentaten (Tab. 1). Ab einem pH-Wert<br />
von 7 verschiebt sich das Dissoziationsgleichgewicht zwischen<br />
Ammonium (NH 4<br />
) und Ammoniak (NH 3<br />
) in Richtung<br />
höherer NH 3<br />
-Konzentrationen. Dies erhöht das<br />
Risiko von NH 3<br />
-Verlusten während der Lagerung und<br />
Ausbringung (Pötsch et al. 2004). Düngerprodukte mit<br />
hohen NH 4<br />
-Konzentrationen müssen deshalb unmittelbar<br />
nach dem Ausbringen in den Boden eingearbeitet<br />
werden.<br />
Stickstoffgehalt:<br />
Durch den Vergärungsprozess sollte sich der absolute<br />
Gehalt an totalem N – wenn überhaupt – nur geringfügig<br />
verändern, da nur ein geringer Teil des N ins Biogas<br />
überführt werden kann. Die Abnahme des Total-<br />
N-Gehalts der Gülle um 15 % nach der Vergärung (Tab. 1)<br />
konnte nicht schlüssig erklärt werden. Während des Vergärungsprozesses<br />
wird organische Substanz abgebaut.<br />
Organisch gebundener N wird dabei durch Mikroorganismen<br />
in pflanzenverfügbaren N überführt, so dass der<br />
NH 4<br />
-N-Gehalt zu- und der Gehalt an organischem N in<br />
der Gülle gleichzeitig abnimmt (Gutser et al. 2005). Die<br />
UF und RO führten zu einem weiteren Anstieg des<br />
NH 4<br />
-N-Gehalts, vor allem im RO-Retentat, während im<br />
Massenbilanz:<br />
Die Berechnung der Massenbilanz ergab, dass durch die<br />
Aufkonzentrierung der Gülle über die gesamte Aufbereitungskette<br />
(aV, UF und RO) ein beachtlicher Anteil an<br />
Wasser aus der Gülle entfernt werden konnte. Das Volumen<br />
des RO-Retentats konnte gegenüber der unbehandelten<br />
Gülle um ungefähr 60 % reduziert werden (Daten<br />
nicht gezeigt).<br />
NAE der Düngerprodukte aus der Gülleaufbereitung<br />
Gefässversuche:<br />
Verglichen mit der unbehandelten Gülle wiesen die Düngerprodukte<br />
aus der Gülleaufbereitung in den Gefässversuchen<br />
mit Sommerweizen und Mais in der Regel eine<br />
höhere NAE auf (Tab. 2). Ausnahmen bildeten das UFund<br />
zum Teil auch das RO-Retentat. Wie schon erwähnt<br />
und wie auch aus Tabelle 2 ersichtlich, reicherten sich die<br />
organischen N-Verbindungen während der UF im Retentat<br />
an, weil sie die Membran nicht passieren konnten. Das<br />
UF-Retentat war mit einem Anteil von 63 % direkt pflanzenverfügbarem<br />
N am totalen N mit der unbehandelten<br />
Gülle vergleichbar (Tab. 1). Im Gegensatz dazu wiesen die<br />
vergorene Gülle sowie das UF-Permeat und RO-Retentat<br />
mit 87 % bzw. jeweils 97 % einen wesentlich höheren<br />
NH 4<br />
-N-Anteil am totalen N auf (Tab. 1). Die NAE war in<br />
diesen Düngerprodukten deshalb signifikant höher <strong>als</strong> im<br />
UF-Retentat oder in der unbehandelten Gülle (Tab. 2).<br />
Trotz einem Anteil von 97 % direkt pflanzenverfügbarem<br />
N war die N-Ausnutzung des RO-Retentats durch den<br />
Mais bescheiden (Tab. 2). Dies konnte im Gefässversuch<br />
mit Sommerweizen nicht festgestellt werden. Möglicherweise<br />
wurde die N-Ausnutzung durch den salzempfindlichen<br />
Mais wegen der hohen Salzkonzentration im RO-<br />
Retentat (Daten nicht gezeigt) gehemmt.<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 378–383, 2010<br />
381
Pflanzenbau | Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung<br />
Tab. 2 | Scheinbare Stickstoffausnutzungs-Effizienz (NAE) der<br />
verschiedenen Düngerprodukte aus den Gefäss- und Feldversuchen.<br />
Standardabweichung in Klammern. n = 4<br />
Gefässversuche<br />
Feldversuch<br />
Zürich-Affoltern a<br />
Düngerprodukt<br />
Sommerweizen Mais Winterweizen<br />
NAE (%)<br />
Unbehandelte<br />
Schweinegülle<br />
30,9 (4,3) d 28,0 (3,8) ce 37,1 (8,0) b<br />
Vergorene<br />
Schweinegülle<br />
48,3 (4,3) c 52,6 (4,5) b 55,9 (11,3) ab<br />
Vergorene<br />
Dünngülle<br />
50,9 (4,2) bc 46,8 (2,3) b 56,3 (6,9) ab<br />
UF-Retentat 36,8 (7,3) d 21,7 (1,2) e 42,9 (1,3) b<br />
UF-Permeat 58,2 (3,3) b 47,7 (2,6) b 53,7 (8,4) ab<br />
RO-Retentat 50,1 (2,8) bc 36,6 (2,0) c 54,6 (7,3) ab<br />
Ammoniumsulfat b 77,0 (4,9) a 62,0 (4,7) a n.u.<br />
Mineraldünger c 67,8 (15,5) a 69,9 (4,7) a 63,3 (9,0)<br />
a<br />
Nur Standort Zürich-Affoltern, da keine signifikanten Unterschiede zwischen den<br />
beiden Standorten und keine Standort x Düngerinterkation bei beiden Standorten.<br />
b<br />
Aus Ammoniakstrippung.<br />
c<br />
Ammoniumnitrat.<br />
n.u. nicht untersucht.<br />
Innerhalb einer Spalte sind die mit verschiedenen Buchstaben gekennzeichneten<br />
Mittelwerte nach Tukey’s-multiple-range Test signifikant voneinander verschieden<br />
(P ≤ 0,05).<br />
Im Vergleich zum Mineraldünger (Ammoniumnitrat)<br />
wiesen sowohl die vergorene Gülle wie auch die Düngerprodukte<br />
aus der UF und RO eine signifikant tiefere<br />
NAE auf (Tab. 2). Einzig das Ammoniumsulfat aus der<br />
Ammoniakstrippung führte zu einer ähnlich hohen NAE<br />
wie beim Mineraldünger (Tab. 2).<br />
Feldversuche:<br />
In den Feldversuchen unterschied sich die NAE der<br />
meisten Düngerprodukte aus der anaeroben Vergärung,<br />
der UF und RO statistisch nicht von der NAE der<br />
unbehandelten Gülle und des Mineraldüngers (Tab. 2).<br />
Dies könnte auf die höhere Variabilität in den Feldgegenüber<br />
den Gefässversuchen zurückzuführen sein.<br />
Tendenziell war die N-Ausnutzung der Aufbereitungsprodukte<br />
durch den Winterweizen jedoch höher <strong>als</strong> bei<br />
der unbehandelten Gülle.<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n<br />
••<br />
Die Ergebnisse aus den Gefäss- und Feldversuchen<br />
zeigen, dass die aus der Aufbereitung gewonnenen<br />
Düngerprodukte (UF-Retentat, UF-Permeat,<br />
RO-Retentat) zur landwirtschaftlichen Düngung<br />
ge eignet sind.<br />
••<br />
Neue Technologien in der Gülleaufbereitung wie zum<br />
Beispiel anaerobe Vergärung kombiniert mit Ultrafiltration<br />
und Umkehrosmose haben das Potenzial, die<br />
Stickstoffausnutzungseffizienz von Gülle zu verbessern<br />
und Stickstoff-Emissionen in die Umwelt zu<br />
verringern, wenn die Aufbereitungsprodukte sachgemäss<br />
gelagert und emissionsarm ausgebracht (z. B.<br />
Schleppschlauchverteiler) werden.<br />
••<br />
Wegen des hohen Anteils an direkt pflanzenverfügbarem<br />
Stickstoff vor allem im Permeat aus der Ultrafiltration<br />
und im Retentat aus der Umkehrosmose<br />
könnten diese Produkte Mineraldünger zumindest<br />
teilweise ersetzen.<br />
••<br />
Durch die Reduktion des Transportvolumens der Gülle<br />
könnte das Problem von regionalen Stickstoff-Überschüssen<br />
entschärft werden (erleichterter Transport in<br />
Regionen mit N-Bedarf).<br />
n<br />
Dank<br />
Die Autoren bedanken sich beim BLW sowie bei den Kantonen Aargau, Appenzell<br />
Ausserrhoden und Schaffhausen für die finanzielle Unterstützung.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
Chatigny M. H., Rochette P., Angers D. A., Massé D. & Côté D., 2004.<br />
Ammonia volatilization and selected soil characteristics following application<br />
of anaerobically digested pig slurry. Soil Science Society of America<br />
Journal 68, 306–312.<br />
▪▪<br />
Dobermann A., 2005. Nitrogen use efficiency – state of art. Paper präsentiert<br />
am IFA International Workshop on enhanced-efficiency fertilizers,<br />
Frankfurt, Deutschland, 28.–30. Juni 2005.<br />
▪▪<br />
Gutser R., Ebertseder T., Weber A., Schraml M. & Schmidthalter U., 2005.<br />
Short-term and residual availability of nitrogen after long-term application<br />
of organic fertilizers on arable land. Journal of Plant Nutrition and<br />
Soil Science 168, 439–446.<br />
▪▪<br />
Kirchmann H. & Witter E., 1992. Treatment of solid animal manures: Identification<br />
of low NH 3<br />
emission practices. Nutrient Cycling in Agroecosystems<br />
52, 65–71.<br />
▪▪<br />
Muñoz G. R., Kelling K. A., Powell M. J. & Speth P. E., 2004. Comparison<br />
of estimates of first-year dairy manure nitrogen availability or recovery<br />
using nitrogen-15 and other techniques. Journal of Environmental Quality<br />
33, 719–727.<br />
▪▪<br />
Pötsch E. M., Pfundtner E., Resch R. & Much P., 2004. Stoffliche Zusammensetzung<br />
und Ausbringungseigenschaften von Gärrückständen aus<br />
Biogasanlagen. In: Biogasproduktion – alternative Biomassenutzung und<br />
Energiegewinnung in der Landwirtschaft, 10. Alpenländisches Expertenforum,<br />
Irdning, Österreich.<br />
382<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 378–383, 2010
Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung | Pflanzenbau<br />
Migliorare l’efficacia dell'azoto del liquame<br />
Improving Nitrogen Efficiency via Slurry<br />
Riassunto<br />
attraverso la sua lavorazione<br />
Le emissioni atmosferiche di azoto degli<br />
ecosistemi agricoli sono aumentate nell'ultimo<br />
decennio, a seguito dell'intensificazione della<br />
produzione agricola. L'agricoltura è la princi-<br />
Summary<br />
Treatment<br />
Over the last few decades, intensified agricultural<br />
production has greatly increased fluxes<br />
of nitrogen (N) between different compartments<br />
of the biosphere, and more specifically,<br />
pale fonte di emissioni di composti azotati<br />
emissions of N compounds from agroecosys-<br />
quali ammoniaca, nitrati e protossido d'azoto<br />
tems. Agriculture is one of the main emitters<br />
che possono avere un impatto negativo<br />
of N compounds (e.g. ammonia, nitrate,<br />
sull'ambiente. Nella maggior parte dei paesi<br />
nitrous oxide) with negative impacts on the<br />
industrializzati l’utilizzo efficace dell’azoto<br />
environment like greenhouse-gas emissions<br />
contenuto nei concimi e la riduzione delle<br />
and contamination of surface and ground<br />
emissioni dannose per l'ambiente sono<br />
water. Greater efficiency in N-fertiliser use and<br />
dunque dei problemi urgenti da trattare. Le<br />
the reduction of environmentally harmful N<br />
nuove tecnologie per la lavorazione dei<br />
losses are therefore still urgent matters of<br />
concimi aziendali, quali ad esempio la fermen-<br />
concern for most industrial countries. New<br />
tazione anaerobica del liquame, in combina-<br />
technologies such as anaerobic fermentation<br />
zione con l'ultrafiltrazione e l'osmosi inversa,<br />
(AF) of slurry combined with subsequent<br />
possono rappresentare una soluzione allet-<br />
ultrafiltration (UF) and reverse osmosis (RO)<br />
tante per l'agricoltura, in quanto potenzial-<br />
can be attractive options for agriculture,<br />
mente in grado di ottimizzare l'impiego delle<br />
potentially enabling to optimise nutrient<br />
sostanze nutritive, ridurre i volumi di liquame<br />
management, reduce volumes of transported<br />
da trasportare e generare energia rinnovabile.<br />
slurry, and generate renewable energy. In this<br />
Nel presente studio sono state analizzate le<br />
study, anaerobically fermented pig slurry and<br />
proprietà di liquame fermentato e concimi<br />
fertilizer products from the subsequent<br />
ottenuti mediante membrane di ultrafiltra-<br />
mechanical separation (UF and RO) were<br />
zione e osmosi inversa nonché la rispettiva<br />
characterised and their apparent N-use<br />
efficienza apparente dell'azoto in base al<br />
efficiency determined in pot and field experi-<br />
metodo differenziale in prova in contenitori e<br />
ments by means of the difference method.<br />
sul campo. Attraverso la lavorazione del<br />
Treatment of pig slurry with AF, UF and RO<br />
liquame il tenore in azoto ammoniacale dei<br />
increased the ammonium N concentration,<br />
concimi ottenuti aumenta, così come la<br />
which improved plant N availability. Since the<br />
quantità di azoto nel liquame disponibile per<br />
pH value <strong>als</strong>o increases in parallel during<br />
le piante. Siccome vi è pure un aumento del pH<br />
treatment, the risk of gaseous losses during<br />
durante la lavorazione il rischio di perdite di<br />
storage and application <strong>als</strong>o rises. Neverthe-<br />
azoto allo stato gassoso durante lo stoccaggio<br />
less, new slurry-treatment technologies<br />
e lo spandimento segue la medesima ten-<br />
coupled with low-emission application<br />
denza. Le nuove tecnologie di lavorazione, se<br />
techniques (e. g. spreader with trailed hoses)<br />
combinate con tecniche di spandimento a<br />
can potentially both increase the N efficiency<br />
basso carico di emissioni, possono migliorare<br />
of slurry and reduce N emissions to the<br />
la gestione dell'azoto del liquame e ridurne le<br />
environment.<br />
emissioni nell'ambiente.<br />
Key words: anaerobic fermentation, nitrogen<br />
use efficiency, pig slurry, reverse osmosis,<br />
ultrafiltration.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 378–383, 2010<br />
383
P f l a n z e n b a u<br />
Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten<br />
Verluste unter einem Gräserrasen<br />
Jakob Troxler, Jean-Pierre Ryser, Jean-Paul Pittet, Hélène Jaccard und Bernard Jeangros,<br />
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1<br />
Auskunft: Bernard Jeangros, E-Mail: bernard.jeangros@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 47 38<br />
Foto ACW<br />
Um die Risiken von Nährstoffverlusten unter einer Weide zu untersuchen, wurden die Einflüsse verschiedener Mengen an Kot und Harn in<br />
Lysimetern untersucht.<br />
E i n l e i t u n g<br />
Auf einer intensiv bewirtschafteten Weide können im<br />
Durchschnitt während einer Weidesaison eine oder zwei<br />
Kot- oder Harnstellen pro m² gezählt werden. Verschiedene<br />
Studien haben gezeigt, dass die Rinderausscheidungen<br />
Auswirkungen auf die Grasproduktion, aber<br />
auch auf die Verluste von Nährstoffen hatten (Decau et<br />
al. 2004; Smith et al. 2002; Stout et al. 1997; Cuttle et<br />
Bourne 1993). Um die Auswirkungen unter unseren<br />
Bedingungen näher zu erfassen, wurde in Changins ein<br />
Versuch mittels Lysimetern angesetzt. In einem ersten<br />
Artikel beschrieben Troxler et al. (2008) die Auswirkungen<br />
der Rinderauscheidungen auf das Wachstum und<br />
den Nährstoffgehalt einer aus Gräsern bestehenden<br />
Grasnarbe. Das Einbringen von Harn bewirkte eine eindeutige<br />
Zunahme der Ausbeute an Trockenmasse. Die<br />
Wirkung von Rinderkot war viel bescheidener, setzte<br />
später ein und hielt länger an <strong>als</strong> diejenige von Harn.<br />
Ziel dieses zweiten Artikels ist es, die Auswirkungen<br />
der Kot- und Harnausscheidungen auf die Nährstoffverluste<br />
durch Auswaschung zu bestimmen, und daraus<br />
praktische Empfehlungen zur Minimierung der Verlustrisiken<br />
und Umweltschäden zu formulieren.<br />
384 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010
Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n<br />
Der Versuch wurde in Changins von 1997 bis 2000 mittels<br />
19 Lysimetern gefüllt mit Boden, der auf dem Betrieb<br />
von Changins entnommen wurde, durchgeführt (pH: 8.1,<br />
organische Substanz: 1.4%, Lehm: 27%; Troxler et al.<br />
2008). Die Narbe bestand zu 95 % aus Englischem Raygrass<br />
(Lolium perenne, var. Arion) und zu 5 % aus Wiesenrispengras<br />
(Poa pratensis, var. Monopoly). Der Versuch<br />
gliederte sich in zehn Verfahrensweisen (Tab. 1).<br />
Die Kontrolle ohne Ausscheidungen und die acht Verfahren<br />
mit Ausscheidungen wurden in je zwei Lysimetern<br />
wiederholt, das Verfahren «unbewachsener Boden»<br />
und ohne Einfuhr hingegen nicht. Die acht Verfahren<br />
mit Ausscheidungen wurden durch eine Kombination<br />
von zwei Ausscheidungstypen (Kot und Harn, Tab. 2),<br />
zwei Einfuhrepochen (nur im Herbst oder im Frühling<br />
und im Herbst) und einer einfachen (eine 2 kg-Kotgabe<br />
oder eine 2 l-Harngabe) oder zweifachen Gabe (zwei<br />
Kotgaben oder zwei Harngaben) erhalten. Der Kot und<br />
der Harn wurden in den Jahren 1997 und 1998 eingebracht<br />
und die Nachwirkungen bis Ende 2000 gemessen.<br />
In allen Verfahren von 1997 bis 2000, mit Ausnahme des<br />
Verfahrens «unbewachsener Boden», wurde eine identische<br />
Mineraldüngung (6 × 20 kg/ha N, 16 kg/ha P,<br />
27 kg/ha K und 20 kg/ha Mg) angewendet. Um die Weide<br />
nachzuahmen wurde der Grasbewuchs alle vier Wochen<br />
gemäht (acht Schnitte/Jahr). Die Mengen des Auswaschungswassers<br />
und dessen Gehalt an Gesamtnährstoffen<br />
(N, P, K und Mg) wurden mit den Methoden des<br />
Sol-Conseil-Labors in Nyon regelmässig gemessen. Von<br />
der Applikation der ersten Kot- und Harngaben an<br />
(15.05.97) bis Dezember 2000 (15.12.00) wurden insgesamt<br />
22 Sequenzen gemessen.<br />
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n<br />
Zusammenfassung<br />
Rinderkot und -harn wurden während zwei<br />
Jahren, in zwei Jahreszeiten und in einfacher<br />
oder in doppelter Menge, auf einem in<br />
Lysimetern angebauten Gräserrasen ausgebracht,<br />
um Nährstoffverluste durch Auswaschung<br />
zu erfassen. Die Gesamtsticksoffverluste<br />
schwankten zwischen 18 und 226 kg/<br />
ha/Jahr: während sie in den Verfahren «ohne<br />
Ausscheidungen» oder «mit Kot» 50 kg/ha/<br />
Jahr unterschritten, gingen sie in den<br />
Verfahren mit zwei Harngaben pro m² im<br />
Herbst weit über 100 kg/ha/Jahr hinaus. Die<br />
Gesamtphosphorverluste waren unbedeutend<br />
und immer tiefer <strong>als</strong> 1 kg/ha/Jahr. Trotz<br />
einer je nach Verfahren sehr unterschiedlichen<br />
scheinbaren Bilanz (Einfuhren – Ausfuhren<br />
durch die acht Jahresernten) waren<br />
die Gesamtkaliumverluste kaum von den<br />
Ausscheidungen beeinflusst. Während sie<br />
sehr nah bei 30 kg/ha/Jahr lagen, erreichten<br />
sie 49 kg/ha/Jahr im Verfahren mit der<br />
überschüssigsten K-Bilanz (+716 kg/ha/Jahr<br />
mit vier Uringaben pro Jahr). Die Gesamtmagnesiumverluste<br />
betrugen im Durchschnitt<br />
70 kg/ha/Jahr. Sie waren immer höher <strong>als</strong> die<br />
Bilanzwerte und wurden wenig von den<br />
Ausscheidungen beeinflusst. Zur Limitierung<br />
der Nährstoffverluste auf der Weide, vor<br />
allem beim Stickstoff, sollte eine homogene<br />
Verteilung der Exkremente durch eine<br />
angepasste Koppelanordnung und -zahl, eine<br />
kurze Verweildauer pro Koppel und einen<br />
regelmäßigen Weiderhythmus über die<br />
ganze Saison begünstigt werden. Im Herbst<br />
sollte die Vollweide gemieden werden.<br />
Stickstoffverluste<br />
Die von 1997 bis 2000 gemessenen Verluste an Gesamtstickstoff<br />
durch Auswaschung schwanken zwischen<br />
den Verfahrensweisen (Abb. 1). Während sie ohne<br />
Ausscheidungen (Kontrolle) oder mit ein bis zwei Kotgaben/Jahr<br />
(Verfahren 1Kh, 2Kh und 2Kfh) eindeutig<br />
weniger <strong>als</strong> 100 kg/ ha betragen, erreichen sie ca. 500 kg/<br />
ha im Verfahren mit vier Harngaben/Jahr (4Hfh).<br />
Die mittleren Stickstoffverluste sind dreimal höher in<br />
den Verfahren mit Harngaben <strong>als</strong> in denjenigen mit Kotgaben,<br />
wobei die grössten Verluste im Verfahren mit<br />
zwei Harngaben im Herbst (2Hh und 4Hfh) festgestellt<br />
wurden. Zwei auf den Frühling und den Herbst verteilte<br />
Harngaben (2Hfh) haben weniger Verluste zur Folge <strong>als</strong><br />
zwei Harngaben im Herbst (2Hh). Dies ist zu einem guten<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010<br />
385
Pflanzenbau | Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen<br />
Tab. 1 | Jährliche Stickstoff-, Phosphor-, Kalium- und Magnesiummengen (kg/ha/Jahr), die durch Mineraldüngung und Ausscheidungen<br />
zugeführt wurden, durch Ernten exportiert wurden und durch Auswaschung verloren gingen (Durchschnittswert von 2 Lysimetern,<br />
aus genommen für das Verfahren «unbewachsener Boden»)<br />
Verfahren Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh<br />
Unbew.<br />
Boden<br />
Ausscheidungstyp – Kot Kot Kot Kot Harn Harn Harn Harn –<br />
Applikation im Frühling 1 – – – 1 2 – – 1 2 –<br />
Applikation im Herbst 2 – 1 2 1 2 1 2 1 2 –<br />
Stickstoff (N)<br />
Zufuhr Mineraldüngung 120 120 120 120 120 120 120 120 120 0<br />
Zufuhr Ausscheidungen 3 0 71 142 130 260 144 288 268 536 0<br />
Atmosphärische Deposition 25 25 25 25 25 25 25 25 25 25<br />
Export durch die Ernten 3 85 81 105 94 106 111 126 177 235 0<br />
Scheinbare Bilanz 4 60 135 181 181 299 178 307 236 447 25<br />
Verlust durch Auswaschung 5 18 20 26 26 46 91 144 87 226 147<br />
Phosphor (P)<br />
Zufuhr Mineraldüngung 16 16 16 16 16 16 16 16 16 0<br />
Zufuhr Ausscheidungen 3 0 25 50 42 83 0 0 1 1 0<br />
Export durch die Ernten 3 18 16 21 19 21 20 22 29 33 0<br />
Scheinbare Bilanz 4 -2 25 45 39 79 -4 -6 -13 -16 0<br />
Verlust durch Auswaschung 6 0,14 0,15 0,30 0,20 0,33 0,21 0,15 0,20 0,18 0,26<br />
Kalium (K)<br />
Zufuhr Mineraldüngung 27 27 27 27 27 27 27 27 27 0<br />
Zufuhr Ausscheidungen 3 0 21 42 48 96 252 504 495 990 0<br />
Export durch die Ernten 3 115 106 125 117 133 143 165 231 301 0<br />
Scheinbare Bilanz 4 -88 -58 -56 -42 -10 135 365 291 716 0<br />
Verlust durch Auswaschung 6 24 23 33 28 26 30 31 28 49 23<br />
Magnesium (Mg)<br />
Zufuhr Mineraldüngung 20 20 20 20 20 20 20 20 20 0<br />
Zufuhr Ausscheidungen 3 0 18 35 30 60 4 8 6 12 0<br />
Export durch die Ernten 3 10 9 11 10 11 13 13 19 22 0<br />
Scheinbare Bilanz 4 10 29 44 40 69 12 15 8 10 0<br />
Verlust durch Auswaschung 6 70 68 66 67 70 70 82 76 74 67<br />
1<br />
Applikation Mitte Mai, 1= einfache Applikation, 2= zweifache Applikation<br />
2<br />
Applikation Mitte September, 1= einfache Applikation, 2= zweifache Applikation<br />
3<br />
Durchschnittswert 1997–1998<br />
4<br />
Summe der Zufuhren – Export durch Grasernten, Durchschnittswert 1997 – 1998<br />
5<br />
(Summe der Verluste vom 15.05.97 bis 15.04.99)/2<br />
6<br />
(Summe der Verluste vom 15.05.97 bis 17.04.00)/3<br />
Teil auf ein besseres Wachstum der Narbe und auf höhere<br />
Stickstoffausfuhren im 2Hfh-Verfahren zurückzuführen<br />
(Tab. 1).<br />
Verschiedene Studien bestätigen, dass die Menge des<br />
im Boden vorhandenen Stickstoffes umso grösser ist, je<br />
später der Termin der Uringabe ist (Cuttle und Bourne<br />
1993; Stout et al. 1997). Wenn die Pflanzen diesen Stickstoff<br />
nicht aufnehmen, nehmen die Auswaschungsrisiken<br />
stark zu. Vertes et al. (1997) beobachteten eine<br />
Stickstoffauswaschung von 48 kg/ha nach einer Harngabe<br />
im Monat Mai, während sie für dieselbe Harngabe<br />
im September 127 kg/ha betrug. Eine feinere Analyse<br />
der Abbildung 1 zeigt, dass die Unterschiede zwischen<br />
den Verfahren mehrheitlich am Ende des ersten Winters<br />
(Messung 27.02.98) und vor allem des zweiten (Messung<br />
26.03.99) zustande kamen. Die hohen Verluste, die am<br />
Ende des Winters 1998/99 beobachtet wurden, erklären<br />
sich durch die starken Niederschläge im Februar und im<br />
März 1999 (200 mm, während sie im 1998 in der gleichen<br />
Periode 35 mm betrugen). Seit dem 15.04.99, d. h. sechs<br />
Monate nach der letzten Gabe von Ausscheidungen,<br />
nehmen die Stickstoffverluste durch Auswaschung<br />
erheblich ab und die Unterschiede zwischen den Verfahren<br />
gleichen sich allmählich aus. Bis 27.02.98 waren die<br />
386 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010
Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau<br />
Tab. 2 | Durchschnittsgehalt an Nährstoffen (g/kg) von Rinderkot<br />
und -harn, die in den Verfahren mit Ausscheidungen in 1997 und<br />
1998 verabreicht wurden (Durchschnittswerte von 4 Analysen)<br />
TS OS N tot<br />
P K Mg<br />
Kot 112,1 89,5 3,25 1,04 1,21 0,75<br />
Harn 53,0 22,7 6,70 0,01 12,38 0,15<br />
TS: Trockensubstanz<br />
OS: organische Substanz<br />
festgestellten Verluste im Verfahren «unbewachsener<br />
Boden» am höchsten. Diese Verluste sind hauptsächlich<br />
durch die Mineralisation der organischen Substanz<br />
bedingt, hat doch keine Zufuhr stattgefunden, weder an<br />
mineralischen Düngern noch an Ausscheidungen.<br />
Tabelle 1 gibt die mittlere scheinbare Stickstoffbilanz<br />
(Zufuhr – Ausfuhr durch Grasernten) über die Jahre 1997<br />
und 1998 an. Diese Bilanz ist für alle Verfahren mit einer<br />
aus Gräsern bestehenden Grasnarbe positiv (von +60 bis<br />
+447 kg/ha/Jahr), zum Teil weil diese in den Lysimetern<br />
nicht sehr gut wuchs (Troxler et al. 2008). In den Jahren<br />
1997 und 1998 schwankten die jährlichen auswaschungsbedingten<br />
Stickstoffverluste zwischen 18 und 226 kg/ha/<br />
Jahr. Der Vergleich der scheinbaren Bilanzen mit den<br />
jährlichen auswaschungsbedingten Verlusten zeigt eine<br />
sehr gute Beziehung, wenn die Verfahren mit Kotgaben<br />
und diejenigen mit Harngaben einzeln genommen werden<br />
(Abb. 2). Jedes Kilogramm Stickstoff, das in den Ausscheidungen<br />
enthalten ist, von den Pflanzen nicht aufgenommen<br />
und durch die Ernten ausgeführt wird, hat<br />
bei Harngaben eine Zunahme der Stickstoffverluste von<br />
0,53 kg zur Folge, während die Zunahme bei Kotgaben<br />
nur 0,12 kg beträgt.<br />
Die bei diesem Versuch festgestellten Mengen an<br />
ausgewaschenem Stickstoff stimmen mit den Beobachtungen<br />
von Laurent et al. (2000) und von Vertes et al.<br />
(1994 und 1997) überein. Die höheren Verluste bei Harngaben<br />
gegenüber einer Mineraldüngerzufuhr oder Ausscheidungen<br />
in Form von Kot wurden bereits beschrieben<br />
(Decau et al. 2004; Stout et al. 1997). Urin enthält<br />
mehr Stickstoff <strong>als</strong> Kot (Tab. 2), wobei dieser Stickstoff<br />
vor allem <strong>als</strong> Harnstoff vorliegt. Eine Harnstoffgabe<br />
bewirkt hohe Stickstoffkonzentrationen, welche die<br />
Aufnahmefähigkeit der Pflanzendecke und das mikrobielle<br />
Reorganisationsvermögen bei weitem übersteigen<br />
(Laurent et al. 2000). Zudem versickert der Harn sofort in<br />
den Boden, wo der Harnstoff hydrolysiert und nitrifiziert<br />
wird, und damit auswaschbar wird. Demgegenüber liegt<br />
der Kot-Stickstoff grösstenteils in organischer Form vor<br />
und muss vor dem Versickern in den Boden mineralisiert<br />
werden.<br />
Bei Vollweide in tiefen Lagen können im Durchschnitt<br />
1,3 Kot- und Harnstellen pro m² und Weidesaison<br />
gezählt werden (persönliche Beobachtungen). Somit<br />
<br />
600<br />
500<br />
Stickstoffv<br />
Stickstoffverluste (kg/ha)<br />
400<br />
erluste<br />
300<br />
(kg/ha)<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh unbew.<br />
Boden<br />
15.12.00<br />
16.11.00<br />
25.10.00<br />
06.09.00<br />
11.07.00<br />
17.04.00<br />
02.03.00<br />
14.10.99<br />
16.08.99<br />
16.06.99<br />
15.04.99<br />
26.03.99<br />
14.10.98<br />
16.09.98<br />
16.07.98<br />
15.06.98<br />
14.04.98<br />
27.02.98<br />
17.11.97<br />
11.09.97<br />
14.07.97<br />
15.05.97<br />
Abb. 1 | Gesamtstickstoffverluste durch Auswaschung vom 15.05.97 bis 15.12.00 (22 Sequenzen) bei<br />
verschiedenen Kot- und Harngaben (Legende zu den Verfahren: s. Tab. 1).<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010<br />
387
Pflanzenbau | Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen<br />
250<br />
Stickstoffverluste (kg/ha/Jahr)<br />
200<br />
Stickstoffverluste (kg/ha/Jahr)<br />
150<br />
100<br />
Stickstoffverluste (kg/ha/Jahr)<br />
50<br />
y = 0,53x - 16,4<br />
R² = 0,97<br />
Kontrolle<br />
y = 0,12x + 6,1<br />
R² = 0,88<br />
0<br />
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500<br />
Scheinbare Stickstoffbilanz (kg/ha/Jahr)<br />
Harn<br />
Kot<br />
Linear (Harn)<br />
Linear (Kot)<br />
Abb. 2 | Zusammenhang zwischen der scheinbaren Stickstoffbilanz und den auswaschungsbedingten<br />
Stickstoffverlusten (Durchschnitt der Jahre 1997 und 1998);<br />
rotes Symbol = Kontrolle ohne Ausscheidungen, blaue Symbole = Verfahren mit<br />
Harngaben, grüne Symbole = Verfahren mit Kotgaben; durchgehender Strich =<br />
Regression über die Kontrolle ohne Ausscheidungen und die Verfahren mit Harngaben;<br />
unterbrochener Strich = Regression über die Kontrolle ohne Ausscheidungen<br />
und die Verfahren mit Kotgaben).<br />
können die durch Auswaschung verursachten Stickstoffverluste<br />
auf einer von Englischem Raygrass betonten<br />
Weide und mit einer Mineraldüngung von 120 kg/ha/<br />
Jahr auf ca. 50 kg/ha/Jahr geschätzt werden unter der<br />
Voraussetzung, dass die Ausscheidungen gleichmässig<br />
verteilt sind. In den Zonen mit einer hohen Harnstellen-<br />
Konzentration können die Verluste viel höher sein. Dieser<br />
Situation kann durch eine gute Weideführung vorgebeugt<br />
werden: gezielte Anordnung und Anzahl der<br />
Koppeln, kurze Verweildauer in den einzelnen Koppeln<br />
und regelmässiger Weidegang während der ganzen<br />
Weidesaison. Da die Verlustrisiken unter den im Herbst<br />
entstandenen Harnstellen besonders hoch sind, sollte<br />
eine Vollweide am Ende der Weidesaison vermieden<br />
werden. Schliesslich kann eine Nutzung, wo die Mahd<br />
abwechselnd mit Weidegang betrieben wird, weitgehend<br />
zur Herabsetzung der Stickstoffverluste beitragen<br />
(Laurent et al. 2000).<br />
Phosphorverluste<br />
Die im Auswaschungswasser von 1997 bis 2000 gemessenen<br />
Gesamtphosphorverluste sind sehr tief. Sie liegen<br />
zwischen 0,5 und 1,3 kg/ha (Abb. 3) und sind etwas ausgeprägter<br />
in den Verfahren mit 2 Kotgaben im Herbst<br />
(2Kh und 4Kfh). In allen Verfahren traten die P-Hauptverluste<br />
spät gegen Ende des Winters 1998/99 ein (Messung<br />
26.03.99), vor allem gegen Ende des Winters<br />
1999/00 (Messung 2.03.00), der sich durch starke Niederschläge<br />
im Februar (122 mm) auszeichnete.<br />
Die scheinbare Phosphor-Jahresbilanz ist in der<br />
Kontrolle ohne Ausscheidungen und in den Verfahren<br />
mit Harngaben leicht negativ (Tab. 1). Sie fällt in<br />
den vier Verfahren mit Kot positiv aus, wobei letzterer<br />
viel mehr Phosphor <strong>als</strong> der Harn enthält (Tab. 2).<br />
Wenn auch die P-Jahresverluste sehr schwach sind,<br />
sind sie zum Teil mit der scheinbaren Bilanz verbunden<br />
(R 2 = 0,60).<br />
Die geringen in diesem Versuch gemessenen Gesamtphosphorverluste<br />
bestätigen die Beobachtungen von<br />
Sinaj et al. (2002). Diese Autoren zeigten, dass die meisten<br />
Böden ein hohes P-Fixierungsvermögen besitzen<br />
und dass auch bei starker P-Konzentration in der Bodenlösung<br />
und trotz bevorzugter Fliesswege im Profil die<br />
Auswaschungsrisiken schwach waren.<br />
Kaliumverluste<br />
Die zwischen 1997 und 2000 gemessenen Kaliumverluste<br />
sind ziemlich ausgeprägt (Abb. 4). Von den<br />
zehn untersuchten Verfahren weisen neun Verluste<br />
von nahezu 100 kg/ha nach. Das 4Hfh-Verfahren sticht<br />
388 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010
Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau<br />
Phosphorverluste (kg/ha)<br />
1.0<br />
Phosphorverluste (kg/ha)<br />
1.4<br />
1.2<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh unbew.<br />
Boden<br />
15.12.00<br />
16.11.00<br />
25.10.00<br />
06.09.00<br />
11.07.00<br />
17.04.00<br />
02.03.00<br />
14.10.99<br />
16.08.99<br />
16.06.99<br />
15.04.99<br />
26.03.99<br />
14.10.98<br />
16.09.98<br />
16.07.98<br />
15.06.98<br />
14.04.98<br />
27.02.98<br />
17.11.97<br />
11.09.97<br />
14.07.97<br />
15.05.97<br />
Abb. 3 | Gesamtphosphorverluste durch Auswaschung vom 15.05. 97 bis 15.12.00 (22 Sequenzen) für<br />
verschiedene Kot- und Harngaben (Legende zu den Verfahren: s. Tab. 1).<br />
durch höhere Verluste (174 kg/ha) hervor. Die K-Verluste<br />
verteilen sich ziemlich gleichmässig über die<br />
ganze Versuchsperiode und die Endwinter-Höchstwerte<br />
waren viel weniger ausgeprägt <strong>als</strong> für N und P.<br />
Die scheinbare K-Bilanz schneidet für die Kontrolle<br />
und für die Verfahren mit Kot negativ ab und ausgesprochen<br />
positiv in den Verfahren mit Harngaben, wo<br />
die K-Einfuhr durch die Ausscheidungen sehr hoch ist<br />
(Tab. 1). Mit Ausnahme des Verfahrens 4Hfh sind hingegen<br />
die auswaschungsbedingten Jahresverluste in<br />
den Verfahren mit Harngaben nicht höher <strong>als</strong> in der<br />
Kontrolle und in den Verfahren mit Kotgaben<br />
(ca. 30 kg/ha/Jahr). Vorausgesetzt, dass die scheinbare<br />
Bilanz nicht +400 kg/ha/Jahr überschreitet, scheinen<br />
<strong>als</strong>o in unserem Versuch die K-Verluste kaum von den<br />
Ausscheidungen beeinflusst zu werden. Die Mengen<br />
des durch Auswaschung verlorengegangen K liegen in<br />
unserem Versuch leicht unter denjenigen, die von<br />
Alfaro et al. (2004) und von Kayser et al. (2007) beobachtet<br />
wurden. Die Autoren stellten fest, dass die Verluste<br />
durch hohe und späte Gaben von K, sei es <strong>als</strong><br />
Mineraldünger oder <strong>als</strong> Harn, begünstigt werden.<br />
Unsere Ergebnisse zeigen, dass der in unserem Versuch<br />
genutzte Boden ein gutes Kaliumretentionsvermögen<br />
besitzt.<br />
Magnesiumverluste<br />
Die ziemlich hohen von 1997 bis 2000 beobachteten Magnesiumverluste<br />
liegen in der gleichen Grössenordnung<br />
wie Stickstoffverluste. Die Verluste liegen in allen Verfahren<br />
ziemlich nahe beieinander, und zwar kaum tiefer<br />
in der Kontrolle und in den Verfahren mit Kotgaben<br />
oder bei «unbewachsenem Boden» (zwischen 237 und<br />
249 kg/ha) <strong>als</strong> in den Verfahren mit Harngaben (zwischen<br />
249 und 285 kg).<br />
Die höchsten Mg-Verluste wurden jedes Jahr Endwinter<br />
beobachtet (Messungen 27.02.98, 26.03.99 und<br />
2.03.00). Die scheinbare Mg-Bilanz ist in allen Verfahren<br />
positiv, und zwar leicht erhöht in den Verfahren mit Kotgaben<br />
gegenüber denjenigen mit Harngaben (Tab. 1).<br />
Die auswaschungsbedingten Mg-Verluste gehen immer<br />
über die Bilanz hinaus und werden von dieser kaum<br />
beeinflusst. In den Verfahren mit Harneinfuhr sind die<br />
Verluste fünf- bis zehnmal höher <strong>als</strong> die scheinbare Bilanz.<br />
Die in diesem Versuch gemessenen Mg-Verluste sind<br />
erstaunlich hoch, wenn man von der scheinbaren Bilanz<br />
sowie von den einigen in der Literatur erwähnten Werten<br />
ausgeht. Grund dafür sind wahrscheinlich die Bodeneigenschaften<br />
des in diesem Versuch verwendeten Bodens,<br />
weshalb diese Werte nur mit Vorsicht verallgemeinert<br />
werden sollen.<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010<br />
389
Pflanzenbau | Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen<br />
150<br />
Kaliumverluste (kg/ha)<br />
Kaliumverluste (kg/ha)<br />
200<br />
175<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh unbew.<br />
Boden<br />
Abb. 4 | Gesamtkaliumverluste durch Auswaschung vom 15.05. 97 bis 15.12.00 (22 Sequenzen)<br />
für verschiedene Kot- und Harngaben (Legende zu den Verfahren: s. Tab. 1).<br />
15.12.00<br />
16.11.00<br />
25.10.00<br />
06.09.00<br />
11.07.00<br />
17.04.00<br />
02.03.00<br />
14.10.99<br />
16.08.99<br />
16.06.99<br />
15.04.99<br />
26.03.99<br />
14.10.98<br />
16.09.98<br />
16.07.98<br />
15.06.98<br />
14.04.98<br />
27.02.98<br />
17.11.97<br />
11.09.97<br />
14.07.97<br />
15.05.97<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n<br />
••<br />
In den Bedingungen unseres Versuchs erreichten die<br />
auswaschungsbedingten Jahresverluste ca. 50 kg N, 30<br />
kg K und 70 kg Mg pro ha und pro Jahr. Die Phosphorverluste<br />
waren praktisch gleich Null (weniger <strong>als</strong> 1 kg/<br />
ha/Jahr).<br />
••<br />
Die Stickstoff-Auswaschungsrisiken wurden von den<br />
Harngaben erheblich erhöht. Die Verluste verhielten<br />
sich proportional zur scheinbaren Stickstoff-Bilanz<br />
(Einfuhr – Ausfuhren durch die Ernten) und in den<br />
Verfahren mit zwei Harngaben pro m² im Herbst lagen<br />
sie über 100 kg/ha/Jahr.<br />
••<br />
Die Kalium- und Magnesium-Verluste wurden wenig<br />
von den Rinderausscheidungen beeinflusst.<br />
••<br />
Die in diesem Versuch erhaltenen Ergebnisse können<br />
ohne Berücksichtigung der Vegetations-, Boden- und<br />
Klimabedingungen (Niederschläge) nicht verallgemeinert<br />
werden.<br />
••<br />
Um die auswaschungsbedingten Verluste auf der<br />
Weide zu begrenzen sind Massnahmen, welche eine<br />
gleichmässige Verteilung der Ausscheidungen auf der<br />
gesamten Weidefläche begünstigen, immer empfehlenswert:<br />
gezielte Anordnung und Anzahl der Koppeln,<br />
kurze Verweildauer in den einzelnen Koppeln<br />
und regelmässiger Weidegang während der ganzen<br />
Weidesaison. Im Herbst sollte die Vollweide vermieden<br />
werden. <br />
n<br />
390<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010
Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau<br />
Influenza delle deiezioni bovine sulle perdite<br />
da lisciviazione sotto un prato di graminacee<br />
Sull’arco di due anni sono state applicate<br />
delle deiezioni bovine di sterco e urina in<br />
2 periodi dell’anno e in quantità semplice<br />
e doppia, su di un prato di graminacee<br />
coltivato in lisimetri, per valutare la perdita<br />
di sostanze nutritive da lisciviazione. Le<br />
perdite di azoto totale da lisciviazione<br />
variavano tra i 18 ed i 226 kg/ha/anno. Nei<br />
processi senza deiezioni o con solo sterco,<br />
le perdite erano inferiori ai 50 kg/ha/anno,<br />
superando invece nettamente i 100 kg/ha/<br />
anno nei processi con 2 apporti d’urina / m²<br />
in autunno. Le perdite totali in fosforo sono<br />
state trascurabili, sempre inferiori a 1 kg/ha/<br />
anno. Nonostante un bilancio apparente<br />
(contributi - esportazioni dagli otto raccolti<br />
annuali) molto variabile a seconda del<br />
procedimento, le perdite totali in potassio<br />
non sono state influenzate dalle deiezioni.<br />
Molto spesso vicine ai 30 kg/ha/anno, hanno<br />
raggiunto i 49 kg/ha/anno nel processo con il<br />
K bilancio più eccedente (+ 716 kg/ha/anno<br />
con 4 apporti d’urina all'anno). Le perdite in<br />
magnesio totale sono pari ad una media di<br />
70 kg/ha/anno. Sempre superiori al bilancio<br />
sono state poco influenzate dalle deiezioni.<br />
Per contenere il rischio di perdite al pascolo,<br />
in particolare in azoto, dovrebbe essere<br />
favorita un’equa distribuzione delle deiezioni<br />
attraverso una disposizione, un numero<br />
adatto di parchi, una breve durata di sosta<br />
per parco e un ritmo di pascolo regolare<br />
durante tutta la stagione. In autunno il<br />
pascolo integrale dovrebbe essere evitato.<br />
Effect of cattle excreta on leaching losses<br />
under a grass sward<br />
Urine and dung of dairy cattle have been applied<br />
for two years at two periods of the year and in<br />
single or double quantity on a grass sward to<br />
assess nutrients losses by leaching. The total<br />
nitrogen losses varied from 18 to 226 kg/ha/year.<br />
Treatments without excreta or with dung applications<br />
led to N losses under 50 kg/ha/year, while<br />
losses exceeded clearly 100 kg/ha/year in the<br />
treatments with 2 urine applications in autumn.<br />
The total phosphorus losses were negligible,<br />
always under 1 kg/ha/year. For potassium, the<br />
apparent balance (input - export by the eight<br />
annual harvests) varied very much depending on<br />
the treatment, but K losses were hardly influenced<br />
by cattle excreta. K losses were very often<br />
close to 30 kg/ha/year and reached 49 kg/ha/year<br />
in the treatment with the largest K surplus (+716<br />
kg/ha/year with 4 urine applications per year).<br />
The total magnesium losses averaged 70 kg/ha/<br />
year. They exceeded always the apparent balance<br />
and were little influenced by cattle excreta. To<br />
limit the risk of leaching losses during grazing,<br />
particularly of nitrogen, an even distribution of<br />
cattle excreta should be promoted by an adequate<br />
design and number of paddocks, a short<br />
length of stay per paddock and a regular pace<br />
throughout the grazing season. In autumn, full<br />
grazing should be avoided.<br />
Riassunto<br />
Summary<br />
Key words: cattle excreta, grass sward, leaching<br />
losses, nitrogen, phosphorus, potassium.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
Alfaro M. A., Jarvis S. C. & Gregory P. J., 2004. Factors affecting potassium<br />
leaching in different soils. Soil Use and Management 20, 182 – 189.<br />
▪▪<br />
Cuttle S. P. & Bourne P. C., 1993. Uptake and leaching of nitrogen from artificial<br />
urine applied to grassland on different dates during the growing<br />
season. Plant and soil 150, 77 – 86.<br />
▪▪<br />
Decau M. L., Simon J. C. & Jacquet A., 2004. Nitrate leaching under grassland<br />
as affected by mineral nitrogen fertilisation and cattle urine. Journal<br />
of Environmental Quality 33, 637 – 644.<br />
▪▪<br />
Kayser M., Müller J. & Isselstein J., 2007. Potassium leaching from cut<br />
grassland and from urine patches. Soil Use and Management 23,<br />
384 – 392.<br />
▪▪<br />
Laurent F., Vertès F., Farruggia A. & Kerveillant P., 2000. Effets de la conduite<br />
de la prairie pâturée sur la lixiviation du nitrate. Propositions pour<br />
une maîtrise du risque à la parcelle. Fourrages 164, 397 – 420.<br />
▪▪<br />
Sinaj S., Stamm C., Toor G. S., Condron L. M., Hendry T., Di H. J. Cameron<br />
K. C. & Frossard E., 2002. Phosphorus exchangeability and leaching losses<br />
from two grassland soils. J. Environ. Qual. 31, 319 – 330.<br />
▪▪<br />
Smith K. A., Beckwith C. P., Chalmers A. G. & Jackson D. R., 2002. Nitrate<br />
leaching following autumn and winter application of animal manures to<br />
grassland. Soil Use and Management 18, 428 – 434.<br />
▪▪<br />
Stout W. L., Fales S. A., Muller L. D., Schnabel R. R. & Priddy W. E., 1997.<br />
Nitrate Leaching from Cattle Urine and Feces in Northeast USA. Soil Sci.<br />
Soc. Am. J. 61, 1787 – 1794.<br />
▪▪<br />
Troxler J., Ryser J.-P. & Jeangros B., 2008. Influence des déjections bovines<br />
sur un gazon de graminées cultivé en lysimètres. Revue suisse Agric. 40<br />
(6), 259 – 265.<br />
▪▪<br />
Vertès F., Simon J. C. & Le Corre L., 1994. Nitrate leaching under pastures:<br />
study of the soil-plant system in a lysimeter experiment. Grassland and society.<br />
Proc. 15th General Meeting of the European Grassland Federation,<br />
466 – 470.<br />
▪▪<br />
Vertès F., Simon J. C., Le Corre L. & Decau M. L., 1997. Les flux d'azote au<br />
pâturage. II- Etude des flux et de leurs effets sur le lessivage. Fourrages<br />
151, 263 – 280.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 384–391, 2010<br />
391
K u r z b e r i c h t<br />
News von den Agroscope<br />
Forschungsprogrammen<br />
Ueli Bütikofer 1 , Anna Crole-Rees 2 , Christian Flury 3 und Martin Lobsiger 1<br />
1<br />
Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 3003 Bern<br />
2<br />
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil<br />
3<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen<br />
Auskünfte: AgriMontana: Christian Flury, E-Mail: christian.flury@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 32 36;<br />
NutriScope: Ueli Bütikofer, E-Mail: ueli.buetikofer@alp.admin.ch, Tel. +41 31 323 84 82;<br />
ProfiCrops: Anna Crole-Rees, E-Mail: anna.crole-rees@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 61 58;<br />
Profi-Lait: Martin Lobsiger, E-Mail: martin.lobsiger@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 73 47<br />
Foto: ART<br />
Forschung für eine ökonomisch erfolgreiche und ökologisch optimale Nahrungsmittelproduktion.<br />
In den 2008 gestarteten Agroscope Forschungsprogrammen<br />
werden nach zweieinhalb Jahren Laufzeit immer<br />
mehr Projektergebnisse sichtbar. Parallel dazu erarbeiten<br />
die in den Programmen eingebundenen Projekte<br />
gemeinsam erste Syntheseprodukte. Neben den laufenden<br />
Forschungsaktivitäten hat zudem die Weiterentwicklung<br />
der Programme im Hinblick auf das Arbeitsprogramm<br />
2012 – 2013 begonnen.<br />
Agroscope hat mit den Forschungsprogrammen Agri-<br />
Montana, NutriScope und ProfiCrops drei für die Entwicklung<br />
der <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft wichtige Forschungsschwerpunkte<br />
festgelegt. Profi-Lait ergänzt<br />
diese im Bereich Milchproduktion. Dass die Programmforschung<br />
grundsätzlich richtig ist, zeigen die bisherigen<br />
Erfahrungen ebenso wie das Interesse nationaler<br />
und internationaler Forschungsinstitutionen an die-<br />
392 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 392–395, 2010
News von den Agroscope Forschungsprogrammen | Kurzbericht<br />
sem Ansatz. Trotzdem gibt es noch Verbesserungspotenzial.<br />
Im Vordergrund stehen dabei eine bessere Vernetzung<br />
der Projekte und ein Ausbau der<br />
projektübergreifenden Zusammenarbeit innerhalb<br />
von Agroscope. Gleichzeitig sollen die inhaltlichen<br />
Schwerpunkte verdichtet werden.<br />
Neben der Weiterentwicklung der Programme im Hinblick<br />
auf das Arbeitsprogramm 2012 – 2013 von Agroscope<br />
laufen die Forschungsaktivitäten im geplanten<br />
Rahmen weiter. Der vorliegende Kurzbericht gibt einen<br />
Einblick in ausgewählte Ergebnisse und Arbeiten.<br />
-63<br />
-70<br />
-178<br />
-112<br />
-200 -175 -150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100<br />
-77<br />
21<br />
31<br />
56<br />
38<br />
54<br />
2007–2008<br />
2006–2007<br />
2005–2006<br />
Ausstieg aus Bio zu ÖLN Betriebsaufgabe Neuer Biobetrieb<br />
Wechsel von ÖLN zu Bio Abnahme Biobetriebe total Zunahme Biobetriebe total<br />
Quelle: Auswertung AGIS-Daten, Bundesamt für Landwirtschaft<br />
Abb. 1 | Veränderung der Zahl der Biobetriebe in der Bergregion.<br />
A g r i M o n t a n a<br />
AgriMontana greift Fragen zur künftigen Entwicklung<br />
der Berglandwirtschaft auf und sucht nach umsetzungstauglichen<br />
Lösungen. Schwerpunkte sind zum Beispiel<br />
die Offenhaltung des Kulturlandes und die Landschaftspflege<br />
oder die Frage nach der Ausrichtung der Landwirtschaftsbetriebe<br />
im Berggebiet. AgriMontana hat sich<br />
an zwei Veranstaltungen zu diesen Themen eingebracht.<br />
Minimalnutzung: (k)eine Strategie zur Offenhaltung?<br />
Die fortschreitende Aufgabe von landwirtschaftlichen<br />
Nutzflächen und Alpweiden wirft die Frage nach der<br />
zukünftigen Flächennutzung im Berggebiet auf. Im Rahmen<br />
der AgriMontana-Tagung «Berglandwirtschaft:<br />
Minimalnutzung <strong>als</strong> Teil der Multifunktionalität» wurden<br />
verschiedene Aspekte rund um das Thema Offenhaltung<br />
und Minimalnutzung diskutiert. Die Tagung zeigt,<br />
dass es zur Sicherung der an die Flächennutzung gebundenen<br />
multifunktionalen Leistungen einen Mix verschiedener<br />
Nutzungsverfahren braucht. Minimalverfahren<br />
wie das Mulchen sind zwar kostengünstig, weisen jedoch<br />
gewichtige ökologische Nachteile auf. Dennoch besteht<br />
ein Bedarf an kosten- und arbeitsextensiven Verfahren<br />
zur Offenhaltung und damit zur Erhaltung der kultivierbaren<br />
Flächen.<br />
Ein Fazit der Tagung ist, dass das Vordringen des Waldes<br />
im Berggebiet mit grosser Wahrscheinlichkeit weitergehen<br />
wird. Mit Blick auf den fortschreitenden Strukturwandel<br />
und den Rückgang der landwirtschaftlichen<br />
Arbeitskräfte stellt sich die Frage, wer die Offenhaltung<br />
der Flächen in Zukunft sicherstellen wird.<br />
Biolandbau: Ausstieg trotz steigender Nachfrage?<br />
Der Biolandbau hat in der <strong>Schweiz</strong> seit Anfang der neunziger<br />
Jahre stark an Bedeutung gewonnen. Seit 2005<br />
flacht die Strukturentwicklung jedoch ab und die Zahl<br />
der Biobetriebe sinkt. Die im Rahmen der 5. Bioforschungstagung<br />
«Aktuelles zum Biorind» vorgestellte<br />
Auswertung der Strukturdaten für die Bergbetriebe<br />
zeigt, dass von 2005 bis 2008 die Betriebsaufgaben und<br />
die Bioausstiege insgesamt nicht durch Neu- und Umsteiger<br />
kompensiert wurden (Abb. 1).<br />
Eine Umfrage der Forschungsanstalt Agroscope<br />
Reckenholz-Tänikon ART bei mehr <strong>als</strong> 3400 Landwirtschaftsbetrieben<br />
zeigt, dass vor allem wirtschaftliche<br />
Gründe, wechselhafte und strenge Richtlinien sowie Probleme<br />
bei der Beschaffung von geeignetem Kraftfutter den<br />
Ausstieg aus dem Biolandbau erklären. Eine wesentliche<br />
Rolle für die ursprüngliche Beteiligung spielten finanzielle<br />
Argumente wie höhere Direktzahlungen, die Möglichkeit<br />
das Einkommen zu verbessern oder die Aussicht auf<br />
höhere Preise. Diese Erwartungen scheinen sich bei den<br />
ausgestiegenen Betrieben häufig nicht erfüllt zu haben.<br />
Weitere Informationen zu den beiden Themen und zum<br />
Forschungsprogramm AgriMontana finden Sie unter<br />
www.agrimontana.admin.ch.<br />
N u t r i S c o p e<br />
NutriScope forscht entlang der ganzen Wertschöpfungskette<br />
von der landwirtschaftlichen Produktion bis zum<br />
genussfertigen Lebensmittel. Dabei stehen die Sicherheit<br />
und die Optimierung der Qualität von schweizerischen<br />
Lebensmitteln im Vordergrund. Aus den vielfältigen<br />
Forschungsarbeiten werden zwei aktuelle<br />
Dissertationen kurz vorgestellt.<br />
NutriChip<br />
Seit diesem Jahr kooperiert Agroscope mit den Eidgenössischen<br />
technischen Hochschulen in Lausanne und<br />
Zürich, der Universität Basel und dem Nestlé Research<br />
Center im Projekt Nano-Tera www.nano-tera.ch/projects/403.php<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 392–395, 2010<br />
393
Kurzbericht | News von den Agroscope Forschungsprogrammen<br />
Das Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines<br />
schnellen, effizienten Systems zur Untersuchung der<br />
Wirkung von Lebensmitteln und im Speziellen von<br />
Milchprodukten (Milch, Rahm, Käse, Joghurt etc.) auf<br />
das menschliche Immunsystem. Am Anfang steht ein in<br />
vitro Verdauungsprozess der Lebensmittel gekoppelt<br />
mit einem Zellkulturmodell zur Simulation der gastrointestinalen<br />
Resorption der Inhaltsstoffe. Die aus den<br />
Lebensmitteln entstandenen, bioverfügbaren Komponenten<br />
werden mit Hilfe von hochmodernen Proteomicsund<br />
Metabolomics-Techniken analysiert und auf ihre<br />
immunmodulierende Wirkung in Blutzellen von gesunden<br />
Personen und Patienten mit chronischen Entzündungen<br />
getestet. Parallel dazu wird dieses System in<br />
Form eines NutriChips miniaturisiert werden.<br />
Polyphenole in Äpfeln<br />
Pflanzliche Lebensmittel, insbesondere Früchte und<br />
Gemüse, leisten wichtige Beiträge zur Prävention von<br />
verschiedenen Zivilisations-Krankheiten. In diesem<br />
Zusammenhang sind die Sekundären Pflanzenstoffe<br />
wichtig, die Tausende von verschiedenen Verbindungen<br />
umfassen. Eine ganz wichtige Stoffgruppe sind die Polyphenole.<br />
In einer Dissertation wurden Analysenmethoden<br />
zur Quantifizierung dieser Polyphenole in Äpfeln<br />
optimiert. Mit diesen Methoden konnte der Einfluss der<br />
Vorerntefaktoren auf den Gehalt an Polyphenolen in<br />
schweizerischen Apfelsorten untersucht werden. In über<br />
80 untersuchten Tafel- und Most-Apfelsorten wurde<br />
eine sehr grosse Variabilität im Polyphenolgehalt und<br />
-muster aufgezeigt (Abb. 2). Der Einfluss der Produktionsmethode,<br />
biologisch oder integriert, war gering. In<br />
Apfelsäften konnten nur noch 25 – 50 % der Polyphenole<br />
gefunden werden. Durch geeignete Lagerbedingungen<br />
kann der Gehalt an Polyphenolen beeinflusst werden.<br />
Das bei Lagerungsbeginn in Kühllagern angewandte<br />
1-MCP (1-Methyl-Cyclopropen) hemmt die Rezeptoren,<br />
an die Ethylen bindet, ein von manchen Früchten natürlich<br />
produziertes Hormon, das deren Reifung aktiviert.<br />
Durch die 1-MCP-Behandlung lässt sich bei zahlreichen<br />
Apfelsorten die Festigkeit des Fruchtfleischs sowie der<br />
Säuregehalt auf einem Stand erhalten, der demjenigen<br />
zum Erntezeitpunkt sehr nahe kommt. Des Weiteren<br />
scheint die Anwendung von 1-MCP die Konzentration<br />
an Polyphenolen zu beeinflussen.<br />
Viele weitere interessante Publikationen und Vorträge<br />
finden sie auf der Website www.nutriscope.ch.<br />
P r o f i C r o p s<br />
Ziel von ProfiCrops ist, zur Sicherung eines zukunftsfähigen<br />
Pflanzenbaus in einem weitgehend liberalisierten<br />
wirtschaftlichen Umfeld beizutragen. Um unter den<br />
zukünftigen Rahmenbedingungen am Markt erfolgreich<br />
zu sein, muss die <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft eine innovative<br />
und effiziente Produktion anstreben und das Vertrauen<br />
der Konsumentinnen und Konsumenten in die<br />
einheimischen Produkte stärken. Innovation, Effizienz,<br />
Konsumentinnen und Konsumenten sowie Rahmenbedingungen<br />
bilden die vier Module der interdisziplinären<br />
Forschung von ProfiCrops, an der mehrere Forschungsanstalten<br />
beteiligt sind. Fünf Integrierte Projekte mit kulturbezogenen<br />
Themen vervollständigen das Programm.<br />
140<br />
400<br />
Quercetin-Rhamnosid<br />
mg/100 g<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
Gesamtphenole in mg/100 g<br />
Rutin<br />
Quercetin-<br />
Galactosid/Glucosid<br />
Phloretin-Xyloglucosid<br />
Phloridzin<br />
p-Coumaroylchinasäure<br />
Chlorogensäure<br />
Procyanidin B2<br />
40<br />
100<br />
Procyanidin B1<br />
Epicatechin<br />
20<br />
50<br />
Catechin<br />
Folin<br />
0<br />
Gala<br />
Empire<br />
Jonagold<br />
Mairac<br />
Green Star<br />
Jonagored<br />
Jonagold van der Poel<br />
Winekist<br />
Topaz<br />
Gravensteiner<br />
Maigold<br />
Diwa<br />
Katzengrindler<br />
Alter Engländer<br />
Redfield<br />
0<br />
Abb. 2 | Verteilung an Polyphenolen in verschiedenen Apfelsorten.<br />
394 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 392–395, 2010
News von den Agroscope Forschungsprogrammen | Kurzbericht<br />
Modul Konsumentinnen und Konsumenten<br />
Koordination: Anna Bozzi und Christine Brugger,<br />
Agroscope Changins-Wädenswil ACW<br />
Um den Anteil des einheimischen Pflanzenbaus an den<br />
in der <strong>Schweiz</strong> getätigten Einkäufen zu halten, muss der<br />
Sektor die Präferenzen der Konsumentinnen und Konsumenten<br />
kennen und die «umfassende <strong>Schweiz</strong>er Qualität»<br />
am Markt in Wert setzen. Das sind die beiden Ziele<br />
dieses Moduls.<br />
Die Elemente der Produktdifferenzierung werden nach<br />
agronomischen, regionalen, rechtlichen, analytischen,<br />
wirtschaftlichen, ökologischen und weiteren Aspekten<br />
untersucht. Angestrebt wird eine «Mehrwertkarte» der<br />
<strong>Schweiz</strong>er Produkte. Die Forschungsergebnisse eines<br />
europäischen Projektes über Äpfel geben diesbezüglich<br />
wertvolle Hinweise 1 : 92 bis 98 % der in unserem Land<br />
konsumierten Äpfel sind <strong>Schweiz</strong>er Herkunft, die Produzentenpreise<br />
in der <strong>Schweiz</strong> sind über 50 % höher <strong>als</strong> in<br />
den benachbarten Ländern. Mehr <strong>als</strong> 90 % der Produktion<br />
erfolgen unter Einhaltung des ökologischen Leistungsausweises<br />
(integrierter oder biologischer Anbau) –<br />
ein Mehrwert im Vergleich zu anderen europäischen<br />
Ländern. Die Betriebe mit Apfelkulturen in der <strong>Schweiz</strong><br />
tragen zudem mit kleinen Flächen und diversifizierten<br />
Tätigkeiten zur Erhaltung einer vielfältigen Kulturlandschaft<br />
und zur ländlichen Entwicklung bei. So bewirtschaften<br />
in der <strong>Schweiz</strong> nur 8 % der Betriebe mehr <strong>als</strong><br />
zehn Hektaren Äpfel, während dies in Holland und<br />
Frankreich mindestens 30 % der Obstbetriebe sind. Die<br />
grosse Mehrheit der <strong>Schweiz</strong>er Betriebe mit Apfelkulturen<br />
verfügt zudem über eine diversifizierte Ausrichtung;<br />
60 % sind gleichzeitig in den Bereichen Spezialkulturen,<br />
Acker- und Futterbau und Tierproduktion tätig. Nur 30 %<br />
der Apfelproduzenten in der <strong>Schweiz</strong> sind ausschliesslich<br />
auf den Obstbau spezialisiert. Demgegenüber produzieren<br />
in Holland und Deutschland über 70 % der Obstbetriebe<br />
ausschliesslich Obst. In der <strong>Schweiz</strong> werden über<br />
80 Sorten angebaut und verkauft. Darunter sind auch<br />
alte Sorten. Hinter dem Mehrpreis in der <strong>Schweiz</strong> steht<br />
<strong>als</strong>o ein klarer Mehrwert für die Gesellschaft.<br />
P l a t t f o r m P r o f i - L a i t<br />
Kostenoptimierung der Milchproduktion<br />
Eine erfolgreiche gemeinsame Aktion war das Projekt<br />
«Kostenoptimierung der Milchproduktion». In dieser<br />
von den <strong>Schweiz</strong>er Milchproduzenten SMP, den regionalen<br />
Milchproduzentenorganisationen, AGRIDEA, dem<br />
Beratungsforum <strong>Schweiz</strong> BFS, den kantonalen Beratungsstellen<br />
und Profi-Lait getragenen Kampagne<br />
wurde einerseits ein Kostenberechnungsinstrument für<br />
das Internet entwickelt und andererseits eine breit angelegte<br />
Informations- und Beratungsoffensive für die<br />
Milchproduzenten lanciert. An Veranstaltungen, über<br />
Fachartikel in den Medien und an Beratungskursen<br />
wurde darauf hingewirkt, das Kostenbewusstsein bei<br />
den Milchproduzenten zu stärken. Die Kosten kennen<br />
und optimieren: Unter diesem Motto wurden die Landwirte<br />
ermuntert, die Selbstkosten der Milchproduktion<br />
zu berechnen, zu vergleichen und Massnahmen zur<br />
Kostenoptimierung anzupacken. Die Kampagne wurde<br />
von allen Beteiligten <strong>als</strong> beispielhaft für die Zusammenarbeit<br />
über die Institutionen hinweg bezeichnet. Über<br />
4000 Landwirte wurden an Informationsveranstaltungen<br />
erreicht und gut 420 Milchproduzenten haben sich<br />
entschlossen, die Selbstkosten in einem zweitägigen<br />
Kurs zu analysieren.<br />
Das Projekt «Kostenoptimierung der Milchproduktion»<br />
ist auf drei Jahre ausgelegt, weitergehende Informationen<br />
sind auf www.swissmilk.ch/kostenrechner einsehbar.<br />
Mit derartigen Aktivitäten will Profi-Lait die Stärken seiner<br />
Partner bündeln, Synergien erzeugen und gemeinsam<br />
die wichtigen Problemfelder in der Milchproduktion<br />
ansprechen.<br />
UFA AG neue Trägerin von Profi-Lait<br />
Die Trägerschaft von Profi-Lait wird durch ein vorerst<br />
zweijähriges Engagement der UFA AG erweitert. Somit<br />
wird Profi-Lait neu durch die Organisation <strong>Schweiz</strong>er<br />
Milchproduzenten SMP, das BLW, Swissgenetics und UFA<br />
AG finanziell getragen. Die übrigen Partner aus Forschung<br />
und Entwicklung (Agroscope, SHL, ETH), der<br />
Beratung (AGRIDEA, kt. Beratungen), und den Verbänden<br />
(<strong>Schweiz</strong>erischer Bauernverband SBV, ASR, AGFF)<br />
beteiligen sich mit Eigenleistungen am Netzwerk Profi-<br />
Lait mit.<br />
n<br />
In Profi-Lait haben sich die wesentlichen Akteure aus Forschung,<br />
Beratung und Praxis im Bereich der Milchproduktion<br />
zusammengeschlossen. Ziel dieses seit nunmehr zehn<br />
Jahren bestehenden Projekts ist die Förderung des Wissenstransfers<br />
und der Zusammenarbeit der beteiligten Partner.<br />
1<br />
Für weitere Informationen über diese Studie sowie für die Referenzen wenden Sie<br />
sich an Esther Bravin, Agroscope Changins-Wädenswil ACW.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 392–395, 2010<br />
395
P o r t r ä t<br />
Wissenstransfer, Reiselust und Mango<br />
«Lassen sich Mangos bald in der <strong>Schweiz</strong> anbauen?» lautete<br />
eine der Fragen, die Anna Crole-Rees an den Tagen<br />
der offenen Tür von Agroscope Changins-Wädenswil dem<br />
Publikum gestellt hat. Dies passt vortrefflich zum Mango-<br />
Fan Anna Crole-Rees. Die Frage symbolisiert zudem Veränderung<br />
und Weiterentwicklung – genau das, was die<br />
<strong>Schweiz</strong>erin mit englischen Wurzeln in die Welt hinaus tragen<br />
will. Denn dies ist das Thema ihres Jugendtraums – für<br />
eine Welt ohne hungernde Kinder. Dieser Traum stand<br />
Pate, <strong>als</strong> sie an der ETH Zürich Agronomie studierte und<br />
darin auch promovierte. «Ich wollte nach Afrika, aber<br />
nicht, um Nahrungsmittel zu bringen, sondern um den<br />
Menschen zu ermöglichen, sich zu entwickeln», betont<br />
Anna Crole-Rees, die in Norddeutschland und in der<br />
Westschweiz aufgewachsen ist. Ihren Wissenstransfer<br />
passte sie sorgfältig der jeweiligen Situation an. Sie fügt<br />
überzeugend hinzu: «Wir haben uns entwickelt, weshalb<br />
sollte es den Menschen in Afrika nicht auch möglich sein,<br />
sich auf ihre Weise zu entwickeln.»<br />
Als Beraterin aktiv in vier von fünf Kontinenten<br />
Nach dem Studium bewarb sich Anna Crole-Rees gleich für<br />
eine Stelle in der Republik Niger. Doch der schwarze Kontinent,<br />
wo die aus Indien stammende Mango tatsächlich<br />
angebaut wird, wollte seine Türen nicht öffnen für die<br />
junge Agronomin voller Tatendrang. Ihr Traum wäre beinahe<br />
geplatzt, erklärt sie: «Als Frau war es schwer, Mitte<br />
der 1980er Jahre eine Arbeitserlaubnis im ländlichen Afrika<br />
zu erlangen.» Nach fast vier Jahren <strong>als</strong> Beraterin im Kanton<br />
Waadt, einem Studienjahr in England und einer Doktorarbeit<br />
an der ETH Zürich wurde ihre Hartnäckigkeit belohnt:<br />
Als selbständige Agro-Ökonomie-Beraterin erhielt sie<br />
Mandate der UNO und von mehr <strong>als</strong> zwanzig anderen Institutionen<br />
im Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung. Endlich – ihre Mandate führten sie unter<br />
anderem nach Mali, Burkina Faso, Mosambik, Benin und in<br />
die Elfenbeinküste. Zentralasiatische, amerikanische und<br />
europäische Länder kamen später hinzu. Insgesamt hat sie<br />
rund vierzig Länder bereist, die Hälfte davon geschäftlich.<br />
Mit Mangos arbeitete sie auch – in Burkina Faso, Mali und<br />
Südafrika. Doch ihr Schwerpunkt lag bei anderen Früchten,<br />
bei Gemüse, Getreide sowie Baumwolle. Einer ihrer grössten<br />
Erfolge hatte sie, <strong>als</strong> das Handelsministerium eines zentralasiatischen<br />
Landes aufgrund ihrer Beratung die<br />
Exportstrategie von Früchten und Gemüse änderte.<br />
Als ProfiCrops-Leiterin hat Anna Crole-Rees die Sicherung der<br />
Zukunft des <strong>Schweiz</strong>er Pflanzenbaus zum Ziel.<br />
Eine Zukunft für den <strong>Schweiz</strong>er Pflanzenbau<br />
«Jeder Tag muss anders sein <strong>als</strong> der vorhergehende.<br />
Darum reise ich so gerne», betont Anna Crole-Rees.<br />
Schliesslich suchte sie eine neue Herausforderung und<br />
fand sie beinahe vor der Haustür – bei Agroscope. Im<br />
fachübergreifenden Agroscope-Forschungsprogramm<br />
ProfiCrops ist ihre Aufgabe die Sicherung der Zukunft<br />
des <strong>Schweiz</strong>er Pflanzenbaus unter weitgehend liberalisierten<br />
Marktbedingungen – perfekt für die Frau, die<br />
sich Veränderung und Weiterentwicklung auf die Fahne<br />
geschrieben hat, gerne reist und mit Menschen zusammenarbeitet.<br />
Als Leiterin von ProfiCrops will sie<br />
Kontakte zu Landwirten, Forschenden und Konsumenten<br />
in der ganzen <strong>Schweiz</strong> knüpfen, damit diese die<br />
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpacken können.<br />
Anna Crole-Rees sieht Parallelen zu ihren Auslandseinsätzen:<br />
«Der Kontakt zu den Menschen ist mir<br />
in jedem Land wichtig, denn Veränderungen lassen sich<br />
nur einleiten, wenn man die Leute überzeugt». Denn<br />
nur überzeugte Forschende diskutieren ihre Resultate<br />
im Licht einer wettbewerbsfähigen, umweltverträglichen<br />
Landwirtschaft. Und wer weiss, vielleicht werden<br />
bald Mango-Bäume für den Anbau im Tessin geprüft.<br />
Carole Enz, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW,<br />
8820 Wädenswil<br />
396<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 396, 2010
A k t u e l l<br />
N e u e P u b l i k a t i o n e n<br />
ART-Bericht 724<br />
Wiesen-Ernteprozesse<br />
und ihre Wirkung auf die Fauna<br />
April 2010<br />
Wiesen-Ernteprozesse<br />
und ihre Wirkung auf<br />
die Fauna<br />
ART-Bericht 725<br />
Moderne Agroforstwirtschaft in der <strong>Schweiz</strong><br />
Innovative Baumgärten: Produktivität und Wirtschaftlichkeit<br />
Mai 2010<br />
Moderne Agroforstwirtschaft<br />
in<br />
der <strong>Schweiz</strong><br />
Innovative Baumgärten:<br />
Produktivität und<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Autorinnen und Autoren<br />
Jean-Yves Humbert, Nina Richner,<br />
Joachim Sauter und Thomas<br />
Walter, ART<br />
Ghazoul Jaboury, ETH Zürich<br />
Abb. 1: Wirksamkeit von ungemähten Bereichen <strong>als</strong> Refugium für Heuschrecken. Feld-<br />
Demonstration für IG Natur und Landwirtschaft Kanton AG (4.7.2009; Fotos: Jean-Yves<br />
Humbert, ART).<br />
Autorinnen und Autoren<br />
Alexandra Kaeser, Firesenai<br />
Sereke, Dunja Dux, Felix Herzog,<br />
ART<br />
felix.herzog@art.admin.ch<br />
Abb. 1: Wertholzproduktion mit Vogelkirschen im Getreidefeld in Frankreich (F. Liagre,<br />
France).<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Forschungsanstalt Agroscope<br />
Reckenholz-Tänikon ART<br />
Tänikon, CH-8356 Ettenhausen,<br />
Redaktion: Etel Keller, ART<br />
Die ART-Berichte/Rapports ART<br />
erscheinen in rund 20 Nummern<br />
pro Jahr. Jahresabonnement<br />
Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements<br />
und Einzelnummern:<br />
ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen<br />
T +41 (0)52 368 31 31<br />
F +41 (0)52 365 11 90<br />
doku@art.admin.ch<br />
<strong>Download</strong>s: www.agroscope.ch<br />
ISSN 1661-7568<br />
Nach einer fundierten Literaturstudie<br />
wurde die Wirkung verschiedener Mähgeräte<br />
und der einzelnen Ernteschritte in<br />
einer Wiese auf Heuschrecken, Raupen<br />
und Attrappen aus Wachs untersucht. Die<br />
Studie dient <strong>als</strong> Grundlage für eine Fauna<br />
schonende Bewirtschaftung von «Naturschutz-»<br />
und «ökologischen Ausgleichswiesen».<br />
Die Experimente ergeben folgendeReihenfolgebezüglichdernegativen<br />
Wirkung der verschiedenen Mähgeräte:<br />
Trommelmäher mit Aufbereiter > Bucher<br />
mit Trommelmäher > Trommelmäher, Scheibenmäher<br />
oder Traktor-Balkenmäher > Hand-<br />
Motorbalkenmäher. Grossen Anteil an der<br />
negativen Wirkung haben die Traktorräder.<br />
Das folgende Zetten, Schwaden sowie<br />
das Aufladen des Heues verursachen je<br />
ebenso grosse Sterberaten wie die Mahd.<br />
Diese mit dem Traktor ausgeführten Folgeschritte<br />
können eine vergleichsweise<br />
weniger schädliche Wirkung durch eine<br />
Mahd mit dem Hand-Motorbalkenmäher<br />
beinahe aufheben. Der Einsatz des Aufbereiters<br />
führt auf den ganzen Ernteprozess<br />
bezogen zur höchsten Sterberate.<br />
Insgesamt überleben nur wenige Tiere bei<br />
den heute mehrheitlich üblichen Erntetechniken.<br />
Deshalb wurde untersucht, ob<br />
Heuschrecken während der Mahd in ungemähte<br />
Bereiche ausweichen. In ungeschnittenen<br />
Bereichen war die Heuschreckendichte<br />
am Ende der Ernte zwei bis drei<br />
Mal höher <strong>als</strong> vorher. Das Belassen von<br />
ungeschnittenen Bereichen wird empfohlen,<br />
um Wiesen bewohnenden Tieren das<br />
Überleben zu erleichtern (Abb. 1). Weitere<br />
Empfehlungen für eine Fauna schonende<br />
Grasernte werden begründet.<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Forschungsanstalt Agroscope<br />
Reckenholz-Tänikon ART<br />
Tänikon, CH-8356 Ettenhausen,<br />
Redaktion: Etel Keller, ART<br />
Die ART-Berichte/Rapports ART<br />
erscheinen in rund 20 Nummern<br />
pro Jahr. Jahresabonnement<br />
Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements<br />
und Einzelnummern:<br />
ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen<br />
T +41 (0)52 368 31 31<br />
F +41 (0)52 365 11 90<br />
doku@art.admin.ch<br />
<strong>Download</strong>s: www.agroscope.ch<br />
ISSN 1661-7568<br />
Bäume verschwinden zusehends aus dem<br />
<strong>Schweiz</strong>er Kulturland. Agroforstwirtschaft<br />
kann diesem Trend entgegenwirken, denn<br />
in Agroforstsystemen werden Bäume auf<br />
den gleichen Flächen gepflanzt, die auch<br />
dem Anbau einjähriger landwirtschaftlicher<br />
Nutzpflanzen für die Nahrungs- oder<br />
Tierfutterproduktion oder die Tierhaltung<br />
dienen.<br />
Was beinhaltet der Begriff Agroforstwirtschaft?<br />
Zum einen sind bekannte Systeme<br />
gemeint, wie sie traditionelle Hochstamm-<br />
Obstgärten oder Waldweiden darstellen,<br />
die zusehends Gefahr laufen, aus dem<br />
Landschaftsbild zu verschwinden. Andererseits<br />
zählen auch moderne Systeme wie<br />
die Wertholzproduktion auf Grünland<br />
oder im Acker dazu (siehe Abb. 1).<br />
Im vorliegenden Bericht werden verschiedene<br />
für die <strong>Schweiz</strong> in Frage kommende<br />
moderne Agroforstsysteme vorgestellt.<br />
Ihre Produktivität und Wirtschaftlichkeit<br />
wird mit jener von Monokulturen verglichen.<br />
Die Berechnungen zeigen, dass<br />
Agroforstsysteme produktiver <strong>als</strong> Monokulturen<br />
sind und, sofern Beiträge gesprochen<br />
werden, auch wirtschaftlich von Interesse<br />
sein können.<br />
ART-Bericht 724<br />
Nach einer fundierten Literaturstudie wurde die Wirkung<br />
verschiedener Mähgeräte und der einzelnen Ernteschritte<br />
in einer Wiese auf Heuschrecken, Raupen und Attrappen<br />
aus Wachs untersucht. Die Studie dient <strong>als</strong> Grundlage für<br />
eine Fauna schonende Bewirtschaftung von «Naturschutz-»<br />
und «ökologischen Ausgleichswiesen». Die Experimente<br />
ergeben folgende Reihenfolge bezüglich der<br />
negativen Wirkung der verschiedenen Mähgeräte: Trommelmäher<br />
mit Aufbereiter > Bucher mit Trommelmäher ><br />
Trommelmäher, Scheibenmäher oder Traktor-Balkenmäher<br />
> Hand- Motorbalkenmäher. Grossen Anteil an der<br />
negativen Wirkung haben die Traktorräder.<br />
Das folgende Zetten, Schwaden sowie das Aufladen<br />
des Heues verursachen je ebenso grosse Sterberaten wie<br />
die Mahd. Diese mit dem Traktor ausgeführten Folgeschritte<br />
können eine vergleichsweise weniger schädliche<br />
Wirkung durch eine Mahd mit dem Hand-Motorbalkenmäher<br />
beinahe aufheben. Der Einsatz des Aufbereiters<br />
führt auf den ganzen Ernteprozess bezogen zur höchsten<br />
Sterberate. Insgesamt überleben nur wenige Tiere<br />
bei den heute mehrheitlich üblichen Erntetechniken.<br />
Deshalb wurde untersucht, ob Heuschrecken während<br />
der Mahd in ungemähte Bereiche ausweichen. In<br />
ungeschnittenen Bereichen war die Heuschreckendichte<br />
am Ende der Ernte zwei bis drei Mal höher <strong>als</strong> vorher.<br />
Das Belassen von ungeschnittenen Bereichen wird empfohlen,<br />
um Wiesen bewohnenden Tieren das Überleben<br />
zu erleichtern. Weitere Empfehlungen für eine Fauna<br />
schonende Grasernte werden begründet.<br />
ART-Bericht 725<br />
<strong>Schweiz</strong>er Kulturland. Agroforstwirtschaft kann diesem<br />
Trend entgegenwirken, denn in Agroforstsystemen werden<br />
Bäume auf den gleichen Flächen gepflanzt, die auch<br />
dem Anbau einjähriger landwirtschaftlicher Nutzpflanzen<br />
für die Nahrungs- oder Tierfutterproduktion oder<br />
die Tierhaltung dienen.<br />
Was beinhaltet der Begriff Agroforstwirtschaft? Zum<br />
einen sind bekannte Systeme gemeint, wie sie traditionelle<br />
Hochstamm- Obstgärten oder Waldweiden darstellen,<br />
die zusehends Gefahr laufen, aus dem Landschaftsbild<br />
zu verschwinden. Andererseits zählen auch moderne<br />
Systeme wie die Wertholzproduktion auf Grünland oder<br />
im Acker dazu.<br />
Im vorliegenden Bericht werden verschiedene für die<br />
<strong>Schweiz</strong> in Frage kommende moderne Agroforstsysteme<br />
vorgestellt. Ihre Produktivität und Wirtschaftlichkeit<br />
wird mit jener von Monokulturen verglichen.<br />
Die Berechnungen zeigen, dass Agroforstsysteme<br />
produktiver <strong>als</strong> Monokulturen sind und, sofern Beiträge<br />
gesprochen werden, auch wirtschaftlich von Interesse<br />
sein können.<br />
Alexandra Kaeser, Firesenai Sereke, Dunja Dux und Felix Herzog,<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Jean-Yves Humbert, Nina Richner, Joachim Sauter und Thomas Walter,<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Ghazoul Jaboury, ETH Zürich<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 397–399, 2010<br />
397
Aktuell<br />
M e d i e n m i t t e i l u n g e n<br />
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen<br />
22.09.2010 / ART<br />
Im Netz der Pilze<br />
Zürich ist zur Pilzhauptstadt der <strong>Schweiz</strong> avanciert. Heute<br />
wurde am Stadtrand die erste nationale Sammlung<br />
unterirdischer Knäuelpilze eröffnet. Pilzfäden halten das<br />
Leben auf der Erde zusammen. Denn sie liefern Bäumen,<br />
Gräsern und Nutzpflanzen überlebenswichtige Nährstoffe.<br />
Wegen ihrer enormen Bedeutung für das Ökosystem<br />
eröffnete heute die landwirtschaftliche Forschungsanstalt<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART die erste<br />
nationale Sammlung der so genannten Knäuelpilze, eine<br />
Gruppe der Mykorrhizapilze.<br />
19.09.2010 / SNG<br />
Equus helveticus – Ein weiterer Grosserfolg für das<br />
<strong>Schweiz</strong>er Pferd<br />
Die zweite Ausführung des neuen Pferdefestiv<strong>als</strong> Equus<br />
helveticus zog während vier Tagen (16. – 19. September<br />
2010) 20 000 Personen an und war ein Grosserfolg. Familien,<br />
Reiter und Züchter aus der ganzen <strong>Schweiz</strong> und dem Ausland<br />
bewunderten über 1000 Pferde in sämtlichen existierenden<br />
Pferdesport- und Pferdezuchtdisziplinen. Das Pferdefestival<br />
Equus helveticus bescherte Avenches ein<br />
einmaliges Wochenende.<br />
16.09.2010 / ART<br />
Ammoniak aus Ställen auf der Spur<br />
Laufställe sind bedeutende Quellen von Ammoniak. Jetzt<br />
zeigen Messungen, dass Ammoniakemissionen im Sommer<br />
besonders hoch sind. Kühe produzieren eine Menge Kot<br />
und Harn, die oft mehrere Stunden auf den Laufflächen<br />
liegen. Dabei entweicht Ammoniak. Das Problem: Der<br />
Landwirtschaft geht viel wertvoller Stickstoffdünger verloren,<br />
weil er sich buchstäblich in die Luft verflüchtigt.<br />
Ammoniak in der Atmosphäre kommt schliesslich mit dem<br />
Regen auf die Erdoberfläche und belastet dort <strong>als</strong><br />
Stickstoff¬dünger empfindliche Ökosysteme.<br />
neben vielen angesprochenen aktuellen Themen auch<br />
zahlreiche Aprikosensorten vorgestellt werden. Agroscope<br />
ACW bewertet an ihrem Standort in Conthey derzeit<br />
120 Aprikosensorten, die in der Zeit von Mitte Juni bis Ende<br />
September geerntet werden können.<br />
09.09.2010 / ART<br />
Identitäts-Chip am Ohr<br />
Das Leben eines Schweins könnte in Zukunft von der<br />
Geburt bis zur Schlachtung mittels elektronischen Ohrmarken<br />
rückverfolgt werden. Die Technologie dazu muss noch<br />
entwickelt werden.<br />
31.08.2010 / ART<br />
Landwirtschaftliche Einkommen sinken 2009<br />
Die wirtschaftliche Situation der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe ist 2009 weniger gut <strong>als</strong> 2008. Sowohl das landwirtschaftliche<br />
Einkommen je Betrieb <strong>als</strong> auch der Arbeitsverdienst<br />
je Familienarbeitskraft gehen zurück. Dies zeigen<br />
die definitiven Ergebnisse der Zentralen Auswertung von<br />
Buchhaltungsdaten der Forschungsanstalt Agroscope<br />
Reckenholz-Tänikon ART. 2009 beträgt das landwirtschaftliche<br />
Einkommen je Betrieb 60 300 Franken gegenüber<br />
64 100 Franken im Vorjahr (-6,0%). Der durchschnittliche<br />
Arbeitsverdienst je Familienarbeitskraft sinkt im Vergleich<br />
zu 2008 um 1,3 % (von 41 700 Franken auf 41200 Franken).<br />
13.09.2010 / ACW<br />
Agroscope ACW bewertet 120 Aprikosensorten, die<br />
zwischen Juni und September geerntet wurden<br />
Das Aprikosenfest vom 6 bis 8. August 2010 in Saxon hat<br />
viele tausend Menschen angelockt. In diesem Rahmen hat<br />
das kantonale Amt für Obstbau im Wallis in Zusammenarbeit<br />
mit der Forschungsanstalt Agroscope Changins-<br />
Wädenswil ACW einen gemeinsamen Informationstag<br />
organisiert. Anlässlich dieser Veranstaltungen konnten<br />
398 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (10): 397–399, 2010
Aktuell<br />
I n t e r n e t l i n k s<br />
V e r a n s t a l t u n g e n<br />
Geoportal des Bundes<br />
www.geo.admin.ch<br />
geo.admin.ch ist die Plattform für geolokalisierte Informationen,<br />
Daten und Dienste der Bundesverwaltung.<br />
Diese werden von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung<br />
gestellt und via Internet auf geo.admin.ch öffentlich<br />
zugänglich gemacht. Sie beschreiben die Gegebenheiten<br />
eines Landes in Form von Koordinaten, Ortsnamen,<br />
Postadressen oder anderen Kriterien. Sie sind auf dem<br />
Geoportal des Bundes frei zugänglich.<br />
November 2010<br />
24.11.2010<br />
Ökobilanzen in der Landwirtschaft, ein Wegweiser<br />
zur Nachhaltigkeit – Abschlusstagung Projekt ZA-ÖB<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Reckenholz<br />
25. – 29.11.2010<br />
Agroscope an der AGRAMA<br />
Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART<br />
Bern<br />
29.11. – 03.12.2010<br />
Winterbesuchswoche<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Reckenholz<br />
Dezember 2010<br />
V o r s c h a u<br />
November – Dezember 2010 / Heft 11 – 12<br />
Das Biotechnologielabor von<br />
Agroscope Changins-Wädenswil<br />
ACW konserviert, regeneriert<br />
und vermehrt viele Kulturpflanzen<br />
in vitro. (Foto: CRAFFT Kommunikation<br />
AG)<br />
02.12.2010<br />
Bioforschungs-Infotag<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Yverdon<br />
09.12.2010<br />
Bioforschungs-Infotag<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Arenenberg<br />
09.12.2010<br />
Aktuelles aus der Aromaforschung<br />
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP<br />
Liebefeld<br />
••<br />
In vitro Produktion von Kartoffel-Mikroknollen,<br />
C. L. Lê und D. Thomas ACW<br />
••<br />
Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind,<br />
P.-A. Dufey und V. Gremaud ALP<br />
••<br />
Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaubetriebsnetz<br />
von 1992 bis 2004, J. Dugon et al. Agridea und ACW<br />
••<br />
Standardoutput-Koeffizienten für <strong>Schweiz</strong>er<br />
Landwirtschaft, D. Schürch und D. Schmid ART<br />
••<br />
Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von<br />
Ackerkulturen, W. Richner ART<br />
••<br />
Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen: ein Arsenal<br />
an bioaktiven Molekülen, S. Schürch et al. ACW<br />
••<br />
Die Brunst des Rindes automatisch erkennen,<br />
S. Kohler et al. SHL<br />
••<br />
<strong>Schweiz</strong>erische Sortenliste für Kartoffeln 2011,<br />
R. Schwärzel et al. ACW und ART<br />
Januar 2011<br />
13. – 16.01.2011<br />
Agroscope an der Swiss'Expo 2011<br />
Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART<br />
Lausanne<br />
Informationen:<br />
www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen<br />
399
Mittwoch, 24. November 2010<br />
Ökobilanzierung landwirtschaftlicher Betriebe<br />
Abschlusstagung des Projekts Zentrale Auswertung von Ökobilanzen<br />
landwirtschaftlicher Betriebe<br />
Worum geht es?<br />
Die <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft unternimmt seit 15 Jahren<br />
wichtige Anstrengungen, um die Produktion besser<br />
mit der Umwelt in Einklang zu bringen. Weitere<br />
Fortschritte erfordern eine verstärkte individuelle<br />
Gestaltung der einzelbetrieblichen Massnahmen. Es ist<br />
somit zentral, dass der Landwirt eine Rückmeldung<br />
über die Umweltwirkung seines Betriebes erhält und<br />
sie im Gesamtkontext einordnen kann.<br />
Das vom BLW und ART getragene, mehrjährige Projekt<br />
«Zentrale Auswertung von Ökobilanzen landwirtschaftlicher<br />
Betriebe» (ZA-ÖB) hat die Umweltwirkung<br />
von rund 100 <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaftsbetrieben ermittelt<br />
und sie zusammen mit der wirtschaftlichen<br />
Leistung ausgewertet. Dabei wurde der Einfluss zahlreicher<br />
Faktoren wie Betriebstyp, Produktkategorie<br />
und -menge, Landbauform, Region, Dünger, Energieträger<br />
oder Pestizide untersucht. Die daraus gewonnenen<br />
Ergebnisse dienen sowohl den teilnehmenden<br />
Landwirten (individuelle Rückmeldung), <strong>als</strong> auch der<br />
Öffentlichkeit.<br />
Anmeldung / Detailprogramm und Auskunft<br />
Anmeldungen bis zum 31. Oktober 2010.<br />
Detailprogramm unter www.agroscope.ch ><br />
Veranstaltungen<br />
Themen<br />
• Wie erfolgt eine betriebliche Ökobilanzierung?<br />
• Was sind die ökologischen Auswirkungen der untersuchten<br />
Betriebe?<br />
• Welches sind die bestimmenden Faktoren für einzelne<br />
Produkte und Betriebstypen?<br />
• Wie kann der Landwirt die Ökobilanzergebnisse in<br />
seinem Management integrieren?<br />
• Gibt es einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher<br />
und ökologischer Leistung?<br />
• Welche Schlussfolgerungen lassen sich für die <strong>Schweiz</strong>er<br />
Landwirtschaft ziehen?<br />
Zielpublikum<br />
Entscheidungsträger aus Verwaltung und Privatwirtschaft,<br />
Akteure aus der Wissenschaft und der landwirtschaftlichen<br />
Beratung, interessierte Landwirte.<br />
Ort und Zeit<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Vortragssaal<br />
Reckenholzstrasse 191, CH-8046 Zürich<br />
Mittwoch, 24. November 2010, 9.00 bis 16.45 Uhr<br />
www.agroscope.ch<br />
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