Unser Land - Deutscher Bundesverband der Landwirte im ...
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Seite 10 <strong>Unser</strong> <strong>Land</strong> - Infobrief Ausgabe Jan./Feb. ´08<br />
Fortsetzung von S. 9<br />
einem „Totalherbizid“ zu behandeln. Im<br />
Ergebnis stirbt alles Lebende ab, nur die<br />
herbizidtolerante Sojabohne bleibt übrig.<br />
Ein Segen für die Agroindustrie, denn nun<br />
kann großflächig mit dem Flugzeug in<br />
einer einzigen Applikation für „saubere<br />
Verhältnisse“ auf dem Feld gesorgt werden.<br />
Es ist dabei interessant zu wissen,<br />
dass das genmanipulierte Saatgut und<br />
das Totalherbizid nur bei Aventis und nur<br />
<strong>im</strong> Doppelpack zu haben sind mit entsprechendem<br />
Patent und Nachbauverbot. Nun<br />
wird von <strong>der</strong> gentechnischen Lobby damit<br />
geworben, dies sei ein umweltverträgliches<br />
Verfahren, weil durch die nur einmalige<br />
Behandlung viele Tonnen von Herbiziden<br />
eingespart werden könnten. Der Leser<br />
spürt den Pferdefuß: Bisher werden<br />
be<strong>im</strong> konventionellen Anbau von Sojakulturen<br />
sensitive und selektive Herbizide<br />
eingesetzt, be<strong>im</strong> Anbau von genmanipuliertem<br />
Soja hingegen werden Totalherbizide<br />
ausgebracht. Zwar weniger Tonnen,<br />
doch mit dem Totalherbizid wird alles Leben<br />
auf dem Feld vernichtet mit Ausnahme<br />
<strong>der</strong> <strong>im</strong> Labor herbizidresistent gemachten<br />
Sojapflanze. Dies ist nun <strong>der</strong><br />
Fortschritt. Die Anbaustatistik zeigt jedoch,<br />
dass sich die Herbizid-<br />
Aufwandmengen bei allen registrierten<br />
gentechnisch manipulierten (GVO) Kulturen<br />
in den ersten fünf Jahren des Anbaus<br />
(1996 - 2000) auf dem Niveau des konventionellen<br />
Anbaus bewegt haben, ab<br />
2001 sogar eine stetig erhöhte Aufwandmenge<br />
an Totalherbiziden notwendig wurde,<br />
dies mit einer Steigerung um 14,7<br />
Prozent gegenüber dem Ausgangsjahr<br />
1996. Die Öffentlichkeit sollte wissen,<br />
dass sie über diese Zusammenhänge<br />
bewusst desinformiert wird mit dem Ziel,<br />
eine höhere Akzeptanz für die Gentechnologie<br />
zu erreichen.<br />
Gentechnik ist sozialfeindlich<br />
Neben <strong>der</strong> ökologischen Frage und dem<br />
Gefährdungspotential welches die Agrogentechnik<br />
mit sich bringt, stellt sich die<br />
soziale Frage in Verbindung mit dieser<br />
Technologie neu. Welchen sozialen Nutzen<br />
stiftet eine Technologie, die Bauern<br />
hier und vor allem auch Bauern und Menschen<br />
<strong>der</strong> Dritten Welt in Abhängigkeiten<br />
bringt durch Lizenzsysteme? Die Bauern<br />
und gesellschaftlich benachteiligten Gruppen<br />
Wertschöpfung entzieht und den chemischen<br />
Konzernen zufließen lässt? Tierzucht<br />
und Pflanzenzucht waren seit Tausenden<br />
von Jahren <strong>im</strong> bäuerlichen Sektor<br />
angesiedelt. Freier Zugang zu Saatgut<br />
und Tierrassen sind ein bäuerliches Naturrecht.<br />
Pflanzen- und Tierzucht sind bis<br />
heute bäuerliches Produkt und bäuerliche<br />
Dienstleistung, die Wertschöpfung kommt<br />
<strong>der</strong> volkswirtschaftlichen Urproduktion,<br />
dem bäuerlichen Sektor, zugute. Mit Einführung<br />
<strong>der</strong> Agrogentechnik würde diese<br />
Wertschöpfung den Urproduzenten entzogen<br />
und ins industrielle Großkapital überführt.<br />
Also ein Transfer von Gütern und<br />
Dienstleistungen weg von den benachteiligten<br />
Gruppen hin zum konzentrierten<br />
Großkapital. Diese sozialfeindliche D<strong>im</strong>ension<br />
<strong>der</strong> Agrogentechnik kommt in <strong>der</strong><br />
öffentlichen Diskussion noch <strong>im</strong>mer viel zu<br />
kurz. Sie macht die Bauern hier und die<br />
Kleinbauern in <strong>der</strong> Dritten Welt – ohnehin<br />
Verlierer <strong>der</strong> Industriegesellschaft - noch<br />
ärmer.<br />
Insoweit sollten neue Technologien einem<br />
Abwägen von Gütern, Nutzen und Gefährdung<br />
unterzogen werden. Vergleichen wir<br />
die Gentechnologie mit <strong>der</strong> Informationstechnologie<br />
(IT), auch um sich nicht dem<br />
Vorwurf einer grundsätzlichen Technikfeindlichkeit<br />
auszusetzen, so können wir<br />
bilanzierend leicht feststellen, dass es sich<br />
bei <strong>der</strong> IT um eine demokratisch veranlagte<br />
und ressourceneffiziente Technologie<br />
handelt mit positiver Umweltbilanz. Sie<br />
reduziert Verkehr, vermeidet unnötigen<br />
Energieverbrauch und schont damit die<br />
Umwelt. Sie bietet ferner weltweiten Zugang<br />
zu Informationen und Bildung und<br />
ermöglicht Menschen in industriell unterentwickelten<br />
Län<strong>der</strong>n die Teilhabe an<br />
geistiger Arbeit und Wertschöpfung und<br />
dient damit sozialem Ausgleich und Gerechtigkeit.<br />
Also kann die IT in ihrer Bilanz<br />
bejaht werden <strong>im</strong> Gegensatz zur Agrogentechnik.<br />
Missbrauchspotential als gesellschaftlicher<br />
Risikofaktor<br />
Die Gentechnik birgt ein nicht überschaubares<br />
Missbrauchspotential für militärische,<br />
kr<strong>im</strong>inelle und terroristische Zwecke.<br />
Bis heute werden von <strong>der</strong> gentechnischen<br />
Lobby <strong>der</strong> Chemieindustrie nur phantasievoll<br />
friedliche Einsatzmöglichkeiten beschrieben.<br />
Ähnlich war es bei <strong>der</strong> Einführung<br />
<strong>der</strong> Atomtechnologie in den 50er<br />
Jahren, wo die Industrie ebenso nur friedliche<br />
Anwendungen beschrieben hat, um<br />
eine Akzeptanz in <strong>der</strong> Bevölkerung zu<br />
finden. Die Gentechnologie ist jedoch<br />
noch viel leichter, einfacher und unkontrollierter<br />
militärisch und terroristisch zu nutzen<br />
als die Atomtechnologie. So wie in<br />
Hinterhöfen chemische Waffen produziert<br />
werden können, so können dort künftig<br />
auch Gen-Tec-Waffen produziert werden.<br />
Insoweit müssen wir in <strong>der</strong> Gentechnologie<br />
dieselbe gesellschaftliche D<strong>im</strong>ension<br />
und Relevanz <strong>im</strong> Hinblick auf Gefährdung<br />
und Missbrauch sehen wie in <strong>der</strong> Atomtechnologie.<br />
Aus Ehrfurcht vor dem Leben: ethisch<br />
nicht vertretbar<br />
Gentechnik ist ethisch nicht verantwortbar,<br />
weil sie in unverantwortbarer Weise in die<br />
natürliche und gottgegebene Schöpfung<br />
eingreift, das Netzwerk natürlicher Abläufe<br />
und Mechanismen stört und die natürliche<br />
Evolution als Ordnungswerk <strong>der</strong> Schöpfung<br />
missachtet. Sie ist nicht vereinbar mit<br />
dem Prinzip <strong>der</strong> Ehrfurcht vor dem Leben.<br />
Wenn Albert Schweitzer heute noch leben<br />
würde, so wäre er ein glühen<strong>der</strong> Gegner<br />
<strong>der</strong> sogenannten „Gentechnologie“ so wie<br />
er zu seiner Zeit ein aktiver Gegner <strong>der</strong><br />
Atomtechnik war. Seine Ethik <strong>der</strong><br />
„Ehrfurcht vor dem Leben“ weist uns den<br />
Weg: keinen Eingriff in die Erbinformationen,<br />
son<strong>der</strong>n Respekt vor <strong>der</strong> Schöpfung<br />
und Bewahrung des natürlichen Lebens.<br />
Die Agrogentechnik ist Ausdruck von purem<br />
Wirtschafts<strong>im</strong>perialismus und <strong>der</strong><br />
Versuch, uns Bauern Wertschöpfung zu<br />
entziehen mit einem unkalkulierbaren Gefährdungspotential<br />
für Natur und Gesundheit.<br />
Wir brauchen keine Gentechnik. Wir<br />
werden die Begierden <strong>der</strong> Chemiekonzerne<br />
aus Respekt vor unserer Schöpfung<br />
und in Verantwortung unseres Auftrags,<br />
gesunde Lebensmittel für die Mitbürger zu<br />
erzeugen, niemals akzeptieren. Wir wollen<br />
auch keine sogenannte „Koexistenz“ von<br />
klassischer Tier- und Pflanzenzucht mit<br />
<strong>der</strong> Agrogentechnik, weil dies das Tor<br />
zum unkontrollierten Missbrauch <strong>der</strong> Gentechnik<br />
weit und unumkehrbar öffnen würde.<br />
Aus diesem Grund haben wir Bauern<br />
die GenTec Freie Region Hohenlohe ausgerufen<br />
als bescheidenes Zeichen <strong>im</strong><br />
Kampf für unsere Unabhängigkeit und aus<br />
unserem Selbstverständnis heraus für den<br />
Umgang und Frieden mit <strong>der</strong> Natur und<br />
<strong>der</strong> Tradition unserer Vorfahren. ■<br />
Mehr Informationen<br />
unter:<br />
www.besh.de