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Sigwardskirche

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<strong>Sigwardskirche</strong><br />

Wunstorf-Idensen


<strong>Sigwardskirche</strong><br />

Idensen


Willkommen<br />

Die Kirche in Idensen wurde<br />

1129–1134 von Bischof Sigward<br />

von Minden als Eigen- und<br />

Grabeskirche gebaut.<br />

Nach dem Handbuch der<br />

Deutschen Kunstdenkmäler<br />

von Dehio ist die Kirche „der<br />

bedeutendste sakrale Kleinbau<br />

des 12. Jh. im deutschsprachigen<br />

Raum“. Weiter heißt es „die<br />

Wandmalereien stehen im Einklang<br />

mit der Architektur und<br />

stellten damit zusammen ein<br />

Gesamtkunstwerk von internationalem<br />

Rang dar“.<br />

Eine der Glocken ist die älteste<br />

in Niedersachsen und stammt<br />

aus der Erbauungszeit.<br />

„Sum quod eram,<br />

nec eram quod sum“<br />

„Ich bin, was ich war,<br />

aber ich war nicht,<br />

was ich bin“<br />

(Sigward, von 1120 bis 1140<br />

Bischof von Minden)


Rundgang<br />

Übersicht<br />

Das Bauwerk<br />

Im Fokus: Mittelalterliche<br />

Zahlensymbolik<br />

Kirchenschiff<br />

Im Fokus:<br />

Das Bildprogramm<br />

Die Mandorla<br />

Arche Noah<br />

Taufe<br />

Turm zu Babel<br />

Pfingstszene<br />

Sodom und Gomorrah<br />

Jüngstes Gericht<br />

Kapelle im Turm<br />

Glocke aus der Erbauungszeit<br />

6<br />

8<br />

10<br />

12<br />

16<br />

18<br />

20<br />

21<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

Geschichte<br />

Rekonstruktiom<br />

Bau der <strong>Sigwardskirche</strong> (12. Jh.)<br />

Im Fokus:<br />

Bischof Sigward von Minden<br />

Restauration im 19. und 20. Jh.<br />

28<br />

30<br />

32<br />

36<br />

Die Neue Kirche<br />

Übersicht<br />

Der Sigwardsweg<br />

38<br />

42


8<br />

Übersicht 9<br />

Übersicht<br />

Sorgfältig bearbeitete Quadersteine<br />

und klare Formen der<br />

romanischen Baukunst bestimmen<br />

das Äußere<br />

der Kirche.<br />

Ihre Grundrissform<br />

entspricht dem eines<br />

nach Osten gerichteten<br />

Kreuzes.<br />

Storchennest,<br />

seit Jahren<br />

bewohnt<br />

Schallarkaden des<br />

Glockengeschosses<br />

Blick in die Apsis mit der<br />

Abbildung Christi als Welten -<br />

richter (Seite 14)<br />

Die Mandorla ist Ausgangspunkt der<br />

mittelalterlichen Bildergeschichte<br />

(ab Seite 18)<br />

Seitenkapelle im Querschiff<br />

Die Bauteile gliedern<br />

sich von West nach<br />

Ost in Westturm,<br />

Langhaus mit<br />

Seitenkapellen<br />

und Apsis.<br />

Blick in den<br />

Innenraum<br />

der Kirche mit<br />

Blickrichtung<br />

zum Altar<br />

(Seite 12)<br />

Die Westfassade – der mächtige<br />

Westturm zählt zu den frühesten<br />

seines Typs (Seite 8)<br />

Eingang<br />

Vierpassfenster<br />

der<br />

Privatkapelle<br />

des Bischofs<br />

von Minden<br />

(Seite 26)<br />

BESONDERS BEACHTEN<br />

• mittelalterl. Malereien<br />

• Grundriss in Kreuzform<br />

• Bischofskapelle im Turm


10 Rundgang<br />

11<br />

Das Bauwerk<br />

Die Kirche ist kreuzförmig als<br />

dreijochige Saalkirche mit kurzen<br />

Querarmen und polygonalem<br />

Chorabschluss angelegt.<br />

Im Westen erhebt sich ein fast<br />

quadratischer Turm mit Satteldach.<br />

Auffällig ist ein harmonisch<br />

gestaltetes Vierpassfenster in der<br />

südlichen Turmfassade, hinter<br />

dem sich die Privatkapelle des<br />

Bischofs verbirgt. Darüber markieren<br />

die schlanken, durch eine<br />

Mittelsäule getrennten Schallarkaden<br />

das Glockengeschoss.<br />

Das Südportal wird von schlanken<br />

Säulen mit Würfelkapitellen<br />

flankiert.<br />

Der Unterzug des Bogens umfasst<br />

ein halbkreisförmiges Tympanon,<br />

in dem eine Inschrift<br />

Sigwards bezeugt ist:<br />

Sum quod eram, nec eram quod<br />

sum. Modo dicur utrumque.<br />

(Sinngemäß: Ich bin, was ich<br />

war, aber ich war nicht, was ich<br />

bin. Beides möge eben von mir<br />

gesagt werden.)<br />

Ein besonderes Element<br />

ist die Chorapsis:<br />

Im Unterschied<br />

zu ihrer äußeren,<br />

polygonalen Gestalt<br />

ist die Apsis im Inneren<br />

halbkreisförmig<br />

ausgebildet


12 Bildprogramm 13<br />

Im Fokus: Mittelalterliche Zahlensymbolik<br />

Die mittelalterliche Lebenswelt war angefüllt mit Symbolen, die von<br />

den damaligen Menschen jederzeit gedeutet werden konnten. Dieses<br />

Wissen ging jedoch während der Zeit der Aufklärung verloren.<br />

Bei der Grundrissentwicklung spielten die Zahlen 7, 13 und deren Summe 20 eine<br />

zentrale Rolle. Die Ausgangsform für den Grundriss bildet ein Rechteck, zusammengesetzt<br />

aus 6 Quadraten mit je 20 Ellen Seitenlänge (eine Elle = 46,6 cm)<br />

Eine besondere Symbolik kam<br />

dabei den Zahlen zu, deren Bedeutung<br />

sich auf das Alte und<br />

das Neue Testament zurückführen<br />

lässt.<br />

Man unterschied zwischen<br />

Zahlen, die entweder dem Jenseits<br />

oder dem Diesseits verhaftet<br />

waren. Zur ersten Gruppe<br />

zählten beispielsweise die 3, die<br />

für die Dreieinigkeit von Vater,<br />

Sohn und Heiliger Geist stand,<br />

die 7 und die 13.<br />

In die zweite Gruppe fielen u.a.<br />

die 4 (vier Himmelsrichtungen,<br />

vier Evangelisten, vier Jahreszeiten),<br />

die 6 und die 8. Aus<br />

dieser Zahlensymbolik sowie<br />

den überlieferten Bautraditionen<br />

der Antike entwickelten<br />

die mittelalterlichen Baumeister<br />

einen geometrischen Proportionsschlüssel.<br />

Dieser kam vor<br />

allem bei kirchlichen Bauten<br />

zur Anwendung.<br />

Die für die Romanik – und<br />

folglich auch für den Bau der<br />

<strong>Sigwardskirche</strong> – wichtigsten<br />

geometrischen Formen waren<br />

der Kreis, das Quadrat und das<br />

Dreieck. Aus diesen ergaben<br />

sich durch Kombination das<br />

Sechseck und das Achteck.<br />

Aus diesen Formen bildete sich<br />

ein harmonisch proportionierter<br />

Baukörper.<br />

Das Bogenfeld oberhalb des Nordportals zeigt ein Kreuz auf einer Weltenkugel<br />

(Christussymbol) sowie zwei sechsstrahlige Sterne (Symbole für Sonne und Mond).<br />

Der Fries hat 23 Zacken, denn Sigward war der 23. Bischof von Minden<br />

Eine ungewöhnliche Schmuckform der Romanik ist das Vierpassfenster. Schlicht<br />

und doch formvollendet setzt sich das kleeblatt- oder kreuzförmige Fenster aus<br />

Quadraten und Kreisen zusammen. Die zentrale Raute verkörpert Christus<br />

in der Mandorla als Licht der Welt. Die Vierpasse stehen für die<br />

kosmische Ordnung und symbolisieren die vier Evangelisten


14 Rundgang<br />

15<br />

Kirchenschiff<br />

Im Gegensatz zum schlichten<br />

Äußeren des sakralen Bauwerks<br />

überrascht der Reichtum im Inneren.<br />

Die <strong>Sigwardskirche</strong> war<br />

der erste vollständig gewölbte<br />

Kirchenbau im damaligen Herzogtum<br />

Sachsen.<br />

Das Nordportal führt in das<br />

niedrige Kreuzgewölbe des Turmunterbaus.<br />

Von hier geht der<br />

Blick in das reich gegliederte<br />

Kirchenschiff.<br />

Pfeilervorlagen mit vorgesetzten<br />

Halbsäulen stützen Gurtbögen,<br />

die das Langhaus in drei Joche<br />

unterteilen. Die schmalen<br />

Viertelsäulen münden in den<br />

angedeuteten Graten eines eher<br />

tonnenförmigen Gewölbes.<br />

Kulissenartig schieben sich diese<br />

Wölbgestelle bis zur erhöhten<br />

Chorapsis. Eine Blendarkade<br />

und sechs Vollsäulen aus grünem<br />

Sandstein umschließen die<br />

Bogenfenster und das Halbrund<br />

der Chorapsis.<br />

Die Querarme mit den Nebenapsiden<br />

sind den Aposteln<br />

Petrus (Nordseite) und Paulus<br />

(Südseite) geweiht.<br />

Auf der Innenseite<br />

des Südportals ist die<br />

Eingangstür aus der Erbauungszeit<br />

angebracht.<br />

Kunstvolles, eisernes<br />

Beschlagwerk hält die<br />

Eichenbohlen zusammen.<br />

Eine ähnliche Tür hat die<br />

Kathedrale von Saint-<br />

Pierre de Maguelone in<br />

Südfrankreich


16 Rundgang<br />

17<br />

Auch in den Seitenkapellen befanden sich Altäre; der Altar in der nördlichen<br />

Seitenkapelle war dem Heiligen Petrus geweiht<br />

Einzigartig im deutschen<br />

Sprachraum sind die Monumentalfresken<br />

und das Bildprogramm<br />

im Kircheninneren:<br />

In der Deckenwölbung der<br />

Chorapsis thront der Pantokrator,<br />

der Herrscher der Welt, auf<br />

einem Regenbogen.<br />

In den Gewölbeflächen der drei<br />

Joche sind Themen des Alten<br />

Testaments der Heils geschichte<br />

des Neuen Testaments gegenübergestellt.<br />

Nach Westen<br />

schließt das Langhaus mit der<br />

Darstellung des Martyriums der<br />

heiligen Ursula und der elftausend<br />

Jungfrauen an, welchen die<br />

Kirche geweiht ist.<br />

Die Seitenkapellen sind mit<br />

Szenen der Missions- und Lebensgeschichte<br />

der Apostel Petrus<br />

und Paulus ausgeschmückt.<br />

Zwei Arkadenfenster in der<br />

Westwand und eine ausgetretene<br />

Treppe auf der Nordseite weisen<br />

auf die Privatkapelle Bischof<br />

Sigwards hin.<br />

Rechts: Blick auf die Westseite des<br />

Lang hauses (gegenüber der auf der<br />

Seite 13 gezeigten Apsis).<br />

Im Obergeschoss befinden sich die<br />

beiden Fenster der Turmkapelle<br />

( siehe Seite 26)


18 Bildprogramm 19<br />

Im Fokus: Das Bildprogramm<br />

Die kunst- und theologiegeschichtliche Bedeutung des<br />

Idenser Freskenprogramms ist nicht zu unterschätzen. So<br />

geschlossen und fast vollständig erhalten ist es singulär.<br />

In Idensen kam eine in Farbschichten<br />

aufeinander aufbauende<br />

Mischtechnik aus Secco- und<br />

Freskomalerei zur Anwendung<br />

(Einflüsse der rheinisch-maasländischen<br />

Kunsttechnik und<br />

Diversarum artium schedula des<br />

Theophilus Presbyter).<br />

Die Farben Ocker, Grün, Blau,<br />

Zinnober und Schwarz wurden<br />

dabei vielfach untereinander<br />

und mit Kalk gemischt und<br />

teilweise feucht aufgetragen.<br />

Blau bildete die Hintergrundfarbe.<br />

Die byzantinischen Ikonen<br />

bekommen so eine einzigartige<br />

Strahlkraft.<br />

Die Architektur des kreuzförmigen<br />

Raumes mit seinen für<br />

die Zeit außergewöhnlichen<br />

Wölbungen gliedert mit Gurtbögen<br />

die biblischen Motive des<br />

Hauptschiffes von den Szenen<br />

um Paulus und Petrus der Seitenkapellen<br />

und der Christus-<br />

Mandorla an der Altardecke.<br />

Heilung des Gelähmten in der nördlichen Petruskapelle. Petrus mit dem Schlüssel<br />

in der Hand hat die Macht in der Nachfolge Wunder zu vollbringen. Er erlöst<br />

mit den Worten „Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“<br />

den zuvor vor dem Tempeltor Jerusalems sitzenden gelähmten Bettler.<br />

Im Tempel sieht man die Bundeslade<br />

Säulen und Gurtbögen scheiden und<br />

verbinden den Raum mit naturnahen<br />

Ornamenten und romanischen<br />

Würfelkapitellen.<br />

So fällt der Blick an die Decke der Südkapelle<br />

auf Paulus bei der Geißelung<br />

durch Nero, an der Südwand<br />

auf die Vision des Paulus,<br />

die ihn zur Mission trieb<br />

Zielpunkt aller Meditation ist<br />

Christus in der Apsiswölbung.<br />

Einst auf nachtblauem Grund<br />

mit funkelnden Edelsteinen im<br />

Heiligenschein bestückt, strahlt uns<br />

Christus aus der Mandorla heraus<br />

seine Verheißung ewigen Lebens<br />

entgegen:<br />

„Ihr seid gesegnet mit dem<br />

lebendigen Wort Gottes“


20 Bildprogramm<br />

Die Mandorla<br />

Mandorla nennt man die Mandelform, die hier den Christus als<br />

thronenden Weltenherrscher umschließt. Sie weist auf das<br />

Geheimnis in Christus. Seine Füße treten aus dem<br />

Himmlischen ins Irdische.<br />

Oberhalb des in purpur, gold und grün<br />

gemalten Bogens flattert ein roter<br />

Mantel. Unterhalb des Glorienscheins<br />

ist das rechte Knie vom<br />

blauen Mantel bedeckt<br />

21<br />

Er trägt eine blaue Tunika mit rotem<br />

Besatz. Die Farbe Blau steht hier für<br />

das Was ser, mit dem Gott einst die<br />

Welt rich tete (siehe Noahbild),<br />

während die Farbe Rot für das<br />

Feuer steht, mit dem er zukünftig<br />

richten wird (siehe Weltgericht).<br />

Christus segnet<br />

mit drei Fingern<br />

(= Symbol<br />

der Dreifaltigkeit)<br />

seiner<br />

rechten Hand<br />

Waren die Maler hier nur ins<br />

Detail des Tuches verliebt –<br />

oder wollten sie mehr aussagen<br />

und etwa der geist lichen<br />

Dynamik der Macht<br />

Christi Ausdruck<br />

verleihen?<br />

Das griechische Kreuz im Nimbus weist<br />

ihn als gekreuzigten und auferstandenen<br />

Weltherrscher im Licht aus<br />

„Ich bin das Licht der Welt.<br />

Wer mir nachfolgt, wandelt<br />

nicht in der Finsternis,<br />

son dern wird das Licht des<br />

Lebens haben.“ (Joh 8,12)


22 Bildprogramm 23<br />

Arche Noah 1. Joch Südseite Taufe 1. Joch Nordseite<br />

Als dreigeschossiges romanisches Haus mit luftiger Dachkonstruktion ist die Arche<br />

auf der südlichen Gewölbefläche des 1. Jochs dargestellt, nicht als Schiff<br />

Das Mindener Dommauerwerk rahmt die Szene des Dompatrons Petrus, der<br />

symbolisch zum Täufer Bischof Sigwards und seiner Angehörigen wird<br />

Leider gingen wesentliche Teile<br />

dieses Bildes unwiederbringlich<br />

verloren.<br />

Dass außer einer Taube keine<br />

Tiere zu sehen sind, sondern<br />

nur Angehörige Noahs, darf<br />

wundern. Noch kehrt die Taube<br />

ohne Ölzweig im Schnabel<br />

heim. Die Flut, in der die Gottlosen<br />

umkommen, stellt noch<br />

eine Bedrohung dar.<br />

Doch im Haus der Kirche findet<br />

Gottes ebenbildliche Kreatur<br />

Rettung und Zuflucht.<br />

Der Apostel Petrus segnet mit<br />

drei Fingern seiner erhobenen<br />

rechten Hand und hält das Buch<br />

mit der Taufformel links.<br />

„Ich taufe euch im Namen des<br />

Vaters, des Sohnes und des<br />

Heiligen Geistes.“<br />

In einem achteckigen Becken,<br />

mit welchem die Neuschöpfung<br />

in Christus symbolisiert ist, sitzen<br />

die Täuflinge erwartungsvoll.<br />

Sigward, der in ihrer Mitte<br />

zu sehen ist, erhebt seine rechte<br />

Hand zum Bekenntnis seines<br />

Glaubens.<br />

Frauen und Männer blicken gleichermaßen<br />

vertrauensvoll hinaus auf die<br />

Weiten des Wasser. Noah reicht der<br />

Taube seine Hand zum Anflug<br />

Den Rahmen der Taufszene bildet der Mindener Dom zur Zeit Bischof Sigwards<br />

(Foto des Modells siehe Seite 32). In der Mitte des Daches befindet sich ein<br />

damals üblicher Dachreiter


24 Bildprogramm 25<br />

Turmbau zu Babel 2. Joch Südseite Pfingstszene 2. Joch Nordseite<br />

Der Turmbau zu Babel<br />

erzählt die Geschichte<br />

vom gescheiterten Versuch<br />

des Menschen, der<br />

Größe Gottes nahe zu<br />

kommen.<br />

Doch der Turm ist noch<br />

un fertig als Gott die<br />

Sprachen verwirrt<br />

Das Pfingstwunder der Sprachengabe: Die Apostel werden in die Welt gesandt,<br />

das Evangelium in allen Sprachen den Völkern zu verkünden<br />

„Auf, bauen wir uns eine Stadt<br />

und einen Turm mit einer Spitze<br />

bis zum Himmel, und machen<br />

wir uns damit einen Namen,<br />

dann werden wir uns nicht über<br />

die ganze Erde zertreuen.“ So<br />

steht es in der Genesis, im<br />

1. Buch Mose 11,4.<br />

Und sie formten Lehmziegel,<br />

brannten sie und beförderten<br />

sie hinauf.<br />

Doch ihre Gesichter zeigen ihre<br />

Verwirrung an. Sie sind nicht<br />

länger eines Sinnes. Hochmut<br />

kommt vor dem Fall.<br />

Gottes Geist ergießt sich in<br />

Feuerzungen auf die Köpfe der<br />

zwölf Apostel.<br />

Wiederum kommt dem Petrus<br />

mit seiner Schlüsselgewalt eine<br />

herausragende Stellung zu. Aber<br />

auch der ihm andererseits zuge-<br />

wandte Andreas verdient Respekt.<br />

Ihre Hände sprechen eine<br />

friedvolle Sprache. Alle tragen<br />

die Heilige Schrift in Händen.<br />

Ein weiter Rahmen mit zwei<br />

runden Flankierungstürmen<br />

umfängt die Szene.<br />

Ein von Arbeit gekrümmter Mann ist<br />

mit der Mörtelzubereitung beschäftigt<br />

und blickt zur Engelsgestalt<br />

Aus dem Regenbogenzeichen des Bundes er -<br />

streckt sich die göttliche Hand und schenkt<br />

den Menschen seinen Geist


26 Bildprogramm 27<br />

Sodom und Gomorrah 3. Joch Südseite Jüngstes Gericht 3. Joch Nordseite<br />

Witterungseinflüsse zerstörten die Szene fast vollständig. Sehr wahrscheinlich<br />

wurde hier das Dritte Gericht der hebräischen Bibel dargestellt<br />

Wie in der Apsis thront Christus nun beim Weltgericht auf dem Regenbogen.<br />

Mit klarem Antlitz scheidet er die Menschen in Erlöste und Verdammte<br />

Sodom und Gomorrah stehen in<br />

der biblischen Tradition für Orte<br />

des Lebens und Verharrens in<br />

Sünde.<br />

Bei der Vernichtung mit Feuer<br />

(vgl. Noah mit Wasser) wird<br />

aber ein kleiner Rest gerettet.<br />

Lot und seine Familie überleben,<br />

wobei Lots Frau im Rückblick<br />

auf die Zerstörung zur<br />

Salzsäule erstarrt.<br />

Zu erkennen sind leider nur<br />

die Boten, die Lot mit Familie<br />

fortbringen.<br />

Durch die Seitenwunde und<br />

das vom Engel gehaltene Kreuz<br />

ist erkennbar, dass es sich um<br />

den gekreuzigten und auferstandenen<br />

Herrn handelt.<br />

In seinen Händen zur Rechten<br />

und zur Linken hält er<br />

Spruchbänder: „Kommt her,<br />

ihr Gesegneten meines Vaters,<br />

ererbt das Reich“ und „Gehet<br />

weg von mir, ihr Verfluchten, in<br />

das ewige Feuer“.<br />

Damit ist ein Bezug zu Sodom<br />

hergestellt.<br />

Im rechten oberen Bildrand sind möglicherweise<br />

die drei göttlichen Boten mit<br />

traurigen Gesichtern zu sehen<br />

Eng aneinander gedrängt wird die Menschengruppe<br />

vom Teufel ins Höllenfeuer<br />

gelockt. Wo stehe ich?


28 Der Turm 29<br />

Kapelle im Turm<br />

In der Privatkapelle konnte Bischof Sigward seine private Andacht halten und<br />

durch die typisch romanischen Doppelarkaden den Gottesdienst verfolgen<br />

Das Vierpassfenster Richtung Süden lässt nicht nur ein besonderes Licht herein –<br />

am Tag der Wintersonnenwende fällt es um 14 Uhr auf das Haupt des Predigers<br />

Zwanzig ausgetretene Stufen<br />

führen nach oben zur Privatkapelle<br />

Bischof Sigwards.<br />

Die Ostwand des rechteckigen<br />

Turmraums ist in drei Nischen<br />

aufgeteilt – die mittlere diente als<br />

Altar. In der Altarplatte ist ein<br />

Grab für Reliquien erkennbar.<br />

Gegenüber dem Altar stand<br />

ein aus Weidenrohr gefertigter<br />

Thron für Bischof Sigward.<br />

Ob der Bischof hier, in diesem<br />

eigenständigen Sakralraum,<br />

tatsächlich heilige Messen gefeiert<br />

hat, ist nicht belegbar.<br />

Anders als das Kirchenschiff<br />

war die heute weiß gekalkte Kapelle<br />

früher nicht mit Fresken<br />

geschmückt, sondern mit rosa<br />

farbenem Gipskalk versehen.<br />

Man vermutet aber eine Darstellung<br />

des Erzengels Michael, dem<br />

die Kapelle geweiht ist, in der<br />

Altarkonche. Weiterhin geht man<br />

von Engeln und Engelschören im<br />

Himmlischen Jerusalem an der<br />

Kapellendecke aus. Obwohl jegliche<br />

Spuren verschwunden sind,<br />

empfinden viele diesen Raum<br />

– gerade wegen seiner Schlichtheit!<br />

– als besonders schön.<br />

Glocke aus der Erbauungszeit<br />

Die mit 57 cm Durchmesser<br />

kleinste der drei Glocken im<br />

Turm ist die älteste Glocke Niedersachsens.<br />

Sie trägt keine Inschrift,<br />

dafür auf zwei Seiten ein<br />

Spiralkreuz aus Schnur zügen.<br />

Der Glockenstuhl aus Eiche<br />

stammt aus dem Jahre 1590.<br />

Noch heute ist diese Glocke<br />

funktionstüchtig – und sie ist<br />

diejenige, die am häufigsten<br />

erklingt: Sie wird beim Läuten<br />

zum Gottesdienst und zum<br />

Viertelstundenton angeschlagen.


30 Geschichte 31<br />

Statt des heutigen Satteldaches<br />

hatte der Turm ursprünglich<br />

ein Zeltdach<br />

Der Wohnturm des Bischofs ist in der Zeichnung in Richtung Osten<br />

verschoben, weil ihn sonst der Kirchturm verdecken würde. Über<br />

eine hölzerne Brücke erreichte der Bischof seine Privatkapelle<br />

Rekonstruktion<br />

Die Rekonstruktion aus der<br />

Bauzeit zeigt die ursprüngliche<br />

Form der Kirche und des damals<br />

vorhandenen Wohnturms.<br />

Die nachgewiesenen Fundamente<br />

lassen vermuten, dass<br />

Bischof Sigward die Anlage<br />

als Eigenkirche und Sommer-<br />

Residenz nutzte. Mitte des 15.<br />

Jh. wurde der Turm um ein<br />

Geschoss verkürzt und erhielt<br />

ein Satteldach, das Dach des<br />

Langhauses wurde erst<br />

1670 in der jetzigen<br />

Form erstellt.<br />

Der Durchgang<br />

vom Wohnturm in<br />

die Privatkapelle<br />

wurde später<br />

zugemauert.<br />

Deutlich sind die<br />

ursprünglichen<br />

Maueröffnungen<br />

sowohl außen als<br />

auch im Inneren<br />

des Turms (im<br />

Treppenaufgang)<br />

zu erkennen.<br />

Vierpassfenster der<br />

Kapelle des Bischofs<br />

Das Dach des Langhauses<br />

war ursprünglich<br />

weniger steil und hoch als heute


32<br />

Bau der <strong>Sigwardskirche</strong> im 12. Jh.<br />

Geschichte<br />

Chronik<br />

1129 Fundamentlegung der<br />

Kir che und erste urkundliche<br />

Erwähnung in einer Schenkungsurkunde.<br />

1129–1134 In dieser Zeit als<br />

Eigen- und Grabeskirche Bischof<br />

Sigwards von Minden errichtet.<br />

Die Kirche wurde der Heiligen<br />

Ursula und den 11.000 Jungfrauen<br />

am 21. Oktober 1134 geweiht<br />

1133–1140 In sieben Jahren<br />

entsteht die Raumausmalung mit<br />

Lasur- und Temperafarben<br />

33<br />

Die noch vorhandenen Teile der ursprünglichen Wandmalereien im Kircheninneren<br />

lassen uns die Farbenpracht zur Zeit Bischofs Sigwards erahnen<br />

Auf seinem Besitztum Idan -<br />

hu sen (heute Idensen), das er<br />

von seiner aus hohem sächsischem<br />

Adel stammenden<br />

Mutter geerbt hatte, errichtete<br />

Bischof Sigward von Minden<br />

seine Eigen- und Grabeskirche.<br />

Die Kirche wurde der Heiligen<br />

Ursula und den elftausend<br />

Jungfrauen geweiht. Es wird<br />

angenommen, dass eine Bauhütte<br />

aus Burgund oder Oberitalien<br />

die Kirche errichtete.<br />

Es war die erste vollständig<br />

gewölbte Kirche im damaligen<br />

Herzogtum Sachsen.<br />

Zu den frühen Beispielen dieser<br />

Gewölbearchitektur gehören<br />

auch die Kirche in Berzé-la-<br />

Ville (Burgund 1108) sowie die<br />

von Bischof Sigward geweihte<br />

Stiftskirche in Hochelten am<br />

Niederrhein (1129).<br />

Mit dem Bau des Kaiserdoms<br />

in Königslutter (errichtet von<br />

Kaiser Lothar III. von Süpplinburg)<br />

begann man 1135.<br />

Es könnte sein, daß Idensen als<br />

Modell diente und dass möglicherweise<br />

zu Beginn die gleiche<br />

Bauhütte tätig war.<br />

Breite, doppelte Gurtbögen sitzen auf<br />

Wandpfeilern, die von Halbsäulen<br />

und beidseitig flankierenden Viertel-<br />

Ecksäulen getragen werden.<br />

Von diesen laufen Grate aus, die in<br />

Gewölbe tonnen übergehen und<br />

den Raum von Pfeiler zu<br />

Pfeiler überspannen<br />

1140 Beisetzung Bischof Sigwards<br />

in der Kirche. Todestag:<br />

28.04.1140<br />

1390 Beschreibung der Kirche<br />

durch Hermann von Lerbeck in<br />

der Mindener Bischofschronik<br />

um 1500 Übertünchung der<br />

Malereien, was – ohne dass dies<br />

beabsichtigt gewesen wäre – zu<br />

deren Konservierung führte<br />

um 1590 Bauaktivitäten am<br />

Dach werk und am Turm<br />

1670 Gravierende Änderungen<br />

am Gebäude (Abtragung und<br />

Verkauf des Silberbleidaches,<br />

Änderung der Dachneigung,<br />

Neudeckung mit Sollingplatten).<br />

Im Innenraum Einbau von Emporen<br />

im Langhaus sowie einer<br />

Amtsprieche im Nordquerraum<br />

1703 Ein Wirbelsturm reißt<br />

die Turmspitze um. Dadurch<br />

Schäden am südlichen Dach<br />

des Kirchenschiffes. Dies ist<br />

die Ursache für Schäden an den<br />

Gewölbe malereien der Südseite


34 Geschichte<br />

35<br />

Im Fokus: Sigward von Minden (I)<br />

So wird das Siegel unter der Schenkungsurkunde<br />

ausgesehen haben, mit der Sigward<br />

seinen Besitz in Idensen dem Mindener<br />

Domstift übergab.<br />

Es ist rund, hat einen Durchmesser von<br />

7,5 cm und ist das älteste erhaltene Siegel<br />

eines Mindener Bischofs<br />

Sigward war der 23. Bischof<br />

des Bistums Minden. Er übte<br />

sein Amt von 1120 bis 1140 aus,<br />

stammte aus hohem sächsischem<br />

Adel und war mit den<br />

Grafen von Schaumburg-<br />

Holstein verwandt.<br />

Im Knabenalter wurde er der<br />

Mindener Geistlichkeit zur<br />

Erziehung übergeben. Später<br />

wurde er Kanoniker und Propst<br />

des Domstifts zu Minden.<br />

Nachdem er zum Bischof<br />

gewählt worden war, schenkte<br />

er seine westlich der Leine<br />

gelegenen Erbgüter und das<br />

Vorwerk Idensen der Mindener<br />

Kirche (Urkunde Seite 34).<br />

Modell des Mindener Doms zur Zeit Bischof Sigwards (sog. „Eilbert-Dom“)


36 Geschichte<br />

37<br />

Bischof Sigward gehörte zu den<br />

engen Beratern Kaiser Lothars<br />

III., dem Großvater des späteren<br />

Sachsenherzogs Heinrich<br />

der Löwe.<br />

Die Anwesenheit Sigwards bei<br />

Hoftagen ist wenigstens zwölf<br />

Mal bezeugt. An verschiedenen<br />

Im Fokus: Sigward von Minden (II)<br />

Siegel Lothars III. auf einer Urkunde aus<br />

dem Jahre 1131 über die Bestätigung eines<br />

Schifffahrtsrechtes an die Abtei Echternach.<br />

Der Kaiser sitzt auf einem Thron, hält in<br />

der rechten Hand sein Lilienzepter und in<br />

der linken den Reichsapfel<br />

Orten des Heiligen Römischen<br />

Reiches weihte er Altäre und<br />

Kirchen ein.<br />

Auf seinen Wunsch hin wurde<br />

Bischof Sigward 1140 nicht im<br />

Mindener Dom, sondern in<br />

seiner 1134 geweihten Kirche<br />

in Idensen bestattet.<br />

1125 wurde der Sachsenherzog<br />

Lothar von Süpplinburg in<br />

Mainz zum König Lothar III.<br />

gewählt und acht Jahre später<br />

in Rom von Papst Innozenz<br />

zum Kaiser des Heiligen Römischen<br />

Reiches gekrönt.<br />

Durch die Heirat des welfischen<br />

Herzogs Heinrich der<br />

Stolze, Herzog von Bayern, mit<br />

Getrud, der Tochter Kaiser<br />

Lothars, gelang es, einen von<br />

Sachsen bis Bayern reichenden<br />

Machtgürtel zu bilden.<br />

1135 begann Kaiser Lothar III.<br />

von Süpplinburg in Königslutter<br />

den Bau der dreischiffigen<br />

Pfeilerbasilika – als Antwort<br />

auf den salischen Kaiserdom in<br />

Speyer. Er wollte damit in<br />

seinem Stammland Sachsen<br />

einen künstlerischen Akzent<br />

setzen.<br />

Auf der Rückreise von seinem<br />

zweiten Italienfeldzug nach<br />

Apulien starb Kaiser Lothar III.<br />

1137 in Tirol.<br />

Seine Überreste wurden in der<br />

noch unfertigen Abteikirche<br />

St. Peter und Paul in Königslutter<br />

bestattet. Heute zählt der<br />

romanische Kirchenbau zu den<br />

wichtigsten Kulturdenkmälern<br />

in Deutschland.<br />

Die Schenkungsurkunde ist<br />

erhalten; sie liegt im Staatsarchiv<br />

in Münster.<br />

Sie trägt zwar kein Datum,<br />

lässt sich jedoch durch die<br />

beteiligten Zeugen zwischen<br />

1121 und den 30. März 1124<br />

datieren<br />

Am Bau waren Bildhauer aus<br />

Oberitalien beteiligt, vor allem an<br />

der figürlichen Außendekoration der<br />

Chorapsis.<br />

Nicht auszuschließen ist, dass die<br />

Bauhütte der 1134 vollendeten<br />

<strong>Sigwardskirche</strong> in Idensen 1135 nach<br />

Königslutter weitergezogen ist


38<br />

Geschichte<br />

39<br />

Restauration im 19. und 20. Jh.<br />

Chronik<br />

1858 Der hannoversche<br />

Konsis to rialbaumeister Conrad<br />

Wilhelm Hase entdeckt die<br />

Wand- und Deckenmalereien<br />

im Rahmen seiner Vorarbeiten<br />

für den geplanten Umbau der<br />

<strong>Sigwardskirche</strong><br />

1874–1880 Conrad Wilhelm<br />

Hase kämpft gegen die Pläne<br />

der Gemeinde, die romanische<br />

Kirche aus dem 12. Jh. abzureißen<br />

und durch einen Neubau zu<br />

ersetzen<br />

1934 bringen Steinmetze sechs Fenster wieder in die ursprüngliche Form und<br />

legen das Portal auf der Nordseite frei<br />

Konsortialbaumeister Conrad-Wilhelm<br />

Hase (*2.10.1818, † 28.3.1902)<br />

1888 C. W. Hase rettet die <strong>Sigwardskirche</strong><br />

vor dem Abbruch.<br />

Gegenüber der mittelalterlichen<br />

Kirche wird eine neue Kirche im<br />

neugotischen Stil gebaut<br />

Erst Mitte des 19. Jh. erwachte<br />

das Interesse an der Geschichte<br />

der <strong>Sigwardskirche</strong>, nachdem<br />

Historiker in der von dem<br />

Domherrn Heinrich Tribbe um<br />

1450 verfassten Chronik der<br />

Mindener Bischöfe Hinweise<br />

auf die Ausschmückung der<br />

Kirche mit Malereien gefunden<br />

hatten.<br />

Der hannoversche Konsistorialbaumeister<br />

Conrad-Wilhelm<br />

Hase nahm die erste baugeschichtliche<br />

Untersuchung vor.<br />

Unter den um 1500 weiß<br />

getünchten Flächen fand er in<br />

der nördlichen Seitenkapelle<br />

unterhalb des Fensters Spuren<br />

des Bildprogramms. Es handelte<br />

sich hier um ein Stück des<br />

unteren Abschlussornaments.<br />

1890/91 wurden von Hase die<br />

Malereien in der nördlichen<br />

Seitenkapelle (Szenen aus dem<br />

Leben Petrus) freigelegt.<br />

Aber erst 1934/35 wurden die<br />

Malereien vollständig freigelegt<br />

und gesichert. Der Ausbau des<br />

gesamten Kircheninventars,<br />

auch der Orgel erfolgte auch zu<br />

dieser Zeit. Gleichzeitig wurde<br />

die ursprünglichen Fassade<br />

wiederhergestellt.<br />

Der erste der von Hase freigelegten<br />

Friese – unterhalb des Fensters in der<br />

nördlichen Seitenkapelle<br />

1930–1934 Freilegung und<br />

Sicherung aller Fresken durch<br />

Kirchenmaler A. Wildt, Hannover.<br />

Ausbau aller Inventarstücke,<br />

auch der Orgel<br />

1961–1962 Gesamtkonservierung<br />

der Malereien (Reinigung,<br />

Sicherung und Restaurierung)<br />

1977–1980 Gesamtrenovierung<br />

der Bausubstanz<br />

seit 1987 Mit Bundesmitteln<br />

gefördertes Forschungsprojekt<br />

„Schäden an Wandmalereien<br />

und ihre Ursachen” unter Koordinierung<br />

des Instituts für<br />

Denkmalpflege Hannover.<br />

1987 Eintragung in das Verzeichnis<br />

der Kulturdenkmale<br />

28. Aug. 2003 Gründung des<br />

„Freundeskreis für die Erhaltung<br />

der <strong>Sigwardskirche</strong>”


40<br />

Die neue Kirche<br />

41<br />

Die Neue Kirche<br />

Die Kirchengemeinde<br />

Idensen-Mesmerode hat mit<br />

der romanischen <strong>Sigwardskirche</strong><br />

und der im gotischen<br />

Stil gestalteten Neuen Kirche<br />

zwei Kirchen in der Ortschaft<br />

Idensen, die in Luftlinie von<br />

50 Metern benachbart liegen:<br />

In die Neue Kirche<br />

sind die Gemeinde räumen sowie<br />

das Kirchenbüro integriert<br />

Er begann auf Vorträgen in den<br />

Jahren 1882–1884 für den Erhalt<br />

der <strong>Sigwardskirche</strong> zu werben,<br />

gründete einen Sammelfonds,<br />

veranstaltete eine Lotterie und<br />

beantragte staatliche Mittel, um<br />

die Finanzierung des Neubaus<br />

sicherzustellen.<br />

Der Auftrag zum Bau wurde<br />

April 1887 erteilt. Die Einweihung<br />

der im neugotischen Stil<br />

erbauten Saalkirche aus rotem<br />

Backstein fand am 16. September<br />

1888 statt.<br />

Auf Baurat Hases Initiative konnte<br />

die durch den Neubau überflüssige<br />

„Alte Kirche“ erhalten<br />

werden. Die Neue Kirche<br />

dient heute, nach im Inneren<br />

vorgenommenen Umbauten,<br />

gleichzeitig auch<br />

als Gemeindehaus.<br />

Gottesdienste werden in der<br />

Zeit von von Ostern bis Anfang<br />

Oktober wieder in der alten<br />

<strong>Sigwardskirche</strong> gefeiert, nur<br />

in der kalten Jahreszeit finden<br />

sie in der beheizbaren Neuen<br />

Kirche statt.<br />

Lotterie-<br />

Los zur<br />

Finanzierung<br />

der<br />

Neuen Kirche<br />

Im Laufe der Jahre wurde die<br />

<strong>Sigwardskirche</strong> zu klein für die<br />

Kirchengemeinde, zu der die<br />

Ortschaften Idensen, Bokeloh,<br />

Mesme rode, Niengraben und<br />

Idensermoor gehören.<br />

Erste Abrisspläne gab es 1710;<br />

in den nachfolgenden Jahren<br />

gab es mehrere Umbaupläne.<br />

Der letzte, von Baurat Hellner<br />

vorgelegte, aber nicht realisierte<br />

Plan wurde 1866 auf Wunsch<br />

des Kirchenvorstandes von<br />

seinem Nachfolger Baurat Hase<br />

geprüft. In seinem abschließenden<br />

Bericht brandmarkte<br />

dieser die Umbauabsichten als<br />

Vandalismus und schlug den<br />

Neubau einer entsprechend<br />

großen Kirche in unmittelbarer<br />

Nähe vor.<br />

1874 wurde ein neuer Plan zum<br />

Umbau vorgelegt, der von den<br />

Kirchenvorständen ausdrücklich<br />

gewünscht wurde. Einen<br />

Neubau, finanziert durch gesammeltes<br />

Geld, lehnten sie ab.<br />

Hase blieb hartnäckig und<br />

erhielt bei einem Ortstermin<br />

Ende Juni 1877 die Zustimmung<br />

zur Realisierung eines Neubaus.<br />

<strong>Sigwardskirche</strong> Idensen<br />

An der <strong>Sigwardskirche</strong> 3<br />

31515 Wunstorf<br />

Tel. 5031 2520<br />

webmaster@sigwardskirche.de<br />

www.sigwardskirche.de<br />

Impressum<br />

Text: Jörn Feustel, Rolf Herrmann,<br />

Jörg Mecke, Anke Orths,<br />

Prof. Wolfhard Winkelmüller<br />

Layout: Philipp Dunkelberg,<br />

llustrationen: G. Lachmann, Jörg Mecke,<br />

Rolf Herrmann, Rosi Radecke<br />

Verlagsredaktion<br />

Monumente und Menschen UG<br />

(Franz Rappel und Jörn Feustel)<br />

Framheinstraße 6, 22083 Hamburg<br />

Tel.: 040 / 22 69 55 42<br />

www.monumente-und-menschen.de


42<br />

Die neue Kirche 43<br />

Der Sigwardsweg<br />

Das Logo des Vierpassfensters<br />

im West turm der <strong>Sigwardskirche</strong><br />

führt die Pilger<br />

Über eine nördliche und südliche<br />

Route führt der 170 km<br />

lange Pilger-Rundweg auf den<br />

Spuren Bischof Sigwards von<br />

Minden zu dessen Eigen- und<br />

Grabeskirche nach Idensen.<br />

Entlang des landschaftlich abwechslungsreichen<br />

Weges durch<br />

Flußauen, Heide, Wälder und<br />

über Höhenzüge der Weser berge<br />

laden 24 „Heilige Orte“ zur<br />

inneren Einkehr ein.<br />

Literatur: „Pilgern im alten<br />

Bistum Minden“; Wolfhard Winkelmüller,<br />

CW Niemeyer Buchverlage<br />

Hameln


Monumente und Menschen – die illustrierten Kirchenführer<br />

Kunst Kultur Spiritualität<br />

Die Christus darstellung<br />

im Altarraum ist Aus gangspunkt<br />

einer mittelalterlichen<br />

Bildergeschichte<br />

Kiel<br />

Hamburg<br />

Hannover Berlin<br />

Magdeburg<br />

Die <strong>Sigwardskirche</strong> in Wunstorf, ca. 35 km westlich<br />

von Hannover, ist ein kunstgeschichtliches Juwel:<br />

Köln<br />

Frankfurt<br />

München<br />

Leipzig<br />

Wegen der im Original erhaltenen Ausmalung<br />

zählt die Eigenkirche des Bischof Sigward von<br />

Minden aus dem 12. Jh. zu den bedeutendsten<br />

Sakralbauten der Romanik.<br />

Wir laden Sie ein zu einer spirituellen Reise...<br />

Ergänzend zu diesem Kunstführer steht ein inspirierender<br />

audio-visueller Rundgang durch die Kirche kostenlos für<br />

Ihr Smartphone bereit: www.kirchen-app.de

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