Download der Gesamtausgabe (5 mb) - LMU
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NR. 1 • 2014<br />
LUDWIG-<br />
MAXIMILIANS-<br />
UNIVERSITÄT<br />
MÜNCHEN<br />
MünchnerUni Magazin<br />
ZEITSCHRIFT DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN<br />
2<br />
2<br />
2<br />
19 53 7 8<br />
8<br />
8<br />
1<br />
K I N O<br />
8<br />
18<br />
18<br />
7<br />
Kalium Iod Stickstoff Sauerstoff<br />
39,0983 126,90447 14,00674 15,9994<br />
5<br />
2<br />
6<br />
WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />
ZWISCHEN FAKTEN<br />
UND FIKTION
<strong>der</strong> lmu-shop<br />
im »schweinchenbau«<br />
leopoldstrasse 13<br />
80802 münchen<br />
Öffnungszeiten im Semester:<br />
Montag bis Freitag 10:00 – 16:00 Uhr<br />
Öffnungszeiten in <strong>der</strong> vorlesungsfreien Zeit:<br />
Dienstag und Donnerstag 10:00 – 16:00 Uhr<br />
Kapuzen-Sweatshirt, erhältlich in den Farben: Petrol, Graphit, Dunkelgrün<br />
www.lmu-shop.de
1 Eingang zum Gebäude Ludwigstraße<br />
28, Vor<strong>der</strong>gebäude. Hier sind<br />
die Volkswirtschaftliche und die<br />
Juristische Fakultät untergebracht.<br />
EDITORIAL<br />
Klappe, die erste: Wissenschaftliche Themen spielen in Film und<br />
Fernsehen eine immer größere Rolle. Inzwischen lassen sich Fernsehproduzenten<br />
sogar von <strong>LMU</strong>-Professoren beraten. Für eine<br />
unterhaltsame Aufbereitung werden viele Disziplinen allerdings<br />
trotzdem häufig auf den Kopf gestellt. Warum zum Beispiel „Der<br />
Herr <strong>der</strong> Ringe“ gelobt und kritisiert wird, lesen Sie in unserer<br />
MUM-Titelgeschichte.<br />
Da es im wahren Leben keine Stuntmen gibt, widmen sich Dr. Wolfram<br />
Hell vom Institut für Rechtsmedizin <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und Professor<br />
Hans Bäumler von <strong>der</strong> Hochschule München <strong>der</strong> Unfallforschung.<br />
Dabei werten sie Verkehrsunfälle aus, um die bisherigen Sicherheitssysteme<br />
zu verbessern und so tödliche Crashs zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Einen eigenen Film gedreht hat die zehnte Klasse des Robert-Koch-<br />
Gymnasiums in Deggendorf. Zusammen mit <strong>LMU</strong>-Professor Ferdinand<br />
Kramer vom Institut für Bayerische Geschichte sammelten<br />
sie Schwarz-Weiß-Fotos von türkischen Arbeitern, suchten Super-<br />
8-Filme vom ersten Oktoberfestbesuch mit <strong>der</strong> nachgezogenen Familie<br />
o<strong>der</strong> interviewten Kabarettist Django Asül, um die Geschichte<br />
<strong>der</strong> sogenannten Gastarbeiter nachzuerzählen.<br />
N R . 1 • 2014 EDITORIAL<br />
1<br />
Beim vierten Take dieser Ausgabe spielt Eliane Retz die Hauptrolle.<br />
Die <strong>LMU</strong>-Mitarbeiterin unterstützt Mütter und Väter, die sich<br />
nach einer Trennung in Streitigkeiten verlieren. Mit dem Programm<br />
„Kin<strong>der</strong> im Blick“ sollen Gespräche wie<strong>der</strong> in vernünftige Bahnen<br />
geleitet und das Kindeswohl gestärkt werden.<br />
„Licht aus, Spot an“ heißt es zum Schluss für Mathias Scheffel.<br />
Während seiner Zeit als Jurastudent verdiente sich <strong>der</strong> Alumnus<br />
sein Geld als DJ Chef L und Partyveranstalter. Inzwischen gilt er als<br />
Pionier des Münchener Nachtlebens und beeinflusst durch seine<br />
Clubs wie Pacha, Filmcasino, Jack Rabbit, Gecko o<strong>der</strong> Reitschule das<br />
Ausgehverhalten einer ganzen Studierendengeneration.<br />
Viel Spaß beim Lesen,<br />
Ihre MUM-Redaktion
N R . 1 • 2014 ZUR SACHE<br />
2<br />
ZUR SACHE<br />
ZUV-LEITBILD:<br />
DAS ERGEBNIS EINES BREIT ANGE-<br />
LEGTEN DIS KUSSIONSPROZESSES<br />
1 <strong>LMU</strong>-Vizepräsident<br />
Dr. Christoph Mülke<br />
Der Strategieprozess ZUV 2015 soll die Universitätsverwaltung<br />
als zentralen Dienstleister <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> in administrativen und technischen Fragen<br />
weiterentwickeln, entsprechende Konzepte formulieren<br />
und diese in die Umsetzung bringen.<br />
Mit dem Leitbild <strong>der</strong> ZUV liegt nunmehr ein erstes<br />
konkretes Ergebnis dieses Prozesses vor.<br />
Das Leitbild, das unter www.lmu.de/zuv-leitbild<br />
abgerufen werden kann, leitet sich aus den strategischen<br />
Zielen <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> als Gesamtinstitution ab.<br />
Auf dieser Grundlage formuliert es für die Arbeit<br />
<strong>der</strong> ZUV einen Zielhorizont mit Kernaussagen zum<br />
Selbstverständnis, zu Arbeitsprinzipien, zu den<br />
Erwartungen an Führungskräfte und zu Handlungsmaximen:<br />
„Wie wir uns verstehen“, „Wie<br />
wir arbeiten“, „Wie wir Führung verstehen“ und<br />
„Was unser Handeln prägt“ sind die zentralen<br />
Abschnitte des Leitbildes.<br />
Das Leitbild ist das Ergebnis eines breit angelegten<br />
Diskussionsprozesses: Eingebunden waren<br />
alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>der</strong> ZUV,<br />
ihre Ideen wurden in Großgruppenveranstaltungen<br />
und in Workshops intensiv diskutiert und haben<br />
den Text außerordentlich geprägt.<br />
Serviceportal für die <strong>LMU</strong> und an <strong>der</strong> ZUVinternen<br />
Kommunikation gearbeitet. Darüber<br />
hinaus verfolgen wir das Ziel, Effizienz und Transparenz<br />
unserer Dienstleistungen durch die Einführung<br />
eines Prozessmanagements, die Professionalisierung<br />
<strong>der</strong> Projektarbeit und <strong>der</strong> Schnittstellen<br />
zu unseren „Kunden“ sowie – ganz konkret<br />
– durch eine Revision des Drittmittel- und des<br />
Reisekostenmanagements deutlich zu verbessern.<br />
Ich freue mich darauf, wenn ich Ihnen hier demnächst<br />
über die nächsten Schritte berichten kann.<br />
Mein Dank gilt allen Beteiligten für ihr großes<br />
Engagement bei <strong>der</strong> Erarbeitung des Leitbildes,<br />
ganz beson<strong>der</strong>s den Kolleginnen und Kollegen,<br />
die unmittelbar mit <strong>der</strong> Erstellung des Textes beschäftigt<br />
waren, nicht zuletzt aber auch den Angehörigen<br />
<strong>der</strong> Fakultäten und <strong>der</strong> Departments für<br />
das außerordentlich konstruktive Feedback, das<br />
wir bislang erhalten haben. Ich bin zuversichtlich,<br />
dass wir mit ZUV 2015 einen deutlichen Schritt<br />
tun, um Forschung und Lehre an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> noch<br />
weit besser als in <strong>der</strong> Vergangenheit gemeinsam<br />
voranzubringen.<br />
Nachdem das Leitbild im Deze<strong>mb</strong>er 2013 allen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern <strong>der</strong> ZUV kommuniziert<br />
worden ist, wird es nunmehr <strong>der</strong> universitären<br />
Öffentlichkeit vorgestellt. Es formuliert<br />
einen Zielzustand, an <strong>der</strong> die Entwicklung <strong>der</strong><br />
ZUV gemessen werden soll und will. Künftig wird<br />
es deshalb darum gehen, dort, wo <strong>der</strong> im Leitbild<br />
formulierte Zielzustand noch nicht erreicht ist,<br />
Maßnahmen zu definieren, um das Leitbild in <strong>der</strong><br />
täglichen Arbeit umzusetzen.<br />
Erste Konzepte hierfür liegen bereits vor und werden<br />
umgesetzt: Im Themenbereich Information<br />
und Kommunikation wird intensiv an einem ZUV-<br />
Dr. Christoph Mülke<br />
Vizepräsident <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München
6<br />
MUM NR. 1 · 2014<br />
■ NEWS<br />
4 MELDUNGEN<br />
■ TITEL<br />
6 ZWISCHEN FAKTEN UND FIKTION<br />
WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />
ZWISCHEN FAKTEN UND FIKTION<br />
WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />
12<br />
■ ESSAY<br />
10 AKADEMISIERT SCHRUMPFEN<br />
DER DEMOGRAFISCHE WANDEL UND DIE HOCHSCHULEN<br />
■ PROFILE<br />
12 VERKEHRSTOD VERHINDERN<br />
UNFALLFORSCHUNG AN DER <strong>LMU</strong><br />
16 LEHRE MIT SPASS UND STRUKTUR<br />
PROFESSOR LORENZ ERHÄLT DEN ARS LEGENDI-PREIS<br />
18 SCHMELZTIEGEL DEGGENDORF<br />
SCHÜLER ERFORSCHEN IHRE GLOBALISIERTE HEIMAT<br />
20 VOM EISBACH AN DEN WÜRMKANAL<br />
UMZUG DER TIERMEDIZIN NACH OBERSCHLEISSHEIM<br />
N R . 1 • 2014 INHALT<br />
3<br />
22 „KINDER IM BLICK“<br />
HILFE IN DER TRENNUNGSKRISE<br />
UNFALLFORSCHUNG<br />
AN DER <strong>LMU</strong><br />
VERKEHRSTOD<br />
VERHINDERN<br />
24<br />
24 AKADEMISCHER ABSCHLAG<br />
SERIE: SPORT IST IHR HOBBY<br />
26 VERBINDUNG VON EMPIRIE UND THEORIE<br />
NEUES INTERNATIONALES DOKTORANDENKOLLEG<br />
28 MIT ERZÄHLEN LERNEN<br />
<strong>LMU</strong> MACHT SCHULE<br />
30 GROSSE KÖPFE IN KLEINEM FORMAT<br />
PORTRÄTMEDAILLEN<br />
■ ALUMNI<br />
SERIE: SPORT IST IHR HOBBY<br />
AKADEMISCHER ABSCHLAG<br />
28<br />
32 „FEIERN UND STUDIEREN – DAS GEHT LOCKER!“<br />
CLUBBETREIBER MATHIAS SCHEFFEL<br />
■ MENSCHEN<br />
34 NEUBERUFEN<br />
40 PREISE & EHRUNGEN<br />
■ SERVICE<br />
46 TIPPS & TERMINE<br />
<strong>LMU</strong> MACHT SCHULE<br />
MIT ERZÄHLEN LERNEN<br />
■ IMPRESSUM
NEWS<br />
N R . 1 • 2014 NEWS<br />
4<br />
<strong>LMU</strong>-STUDENTIN IST BEHINDERTEN-<br />
SPORTLERIN DES JAHRES<br />
Anna Schaffelhuber wurde zur paralympischen<br />
Sportlerin des Jahres 2013 gewählt. Die Jurastudentin<br />
setzte sich beim Monoski in einer Publikumsentscheidung<br />
gegen zwölf Konkurrentinnen durch.<br />
„Ich hab mich wirklich sehr darüber gefreut. Für<br />
mich ist die Auszeichnung ein Ansporn für mein<br />
nächstes Ziel: eine Goldmedaille bei den Paralympics<br />
2014 in Sotschi“, so Schaffelhuber. Bereits<br />
im Februar holte sie bei <strong>der</strong> Weltmeisterschaft in<br />
La Molina, Spanien, Gold im Slalom und qualifizierte<br />
sich damit für die Vorauswahl zur Behin<strong>der</strong>tensportlerin<br />
2013. Diese Auszeichnung kann<br />
sie schon zum zweiten Mal mit nach Hause nehmen:<br />
Nach drei Goldmedaillen bei <strong>der</strong> Alpin-WM<br />
in Sestriere, Italien, hat sie schon 2011 die Wahl<br />
zur Behin<strong>der</strong>tensportlerin des Jahres gewonnen.<br />
Wenn Anna Schaffelhuber gerade nicht auf <strong>der</strong><br />
Piste anzutreffen ist, studiert sie im 5. Semester<br />
Jura an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>: „Ich versuche, im Sommersemester<br />
möglichst viel für die Universität vorzubereiten,<br />
um im Winter genügend Zeit fürs Skifahren<br />
zu haben. Das klappt im Moment auch ganz gut.<br />
Diesen Winter werde ich mich aber vollkommen<br />
auf die Spiele in Sostchi im März konzentrieren.“<br />
■ cdr<br />
ERSTE ABSOLVENTEN DES<br />
PIR-MODELLSTUDIENGANGS<br />
Die ersten neun Absolventen des Master- und Modellstudiengangs<br />
„Prävention, Inklusion und Rehabilitation<br />
(PIR) bei Hörschädigung“ nahmen Ende<br />
Oktober von Lehrstuhlinhaberin Professor Annette<br />
Leonhardt ihr Zeugnis entgegen. Alle Prüflinge<br />
haben zuvor den Bachelor- und Modellstudiengang<br />
gleichen Namens erfolgreich abgeschlossen.<br />
Das Beson<strong>der</strong>e daran: Der Studiengang ist <strong>der</strong><br />
einzige an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, <strong>der</strong> im Bereich des Lehramts<br />
neben dem Staatsexamen einen Bachelor- und<br />
Masterabschluss ermöglicht. Dies geht auf eine<br />
Zielvereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern<br />
und <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> aus dem Jahr 2006 zurück. Neben<br />
dem Lehramt wird eine Qualifikation für den Bereich<br />
<strong>der</strong> Rehabilitation bei Gehörlosigkeit und<br />
Schwerhörigkeit angeboten. Studierende können<br />
folglich unter dem Dach von PIR entwe<strong>der</strong> Gehörlosenpädagogik<br />
o<strong>der</strong> Schwerhörigenpädagogik<br />
für das Lehramt sowie Gehörlosenpädagogik o<strong>der</strong><br />
Schwerhörigenpädagogik für den nebenschulischen/außerunterrichtlichen<br />
Bereich studieren.<br />
Mit dem neuen Bachelorabschluss können Studierende<br />
direkt in den Beruf starten. Möglichkeiten<br />
bestehen etwa in schulvorbereitenden Einrichtungen,<br />
in Schülerwohnheimen, bei den jeweiligen<br />
1 Anna Schaffelhuber bei <strong>der</strong> Monoski-Abfahrt.
NEWS<br />
Verbänden, in <strong>der</strong> Frühför<strong>der</strong>ung und in Rehabilitationseinrichtungen.<br />
Der Masterabschluss qualifiziert<br />
für Leitungsfunktionen. Für den Einstieg<br />
ins Referendariat – die Voraussetzung um als Lehrer<br />
arbeiten zu können – ist ein Masterabschluss<br />
zwingend erfor<strong>der</strong>lich. Beenden Studierende des<br />
Lehramts das Studium bereits mit Erreichen des<br />
Bachelorabschlusses, können diese jedoch in allen<br />
Bereichen arbeiten, in denen es auch für die Absolventen<br />
mit dem Studium <strong>der</strong> nebenschulischen/<br />
außerunterrichtlichen Ausrichtung möglich ist.<br />
Der Bachelor ist vorzugsweise praxis-, <strong>der</strong> Masterstudiengang<br />
hingegen forschungs- und projektorientiert.<br />
Im Gegensatz zum Lehramt für Son<strong>der</strong>pädagogik<br />
brauchen Studierende für den Modellstudiengang<br />
30 ECTS-Punkte mehr, weshalb<br />
zehn statt neun Semester benötigt werden. Die<br />
Absolventen verfügen anschließend über einen<br />
international anerkannten, 300 ECTS umfassenden<br />
Studienabschluss, mit dem sie sich weltweit<br />
bewerben können.<br />
■ dl<br />
Leitbild<br />
<strong>der</strong> Zentralen<br />
Universitätsverwaltung<br />
www.lmu.de/zuv-leitbild<br />
n n n n<br />
LEITBILD FÜR DIE ZUV<br />
Die Zentrale Universitätsverwaltung (ZUV) hat<br />
jetzt ein Leitbild. Es beschreibt unter an<strong>der</strong>em<br />
Ziel- und Wertvorstellungen sowie das Selbstverständnis<br />
<strong>der</strong> Verwaltung, aus denen sich wie<strong>der</strong>um<br />
Entscheidungen und Verhaltensweisen ableiten.<br />
Es soll dabei ständig weiterentwickelt werden.<br />
Das Leitbild ist das Ergebnis eines intensiven<br />
Prozesses, bei dem die Mitarbeiter <strong>der</strong> ZUV stark<br />
eingebunden waren. So wurden im Rahmen von<br />
Veranstaltungen, wie etwa Leitbildcafés, zum<br />
Beispiel Arbeitsprozesse, Selbstverständnis o<strong>der</strong><br />
Erwartungen <strong>der</strong> verschiedenen ZUV-Einheiten<br />
und ihre Zusammenarbeit erörtert und schließlich<br />
verdichtet.<br />
■ cg<br />
www.lmu.de/zuv-leitbild<br />
NEUES INSTITUT FÜR DIDAKTIK UND AUS-<br />
BILDUNGSFORSCHUNG GEGRÜNDET<br />
Am 1. Januar 2014 wurde das Institut für Didaktik<br />
und Ausbildungsforschung in <strong>der</strong> Medizin am Klinikum<br />
<strong>der</strong> Universität München gegründet. Der<br />
seit 2011 an <strong>der</strong> Medizinischen Klinik und Poliklinik<br />
4 etablierte Lehrstuhl für Didaktik und Ausbildungsforschung<br />
wird damit als eigenständiges<br />
Institut sichtbar und nimmt bundesweit eine Vorreiterrolle<br />
ein. Direktor des Instituts ist Professor<br />
Martin Fischer, seit Nove<strong>mb</strong>er 2012 auch Studiendekan<br />
für die Lehre im klinischen Studienabschnitt<br />
des Medizinischen Curriculums München<br />
(MeCuM) und für die Masterstudiengänge an <strong>der</strong><br />
Medizinischen Fakultät verantwortlich.<br />
Das neue Institut versteht sich als Service- und<br />
Forschungseinrichtung. Im Servicebereich sollen<br />
die Studiendekane und alle theoretischen, klinisch-<br />
theoretischen und klinischen Einrichtungen<br />
in zentralen Fragen <strong>der</strong> Qualitätssicherung und<br />
-weiterentwicklung <strong>der</strong> Lehre unterstützt werden.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Ausbildungsforschung beschäftigt<br />
sich das Institut mit <strong>der</strong> Messung und Vermittlung<br />
klinischer Entscheidungs- und Wissenschaftskompetenz,<br />
<strong>der</strong> Messung und Vermittlung von<br />
Kommunikationskompetenz sowie mit dem Einsatz<br />
innovativer Lehr- und Prüfungsformate.<br />
Derzeit werden mehr als 20 Promotionsprojekte<br />
am Institut und in enger Zusammenarbeit mit dem<br />
Munich Center of the Learning Sciences (MCLS)<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> betreut. Das Institut ist an einer ganzen<br />
Reihe von Drittmittelprojekten und Initiativen in<br />
Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen<br />
Kooperationspartnern und mit dem Medizinischen<br />
Fakultätentag (MFT), dem Masterstudiengang<br />
„Master of Medical Education“ (MME) an<br />
<strong>der</strong> Universität Heidelberg und <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
für Medizinische Ausbildung (GMA) beteiligt, <strong>der</strong>en<br />
Präsident Martin Fischer <strong>der</strong>zeit ist. ■ red<br />
N R . 1 • 2014 NEWS<br />
5
N R . 1 • 2014 THEMA<br />
6<br />
WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />
ZWISCHEN FAKTEN UND FIKTION<br />
Das Interesse <strong>der</strong> Zuschauer an wissenschaftlichen<br />
Themen in Film und Fernsehen wächst.<br />
Langsam reagiert die Branche und engagiert für<br />
eine realistische Darstellung immer häufiger Experten<br />
als Berater – darunter auch Professoren<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Ein Medizin-Alumnus bietet mit seiner<br />
Firma inzwischen sogar professionelle Unterstützung<br />
am Set an. Obwohl viele Disziplinen<br />
von <strong>der</strong> zunehmenden medialen Darstellung<br />
profitieren, wird häufig dennoch ein falsches<br />
Bild des jeweiligen Fachs projiziert – teilweise<br />
mit grotesken Folgen.<br />
Wissenschaft nimmt in Serien, Film und Fernsehen<br />
eine immer größere Rolle ein. Dies konnten Studierende<br />
und Mitarbeiter kürzlich sogar direkt vor<br />
dem <strong>LMU</strong>-Hauptgebäude miterleben. Dort drehte<br />
die Ratpack Filmproduktion den Kinofilm „Mara<br />
und <strong>der</strong> Feuerbringer“ mit Schauspieler Jan Josef<br />
Liefers als fiktivem Mediävistikprofessor Weissinger.<br />
„Alle Kostüme, Artefakte, Schmuck und das<br />
Setdesign basieren dabei auf wissenschaftlicher<br />
Recherche“, betont Ratpack-Sprecher Christian<br />
Becker. Nichts im Film, was mit nordisch-germanischer<br />
Mythologie zu tun habe, sei ausgedacht.<br />
„Ich wollte mich von Anfang an so nah wie möglich<br />
am aktuellen Stand <strong>der</strong> Wissenschaft orientieren“,<br />
ergänzt Regisseur und Bernd-das-Brot-Erfin<strong>der</strong><br />
Tommy Krappweis. Fakten böten den Zuschauern<br />
Orientierung und nähmen einen höheren Stellenwert<br />
ein als früher.<br />
Aus diesem Grund hat sich <strong>der</strong> Grimme-Preisträger<br />
auch bei <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> so nah<br />
wie möglich an die Realität gehalten. Lediglich<br />
für den Lichthof musste wegen <strong>der</strong> Renovierungsarbeiten<br />
<strong>der</strong> Münchener Justizpalast als Double<br />
einspringen. Dafür nimmt im zugrundeliegenden<br />
Roman das Bodendenkmal für die Geschwister<br />
Scholl eine wichtige Rolle ein: Hauptfigur Mara erlebt<br />
in einem Tagtraum schemenhaft das Verteilen<br />
<strong>der</strong> Flugblätter. Krappweis sind solche Momente<br />
beson<strong>der</strong>s wichtig, weil die nordisch-germanische<br />
Mythologie in den 1930er-Jahren von den Nazis<br />
für ihre Zwecke in Beschlag genommen wurde.<br />
„Davon wollte ich mich ausdrücklich distanzieren<br />
und auch im Film werden wir das natürlich deutlich<br />
machen“, erklärt er.<br />
HÄUFIGE BERATUNGSRESISTENZ<br />
Da gerade bei Filmen mit historischem Kontext beson<strong>der</strong>s<br />
akkurat recherchiert werden müsse, holte<br />
sich Krappweis den realen Professor Rudolf Simek<br />
von <strong>der</strong> Uni Bonn ins Boot. „Für den ersten Entwurf<br />
hat er von mir noch ordentlich Kritik einstecken<br />
müssen“, erzählt Simek, <strong>der</strong> in seinen Büchern<br />
auch den Einfluss <strong>der</strong> germanischen Mythologie<br />
auf Romanklassiker untersucht. Doch Krappweis<br />
habe sich seine Kritik zu Herzen genommen und<br />
seriös mit ihm zusammengearbeitet. „Er hat viel<br />
Fantasie, ist aber nicht beratungsresistent“, lacht<br />
<strong>der</strong> Mediävist. Nur wenn er keine wissenschaftlichen<br />
Quellen gefunden habe, habe er Krappweis<br />
seine künstlerische Freiheit gelassen. Lei<strong>der</strong> liefe<br />
das bei Regisseuren von Dokumentarfilmen wie<br />
„Terra X“ häufig nicht so glatt, weil die Sendungen<br />
publikumswirksam aufbereitet werden müssten.<br />
Das aufkeimende Interesse an mythologischen<br />
Filmen ist nach Meinung von Simek eine Gegenbewegung<br />
zur Tabuisierung nach dem Krieg, als<br />
man die Wissenschaft für rechtslastig hielt. Statt<br />
sich aber jetzt nur auf real existierende Mythologien<br />
zu beziehen, habe zum Beispiel J. R. R. Tolkien<br />
für seine Romantrilogie „Der Herr <strong>der</strong> Ringe“<br />
manches einfach frei erfunden. Dies gelte noch<br />
viel mehr für Harry-Potter-Reihe o<strong>der</strong> die Thor-<br />
Comicverfilmungen. „Wenn ich mir den Film anschaue,<br />
glaube ich, die Recherche dazu dauerte<br />
einen Nachmittag lang“, kritisiert Simek.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Medizin gibt es jetzt allerdings eine<br />
Gegenbewegung. Ärzte wollten es nicht länger
7 Dreharbeiten zu Tommy Krappweis‘<br />
„Mara und <strong>der</strong> Feuerbringer“ an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />
hinnehmen, dass ihre Disziplin in Sendungen wie Dr. Stefan Frank<br />
auf den Kopf gestellt wird. Daher gründete <strong>der</strong> ehemalige <strong>LMU</strong>-<br />
Student Dr. Pablo Hagemeyer mit einigen Kollegen The DOX. Die<br />
Beratungsagentur durchforstet Drehbücher, hilft bei <strong>der</strong> Dramaturgie,<br />
vermittelt medizinisches Personal und spricht in <strong>der</strong> Weilheimer<br />
Zentrale mit den Autoren. „Die Welt wird immer komplizierter und<br />
komplexer“, veranschaulicht <strong>der</strong> Inhaber. Durch die Informationstechnologie,<br />
die gestiegene Rechnerleistung und die große Diversifizierung<br />
würden selbst Fachärzte nicht immer über das Neuste vom<br />
Neusten Bescheid wissen. Die meisten Fragen <strong>der</strong> Autoren zielen<br />
aber auf die Verhaltensweisen <strong>der</strong> Ärzte ab: „Wie würde er sich in<br />
dieser Situation verhalten?“, „Welche Möglichkeiten hat er?“ o<strong>der</strong><br />
„Woran denkt er zuerst?“. Damit dies beim Dreh alles korrekt umgesetzt<br />
wird, haben die Mitarbeiter mittlerweile ihren eigenen Regiebereich<br />
o<strong>der</strong> spielen gleich selber mit. „Es gibt doch keinen besseren<br />
Komparsen als einen echten Arzt“, grinst <strong>der</strong> Psychotherapeut.<br />
ARZTSERIEN WERDEN REALISTISCHER<br />
Insgesamt sind die gesendeten Abläufe aus Forschung und Praxis<br />
realistischer als noch vor 15 Jahren. „Heute kann sich kein Produzent<br />
mehr leisten, Mist zu produzieren“, berichtet Dr. Hagemeyer.<br />
Dies liege aber nicht zuletzt an <strong>der</strong> zunehmenden Beratung von<br />
Experten aus Medizin und Naturwissenschaft. So sei „Der Bergdoktor“<br />
im ZDF aus fachlicher Sicht momentan die beste deutsche<br />
Arztserie – „vor allem natürlich, weil wir sie zurzeit beraten“, ergänzt<br />
<strong>der</strong> Alumnus augenzwinkernd. Im Übrigen sei auch im Film „Das<br />
Schweigen <strong>der</strong> Lämmer“ sehr stimmig beschrieben, wie Hannibal<br />
Lecter seinem Opfer das Gehirn aus dem Schädel löffele. Bei Sendungen<br />
wie „Dr. Diary“ o<strong>der</strong> „Doc meets Dorf“ kann er aber auch<br />
über Fehler lachen, weil diese nicht den Anspruch an Realität transportieren<br />
wollten. Doch nicht alle können den Unterschied zwischen<br />
Wahrheit und Fiktion erkennen: Umfragen zufolge glaubten nach<br />
„Jurassic Park“ viele Menschen, dass man aus Moskitoblut Dinosaurier<br />
züchten kann. So etwas ficht Dr. Hagemeyer zwar nicht an.<br />
Kritisch wird es für ihn aber, wenn sich gravierende Fehlhaltungen<br />
auf das Publikum übertragen. „Die meisten Fehler“, betont er ernst,<br />
„werden lei<strong>der</strong> immer noch bei <strong>der</strong> Reanimation gemacht.“<br />
Den Fil<strong>mb</strong>oom im medizinischen Bereich erklärt <strong>der</strong> Arzt mit <strong>der</strong><br />
neuen Digitalisierungstechnik. Erst dadurch könnten Filme mit<br />
den Themenbereichen Träume („Inception“), Genetik („Gattacca“),<br />
52<br />
Te<br />
Tellur<br />
127,60<br />
2<br />
8<br />
18<br />
18<br />
6 V<br />
23<br />
Vanadium<br />
50,942<br />
2<br />
8<br />
11<br />
2<br />
o<strong>der</strong> Psychotherapie („Shutter Island“) endlich authentisch verfilmt<br />
werden. Gleiches gelte für Serien wie zum Beispiel „Dexter“, „In<br />
Treatment“, „Breaking Bad“, „CSI“, „RIS“ o<strong>der</strong> „Postmortem“. „Sie<br />
alle sprechen in extremer Weise den eigenen Horror o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e unterdrückte<br />
Tabus an“, erklärt Dr. Hagemeyer. Menschen wollten vermittelt<br />
bekommen, wie es ist, krank zu sein, zu sterben o<strong>der</strong> etwas<br />
verlieren zu können. Ein weiteres Erfolgsgeheimnis sei die ständige<br />
Überhöhung des Menschen in <strong>der</strong> Arztrolle und das Vergnügen <strong>der</strong><br />
Zuschauer, diesen durch profan Menschliches aus <strong>der</strong> Rolle fallen<br />
zu sehen. Natürlich sei aber auch die Mutlosigkeit <strong>der</strong> öffentlichrechtlichen<br />
Sen<strong>der</strong> ein Grund für die vielen Arztserien. „Es braucht<br />
einfach immer eine gute Weile, bis sich Neues etabliert.“<br />
PRODUZENTEN SIND HÄUFIG NERDS<br />
Trotz <strong>der</strong> Konzentration auf die Medizin wird laut <strong>LMU</strong>-Theaterwissenschaftlers<br />
Lars Krautschick jede Wissenschaft im Fernsehen<br />
verkörpert. Als Beispiele nennt er Indiana Jones für die Archäologen,<br />
für die Kunstgeschichte die Werke von Dan Brown, für die<br />
Physik „The Big Bang Theory“, für die Chemie „Breaking Bad“ und<br />
für die Informatik „The IT Crowd“. Außerdem würden viele Horrorund<br />
Slasher-Filme – Krautschicks Spezialgebiet – auf den Campus<br />
von Universitäten spielen. Den Grund für die breite Streuung hat<br />
Krautschick schnell ausgemacht: „Die heutigen Produzenten waren<br />
früher alle Nerds, die Science-Fiction mochten“, sagt er. „Die sind<br />
jetzt in dem Alter, wo sie Filme herstellen und ihre Lieblingsthemen<br />
ko<strong>mb</strong>inieren können: Science und Fiction.“<br />
Was Krautschick dabei jedoch stört, ist die Leichtgläubigkeit <strong>der</strong><br />
Zuschauer. „Das fing in den 1930er-Jahren an“, erklärt er. „Damals<br />
dachten die Menschen, im Kino würde das ‚wahre Leben‘ gezeigt –<br />
daran hat sich bis heute nicht viel geän<strong>der</strong>t.“ Heute glaubten die Leute<br />
durch parapsychologische Filme wie „Paranormal Activity“, sie könnten<br />
Geisterjäger werden, durch Krimiserien wie „CSI“, Labortechniker<br />
würden Waffen tragen, o<strong>der</strong> nach „Breaking Bad“, sie könnten<br />
die Droge Crystal Meth herstellen – obwohl in <strong>der</strong> Serie immer ein<br />
entscheiden<strong>der</strong> Schritt im Herstellungsverfahren ausgelassen wurde.<br />
Außerdem sei zum Beispiel bei „The Big Bang Theory“ das physikalische<br />
Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“ nicht korrekt<br />
dargestellt worden und bei „Das A-Team – Der Film“ die Handlung in<br />
Frankfurt am Main angesiedelt, obwohl im Hintergrund <strong>der</strong> Kölner<br />
Dom zu sehen sei. „Darüber hinaus gibt es keine Maschine, die an-<br />
N R . 1 • 2014 THEMA<br />
7
7 Berater Dr. Pablo Hagemeyer von The<br />
DOX mit „Bergdoktor“-Darsteller Hans Sigl.<br />
6<br />
C<br />
Kohlenstoff<br />
12,011<br />
2<br />
4<br />
19<br />
SI<br />
Silicium<br />
28,086<br />
2<br />
8<br />
4<br />
N R . 1 • 2014 THEMA<br />
8<br />
zeigt, ob man tot ist“, ergänzt Krautschicks Kollege Fabian Rudner.<br />
„Im Film werden solche Apparaturen jedoch eingesetzt, um den Tod<br />
mittels einer geraden Linie auf Bild- und Tonebene darzustellen.“<br />
FILME INSPIRIEREN DIE WISSENSCHAFT<br />
Allerdings können die zwei Lehrbeauftragten auch durchaus positive<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> fiktiven Darstellung von Wissenschaft erkennen.<br />
So habe Jules Verne in „20.000 Meilen unter dem Meer“ schon im<br />
19. Jahrhun<strong>der</strong>t ein U-Boot o<strong>der</strong> in „Von <strong>der</strong> Erde zum Mond“ die<br />
Reise zum Mond beschrieben. „Beides hat Wissenschaftler zum<br />
Nachdenken angeregt, weil sie das in die Realität umsetzen wollten“,<br />
unterstreicht Krautschick. Touchscreens sah man in „Minority<br />
Report“, bevor sie in den Handel kamen, seit „Der Soldat James<br />
Ryan“ gibt es neue Trainingskonzepte für Kriegsmanöver seitens <strong>der</strong><br />
US-Armee und seit „Minority Report“ mit <strong>der</strong> Hand in <strong>der</strong> Luft steuerbare<br />
Computer. Generell sähen Computer heute überhaupt nur so<br />
aus, wie sie aussehen, weil sie vor ihrer Existenz im Fernsehen so<br />
dargestellt worden seien. „Wissenschaft beeinflusst Film und Film<br />
die Wissenschaft“, fasst Krautschick zusammen.<br />
Ob Wissenschaft im Film positiv o<strong>der</strong> negativ dargestellt wird, hängt<br />
für die beiden Dozenten mit <strong>der</strong> politischen Lage zusammen. In Zeiten<br />
des Kalten Kriegs galt sie wegen <strong>der</strong> Ato<strong>mb</strong>o<strong>mb</strong>e als schlecht,<br />
nach dem 11. Septe<strong>mb</strong>er 2001 plötzlich wie<strong>der</strong> als gut. „Dies zeigt<br />
sich an den vielen Superhelden-Streifen wie ‚Spi<strong>der</strong>man‘, ‚Ironman‘<br />
o<strong>der</strong> ‚Fantastic Four‘“, konkretisiert Rudner. Gerade in Krisenzeiten<br />
wie jetzt seien Wissenschaftler beson<strong>der</strong>s gefragt. „Diese sollen die<br />
Krise – sy<strong>mb</strong>olisiert durch Monster – bekämpfen“, ergänzt Krautschick<br />
und verweist auf den voraussichtlich im Mai 2014 startenden<br />
Godzilla-Film. Um <strong>der</strong>artige Themen tiefgründiger zu erforschen,<br />
ist an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> in Zukunft ein Masterstudiengang „Film“ geplant.<br />
Für Geowissenschaftler ist das Filmgenre ebenfalls ein wachsendes<br />
Feld, nicht nur in <strong>der</strong> Kulturgeografie, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Wirtschaftsgeografie<br />
und in <strong>der</strong> Tourismusforschung. Der <strong>LMU</strong>-Professor<br />
Gordon Win<strong>der</strong> aus Neuseeland untersucht beispielsweise, wie<br />
Landschaften in Filmen dargestellt und genutzt werden. Zusammen<br />
mit Studierenden versuchte er herauszufinden, an welchen Orten<br />
„Der Herr <strong>der</strong> Ringe“ genau gedreht wurde und dabei insbeson<strong>der</strong>e,<br />
wie und für welche zusätzlichen Zwecke die fantastischen Filmlandschaften<br />
genutzt wurden. Damit wollte <strong>der</strong> Wirtschaftsgeograf<br />
analysieren, welche Rolle dieses Image in <strong>der</strong> regierungseigenen<br />
„Brand Neuseeland“-Kampagne spielte. „Nachdem <strong>der</strong> neuseeländische<br />
Kulturminister jede Gelegenheit zur Vermarktung nutzen<br />
wollte, fiel uns dabei die Rolle des Promoters zu“, erzählt Win<strong>der</strong>.<br />
Das Ergebnis: Die fantastischen Landschaftsbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Filme haben<br />
die für Neuseeland typischen grasbewachsenen Hügel mit Schafen<br />
in <strong>der</strong> Außendarstellung und Tourismuswerbung ersetzt. Die neueste<br />
Kampagne im Zusammenhang mit dem Film „Der Hobbit“ gilt<br />
als eine <strong>der</strong> erfolgreichsten in <strong>der</strong> Tourismuswerbung Neuseelands.<br />
Dass die Destination Auckland in diesem Jahr vom Reiseführer Lonely<br />
Planet in die Top Ten gewählt wurde, ist nicht zuletzt auch<br />
darauf zurückzuführen. Gleichzeitig ist das neuseeländische Unternehmen<br />
Weta zum zweitgrößten Animationsfilmproduzenten <strong>der</strong><br />
Welt gewachsen. „Dieses Beispiel steht für die erfolgreiche Verbindung<br />
von Tourismusför<strong>der</strong>ung und Projekten <strong>der</strong> Kulturindustrie“,<br />
so Win<strong>der</strong>.<br />
DER KLIMAWANDEL ALS KASSENSCHLAGER<br />
So verwun<strong>der</strong>t es nicht, wenn Geowissenschaftler für Produzenten<br />
gefragte Ansprechpartner sind. „Gerade die Geophysik spielt eine<br />
immer größere Rolle – nicht zuletzt wegen <strong>der</strong> globalen Erwärmung“,<br />
betont Stuart Gil<strong>der</strong> vom Department of Earth and Environmental<br />
Sciences <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Dies unterstreichen auch Filme wie<br />
„Volcano“, „The Core“, „The Day After Tomorrow“ o<strong>der</strong> das Tsunami-Drama<br />
„The Impossible“. Zuletzt wurde sogar <strong>LMU</strong>-Dozent Dr.<br />
Wilfried Hagg als wissenschaftlicher Berater für das Actiondrama<br />
„Gletscherblut“ gehört. In dem ZDF-Streifen ging es um eine Gletscherexplosion<br />
durch Schmelzwasser, wie sie tatsächlich 1892 am<br />
Mont Blanc in den Alpen vorgekommen ist. Dr. Hagg sollte dabei<br />
mehrere Versionen des Drehbuchs auf Plausibilität und die Effekte<br />
auf Realitätsnähe prüfen. Anschließend gab er seine Kommentare<br />
und Bedenken aus fachlicher Sicht ab. Manchmal rief auch die Autorin,<br />
<strong>der</strong> Produzent o<strong>der</strong> Regisseur bei ihm an, bevor neue Drehbuchabschnitte<br />
geschrieben wurden. „Meine Kritik wurde ernst genommen<br />
und das Drehbuch deswegen auch mehrfach geän<strong>der</strong>t“,<br />
erinnert sich <strong>der</strong> Landschaftsökologe. Der Ehrlichkeit halber müsse<br />
er aber gestehen, dass trotzdem mehrere extrem seltene Ereignisse<br />
sehr stark gehäuft auftraten. „Aber sonst“, so Hagg, „wäre es wohl<br />
kein Stoff für einen Film.“<br />
■ dl
INTERVIEW MIT CHRISTOF DECKER<br />
EINE FRAGE DER VERMITTLUNG<br />
Professor Christof Decker ist außerplanmäßiger Professor für<br />
Amerikanistik am Amerika-Institut <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Zu seinen Forschungsgebieten<br />
gehören kultur- und medienwissenschaftliche<br />
Themen, Studien zur visuellen Kultur sowie die amerikanische<br />
Literatur. Decker ist außerdem <strong>LMU</strong>-Vertrauensdozent <strong>der</strong> Fulbright<br />
Kommission und Fakultätsreferent für „Internationalisierung<br />
und Medien“.<br />
MUM: Herr Professor Decker, nimmt Wissenschaft in Kino, Film<br />
und Fernsehen eine größere Rolle ein als früher?<br />
Decker: Zunächst einmal müssen wir uns die Frage stellen, von<br />
welcher Wissenschaftlichkeit wir sprechen. Die Naturwissenschaften<br />
werden häufig thematisiert, das hat eine lange Tradition. Es<br />
gibt eigene Sendeformate, aber auch Figuren, die für naturwissenschaftliche<br />
Forschung stehen. Der „Mad Scientist“, <strong>der</strong> sich zu einer<br />
Art Schöpferfigur erhoben hat, ist ein altes Stereotyp aus Science<br />
Fiction-Erzählungen. Wenn wir über Geisteswissenschaften reden,<br />
befinden wir uns auf einer an<strong>der</strong>en Ebene. Für diesen Bereich kann<br />
als Analogie in fiktionalen Formen das Verbrechen gelten. Geisteswissenschaftler<br />
stecken in Detektivfiguren, die anhand von Spuren<br />
versuchen, die Genese eines Tathergangs zu entschlüsseln – ein<br />
hermeneutischer Prozess. Für beide Ebenen kann man von einer<br />
Zunahme an Darstellungsformen sprechen.<br />
MUM: Wie erklären Sie sich das gestiegene Interesse an wissenschaftlichen<br />
Themen?<br />
Decker: Dafür sehe ich zwei Gründe: Zum einen existiert in heutigen<br />
Gesellschaften, die Erfahrungen immer stärker über Medien<br />
vermittelt bekommen, ein unglaublicher Hunger nach Realitätsbezügen.<br />
Das sieht man an <strong>der</strong> Zunahme von Spartensen<strong>der</strong>n wie dem<br />
Discovery Channel und erfolgreichen Dokumentarfilmen wie „Eine<br />
unbequeme Wahrheit“ mit Al Gore, die naturwissenschaftlich argumentieren.<br />
Zum an<strong>der</strong>en hat es im Bereich des Fernsehens eine<br />
Zunahme an realistischen Erzählformen gegeben. Dabei versucht<br />
man, fiktionale Szenarien authentischer und glaubhafter darzustellen.<br />
Letzteres gilt allerdings stärker für den amerikanischen Kontext,<br />
wo Serien wie „The Wire“ eine Art „goldenes Zeitalter“ des<br />
Fernseherzählens eingeläutet haben.<br />
MUM: Trotzdem entsprechen vermeintlich realistische Sendungen<br />
häufig nicht <strong>der</strong> Realität. Welche Auswirkungen hat das auf<br />
unsere Gesellschaft?<br />
Decker: Man kann in Anlehnung an die US-Krimiserie mitunter von<br />
einem „CSI-Effekt“ sprechen. Das heißt, dass eine aus bestimmten<br />
Gründen beson<strong>der</strong>s attraktive fiktive Repräsentation eines Vorgangs<br />
so einflussreich wird, dass sie die Erwartungshaltungen an reale<br />
Prozesse prägt – etwa im juristischen Bereich. Das kann problematisch<br />
sein, weil es häufig nichts mit <strong>der</strong> tatsächlichen Praxis zu tun<br />
hat. In dokumentarischen Beiträgen geht es hingegen – wie in <strong>der</strong><br />
Wissenschaft – weniger um absolute Wahrheit o<strong>der</strong> Wirklichkeitstreue<br />
als um das Zusammenspiel von guter Argumentation und<br />
überzeugenden Beweisen. Das sehe ich positiv.<br />
MUM: Kann denn Wissenschaft überhaupt realistisch dargestellt<br />
werden, ohne dass die Zuschauer abschalten?<br />
Decker: Das ist eine zentrale Frage für die Vermittlung wissenschaftlicher<br />
Erkenntnis. Was wir feststellen ist, dass sowohl Naturals<br />
auch Geisteswissenschaften zum Teil so hochgradig spezialisiert<br />
sind, dass sie selbst von Fachleuten nicht mehr nachvollzogen werden<br />
können. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie weit die Popularisierung<br />
des Wissens gehen sollte: Natürlich darf Wissenschaft nicht<br />
so stark vereinfacht o<strong>der</strong> verfälscht werden, dass sie nicht mehr wie<strong>der</strong>erkennbar<br />
ist. Aber dass man als Wissenschaftler sagt, komplexe<br />
Prozesse sind nicht mehr vermittelbar, wäre eine Kapitulation. Man<br />
sollte sich daher schon <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung stellen, komplizierte<br />
Zusammenhänge auch für ein nicht vorgebildetes Publikum bar zu machen.<br />
■ Interview: verstehdl<br />
maraund<strong>der</strong>feuerbringer.de<br />
www.thedox.de<br />
labcoatsinhollywood.com<br />
larsrobertkrautschick.wordpress.com<br />
bit.ly/Marvels_The_Avengers<br />
www.diefilmg<strong>mb</strong>h.de/presse/ph_gletscherblut.pdf<br />
N R . 1 • 2014 THEMA<br />
9
N R . 1 • 2014 ESSAY<br />
10<br />
ESSAY<br />
DER DEMOGRAFISCHE WANDEL UND DIE HOCHSCHULEN<br />
AKADEMISIERT SCHRUMPFEN<br />
Für die Hochschulen scheint die Rede vom demografischen Wandel <strong>der</strong>zeit etwas paradox: Die Nachwachsenden<br />
werden weniger, aber die Studierenden mehr. Allerdings: nicht an jedem Ort und nicht in<br />
jedem Studiengang. Denn <strong>der</strong> demografische Wandel verläuft regional selektiv und mit unterschiedlicher<br />
Intensität.<br />
1 Professor Peer Pasternack ist<br />
Direktor des Instituts für Hochschulforschung<br />
(HoF) an <strong>der</strong> Universität<br />
Halle-Wittenberg. Der Sozialwissenschaftler<br />
war unter an<strong>der</strong>em<br />
Gründungsgeschäftsführer <strong>der</strong><br />
Leipziger Universitätsverlag G<strong>mb</strong>H,<br />
Staatssekretär für Wissenschaft und<br />
Forschung im Senat Berlins sowie<br />
Forschungsdirektor des HoF. In seiner<br />
Forschung befasst sich Pasternack<br />
unter an<strong>der</strong>em mit den Themen<br />
Hochschulorganisation und -reform,<br />
Qualitätsentwicklung sowie Bildung<br />
im demografischen Wandel.<br />
Rau<strong>mb</strong>ezogen bewirkt <strong>der</strong> demografische Wandel<br />
eine Polarisierung in demografische Schrumpfungsgebiete<br />
einerseits und Wachstumszonen<br />
bzw. -inseln an<strong>der</strong>erseits. Die Bevölkerungsentwicklungen<br />
korrespondieren mit den jeweiligen<br />
wirtschaftlichen Situationen. In <strong>der</strong> Perspektive<br />
<strong>der</strong> Regionalentwicklung ergeben sich so Prosperitätszonen<br />
bzw. -inseln und Stagnations- bzw. Abschwungkorridore.<br />
Manche Gegenden in Deutschland<br />
sind mittlerweile so dünn besiedelt, dass sie<br />
nach UN-Kriterien als unbewohnt gelten.<br />
In den demografisch beson<strong>der</strong>s herausgefor<strong>der</strong>ten<br />
Regionen gibt es eher kleine o<strong>der</strong> keine Hochschulen,<br />
folglich auch keine hohe Studierendendichte.<br />
Die hochschulinduzierte wissensintensive Dienstleistungsnachfrage<br />
ist gedämpft, ebenso das <strong>der</strong>artige<br />
Gründungsgeschehen. Außeruniversitäre<br />
Forschung wird eher durch ausstellungsvorbereitende<br />
Arbeiten des örtlichen Naturkundemuseums<br />
repräsentiert als durch Max-Planck-Institute.<br />
Verdichtungen von Hochtechnologieunternehmen<br />
kommen nur ausnahmsweise vor. Dementsprechend<br />
verhält es sich auch mit dem Konzentrationsgrad<br />
an FuE-intensiver o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitiger<br />
Hochqualifikationsbeschäftigung. Die Informations-<br />
und Medienwirtschaft beschränkt sich vornehmlich<br />
auf lokale bzw. regionale Bedürfnisbefriedigung.<br />
Das kulturelle Leben wird durch ein<br />
traditional-bildungsbürgerliches Milieu dominiert<br />
statt durch innovationsgeneigte Avantgardisten.<br />
Ungebrochen hingegen ist <strong>der</strong> Drang in die Städte,<br />
darunter insbeson<strong>der</strong>e die großen. Damit ist<br />
die für Hochschulen wichtigste Entwicklung benannt.<br />
Während sich Fertilität und Mortalität, das<br />
heißt vor allem das Ansteigen <strong>der</strong> Lebensalter,<br />
überall ähnlich entwickeln, ist die Mobilität sehr<br />
unterschiedlich: Studentische Zuwan<strong>der</strong>ung in die<br />
Städte geht einher mit Abwan<strong>der</strong>ung aus ländlich<br />
geprägten, am stärksten aus peripheren, das heißt<br />
entwicklungsdefizitären Regionen.<br />
In den Problemregionen stellen Hochschulen, da<br />
öffentlich finanziert, die einzigen stabilen Einrichtungen<br />
dar, die ihre Sitzregionen an die überregionalen<br />
Kontaktschleifen des Wissens anschließen<br />
und junge Leute mit gesteigerten Bildungsaspirationen<br />
in <strong>der</strong> Region halten können. Sie sichern<br />
damit die Resonanzfähigkeit <strong>der</strong> Regionen für wissensbasierte<br />
Entwicklungen o<strong>der</strong> stellen diese her.<br />
Sie sind dort ein zentrales Verödungshemmnis.<br />
Auch heute schon macht den Hochschulen in diesen<br />
Regionen Abwan<strong>der</strong>ung zu schaffen, nämlich<br />
in weniger nachgefragten Studiengängen, die zum<br />
Teil mit Unterauslastungssituationen konfrontiert<br />
sind. Insgesamt aber verteilen sich gegenwärtig<br />
die Studierenden so, dass fast alle deutschen<br />
Hochschulen im Durchschnitt ihrer Fächer gut<br />
bis überausgelastet sind. Dabei handelt es sich<br />
in vielen Regionen allerdings um Überlaufeffekte.<br />
Sobald sich die Studiennachfrage nur ein wenig<br />
entspannt, ist eines zu erwarten: Das traditionelle<br />
(Im-)Mobilitätsverhalten <strong>der</strong> Studienanfänger wird<br />
wie<strong>der</strong> zum Tragen kommen. Herkömmlich studieren<br />
etwa 70 Prozent <strong>der</strong> Studierenden im 100-Kilometer-Umkreis<br />
ihres Heimatortes, sobald sie dort<br />
nur einen ihrer Wunschstudiengänge vorfinden.
Gesteigerte Heterogenität <strong>der</strong> Studierenden birgt erhöhte Studienabbruchrisiken.<br />
Hier entsteht die Aufgabe, die Heterogenität zu<br />
verarbeiten, ohne die Studienabbrecherzahlen steigen zu lassen.<br />
Die Studienanfängerprognosen sowohl <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) als auch des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) sagen<br />
für die nächsten Jahre eine gewisse Entspannung <strong>der</strong> Studiennachfrage<br />
voraus. Gab es 2012 bundesweit 493.500 Studienanfänger-<br />
und -anfängerinnen, so werden für 2015 467.000 (KMK) bzw.<br />
453.000 (CHE) prognostiziert, für 2020 449.500 (KMK) bzw. 425.000<br />
(CHE). Damit besteht die Aussicht, dass sich in vielen Studiengängen<br />
die Überlast reduzieren wird.<br />
Der Rückgang <strong>der</strong> Studiennachfrage wird jedoch kaum die Großstadthochschulen<br />
betreffen. Sie verfügen über eine ungebrochene<br />
Anziehungskraft, weil sie in einer Großstadt sitzen. Das heißt zugleich:<br />
Ihre Attraktivität resultiert weniger aus ihrer Leistungsstärke<br />
– welche die Studienanfänger und -anfängerinnen in <strong>der</strong> Regel nicht<br />
angemessen einschätzen können. Sie resultiert vielmehr aus dem<br />
Image <strong>der</strong> Stadt, <strong>der</strong> richtige Ort für eine selbstbestimmte Lebensphase<br />
zu sein. Etwas burschikos zugespitzt: Um diesen Standortvorteil<br />
zu erhalten, müssen die Großstadthochschulen lediglich darauf<br />
achten, dass ihr jeweiliges Hochschulimage das Stadtimage nicht<br />
so dramatisch unterschreitet, dass es zu negativen Überlagerungseffekten<br />
käme. Nachfrageprobleme jedenfalls sind für Großstadthochschulen<br />
nicht zu erwarten, allenfalls eine gewisse Entspannung<br />
<strong>der</strong> Überlast.<br />
In einer an<strong>der</strong>en Hinsicht jedoch dürften auch die Hochschulen in<br />
großen Städten den demografischen Wandel zu spüren bekommen:<br />
Absehbar steigert sich die Heterogenität <strong>der</strong> Studierendenschaft.<br />
Die Ursachen: Mobilität als einer <strong>der</strong> drei Faktoren <strong>der</strong> demografischen<br />
Entwicklung ist nicht allein Binnenmobilität, son<strong>der</strong>n auch<br />
Zuwan<strong>der</strong>ung von außen. Eine entsprechende Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bevölkerungszusammensetzung<br />
vollzieht sich seit Jahrzehnten. Obwohl<br />
es hier noch Handlungsbedarf gibt, erhöhen sich mittlerweile<br />
in den zweiten und dritten Zuwan<strong>der</strong>ergenerationen spürbar die<br />
erworbenen Studienberechtigungen. Daneben gibt es demografische<br />
Sekundäreffekte mit Auswirkungen auf die Hochschulen: die<br />
Zunahme von Studierenden mit Kin<strong>der</strong>n infolge <strong>der</strong> Pluralisierung<br />
von Lebensentwürfen; <strong>der</strong> verstärkte Drang nach Hochschulbildung<br />
im Alter als Ausdruck gesteigerter Teilhabewünsche <strong>der</strong> „jungen<br />
Alten“; die zunehmende Zahl von Studierenden, die in familiäre<br />
Pflegeaufgaben eingebunden sind; Rückkehrer aus dem Beruf an<br />
die Hochschule, etwa für ein Masterstudium.<br />
Eine konkurrierende Position dazu ist, dass die Studierendenzahlen<br />
insgesamt zu hoch seien und auf ihre Reduzierung hingewirkt werden<br />
müsse. Das drückt sich etwa in <strong>der</strong> populären Ansicht aus, ein<br />
Drittel <strong>der</strong> Studierenden sei gar nicht studierfähig. Allerdings war<br />
diese Meinung bereits im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t verbreitet. Damals besuchte<br />
ein Prozent eines Altersjahrgangs (zwei Prozent <strong>der</strong> jungen<br />
Männer, Frauen durften noch nicht studieren) eine Universität. Heute<br />
sind es über 40 Prozent. Man wird daher vermuten können, dass die<br />
Neigung verbreitet ist, jeweils das leistungsschwächste Drittel <strong>der</strong><br />
Studierenden als nicht studierfähig einzuschätzen.<br />
Ob es zu viele Studierende gibt, wird man eher im Lichte wissensgesellschaftlicher<br />
Entwicklungen betrachten müssen. Die Komplexität<br />
<strong>der</strong> Berufsrollen nimmt zu. Es ist normal, im Berufsleben folgelastige<br />
Entscheidungen treffen zu müssen, das heißt solche Entscheidungen,<br />
die nicht nur für einen selbst, son<strong>der</strong>n für große Gruppen<br />
von Menschen Wirkungen entfalten. Permanent sind im beruflichen<br />
Handeln Normenkonflikte auszutragen, etwa zwischen Effektivität<br />
und Nachhaltigkeit o<strong>der</strong> zwischen Haushaltsdisziplin und Sozialverträglichkeit.<br />
Daher nimmt im beruflichen Alltag die Notwendigkeit<br />
zu, Situationen jenseits <strong>der</strong> Routine zu bewältigen. Eine Kontaktinfektion<br />
mit Wissenschaft gilt als Voraussetzung, um berufliche<br />
Rollen ausfüllen zu können, für die Checklistenwissen nicht genügt.<br />
Insofern sind wohl zwei Probleme zu trennen: <strong>der</strong> gesellschaftliche<br />
Qualifikationsbedarf einerseits und die Eingangsvoraussetzungen,<br />
mit denen Studienanfängerinnen und -anfänger von Familie und<br />
Schule ausgestattet werden, an<strong>der</strong>erseits. Der Qualifikationsbedarf<br />
bildet sich darin ab, dass das Beschäftigungssystem seit Jahrzehnten<br />
die steigenden Akademikeranteile absorbiert, ohne die Einkommensvorteile<br />
<strong>der</strong> akademisch Ausgebildeten gegenüber Nichtakademikern<br />
abzubauen. Marktökonomisch formuliert: Die Nachfrage passt<br />
sich an das steigende Angebot an, aber nicht zu fallenden Preisen.<br />
Die unzulängliche Vorbereitung auf ein Studium hingegen stellt<br />
ein Problem dar, das nicht die Hochschulen lösen können, son<strong>der</strong>n<br />
gesellschafts- und schulpolitisch zu bearbeiten ist. Die Lösung zu<br />
unterlassen, würde gerade in <strong>der</strong> demografischen Schrumpfungssituation,<br />
in <strong>der</strong> sich Deutschland befindet, auf eine Absenkung des<br />
durchschnittlichen Qualifikationsniveaus <strong>der</strong> Bevölkerung hinauslaufen.<br />
Getestet worden ist so etwas noch nicht. Einen entsprechenden<br />
gesellschaftlichen Großversuch zu starten hat bislang kein Land<br />
unternommen (abgesehen von Ka<strong>mb</strong>odscha unter den Roten Khmer<br />
mit <strong>der</strong> Massenliquidierung seiner Akademiker). Ob sich Deutschland<br />
diesen ergebnisungewissen Test leisten sollte, mag hier als<br />
offene Frage diese Wortmeldung beschließen.<br />
N R . 1 • 2014 ESSAY<br />
11
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
12<br />
UNFALLFORSCHUNG AN DER <strong>LMU</strong><br />
VERKEHRSTOD VERHINDERN<br />
Die Unfallforscher um Dr. Wolfram Hell vom Institut für Rechtsmedizin<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und Professor Hans Bäumler von <strong>der</strong> Hochschule<br />
München versuchen mit ihrer Arbeit, tödliche Crashs zu<br />
verhin<strong>der</strong>n. Dafür analysieren sie bereits geschehene Verkehrsunfälle.<br />
Die Ergebnisse dienen unter an<strong>der</strong>em zur Optimierung<br />
von Sicherheitssystemen. Allerdings rennen sie damit nicht immer<br />
offene Türen ein.<br />
Unbekümmert fährt <strong>der</strong> Lkw-Fahrer seinen Kipplaster auf die Vorfahrtsstraße<br />
und bleibt Sekunden später mit dem 16 Tonnen schweren<br />
Gefährt stehen – mit Blick in die Richtung, aus <strong>der</strong> er eben gekommen<br />
ist: Denn <strong>der</strong> Lastwagen hat sich durch die Aufprallwucht<br />
des mit Tempo 70 ankommenden Kleinwagens um 180 Grad gedreht.<br />
Dessen Insassen: eine Mutter und ein älteres Kind auf Fahrer- und<br />
Beifahrersitz, ein 24 Monate altes Kleinkind im Kin<strong>der</strong>sitz auf <strong>der</strong><br />
Rückbank. Die gute Nachricht: Alle drei haben überlebt – trotz extremer<br />
Deformation des Fahrzeugs erlitten die Insassen in <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en<br />
Fahrgastzelle sogar „nur“ mittlere bis leichte Verletzungen. Die<br />
schlechte Nachricht: Das Kleinkind ist querschnittsgelähmt, obwohl<br />
<strong>der</strong> Fond des Autos kaum Beschädigungen aufweist. „Das Problem<br />
war <strong>der</strong> achtzehn Jahre alte Kin<strong>der</strong>sitz mit viel zu lockeren Gurten“,<br />
sagt <strong>der</strong> Mediziner und Unfallforscher Dr. Wolfram Hell, <strong>der</strong> unter<br />
an<strong>der</strong>em die Stiftung Warentest im Bereich Kin<strong>der</strong>sicherheit unterstützt:<br />
Der kleine Junge sei schlicht und ergreifend nicht ausreichend<br />
gesichert gewesen.<br />
Professionell schlicht und wenig ergreifend schil<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong><br />
Medizinisch Biomechanischen Unfallanalyse (MBU) am Institut für<br />
Rechtsmedizin <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> dieses als eines von vielen Beispielen, mit<br />
denen er täglich zu tun hat – mit einem Unterschied: In <strong>der</strong> Regel<br />
haben die Beteiligten <strong>der</strong> Unfälle, die er und sein Team untersuchen,<br />
nicht überlebt.<br />
UNFALLANALYSE INTERDISZIPLINÄR<br />
Im Unfallforschungs- o<strong>der</strong> kurz „Ufo-Labor“ im zweiten Stock <strong>der</strong><br />
Rechtsmedizin in <strong>der</strong> Nußbaumstraße arbeiten die Doktoranden<br />
und Diplomanden von Professor Hans Bäumler aus dem Bereich<br />
Fahrzeugtechnik von <strong>der</strong> Hochschule München, <strong>der</strong> zusammen mit<br />
Wolfram Hell die medizinisch-biomechanischen Analysen durchführt.<br />
Das heißt, die Forscher fokussieren sich gleichsam interdiszip-<br />
linär auf alle Kausalitäten, die zu einem Crash geführt haben, indem<br />
sie Unfallkraftwagen auf Beschädigungen, technische Mängel und<br />
gleichzeitig auch die tödlich Verunglückten mittels Obduktion, sofern<br />
diese angeordnet wird, auf Grad und Art <strong>der</strong> Verletzung sowie<br />
den Zustand des Fahrers beim Unfall hin untersuchen.<br />
Dabei widmen sich die Teammitglie<strong>der</strong> ganz unterschiedlichen Projekten:<br />
Doktorand Klaus Bauer etwa simuliert Fahrradunfälle und<br />
Diplomand Florian Plöchinger beschäftigt sich mit Abbiegeunfällen.<br />
Die Daten von tödlichen Verkehrsunfällen und <strong>der</strong>en Opfern – von<br />
ihnen landen jährlich rund 150 auf den Obduktionstischen im Untergeschoss<br />
des Gebäudes – führt Doktorand Michael Rasch in <strong>der</strong><br />
sogenannten Sicherheits-Unfall-Datenbank, kurz SUD, zusammen:<br />
„Wir haben einige Jahrgänge mittlerweile lückenlos erfasst“, erklärt<br />
er. Ob Unfallhergang, Wetterbedingungen, technischer Zustand des<br />
Pkw, Zustand des Fahrers sowie die Verletzungen, die zum Tode<br />
führten – alle relevanten Daten werden in <strong>der</strong> SUD präzise abgebildet.<br />
Da ist die bei Tempo 200 gebrochene Karbon-Keramik-Bremsscheibe<br />
des teuren Sportschlittens genauso dokumentiert wie <strong>der</strong><br />
Herzinfarkt eines Unfallfahrers, die verstopfte Bremsleitung ebenso<br />
wie <strong>der</strong> Blutalkoholgehalt eines Rasers und die weit überhöhte Geschwindigkeit<br />
seines schleu<strong>der</strong>nden Wagens, den eine Hauswand<br />
schließlich stoppte.<br />
„Wenn wir technische Mängel bei bestimmten Fahrzeugtypen als<br />
unfallkausal erkannt haben“, erläutert Wolfram Hell, „dann geben<br />
wir das an die Überwachungsvereine weiter. Denn dass etwa eine<br />
Bremsleitung nach und nach verstopfen kann, weil bei <strong>der</strong> Herstellung<br />
billigste Materialien verbaut wurden, ist bei <strong>der</strong> regelmäßigen<br />
Hauptuntersuchung nicht unbedingt festzustellen.“ Die Münchener<br />
Unfallforscher haben deswegen auch die Firma Fahrzeugsystemdaten<br />
Technik G<strong>mb</strong>H (FSD) in Dresden als Partner. Zu ihr gehören<br />
alle technischen Überwachungsvereine Deutschlands. Die Vorgaben<br />
<strong>der</strong> FSD müssen bei Kfz-Untersuchungen berücksichtigt werden.<br />
WICHTIGE ARGUMENTATIONSGRUNDLAGE<br />
Die meisten Unfälle werden aber nicht durch die Technik verursacht.<br />
In 70 bis 80 Prozent ist <strong>der</strong> Mensch selbst schuld: Alkohol und zu<br />
hohe Geschwindigkeiten sind die häufigsten Ursachen für tödliche<br />
Unfälle. Aber auch Crashs aus medizinischen Gründen steigen.
Wolfram Hell: „Bei 39 Prozent <strong>der</strong> über 65-jährigen Männer sind<br />
akute gesundheitliche Probleme <strong>der</strong> Grund für tödliche Unfälle –<br />
zum Beispiel durch einen Herzanfall während <strong>der</strong> Fahrt.“<br />
Alle diese Daten erfasst die SUD, die sukzessive erweitert wird.<br />
Das macht sie nicht nur zu einem wichtigen Hilfsmittel für TÜV<br />
und Co. Sie ist zudem eine unverzichtbare Argumentationshilfe vor<br />
allem gegenüber <strong>der</strong> Autoindustrie, ihre Produkte noch sicherer zu<br />
machen – ganz gleich, ob das die Fahrzeugstruktur o<strong>der</strong> hilfreiche<br />
Assistenzsysteme betrifft, die etwa den Ausfall des Fahrers durch<br />
Kollaps erkennen, das Auto abbremsen und am Straßenrand zum<br />
Stehen bringen. „Obwohl die Pkw natürlich schon sehr viel besser<br />
und sicherer geworden sind, gibt es immer noch viel Potenzial. Hier<br />
ist manchmal lei<strong>der</strong> viel Überzeugungsarbeit nötig“, sagt Wolfram<br />
Hell. „Sicherheitsmaßnahmen o<strong>der</strong> -nachbesserungen sind kostspielig<br />
und mitunter schwer zu vermitteln.“ Auch ein gut verlaufener<br />
Crashtest, <strong>der</strong> natürlich schon sehr aussagekräftig sei, reiche<br />
nicht, weiß <strong>der</strong> Mediziner. „Denn so traurig es auch ist: Man sieht<br />
die Optimierungspotenziale nur, wenn man die Unfälle analysiert<br />
und die richtigen Schlüsse daraus zieht.“<br />
Dass er sich mit seinen Forschungsergebnissen und den daraus<br />
resultierenden For<strong>der</strong>ungen nicht immer Freunde bei <strong>der</strong> Autoindustrie<br />
macht, das Risiko geht <strong>der</strong> 54-Jährige, <strong>der</strong> auch Mitglied im<br />
Deutschen Verkehrssicherheitsrat ist, gerne ein: „Wir forschen hier<br />
nicht zum Selbstzweck o<strong>der</strong> für die Bibliothek. Wir wollen etwas<br />
verbessern, wir wollen Menschenleben retten.“<br />
SICHERHEIT GERNE – WENN SIE NICHTS KOSTET<br />
Regelrecht ungehalten macht ihn allerdings die Verweigerung einiger<br />
Lkw-Hersteller, ihre Fahrzeuge zum Beispiel mit technisch<br />
seit Jahren realisierbaren Abbiegeassistenten auszustatten. Denn<br />
Unfälle, bei denen <strong>der</strong> Radfahrer auf dem Radweg vom Fahrer des<br />
rechts abbiegenden Lkw nicht gesehen und überrollt wird, gehören<br />
schon zu den Klassikern: „Es vergeht kaum ein Monat, wo unten“,<br />
Hell deutet in Richtung <strong>der</strong> Obduktionsräume, „nicht jemand liegt,<br />
<strong>der</strong> auf diese Art und Weise umgekommen ist. Denn die Überlebenschancen<br />
für die Radfahrer sind hier gleich null.“<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
13<br />
1 Mittlerweile ein „Klassiker“ unter den tödlichen Verkehrsunfällen:<br />
Der Abbiegeunfall von Lkw und Radfahrer in <strong>der</strong> Computersimulation.<br />
1 Der Fahrradfahrer wird vom Lkw-Fahrer kaum gesehen. Abbiegeassistenten<br />
könnten Abhilfe schaffen und Menschenleben retten.
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
14<br />
Fakt ist, dass Lkw-Fahrer trotz neuer Spiegel, die den toten Winkel<br />
besser einsehbar machen sollen, den rechts passierenden Radfahrer<br />
nur Bruchteile von Sekunden wahrnehmen – wenn sie sich nicht<br />
gerade an<strong>der</strong>weitig konzentrieren müssen. Außerdem: „Die Spezialspiegel<br />
helfen wenig, sie verzerren meistens, was eine Entfernungsschätzung<br />
schwer macht“, sagt Diplomand Florian Plöchinger, während<br />
er mit einem speziellen Computerprogramm einen typischen<br />
Abbiegeunfall simuliert. Das Programm ermöglicht auch einen Blick<br />
aus <strong>der</strong> Fahrerkabine. Und tatsächlich: Nur ganz kurz erscheint <strong>der</strong><br />
Radfahrer in den immerhin drei Spiegeln, von <strong>der</strong> Kollision selbst<br />
bekommt <strong>der</strong> Lkw-Fahrer gar nichts mit. „Ein Abbiegeassistent, <strong>der</strong><br />
mithilfe von Kameras und Alarm warnt, würde hier sehr helfen“,<br />
sagt Wolfram Hell. Jüngst war er mit diesem Anliegen bei einem<br />
Lkw-Zulieferer; dort hieß es lapidar: „Ist kein Markt. Viel zu geringe<br />
Stückzahlen.“<br />
Dass es auch an<strong>der</strong>s geht, zeigt die Baumaschinenindustrie: Hier<br />
müssen mittlerweile Kamerasysteme eingebaut werden, die verhin<strong>der</strong>n,<br />
dass Baufahrzeuge, etwa beim Zurücksetzen, Menschen<br />
überrollen. „Zusammen mit den Überwachungsvereinen und den<br />
Berufsgenossenschaften wollen wir das bei den Lkw-Herstellern<br />
auch durchsetzen“, betont Hell.<br />
BESSER MIT HELM<br />
Einen Abbiegeunfall überlebt <strong>der</strong> Radfahrer in <strong>der</strong> Regel nicht. Da<br />
nützt auch ein Helm nichts. Dennoch kann er Leben retten, weiß<br />
Klaus Bauer. Der Doktorand hat ein Programm entwickelt, mit dem<br />
er Fahrradstürze auf Basis von Realunfällen simulieren und genau<br />
analysieren kann – herunterskaliert bis auf die kleinste verletzte<br />
Schädelregion. Dazu nutzt er das sogenannte Straßburger Kopfmodell,<br />
das den menschlichen Schädel in 65.000 Teile zerlegt. „Damit<br />
lassen sich viel bessere Erkenntnisse über die Verletzung erzielen“,<br />
erklärt Bauer, <strong>der</strong> selbst begeisterter Fahrrad- und Motorradfahrer<br />
ist. „Von verletzten Fahrradfahrern hatten über 50 Prozent Kopfverletzungen<br />
und 70 Prozent davon sind daran gestorben“, erläutert<br />
Bauer seine Untersuchungen. Mit Helm hätte dies in vielen Fällen<br />
verhin<strong>der</strong>t werden können. Und noch eine Entdeckung hat Bauer<br />
gemacht: „Ältere Menschen halten bei Kopfverletzungen viel weniger<br />
aus als Jüngere.“ Ein interessanter Aspekt bei <strong>der</strong> Debatte um<br />
die Einführung <strong>der</strong> Helmpflicht – vor allem vor dem Hintergrund des<br />
Siegeszugs <strong>der</strong> sehr schnellen und vor allem bei älteren Menschen<br />
beliebten Pedelecs.<br />
Die Arbeit <strong>der</strong> Unfallforscher von <strong>LMU</strong> und Hochschule hat nicht<br />
nur einen extrem hohen Anwendungsbezug – sie ist auch von volkswirtschaftlichem<br />
Nutzen, wie Dr. Wolfram Hell betont. Er selbst<br />
mag diesen Vergleich nicht beson<strong>der</strong>s, weiß aber, dass so etwas<br />
politische Entscheidungsträger beeindrucken kann: „Ein einziger<br />
Unfalltoter bedeutet einen volkswirtschaftlichen Schaden von ein<br />
bis drei Millionen Euro. Es gehen also in Deutschland jährlich rund<br />
vier bis acht Milliarden Euro verloren.“ Unverständlich daher für<br />
ihn, dass die Verletzungsprävention bei den Gesundheitsausgaben<br />
weit hinter Krebs- sowie Herz- und Kreislauferkrankungen rangiert.<br />
„Wir brauchen die Unfallforschung. Wir können das im Labor nicht<br />
nachstellen.“<br />
■ cg
Schnelle und wirkungsvolle För<strong>der</strong>ung von Forschung und<br />
Lehre an <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität – das ist unser<br />
Engagement. 1922 gegründet, sind wir nicht nur eine <strong>der</strong> ältesten<br />
För<strong>der</strong>gesellschaften Deutschlands, son<strong>der</strong>n auch eine <strong>der</strong> größten.<br />
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Je<strong>der</strong> Euro kommt voll und ganz <strong>der</strong> Forschung und Ausbildung an<br />
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Ich interessiere mich für das Seniorenstudium an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Bitte senden Sie mir künftig<br />
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N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
16<br />
PROFESSOR LORENZ ERHÄLT DEN ARS-LEGENDI-PREIS<br />
LEHRE MIT SPASS UND STRUKTUR<br />
Das Jurastudium an sich steht nicht in dem Ruf, beson<strong>der</strong>s unterhaltsam zu sein. Bei Lehrenden wie<br />
Professor Stephan Lorenz, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht<br />
und Rechtsvergleichung an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, sieht das an<strong>der</strong>s aus – nicht nur wegen <strong>der</strong> plakativen<br />
Fälle, die er in seinen Vorlesungen zuweilen zitiert. Für seine exzellente Hochschullehre erhielt<br />
er im Nove<strong>mb</strong>er den Ars-legendi-Preis 2013.<br />
„Ich weiß nicht, ob Sie heute Morgen physisch, psychisch und intellektuell<br />
schon in <strong>der</strong> Lage waren, Zeitung zu lesen“, beginnt Stephan<br />
Lorenz seine Grundkursvorlesung Zivilrecht. „Ich schon – und bin<br />
umgefallen vor Lachen.“ Per Folie zeigt er den entsprechenden Artikel:<br />
Ein grimmig dreinschauen<strong>der</strong> polnischer Abgeordneter will<br />
einen im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t gewährten Kredit, damals in Golddukaten<br />
gewährt, nun von <strong>der</strong> spanischen Regierung zurückfor<strong>der</strong>n. „Zivilrechtliche<br />
Ansprüche verjähren nicht“, wird <strong>der</strong> Mann zitiert. Professor<br />
Lorenz kann das Lachen jetzt wirklich nicht mehr zurückhalten<br />
und erklärt den rund dreihun<strong>der</strong>t Studierenden: „Ich hoffe, Sie<br />
wissen seit gestern, dass das an<strong>der</strong>s ist: Zivilrechtliche Ansprüche<br />
verjähren in drei Jahren.“ Kaum jemand in seiner Vorlesung zum<br />
Thema Schuldrecht dürfte diese Frist jemals vergessen – und das<br />
auch dank eines unterhaltsamen Beispiels.<br />
„Ich will den Studierenden klar machen: Alles ist Jura“, sagt Professor<br />
Lorenz an<strong>der</strong>ntags in seinem lichten Büro an <strong>der</strong> Veterinärstraße.<br />
„Der ‚Tatort‘, <strong>der</strong> Artikel in <strong>der</strong> Zeitung, <strong>der</strong> Koalitionsvertrag<br />
bei <strong>der</strong> Regierungsbildung.“ Tagesaktuelle Beispiele, die zum Stoff<br />
passen, bringt er deshalb direkt mit in die Vorlesung und ordnet sie<br />
für die Studierenden ein; später können sie das Erlernte mit den<br />
umfangreichen, sorgfältig geordneten Materialien auf seiner Internetseite<br />
rekapitulieren – o<strong>der</strong> sich die Vorlesung per Podcast gleich<br />
noch einmal anhören. Zwar sei er ein Verfechter <strong>der</strong> Präsenzlehre.<br />
„Aber das Internet kann die Präsenzlehre unterstützen.“
EINE WÜRDIGUNG DER HOCHSCHULLEHRE<br />
Für seine exzellente Lehre hat <strong>der</strong> Juraprofessor im Nove<strong>mb</strong>er vergangenen<br />
Jahres den „Ars-legendi-Preis 2013“ erhalten. Dieser wird<br />
jährlich auf Vorschlag <strong>der</strong> Hochschulrektorenkonferenz vom Stifterverband<br />
für die Deutsche Wissenschaft verliehen und würdigt die<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Lehre für die Heranbildung des akademischen Nachwuchses.<br />
Nachdem <strong>der</strong> mit 50.000 Euro dotierte Preis bislang in<br />
jährlich wechselnden Disziplinen vergeben worden war – zuvor etwa<br />
an den <strong>LMU</strong>-Wirtschaftswissenschaftler Professor Joachim Winter<br />
sowie den Mediziner und ehemaligen Vizepräsidenten <strong>der</strong> Universität,<br />
Professor Reinhard Putz –, wurde er 2013 zum ersten Mal<br />
für die Studieneingangsphase verliehen. „Professor Lorenz gelingt<br />
es“, hieß es in <strong>der</strong> Begründung, „die Studienanfängerinnen und<br />
-anfänger in den rechtswissenschaftlichen Einführungsvorlesungen<br />
trotz <strong>der</strong> großen Teilnehmerzahlen für juristische Fragestellungen<br />
zu begeistern.“ Für den Preis vorgeschlagen wurde Professor Lorenz<br />
von seinen Studierenden; er teilt ihn mit Professor Manfred Hampe<br />
von <strong>der</strong> TU Darmstadt.<br />
„Gerade bei den Studienanfängern möchte ich den Gedanken erwecken:<br />
Jura ist super“, erklärt Professor Lorenz. Humor sei bei dieser<br />
Mission hilfreich. „Nicht nur, um die Leute wach zu halten, son<strong>der</strong>n<br />
auch für den Memorisierungseffekt. Gerade in <strong>der</strong> Juristerei gilt: Je<br />
grotesker ein Einzelfall, desto besser merkt man ihn sich. Und das<br />
Leben an sich ist grotesk – da muss man ja nichts erfinden.“ An<strong>der</strong>erseits<br />
sei eine Vorlesung „keine Harald-Schmidt-Show“. Die Studierenden<br />
müssten auch frühzeitig den hohen Anspruch des Fachs<br />
erkennen. Vom Stoff versucht Lorenz das Wichtigste herauszufiltern<br />
und strukturiert zu vermitteln. „Das ist harte Arbeit und verlangt<br />
eine sehr genaue Vorbereitung.“ Die Interaktion sei bei dreihun<strong>der</strong>t<br />
Studierenden natürlich schwieriger als in einem kleinen Seminar.<br />
„Aber selbst in einer großen Vorlesung sieht man, wenn den Studierenden<br />
Lichter aufgehen.“<br />
1 Professor Lorenz will die Studierenden für Jura begeistern.<br />
PODCASTS ZUR EXAMENSVORBEREITUNG<br />
Als Erster an seiner Fakultät begann Lorenz, seine Vorlesungen aufzuzeichnen<br />
und auf iTunes zur Verfügung zu stellen. „Einige Kollegen<br />
haben gesagt: ,Bist du wahnsinnig!’“ Man spreche schließlich<br />
nicht immer druckreif, sage am Ende etwas Falsches. „Aber dieser<br />
Podcast war ein Bo<strong>mb</strong>enerfolg. Auch außerhalb unserer Uni.“ Den<br />
schriftlichen Rezensionen auf iTunes zufolge nutzen ihn viele zur<br />
Examensvorbereitung – indem sie sich vergangene Vorlesungen<br />
auch ein zweites o<strong>der</strong> drittes Mal anhören. Zu sehen gibt es bei<br />
den Podcasts nur die jeweils aufgelegten Folien plus Tonspur, nicht<br />
aber Lorenz selbst: „Den Professor zu sehen hätte überhaupt keinen<br />
Mehrwert.“<br />
1 Seine Vorlesungen stellt Lorenz auch im Internet zur Verfügung.<br />
Für son<strong>der</strong>lich innovativ hält Lorenz seinen prämierten Lehrstil dabei<br />
nicht; sein Ansatz sei „eigentlich ein konservativer“. Überzeugt<br />
ist er jedoch von <strong>der</strong> Einheit von Forschung und Lehre. „Immer wie<strong>der</strong><br />
verhelfen mir die Vorlesungen auch zu neuen Denkanstößen für<br />
die Forschung – selbst von Erstsemesterstudenten. Denn niemand<br />
kann entlarven<strong>der</strong> fragen als ein Anfänger.“<br />
■ ajb<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
17<br />
www.stifterverband.org<br />
www.stephan-lorenz.de
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
18<br />
SCHÜLER ERFORSCHEN IHRE GLOBALISIERTE HEIMAT<br />
SCHMELZTIEGEL DEGGENDORF<br />
Wenn man an einen Schmelztiegel <strong>der</strong> Kulturen denkt, kommt man nicht gleich<br />
auf Traunstein, Ruhpolding o<strong>der</strong> Deggendorf. Zu Unrecht, wie dort ansässige<br />
Schüler in einem Kooperationsprojekt mit dem Institut für Bayerische Geschichte<br />
zeigen: Ihre bayerischen Heimatorte sind von an<strong>der</strong>en Kulturen stark<br />
mitgeprägt – sei es durch türkische Arbeitskräfte, russische Immigranten o<strong>der</strong><br />
Spitzensportler aus <strong>der</strong> ganzen Welt.<br />
1 In den Fotoalben <strong>der</strong> ehemaligen „Gastarbeiter“<br />
finden sich Erinnerungen an die nachtsfeste unter dem<br />
Weih-<br />
Atatürk-Porträt,...<br />
Via Skype erzählt <strong>der</strong> türkische Großvater, wie das<br />
vor 50 Jahren war, nach seiner Ankunft in Deutschland:<br />
Wie er damals mit Dolmetscher zum Arzt<br />
ging und sich beim Einkauf mit Händen und Füßen<br />
verständigte o<strong>der</strong> wie sie im Ramadan zum Beten<br />
ihre Maschinen verlassen durften... Der Enkel<br />
sitzt im elterlichen Wohnzimmer in Deggendorf,<br />
betrachtet seinen Großvater am Bildschirm und<br />
übersetzt. Er selbst lebt in Deggendorf – <strong>der</strong> Opa,<br />
<strong>der</strong> einst im Zuge <strong>der</strong> Gastarbeiteranwerbungen<br />
nach Bayern kam, ist in die Heimat zurückgekehrt.<br />
1 ...an den Alltag in <strong>der</strong> Textilfabrik...<br />
7 ...und an erste Besuche in bayerischen<br />
Supermärkten.<br />
Zu sehen ist die Szene in einem Film <strong>der</strong> Klasse<br />
10b des Robert-Koch-Gymnasiums Deggendorf. Es<br />
geht um die Geschichte <strong>der</strong> sogenannten „Gastarbeiter“<br />
in ihrem Ort, und die Gymnasiasten haben<br />
allerhand Material zusammengesucht: Schwarz-<br />
Weiß-Fotos von türkischen Arbeitern, die in den<br />
1960er-Jahren am Münchener Hauptbahnhof ankamen;<br />
Super-8-Filme vom ersten Oktoberfestbesuch<br />
mit <strong>der</strong> nachgezogenen Familie; Gemälde,<br />
Pfarrmatrikel, aber auch kurze Fernsehsequenzen.<br />
Sie haben ehemalige Arbeiter interviewt, die bei<br />
einer örtlichen Textilfirma anheuerten. Und Kabarettist<br />
Django Asül, selbst „Gastarbeiter“-Sohn<br />
und Deggendorfer Gymnasiast, erinnert sich an<br />
Besuche in den Wohnbaracken.
ERINNERUNGEN AN DIE FLUCHT<br />
Entstanden ist <strong>der</strong> Schülerfilm im Rahmen eines Projekts des Instituts<br />
für Bayerische Geschichte <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit dem Titel „Internationalisierung<br />
vor Ort nach 1945. Menschen und Schauplätze“. Professor<br />
Ferdinand Kramer, <strong>der</strong> am Historischen Seminar den Lehrstuhl für<br />
Bayerische Geschichte und Vergleichende Landesgeschichte mit<br />
beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung <strong>der</strong> Neuzeit innehat, leitet das Projekt.<br />
„Wir versuchen seit Jahren, die Außenvernetzungen Bayerns<br />
und lokaler Lebenswelten stärker in den Blick zu nehmen“, erklärt<br />
er. „Globalisierung bedeutet nicht nur vielfältige Beziehungen nach<br />
außen, son<strong>der</strong>n auch Pluralisierung vor Ort.“ Dieser Aspekt des Phänomens<br />
werde oft vernachlässigt. „Wir wollen Menschen dafür sensibilisieren,<br />
dass das, was sie als ,ihr eigenes’ verstehen, oft Anteile<br />
vieler an<strong>der</strong>er Kulturen hat.“ Dabei kooperiert man – auch wegen<br />
des hohen Anteils an Lehramtsstudierenden – mit vier bayerischen<br />
Schulen: An <strong>der</strong> Mittelschule Ruhpolding erforschte eine neunte<br />
Klasse unter Anleitung von Wissenschaftlern und Lehrkräften das<br />
Thema „Internationalisierung einer touristischen Region durch den<br />
Breiten- und Spitzensport“; Achtklässler <strong>der</strong> Reiffenstuel-Realschule<br />
Traunstein nahmen sich „Die Internationalisierung des Konsums“<br />
vor; und im elften Jahrgang <strong>der</strong> Beruflichen Oberschule Traunstein<br />
ging man den „Internationalen Bezügen in den Lebenswelten <strong>der</strong><br />
Schüler“ nach.<br />
In ihren Elternhäusern, aber auch in <strong>der</strong> Nachbarschaft und örtlichen<br />
Firmen suchten die Jugendlichen nach Quellen und Vernetzungen<br />
und zeigten ihre Funde in zwei Schulausstellungen: Unter<br />
Glas fanden sich dort Erinnerungsstücke wie eine kleine Geldbörse,<br />
die eine rumänische Familie auf ihrer Flucht begleitet hatte, Kin<strong>der</strong>trachten<br />
o<strong>der</strong> auch Musikinstrumente aus dem Wohnzimmer eines<br />
Mitschülers mit albanischem Hintergrund.<br />
„KLEINE METHODISCHE ENTDECKUNG“<br />
In Workshops lernten die Jugendlichen, ihre Fundstücke wissenschaftlich<br />
genau auszuzeichnen und Quellen nachzuweisen. Im<br />
Umgang mit dem Migrantenthema war es den Historikern zudem<br />
wichtig, die Schüler sprachlich zu sensibilisieren: „Wie viel Stereo-<br />
1 Die Ausstellung warf etwa die Frage auf, „Warum erinnern keine Straßennamen<br />
an die Heimat zugewan<strong>der</strong>ter Arbeitskräfte?“<br />
1 Unter Glas: Dinge, die die Familien einst beim Umzug bei sich hatten.<br />
typ fließt in die Sprache ein, wie viel Klischee?“ Unterstützt, nicht<br />
nur finanziell, wurde das Projekt von <strong>der</strong> Robert-Bosch-Stiftung, die<br />
Schüler mit ihrer Denkwerk-Reihe frühzeitig an Universität und Fächerwahl<br />
heranführen will; „Internationalisierung vor Ort“ ist bereits<br />
die zweite Kooperation mit dem Institut. Weitere Projektpartner von<br />
„Internationalisierung vor Ort“ sind das Institut für Europäische Ethnologie<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit Professor Irene Götz, das Archiv des Erzbistums<br />
München und Freising sowie das Museumspädagogische Zentrum<br />
München.<br />
Der Film <strong>der</strong> Deggendorfer Gymnasiasten bescherte den Wissenschaftlern<br />
auch eine von den Schülern angestoßene „kleine methodische<br />
Entdeckung“, so Professor Kramer. „Zeitzeugeninterviews mit<br />
Skype von Deggendorf aus mit den Großeltern <strong>der</strong> Schüler in Anatolien<br />
zu führen – diese Methode fanden wir, gerade mit <strong>der</strong> Komponente<br />
internationaler Vernetzung, schon sehr interessant.“ ■ ajb<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
19
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20<br />
UMZUG DER TIERMEDIZIN NACH OBERSCHLEISSHEIM<br />
VOM EISBACH AN DEN WÜRMKANAL<br />
Die Tierärztliche Fakultät <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> gehört zu den fünf veterinärmedizinischen Ausbildungsstätten Deutschlands und ist davon<br />
die einzige im süddeutschen Raum. Derzeit verteilt sie sich auf verschiedene Standorte, wobei <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Gebäude in <strong>der</strong><br />
Königinstraße am Englischen Garten und in Oberschleißheim angesiedelt ist. Zukünftig soll die Fakultät komplett auf dem Campus<br />
in Oberschleißheim zu Hause sein.<br />
„Wo bitte geht es denn zum Englischen Garten?“<br />
Diese Frage musste sich Professor Joachim Braun<br />
so oft stellen lassen, dass er schließlich die Stadtverwaltung<br />
bat, doch ein Schild aufzustellen. Die reagierte<br />
darauf, markierte den Fußweg in die grüne<br />
Lunge Münchens und die Fragen wurden seltener.<br />
Dennoch wirken die Gebäude <strong>der</strong> Tierärztlichen<br />
Fakultät, <strong>der</strong>en Dekan Joachim Braun ist, wie ein<br />
undurchdringlicher Riegel zwischen dem bebauten<br />
Schwabing und Münchens größtem Park. Allerdings<br />
nicht mehr lange, denn die verbliebenen<br />
Kliniken und Institute <strong>der</strong> Fakultät sollen in den<br />
nächsten Jahren sukzessive nach Oberschleißheim<br />
ziehen und Platz machen für das Gebäudeense<strong>mb</strong>le<br />
<strong>der</strong> Physik, das, zumindest auf dem<br />
preisgekrönten Architektenentwurf, wesentlich<br />
durchlässiger werden und dem Garten auch von<br />
<strong>der</strong> Königinstraße her Geltung verschaffen soll.<br />
Dessen Anlage begann 1789 unter <strong>der</strong> Ägide<br />
Friedrich Ludwig Schkells – auch das Hoftor zur<br />
Fakultät ist von ihm. Fast genauso lange sind auch<br />
die Tierärzte hier beheimatet: Die „Thier-Arzney-<br />
Schule“ wurde 1790 gegründet und nach mehreren<br />
U<strong>mb</strong>enennungen 1914 als Fakultät<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> angeglie<strong>der</strong>t. 2040 feiern die<br />
Tierärzte den 250-jährigen Geburtstag<br />
ihrer Einrichtung in München – für chim Braun eine Art „innere Deadline“<br />
Joafür<br />
die komplette Umsiedlung nach<br />
Oberschleißheim. „Geschätzt wird die<br />
Dauer des Umzugs <strong>der</strong>zeit auf 10 bis 20 Jahre, das<br />
ist aber schon etwas optimistisch“, erklärt er.<br />
ES IST ZU ENG<br />
In Oberschleißheim – vor den nördlichen Toren<br />
Münchens – sind bereits das Lehr- und Versuchsgut<br />
<strong>der</strong> Fakultät, die Kliniken für Schweine bzw.<br />
Wie<strong>der</strong>käuer, für Vögel, Reptilien, Amphibien und<br />
Zierfische sowie verschiedene Forschungseinrichtungen<br />
angesiedelt. Die Umzüge begannen 1992,<br />
weil am Standort Innenstadt kein Platz mehr war.<br />
Als Nächstes steht <strong>der</strong> Bau eines Hörsaals mit Cafeteria<br />
und <strong>der</strong> Umzug des Instituts für Infektionsmedizin<br />
und Zoonosen (Mikrobiologie) auf dem<br />
Programm. Die Bauarbeiten beginnen 2014, und<br />
danach soll die Verlagerung sukzessive vonstattengehen.<br />
Nicht nur <strong>der</strong> Platz am alten Standort ist begrenzt,<br />
auch die Gebäude – in den 1950er-Jahren als<br />
Zweckbauten entstanden – entsprechen längst<br />
nicht mehr dem Design, das mo<strong>der</strong>ne veterinärmedizinische<br />
Einrichtungen haben sollten. „Wir<br />
haben zum Beispiel keine zentrale Patientenaufnahme,<br />
keine zentrale Einrichtung für bildgebende<br />
Verfahren und auch keine zentrale Intensivstation“,<br />
sagt <strong>der</strong> Dekan <strong>der</strong> Fakultät. Zwar seien<br />
die Gebäude am Englischen Garten in sehr gutem<br />
Zustand und würden stetig auf den neuesten Stand<br />
gebracht – erst jüngst wurden die Brandschutzeinrichtungen<br />
komplett erneuert –, „auf längere Sicht<br />
rechnet sich das aber sicherlich nicht“.
N<br />
1 Der Siegerentwurf des Architektenbüros Bizer aus Stuttgart für den Campus<br />
lässt viel Flexibilität. Ganz im Westen liegt das Versuchsgut <strong>der</strong> Fakultät,<br />
daneben in Nord-Süd-Richtung die Kliniken, von denen die beiden oberen<br />
– die Klinik für Vögel sowie die davon südlich liegende Klinik für Schweine<br />
bzw. Wie<strong>der</strong>käuer – bereits existieren. Nach Osten wird <strong>der</strong> Campus von den<br />
Institutsgebäuden, einer bau<strong>mb</strong>estandenen Allee sowie vielen Parkmöglichkeiten<br />
abgegrenzt.<br />
Auch potenzielle Neuberufungen hat Braun im Blick, wenn er auf die<br />
in Schwabing sehr begrenzten Möglichkeiten hinweist, etwa Labore<br />
mit neuen Techniken einzurichten: „Wir wollen Spitzenleute nach<br />
München holen, und denen müssen wir auch eine entsprechende<br />
Infrastruktur bieten.“ Und schließlich, erklärt er, sei die räumliche<br />
Zusammenführung aller Kliniken und Institute auch im Sinne <strong>der</strong><br />
Vernetzung von theoretischer Forschung und ihrer klinischen Anwendung,<br />
ohne die heute gar nichts mehr gehe.<br />
PARKPLÄTZE SIND UNERLÄSSLICH<br />
Der Entwurf des Architektenbüros Bizer aus Stuttgart habe diese<br />
räumliche Zusammenführung in ihrem Modell am besten umgesetzt,<br />
befand die Jury, die im Oktober 2013 die Entwürfe von 32<br />
zum Wettbewerb zugelassenen Architekten begutachtet hat. Gefor<strong>der</strong>t<br />
war neben einem Entwurf für das Gebäude <strong>der</strong> Mikrobiologie<br />
auch ein sogenannter städtebaulicher Ideenteil, <strong>der</strong> die Vereinigung<br />
<strong>der</strong> gesamten Veterinärmedizin auf dem Campus Oberschleißheim<br />
abbilden soll.<br />
1.500 angehende Tierärztinnen und -ärzte werden an <strong>der</strong> Fakultät<br />
ausgebildet, ebenso viele bewerben sich jährlich neu für die begehrten<br />
Studienplätze – Tendenz steigend. Sie müssen zum Teil bereits<br />
zwischen den Standorten pendeln – das sei zwar etwas umständlich,<br />
dennoch würden die Studierenden viel Verständnis für die Situation<br />
zeigen: „Sie sind eigentlich guter Dinge und sehen das eher positiv.<br />
Schließlich sind die Gebäude in Oberschleißheim sehr mo<strong>der</strong>n und<br />
bieten hervorragende Arbeitsbedingungen“, erklärt Braun.<br />
Obwohl <strong>der</strong> Standort in Schwabing auf eine lange Tradition in <strong>der</strong><br />
Tierheilkunde zurückblickt, scheint hier niemand so richtig traurig,<br />
wenn seine Tage am Englischen Garten schließlich gezählt sind und<br />
zukünftig ein gemeinsamer Campus in <strong>der</strong> Metropolregion München<br />
Nord das Know-how von Kliniken und Forschungseinrichtungen<br />
bündelt.<br />
■ cg<br />
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21<br />
„Ein wichtiger Vorteil des Siegerentwurfs“, sagt <strong>der</strong> Dekan <strong>der</strong> Fakultät,<br />
„ist vor allem die Anordnung <strong>der</strong> Parkplätze. Die sind für eine<br />
Dienstleistungseinrichtung wie die Tiermedizin unerlässlich.“ Die<br />
Patienten und ihre Halter würden zumeist mit dem Auto kommen<br />
und Oberschleißheim sei, im Gegensatz zu Schwabing und weiteren<br />
Standorten wie dem Oberwiesenfeld, verkehrstechnisch sehr gut<br />
erschlossen: Die Autobahn ist nicht weit, ebenso eine Bundesstraße.<br />
Und auch <strong>der</strong> Flughafen sei gut erreichbar – mit Blick auf die zunehmend<br />
internationalen Kunden <strong>der</strong> Tierkliniken ein weiterer wichtiger<br />
Faktor. Zudem sei <strong>der</strong> Plan sehr variabel ausgestaltet, er ermögliche<br />
die Verlagerung in Abschnitte, wie sie den Arbeitsabläufen in<br />
<strong>der</strong> Fakultät am besten entsprächen. „Der Betrieb muss ja an allen<br />
Standorten aufrechterhalten werden“, erläutert Professor Braun.<br />
1 Der nächste „Campusbaustein“ ist <strong>der</strong> Neubau des Instituts für Infektionsmedizin<br />
und Zoonosen (Mikrobiologie), <strong>der</strong> im kommenden Jahr starten soll.<br />
Auch hier hatte <strong>der</strong> Bizer-Entwurf im Architektenwettbewerb die Nase vorn.<br />
www.lmu.de/aktuelles/pdf/architekturwettbewerb.pdf
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22<br />
„KINDER IM BLICK“<br />
HILFE IN DER TRENNUNGSKRISE<br />
Wenn Kin<strong>der</strong> im Spiel sind, wird eine Trennung kompliziert: Den Ex-Partner nicht<br />
mehr sehen o<strong>der</strong> sprechen – das ist unmöglich, wenn man bereits eine Familie ist.<br />
Aber notwendige Absprachen können sich in Streitigkeiten verlieren, während die<br />
Kin<strong>der</strong> still vor sich hin leiden. Das an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> entwickelte Programm „Kin<strong>der</strong> im<br />
Blick“ unterstützt Mütter und Väter in solchen Situationen und kann vernünftige<br />
Wege durch die Trennung bahnen – zum Wohle des Nachwuchses.<br />
Manche Kursteilnehmer sind frisch getrennt und<br />
wollen typische Fehler von vornherein vermeiden.<br />
An<strong>der</strong>e kommen, weil ein Familiengericht ihnen<br />
den Besuch des bundesweit etablierten Kurses<br />
auferlegt hat – nach juristischem Rosenkrieg über<br />
Sorgerecht o<strong>der</strong> Unterhalt. Nach Möglichkeit<br />
nehmen beide Eltern parallel, jedoch in verschiedenen<br />
Kursen, teil. Was sie lernen, beruht auf<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist dabei aber<br />
sehr praxisnah. Entwickelt wurde das „Kin<strong>der</strong> im<br />
Blick“-Training bereits 2006 von Professor Sabine<br />
Walper, Institut für Pädagogik <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, in Kooperation<br />
mit dem Verein Familien-Notruf München.<br />
„Wir wollen Eltern dafür sensibilisieren, was Kin<strong>der</strong><br />
in einer Trennungssituation brauchen“, erklärt<br />
Sabine Walper, mittlerweile Forschungsdirektorin<br />
am Deutschen Jugendinstitut und hierfür an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> beurlaubt. „Und wir wollen ihnen dabei ganz<br />
praktische Tipps an die Hand geben.“<br />
Das Herzstück des Kurses sei es, den elterlichen<br />
Rückhalt für die Kin<strong>der</strong> zu stärken. „Eine Gefahr<br />
in Stresssituationen wie einer Trennung ist: Man<br />
schaut nur dahin, wo es brennt“, so Sabine Walper.<br />
„Verhält ein Kind sich also ruhig und kooperativ,<br />
wird es mit seinen Sorgen oft nicht wahrgenommen.“<br />
Gerade aber die Bedürfnisse und Bemühungen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> anzuerkennen, helfe ihnen wesentlich<br />
bei <strong>der</strong> positiven Bewältigung <strong>der</strong> Trennung.<br />
Professor Walper zufolge können Eltern in den<br />
Kursen nicht nur ein feineres Gespür dafür entwickeln,<br />
ob ihre Kin<strong>der</strong> gerade „an etwas knabbern“,<br />
son<strong>der</strong>n auch ausprobieren, wie man das Kind in<br />
solchen Situationen am besten unterstützt. Wirke<br />
das Kind etwa nach dem Besuchswochenende bedrückt,<br />
empfehle es sich, behutsam seine Gefühle<br />
anzusprechen und auf diesem Weg das Problem<br />
zur Sprache zu bringen. Sei wirklich klar, wo <strong>der</strong><br />
Schuh drückt, solle man das Kind vor allem zur<br />
Selbsthilfe ermutigen, statt ihm eine Lösung aufzuzwingen.<br />
„Emotionales Coaching“ nennt man<br />
die Methode des amerikanischen Psychologen<br />
John Gottman. Sehr hilfreich finden Eltern offenbar<br />
auch die Tipps, wie sie die knappe Zeit mit<br />
dem Kind, etwa an Besuchswochenenden, nutzen<br />
können, um die Beziehung zu festigen. Dies lernen<br />
die Eltern zum Beispiel beim „Beschreibenden<br />
Lob“. Hat ein Kind etwas beson<strong>der</strong>s schön<br />
gemacht – den Tisch gedeckt o<strong>der</strong> ein Bild gemalt<br />
–, wird es nicht nur knapp gelobt, son<strong>der</strong>n erhält<br />
eine echte Rückmeldung: „Da ist ein kleines Haus,<br />
und dort schlängelt sich ein wil<strong>der</strong> Fluss. Ich finde<br />
es beson<strong>der</strong>s schön, wie du die Farben ausgewählt<br />
hast.“ Bei <strong>der</strong> Gestaltung dieser Übungen konnte<br />
auf die Erfahrungen aus dem Elternkurs „Familienteam“<br />
zurückgegriffen werden, den Dr. Johanna<br />
Graf mit Professor Walper ebenfalls an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />
entwickelt hat, allerdings nicht speziell für Trennungsfamilien.
MERKZETTEL AUF DEM SCHOSS<br />
Daneben lernen die Eltern, mehr auf sich selbst zu achten. Und auch<br />
<strong>der</strong> direkte Umgang mit dem an<strong>der</strong>en Elternteil erhält in den sechs<br />
Sitzungen, die stets von zwei psychologisch geschulten Kursleitern<br />
geführt werden, viel Augenmerk: „Das Ergebnis langer Forschung<br />
ist ganz klar“, so Sabine Walper. „An die verän<strong>der</strong>te Familienform<br />
o<strong>der</strong> die neue Wohnsituation mit zwei Haushalten können Kin<strong>der</strong><br />
sich gewöhnen. Dauerhaft schädlich jedoch ist eine konfliktreiche<br />
Beziehung <strong>der</strong> Eltern, in <strong>der</strong> sie ihre Ressentiments gegeneinan<strong>der</strong><br />
nicht mehr verbergen können.“ Mit konkreten Methoden lernen<br />
die Kursteilnehmer, Gespräche mit dem Ex-Partner in vernünftige<br />
Bahnen zu leiten und unbedachte Äußerungen gegenüber dem Kind<br />
zu vermeiden.<br />
Gespräche mit dem Ex-Partner werden in Rollenspielen geübt. Damit<br />
das Erlernte seinen Weg in den Familienalltag findet, gibt es<br />
Betriebsanleitungen für daheim: Beim Telefonat mit dem an<strong>der</strong>en<br />
Elternteil hat die Mutter – o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vater – einen Zettel mit Merksätzen<br />
auf dem Schoß. „Ich konzentriere mich auf ein Anliegen“,<br />
steht da etwa, um zu vermeiden, dass mehrere Dinge auf einmal<br />
angesprochen werden. Aber – auch das sei ein wichtiges Signal<br />
an die Eltern: Nicht alle Konflikte müssten unbedingt gelöst werden.<br />
„In bestimmten Bereichen kann es für die Kin<strong>der</strong> besser sein,<br />
wenn Mutter und Vater ihren eigenen Stiefel machen und damit<br />
Reibungsflächen minimieren: Der eine kocht nun einmal vegetarisch<br />
für die Kin<strong>der</strong>, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Schweinebraten.“ Manchmal sei es sogar<br />
akzeptabel, wenn die Eltern eine Weile lang so wenig wie möglich<br />
miteinan<strong>der</strong> kommunizierten.<br />
die Fähigkeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die Trennung zu bewältigen. Auch erste<br />
Ergebnisse in Eliane Retz’ Dissertation deuten in diese Richtung.<br />
Diesen zufolge bewerten selbst heillos zerstrittene Eltern, die von<br />
Gerichten zu den Kursen geschickt werden und anfangs skeptisch<br />
sind, ihn am Ende als sehr hilfreich. Auf <strong>der</strong> Internetseite von „Kin<strong>der</strong><br />
im Blick“ sind die Reaktionen einiger Teilnehmer nachzulesen:<br />
„Seine Aggressionen gegenüber den Geschwistern haben nachgelassen“,<br />
heißt es da über den Sohn, „Im Umgang mit meinem Ex bin<br />
ich gelassener geworden“ o<strong>der</strong> einfach nur „Meine Tochter erzählt<br />
mir mehr“.<br />
■ ajb<br />
?!?<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
23<br />
Bereits vor Jahren erhielt „Kin<strong>der</strong> im Blick“ den Präventionspreis<br />
<strong>der</strong> Deutschen Liga für das Kind. Mittlerweile wurden allein in Bayern<br />
rund 200 Kursleiter ausgebildet, die Liste <strong>der</strong> Anbieter in ganz<br />
Deutschland wächst. Eliane Retz, die an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> die umfangreiche<br />
Evaluierung des Elterntrainings koordiniert und sich in ihrer Dissertation<br />
damit befasst, resümiert: „Es gibt in Deutschland nichts<br />
Vergleichbares zu diesem strukturierten Gruppenangebot für getrennte<br />
Eltern.“ Bisherige Analysen zeigten, dass sich durch die<br />
Kurse nicht nur die Kommunikation <strong>der</strong> befragten Eltern mit dem<br />
Ex-Partner und ihr Erziehungsverhalten verbesserten, son<strong>der</strong>n auch<br />
www.kin<strong>der</strong>i<strong>mb</strong>lick.de<br />
Ansprechpartnerin an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ist Eliane Retz:<br />
Tel. 089 / 2180-4896,<br />
kin<strong>der</strong>-im-blick@edu.lmu.de
PRofiLE<br />
24<br />
SERIE: SPORT IST IHR HOBBY<br />
aKadEMischER abschLaG<br />
N R . 1 • 2014<br />
die jungen frauen, in Kragenshirts und beigen hosen, strahlen von ihrem Teamfoto: 2013 war ein gutes Jahr für die damenmannschaft<br />
des Münchener Golfclubs e. V. Zu den Mannschaftstiteln als deutscher und, zum wie<strong>der</strong>holten Male, bayerischer<br />
Meister kamen zahlreiche Einzelsiege. drei <strong>der</strong> Golfspielerinnen forschen beziehungsweise studieren an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />
Vicki Troeltsch kam früh zum Golfen – sehr früh. „Mein Zwillingsbru<strong>der</strong> und ich wurden schon im Kin<strong>der</strong>wagen über den Platz<br />
geschoben.“ Heute ist sie 22, <strong>LMU</strong>-Studentin <strong>der</strong> Pharmazie – und feierte auf dem vertrauten Terrain des Golfplatzes viele Erfolge:<br />
Sie trägt Titel wie Deutsche und Bayerische Meisterin, war 2013 Mitglied des Golf-Nationalka<strong>der</strong>s, dazu kommen die jüngsten<br />
Teamsiege mit <strong>der</strong> Damenmannschaft des Münchener Golfclubs. „Es ist einfach toll, zusammen auf Turnieren unterwegs zu sein“,<br />
erzählt sie. „Unsere ganze Mannschaft versteht sich sehr gut.“ Im Hinblick auf die elitäre Aura, die dem Golfsport manchmal<br />
anhängt, betont sie: „Wir sind alle keine Schickimickis, son<strong>der</strong>n ganz normal.“<br />
Studium, Spitzensport und zudem das Privatleben zu vereinbaren – das verlange gutes Zeitmanagement und Organisation. Das<br />
Training muss Vicki Troeltsch um jedes neue Semester herumplanen; jetzt im Winter geht es nach den Vorlesungen meist in<br />
die Golfhalle. Aber trotz des engen Pensums, das ihr <strong>der</strong> Sport beschert, helfen die Erfahrungen vom Court in gewisser Weise<br />
an <strong>der</strong> Uni. „Wenn ich vor einer Klausur aufgeregt bin, benutze ich Atemtechniken wie vor dem Abschlag: Durchatmen,<br />
Augen zu. Und mir selbst ein bisschen gut zureden.“<br />
Beim Golfen sei <strong>der</strong> Erfolg aber immer auch von <strong>der</strong> körperlichen Verfassung abhängig – und ein wenig Glückssache.<br />
Beruflich sieht Vicki Troeltsch ihre Zukunft daher nicht im Profisport, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Pharmazie. „Zurzeit interessiert<br />
mich beson<strong>der</strong>s die Klinik. Eine Hälfte meines Praktischen Jahres werde ich deshalb in <strong>der</strong> klinischen Forschung in<br />
Florida verbringen.“<br />
„nUR noch fREiZEiT Und ERhoLUnG“<br />
In einem an<strong>der</strong>en Bereich des Universitätsklinikums arbeitet ihre Mannschaftskollegin vom Münchener Golfclub,<br />
Julia von Rohrscheidt. Die 29-Jährige promoviert am Institut für Immunologie <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> – und spielt nebenbei<br />
erfolgreich Golf. Den einstigen Ansporn, überhaupt mit diesem Sport anzufangen, brachte ein ganz an<strong>der</strong>es<br />
Hobby: das Reiten. „Meine Schwestern und ich waren pferdebegeistert, aber mein Vater brauchte<br />
jemanden, <strong>der</strong> mit ihm über den Golfplatz geht.“ Schlankerhand versprach er ein eigenes Pferd, falls sie<br />
ein bestimmtes Handicap erreichen sollte. „Plötzlich waren wir Feuer und Flamme. Und als wir das<br />
Handicap dann erreicht haben, wollten wir nicht mehr reiten, son<strong>der</strong>n nur noch Golf spielen.“ Doch<br />
trotz aller Begeisterung: „An <strong>der</strong> Schule und später im Studium, erzählte ich kaum jemandem,<br />
dass ich Golf spiele – wegen des Images.“ Mittlerweile, glaubt sie, wandelten sich die Zeiten,<br />
und Golfen werde immer mehr zum Breitensport.<br />
Neben den Mannschaftserfolgen konnte Julia von Rohrscheidt in diesem Jahr die ersten<br />
Plätze bei <strong>der</strong> Bayerischen Meisterschaft sowie <strong>der</strong> Offenen Bayerischen Meisterschaft<br />
für sich verbuchen. „Mit so einer Saison kann man gut abschließen.“ Denn<br />
nächstes Jahr geht es in die Endphase ihrer Promotion über die Differen-
zierung des Thymus-Epithels. „Dann werde ich nicht mehr für viel<br />
an<strong>der</strong>es Zeit haben.“ Schon jetzt ist <strong>der</strong> Sport für sie in den Hintergrund<br />
gerückt. „Früher war ich im Sport erfolgsgetriebener, jetzt<br />
bedeutet er eher Freizeit und Erholung für mich. Sobald ich auf den<br />
Golfplatz komme, bin ich total entspannt, sehe nur noch die Natur<br />
und den nächsten Abschlag.“ Beim Training in Straßlach scheint<br />
sie nur noch ein- bis zweimal die Woche auf, wie sie einräumt, und<br />
nimmt den Schläger vor allem für Turniere in die Hand. „Gut, dass<br />
ich früher sehr viel trainiert habe – davon zehre ich wahrscheinlich<br />
immer noch.“<br />
1 Erfolgreich auf dem Golfplatz und an <strong>der</strong> Uni: Jessica Lindlau...<br />
N R . 1 • 2014 Profile<br />
25<br />
Den fortdauernden Erfolg im Golfsport schreibt sie auch <strong>der</strong> Unterstützung<br />
ihres Professors Ludger Klein zu. „Wegen Turnieren<br />
bin ich zum Beispiel freitags öfter mal weg – o<strong>der</strong> gleich eine halbe<br />
Woche lang. Dass ich meinen Urlaub dazu auf viele Tage übers Jahr<br />
verteilen kann, ist von unschätzbarem Wert. “<br />
Masterarbeit und Mannschaftssiege<br />
Ihre Mannschaftskollegin Jessica Lindlau kennt diese Terminnöte:<br />
Vergangenen Sommer gab sie in <strong>der</strong> Woche zwischen Bayerischem<br />
Mannschaftspokal und Deutscher Mannschaftsmeisterschaft einmal<br />
eben ihre Masterarbeit im Bereich Nanophysik ab. „Das war nicht<br />
einfach“, resümiert die 25-Jährige. Mittlerweile promoviert sie in<br />
<strong>der</strong> Nano-Photonics-Gruppe von Juniorprofessor Alexan<strong>der</strong> Högele.<br />
„Im Experiment betreiben wir Spektroskopie an Nanostrukturen<br />
– und charakterisieren dabei neue Materialien.“ Im Reinraum<br />
präpariert sie mit ihren Kollegen die Proben, um sie anschließend<br />
im Labor Tieftemperaturen von minus 270 Grad Celsius auszusetzen.<br />
Die Verän<strong>der</strong>ungen werden mit einem speziellen Mikroskop<br />
betrachtet, dessen Signale über ein Spektrometer auf den Computer<br />
gelangen. Je nachdem, wie die Experimente verlaufen, verfolge man<br />
unterschiedliche Richtungen. „Diese Forschung ist ein dynamischer<br />
Prozess – und unheimlich spannend.“ Aber auch <strong>der</strong> Golfsport sei<br />
ihr nach wie vor wichtig – und zudem ein guter Ausgleich. „Nach<br />
einer Runde auf dem Platz ist man wie<strong>der</strong> frisch im Kopf und kann<br />
sich voll auf die Forschung konzentrieren.“<br />
■ ajb<br />
1 ...sowie ihre Mannschaftskolleginnen Julia von Rohrscheidt...<br />
5 ...und Vicki Troeltsch.
E B E<br />
Evidence-Based Economics<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
26<br />
NEUES INTERNATIONALES DOKTORANDENKOLLEG<br />
VERBINDUNG VON EMPIRIE UND THEORIE<br />
Das Internationale Doktorandenkolleg Evidence-Based Economics<br />
(EBE), das im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern an <strong>der</strong><br />
Munich Graduate School of Economics eingerichtet wurde, hat<br />
sich <strong>der</strong> Verbindung von Empirie und Theorie verschrieben. Nur<br />
so kann man die wirtschaftlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zukunft<br />
in ihrer Gänze verstehen.<br />
Eine <strong>der</strong> ersten Handlungen von Daniel Wissmann,<br />
Anastasia Driva und den an<strong>der</strong>en acht Doktoranden<br />
in München war, gemeinsam zu überlegen,<br />
wie sie ihre neuen Büros ein wenig schöner gestalten<br />
können. So haben sie bei eBay-Kleinanzeigen<br />
Dekorationsmaterial gefunden, unter an<strong>der</strong>em ein<br />
Sofa, das die jungen Leute schließlich gemeinsam<br />
in <strong>der</strong> U-Bahn transportiert haben: Zu sehen, ob<br />
und wie Dinge funktionieren, treibt sie an – nicht<br />
nur bei <strong>der</strong> Verschönerung ihrer Büros.<br />
In ihrem Fachgebiet, <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre,<br />
befassen sie sich mit Fragestellungen, die sich<br />
dem Funktionieren o<strong>der</strong> eben Nicht-Funktionieren<br />
wirtschaftlicher Prozesse o<strong>der</strong> Programme<br />
widmen: Das Internationale Doktorandenkolleg<br />
Evidence-Based Economics folgt dabei einem<br />
Trend, <strong>der</strong> in den Wirtschaftswissenschaften immer<br />
populärer wird: die Verbindung von Feldexperimenten,<br />
die in realen Umfel<strong>der</strong>n stattfinden, mit<br />
Modellen, die ökonomische Phänomene von <strong>der</strong><br />
theoretischen Warte zu beschreiben versuchen.<br />
Co-Koordinator Professor Florian Englmaier erläutert<br />
das an einem Beispiel: „Wir kennen das<br />
Prinzip <strong>der</strong> Mikrokredite in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n.<br />
Es gibt dort aber auch einen Markt für Mikroversicherungen.<br />
Denn dass sehr kleine Risiken<br />
bedrohlich sein können, vor allem für Menschen,<br />
die sich eine kleine Existenz aufgebaut haben,<br />
liegt auf <strong>der</strong> Hand.“ Feldstudien, sagt Englmaier,<br />
hätten nun ergeben, dass die Einführung dieser<br />
Versicherungen nicht so funktioniert, wie man<br />
sich das vorstellt. „Die Frage ist nun, warum das<br />
so ist.“ Eine Antwort darauf versucht etwa die<br />
Munich Re Stiftung zu finden, die weltweit ein<br />
Netzwerk aus Versicherungsunternehmen und<br />
Nichtregierungsorganisationen koordiniert, die<br />
genau daran arbeiten. Die Stiftung ist einer <strong>der</strong><br />
Partner <strong>der</strong> EBE-Graduiertenschule und erhofft<br />
sich von den herausragenden Doktoranden eine<br />
kritische Masse bei <strong>der</strong> Beantwortung dieser und<br />
ähnlicher Fragen.<br />
METHODIK IM MITTELPUNKT<br />
Die zehn Doktoranden <strong>der</strong> ersten Kohorte – fünf<br />
Frauen und fünf Männer – sind von Hochschulen<br />
aus <strong>der</strong> ganzen Welt nach München gekommen.<br />
Sie haben unterschiedliche wirtschaftswissenschaftliche<br />
Backgrounds. Anastasia Driva aus<br />
Athen zum Beispiel hat an <strong>der</strong> Universität Nottingham<br />
und am University College in London<br />
studiert. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich<br />
<strong>der</strong> Gesundheitsökonomie: „Es ist ein sehr<br />
interessantes und zugleich wenig erforschtes und<br />
breites Feld“, sagt sie. In ihrer Masterarbeit hat<br />
sich Driva dabei auf Indien fokussiert, das wie viele<br />
an<strong>der</strong>e Entwicklungslän<strong>der</strong> ein großes Potenzial<br />
für Forschung im Bereich <strong>der</strong> Gesundheitsökonomie<br />
biete. Die 22-Jährige, die vor allem durch einen<br />
Studienkollegen und <strong>LMU</strong>-Alumnus in London<br />
auf das IDK EBE aufmerksam wurde, möchte sich<br />
aber noch nicht festlegen. Sie findet gerade gut,<br />
dass das Doktorandenkolleg so angelegt ist, dass<br />
im ersten Jahr ein Blick in viele unterschiedliche<br />
Bereiche <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaften eröffnet<br />
wird. Diese Struktur, dieses „über-den-Tellerrandhinausschauen“,<br />
– habe den Ausschlag für ihre Entscheidung<br />
gegeben, nach München zu kommen.<br />
„Der große Vorteil am EBE im Vergleich zu einem<br />
klassischen Graduiertenkolleg ist, dass wir<br />
keine Forschungsfrage in den Mittelpunkt stellen,
an <strong>der</strong> sich alle Promotionen ausrichten müssen“, sagt <strong>der</strong> Dekan<br />
<strong>der</strong> Volkswirtschaftlichen Fakultät und EBE-Koordinator, Professor<br />
Joachim Winter. „Der Markenkern unseres Kollegs ist ein methodischer,<br />
weil wir denken, dass die Anwendung evidenzbasierter<br />
Methoden in allen Teilfel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Ökonomie von Relevanz ist.“<br />
Dabei fußt das Kolleg auf einer soliden wissenschaftlichen Basis:<br />
Nicht nur sind Partner aus <strong>der</strong> Wirtschaft o<strong>der</strong> Organisationen mit<br />
an Bord; auch die Universitäten von Regensburg und Erlangen-<br />
Nürnberg sind mit <strong>der</strong> Expertise einiger Lehrstühle daran beteiligt.<br />
Ziel des IDK EBE ist es, dass die Doktoranden in ihrem späteren<br />
Berufsalltag evidenzbasierte Methoden um- und einsetzen können.<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
27<br />
GUTES FUNDAMENT FÜR DIE ZUKUNFT<br />
Mit Anwendungsbezug hat Daniel Wissmann schon Erfahrungen<br />
gesammelt. Der 30-Jährige, <strong>der</strong> zusammen mit Anastasia Driva zu<br />
den „student representatives“ des Kollegs gewählt worden ist, hat<br />
während seines Studiums, das ihn von <strong>der</strong> Universität Tübingen<br />
an die Brown University, die Harvard University und an die Barcelona<br />
Graduate School of Economics führte, als Analyst im Consultingbereich<br />
gearbeitet. Ihn reizt an dem Kolleg die Verbindung <strong>der</strong><br />
theoretischen Ebene, die bisher meist einen rational handelnden<br />
Menschen voraussetze, mit <strong>der</strong> empirischen Herangehensweise, die<br />
oftmals genau das Gegenteil an den Tag bringe.<br />
Welche Richtung die beiden Doktoranden nach Ende des Graduiertenkollegs<br />
einschlagen, ob sie in <strong>der</strong> Forschung, bei einer großen<br />
Organisation o<strong>der</strong> in einem Unternehmen arbeiten werden, wissen<br />
sie noch nicht genau. Sicher sei, sagt Anastasia Driva, dass „wir<br />
nach Abschluss des Kollegs ein solides wissenschaftliches Fundament<br />
haben werden, das uns ermöglicht, in vielen Bereichen Fuß zu<br />
fassen“. Daniel Wissmann möchte vor allem „ein gut ausgebildeter<br />
Wirtschaftswissenschaftler sein, <strong>der</strong> eine Vielzahl von Fragestellungen<br />
mit mo<strong>der</strong>nen empirischen Methoden anzugehen weiß“. ■ cg<br />
MUNICH GRADUATE SCHOOL FOR ECONOMICS (MGSE)<br />
Unter dem Dach <strong>der</strong> im Jahr 2002 gegründeten Munich Graduate<br />
School of Economics ist die gesamte Doktorandenausbildung<br />
<strong>der</strong> Volkswirtschaftlichen Fakultät gebündelt. Sie ist eine <strong>der</strong><br />
ältesten Graduiertenschulen im wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Bereich in Deutschland. Im Herbst vergangenen Jahres sind das<br />
Internationale Doktorandenkolleg EBE, das DFG-Graduiertenkolleg<br />
„Microeconomic Determinants of Labor Productivity“ sowie<br />
das Egon Sohmen Graduate Center gestartet. Letzteres wird<br />
in den kommenden 15 Jahren Doktorandinnen und Doktoranden<br />
<strong>der</strong> Fakultät mittels Stipendien för<strong>der</strong>n. Es soll damit an den<br />
1977 im Alter von nur 46 Jahren verstorbenen österreichischen<br />
Ökonomen Egon Sohmen erinnern. Sohmen hat zu Lebzeiten<br />
wichtige Beiträge zur Theorie <strong>der</strong> Wechselkurse sowie zur Allokationspolitik<br />
geleistet.<br />
www.mgse.vwl.uni-muenchen.de<br />
http://evidence-based-economics.de
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
28<br />
<strong>LMU</strong> MACHT SCHULE<br />
MIT ERZÄHLEN LERNEN<br />
Erzählen ist die Urform des Lernens. Lei<strong>der</strong> bleibt im Schulalltag meist nur wenig Zeit dafür. Lehramtsstudierende<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> erzählen seit diesem Schuljahr in Münchener Ganztagsschulen Geschichten, um die Sprachfähigkeit von<br />
Schülern zu för<strong>der</strong>n. Das Projekt „Mit Erzählen Schule machen“ ist darauf angelegt, die Erzählkultur an Münchener<br />
Schulen – oft mit hohem Migrationsanteil – zu etablieren.<br />
Es geht ganz schön laut zu in <strong>der</strong> Grundschule in <strong>der</strong> Burmesterstraße<br />
in München: Die Schüler <strong>der</strong> Klasse 3bg räumen ihre Schulsachen<br />
in die Rucksäcke, rennen durchs Klassenzimmer und schieben ihre<br />
Stühle zu einem Stuhlkreis zusammen. Lehramtsstudentin Annika<br />
Hoffman hat es nicht leicht, in den letzten zwei Schulstunden für<br />
Ruhe im Klassenzimmer zu sorgen und mit ihrer Geschichte zu beginnen:<br />
„Es war einmal ein Bauer mit einem alten Hund…“ Doch<br />
plötzlich werden selbst die lebhaftesten Schüler ruhig und lauschen<br />
gebannt <strong>der</strong> Geschichte vom alten Hund „Sultan“, <strong>der</strong> nicht mehr<br />
gebraucht wird. Annika legt sich auch ganz schön ins Zeug, um ihre<br />
Zuhörer bei <strong>der</strong> Stange zu halten: Sie mimt eine Katze, die nur noch<br />
drei Beine und einen gekrümmten Schwanz hat, zeigt, wie groß die<br />
Ohren von einem Wildschwein sind und heult wie ein Wolf. Und immer<br />
wie<strong>der</strong> muss sie ihre Geschichte unterbrechen, um schwierige<br />
Wörter wie „kraulen“ o<strong>der</strong> „Gnadenbrot“ zu erklären.<br />
1 Die Lehramtsstudierenden zeigen<br />
Flagge für ihr Projekt.<br />
Doch genau darum geht es <strong>der</strong> Lehramtsstudentin beim Geschichtenerzählen:<br />
Die Kin<strong>der</strong> sollen ihren Wortschatz erweitern und ihre<br />
Sprachfähigkeit verbessern. Im Rahmen des Projekts „Mit Erzählen<br />
Schule machen“ erzählt sie im Team mit an<strong>der</strong>en Lehramtsstudierenden<br />
den Schülern <strong>der</strong> Münchener Ganztagsschule jede Woche<br />
eine Geschichte. Davon profitieren vor allem Schüler, <strong>der</strong>en Muttersprache<br />
nicht Deutsch ist: „Kin<strong>der</strong> mit Migrationshintergrund erhalten<br />
über das mündliche Erzählen von Geschichten einen kreativen<br />
und fantasievollen Zugang zur deutschen Sprache“, erklärt Dr. Uta<br />
Hauck-Thum vom Lehrstuhl für Didaktik des Deutschen als Erst- und<br />
Zweitsprache, die das Projekt koordiniert. „Erzählen ermöglicht den<br />
Lehrern einen direkten Zugang zu den Schülern. Unsere Studierenden<br />
haben im Rahmen des Projekts die Möglichkeit, den Einfluss<br />
des mündlichen Erzählens auf den Unterricht konkret zu erleben“,<br />
so Hauck-Thum.
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
29<br />
ERZÄHL-WORKSHOP FÜR STUDIERENDE<br />
Um sich auf ihren Einsatz in <strong>der</strong> Schule vorzubereiten,<br />
hat Annika zusammen mit an<strong>der</strong>en Studierenden<br />
an einem Erzählseminar am Münchner<br />
Zentrum für Lehrerbildung teilgenommen. Die<br />
professionelle Geschichtenerzählerin Katharina<br />
Ritter, die mit eigenen und geborgten Geschichten<br />
im In- und Ausland auf Tournee geht, bildet<br />
die Studierenden im Erzählen aus. Sie gibt Tipps<br />
für die Auswahl <strong>der</strong> Erzählungen, den Einsatz von<br />
Mimik und Gestik und regt die Lehramtsstudenten<br />
an, eigene Märchen zu erfinden. „Ganz wichtig<br />
ist für mich die Wahrhaftigkeit beim Erzählen: Es<br />
geht mir darum, dass die Studierenden den Kin<strong>der</strong>n<br />
erzählen wollen und nicht einfach irgendetwas<br />
erzählen. Dann wächst man mit <strong>der</strong> Zeit ins<br />
Erzählen hinein“, erklärt die Leiterin des Erzähl-<br />
Workshops. Das kann auch die Lehramtsstudentin<br />
Sieglinde Hartinger bestätigen, die zusammen mit<br />
Annika in <strong>der</strong> Grundschule an <strong>der</strong> Burmesterstraße<br />
Geschichten erzählt: „Das erste Mal war es <strong>der</strong><br />
Horror: Es hat unheimlich lange gedauert, bis sich<br />
die Kin<strong>der</strong> auf meine Geschichte konzentriert haben.<br />
Aber mit je<strong>der</strong> weiteren, die ich den Kin<strong>der</strong>n<br />
erzähle, wird es besser.“<br />
Die Schüler <strong>der</strong> Klasse 3bg folgen gespannt Annikas<br />
nächster Erzählung von einem Mädchen,<br />
das am Ende <strong>der</strong> Welt ihre Brü<strong>der</strong> sucht: Hiba,<br />
Enes und Adam sind ganz nah an Annika herangerückt<br />
und halten oft vor Spannung die Luft an. Der<br />
achtjährige Yunus stellt jedoch auch immer wie<strong>der</strong><br />
kritische Zwischenfragen: „Wo gibt es denn<br />
überhaupt ein Ende <strong>der</strong> Welt? In Australien?“ o<strong>der</strong><br />
„Wieso müssen die Kin<strong>der</strong> denn arbeiten?“.<br />
„An den Nachfragen merkt man ja schon ganz<br />
deutlich, dass das Erzählen den Kin<strong>der</strong>n etwas<br />
bringt“, erklärt Annika. Außerdem mache es einfach<br />
Spaß zu sehen, wie sich die Schüler von einer<br />
Geschichte mitreißen lassen: „Am liebsten hören<br />
sie Gruselgeschichten – da wollen sie am liebsten<br />
selbst die Geschichte zu Ende erzählen.“ ■ cdr<br />
1 Die professionelle Geschichtenerzählerin<br />
Katharina Ritter erzählt<br />
Schülerinnen und Schülern Geschichten.<br />
Darin bildet sie auch die Lehramtsstudierenden<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> aus.
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
30<br />
PORTRÄTMEDAILLEN<br />
GROSSE KÖPFE IN KLEINEM FORMAT<br />
Porträtierten in Auftrag gegeben. Zum Beispiel<br />
verschenkten Fürsten Medaillen mit dem eigenen<br />
Konterfei in unterschiedlich teuren Ausführungen<br />
an Angehörige des Hofs. Sie dokumentieren also<br />
nicht nur die soziale Stellung <strong>der</strong> Auftraggeber,<br />
son<strong>der</strong>n verraten auch etwas über die Position des<br />
Empfängers.<br />
1 Die Stadt Nürnberg ließ von<br />
Albrecht Dürer und Hans Krafft dem<br />
Älteren eine Silbermedaille mit dem<br />
Bild Kaiser Karls V. anfertigen<br />
anlässlich seines geplanten Besuchs<br />
<strong>der</strong> Stadt im Jahr 1521.<br />
Der <strong>LMU</strong>-Kunsthistoriker Walter Cupperi hat<br />
zum Abschluss seines <strong>LMU</strong>excellent Research<br />
Fellowship zusammen mit <strong>der</strong> Staatlichen<br />
Münzsammlung eine Ausstellung zu Porträtmedaillen<br />
erarbeitet.<br />
Das Who’s Who <strong>der</strong> Renaissance passt in eine<br />
Hand: Medaillen mit einer Größe von ungefähr<br />
zwei bis sieben Zentimeter Durchmesser bilden<br />
die größten Persönlichkeiten <strong>der</strong> damaligen Zeit<br />
ab. Die Porträts aus Gold, Silber, Bronze, Ton<br />
o<strong>der</strong> Holz zeigen Kaiser und Fürsten, kirchliche<br />
Würdenträger, Kaufleute und ihre Familien sowie<br />
Künstler. „Sie waren eine Form, die eigene Identität<br />
darzustellen“, sagt Dr. Walter Cupperi vom<br />
Institut für Kunstgeschichte <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />
Für ihn sind sie daher „mehr als Porträtmedaillen“:<br />
„Ihre Verbreitung ermöglicht es uns heute,<br />
weitere kulturelle Phänomene zu zeigen“, sagt<br />
Cupperi. Zusammen mit <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung<br />
München hat <strong>der</strong> Kunsthistoriker die<br />
Ausstellung „Wettstreit in Erz. Porträtmedaillen<br />
<strong>der</strong> deutschen Renaissance“ erarbeitet. Sie<br />
ist zugleich <strong>der</strong> Abschluss seines vierjährigen<br />
<strong>LMU</strong>excellent Research Fellowship, mit dem die<br />
Universität Nachwuchswissenschaftlerinnen und<br />
-wissenschaftler för<strong>der</strong>t.<br />
Die Medaillen wurden oft zu Ehren hochstehen<strong>der</strong><br />
Persönlichkeiten angefertigt o<strong>der</strong> selbst von den<br />
INFLATION DER „CONTERFAIT-PFENNIGE“<br />
Die Medaillen zeigen nicht nur Gesichter. Mithilfe<br />
von Inschriften wurden sie personalisiert, sie bilden<br />
Namen, Stellung und Verwandtschaften ab und<br />
wurden manchmal auch mit einem Motto versehen.<br />
„Die individuell gestalteten Rückseiten, Zitate<br />
und Aufschriften geben uns heute Einblick in das<br />
Selbstverständnis <strong>der</strong> Porträtierten“, sagt Cupperi.<br />
Im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t wurden die „Conterfait-Pfennige“,<br />
wie die Medaillen damals genannt wurden,<br />
so beliebt, dass sie in vielen gesellschaftlichen<br />
Schichten geradezu inflationär verbreitet waren.<br />
„Herrscher, Humanisten und Heilige und Handwerker<br />
ebenso wie Ehefrauen, Kurtisanen, körperlich<br />
Missgebildete und historisch weit zurückliegende<br />
und eigentlich in ihrem Aussehen vollkommen unbekannte<br />
Persönlichkeiten“ wurden mit Medaillen<br />
bedacht, wie <strong>LMU</strong>-Professor Ulrich Pfisterer, Inhaber<br />
des Lehrstuhls für Allgemeine Kunstgeschichte,<br />
im Katalog zur Ausstellung schreibt.<br />
Diesen Boom hatte die neue Kunstform auch dem<br />
Material <strong>der</strong> Medaillen zu verdanken: Sie waren<br />
sehr wi<strong>der</strong>standsfähig, gut zu transportieren und<br />
leicht zu reproduzieren. Sie wurden in verschiedensten<br />
Formen verbreitet, auch als Kettenanhänger,<br />
Schmuck für Hüte und Kleidung o<strong>der</strong><br />
verzierten als Ornamente Möbel und Gebrauchsgegenstände.<br />
Selbst Gebäude wurden mit medaillenförmigen<br />
Porträtreliefs in Stein dekoriert. Der<br />
italienische Dichter Pietro Aretino spottete 1545
WET TSTREIT<br />
P O R T R Ä T M E D A I L L E N D E R D E U T S C H E N R E N A I S S A N C E<br />
I N E R Z<br />
darüber, dass sein Bildnis zwischen denjenigen Caesars und Alexan<strong>der</strong>s<br />
sogar auf Schachteln für Kämme zu finden war.<br />
Die Medaillen dienten den Porträtierten vor allem dazu, ihr Andenken<br />
zu wahren. Sie übten auch eine dynastische Funktion aus, wenn<br />
sie an nachkommende Generationen vererbt wurden. Als Geschenk<br />
unterstrichen sie Freundschafts- und Liebesbeziehungen. Ihre Sy<strong>mb</strong>olik<br />
als Liebespfand zeigt sich beispielhaft auf <strong>der</strong> berühmten Grabmalskulptur<br />
<strong>der</strong> Margarethe von Österreich. Die Porträtmedaille mit<br />
dem Bild ihres verstorbenen Gemahls Philibert von Savoyen ist auf<br />
ihrem Kleid nahe <strong>der</strong> Brust angebracht. „Deutlicher kann in <strong>der</strong> Bildhauerei<br />
kaum ausgedrückt werden, dass die auf <strong>der</strong> Brust liegende<br />
Medaille Zeichen <strong>der</strong> innigen und ewig währenden Liebe ist“, erklärt<br />
Dr. Martin Hirsch von <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung München im<br />
Ausstellungskatalog. „Porträtmedaillen geben uns heute Aufschluss<br />
über die damaligen sozialen Verhältnisse. Sie sind Zeugnisse <strong>der</strong><br />
zwischenmenschlichen Beziehungen in unterschiedlichen Gesellschaftsschichten“,<br />
sagt Walter Cupperi.<br />
LEITMEDIUM DER FRÜHEN RENAISSANCE<br />
Die Medaillen spielten eine wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />
Porträtkunst. Selbst auf Bergkristall und Papier wurden Porträts in<br />
Medaillenform gestaltet. „Sie waren ein Leitmedium <strong>der</strong> frühen Renaissance“,<br />
sagt Cupperi. Die besten Künstler ihrer Zeit wendeten<br />
sich früh <strong>der</strong> neuen Kunstform zu, darunter die Maler Albrecht Dürer<br />
und Lucas Cranach. Die Porträts wurden häufig von Künstlern<br />
vorgezeichnet und die Medaillen dann von Bildhauern o<strong>der</strong> Goldschmieden<br />
aus Gold, Bronze o<strong>der</strong> Erz angefertigt.<br />
Anhand <strong>der</strong> Medaillen lässt sich auch viel über die damaligen Ströme<br />
<strong>der</strong> Migration und kulturellen Begegnung erfahren. So waren<br />
unter den im deutschsprachigen Raum tätigen Künstlern zum Beispiel<br />
auch viele Italiener und Franzosen. Die Medailleure waren sehr<br />
mobil. Um an Aufträge zu kommen, reisten sie etwa zu politischen<br />
Versammlungen und Fürstenhochzeiten.<br />
In <strong>der</strong> Diplomatie war die Gabe von Medaillen immer mit Kalkül<br />
verbunden. Es entwickelten sich feste Regeln, wie die Medaillen<br />
beschaffen sein sollten. Politische und religiöse Anschauungen und<br />
Ereignisse wie Schlachten spiegelten sich auf den Medaillen selbst<br />
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wi<strong>der</strong>. Im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t entwickelten sich Spottmedaillen, auf denen<br />
vor allem <strong>der</strong> Papst kritisiert wurde. Sie sollten schließlich die europäische<br />
Politik dramatisch beeinflussen: Im Jahr 1672 waren Medaillen<br />
„mit ungereimten spöttlichen Schil<strong>der</strong>yen“ für König Karl II. Anlass,<br />
in den Krieg gegen Holland zu ziehen.<br />
Die Ausstellung in <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung, die von <strong>der</strong> Ernst<br />
von Siemens Kunststiftung, <strong>der</strong> Edith-Haberland-Wagner-Stiftung<br />
sowie Giesecke & Devrient geför<strong>der</strong>t wird, zeigt die Entwicklung <strong>der</strong><br />
Medaillenherstellung aus einem geografischen Blickwinkel. Erstmals,<br />
so Cupperi, werde umfassend das kulturhistorische Spektrum<br />
<strong>der</strong> im deutschsprachigen Raum entstandenen Medaillen <strong>der</strong> Renaissance<br />
gezeigt. Diese Porträtkunst war sehr stark durch Kulturaustausch,<br />
Mobilität <strong>der</strong> Künstler und manchmal Unbeständigkeit<br />
<strong>der</strong> Produktionszentren geprägt. „Lokale Kontinuitäten und nationale<br />
Grenzen, wie sie die Rede von ‚deutschen Medaillen‘ suggeriert,<br />
waren womöglich weniger grundlegend, als in <strong>der</strong> Forschung zu<br />
diesen tragbaren Porträts üblicherweise angenommen“, erläutert<br />
<strong>der</strong> Kunsthistoriker.<br />
Bis zum 15. März 2014 werden mehr als 200 deutsche Renaissancemedaillen<br />
aus einigen <strong>der</strong> bedeutendsten Sammlungen Europas<br />
vorgestellt. Am 7. und 8. Februar 2014 wird das Institut für Kunstgeschichte<br />
zum Abschluss <strong>der</strong> Ausstellung eine Tagung mit dem<br />
Titel „Die an<strong>der</strong>e Seite. Funktionen und Wissensformen <strong>der</strong> frühen<br />
Medaillen“ veranstalten. Im Sommer 2014 wird die Ausstellung im<br />
Kunsthistorischen Museum Wien, 2015 in den Staatlichen Kunstsammlungen<br />
Dresden besichtigt werden können.<br />
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N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
31
N R . 1 • 2014 ALUMNI<br />
32<br />
CLUBBETREIBER MATHIAS SCHEFFEL<br />
„FEIERN UND STUDIEREN –<br />
DAS GEHT LOCKER!“<br />
Mathias Scheffel gilt als Pionier des Münchener Nachtlebens. Angefangen mit<br />
Partys im Ultraschall und Kunstpark Ost ist <strong>der</strong> Gastronom heute am Pacha, Filmcasino,<br />
Mamasita, Jack Rabbit, Gecko, Gast, <strong>der</strong> Reitschule und dem Optimolgelände<br />
beteiligt. Begonnen hat alles mit einem Jurastudium an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />
An die beste Party seines Lebens erinnert sich Mathias<br />
Scheffel bis heute. „Das war 1993 die Technoparade<br />
Union Move auf <strong>der</strong> Leopoldstraße“, erzählt<br />
<strong>der</strong> Clubbetreiber in „seinem“ Mamasita am Münchener<br />
Isartor. Damals war er gerade 28 Jahre alt<br />
und studierte Jura an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Mit <strong>der</strong> Versammlung<br />
wollte Scheffel gegen die zu dieser Zeit noch<br />
sehr strengen Sperrzeiten demonstrieren. „Es waren<br />
7.500 Leute angemeldet und zum Schluss sind<br />
120.000 gekommen“, berichtet er nicht ohne Stolz.<br />
Schon während seiner Studienzeit finanzierte sich<br />
<strong>der</strong> gebürtige Stuttgarter seinen Lebensunterhalt<br />
im Nachtleben als DJ Chef L. Probleme mit dem<br />
Studium hatte er deswegen trotzdem nie: „Das<br />
Tanzlokal Größenwahn, in dem ich aufgelegt habe,<br />
hat schon um 1 Uhr zugemacht.“ Danach sei<br />
er zwar noch im Parkcafé einen Absacker trinken<br />
gegangen, aber um 8 Uhr wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Stabi gewesen.<br />
„Wenn man sich nicht maßlos betrinkt,<br />
geht das locker!“, glaubt Scheffel.<br />
1 Holger Fuchs (Constantin Film) und Mathias Scheffel (rechts) im Münchener Filmcasino.<br />
Die Studierenden scheinen sich trotz <strong>der</strong> Umstellung<br />
auf Bachelor und Master genauso wenig vom<br />
Feiern abhalten zu lassen. Zumindest spürt Scheffel<br />
seit <strong>der</strong> Einführung keinen Besucherrückgang<br />
in seinen Clubs. „Wir führen zwar keine Statistik,<br />
aber unsere Studentenpartys funktionieren immer<br />
gut“, lacht er. Insgesamt gebe es sogar deutlich<br />
mehr Studentenveranstaltungen als früher. Im<br />
Bereich <strong>der</strong> Fachschaften seien sie mittlerweile<br />
richtiggehend kommerzialisiert worden. Scheffel<br />
muss es wissen: Sein Sohn studiert inzwischen<br />
auch Jura an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Den interessiere das Nachtleben<br />
allerdings eher weniger. „Wir waren einmal<br />
zusammen im Pacha: Da habe ich ihm zwei Cuba<br />
Libre spendiert und danach ist er brav nach Hause<br />
gegangen – ich war länger da“, ergänzt er lachend.
Obwohl Scheffel das Nachtleben mit seinen Höhen und Tiefen kennt,<br />
ist er kein strenger Vater. „Man muss doch keine Drogen nehmen,<br />
um gut drauf zu sein“, unterstreicht er. In seiner Jugend sei er selber<br />
jahrelang bei allen Afterhours <strong>der</strong> Stadt gewesen und ohne Drogen<br />
genauso so gut drauf gewesen. Nicht umsonst habe die letzte Union-<br />
Move-Parade im Jahr 2001 den Titel „Love Is The Only Drug“ gehabt.<br />
„Es gibt genügend an<strong>der</strong>e Möglichkeiten, sich zu stimulieren“,<br />
grinst Scheffel. Deswegen wäre es für ihn auch in Ordnung, wenn<br />
sein Sohn eines Tages in seine Fußstapfen treten würde. Momentan<br />
sieht es aber nicht danach aus: „Ich hatte schon damals diese<br />
Begeisterung und mit 16 Jahren meinen Ausweis gefälscht, um in<br />
den Clubs auflegen zu können.“ Seinen Sohn reize das hingegen<br />
alles überhaupt nicht.<br />
Dem Nachtleben bis heute treu geblieben ist Scheffel eher zufällig.<br />
„Ich war Marketingmanager bei BMG in London und habe die ersten<br />
Schritte von Take That begleitet“, berichtet er. Danach habe er<br />
aber bei EMI in Köln angefangen und sich um die Kölner Mundart-<br />
Musikgruppen Bläck Fööss und Brings kümmern müssen. Deswegen<br />
war er froh, als er das Angebot als Geschäftsführer für die alte<br />
Abflughalle am Flughafen Riem bekam. Ab dem Moment sei ihm<br />
auch klar gewesen, dass die juristische Karriere von jetzt an stark<br />
eingeschränkt ist.<br />
Klare Wahl: lieber Clubchef<br />
als Anwalt<br />
Das Studium abgeschlossen hat Scheffel trotzdem. Er ist sogar zugelassener<br />
Anwalt beim Landgericht München I und II. „Ich praktiziere<br />
aber nicht und vertrete höchstens ein- bis zweimal im Jahr<br />
aus Gefälligkeit“, erläutert er. Allerdings müsse er natürlich auch in<br />
seinem jetzigen Job viele juristische Auseinan<strong>der</strong>setzungen wie zum<br />
Beispiel Anwohnerbeschwerden bearbeiten. Zuletzt musste er sich<br />
außerdem gegen Rassismus-Vorwürfe des Münchener Auslän<strong>der</strong>beirats<br />
wehren. „Das ist absurd“, sagt Scheffel. Er und keiner, den<br />
er kenne, würde auf die Idee kommen, seinem Personal zu sagen:<br />
Lass einen Farbigen bei uns nicht rein. Erst kürzlich habe es sogar<br />
die Aktion „Nachts sind alle Menschen bunt“ gegeben.<br />
„Ich bin jedes Wochenende<br />
unterwegs“<br />
Obwohl Scheffels wilde Partyzeiten mittlerweile vorbei sind, trifft<br />
man ihn noch jeden Donnerstag, Freitag und Samstag in seinen<br />
Clubs. Machen ihm als Clubbetreiber noch viele Studentinnen Avancen?<br />
„Nein, in meinem Alter gehöre ich nicht mehr zur Kernzielgruppe“,<br />
lacht <strong>der</strong> Vater zweier Kin<strong>der</strong>. Der Grund für die langen<br />
Nächte sei vielmehr, nicht das Gefühl dafür zu verlieren, was in den<br />
einzelnen Läden passiert. „So was geht nun mal nicht vom Schreibtisch<br />
aus“, erklärt er und bestellt eine Suppe. Es ist 18 Uhr und<br />
Scheffel hat noch nichts gegessen. „Es ist“, fährt er fort, „aber nicht<br />
mehr wie früher, wo ich als Geschäftsführer von zehn Uhr abends bis<br />
morgens um sechs Uhr die Abrechnungen machen musste.“<br />
Heute kümmert sich Scheffel stattdessen um Verträge, Sponsoren,<br />
Veranstalter o<strong>der</strong> Firmenevents – mit Erfolg. Seiner Meinung<br />
nach ist das Clubangebot in München gemessen an <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong><br />
ausgehwilligen Menschen riesig. „Als Club muss man daher heute<br />
schon sehr stark sein, um sich ein teures Programm und teure Preise<br />
leisten zu können“, gibt er zu bedenken. Als er zum Studium von<br />
Stuttgart nach München gekommen ist, habe es dagegen maximal<br />
sechs Läden gegeben. Jetzt sind es 50.<br />
■ dl<br />
N R . 1 • 2014 ALUMNI<br />
33
NEUBERUFEN<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
34<br />
1 Prof. Dr. jan lipfert<br />
■ Prof. Dr. jan liPfert<br />
fakultät für PhySik<br />
Jan Lipfert wurde im Septe<strong>mb</strong>er 2013 zum Universitätsprofessor<br />
für Experimentalphysik an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> ernannt. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich<br />
<strong>der</strong> molekularen Biophysik. Er untersucht die<br />
Struktur, Funktion und Interaktionen von biologischen<br />
Makromolekülen, insbeson<strong>der</strong>e von DNA<br />
und RNA. Methodisch setzt er dabei einerseits<br />
Einzelmolekülmethoden – beson<strong>der</strong>s magnetische<br />
Pinzetten – und an<strong>der</strong>erseits Röntgenstreutechniken<br />
ein. Gleichzeitig ko<strong>mb</strong>iniert er experimentelle<br />
Techniken mit rechnergestützter Modellierung<br />
von biologischen Makromolekülen, zum Beispiel<br />
um ihre Struktur aus Streudaten zu berechnen<br />
o<strong>der</strong> ihr Verhalten in Einzelmolekülmessungen<br />
besser zu verstehen.<br />
Geboren wurde Lipfert am 8. Oktober 1977 in<br />
Frankfurt am Main. Nach seinem Abitur in Kassel<br />
studierte er von 1998 bis 2000 Physik und Volkswirtschaftslehre<br />
an <strong>der</strong> Ruprecht-Karls-Universität<br />
in Heidelberg. Danach führte es den heute 36-Jährigen<br />
an die Uppsala Universitet nach Schweden,<br />
wo er seine Arbeit für den Master of Philosophy<br />
mit dem Titel „Radiation induced damage in serine<br />
phosphate – a model for strand breakage in<br />
DNA“ verfasste. 2002 absolvierte er als Fulbright-<br />
Stipendiat den Master of Science an <strong>der</strong> University<br />
of Illinois at Urbana-Champaign, USA. Für seine<br />
Promotion blieb Lipfert in den USA und ging an<br />
die Stanford University. Dort promovierte er nach<br />
kurzen Forschungsaufenthalten am Institut Pasteur<br />
in Paris und an <strong>der</strong> University of Dundee in<br />
Schottland 2007 mit einer Arbeit über „Small-<br />
Angle X-Ray Scattering of RNA, Proteins, and<br />
Me<strong>mb</strong>rane Protein-Detergent Complexes”. Nach<br />
seiner Promotion ging Lipfert in die Nie<strong>der</strong>lande<br />
und arbeitete als Postdoc und Veni-Stipendiat <strong>der</strong><br />
nie<strong>der</strong>ländischen Organisation für wissenschaftliche<br />
Forschung (NWO) an <strong>der</strong> TU Delft, wo er neuartige<br />
magnetische Pinzetten entwickelte und zur<br />
Erforschung <strong>der</strong> Eigenschaften von DNA und RNA<br />
und ihrer Interaktionen mit Proteinen benutzte.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> will <strong>der</strong> Physiker seine Forschungsarbeiten<br />
weiterführen und magnetische Pinzetten<br />
sowie Röntgenstreuung benutzen, um die Struktur,<br />
die Wechselwirkungen und die Interaktionen<br />
von Nukleinsäuren zu untersuchen und ihre verschiedenen<br />
Rollen in <strong>der</strong> Speicherung und Regulation<br />
von genetischen Informationen zu verstehen.<br />
Darüber hinaus freut er sich auf vielseitige Kooperationen<br />
im Umfeld <strong>der</strong> Nanowissenschaften und<br />
Biophysik in München. In <strong>der</strong> Lehre möchte Lipfert<br />
insbeson<strong>der</strong>e die interdisziplinären Aspekte<br />
<strong>der</strong> Biophysik betonen, die an <strong>der</strong> Schnittstelle von<br />
Physik, Biologie, Chemie, Informatik und Ingenieurwissenschaften<br />
liegen. In seiner Freizeit interessiert<br />
sich <strong>der</strong> Vater einer Tochter für Reisen,<br />
Politik, Crossfit, Laufen und Fußball.<br />
■ Prof. Dr. SaScha raithel<br />
fakultät für BetrieBSwirtSchaft<br />
Sascha Raithel wurde im Oktober 2013 zum Juniorprofessor<br />
für Finanzorientiertes Marketing und<br />
Management an <strong>der</strong> Fakultät für Betriebswirtschaft<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ernannt. Seine Forschungsschwerpunkte<br />
liegen in den Bereichen Markenwert, Corporate<br />
Social Responsibility, Unternehmensreputation<br />
und <strong>der</strong>en Effekte auf Konsumenten und Kapitalmarktakteure.<br />
Geboren wurde Sascha Raithel 1976. Nach seinem<br />
Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre<br />
an <strong>der</strong> Universität Augsburg. Erste Berufserfahrung<br />
sammelte er während seines Studiums bei<br />
<strong>der</strong> Munich Re und dem Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern<br />
MAN. Von 2004 bis 2009 arbeitete<br />
er als Berater bei <strong>der</strong> Marketing- und Kommunikationsagentur<br />
Pepper G<strong>mb</strong>H. Parallel dazu<br />
war <strong>der</strong> heute 37-Jährige zwischen 2007 und<br />
2009 Wissenschaftlicher Assistent an <strong>der</strong> Fakultät<br />
für Betriebswirtschaft <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und absolvierte<br />
dort ebenfalls seinen Master of Business<br />
Research. Anschließend arbeitete er bis 2011 als<br />
Wissenschaftlicher Assistent an <strong>der</strong> Fakultät für<br />
Betriebswirtschaft/Munich School of Management<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Im Juni desselben Jahres wurde<br />
er mit seiner Arbeit zum Thema „Market-based<br />
Assets and Financial Performance“ promoviert.<br />
Er hat in renommierten Fachzeitschriften wie dem<br />
Journal of Marketing Research und dem Journal<br />
of the Academy of Marketing Science publiziert<br />
und ist Mitglied im Editorial Review Board des International<br />
Journal of Advertising. Raithel wurde<br />
unter an<strong>der</strong>em mit einem Distinguished Fellowship<br />
an <strong>der</strong> Fudan University in Shanghai sowie<br />
dem Conference Best Paper Award vom European<br />
Institute for Advanced Studies in Management (EI-<br />
ASM) beim Workshop on Visualising, Measuring<br />
and Managing Intangibles and Intellectual Capital<br />
2009 in Dresden ausgezeichnet. Die prämierte Arbeit<br />
war die Studie „Value-relevance of Customer<br />
Satisfaction: Empirical Evidence for Global Automobile<br />
Industry“.<br />
Seine aktuellen und zukünftigen Forschungsvorhaben<br />
beschäftigen sich unter an<strong>der</strong>em mit <strong>der</strong>
Neuberufen<br />
Wirkung von Werbung bei großen Sportevents wie<br />
dem Super Bowl auf Konsumenten und Investoren<br />
sowie den Faktoren eines erfolgreichen Managements<br />
von Markenkrisen. Seine Lehre fokussiert<br />
auf die Vermittlung von Wissen über statistische<br />
Methoden und <strong>der</strong>en Anwendung im Marketing an<br />
Studierende in den Bachelor-, Master- und Doktorandenprogrammen.<br />
■ Prof. Dr. Oliver Söhnlein<br />
Medizinische Fakultät<br />
Oliver Söhnlein hat zum 1. Oktober 2013 die Professur<br />
für Vaskuläre Immuntherapie am Institut<br />
für Prophylaxe und Epidemiologie <strong>der</strong> Kreislaufkrankheiten<br />
(IPEK) an <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> angetreten. Die Professur ist Bestandteil<br />
des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
geför<strong>der</strong>ten Deutschen Zentrums für Herzkreislaufforschung.<br />
Söhnleins Forschungsschwerpunkt<br />
ist die Rolle von neutrophilen Granulozyten<br />
in den entzündlichen Prozessen <strong>der</strong> Atherosklerose<br />
und <strong>der</strong> Restenose.<br />
Professor Söhnlein studierte Humanmedizin an<br />
<strong>der</strong> Friedrich-Alexan<strong>der</strong>-Universität in Erlangen,<br />
wo er 2005 zur „Rolle von ACE Inhibitoren in <strong>der</strong><br />
vaskulären Entzündung“ promoviert wurde. Von<br />
2004 bis 2008 arbeitete er in <strong>der</strong> Abteilung für<br />
Physiologie und Pharmakologie am Karolinska<br />
Institutet in Stockholm, Schweden. Dort wurde<br />
Söhnlein 2008 zum Ph.D. in Physiologie zur „Rolle<br />
von Granulaproteinen aus neutrophilen Granulozyten<br />
in <strong>der</strong> akuten Entzündung“ promoviert.<br />
Im Anschluss kam er ans Institut für Molekulare<br />
Herzkreislaufforschung (IMCAR) an die RWTH<br />
Aachen, wo er im Kontext einer umfangreichen<br />
DFG-För<strong>der</strong>ung eine Arbeitsgruppe zur Untersuchung<br />
<strong>der</strong> Rolle neutrophiler Granulozyten in <strong>der</strong><br />
Atherosklerose aufbaute. In Aachen habilitierte er<br />
sich auch in Experimenteller Medizin. Nach <strong>der</strong><br />
Verleihung des hoch dotierten Vidi-Preises <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>ländischen Organisation für Wissenschaftliche<br />
Forschung (NWO) arbeitete Söhnlein 2012 in<br />
<strong>der</strong> Abteilung für Pathologie des Academic Medical<br />
Centers <strong>der</strong> Universität Amsterdam, von wo er<br />
durch die Berufung an die <strong>LMU</strong> zurückgekehrt ist.<br />
Für seine Arbeiten zur Rolle <strong>der</strong> neutrophilen<br />
Granulozyten in vaskulären Entzündungen erhielt<br />
Professor Söhnlein verschiedene Preise, darunter<br />
den Hermann Rein Pries und den Adumed-Forschungspreis.<br />
Seine Arbeiten wurden in hochrangigen<br />
Zeitschriften wie „Circulation“, „Journal<br />
of Clinical Investigation“, „Science Translational<br />
Medicine“ und „Nature Reviews Immunology“<br />
publiziert. An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> freut er sich auf die enge<br />
Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen – sowohl<br />
am Institut als auch in den bestehenden Forschungsverbünden.<br />
Er möchte dazu beitragen, die<br />
herausragende Forschungsqualität des Instituts<br />
weiter zu stärken, das auf internationalem Niveau<br />
in <strong>der</strong> Herzkreislaufforschung eine Spitzenstellung<br />
einnimmt.<br />
■ Prof. Dr. Gunnar Schotta<br />
Medizinische Fakultät<br />
Professor Gunnar Schotta wurde zum 1. Oktober<br />
2013 als W2-Professor für Molekulare Epigenetik<br />
ans Adolf-Butenandt-Institut für Physiologische<br />
Chemie, Physikalische Biochemie und Zellbiologie<br />
<strong>der</strong> Medizinischen Fakultät <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> berufen. In<br />
<strong>der</strong> Forschung interessiert ihn vor allem, welche<br />
Mechanismen <strong>der</strong> Genregulation in Zellen existieren,<br />
welche Kontrollmechanismen bewirken,<br />
dass eine Stammzelle in eine bestimmte Richtung<br />
differenzieren kann und wie repetitive Bereiche im<br />
Genom in Schach gehalten werden.<br />
Geboren wurde Schotta 1972 in Meißen. Für seine<br />
Doktorarbeit an <strong>der</strong> Martin-Luther-Universität in<br />
Halle arbeitete er am Drosophila-Modell, um die<br />
Ausbildung von Genrepression zu studieren. Anschließend<br />
verließ er Deutschland in Richtung Österreich,<br />
um am Forschungsinstitut für Molekulare<br />
Pathologie (IMP) in Wien als Postdoc tätig zu sein.<br />
Dort lag sein Fokus weiter an <strong>der</strong> Genstilllegung,<br />
allerdings wechselte er das Modellsystem, um näher<br />
an die angewandte Forschung angebunden<br />
zu sein. Während dieser Zeit entdeckte er neue<br />
Enzyme, die bestimmte Verän<strong>der</strong>ungen an Histonproteinen<br />
anbringen. Dies ist wichtig, um die Stilllegung<br />
von Geno<strong>mb</strong>ereichen zu bewerkstelligen.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte sich <strong>der</strong> 41-Jährige weiterhin<br />
im Mausmodell mit den Mechanismen <strong>der</strong> Genregulation<br />
beschäftigen. Sein Fernziel ist es, zu<br />
verstehen, wie die Genregulation funktioniert und<br />
wie damit Zellen einen stabilen Differenzierungszustand<br />
erreichen. Dieses Wissen will er nutzen,<br />
um gezielt Zellen in bestimmte Richtungen programmieren<br />
zu können und dadurch eventuell<br />
Möglichkeiten für regenerative Therapieverfahren<br />
zu schaffen.<br />
■ Prof. Dr. Anja Ballis<br />
Fakultät für Sprach- und<br />
Literaturwissenschaften<br />
Seit 1. Oktober 2013 ist Anja Ballis Professorin für<br />
Didaktik <strong>der</strong> deutschen Sprache und Literatur sowie<br />
<strong>der</strong> Didaktik des Deutschen als Zweitsprache.<br />
N R . 1 • 2014 Menschen<br />
35
NEUBERUFEN<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
36<br />
1 Prof. Dr. Sven Bachmann<br />
Ihre Forschungsinteressen sind weit gefächert: Sie<br />
umfassen die Erforschung von Bildungsmedien,<br />
die Rezeption von Holocaustliteratur durch Schülerinnen<br />
und Schüler sowieso den Umgang mit<br />
Heterogenität im Deutschunterricht.<br />
Ballis ist Jahrgang 1969. Nach einem Studium <strong>der</strong><br />
Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde für<br />
das gymnasiale Lehramt an den Universitäten Erlangen-Nürnberg,<br />
Marburg und Augsburg wurde<br />
sie 1999 an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit einer literarhistorischen<br />
Studie zu „Literatur in Ansbach“ promoviert. Im<br />
Anschluss an die Promotion absolvierte sie das<br />
Referendariat und arbeitete als Studienrätin, bis<br />
sie 2004 an die Universität Augsburg als Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin zurückkehrte. Dort<br />
habilitierte sie sich 2008 mit einer empirisch<br />
ausgerichteten Arbeit zur „Schriftsprachlichen<br />
För<strong>der</strong>ung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“.<br />
Bis zu ihrer Berufung an die <strong>LMU</strong> war<br />
sie von 2007 bis 2013 als Professorin an <strong>der</strong> Pädagogischen<br />
Hochschule in Weingarten.<br />
Mit ihren zukünftigen Forschungsvorhaben an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> will Professor Ballis an bisherige Projekte<br />
anknüpfen und diese weiterentwickeln. Hierbei<br />
interessiert sie insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Einfluss von Bildungsmedien<br />
auf Lehr- und Lernprozesse. Darüber<br />
hinaus wird sie die empirische Ausrichtung<br />
<strong>der</strong> Fachdidaktik Deutsch vorantreiben und ein<br />
international und interdisziplinär dimensioniertes<br />
Projekt zur Holocaust Education initiieren, das<br />
pädagogische Konzepte ebenso berührt wie die<br />
Nachhaltigkeit <strong>der</strong> aufgelegten Programme. In <strong>der</strong><br />
forschenden Lehre wird <strong>der</strong> Fokus auf <strong>der</strong> Thematisierung<br />
von Heterogenität im Deutschunterricht<br />
liegen, um Schüler mit beson<strong>der</strong>em För<strong>der</strong>bedarf<br />
bestmöglich einzuschätzen, gemäß ihren Fähigkeiten<br />
zu för<strong>der</strong>n und angehende Lehrkräfte auf<br />
diese zukünftigen Herausfor<strong>der</strong>ungen vorzubereiten.<br />
■ Prof. Dr. Sven BachMann<br />
fakultät für MatheMatik,<br />
inforMatik unD StatiStik<br />
Professor Sven Bachmann ist seit 1. Oktober 2013<br />
W2-Professor am Institut für Mathematik im Rahmen<br />
des Elite-Masterstudiengangs „Theoretische<br />
und Mathematische Physik (TMP)“. Seine Forschung<br />
gilt den Eigenschaften von quantenmechanischen<br />
Mehrkörpersystemen in <strong>der</strong> Festkörperphysik,<br />
die nur durch eine rigorose mathematische<br />
Analyse auszuforschen sind. „Dabei ist die Wechselwirkung<br />
zwischen physikalischem Verständnis<br />
und mathematischer Abstraktion sehr fruchtbar“,<br />
erklärt Bachmann. Neue mathematische Methoden<br />
führen zu einem verfeinerten physikalischen<br />
Bild, wie er kürzlich über die sogenannten Phasen<br />
<strong>der</strong> Spin-Systeme (Magneten) erforscht hat.<br />
Geboren wurde Bachmann 1980 in <strong>der</strong> Westschweiz<br />
„mit Ausblick über die Alpen“, wie er<br />
erzählt. Nach seinem Master in Physik an <strong>der</strong><br />
École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL)<br />
wurde er am Institut für Theoretische Physik <strong>der</strong><br />
Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich<br />
(ETH) promoviert. Seine Doktorarbeit handelte<br />
von mathematischen Aspekten <strong>der</strong> statistischen<br />
Physik aus dem Gleichgewicht, genauer über Ströme<br />
von Teilchen und <strong>der</strong>en thermische und quantenmechanische<br />
Fluktuationen. Dabei war die fundamentale<br />
Struktur des Problems nur unter <strong>der</strong><br />
Verwendung passen<strong>der</strong> mathematischer Instrumente<br />
zu verstehen. Anschließend war Bachmann<br />
an <strong>der</strong> University of California in Davis, USA, „Arthur<br />
J. Krener Assistant Professor“ und Postdoc.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> konzentriert sich Professor Bachmann<br />
insbeson<strong>der</strong>e auf das TMP-Programm, die<br />
mathematischen Methoden <strong>der</strong> Quantenmechanik,<br />
Seminare über diverse Forschungsthemen<br />
<strong>der</strong> mathematischen Physik und auf die statistische<br />
Physik. Beson<strong>der</strong>s wichtig ist ihm dabei, wie<br />
abstrakte Mathematik dazu beiträgt, physikalische<br />
Phänomene grundsätzlich zu verstehen.<br />
■ Prof. Dr. florian alt<br />
fakultät für MatheMatik,<br />
inforMatik unD StatiStik<br />
Professor Florian Alt ist seit Oktober 2013 Professor<br />
am Lehrstuhl für Angewandte Informatik<br />
und Medieninformatik <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Seine Lehr- und<br />
Forschungsinteressen liegen an <strong>der</strong> Schnittstelle<br />
zwischen Pervasive Computing und <strong>der</strong> Mensch-<br />
Computer-Interaktion. Er interessiert sich für ubiquitäre<br />
interaktive Systeme, speziell Interaktion im<br />
öffentlichen Raum, Interaktion mit mobilen Endgeräten,<br />
blickbasierte Interaktion und benutzbare<br />
Sicherheit.<br />
Florian Alt studierte Medieninformatik an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong>. Zwischen 2008 und 2012 arbeitete er als<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an <strong>der</strong> Universität<br />
Duisburg-Essen und später an <strong>der</strong> Universität<br />
Stuttgart, wo er 2012 mit dem Thema „A Design<br />
Space for Pervasive Advertising on Public Displays“<br />
promoviert wurde. Von 2009 bis 2012 war<br />
Alt technischer Leiter an den Partneruniversitäten<br />
in Essen und Stuttgart für das EU-Projekt „PD-<br />
Net“, das sich mit öffentlichen Großbildschirmen
NEUBERUFEN<br />
als Kommunikationsmedium <strong>der</strong> Zukunft beschäftigte.<br />
2011 forschte er als Gastwissenschaftler an<br />
den Telekom Innovations Labs <strong>der</strong> TU Berlin und<br />
war als Gastdozent für Pervasive Computing an<br />
<strong>der</strong> Universität Duisburg-Essen und für Unconventional<br />
User Interaction an <strong>der</strong> Universität Linz,<br />
Österreich, tätig. Vor seiner Promotion arbeitete<br />
Alt als Webentwickler für Pinnacle Systems in<br />
Mountain View und als IT-Spezialist für Schreiner<br />
MediPharm LP in New York, beide USA.<br />
Darüber hinaus ist Alt regelmäßig im Organisations-<br />
und Programmkomitee verschiedener Konferenzen<br />
vertreten, wie zum Beispiel <strong>der</strong> ACM<br />
SIGCHI Conference on Human Factors (WiP), <strong>der</strong><br />
ACM Conference on the World Wide Web (WWW),<br />
<strong>der</strong> International Conference on Mobile and Ubiquitous<br />
Multimedia (MUM) sowie dem Symposium<br />
on Pervasive Displays (PerDis). Zudem arbeitet<br />
er unter an<strong>der</strong>em als Gutachter für ACM SIGCHI,<br />
Ubicomp, NordiCHI sowie für die Fachzeitschriten<br />
IEEE Computer und IEEE Pervasive Computing.<br />
■ Prof. Dr. lutz S. GöhrinG<br />
tierärztliche fakultät<br />
Professor Lutz Göhring ist seit 1. April 2013 W3-<br />
Professor für Innere Medizin und Reproduktion<br />
des Pferdes an <strong>der</strong> Tierärztlichen Fakultät <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong>. Davor war er Associate Professor an <strong>der</strong><br />
Colorado State University in Fort Collins, Colorado,<br />
USA, und Juniordozent an <strong>der</strong> Tierärztlichen<br />
Fakultät <strong>der</strong> Universität Utrecht in den Nie<strong>der</strong>landen.<br />
An beiden Standorten hat er an <strong>der</strong> Neuropathogenese<br />
des Equiden Herpesvirus (Typ 1) beim<br />
Pferd geforscht. Dieses Virus kann nach Infektion<br />
<strong>der</strong> oberen Atemwege beim erwachsenen Pferd<br />
ein infarktähnliches Bild im Rückenmark verursachen,<br />
das Lähmungserscheinungen mit sich<br />
bringt. An dieser Problematik wird Göhring auch<br />
in München weiterhin und in enger Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Virologie <strong>der</strong> Tierärztlichen Fakultät<br />
arbeiten.<br />
Nach seinem Studium <strong>der</strong> Tiermedizin an <strong>der</strong> Universität<br />
Utrecht war Göhring in <strong>der</strong> Zeit von 1993<br />
bis 1995 in Bayern tätig. Als Praxisassistent arbeitete<br />
er im mittelfränkischen Simmelsdorf. Seine<br />
klinische Weiterbildung und Spezialisierung absolvierte<br />
er in den USA am Marion DuPont Scott<br />
Equine Medical Center in Leesburg, Virginia. Er<br />
ist Diplomate im American College of Veterinary<br />
Internal Medicine und klinische Schwerpunktthemen<br />
sind für ihn die Neurologie sowie Neuropathologie<br />
beim Pferd und die Infektionserkrankungen<br />
des Pferdes.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte Professor Göhring neben den<br />
Forschungen am Equiden Herpesvirus vor allem<br />
zur objektiven Diagnostik von neurologischen<br />
Erkrankungen beim Pferd beitragen. Dabei wird<br />
es sich insbeson<strong>der</strong>e um Erkrankungen handeln,<br />
die das Gangvermögen des Pferdes beeinflussen.<br />
Dies wird in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Neurologiegruppe<br />
<strong>der</strong> Medizinischen Kleintierklinik und <strong>der</strong><br />
Neuropathologie <strong>der</strong> Tierärztlichen Fakultät stattfinden.<br />
Weitere Schwerpunkte seiner Abteilung<br />
sind die chronischen Atemwegserkrankungen bei<br />
Pferden und Fertilitätsstörungen bei Stute und<br />
Hengst.<br />
■ Prof. Dr. SuSanne GöDDe<br />
fakultät für SPrach- unD<br />
literaturwiSSenSchaften<br />
Susanne Gödde wurde zum 1. Nove<strong>mb</strong>er 2013<br />
zur Professorin für Griechische Philologie und<br />
Religionswissenschaft <strong>der</strong> Antike an <strong>der</strong> Fakultät<br />
für Sprach- und Literaturwissenschaften ernannt.<br />
Während ihre Lehre sich auf alle Epochen <strong>der</strong> antiken<br />
griechischen Literatur erstreckt, liegen ihre<br />
Forschungsschwerpunkte insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> archaischen<br />
und klassischen Zeit, wobei das Epos,<br />
die Tragödie beziehungsweise die Institution des<br />
antiken Theaters sowie die Rhetorik im Zentrum<br />
stehen. Darüber hinaus forscht Professor Gödde<br />
auf dem Gebiet <strong>der</strong> Religionsgeschichte <strong>der</strong> Antike<br />
etwa zum Polytheismus, zur Kultgeschichte<br />
einzelner Götter und Heroen sowie zur rituellen<br />
Praxis. Schließlich befasst sich die Literatur- und<br />
Religionswissenschaftlerin in <strong>der</strong> Lehre wie in <strong>der</strong><br />
Forschung mit <strong>der</strong> Transformationsgeschichte <strong>der</strong><br />
Mythologie in mo<strong>der</strong>ner Literatur und Kunst bis<br />
hin zur Rezeption antiker Mythen in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />
Kulturtheorie.<br />
Susanne Gödde, geboren 1965, wurde nach ihrem<br />
Studium <strong>der</strong> Griechischen Philologie, Germanistik<br />
und Klassischen Archäologie an <strong>der</strong> Westfälischen<br />
Wilhelms-Universität Münster 1996 Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kulturwissenschaftliche<br />
Anthropologie <strong>der</strong> Universität Pa<strong>der</strong>born.<br />
1999 wurde sie mit ihrer Arbeit „Das Drama<br />
<strong>der</strong> Hikesie. Ritual und Rhetorik in Aischylos’<br />
Hiketiden“ promoviert. Bis 2006 war sie Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Institut für Religionswissenschaft<br />
<strong>der</strong> Freien Universität Berlin, wo sie<br />
sich zum Thema „Euphêmia – Die gute Rede in<br />
Kult und Literatur <strong>der</strong> griechischen Antike“ habilitierte.<br />
Von 2008 bis Oktober 2013 hat Gödde den<br />
Lehrstuhl für Griechische Philologie I an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />
vertreten. Sie ist seit 2012 Principal Investigator<br />
<strong>der</strong> altertumswissenschaftlichen Graduate School<br />
1 Prof. Dr. Susanne Gödde<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
37
NEUBERUFEN<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
38<br />
1 Prof. Dr. Álvaro S. octavio de<br />
toledo y huerta<br />
„Distant Worlds“ sowie im Internationalen Doktorandenkolleg<br />
„Mimesis“.<br />
Im Rahmen ihrer neuen Professur möchte Susanne<br />
Gödde in <strong>der</strong> Lehre Studierende dafür gewinnen,<br />
ihre philologischen Kompetenzen mit kulturwissenschaftlichen<br />
Fragestellungen zu verbinden.<br />
Anvisiert ist auch eine Zusammenarbeit mit dem<br />
interfakultären Studiengang Religionswissenschaft.<br />
Derzeit arbeitet Professor Gödde an einer<br />
Einführung in die griechisch-römische Mythologie.<br />
In Vorbereitung ist ein Forschungsprojekt<br />
mit dem Titel „Opfer und Gewalt: Kulturgründung<br />
in antiken Narrativen und mo<strong>der</strong>ner Theorie“.<br />
■ Prof. Dr. annette nicke<br />
fakultät für MeDizin<br />
Annette Nicke wurde mit Wirkung vom 1. Oktober<br />
2013 zur Professorin für Molekulare Toxikologie<br />
und Pharmakologie an <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät<br />
ernannt. Sie interessiert sich bereits seit Langem<br />
für die Struktur, Funktion und Subtypcharakterisierung<br />
von Me<strong>mb</strong>ranproteinen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
Transportern und Liganden-gesteuerten Ionenkanälen,<br />
sowie die Struktur-Wirkungsbeziehungen<br />
von Peptid-Toxinen. Ihre <strong>der</strong>zeitigen Schwerpunkte<br />
sind die Untersuchung <strong>der</strong> molekularen<br />
Funktion und Dynamik Liganden-gesteuerter Ionenkanäle<br />
mittels optischer Methoden sowie die<br />
Bestimmung <strong>der</strong> Lokalisation und Regulation von<br />
ATP-gesteuerten P2X-Rezeptoren und ihrer Protein-Protein-Interaktionen.<br />
Geboren wurde Nicke 1969 im nie<strong>der</strong>sächsischen<br />
Bückeburg. Im Anschluss an ihr Pharmaziestudium<br />
an <strong>der</strong> Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in<br />
Frankfurt am Main wurde sie 1994 als Apothekerin<br />
approbiert. Es folgte 1999 ihre Doktorarbeit<br />
zum Thema „Determination of the quaternary<br />
structure of the P2X receptor“ und nach einem<br />
Auslandsaufenthalt in Australien im Rahmen eines<br />
Emmy-Noether-Stipendiums habilitierte sie sich<br />
im Jahr 2009 mit einem Heisenberg-Stipendium<br />
<strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />
mit <strong>der</strong> Arbeit „Untersuchung <strong>der</strong> Oligomerisierung<br />
und Ligandenbindung von Neurotransmittergesteuerten<br />
Ionenkanälen“. Bis zu ihrem Wechsel<br />
nach München war Nicke Projektgruppenleiterin<br />
an den Max-Planck-Instituten für Hirnforschung<br />
in Frankfurt am Main und Experimentelle Medizin<br />
in Göttingen.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte sich Professor Nicke stark auf<br />
die Aufklärung <strong>der</strong> molekularen Funktion von Ionenkanalrezeptoren<br />
konzentrieren. „Diese Arbeiten<br />
fokussieren auf den P2X-Rezeptor und dienen<br />
als Grundlage zur Entwicklung Subtyp-selektiver<br />
Arzneistoffe und zur Identifizierung von Möglichkeiten<br />
zur Modulation <strong>der</strong> Rezeptorfunktion“,<br />
erklärt die Pharmazeutin. Außerdem möchte sie<br />
P2X-Rezeptoren als therapeutische Zielstrukturen<br />
validieren. Dazu müssen zukünftig die physiologischen<br />
und pathophysiologischen Funktionen von<br />
P2X-Rezeptoren aufgeklärt werden.<br />
■ Prof. Dr. Álvaro S. octavio<br />
De toleDo y huerta<br />
fakultät für SPrach- unD<br />
literaturwiSSenSchaften<br />
Álvaro S. Octavio de Toledo y Huerta ist im Oktober<br />
2013 zum Juniorprofessor für Romanische<br />
Philologie an <strong>der</strong> Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ernannt worden.<br />
Sein Forschungsgebiet ist die spanische Sprachwissenschaft,<br />
vor allem die historische Syntax <strong>der</strong><br />
romanischen Sprachen und die iberoromanischen<br />
Varietäten. In seinen Vorlesungen und Übungen<br />
referiert er dementsprechend über die Grammatikalisierung<br />
in den romanischen Sprachen.<br />
Geboren wurde Octavio de Toledo y Huerta 1976<br />
in Madrid. Nach seinem Sprach- und Literaturstudium<br />
an <strong>der</strong> dortigen Universidad Complutense<br />
ging es für ein Auslandsstudium an die Université<br />
Paris IV in Sorbonne, Frankreich. Zurück in Spanien<br />
folgte <strong>der</strong> Magister in spanischer Linguistik<br />
zum Thema „Norm and Use of the Perfect Tenses<br />
in Spanish Grammars from the 16–17th Centuries“.<br />
Von 2002 bis 2006 war <strong>der</strong> heute 37-Jährige<br />
jeweils am Campus in Madrid Lehrassistent an <strong>der</strong><br />
Universidad Complutense, <strong>der</strong> Université de Toulouse<br />
II-Le Mirail, <strong>der</strong> Van<strong>der</strong>bilt University und<br />
<strong>der</strong> Universidades Norteamericanas Reunidas.<br />
2012 absolvierte <strong>der</strong> Sprachwissenschaftler seinen<br />
Ph.D. an <strong>der</strong> Universität Tübingen mit <strong>der</strong> Arbeit<br />
„A History of Locative Relations in Spanish“.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte Professor Octavio de Toledo y<br />
Huerta in den nächsten drei Jahren seine Habilitation<br />
und an<strong>der</strong>e Publikationen über das 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
als Sprachepoche im Spanischen verfassen.<br />
„Mein Ziel in <strong>der</strong> Lehre ist es, die Studierenden<br />
zu einer stärker philologisch und sprachhistorisch<br />
geprägten Betrachtung <strong>der</strong> spanischen und hispanischen<br />
Texten aufzufor<strong>der</strong>n“, erläutert er. In<br />
seiner Freizeit bleibt <strong>der</strong> Professor ebenfalls den<br />
Sprachen treu: Sein Hobby ist das Erlernen nichtromanischer<br />
Sprachen wie Polnisch, Baskisch,<br />
Neugriechisch, Hebräisch o<strong>der</strong> Quiché, einer Maya-Sprache<br />
in Guatemala.
NEUBERUFEN<br />
■ Prof. Dr. Mark henGerer<br />
fakultät für GeSchichtS- unD<br />
kunStwiSSenSchaften<br />
An <strong>der</strong> Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften<br />
ist Mark Hengerer zum 1. Oktober 2013<br />
zum Professor für Geschichte <strong>der</strong> frühen Neuzeit<br />
ernannt worden. Neben <strong>der</strong> westeuropäischen Geschichte<br />
wird die Geschichte des Heiligen Römischen<br />
Reiches einen Schwerpunkt bilden. Passend<br />
dazu lehrt Hengerer aktuell zum Dreißigjährigen<br />
Krieg, zum Westfälischen Frieden sowie zum<br />
politischen System des Ancien Régime und zum<br />
Frankreich in <strong>der</strong> Frühen Neuzeit.<br />
Hengerer wurde 1971 in Neustadt in Holstein geboren<br />
und ist an <strong>der</strong> Nordsee aufgewachsen. Nach<br />
dem Abitur an <strong>der</strong> Kaiser-Karl-Schule in Itzehoe<br />
studierte er unter an<strong>der</strong>em Geschichte, Philosophie<br />
und Latein an den Universität Münster und<br />
Wien. 1996 ging er für die Arbeit an <strong>der</strong> Dissertation<br />
nach Konstanz. Die Promotion erfolgte 2002,<br />
Thema <strong>der</strong> Dissertation war das Verhältnis von<br />
Kaiserhof und Adel im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t. Während<br />
seiner Zeit als Wissenschaftlicher Assistent im<br />
Fachbereich Geschichte und Soziologie war er als<br />
Gastwissenschaftler an <strong>der</strong> südböhmischen Universität<br />
Budweis, Tschechien, und für zwei Jahre<br />
Gastforscher in Frankreich am Maison des Sciences<br />
de l‘Homme in Paris. Zurzeit forscht er auch zu<br />
den Häfen <strong>der</strong> französischen Hauptstadt.<br />
Bisher hat Hengerer mehrere Monografien und<br />
Sammelbände sowie zahlreiche Fachartikel zu den<br />
Themen Hof, Adel, Verwaltung, Memoria und jüdische<br />
Geschichte verfasst beziehungsweise herausgegeben.<br />
Zudem hat er Vorträge unter an<strong>der</strong>em<br />
auf Konferenzen in Frankreich, Luxe<strong>mb</strong>urg, England,<br />
Polen, Rumänien, Tschechien, Griechenland<br />
sowie den USA gehalten. Privat interessiert er sich<br />
für das Ballett sowie die Oper. Zudem musiziert er<br />
auch selbst – wenn seine beiden Kin<strong>der</strong> es zulassen.<br />
bau <strong>der</strong> Mutter-Kind-Behandlungseinheit besitzt<br />
inzwischen deutschlandweit Modellcharakter.<br />
Zudem befasst sich Reck in mehreren Drittmittel-geför<strong>der</strong>ten<br />
Forschungsprojekten mit Fragestellungen,<br />
bei denen etwa <strong>der</strong> Einfluss prä- und<br />
postpartaler Störungen <strong>der</strong> Mutter auf die Mutter-<br />
Kind-Interaktion, die kindliche emotionale und<br />
kognitive Entwicklung sowie neurobiologische<br />
Parameter <strong>der</strong> Stressreaktivität und epigenetische<br />
Prozesse im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Ergänzt werden<br />
diese Arbeiten durch Projekte zur Prävalenz von<br />
prä- und postpartalen Depressionen und Angststörungen<br />
sowie einer im Rahmen eines Projektes des<br />
Bundesministeriums für Bildung und Forschung<br />
aktuell laufenden randomisierten Psychotherapiestudie.<br />
Über fundierte Lehrerfahrung verfügt Reck<br />
sowohl im Bereich <strong>der</strong> Klinischen Entwicklungspsychologie<br />
des Kindes- und Jugendalters als auch<br />
<strong>der</strong> Interventionspsychologie.<br />
An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte Reck insbeson<strong>der</strong>e im Kin<strong>der</strong>-<br />
und Jugendbereich die Identifikation interaktioneller<br />
und störungsspezifischer Risikofaktoren<br />
<strong>der</strong> transgenerationalen Vermittlung von<br />
psychischen Störungen untersuchen. „Basierend<br />
auf dem Befund, dass Kin<strong>der</strong> von angstgestörten<br />
depressiven Müttern ein deutlich erhöhtes Risiko<br />
aufweisen, selbst an einer psychischen Störung zu<br />
erkranken, soll in Kooperation mit dem Lehrstuhl<br />
für Klinische Psychologie, dem Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie,<br />
<strong>der</strong> Begabungspsychologischen<br />
Beratungsstelle sowie mit international führenden<br />
Wissenschaftlern des Forschungsbereichs<br />
ein Interventionsprogramm zur Prävention kindlicher<br />
psychischer Störungen sowie kognitiver<br />
und affektiver Defizite entwickelt werden“, erklärt<br />
Reck. In <strong>der</strong> Lehre ist ihr insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Transfer<br />
von empirischen und theoretisch vermittelten<br />
Lehrinhalten in die Praxis sowie die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Kreativität und Entwicklung eigener Forschungsideen<br />
<strong>der</strong> Studierenden ein Anliegen.<br />
1 Prof. Dr. corinna reck<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
39<br />
■ Prof. Dr. corinna reck<br />
fakultät für PSycholoGie<br />
unD PäDaGoGik<br />
Professor Corinna Reck hat am 1. Nove<strong>mb</strong>er 2013<br />
die Professur für „Klinische Psychologie des Kindes-<br />
und Jugendalters“ an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> angetreten.<br />
Zuvor war sie als Leitende Psychologin in <strong>der</strong> Klinik<br />
für Allgemeine Psychiatrie des Universitätsklinikums<br />
Heidelberg tätig.<br />
Die 49-Jährige verbindet ihre klinische Arbeit mit<br />
<strong>der</strong> Forschung. Der von ihr direkt nach <strong>der</strong> Promotion<br />
an <strong>der</strong> Universität Heidelberg initiierte Auf-<br />
hinweis <strong>der</strong> redaktion: Eine vollständige<br />
Liste <strong>der</strong> Neuberufenen findet sich im Internet<br />
unter www.lmu.de/aktuelles/neuberufen
PREISE & EHRUNGEN<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
40<br />
1 Prof. Dr. ferenc krausz<br />
1 Prof. Dr. immanuel Bloch<br />
■ otto-hahn-PreiS für ferenc krauSz<br />
Professor Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-<br />
Institut für Quantenoptik in Garching und Leiter<br />
des Lehrstuhls für Experimentalphysik an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong>, erhält den mit 50.000 Euro dotierten Otto-<br />
Hahn-Preis. Der ungarisch-österreichische Physiker<br />
wird für seine bahnbrechenden Arbeiten auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Attosekundenphysik, also <strong>der</strong><br />
Erforschung von Elektronenbewegungen, geehrt.<br />
Die Auszeichnung wird von <strong>der</strong> Stadt Frankfurt,<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und<br />
<strong>der</strong> Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG)<br />
alle zwei Jahre vergeben.<br />
Im Jahr 2001 gelang es Ferenc Krausz und seinem<br />
Team erstmals, einzelne Attosekunden-Lichtblitze<br />
aus extrem ultraviolettem Licht experimentell zu<br />
erzeugen und zu messen (eine Attosekunde ist<br />
ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde). Diese<br />
Ergebnisse markierten den Beginn <strong>der</strong> Attosekundenphysik<br />
und setzten damit einen Meilenstein in<br />
<strong>der</strong> Wissenschaft. Die Attosekunden-Lichtblitze<br />
ermöglichten es erstmals, die ultraschnellen Bewegungen<br />
von Elektronen sichtbar zu machen,<br />
sie quasi zu fotografieren. In den letzten Jahren<br />
gelangen Ferenc Krausz und seinen Mitarbeitern<br />
zahlreiche Echtzeit-Filmaufnahmen <strong>der</strong> Bewegung<br />
von Elektronen in Molekülen und Atomen.<br />
Mit ultrakurzen Lichtblitzen könnte man künftig<br />
auch in <strong>der</strong> Lage sein, Elektronen zu steuern und<br />
damit die Elektronik extrem zu beschleunigen.<br />
Auch hier hat das Team um Ferenc Krausz wegweisende<br />
Erkenntnisse erzielt: So konnten die Forscher<br />
um Krausz im Jahr 2012 erstmals zeigen,<br />
dass man grundlegende Materialeigenschaften,<br />
und damit vor allem das Verhalten von Elektronen,<br />
mit <strong>der</strong> Frequenz von Licht verän<strong>der</strong>n kann.<br />
■ lMu-PhySiker erhält<br />
Senior international Bec awarD<br />
Das Preiskomitee <strong>der</strong> Bose-Einstein-Konferenzen<br />
hat Professor Immanuel Bloch, Direktor am<br />
Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und<br />
ordentlicher Professor für Experimentalphysik<br />
an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, mit dem Senior International BEC<br />
Award 2013 ausgezeichnet. Damit werden Blochs<br />
„bahnbrechende experimentelle Beiträge zur<br />
Physik von Quanten-Vielteilchensystemen aus<br />
kalten Atomen in optischen Gittern“ gewürdigt.<br />
Seit <strong>der</strong> Entdeckung <strong>der</strong> Bose-Einstein-Kondensate<br />
– einer sehr speziellen und exotischen Form<br />
von Materie – im Jahr 1995 werden die BEC-Konferenzen<br />
alle zwei Jahre an verschiedenen Orten<br />
abgehalten. „Sie stellen einen Höhepunkt <strong>der</strong><br />
Tagungen über die Physik ultrakalter Atome dar,<br />
da nahezu alle herausragenden auf diesem Gebiet<br />
forschenden Gruppen teilnehmen“, so Professor<br />
Bloch. Die International BEC Awards werden seit<br />
2011 vergeben. Diesjähriger Preisträger des Junior-Preises<br />
ist Professor Markus Greiner (Harvard<br />
University), <strong>der</strong> während seiner Doktorarbeit am<br />
MPQ forschte.<br />
■ auSzeichnunG für<br />
lMu-MeDizinforScher<br />
Zwei Forscher sind die diesjährigen Träger des<br />
„Thieme Preises <strong>der</strong> Leopoldina für Medizin“.<br />
Stylianos Michalakis vom Department Pharmazie<br />
an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und Regine Mühlfriedel von <strong>der</strong><br />
Universität Tübingen erhalten die mit 15.000 Euro<br />
dotierte Auszeichnung für ihre Arbeiten auf dem<br />
Gebiet <strong>der</strong> Gentherapie bei erblichen Netzhauterkrankungen<br />
des Auges.<br />
Michalakis und Mühlfriedel haben als interdisziplinäres<br />
Forscherteam im DFG-Projekt „Evaluation<br />
<strong>der</strong> Wirksamkeit lokaler Gentherapie bei<br />
CNG Kanal-defizienten Mausmodellen für erbliche<br />
Netzhauterkrankungen“ gemeinsam erstaunliche<br />
Ergebnisse erzielen können. Ziel war die Gentherapie<br />
zweier wichtiger Erkrankungen aus dem<br />
Spektrum <strong>der</strong> erblichen Netzhautdegenerationen.<br />
Diese Krankheiten können im fortgeschrittenen<br />
Stadium zur Erblindung führen. Der 38-Jährige<br />
hat in beiden Projekten die therapeutischen Viren<br />
entwickelt, produziert und getestet. Anschließend<br />
hat die 39-Jährige damit die Mausmodelle<br />
therapiert. So ist es ihnen gelungen, Mäusen eine<br />
komplett fehlende Sinnesqualität zu ermöglichen:<br />
stäbchen- beziehungsweise zapfenvermitteltes<br />
Sehen. Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für zukünftige<br />
klinische Anwendungen ist, dass die Mäuse auch<br />
ein durch Stäbchen- respektive Zapfensehen beeinflusstes<br />
Verhalten entwickelten.<br />
Der Thieme Preis wird von <strong>der</strong> gleichnamigen<br />
Verlagsgruppe seit 2007 gemeinsam mit <strong>der</strong> Nationalen<br />
Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften Leopoldina<br />
alle zwei Jahre an junge Wissenschaftler vergeben,<br />
die wesentliche neue Erkenntnisse für die<br />
Ätiologie, Pathogenese, Therapie und Prävention<br />
menschlicher Erkrankungen erarbeitet haben.<br />
■ juriStin erhält kulturPreiS Bayern<br />
Dr. Daniela Schweigler erhält den diesjährigen<br />
Kulturpreis Bayern <strong>der</strong> Bayernwerk AG (vormals<br />
E.ON Bayern AG) für die <strong>LMU</strong>. Die Juristin wird<br />
für ihre Dissertation „Das Recht auf Anhörung eines<br />
bestimmten Arztes (§ 109 SGG) – Dogmatische
PREISE & EHRUNGEN<br />
Einordnung und sozialgerichtliche Praxis eines<br />
umstrittenen Prozessinstruments“ ausgezeichnet.<br />
Schweigler befasst sich in ihrer Arbeit mit dem<br />
Verfahren vor Sozialgerichten, in denen häufig<br />
komplexe medizinische Fragen aufgeworfen werden,<br />
etwa, ob ein Arbeitsunfall zu einer Min<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit geführt hat. Um eine<br />
Entscheidung zu treffen, nimmt das Sozialgericht<br />
oft die Hilfe ärztlicher Sachverständiger in Anspruch.<br />
Dabei handelt das Gericht grundsätzlich<br />
von Amts wegen, das heißt, es entscheidet selbst<br />
über die Notwendigkeit einer medizinischen Begutachtung<br />
und bestimmt, wen es damit beauftragt.<br />
Hier kennt das Sozialgerichtsgesetz eine<br />
Beson<strong>der</strong>heit, die an<strong>der</strong>en Verfahrensordnungen<br />
fremd ist: Neben <strong>der</strong> Beauftragung eines Gutachters<br />
von Amts wegen kann die Klagepartei verlangen,<br />
dass das Gericht ein Gutachten einer Ärztin<br />
o<strong>der</strong> eines Arztes ihrer Wahl einholt. Methodisch<br />
verbindet die Dissertation Rechtsdogmatik und<br />
Rechtstatsachenforschung. Sie ordnet zunächst<br />
das Antragsrecht in die Systematik und die Prinzipien<br />
des Verfahrensrechts ein und fragt, welche<br />
Zwecke das Gesetz damit verfolgt.<br />
Mit dem Kulturpreis Bayern würdigt die Bayernwerk<br />
AG herausragende wissenschaftliche und<br />
künstlerische Leistungen an den bayerischen<br />
Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften<br />
und Kunsthochschulen. Dr. Daniela<br />
Schweigler gehört zu den 17 Preisträgern <strong>der</strong> Kategorie<br />
„Universitäten“. Sie erhält ein Preisgeld<br />
von 2.000 Euro.<br />
■ StePhan hartMann zuM<br />
ePSa-PräSiDenten Gewählt<br />
Professor Stephan Hartmann von <strong>der</strong> Fakultät für<br />
Philosophie, Wissenschaftstheorie und Religionswissenschaft<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ist im Septe<strong>mb</strong>er 2013 in<br />
Helsinki, Finnland, zum Präsidenten <strong>der</strong> European<br />
Philosophy of Science Association (EPSA)<br />
gewählt worden. Er tritt damit die Nachfolge des<br />
österreichischen Wissenschaftshistorikers Friedrich<br />
Stadler an. Die EPSA wurde 2007 in Wien<br />
gegründet und soll den Austausch zwischen Studierenden<br />
und Wissenschaftsphilosophen auf <strong>der</strong><br />
ganzen Welt för<strong>der</strong>n. Hartmann ist bereits Alexan<strong>der</strong>-von-Hu<strong>mb</strong>oldt-Professor,<br />
Co-Direktor des<br />
Münchner Zentrums für Mathematische Philosophie<br />
(MCMP) und Mitglied des Governing Boards<br />
<strong>der</strong> amerikanischen Philosophy of Science Association<br />
(PSA). Seine Forschungs- und Lehrgebiete<br />
sind die Wissenschaftstheorie, Philosophie <strong>der</strong><br />
Physik, formale Erkenntnistheorie und soziale<br />
Erkenntnistheorie.<br />
■ vier lMu-wiSSenSchaftler<br />
erhalten erc-GrantS<br />
Der Professor für Theoretische Physik, Georgi<br />
Dvali, wird gemeinsam mit Professor Cesar Gomez<br />
(Instituto de Física Teórica, Madrid) vom Europäischen<br />
Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced<br />
Investigator Grant ausgezeichnet. Gemeinsam<br />
mit Cesar Gomez untersucht er in dem vom ERC<br />
geför<strong>der</strong>ten Projekt zwei fundamentale Fragestellungen<br />
auf dem Gebiet <strong>der</strong> Gravitation: Zum einen<br />
erforschen die Wissenschaftler das Verhalten<br />
<strong>der</strong> Schwerkraft auf sehr kleinen Skalen, wo die<br />
beteiligten Teilchen sehr energiereich sind. Zum<br />
an<strong>der</strong>en geht es um die quantenphysikalischen<br />
Eigenschaften großer schwarzer Löcher.<br />
Einen weiteren Advanced Grant erhält Professor<br />
Martin Parniske, Forschungsgruppenleiter im<br />
Bereich Genetik an <strong>der</strong> Fakultät für Biologie. Er<br />
möchte im Rahmen seines ERC-Projekts am Beispiel<br />
<strong>der</strong> Rosenartigen untersuchen, welche genetischen<br />
Schalter betätigt werden müssen, um die<br />
Sy<strong>mb</strong>iose mit dem stickstofffixierenden Bakterium<br />
Frankia zu ermöglichen. Dieses Bakterium ist als<br />
Sy<strong>mb</strong>iont für die Forscher beson<strong>der</strong>s interessant,<br />
weil Frankia ein breites Wirtsspektrum hat und<br />
auch unter atmosphärischen Sauerstoffkonzentrationen<br />
Stickstoff fixiert.<br />
Der Geophysiker Professor Heiner Igel wurde<br />
ebenfalls mit einem Advanced Grant ausgezeichnet.<br />
Igel wird mithilfe des Grants einen neuartigen<br />
Rotationssensor zur Messung von Bodenbewegungen<br />
entwickeln. In München soll mithilfe des ERC<br />
Advanced Grants <strong>der</strong> erste in ein Observatorium<br />
integrierte Rotationssensor gebaut werden, <strong>der</strong><br />
die Bodenbewegungen vollständig aufzeichnet.<br />
Ebenso erhält Professor Magdalena Götz, Lehrstuhlinhaberin<br />
für Physiologische Genomik an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />
und Leiterin des Instituts für Stammzellforschung<br />
am Helmholtz Zentrum München, einen ERC Advanced<br />
Investigator Grant. Im Fokus <strong>der</strong> Wissenschaftlerin<br />
steht die Forschung an Zellen des Nervensystems.<br />
Götz untersucht, wie diese sich entwickeln,<br />
wie sie sich bei Schädigungen verhalten und<br />
wie sie bei einem Zellverlust ersetzt werden können.<br />
ERC Advanced Grants ehren europäische Forscher,<br />
die bereits herausragende Leistungen in<br />
den Wissenschaften erbracht haben. Damit sollen<br />
sie für ihre hoch innovativen Forschungsvorhaben<br />
die nötigen Freiheiten erhalten. Die Auszeichnung<br />
ist mit einem Preisgeld von bis zu 2,5 Millionen<br />
Euro dotiert.<br />
1 Prof. Dr. Stephan hartmann<br />
1 Prof. Dr. Magdalena Götz<br />
1 Prof. Dr. heiner igel<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
41
Preise & Ehrungen<br />
N R . 1 • 2014 Menschen<br />
42<br />
1 Prof. Dr. Michael Brenner<br />
Professor Götz ist zudem mit dem mit 50.000 Euro<br />
dotierten Ernst Schering Preis ausgezeichnet<br />
worden. Sie erhält den Preis für ihre wegweisenden<br />
Arbeiten zur Erforschung <strong>der</strong> molekularen<br />
Grundlagen <strong>der</strong> Gehirnentwicklung. Der Ernst<br />
Schering Preis ist einer <strong>der</strong> renommiertesten<br />
deutschen Wissenschaftspreise. Er wurde 1991<br />
von <strong>der</strong> Schering Forschungsgesellschaft ins Leben<br />
gerufen und wird seit 2003 jährlich vergeben.<br />
Ausgezeichnet werden herausragende Leistungen<br />
auf internationaler Ebene im Bereich <strong>der</strong> medizinischen,<br />
biologischen und chemischen Grundlagenforschung.<br />
Der Preis wird im Septe<strong>mb</strong>er 2014<br />
vergeben.<br />
■ Michael Brenner<br />
zum Präsidenten gewählt<br />
Professor Michael Brenner, Inhaber des Lehrstuhls<br />
für Jüdische Geschichte und Kultur an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>,<br />
ist zum Internationalen Präsidenten des Leo Baeck<br />
Instituts gewählt worden. Damit steht zum ersten<br />
Mal seit Gründung des Instituts im Jahr 1955 ein<br />
nach <strong>der</strong> Schoah geborener und in Deutschland<br />
lehren<strong>der</strong> Akademiker an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> führenden<br />
Institution zur Erforschung <strong>der</strong> deutsch-jüdischen<br />
Geschichte und Kultur.<br />
In den Jahren 1998 bis 2009 war Brenner Vorsitzen<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft<br />
des Instituts und Internationaler Vizepräsident.<br />
Michael Brenners Vertreter sind Professor<br />
Shmuel Feiner (Jerusalem) und Professor David<br />
Rechter (Oxford).<br />
Das Leo Baeck Institut mit Zentren in Jerusalem,<br />
London und New York sowie einer Dependance am<br />
Jüdischen Museum Berlin hat das Ziel, das kulturelle<br />
Erbe des deutschsprachigen Judentums zu<br />
bewahren. Es verfügt über bedeutende Archivbestände<br />
und Bibliotheken und gibt das renommierte<br />
Year Book of the Leo Baeck Institute heraus. Erster<br />
Internationaler Präsident des nach ihm benannten<br />
Instituts war <strong>der</strong> 1956 verstorbene ehemalige Berliner<br />
Rabbiner und Holocaust-Überlebende Leo<br />
Baeck. Gegründet wurde das Institut unter an<strong>der</strong>em<br />
von deutsch-jüdischen Intellektuellen wie<br />
Martin Buber, Max Grunewald, Hannah Arendt und<br />
Robert Weltsch.<br />
■ Anneliese-Maier-Preisträgerin<br />
kommt an die <strong>LMU</strong><br />
Im Rahmen des Anneliese-Maier-Forschungspreises,<br />
<strong>der</strong> am 26. Septe<strong>mb</strong>er 2013 verliehen wurde,<br />
kommt die indische Archäologin Professor<br />
Himanshu Prabha Ray an die <strong>LMU</strong>. Ray ist eine<br />
weltweit anerkannte Archäologin und Historikerin.<br />
Zu ihren Spezialgebieten gehören die frühe<br />
Geschichte Indiens sowie die maritime Archäologie.<br />
Ray leitet seit 2012 die indische National<br />
Monuments Authority im indischen Kulturministerium.<br />
Zuvor lehrte sie seit 2006 als Professorin am<br />
Centre for Historical Studies <strong>der</strong> Jawaharlal Nehru<br />
University in Delhi. Sie ist Herausgeberin <strong>der</strong> Indien-Serie<br />
von Routledge über Archäologie und Religion<br />
in Zusammenarbeit mit dem Oxford Centre<br />
für Hinduistische Studien. Ray wurde von Monika<br />
Zin, Professorin für Indische Kunstgeschichte am<br />
Institut für Indologie und Tibetologie <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>,<br />
für den Preis nominiert, <strong>der</strong> ihr eine fünfjährige<br />
Forschungskooperation mit <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ermöglicht.<br />
Mit dem Anneliese-Maier-Forschungspreis unterstützt<br />
die Alexan<strong>der</strong>-von-Hu<strong>mb</strong>oldt-Stiftung<br />
international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler aus dem Ausland, um die Internationalisierung<br />
<strong>der</strong> Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
in Deutschland zu för<strong>der</strong>n. Der Preis ist<br />
mit 250.000 Euro dotiert.<br />
■ Nanonica-Preis 2013<br />
für Jochen Feldmann<br />
Professor Jochen Feldmann, Inhaber des Lehrstuhls<br />
für Photonik und Optoelektronik an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und<br />
Koordinator des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative<br />
Munich (NIM), erhält den mit 10.000 Euro<br />
dotierten Preis „Breakthrough of the Year 2013“ des<br />
Schweizer Unternehmens Nanonica. Der Physiker<br />
wird für die Entwicklung des ersten „Nano-Ohrs“<br />
ausgezeichnet. An seinem Lehrstuhl konnten mithilfe<br />
einer optischen Falle und einzelner Goldnanopartikel<br />
geringste Druckwellen detektiert werden.<br />
Die Empfindlichkeit ist so hoch, dass das „Nano-<br />
Ohr“ mittlerweile den kleinsten Motor <strong>der</strong> Welt<br />
„hören“ kann: den Motor, mit dem ein Bakterium<br />
seine Flagellen antreibt, um sich fortzubewegen.<br />
Das Investmentunternehmen Nanonica wurde<br />
2006 gegründet und ist spezialisiert darauf, die<br />
Brücke zwischen herausragen<strong>der</strong> Forschung<br />
in den Nanowissenschaften und <strong>der</strong> Industrie<br />
zu schlagen. Mit dem erstmals ausgelobten<br />
„Breakthrough“-Preis möchte Nanonica Projekte<br />
hervorheben, die ein hohes Potenzial für den<br />
Sprung in die Anwendung aufweisen. Verantwortlich<br />
für die Auswahl <strong>der</strong> Preisträger ist ein Komitee<br />
aus renommierten Nanowissenschaftlern.<br />
■ Physiker Robert Huber geehrt<br />
Der Physiker Robert Huber erhält für seine Forschungen<br />
an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> den Klung-Wilhelmy-We-
PREISE & EHRUNGEN<br />
berbank-Preis. Damit werden Nachwuchsforscherinnen<br />
und -forscher <strong>der</strong> Physik und Chemie ausgezeichnet.<br />
Die Auszeichnung ist mit 75.000 Euro<br />
dotiert. Robert Huber wird damit für seine Arbeiten<br />
in <strong>der</strong> Laserphysik und <strong>der</strong> biomedizinischen<br />
Bildgebung mittels Optischer Kohärenztomografie<br />
(OCT) geehrt. Der Physiker war an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> zuletzt<br />
Nachwuchsgruppenleiter am Lehrstuhl für<br />
BioMolekulare Optik an <strong>der</strong> Fakultät für Physik.<br />
Seit Septe<strong>mb</strong>er 2013 hat er eine Stiftungsprofessur<br />
am Institut für Biomedizinische Optik an <strong>der</strong><br />
Universität Lübeck inne.<br />
Der Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preis zählt zu<br />
den höchst dotierten privat finanzierten Preisen<br />
für deutsche Nachwuchsforscherinnen und -forscher.<br />
Er wird im jährlichen Wechsel an Physiker<br />
und Chemiker verliehen.<br />
■ Salo Baron Prize für MirjaM zaDoff<br />
Mirjam Zadoff lässt in ihrem Buch „Next Year in<br />
Marienbad“ die jüdische Kultur in den Kurbä<strong>der</strong>n<br />
vor dem Zweiten Weltkrieg aufleben. Dafür ist<br />
sie nun mit dem Salo Baron Prize ausgezeichnet<br />
worden.<br />
Die Kurbä<strong>der</strong> Franzensbad, Karlsbad und Marienbad<br />
im heutigen Tschechien waren um die Wende<br />
vom 19. zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t beliebte Reiseziele<br />
für die europäische Bourgeoisie. Viele jüdische<br />
Gäste unterschiedlicher sozialer und nationaler<br />
Herkunft verbrachten dort alljährlich die Sommermonate.<br />
Mirjam Zadoff vom Historischen Seminar <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> hat die soziale und kulturelle Geschichte <strong>der</strong><br />
Kurbä<strong>der</strong> als jüdische Orte beschrieben. Dafür erhält<br />
sie den Preis, den die American Academy for<br />
Jewish Research auslobt. Die Auszeichnung wird<br />
jährlich für das beste Buch im Bereich jüdischer<br />
Studien vergeben, das im Vorjahr in englischer<br />
Sprache erschienen ist.<br />
<strong>der</strong> Kategorie „Pro“ für Forschende gekürt. Beteiligt<br />
an dem Gemeinschaftsprojekt waren Professor<br />
Ferenc Krausz, Dr. Christian Hackenberger,<br />
Thorsten Naeser und die österreichische Firma<br />
woogieworks.<br />
Die Animation ist eine Reise vom Makrokosmos<br />
in die Quantenwelt und zeigt, wie man Zeitintervalle<br />
immer stärker verlängern muss, wenn man<br />
extrem schnelle Vorgänge, wie etwa Bewegungen<br />
von Elektronen, im Mikrokosmos beobachten will.<br />
■ PhySik-StuDierenDe Gewinnen<br />
BioMoD Prize<br />
Vier Physikstudenten <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> sind für ihr Projekt<br />
„DNA Diamonds” mit dem internationalen<br />
BIOMOD Prize, den das Wyss Institute for Biologically<br />
Inspired Engineering <strong>der</strong> Harvard University,<br />
USA, auslobt, ausgezeichnet worden: Das<br />
Team von Marinus Huber, Sebastian Huber, Florian<br />
Schü<strong>der</strong> und Florian Stehr entwickelte eine<br />
Methode, mithilfe des sogenannten DNA-Origami<br />
einzelne Nanodiamanten zielgenau an eine künstliche<br />
DNA-Konstruktion zu binden.<br />
Nanodiamanten sind Diamantsplitter, die kleiner<br />
als 50 nm sind (1 Nanometer = 1 millionstel Millimeter).<br />
Durch bestimmte Präparation können<br />
Nanodiamanten in stabile Einzelphotonenquellen<br />
verwandelt werden und gelten daher als vielversprechende<br />
Kandidaten für neue Bio-Imaging-Methoden<br />
und Quantenkryptografie-Anwendungen.<br />
Hauptziel <strong>der</strong> Forschung des Teams „DNA Diamonds“<br />
ist es, Hybridstrukturen aus Nanodiamanten<br />
und an<strong>der</strong>en Nanopartikeln wie etwa Goldnanopartikel<br />
zu erzeugen und dabei die räumliche<br />
Anordnung <strong>der</strong> verschiedenen Komponenten mit<br />
Nanometerpräzision zu kontrollieren. So kann<br />
zum Beispiel die genaue Platzierung von Nanodiamanten<br />
zwischen zwei Gold-Nanopartikeln die<br />
optischen Eigenschaften von Nanodiamanten signifikant<br />
verbessern.<br />
1 Dr. Mirjam zadoff<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
43<br />
■ voM herzSchlaG zuM<br />
QuantenSPrunG<br />
Die Jury des Wettbewerbs „Fast Forward Science<br />
2013“, <strong>der</strong> von „Wissenschaft im Dialog“ und dem<br />
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgerichtet<br />
wurde, hat das Video „Vom Herzschlag<br />
zum Quantensprung“ vom Labor für Attosekundenphysik<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und des Max-Planck-Instituts<br />
für Quantenoptik prämiert.<br />
Die populärwissenschaftlich aufbereitete Darstellung<br />
ultrakurzer Zeiträume wurde zum Sieger in<br />
Die vom <strong>LMU</strong>-Team entwickelte Methode nutzt<br />
die DNA-Selbstorganisation, um die unterschiedlichen<br />
Nanokomponenten nanometergenau räumlich<br />
anzuordnen und so optische Quantenphänomene<br />
und neue Möglichkeiten im Bio-Sensing auf<br />
höchstem Niveau zu erforschen.<br />
Neben dem mit 800 Dollar dotierten Hauptpreis<br />
erhielten die vier Studenten zudem eine Auszeichnung<br />
für die beste Online-Präsentation ihrer Arbeit.<br />
Bei dieser wurden sie vom Ph.D.-Studenten<br />
Tao Zhang von <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, <strong>der</strong> Grafikdesign-Studen-
PREISE & EHRUNGEN<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
44<br />
1 Prof. hans-Peter kriegel<br />
tin Milena Mayer von <strong>der</strong> Universität Würzburg<br />
sowie von Tim Liedl, Professor für Experimentelle<br />
Physik an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> sowie Mitglied des Exzellenzcluster<br />
NIM, unterstützt.<br />
Der BIOMOD-Wettbewerb – was für Bio Molecular<br />
Design steht – fand in diesem Jahr zum dritten Mal<br />
statt. Der Wettbewerb bietet Studierenden die Gelegenheit,<br />
in eigenen Projekten und Experimenten<br />
die Selbstanordnung von biologischen Makromolekülen<br />
für wissenschaftliche und technologische<br />
Anwendungen zu nutzen. In diesem Jahr präsentierten<br />
23 Teams mit insgesamt mehr als 200 Teilnehmern<br />
von Spitzenuniversitäten aus <strong>der</strong> ganzen<br />
Welt ihre Projekte in Boston, USA.<br />
■ ieee icDM awarD für<br />
ProfeSSor krieGel<br />
Professor Hans-Peter Kriegel von <strong>der</strong> Lehr- und<br />
Forschungseinheit für Datenbanksysteme an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> hat im Deze<strong>mb</strong>er 2013 in Dallas, USA, den<br />
2013 IEEE ICDM Research Contributions Award,<br />
eine <strong>der</strong> beiden höchsten Auszeichnungen im Bereich<br />
Data-Mining, erhalten. Der Preis wird für einflussreiche<br />
Beiträge in diesem Bereich vergeben.<br />
Der Informatiker Kriegel wird vor allem für seine<br />
umfangreichen Publikationen auf dem Gebiet des<br />
Data-Minings ausgezeichnet, die sich unter an<strong>der</strong>em<br />
mit Clustering, mit Ausreißererkennung o<strong>der</strong><br />
hochpräziser Datenanalyse befassen. Insgesamt<br />
hat Kriegel mehr als 450 Publikationen veröffentlicht,<br />
die laut Google Scholar – einer Suchmaschine<br />
für wissenschaftliche Texte – mehr als 30.000<br />
Mal zitiert wurden.<br />
Auf Microsoft Academic Search ist Professor Kriegel<br />
unter dem Thema Data-Mining auf Platz fünf<br />
gelistet – unter nahezu 80.000 Autoren weltweit.<br />
Gewürdigt wird Kriegel auch für seine interdisziplinären<br />
Kooperationen unter an<strong>der</strong>em mit Fächern<br />
wie Archäologie, Biologie, Ingenieurwissenschaften<br />
o<strong>der</strong> Medizin sowie mit <strong>der</strong> Industrie, die alle<br />
auf seine Expertise zurückgreifen.<br />
Der Preis wird von <strong>der</strong> International Conference<br />
on Data Mining (ICDM) vergeben, die vom weltweiten<br />
Berufsverband Institute of Electrical and<br />
Electronics Engineers (IEEE) unterstützt wird, und<br />
ging zum ersten Mal nach Deutschland.<br />
■ heDwiG GaSteiGer erhält<br />
Polytechnik-PreiS<br />
Hedwig Gasteiger, Professorin für Didaktik <strong>der</strong><br />
Mathematik am Mathematischen Institut <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong>, gehört in diesem Jahr zu den Gewinnerinnen<br />
und Gewinnern des Polytechnik-Preises 2013.<br />
Sie erhält die Auszeichnung mit einem Preisgeld<br />
von 5.000 Euro vor allem für ihre Forschung zu<br />
früher mathematischer Bildung in Alltags- und<br />
Spielsituationen. In ihrem Projekt hat Professor<br />
Gasteiger in Interventionsstudien analysiert, dass<br />
mathematische Bildung in natürlichen Lernsituationen,<br />
wie etwa beim Spiel in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte,<br />
sehr erfolgreich sein kann, wenn die pädagogischen<br />
Fachkräfte die notwendige Fach- und<br />
pädagogisch-didaktische Handlungskompetenz<br />
haben. Nur so können sie diese Lernsituationen<br />
als wertvolle Lerngelegenheiten erkennen und für<br />
die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nutzen.<br />
Der Preis, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Stiftung Polytechnische Gesellschaft<br />
in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben<br />
wurde, steht unter <strong>der</strong> Schirmherrschaft <strong>der</strong><br />
Bundeswissenschaftsministerin Johanna Wanka.<br />
Insgesamt ist er mit 70.000 Euro dotiert. In diesem<br />
Jahr würdigt er vor allem Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler, die attraktive Lehr- und<br />
Lernangebote entwickelt haben, um Kin<strong>der</strong> für<br />
Mathematik, Naturwissenschaften und Technik<br />
zu begeistern.<br />
Mit dem Preis will die Stiftung dazu beitragen, die<br />
Brücke zwischen Theorie und Praxis zu schlagen<br />
und die im Rahmen des Polytechnik-Preises gewonnenen<br />
Erfahrungen und Erkenntnisse in den<br />
Lernalltag einfließen zu lassen.<br />
■ hiStoriker Becker Mit heinrich-vonlevelinG-PreiS<br />
auSGezeichnet<br />
Professor Rainald Becker vom Institut für Bayerische<br />
Geschichte an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ist im Deze<strong>mb</strong>er<br />
mit dem Heinrich-von-Leveling-Preis für herausragende<br />
Forschungen zur bayerischen Landesgeschichte<br />
ausgezeichnet worden. Geehrt<br />
wurde <strong>der</strong> Forscher, <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit eine Professur<br />
an <strong>der</strong> Universität Bayreuth vertritt, vor allem für<br />
sein Buch „Nordamerika aus süddeutscher Perspektive“.<br />
Becker erforschte die Wahrnehmung<br />
und das Wissen um Nordamerika im 17. und 18.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t vergleichend in verschiedenen Territorien,<br />
Reichsstädten, Konfessionen und Orden<br />
sowie Wissenschafts- und Bildungsinstitutionen<br />
im Süden des Heiligen Römischen Reiches. Die<br />
Studie verbindet klassische Ansätze <strong>der</strong> Landesgeschichte<br />
mit innovativen Zugriffen aus <strong>der</strong> Wahrnehmungs-,<br />
Transfer-, Vernetzungs-, Kultur- und<br />
Wissensgeschichte und erschließt die Ordnung<br />
des Wissens um Nordamerika in Süddeutschland.<br />
In den Gutachten, die als Grundlage <strong>der</strong> Preisverleihung<br />
dienten, wurde unter an<strong>der</strong>em die elabo-
PREISE & EHRUNGEN<br />
rierte Quellenkenntnis, <strong>der</strong> hohe Grad an Innovation<br />
und die bemerkenswerte Darstellung hervorgehoben.<br />
Der Preis wird von <strong>der</strong> Forschungsstiftung<br />
Bayerische Geschichte vergeben, die 2003 vom<br />
Freistaat Bayern gegründet wurde. Ihr gehören<br />
alle Vertreter <strong>der</strong> bayerischen Landesgeschichte<br />
an den Universitäten im Freistaat an.<br />
■ eXzellenzPreiS für<br />
lMu-aBSolventen<br />
Philip Maximilian Ben<strong>der</strong> hat einen mit 1.500<br />
Euro dotierten Exzellenzpreis <strong>der</strong> Deutsch-Französischen<br />
Hochschule (DFH) erhalten. Er erhielt<br />
ihn für seine Arbeit: „Brauchen wir eine Societas<br />
privata europaea (SPE)?“ Hierin geht er <strong>der</strong> Frage<br />
nach, ob diese SPE – eine europäische Gesellschaftsform<br />
für kleine und mittlere Unternehmen,<br />
die <strong>der</strong> deutschen G<strong>mb</strong>H ähnlich ist – überhaupt<br />
noch notwendig ist, nachdem ein entsprechen<strong>der</strong><br />
Verordnungsentwurf im März 2011 scheiterte.<br />
N R . 1 • 2014 MenSchen<br />
45<br />
Ben<strong>der</strong> absolvierte ein Studium <strong>der</strong> Rechtswissenschaften<br />
an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> München und an <strong>der</strong> Université<br />
Panthéon-Assas, Paris.<br />
Der vom Club des Affaires Saar-Lorraine initiierte<br />
Exzellenzpreis wird seit 2002 an die besten DFH-<br />
Absolventen verliehen.<br />
■ werner-creutzfelDt-PreiS für<br />
zwei lMu-ProMovenDinnen<br />
Dr. Emanuelle Le Bras und Dr. Johanna Wagner<br />
sind für ihre wissenschaftliche Arbeit auf dem<br />
Gebiet <strong>der</strong> chronischen Darmerkrankungen Morbus<br />
Crohn und Colitis ulcerosa mit dem Werner-<br />
Creutzfeldt-Dissertationspreis 2013 ausgezeichnet<br />
worden. Die beiden Ärztinnen teilen sich den<br />
mit insgesamt 1.000 Euro dotierten Preis. Beide<br />
haben im Labor von Professor Stephan Brand<br />
an <strong>der</strong> Medizinischen Klinik II. des Klinikums in<br />
Großha<strong>der</strong>n geforscht. Schwerpunkt ihrer Arbeit<br />
ist die genetische Ursachenforschung von Entzündungsgeschehen<br />
im Rahmen <strong>der</strong> chronischen<br />
Darmerkrankungen. Der Preis erinnert an den großen<br />
deutschen Internisten und Gastroenterologen<br />
Professor Werner Creutzfeldt.<br />
1 Dr. emanuelle le Bras (links) und Dr. johanna wagner mit dem Direktor <strong>der</strong> Medizinischen<br />
klinik ii, Professor Burkhard Göke, bei <strong>der</strong> überreichung des werner-creutzfeldt-Preises.
TIPPS & TERMINE<br />
N R . 1 • 2014 Service<br />
46<br />
■ filMaBenD DeS rachel carSon centerS<br />
zuM kliMawanDel<br />
Das Rachel Carson Center for Environment & Society (RCC) präsentiert<br />
am 20. Februar den letzten Film seiner Umweltfilmreihe „Green<br />
Visions“. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Thema Klimawandel.<br />
Klimaschwankungen sind zwar nicht neu. Früher gingen sie jedoch<br />
langsam vor sich – Tiere und Pflanzen hatten genug Zeit, sich an die<br />
neuen Bedingungen anzupassen. Heute ist das an<strong>der</strong>s: Durch die<br />
mo<strong>der</strong>ne Lebensweise in Industriegesellschaften sind Menschen mit<br />
einer rasanten Erwärmung konfrontiert. Zu dieser Thematik wird am<br />
20. Februar im Münchener Gasteig in <strong>der</strong> Rosenheimer Straße im<br />
Vortragssaal <strong>der</strong> Bibliothek <strong>der</strong> Film „Peak“ zum Skitourismus gezeigt.<br />
Im Anschluss kann das Publikum mit Experten und Regisseur<br />
Hannes Lang diskutieren. Weitere Informationen unter<br />
www.rachelcarsoncenter.de.<br />
1 Der film „Peak“ untersucht die auswirkungen des<br />
Skitourismus‘.<br />
1 Der unichor präsentiert ende januar seine<br />
„klangsphären“.<br />
■ SeMeSteraBSchluSSkonzert DeS unichorS<br />
Am 26. und 27. Januar 2014 präsentiert <strong>der</strong> UniversitätsChor im<br />
Lichthof <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> unter dem Motto „Klangsphären“ jeweils ab 20<br />
Uhr A-cappella-Werke für den gemischten Chor. Auf dem Programm<br />
stehen unter <strong>der</strong> Leitung von Verena Holzheu: Giovanni Croces „O<br />
sacrum convivium“, Josef Rheinbergers „Kyrie · Gloria · Ich liebe,<br />
weil erhöret <strong>der</strong> Herr“, Wolfram Buchenbergs „Als vil in gote, als vil<br />
in vride“, Heinrich Schützes „Unser Wandel ist im Himmel“, Arvo<br />
Pärts „Magnificat Giovanni Gabrieli: Sanctus à 12“ und Zoltán Kodálys<br />
„Laudes organi“. Ab 6. März 2014 singt <strong>der</strong> UniChor außerdem<br />
in Zusammenarbeit mit Ludwig Wicki täglich „Herr <strong>der</strong> Ringe – Die<br />
zwei Türme“ im Gasteig. Alle Termine unter www.unichor.de.<br />
■ caS-workShoP üBer Strafen unD<br />
StrafanDrohunGen in antiken kulturen<br />
Vom 19. bis 21. Februar 2014 findet im Center for Advanced Studies<br />
(CAS) in <strong>der</strong> Seestraße 13 ein internationaler Workshop unter <strong>der</strong><br />
Leitung von Dr. Birgit Christiansen zum Thema „Zwischen Abschreckung,<br />
Vergeltung und Wie<strong>der</strong>gutmachung – Strafen und Strafandrohungen<br />
in antiken Kulturen“ statt. Dabei werden beispielsweise<br />
Fragen diskutiert, warum einige Vergehen mit einer Geld- und an<strong>der</strong>e<br />
mit <strong>der</strong> Todesstrafe geahndet werden o<strong>der</strong> welchen Zweck Strafen<br />
und Strafandrohungen überhaupt haben. Bis heute werden solche<br />
Themen mit Bezugnahme auf gesellschaftliche Traditionen und<br />
Entwicklungen kontrovers diskutiert. Eine historische Betrachtung<br />
trägt zum Verständnis <strong>der</strong> eigenen und frem<strong>der</strong> Kulturen bei. Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer sind unter an<strong>der</strong>em Hans Neumann<br />
aus Münster, Guido Pfeifer aus Frankfurt sowie Karen Radner vom<br />
University College London und Cornelia Wunsch von <strong>der</strong> University<br />
of London. Anmeldung unter info@cas.lmu.de o<strong>der</strong> auf www.cas.<br />
uni-muenchen.de.
TIPPS & TERMINE<br />
■ „tout le MonDe kaPutt“ – Der erSte weltkrieG iM<br />
coMic in Der univerSitätSBiBliothek<br />
Fast 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs ist das Interesse<br />
an diesem Ereignis ungebrochen. In Kooperation mit dem Historischen<br />
Seminar zeigt die Universitätsbibliothek <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> jetzt jeden<br />
Werktag bis zum 11. April 2014 die Comic-Ausstellung „Tout le<br />
monde kaputt – Der Erste Weltkrieg im Comic“. Dabei wird anhand<br />
<strong>der</strong> vierbändigen Comicserie „Notre Mère la Guerre“ von Kris und<br />
Maël die Grausamkeit des Kriegs in erschütternden Szenen von <strong>der</strong><br />
West- und <strong>der</strong> Ostfront visualisiert. Gleichzeitig werden Einblicke<br />
in die Entstehung von „Notre Mère la Guerre“ sowie in die noch<br />
nicht abgeschlossene Comicserie „Svoboda“ geboten. Darüber hinaus<br />
können sich Besucher durch die Objekte aus <strong>der</strong> Sammlung<br />
des Weltkriegsmuseums Historial de la Grande Guerre in Péronne,<br />
Frankreich, davon überzeugen, dass in den ausgestellten Comics<br />
weitaus mehr Dokumentarisches als Erdachtes steckt. Öffnungszeiten<br />
unter www.ub.uni-muenchen.de.<br />
N R . 1 • 2014 Service<br />
47<br />
■ uniGalerie unD caS würDiGen huBertuS reichert<br />
In Kooperation mit <strong>der</strong> UniGalerie<strong>LMU</strong> finden in den Räumlichkeiten<br />
des Center for Advanced Studies (CAS) in <strong>der</strong> Münchener<br />
Seestraße 13 wechselnde Kunstausstellungen statt. Noch bis 28.<br />
Februar 2014 wird aktuell jeden Werktag die Ausstellung „Hubertus<br />
Reichert“ gezeigt. Der abstrakte Expressionist ist Jahrgang 1952<br />
und hat an <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Bildenden Künste in München sowie<br />
an <strong>der</strong> New York University, USA, Kunst studiert. In <strong>der</strong> Ausstellung<br />
werden vorrangig Arbeiten präsentiert, in denen sich <strong>der</strong> Künstler<br />
mit <strong>der</strong> Architektur des bedeutenden Architekten <strong>der</strong> Renaissance in<br />
Oberitalien, Andrea Palladio, auseinan<strong>der</strong>setzt. Der Palladio-Zyklus<br />
hat eine Son<strong>der</strong>stellung in dem ansonsten nicht gegenständlichen<br />
Werk Reicherts, aus dem auch weitere Arbeiten zu sehen sein werden.<br />
Öffnungszeiten unter www.cas.uni-muenchen.de.<br />
■ caS-aBenDvortraG üBer Die MüllProBleMe<br />
iM internet<br />
In Deutschland ist das Müllaufkommen in den letzten Jahren trotz<br />
zunehmenden Wirtschaftswachstums zurückgegangen. Ist die Geschichte<br />
<strong>der</strong> Abfallwirtschaft also eine Erfolgsgeschichte? Die Vortragsreihe<br />
„Abfall in Umwelt und Gesellschaft“ des Center for Advanced<br />
Studies versucht diese Frage an fünf Abenden zu beantworten. Am<br />
30. Januar liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt vor allem auf dem Müll im Internet.<br />
Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutieren dabei ab 18.15 Uhr<br />
unter dem Motto „Spam und Filter. Müllprobleme im Internet“. Redner<br />
von <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> sind Professor Jens Kersten, Inhaber des Lehrstuhls<br />
für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften, sowie Professor<br />
Hubertus Kohle, Inhaber des Lehrstuhls für Mittlere und Neuere<br />
Kunstgeschichte. Um Anmeldung wird unter info@cas.lmu.de<br />
gebeten. Anfahrtsbeschreibung unter www.cas.uni-muenchen.de.<br />
1 Mehr Dokumentarisches als erdachtes: comics im<br />
krieg.<br />
1 expressionismus im caS: Die uniGalerielMu präsentiert<br />
werke von hubertus reichert.
TIPPS & TERMINE<br />
N R . 1 • 2014 Service<br />
48<br />
1 jährlich gedenkt die weiße-rose-Stiftung mit einer vorlesung<br />
<strong>der</strong> freiheitskämpfer.<br />
■ GeDenken an Die weiSSe roSe<br />
Die Weiße-Rose-Gedächtnisvorlesung findet jährlich zum Gedenken<br />
an die Wi<strong>der</strong>standsgruppe um die Geschwister Scholl statt, die am<br />
22. Februar 1943 verhaftet und hingerichtet wurden. Sie und viele<br />
an<strong>der</strong>e setzten ihr Leben aufs Spiel, um das Wichtigste für eine<br />
Gesellschaft zu erreichen: Freiheit von Unterdrückung, die Freiheit,<br />
zu sagen, was man denkt und auch die wissenschaftliche Freiheit.<br />
Nachdem letztes Jahr Bundespräsident Joachim Gauck die Vorlesung<br />
hielt, ist am 29. Januar 2014 die evangelische Regionalbischöfin<br />
Susanne Breit-Kessler zum Thema „Dem Rad in die Speichen<br />
greifen – Wi<strong>der</strong>stand gestern und heute“ die Gastrednerin. Sie ist<br />
seit 2000 Oberkirchenrätin <strong>der</strong> Evangelisch-Lutherischen Kirche in<br />
Bayern im Kirchenkreis München und Oberbayern, seit 2003 ständige<br />
Vertreterin des Landesbischofs und die erste Frau in Bayern,<br />
die ein bischöfliches Amt bekleidet. Beginn <strong>der</strong> Veranstaltung unter<br />
www.weiße-rose-stiftung.de.<br />
IMPRESSUM<br />
herausgeber<br />
Präsidium <strong>der</strong> Ludwig- Maximilians-Universität (<strong>LMU</strong>)<br />
München<br />
redaktion<br />
Kommunikation und Presse <strong>LMU</strong><br />
Luise Dirscherl (dir), Katrin Groeschel (kat) (verantwortlich)<br />
Clemens Grosse (cg) (fe<strong>der</strong>führend)<br />
David Lohmann (dl), Anja Burkel (ajb)<br />
Mitarbeiter dieser ausgabe<br />
Constanze Drewlo (cdr), Nicola Holzapfel (nh)<br />
onlineredaktion<br />
Thomas Pinter (thp)<br />
redaktionsadresse<br />
Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München<br />
Tel.: +49 (0) 89 2180-3423<br />
Fax: +49 (0) 89 33 82 97<br />
mum@lmu.de<br />
iSSn 0940-0141<br />
titel- und heftgrafik: [www.haak-nakat.de]<br />
umschlagfoto / rückseite : Michael Strauch<br />
Die MuM erscheint vierteljährlich. eine online-ausgabe kann<br />
unter www.lmu.de/presse/mum heruntergeladen werden.<br />
fotos im heft: Haak & Nakat (S. 1, 2); Bernd Schönfel<strong>der</strong> (S.4); Rat Pack Filmproduktion<br />
G<strong>mb</strong>H (S.7); The DOX (S.8); David Lohmann (S.9); Pressestelle Universität<br />
Leipzig/Jan Woitas (S.10); Steffen Niclas-Fotolia.de (S.12/13/14 oben),<br />
MBU/<strong>LMU</strong> (S.13 unten); Christoph Olesinski (S.16/17); privat (S.18); Bezirksjugendring<br />
Oberbayern (S.19); Christoph Olesinski (S. 20); Landherr Architekten/<br />
Ralf Wehrhahn (S.21); WavebreakmediaMikro-fotolia.de (S.23); DGV/stebl (S.25<br />
oben); Julia von Rohrscheidt (S.25 Mitte); Vicki Troeltsch (S.25 unten); EBE (S.27);<br />
Constanze Drewlo (S.28 oben); Uta Hauck-Thum (S.28 unten/S.29); Staatliche<br />
Münzsammlung Bayern (S.30/31); Thomas Kiewning/epic-moments.de (S.32);<br />
privat (S.39); Thorsten Naeser (S.40 oben); Koerber-Stiftung (S.40 unten); privat<br />
(S.45); unafilm (S.46 oben); UniChor (S.46 unten); Rached Msadek (S.47 oben);<br />
Roy Hessing (S.47 unten); Jan Greune (S.48); fotolia.com (S. 16/18/22/23/32/33).<br />
Alle weiteren Fotos: Friedrich Schmidt bzw. <strong>LMU</strong>.<br />
Designkonzept und layout<br />
HAAK NAKAT [www.haak-nakat.de]<br />
Distribution<br />
Kommunikation und Presse <strong>LMU</strong>: Mathias Schiener<br />
anzeigen: Kommunikation und Presse <strong>LMU</strong><br />
MuM und einsichten beim „Stummen verkäufer“<br />
Professor-Huber-Platz 1.OG; Schellingstr. 3/4 Eingangsbereich; Ludwigstr. 28<br />
Rgb.; Leopoldstr. 13; Oettingenstr. 67 Hörsaalgebäude; Pettenkoferstr. 12 Eingangsbereich;<br />
Theresienstr. vor dem Café Gu<strong>mb</strong>el; Luisenstr. 37 Eingangs bereich;<br />
Königinstr. 10 Teilbibliothek UG; Unibibliothek Ludwigstr. 27 Ausleih halle; Historicum<br />
Teilbibliothek EG; Biozentrum Pforte; Chemie und Pharmazie Haus F EG.<br />
■<br />
aktuelle StellenanGeBote Der luDwiG-MaXiMilianS-univerSität unter www.lMu.De/StellenanGeBote
MünchenInformation<br />
im Rathaus am Marienplatz<br />
München Ticket<br />
Telefon (089) 54 81 81 81<br />
Tourismusamt<br />
Telefon (089) 233-9 65 00<br />
Stadtinformation<br />
Telefon (089) 22 23 24<br />
Öffnungszeiten<br />
Montag bis Freitag<br />
10 bis 20 Uhr<br />
Samstag<br />
10 bis 16 Uhr<br />
Internet<br />
muenchen.de/rathaus
Der bunt beleuchtete<br />
Lichthof <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />
beim Orgelkonzert<br />
am 9. Nove<strong>mb</strong>er 2013.<br />
www.lmu.de/mum