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NR. 1 • 2014<br />

LUDWIG-<br />

MAXIMILIANS-<br />

UNIVERSITÄT<br />

MÜNCHEN<br />

MünchnerUni Magazin<br />

ZEITSCHRIFT DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN<br />

2<br />

2<br />

2<br />

19 53 7 8<br />

8<br />

8<br />

1<br />

K I N O<br />

8<br />

18<br />

18<br />

7<br />

Kalium Iod Stickstoff Sauerstoff<br />

39,0983 126,90447 14,00674 15,9994<br />

5<br />

2<br />

6<br />

WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />

ZWISCHEN FAKTEN<br />

UND FIKTION


<strong>der</strong> lmu-shop<br />

im »schweinchenbau«<br />

leopoldstrasse 13<br />

80802 münchen<br />

Öffnungszeiten im Semester:<br />

Montag bis Freitag 10:00 – 16:00 Uhr<br />

Öffnungszeiten in <strong>der</strong> vorlesungsfreien Zeit:<br />

Dienstag und Donnerstag 10:00 – 16:00 Uhr<br />

Kapuzen-Sweatshirt, erhältlich in den Farben: Petrol, Graphit, Dunkelgrün<br />

www.lmu-shop.de


1 Eingang zum Gebäude Ludwigstraße<br />

28, Vor<strong>der</strong>gebäude. Hier sind<br />

die Volkswirtschaftliche und die<br />

Juristische Fakultät untergebracht.<br />

EDITORIAL<br />

Klappe, die erste: Wissenschaftliche Themen spielen in Film und<br />

Fernsehen eine immer größere Rolle. Inzwischen lassen sich Fernsehproduzenten<br />

sogar von <strong>LMU</strong>-Professoren beraten. Für eine<br />

unterhaltsame Aufbereitung werden viele Disziplinen allerdings<br />

trotzdem häufig auf den Kopf gestellt. Warum zum Beispiel „Der<br />

Herr <strong>der</strong> Ringe“ gelobt und kritisiert wird, lesen Sie in unserer<br />

MUM-Titelgeschichte.<br />

Da es im wahren Leben keine Stuntmen gibt, widmen sich Dr. Wolfram<br />

Hell vom Institut für Rechtsmedizin <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und Professor<br />

Hans Bäumler von <strong>der</strong> Hochschule München <strong>der</strong> Unfallforschung.<br />

Dabei werten sie Verkehrsunfälle aus, um die bisherigen Sicherheitssysteme<br />

zu verbessern und so tödliche Crashs zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Einen eigenen Film gedreht hat die zehnte Klasse des Robert-Koch-<br />

Gymnasiums in Deggendorf. Zusammen mit <strong>LMU</strong>-Professor Ferdinand<br />

Kramer vom Institut für Bayerische Geschichte sammelten<br />

sie Schwarz-Weiß-Fotos von türkischen Arbeitern, suchten Super-<br />

8-Filme vom ersten Oktoberfestbesuch mit <strong>der</strong> nachgezogenen Familie<br />

o<strong>der</strong> interviewten Kabarettist Django Asül, um die Geschichte<br />

<strong>der</strong> sogenannten Gastarbeiter nachzuerzählen.<br />

N R . 1 • 2014 EDITORIAL<br />

1<br />

Beim vierten Take dieser Ausgabe spielt Eliane Retz die Hauptrolle.<br />

Die <strong>LMU</strong>-Mitarbeiterin unterstützt Mütter und Väter, die sich<br />

nach einer Trennung in Streitigkeiten verlieren. Mit dem Programm<br />

„Kin<strong>der</strong> im Blick“ sollen Gespräche wie<strong>der</strong> in vernünftige Bahnen<br />

geleitet und das Kindeswohl gestärkt werden.<br />

„Licht aus, Spot an“ heißt es zum Schluss für Mathias Scheffel.<br />

Während seiner Zeit als Jurastudent verdiente sich <strong>der</strong> Alumnus<br />

sein Geld als DJ Chef L und Partyveranstalter. Inzwischen gilt er als<br />

Pionier des Münchener Nachtlebens und beeinflusst durch seine<br />

Clubs wie Pacha, Filmcasino, Jack Rabbit, Gecko o<strong>der</strong> Reitschule das<br />

Ausgehverhalten einer ganzen Studierendengeneration.<br />

Viel Spaß beim Lesen,<br />

Ihre MUM-Redaktion


N R . 1 • 2014 ZUR SACHE<br />

2<br />

ZUR SACHE<br />

ZUV-LEITBILD:<br />

DAS ERGEBNIS EINES BREIT ANGE-<br />

LEGTEN DIS KUSSIONSPROZESSES<br />

1 <strong>LMU</strong>-Vizepräsident<br />

Dr. Christoph Mülke<br />

Der Strategieprozess ZUV 2015 soll die Universitätsverwaltung<br />

als zentralen Dienstleister <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong> in administrativen und technischen Fragen<br />

weiterentwickeln, entsprechende Konzepte formulieren<br />

und diese in die Umsetzung bringen.<br />

Mit dem Leitbild <strong>der</strong> ZUV liegt nunmehr ein erstes<br />

konkretes Ergebnis dieses Prozesses vor.<br />

Das Leitbild, das unter www.lmu.de/zuv-leitbild<br />

abgerufen werden kann, leitet sich aus den strategischen<br />

Zielen <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> als Gesamtinstitution ab.<br />

Auf dieser Grundlage formuliert es für die Arbeit<br />

<strong>der</strong> ZUV einen Zielhorizont mit Kernaussagen zum<br />

Selbstverständnis, zu Arbeitsprinzipien, zu den<br />

Erwartungen an Führungskräfte und zu Handlungsmaximen:<br />

„Wie wir uns verstehen“, „Wie<br />

wir arbeiten“, „Wie wir Führung verstehen“ und<br />

„Was unser Handeln prägt“ sind die zentralen<br />

Abschnitte des Leitbildes.<br />

Das Leitbild ist das Ergebnis eines breit angelegten<br />

Diskussionsprozesses: Eingebunden waren<br />

alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>der</strong> ZUV,<br />

ihre Ideen wurden in Großgruppenveranstaltungen<br />

und in Workshops intensiv diskutiert und haben<br />

den Text außerordentlich geprägt.<br />

Serviceportal für die <strong>LMU</strong> und an <strong>der</strong> ZUVinternen<br />

Kommunikation gearbeitet. Darüber<br />

hinaus verfolgen wir das Ziel, Effizienz und Transparenz<br />

unserer Dienstleistungen durch die Einführung<br />

eines Prozessmanagements, die Professionalisierung<br />

<strong>der</strong> Projektarbeit und <strong>der</strong> Schnittstellen<br />

zu unseren „Kunden“ sowie – ganz konkret<br />

– durch eine Revision des Drittmittel- und des<br />

Reisekostenmanagements deutlich zu verbessern.<br />

Ich freue mich darauf, wenn ich Ihnen hier demnächst<br />

über die nächsten Schritte berichten kann.<br />

Mein Dank gilt allen Beteiligten für ihr großes<br />

Engagement bei <strong>der</strong> Erarbeitung des Leitbildes,<br />

ganz beson<strong>der</strong>s den Kolleginnen und Kollegen,<br />

die unmittelbar mit <strong>der</strong> Erstellung des Textes beschäftigt<br />

waren, nicht zuletzt aber auch den Angehörigen<br />

<strong>der</strong> Fakultäten und <strong>der</strong> Departments für<br />

das außerordentlich konstruktive Feedback, das<br />

wir bislang erhalten haben. Ich bin zuversichtlich,<br />

dass wir mit ZUV 2015 einen deutlichen Schritt<br />

tun, um Forschung und Lehre an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> noch<br />

weit besser als in <strong>der</strong> Vergangenheit gemeinsam<br />

voranzubringen.<br />

Nachdem das Leitbild im Deze<strong>mb</strong>er 2013 allen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern <strong>der</strong> ZUV kommuniziert<br />

worden ist, wird es nunmehr <strong>der</strong> universitären<br />

Öffentlichkeit vorgestellt. Es formuliert<br />

einen Zielzustand, an <strong>der</strong> die Entwicklung <strong>der</strong><br />

ZUV gemessen werden soll und will. Künftig wird<br />

es deshalb darum gehen, dort, wo <strong>der</strong> im Leitbild<br />

formulierte Zielzustand noch nicht erreicht ist,<br />

Maßnahmen zu definieren, um das Leitbild in <strong>der</strong><br />

täglichen Arbeit umzusetzen.<br />

Erste Konzepte hierfür liegen bereits vor und werden<br />

umgesetzt: Im Themenbereich Information<br />

und Kommunikation wird intensiv an einem ZUV-<br />

Dr. Christoph Mülke<br />

Vizepräsident <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München


6<br />

MUM NR. 1 · 2014<br />

■ NEWS<br />

4 MELDUNGEN<br />

■ TITEL<br />

6 ZWISCHEN FAKTEN UND FIKTION<br />

WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />

ZWISCHEN FAKTEN UND FIKTION<br />

WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />

12<br />

■ ESSAY<br />

10 AKADEMISIERT SCHRUMPFEN<br />

DER DEMOGRAFISCHE WANDEL UND DIE HOCHSCHULEN<br />

■ PROFILE<br />

12 VERKEHRSTOD VERHINDERN<br />

UNFALLFORSCHUNG AN DER <strong>LMU</strong><br />

16 LEHRE MIT SPASS UND STRUKTUR<br />

PROFESSOR LORENZ ERHÄLT DEN ARS LEGENDI-PREIS<br />

18 SCHMELZTIEGEL DEGGENDORF<br />

SCHÜLER ERFORSCHEN IHRE GLOBALISIERTE HEIMAT<br />

20 VOM EISBACH AN DEN WÜRMKANAL<br />

UMZUG DER TIERMEDIZIN NACH OBERSCHLEISSHEIM<br />

N R . 1 • 2014 INHALT<br />

3<br />

22 „KINDER IM BLICK“<br />

HILFE IN DER TRENNUNGSKRISE<br />

UNFALLFORSCHUNG<br />

AN DER <strong>LMU</strong><br />

VERKEHRSTOD<br />

VERHINDERN<br />

24<br />

24 AKADEMISCHER ABSCHLAG<br />

SERIE: SPORT IST IHR HOBBY<br />

26 VERBINDUNG VON EMPIRIE UND THEORIE<br />

NEUES INTERNATIONALES DOKTORANDENKOLLEG<br />

28 MIT ERZÄHLEN LERNEN<br />

<strong>LMU</strong> MACHT SCHULE<br />

30 GROSSE KÖPFE IN KLEINEM FORMAT<br />

PORTRÄTMEDAILLEN<br />

■ ALUMNI<br />

SERIE: SPORT IST IHR HOBBY<br />

AKADEMISCHER ABSCHLAG<br />

28<br />

32 „FEIERN UND STUDIEREN – DAS GEHT LOCKER!“<br />

CLUBBETREIBER MATHIAS SCHEFFEL<br />

■ MENSCHEN<br />

34 NEUBERUFEN<br />

40 PREISE & EHRUNGEN<br />

■ SERVICE<br />

46 TIPPS & TERMINE<br />

<strong>LMU</strong> MACHT SCHULE<br />

MIT ERZÄHLEN LERNEN<br />

■ IMPRESSUM


NEWS<br />

N R . 1 • 2014 NEWS<br />

4<br />

<strong>LMU</strong>-STUDENTIN IST BEHINDERTEN-<br />

SPORTLERIN DES JAHRES<br />

Anna Schaffelhuber wurde zur paralympischen<br />

Sportlerin des Jahres 2013 gewählt. Die Jurastudentin<br />

setzte sich beim Monoski in einer Publikumsentscheidung<br />

gegen zwölf Konkurrentinnen durch.<br />

„Ich hab mich wirklich sehr darüber gefreut. Für<br />

mich ist die Auszeichnung ein Ansporn für mein<br />

nächstes Ziel: eine Goldmedaille bei den Paralympics<br />

2014 in Sotschi“, so Schaffelhuber. Bereits<br />

im Februar holte sie bei <strong>der</strong> Weltmeisterschaft in<br />

La Molina, Spanien, Gold im Slalom und qualifizierte<br />

sich damit für die Vorauswahl zur Behin<strong>der</strong>tensportlerin<br />

2013. Diese Auszeichnung kann<br />

sie schon zum zweiten Mal mit nach Hause nehmen:<br />

Nach drei Goldmedaillen bei <strong>der</strong> Alpin-WM<br />

in Sestriere, Italien, hat sie schon 2011 die Wahl<br />

zur Behin<strong>der</strong>tensportlerin des Jahres gewonnen.<br />

Wenn Anna Schaffelhuber gerade nicht auf <strong>der</strong><br />

Piste anzutreffen ist, studiert sie im 5. Semester<br />

Jura an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>: „Ich versuche, im Sommersemester<br />

möglichst viel für die Universität vorzubereiten,<br />

um im Winter genügend Zeit fürs Skifahren<br />

zu haben. Das klappt im Moment auch ganz gut.<br />

Diesen Winter werde ich mich aber vollkommen<br />

auf die Spiele in Sostchi im März konzentrieren.“<br />

■ cdr<br />

ERSTE ABSOLVENTEN DES<br />

PIR-MODELLSTUDIENGANGS<br />

Die ersten neun Absolventen des Master- und Modellstudiengangs<br />

„Prävention, Inklusion und Rehabilitation<br />

(PIR) bei Hörschädigung“ nahmen Ende<br />

Oktober von Lehrstuhlinhaberin Professor Annette<br />

Leonhardt ihr Zeugnis entgegen. Alle Prüflinge<br />

haben zuvor den Bachelor- und Modellstudiengang<br />

gleichen Namens erfolgreich abgeschlossen.<br />

Das Beson<strong>der</strong>e daran: Der Studiengang ist <strong>der</strong><br />

einzige an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, <strong>der</strong> im Bereich des Lehramts<br />

neben dem Staatsexamen einen Bachelor- und<br />

Masterabschluss ermöglicht. Dies geht auf eine<br />

Zielvereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern<br />

und <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> aus dem Jahr 2006 zurück. Neben<br />

dem Lehramt wird eine Qualifikation für den Bereich<br />

<strong>der</strong> Rehabilitation bei Gehörlosigkeit und<br />

Schwerhörigkeit angeboten. Studierende können<br />

folglich unter dem Dach von PIR entwe<strong>der</strong> Gehörlosenpädagogik<br />

o<strong>der</strong> Schwerhörigenpädagogik<br />

für das Lehramt sowie Gehörlosenpädagogik o<strong>der</strong><br />

Schwerhörigenpädagogik für den nebenschulischen/außerunterrichtlichen<br />

Bereich studieren.<br />

Mit dem neuen Bachelorabschluss können Studierende<br />

direkt in den Beruf starten. Möglichkeiten<br />

bestehen etwa in schulvorbereitenden Einrichtungen,<br />

in Schülerwohnheimen, bei den jeweiligen<br />

1 Anna Schaffelhuber bei <strong>der</strong> Monoski-Abfahrt.


NEWS<br />

Verbänden, in <strong>der</strong> Frühför<strong>der</strong>ung und in Rehabilitationseinrichtungen.<br />

Der Masterabschluss qualifiziert<br />

für Leitungsfunktionen. Für den Einstieg<br />

ins Referendariat – die Voraussetzung um als Lehrer<br />

arbeiten zu können – ist ein Masterabschluss<br />

zwingend erfor<strong>der</strong>lich. Beenden Studierende des<br />

Lehramts das Studium bereits mit Erreichen des<br />

Bachelorabschlusses, können diese jedoch in allen<br />

Bereichen arbeiten, in denen es auch für die Absolventen<br />

mit dem Studium <strong>der</strong> nebenschulischen/<br />

außerunterrichtlichen Ausrichtung möglich ist.<br />

Der Bachelor ist vorzugsweise praxis-, <strong>der</strong> Masterstudiengang<br />

hingegen forschungs- und projektorientiert.<br />

Im Gegensatz zum Lehramt für Son<strong>der</strong>pädagogik<br />

brauchen Studierende für den Modellstudiengang<br />

30 ECTS-Punkte mehr, weshalb<br />

zehn statt neun Semester benötigt werden. Die<br />

Absolventen verfügen anschließend über einen<br />

international anerkannten, 300 ECTS umfassenden<br />

Studienabschluss, mit dem sie sich weltweit<br />

bewerben können.<br />

■ dl<br />

Leitbild<br />

<strong>der</strong> Zentralen<br />

Universitätsverwaltung<br />

www.lmu.de/zuv-leitbild<br />

n n n n<br />

LEITBILD FÜR DIE ZUV<br />

Die Zentrale Universitätsverwaltung (ZUV) hat<br />

jetzt ein Leitbild. Es beschreibt unter an<strong>der</strong>em<br />

Ziel- und Wertvorstellungen sowie das Selbstverständnis<br />

<strong>der</strong> Verwaltung, aus denen sich wie<strong>der</strong>um<br />

Entscheidungen und Verhaltensweisen ableiten.<br />

Es soll dabei ständig weiterentwickelt werden.<br />

Das Leitbild ist das Ergebnis eines intensiven<br />

Prozesses, bei dem die Mitarbeiter <strong>der</strong> ZUV stark<br />

eingebunden waren. So wurden im Rahmen von<br />

Veranstaltungen, wie etwa Leitbildcafés, zum<br />

Beispiel Arbeitsprozesse, Selbstverständnis o<strong>der</strong><br />

Erwartungen <strong>der</strong> verschiedenen ZUV-Einheiten<br />

und ihre Zusammenarbeit erörtert und schließlich<br />

verdichtet.<br />

■ cg<br />

www.lmu.de/zuv-leitbild<br />

NEUES INSTITUT FÜR DIDAKTIK UND AUS-<br />

BILDUNGSFORSCHUNG GEGRÜNDET<br />

Am 1. Januar 2014 wurde das Institut für Didaktik<br />

und Ausbildungsforschung in <strong>der</strong> Medizin am Klinikum<br />

<strong>der</strong> Universität München gegründet. Der<br />

seit 2011 an <strong>der</strong> Medizinischen Klinik und Poliklinik<br />

4 etablierte Lehrstuhl für Didaktik und Ausbildungsforschung<br />

wird damit als eigenständiges<br />

Institut sichtbar und nimmt bundesweit eine Vorreiterrolle<br />

ein. Direktor des Instituts ist Professor<br />

Martin Fischer, seit Nove<strong>mb</strong>er 2012 auch Studiendekan<br />

für die Lehre im klinischen Studienabschnitt<br />

des Medizinischen Curriculums München<br />

(MeCuM) und für die Masterstudiengänge an <strong>der</strong><br />

Medizinischen Fakultät verantwortlich.<br />

Das neue Institut versteht sich als Service- und<br />

Forschungseinrichtung. Im Servicebereich sollen<br />

die Studiendekane und alle theoretischen, klinisch-<br />

theoretischen und klinischen Einrichtungen<br />

in zentralen Fragen <strong>der</strong> Qualitätssicherung und<br />

-weiterentwicklung <strong>der</strong> Lehre unterstützt werden.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Ausbildungsforschung beschäftigt<br />

sich das Institut mit <strong>der</strong> Messung und Vermittlung<br />

klinischer Entscheidungs- und Wissenschaftskompetenz,<br />

<strong>der</strong> Messung und Vermittlung von<br />

Kommunikationskompetenz sowie mit dem Einsatz<br />

innovativer Lehr- und Prüfungsformate.<br />

Derzeit werden mehr als 20 Promotionsprojekte<br />

am Institut und in enger Zusammenarbeit mit dem<br />

Munich Center of the Learning Sciences (MCLS)<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> betreut. Das Institut ist an einer ganzen<br />

Reihe von Drittmittelprojekten und Initiativen in<br />

Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen<br />

Kooperationspartnern und mit dem Medizinischen<br />

Fakultätentag (MFT), dem Masterstudiengang<br />

„Master of Medical Education“ (MME) an<br />

<strong>der</strong> Universität Heidelberg und <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Medizinische Ausbildung (GMA) beteiligt, <strong>der</strong>en<br />

Präsident Martin Fischer <strong>der</strong>zeit ist. ■ red<br />

N R . 1 • 2014 NEWS<br />

5


N R . 1 • 2014 THEMA<br />

6<br />

WISSENSCHAFT IN FILM UND FERNSEHEN<br />

ZWISCHEN FAKTEN UND FIKTION<br />

Das Interesse <strong>der</strong> Zuschauer an wissenschaftlichen<br />

Themen in Film und Fernsehen wächst.<br />

Langsam reagiert die Branche und engagiert für<br />

eine realistische Darstellung immer häufiger Experten<br />

als Berater – darunter auch Professoren<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Ein Medizin-Alumnus bietet mit seiner<br />

Firma inzwischen sogar professionelle Unterstützung<br />

am Set an. Obwohl viele Disziplinen<br />

von <strong>der</strong> zunehmenden medialen Darstellung<br />

profitieren, wird häufig dennoch ein falsches<br />

Bild des jeweiligen Fachs projiziert – teilweise<br />

mit grotesken Folgen.<br />

Wissenschaft nimmt in Serien, Film und Fernsehen<br />

eine immer größere Rolle ein. Dies konnten Studierende<br />

und Mitarbeiter kürzlich sogar direkt vor<br />

dem <strong>LMU</strong>-Hauptgebäude miterleben. Dort drehte<br />

die Ratpack Filmproduktion den Kinofilm „Mara<br />

und <strong>der</strong> Feuerbringer“ mit Schauspieler Jan Josef<br />

Liefers als fiktivem Mediävistikprofessor Weissinger.<br />

„Alle Kostüme, Artefakte, Schmuck und das<br />

Setdesign basieren dabei auf wissenschaftlicher<br />

Recherche“, betont Ratpack-Sprecher Christian<br />

Becker. Nichts im Film, was mit nordisch-germanischer<br />

Mythologie zu tun habe, sei ausgedacht.<br />

„Ich wollte mich von Anfang an so nah wie möglich<br />

am aktuellen Stand <strong>der</strong> Wissenschaft orientieren“,<br />

ergänzt Regisseur und Bernd-das-Brot-Erfin<strong>der</strong><br />

Tommy Krappweis. Fakten böten den Zuschauern<br />

Orientierung und nähmen einen höheren Stellenwert<br />

ein als früher.<br />

Aus diesem Grund hat sich <strong>der</strong> Grimme-Preisträger<br />

auch bei <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> so nah<br />

wie möglich an die Realität gehalten. Lediglich<br />

für den Lichthof musste wegen <strong>der</strong> Renovierungsarbeiten<br />

<strong>der</strong> Münchener Justizpalast als Double<br />

einspringen. Dafür nimmt im zugrundeliegenden<br />

Roman das Bodendenkmal für die Geschwister<br />

Scholl eine wichtige Rolle ein: Hauptfigur Mara erlebt<br />

in einem Tagtraum schemenhaft das Verteilen<br />

<strong>der</strong> Flugblätter. Krappweis sind solche Momente<br />

beson<strong>der</strong>s wichtig, weil die nordisch-germanische<br />

Mythologie in den 1930er-Jahren von den Nazis<br />

für ihre Zwecke in Beschlag genommen wurde.<br />

„Davon wollte ich mich ausdrücklich distanzieren<br />

und auch im Film werden wir das natürlich deutlich<br />

machen“, erklärt er.<br />

HÄUFIGE BERATUNGSRESISTENZ<br />

Da gerade bei Filmen mit historischem Kontext beson<strong>der</strong>s<br />

akkurat recherchiert werden müsse, holte<br />

sich Krappweis den realen Professor Rudolf Simek<br />

von <strong>der</strong> Uni Bonn ins Boot. „Für den ersten Entwurf<br />

hat er von mir noch ordentlich Kritik einstecken<br />

müssen“, erzählt Simek, <strong>der</strong> in seinen Büchern<br />

auch den Einfluss <strong>der</strong> germanischen Mythologie<br />

auf Romanklassiker untersucht. Doch Krappweis<br />

habe sich seine Kritik zu Herzen genommen und<br />

seriös mit ihm zusammengearbeitet. „Er hat viel<br />

Fantasie, ist aber nicht beratungsresistent“, lacht<br />

<strong>der</strong> Mediävist. Nur wenn er keine wissenschaftlichen<br />

Quellen gefunden habe, habe er Krappweis<br />

seine künstlerische Freiheit gelassen. Lei<strong>der</strong> liefe<br />

das bei Regisseuren von Dokumentarfilmen wie<br />

„Terra X“ häufig nicht so glatt, weil die Sendungen<br />

publikumswirksam aufbereitet werden müssten.<br />

Das aufkeimende Interesse an mythologischen<br />

Filmen ist nach Meinung von Simek eine Gegenbewegung<br />

zur Tabuisierung nach dem Krieg, als<br />

man die Wissenschaft für rechtslastig hielt. Statt<br />

sich aber jetzt nur auf real existierende Mythologien<br />

zu beziehen, habe zum Beispiel J. R. R. Tolkien<br />

für seine Romantrilogie „Der Herr <strong>der</strong> Ringe“<br />

manches einfach frei erfunden. Dies gelte noch<br />

viel mehr für Harry-Potter-Reihe o<strong>der</strong> die Thor-<br />

Comicverfilmungen. „Wenn ich mir den Film anschaue,<br />

glaube ich, die Recherche dazu dauerte<br />

einen Nachmittag lang“, kritisiert Simek.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Medizin gibt es jetzt allerdings eine<br />

Gegenbewegung. Ärzte wollten es nicht länger


7 Dreharbeiten zu Tommy Krappweis‘<br />

„Mara und <strong>der</strong> Feuerbringer“ an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />

hinnehmen, dass ihre Disziplin in Sendungen wie Dr. Stefan Frank<br />

auf den Kopf gestellt wird. Daher gründete <strong>der</strong> ehemalige <strong>LMU</strong>-<br />

Student Dr. Pablo Hagemeyer mit einigen Kollegen The DOX. Die<br />

Beratungsagentur durchforstet Drehbücher, hilft bei <strong>der</strong> Dramaturgie,<br />

vermittelt medizinisches Personal und spricht in <strong>der</strong> Weilheimer<br />

Zentrale mit den Autoren. „Die Welt wird immer komplizierter und<br />

komplexer“, veranschaulicht <strong>der</strong> Inhaber. Durch die Informationstechnologie,<br />

die gestiegene Rechnerleistung und die große Diversifizierung<br />

würden selbst Fachärzte nicht immer über das Neuste vom<br />

Neusten Bescheid wissen. Die meisten Fragen <strong>der</strong> Autoren zielen<br />

aber auf die Verhaltensweisen <strong>der</strong> Ärzte ab: „Wie würde er sich in<br />

dieser Situation verhalten?“, „Welche Möglichkeiten hat er?“ o<strong>der</strong><br />

„Woran denkt er zuerst?“. Damit dies beim Dreh alles korrekt umgesetzt<br />

wird, haben die Mitarbeiter mittlerweile ihren eigenen Regiebereich<br />

o<strong>der</strong> spielen gleich selber mit. „Es gibt doch keinen besseren<br />

Komparsen als einen echten Arzt“, grinst <strong>der</strong> Psychotherapeut.<br />

ARZTSERIEN WERDEN REALISTISCHER<br />

Insgesamt sind die gesendeten Abläufe aus Forschung und Praxis<br />

realistischer als noch vor 15 Jahren. „Heute kann sich kein Produzent<br />

mehr leisten, Mist zu produzieren“, berichtet Dr. Hagemeyer.<br />

Dies liege aber nicht zuletzt an <strong>der</strong> zunehmenden Beratung von<br />

Experten aus Medizin und Naturwissenschaft. So sei „Der Bergdoktor“<br />

im ZDF aus fachlicher Sicht momentan die beste deutsche<br />

Arztserie – „vor allem natürlich, weil wir sie zurzeit beraten“, ergänzt<br />

<strong>der</strong> Alumnus augenzwinkernd. Im Übrigen sei auch im Film „Das<br />

Schweigen <strong>der</strong> Lämmer“ sehr stimmig beschrieben, wie Hannibal<br />

Lecter seinem Opfer das Gehirn aus dem Schädel löffele. Bei Sendungen<br />

wie „Dr. Diary“ o<strong>der</strong> „Doc meets Dorf“ kann er aber auch<br />

über Fehler lachen, weil diese nicht den Anspruch an Realität transportieren<br />

wollten. Doch nicht alle können den Unterschied zwischen<br />

Wahrheit und Fiktion erkennen: Umfragen zufolge glaubten nach<br />

„Jurassic Park“ viele Menschen, dass man aus Moskitoblut Dinosaurier<br />

züchten kann. So etwas ficht Dr. Hagemeyer zwar nicht an.<br />

Kritisch wird es für ihn aber, wenn sich gravierende Fehlhaltungen<br />

auf das Publikum übertragen. „Die meisten Fehler“, betont er ernst,<br />

„werden lei<strong>der</strong> immer noch bei <strong>der</strong> Reanimation gemacht.“<br />

Den Fil<strong>mb</strong>oom im medizinischen Bereich erklärt <strong>der</strong> Arzt mit <strong>der</strong><br />

neuen Digitalisierungstechnik. Erst dadurch könnten Filme mit<br />

den Themenbereichen Träume („Inception“), Genetik („Gattacca“),<br />

52<br />

Te<br />

Tellur<br />

127,60<br />

2<br />

8<br />

18<br />

18<br />

6 V<br />

23<br />

Vanadium<br />

50,942<br />

2<br />

8<br />

11<br />

2<br />

o<strong>der</strong> Psychotherapie („Shutter Island“) endlich authentisch verfilmt<br />

werden. Gleiches gelte für Serien wie zum Beispiel „Dexter“, „In<br />

Treatment“, „Breaking Bad“, „CSI“, „RIS“ o<strong>der</strong> „Postmortem“. „Sie<br />

alle sprechen in extremer Weise den eigenen Horror o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e unterdrückte<br />

Tabus an“, erklärt Dr. Hagemeyer. Menschen wollten vermittelt<br />

bekommen, wie es ist, krank zu sein, zu sterben o<strong>der</strong> etwas<br />

verlieren zu können. Ein weiteres Erfolgsgeheimnis sei die ständige<br />

Überhöhung des Menschen in <strong>der</strong> Arztrolle und das Vergnügen <strong>der</strong><br />

Zuschauer, diesen durch profan Menschliches aus <strong>der</strong> Rolle fallen<br />

zu sehen. Natürlich sei aber auch die Mutlosigkeit <strong>der</strong> öffentlichrechtlichen<br />

Sen<strong>der</strong> ein Grund für die vielen Arztserien. „Es braucht<br />

einfach immer eine gute Weile, bis sich Neues etabliert.“<br />

PRODUZENTEN SIND HÄUFIG NERDS<br />

Trotz <strong>der</strong> Konzentration auf die Medizin wird laut <strong>LMU</strong>-Theaterwissenschaftlers<br />

Lars Krautschick jede Wissenschaft im Fernsehen<br />

verkörpert. Als Beispiele nennt er Indiana Jones für die Archäologen,<br />

für die Kunstgeschichte die Werke von Dan Brown, für die<br />

Physik „The Big Bang Theory“, für die Chemie „Breaking Bad“ und<br />

für die Informatik „The IT Crowd“. Außerdem würden viele Horrorund<br />

Slasher-Filme – Krautschicks Spezialgebiet – auf den Campus<br />

von Universitäten spielen. Den Grund für die breite Streuung hat<br />

Krautschick schnell ausgemacht: „Die heutigen Produzenten waren<br />

früher alle Nerds, die Science-Fiction mochten“, sagt er. „Die sind<br />

jetzt in dem Alter, wo sie Filme herstellen und ihre Lieblingsthemen<br />

ko<strong>mb</strong>inieren können: Science und Fiction.“<br />

Was Krautschick dabei jedoch stört, ist die Leichtgläubigkeit <strong>der</strong><br />

Zuschauer. „Das fing in den 1930er-Jahren an“, erklärt er. „Damals<br />

dachten die Menschen, im Kino würde das ‚wahre Leben‘ gezeigt –<br />

daran hat sich bis heute nicht viel geän<strong>der</strong>t.“ Heute glaubten die Leute<br />

durch parapsychologische Filme wie „Paranormal Activity“, sie könnten<br />

Geisterjäger werden, durch Krimiserien wie „CSI“, Labortechniker<br />

würden Waffen tragen, o<strong>der</strong> nach „Breaking Bad“, sie könnten<br />

die Droge Crystal Meth herstellen – obwohl in <strong>der</strong> Serie immer ein<br />

entscheiden<strong>der</strong> Schritt im Herstellungsverfahren ausgelassen wurde.<br />

Außerdem sei zum Beispiel bei „The Big Bang Theory“ das physikalische<br />

Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“ nicht korrekt<br />

dargestellt worden und bei „Das A-Team – Der Film“ die Handlung in<br />

Frankfurt am Main angesiedelt, obwohl im Hintergrund <strong>der</strong> Kölner<br />

Dom zu sehen sei. „Darüber hinaus gibt es keine Maschine, die an-<br />

N R . 1 • 2014 THEMA<br />

7


7 Berater Dr. Pablo Hagemeyer von The<br />

DOX mit „Bergdoktor“-Darsteller Hans Sigl.<br />

6<br />

C<br />

Kohlenstoff<br />

12,011<br />

2<br />

4<br />

19<br />

SI<br />

Silicium<br />

28,086<br />

2<br />

8<br />

4<br />

N R . 1 • 2014 THEMA<br />

8<br />

zeigt, ob man tot ist“, ergänzt Krautschicks Kollege Fabian Rudner.<br />

„Im Film werden solche Apparaturen jedoch eingesetzt, um den Tod<br />

mittels einer geraden Linie auf Bild- und Tonebene darzustellen.“<br />

FILME INSPIRIEREN DIE WISSENSCHAFT<br />

Allerdings können die zwei Lehrbeauftragten auch durchaus positive<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> fiktiven Darstellung von Wissenschaft erkennen.<br />

So habe Jules Verne in „20.000 Meilen unter dem Meer“ schon im<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>t ein U-Boot o<strong>der</strong> in „Von <strong>der</strong> Erde zum Mond“ die<br />

Reise zum Mond beschrieben. „Beides hat Wissenschaftler zum<br />

Nachdenken angeregt, weil sie das in die Realität umsetzen wollten“,<br />

unterstreicht Krautschick. Touchscreens sah man in „Minority<br />

Report“, bevor sie in den Handel kamen, seit „Der Soldat James<br />

Ryan“ gibt es neue Trainingskonzepte für Kriegsmanöver seitens <strong>der</strong><br />

US-Armee und seit „Minority Report“ mit <strong>der</strong> Hand in <strong>der</strong> Luft steuerbare<br />

Computer. Generell sähen Computer heute überhaupt nur so<br />

aus, wie sie aussehen, weil sie vor ihrer Existenz im Fernsehen so<br />

dargestellt worden seien. „Wissenschaft beeinflusst Film und Film<br />

die Wissenschaft“, fasst Krautschick zusammen.<br />

Ob Wissenschaft im Film positiv o<strong>der</strong> negativ dargestellt wird, hängt<br />

für die beiden Dozenten mit <strong>der</strong> politischen Lage zusammen. In Zeiten<br />

des Kalten Kriegs galt sie wegen <strong>der</strong> Ato<strong>mb</strong>o<strong>mb</strong>e als schlecht,<br />

nach dem 11. Septe<strong>mb</strong>er 2001 plötzlich wie<strong>der</strong> als gut. „Dies zeigt<br />

sich an den vielen Superhelden-Streifen wie ‚Spi<strong>der</strong>man‘, ‚Ironman‘<br />

o<strong>der</strong> ‚Fantastic Four‘“, konkretisiert Rudner. Gerade in Krisenzeiten<br />

wie jetzt seien Wissenschaftler beson<strong>der</strong>s gefragt. „Diese sollen die<br />

Krise – sy<strong>mb</strong>olisiert durch Monster – bekämpfen“, ergänzt Krautschick<br />

und verweist auf den voraussichtlich im Mai 2014 startenden<br />

Godzilla-Film. Um <strong>der</strong>artige Themen tiefgründiger zu erforschen,<br />

ist an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> in Zukunft ein Masterstudiengang „Film“ geplant.<br />

Für Geowissenschaftler ist das Filmgenre ebenfalls ein wachsendes<br />

Feld, nicht nur in <strong>der</strong> Kulturgeografie, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Wirtschaftsgeografie<br />

und in <strong>der</strong> Tourismusforschung. Der <strong>LMU</strong>-Professor<br />

Gordon Win<strong>der</strong> aus Neuseeland untersucht beispielsweise, wie<br />

Landschaften in Filmen dargestellt und genutzt werden. Zusammen<br />

mit Studierenden versuchte er herauszufinden, an welchen Orten<br />

„Der Herr <strong>der</strong> Ringe“ genau gedreht wurde und dabei insbeson<strong>der</strong>e,<br />

wie und für welche zusätzlichen Zwecke die fantastischen Filmlandschaften<br />

genutzt wurden. Damit wollte <strong>der</strong> Wirtschaftsgeograf<br />

analysieren, welche Rolle dieses Image in <strong>der</strong> regierungseigenen<br />

„Brand Neuseeland“-Kampagne spielte. „Nachdem <strong>der</strong> neuseeländische<br />

Kulturminister jede Gelegenheit zur Vermarktung nutzen<br />

wollte, fiel uns dabei die Rolle des Promoters zu“, erzählt Win<strong>der</strong>.<br />

Das Ergebnis: Die fantastischen Landschaftsbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Filme haben<br />

die für Neuseeland typischen grasbewachsenen Hügel mit Schafen<br />

in <strong>der</strong> Außendarstellung und Tourismuswerbung ersetzt. Die neueste<br />

Kampagne im Zusammenhang mit dem Film „Der Hobbit“ gilt<br />

als eine <strong>der</strong> erfolgreichsten in <strong>der</strong> Tourismuswerbung Neuseelands.<br />

Dass die Destination Auckland in diesem Jahr vom Reiseführer Lonely<br />

Planet in die Top Ten gewählt wurde, ist nicht zuletzt auch<br />

darauf zurückzuführen. Gleichzeitig ist das neuseeländische Unternehmen<br />

Weta zum zweitgrößten Animationsfilmproduzenten <strong>der</strong><br />

Welt gewachsen. „Dieses Beispiel steht für die erfolgreiche Verbindung<br />

von Tourismusför<strong>der</strong>ung und Projekten <strong>der</strong> Kulturindustrie“,<br />

so Win<strong>der</strong>.<br />

DER KLIMAWANDEL ALS KASSENSCHLAGER<br />

So verwun<strong>der</strong>t es nicht, wenn Geowissenschaftler für Produzenten<br />

gefragte Ansprechpartner sind. „Gerade die Geophysik spielt eine<br />

immer größere Rolle – nicht zuletzt wegen <strong>der</strong> globalen Erwärmung“,<br />

betont Stuart Gil<strong>der</strong> vom Department of Earth and Environmental<br />

Sciences <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Dies unterstreichen auch Filme wie<br />

„Volcano“, „The Core“, „The Day After Tomorrow“ o<strong>der</strong> das Tsunami-Drama<br />

„The Impossible“. Zuletzt wurde sogar <strong>LMU</strong>-Dozent Dr.<br />

Wilfried Hagg als wissenschaftlicher Berater für das Actiondrama<br />

„Gletscherblut“ gehört. In dem ZDF-Streifen ging es um eine Gletscherexplosion<br />

durch Schmelzwasser, wie sie tatsächlich 1892 am<br />

Mont Blanc in den Alpen vorgekommen ist. Dr. Hagg sollte dabei<br />

mehrere Versionen des Drehbuchs auf Plausibilität und die Effekte<br />

auf Realitätsnähe prüfen. Anschließend gab er seine Kommentare<br />

und Bedenken aus fachlicher Sicht ab. Manchmal rief auch die Autorin,<br />

<strong>der</strong> Produzent o<strong>der</strong> Regisseur bei ihm an, bevor neue Drehbuchabschnitte<br />

geschrieben wurden. „Meine Kritik wurde ernst genommen<br />

und das Drehbuch deswegen auch mehrfach geän<strong>der</strong>t“,<br />

erinnert sich <strong>der</strong> Landschaftsökologe. Der Ehrlichkeit halber müsse<br />

er aber gestehen, dass trotzdem mehrere extrem seltene Ereignisse<br />

sehr stark gehäuft auftraten. „Aber sonst“, so Hagg, „wäre es wohl<br />

kein Stoff für einen Film.“<br />

■ dl


INTERVIEW MIT CHRISTOF DECKER<br />

EINE FRAGE DER VERMITTLUNG<br />

Professor Christof Decker ist außerplanmäßiger Professor für<br />

Amerikanistik am Amerika-Institut <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Zu seinen Forschungsgebieten<br />

gehören kultur- und medienwissenschaftliche<br />

Themen, Studien zur visuellen Kultur sowie die amerikanische<br />

Literatur. Decker ist außerdem <strong>LMU</strong>-Vertrauensdozent <strong>der</strong> Fulbright<br />

Kommission und Fakultätsreferent für „Internationalisierung<br />

und Medien“.<br />

MUM: Herr Professor Decker, nimmt Wissenschaft in Kino, Film<br />

und Fernsehen eine größere Rolle ein als früher?<br />

Decker: Zunächst einmal müssen wir uns die Frage stellen, von<br />

welcher Wissenschaftlichkeit wir sprechen. Die Naturwissenschaften<br />

werden häufig thematisiert, das hat eine lange Tradition. Es<br />

gibt eigene Sendeformate, aber auch Figuren, die für naturwissenschaftliche<br />

Forschung stehen. Der „Mad Scientist“, <strong>der</strong> sich zu einer<br />

Art Schöpferfigur erhoben hat, ist ein altes Stereotyp aus Science<br />

Fiction-Erzählungen. Wenn wir über Geisteswissenschaften reden,<br />

befinden wir uns auf einer an<strong>der</strong>en Ebene. Für diesen Bereich kann<br />

als Analogie in fiktionalen Formen das Verbrechen gelten. Geisteswissenschaftler<br />

stecken in Detektivfiguren, die anhand von Spuren<br />

versuchen, die Genese eines Tathergangs zu entschlüsseln – ein<br />

hermeneutischer Prozess. Für beide Ebenen kann man von einer<br />

Zunahme an Darstellungsformen sprechen.<br />

MUM: Wie erklären Sie sich das gestiegene Interesse an wissenschaftlichen<br />

Themen?<br />

Decker: Dafür sehe ich zwei Gründe: Zum einen existiert in heutigen<br />

Gesellschaften, die Erfahrungen immer stärker über Medien<br />

vermittelt bekommen, ein unglaublicher Hunger nach Realitätsbezügen.<br />

Das sieht man an <strong>der</strong> Zunahme von Spartensen<strong>der</strong>n wie dem<br />

Discovery Channel und erfolgreichen Dokumentarfilmen wie „Eine<br />

unbequeme Wahrheit“ mit Al Gore, die naturwissenschaftlich argumentieren.<br />

Zum an<strong>der</strong>en hat es im Bereich des Fernsehens eine<br />

Zunahme an realistischen Erzählformen gegeben. Dabei versucht<br />

man, fiktionale Szenarien authentischer und glaubhafter darzustellen.<br />

Letzteres gilt allerdings stärker für den amerikanischen Kontext,<br />

wo Serien wie „The Wire“ eine Art „goldenes Zeitalter“ des<br />

Fernseherzählens eingeläutet haben.<br />

MUM: Trotzdem entsprechen vermeintlich realistische Sendungen<br />

häufig nicht <strong>der</strong> Realität. Welche Auswirkungen hat das auf<br />

unsere Gesellschaft?<br />

Decker: Man kann in Anlehnung an die US-Krimiserie mitunter von<br />

einem „CSI-Effekt“ sprechen. Das heißt, dass eine aus bestimmten<br />

Gründen beson<strong>der</strong>s attraktive fiktive Repräsentation eines Vorgangs<br />

so einflussreich wird, dass sie die Erwartungshaltungen an reale<br />

Prozesse prägt – etwa im juristischen Bereich. Das kann problematisch<br />

sein, weil es häufig nichts mit <strong>der</strong> tatsächlichen Praxis zu tun<br />

hat. In dokumentarischen Beiträgen geht es hingegen – wie in <strong>der</strong><br />

Wissenschaft – weniger um absolute Wahrheit o<strong>der</strong> Wirklichkeitstreue<br />

als um das Zusammenspiel von guter Argumentation und<br />

überzeugenden Beweisen. Das sehe ich positiv.<br />

MUM: Kann denn Wissenschaft überhaupt realistisch dargestellt<br />

werden, ohne dass die Zuschauer abschalten?<br />

Decker: Das ist eine zentrale Frage für die Vermittlung wissenschaftlicher<br />

Erkenntnis. Was wir feststellen ist, dass sowohl Naturals<br />

auch Geisteswissenschaften zum Teil so hochgradig spezialisiert<br />

sind, dass sie selbst von Fachleuten nicht mehr nachvollzogen werden<br />

können. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie weit die Popularisierung<br />

des Wissens gehen sollte: Natürlich darf Wissenschaft nicht<br />

so stark vereinfacht o<strong>der</strong> verfälscht werden, dass sie nicht mehr wie<strong>der</strong>erkennbar<br />

ist. Aber dass man als Wissenschaftler sagt, komplexe<br />

Prozesse sind nicht mehr vermittelbar, wäre eine Kapitulation. Man<br />

sollte sich daher schon <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung stellen, komplizierte<br />

Zusammenhänge auch für ein nicht vorgebildetes Publikum bar zu machen.<br />

■ Interview: verstehdl<br />

maraund<strong>der</strong>feuerbringer.de<br />

www.thedox.de<br />

labcoatsinhollywood.com<br />

larsrobertkrautschick.wordpress.com<br />

bit.ly/Marvels_The_Avengers<br />

www.diefilmg<strong>mb</strong>h.de/presse/ph_gletscherblut.pdf<br />

N R . 1 • 2014 THEMA<br />

9


N R . 1 • 2014 ESSAY<br />

10<br />

ESSAY<br />

DER DEMOGRAFISCHE WANDEL UND DIE HOCHSCHULEN<br />

AKADEMISIERT SCHRUMPFEN<br />

Für die Hochschulen scheint die Rede vom demografischen Wandel <strong>der</strong>zeit etwas paradox: Die Nachwachsenden<br />

werden weniger, aber die Studierenden mehr. Allerdings: nicht an jedem Ort und nicht in<br />

jedem Studiengang. Denn <strong>der</strong> demografische Wandel verläuft regional selektiv und mit unterschiedlicher<br />

Intensität.<br />

1 Professor Peer Pasternack ist<br />

Direktor des Instituts für Hochschulforschung<br />

(HoF) an <strong>der</strong> Universität<br />

Halle-Wittenberg. Der Sozialwissenschaftler<br />

war unter an<strong>der</strong>em<br />

Gründungsgeschäftsführer <strong>der</strong><br />

Leipziger Universitätsverlag G<strong>mb</strong>H,<br />

Staatssekretär für Wissenschaft und<br />

Forschung im Senat Berlins sowie<br />

Forschungsdirektor des HoF. In seiner<br />

Forschung befasst sich Pasternack<br />

unter an<strong>der</strong>em mit den Themen<br />

Hochschulorganisation und -reform,<br />

Qualitätsentwicklung sowie Bildung<br />

im demografischen Wandel.<br />

Rau<strong>mb</strong>ezogen bewirkt <strong>der</strong> demografische Wandel<br />

eine Polarisierung in demografische Schrumpfungsgebiete<br />

einerseits und Wachstumszonen<br />

bzw. -inseln an<strong>der</strong>erseits. Die Bevölkerungsentwicklungen<br />

korrespondieren mit den jeweiligen<br />

wirtschaftlichen Situationen. In <strong>der</strong> Perspektive<br />

<strong>der</strong> Regionalentwicklung ergeben sich so Prosperitätszonen<br />

bzw. -inseln und Stagnations- bzw. Abschwungkorridore.<br />

Manche Gegenden in Deutschland<br />

sind mittlerweile so dünn besiedelt, dass sie<br />

nach UN-Kriterien als unbewohnt gelten.<br />

In den demografisch beson<strong>der</strong>s herausgefor<strong>der</strong>ten<br />

Regionen gibt es eher kleine o<strong>der</strong> keine Hochschulen,<br />

folglich auch keine hohe Studierendendichte.<br />

Die hochschulinduzierte wissensintensive Dienstleistungsnachfrage<br />

ist gedämpft, ebenso das <strong>der</strong>artige<br />

Gründungsgeschehen. Außeruniversitäre<br />

Forschung wird eher durch ausstellungsvorbereitende<br />

Arbeiten des örtlichen Naturkundemuseums<br />

repräsentiert als durch Max-Planck-Institute.<br />

Verdichtungen von Hochtechnologieunternehmen<br />

kommen nur ausnahmsweise vor. Dementsprechend<br />

verhält es sich auch mit dem Konzentrationsgrad<br />

an FuE-intensiver o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitiger<br />

Hochqualifikationsbeschäftigung. Die Informations-<br />

und Medienwirtschaft beschränkt sich vornehmlich<br />

auf lokale bzw. regionale Bedürfnisbefriedigung.<br />

Das kulturelle Leben wird durch ein<br />

traditional-bildungsbürgerliches Milieu dominiert<br />

statt durch innovationsgeneigte Avantgardisten.<br />

Ungebrochen hingegen ist <strong>der</strong> Drang in die Städte,<br />

darunter insbeson<strong>der</strong>e die großen. Damit ist<br />

die für Hochschulen wichtigste Entwicklung benannt.<br />

Während sich Fertilität und Mortalität, das<br />

heißt vor allem das Ansteigen <strong>der</strong> Lebensalter,<br />

überall ähnlich entwickeln, ist die Mobilität sehr<br />

unterschiedlich: Studentische Zuwan<strong>der</strong>ung in die<br />

Städte geht einher mit Abwan<strong>der</strong>ung aus ländlich<br />

geprägten, am stärksten aus peripheren, das heißt<br />

entwicklungsdefizitären Regionen.<br />

In den Problemregionen stellen Hochschulen, da<br />

öffentlich finanziert, die einzigen stabilen Einrichtungen<br />

dar, die ihre Sitzregionen an die überregionalen<br />

Kontaktschleifen des Wissens anschließen<br />

und junge Leute mit gesteigerten Bildungsaspirationen<br />

in <strong>der</strong> Region halten können. Sie sichern<br />

damit die Resonanzfähigkeit <strong>der</strong> Regionen für wissensbasierte<br />

Entwicklungen o<strong>der</strong> stellen diese her.<br />

Sie sind dort ein zentrales Verödungshemmnis.<br />

Auch heute schon macht den Hochschulen in diesen<br />

Regionen Abwan<strong>der</strong>ung zu schaffen, nämlich<br />

in weniger nachgefragten Studiengängen, die zum<br />

Teil mit Unterauslastungssituationen konfrontiert<br />

sind. Insgesamt aber verteilen sich gegenwärtig<br />

die Studierenden so, dass fast alle deutschen<br />

Hochschulen im Durchschnitt ihrer Fächer gut<br />

bis überausgelastet sind. Dabei handelt es sich<br />

in vielen Regionen allerdings um Überlaufeffekte.<br />

Sobald sich die Studiennachfrage nur ein wenig<br />

entspannt, ist eines zu erwarten: Das traditionelle<br />

(Im-)Mobilitätsverhalten <strong>der</strong> Studienanfänger wird<br />

wie<strong>der</strong> zum Tragen kommen. Herkömmlich studieren<br />

etwa 70 Prozent <strong>der</strong> Studierenden im 100-Kilometer-Umkreis<br />

ihres Heimatortes, sobald sie dort<br />

nur einen ihrer Wunschstudiengänge vorfinden.


Gesteigerte Heterogenität <strong>der</strong> Studierenden birgt erhöhte Studienabbruchrisiken.<br />

Hier entsteht die Aufgabe, die Heterogenität zu<br />

verarbeiten, ohne die Studienabbrecherzahlen steigen zu lassen.<br />

Die Studienanfängerprognosen sowohl <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) als auch des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) sagen<br />

für die nächsten Jahre eine gewisse Entspannung <strong>der</strong> Studiennachfrage<br />

voraus. Gab es 2012 bundesweit 493.500 Studienanfänger-<br />

und -anfängerinnen, so werden für 2015 467.000 (KMK) bzw.<br />

453.000 (CHE) prognostiziert, für 2020 449.500 (KMK) bzw. 425.000<br />

(CHE). Damit besteht die Aussicht, dass sich in vielen Studiengängen<br />

die Überlast reduzieren wird.<br />

Der Rückgang <strong>der</strong> Studiennachfrage wird jedoch kaum die Großstadthochschulen<br />

betreffen. Sie verfügen über eine ungebrochene<br />

Anziehungskraft, weil sie in einer Großstadt sitzen. Das heißt zugleich:<br />

Ihre Attraktivität resultiert weniger aus ihrer Leistungsstärke<br />

– welche die Studienanfänger und -anfängerinnen in <strong>der</strong> Regel nicht<br />

angemessen einschätzen können. Sie resultiert vielmehr aus dem<br />

Image <strong>der</strong> Stadt, <strong>der</strong> richtige Ort für eine selbstbestimmte Lebensphase<br />

zu sein. Etwas burschikos zugespitzt: Um diesen Standortvorteil<br />

zu erhalten, müssen die Großstadthochschulen lediglich darauf<br />

achten, dass ihr jeweiliges Hochschulimage das Stadtimage nicht<br />

so dramatisch unterschreitet, dass es zu negativen Überlagerungseffekten<br />

käme. Nachfrageprobleme jedenfalls sind für Großstadthochschulen<br />

nicht zu erwarten, allenfalls eine gewisse Entspannung<br />

<strong>der</strong> Überlast.<br />

In einer an<strong>der</strong>en Hinsicht jedoch dürften auch die Hochschulen in<br />

großen Städten den demografischen Wandel zu spüren bekommen:<br />

Absehbar steigert sich die Heterogenität <strong>der</strong> Studierendenschaft.<br />

Die Ursachen: Mobilität als einer <strong>der</strong> drei Faktoren <strong>der</strong> demografischen<br />

Entwicklung ist nicht allein Binnenmobilität, son<strong>der</strong>n auch<br />

Zuwan<strong>der</strong>ung von außen. Eine entsprechende Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bevölkerungszusammensetzung<br />

vollzieht sich seit Jahrzehnten. Obwohl<br />

es hier noch Handlungsbedarf gibt, erhöhen sich mittlerweile<br />

in den zweiten und dritten Zuwan<strong>der</strong>ergenerationen spürbar die<br />

erworbenen Studienberechtigungen. Daneben gibt es demografische<br />

Sekundäreffekte mit Auswirkungen auf die Hochschulen: die<br />

Zunahme von Studierenden mit Kin<strong>der</strong>n infolge <strong>der</strong> Pluralisierung<br />

von Lebensentwürfen; <strong>der</strong> verstärkte Drang nach Hochschulbildung<br />

im Alter als Ausdruck gesteigerter Teilhabewünsche <strong>der</strong> „jungen<br />

Alten“; die zunehmende Zahl von Studierenden, die in familiäre<br />

Pflegeaufgaben eingebunden sind; Rückkehrer aus dem Beruf an<br />

die Hochschule, etwa für ein Masterstudium.<br />

Eine konkurrierende Position dazu ist, dass die Studierendenzahlen<br />

insgesamt zu hoch seien und auf ihre Reduzierung hingewirkt werden<br />

müsse. Das drückt sich etwa in <strong>der</strong> populären Ansicht aus, ein<br />

Drittel <strong>der</strong> Studierenden sei gar nicht studierfähig. Allerdings war<br />

diese Meinung bereits im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t verbreitet. Damals besuchte<br />

ein Prozent eines Altersjahrgangs (zwei Prozent <strong>der</strong> jungen<br />

Männer, Frauen durften noch nicht studieren) eine Universität. Heute<br />

sind es über 40 Prozent. Man wird daher vermuten können, dass die<br />

Neigung verbreitet ist, jeweils das leistungsschwächste Drittel <strong>der</strong><br />

Studierenden als nicht studierfähig einzuschätzen.<br />

Ob es zu viele Studierende gibt, wird man eher im Lichte wissensgesellschaftlicher<br />

Entwicklungen betrachten müssen. Die Komplexität<br />

<strong>der</strong> Berufsrollen nimmt zu. Es ist normal, im Berufsleben folgelastige<br />

Entscheidungen treffen zu müssen, das heißt solche Entscheidungen,<br />

die nicht nur für einen selbst, son<strong>der</strong>n für große Gruppen<br />

von Menschen Wirkungen entfalten. Permanent sind im beruflichen<br />

Handeln Normenkonflikte auszutragen, etwa zwischen Effektivität<br />

und Nachhaltigkeit o<strong>der</strong> zwischen Haushaltsdisziplin und Sozialverträglichkeit.<br />

Daher nimmt im beruflichen Alltag die Notwendigkeit<br />

zu, Situationen jenseits <strong>der</strong> Routine zu bewältigen. Eine Kontaktinfektion<br />

mit Wissenschaft gilt als Voraussetzung, um berufliche<br />

Rollen ausfüllen zu können, für die Checklistenwissen nicht genügt.<br />

Insofern sind wohl zwei Probleme zu trennen: <strong>der</strong> gesellschaftliche<br />

Qualifikationsbedarf einerseits und die Eingangsvoraussetzungen,<br />

mit denen Studienanfängerinnen und -anfänger von Familie und<br />

Schule ausgestattet werden, an<strong>der</strong>erseits. Der Qualifikationsbedarf<br />

bildet sich darin ab, dass das Beschäftigungssystem seit Jahrzehnten<br />

die steigenden Akademikeranteile absorbiert, ohne die Einkommensvorteile<br />

<strong>der</strong> akademisch Ausgebildeten gegenüber Nichtakademikern<br />

abzubauen. Marktökonomisch formuliert: Die Nachfrage passt<br />

sich an das steigende Angebot an, aber nicht zu fallenden Preisen.<br />

Die unzulängliche Vorbereitung auf ein Studium hingegen stellt<br />

ein Problem dar, das nicht die Hochschulen lösen können, son<strong>der</strong>n<br />

gesellschafts- und schulpolitisch zu bearbeiten ist. Die Lösung zu<br />

unterlassen, würde gerade in <strong>der</strong> demografischen Schrumpfungssituation,<br />

in <strong>der</strong> sich Deutschland befindet, auf eine Absenkung des<br />

durchschnittlichen Qualifikationsniveaus <strong>der</strong> Bevölkerung hinauslaufen.<br />

Getestet worden ist so etwas noch nicht. Einen entsprechenden<br />

gesellschaftlichen Großversuch zu starten hat bislang kein Land<br />

unternommen (abgesehen von Ka<strong>mb</strong>odscha unter den Roten Khmer<br />

mit <strong>der</strong> Massenliquidierung seiner Akademiker). Ob sich Deutschland<br />

diesen ergebnisungewissen Test leisten sollte, mag hier als<br />

offene Frage diese Wortmeldung beschließen.<br />

N R . 1 • 2014 ESSAY<br />

11


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

12<br />

UNFALLFORSCHUNG AN DER <strong>LMU</strong><br />

VERKEHRSTOD VERHINDERN<br />

Die Unfallforscher um Dr. Wolfram Hell vom Institut für Rechtsmedizin<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und Professor Hans Bäumler von <strong>der</strong> Hochschule<br />

München versuchen mit ihrer Arbeit, tödliche Crashs zu<br />

verhin<strong>der</strong>n. Dafür analysieren sie bereits geschehene Verkehrsunfälle.<br />

Die Ergebnisse dienen unter an<strong>der</strong>em zur Optimierung<br />

von Sicherheitssystemen. Allerdings rennen sie damit nicht immer<br />

offene Türen ein.<br />

Unbekümmert fährt <strong>der</strong> Lkw-Fahrer seinen Kipplaster auf die Vorfahrtsstraße<br />

und bleibt Sekunden später mit dem 16 Tonnen schweren<br />

Gefährt stehen – mit Blick in die Richtung, aus <strong>der</strong> er eben gekommen<br />

ist: Denn <strong>der</strong> Lastwagen hat sich durch die Aufprallwucht<br />

des mit Tempo 70 ankommenden Kleinwagens um 180 Grad gedreht.<br />

Dessen Insassen: eine Mutter und ein älteres Kind auf Fahrer- und<br />

Beifahrersitz, ein 24 Monate altes Kleinkind im Kin<strong>der</strong>sitz auf <strong>der</strong><br />

Rückbank. Die gute Nachricht: Alle drei haben überlebt – trotz extremer<br />

Deformation des Fahrzeugs erlitten die Insassen in <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en<br />

Fahrgastzelle sogar „nur“ mittlere bis leichte Verletzungen. Die<br />

schlechte Nachricht: Das Kleinkind ist querschnittsgelähmt, obwohl<br />

<strong>der</strong> Fond des Autos kaum Beschädigungen aufweist. „Das Problem<br />

war <strong>der</strong> achtzehn Jahre alte Kin<strong>der</strong>sitz mit viel zu lockeren Gurten“,<br />

sagt <strong>der</strong> Mediziner und Unfallforscher Dr. Wolfram Hell, <strong>der</strong> unter<br />

an<strong>der</strong>em die Stiftung Warentest im Bereich Kin<strong>der</strong>sicherheit unterstützt:<br />

Der kleine Junge sei schlicht und ergreifend nicht ausreichend<br />

gesichert gewesen.<br />

Professionell schlicht und wenig ergreifend schil<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong><br />

Medizinisch Biomechanischen Unfallanalyse (MBU) am Institut für<br />

Rechtsmedizin <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> dieses als eines von vielen Beispielen, mit<br />

denen er täglich zu tun hat – mit einem Unterschied: In <strong>der</strong> Regel<br />

haben die Beteiligten <strong>der</strong> Unfälle, die er und sein Team untersuchen,<br />

nicht überlebt.<br />

UNFALLANALYSE INTERDISZIPLINÄR<br />

Im Unfallforschungs- o<strong>der</strong> kurz „Ufo-Labor“ im zweiten Stock <strong>der</strong><br />

Rechtsmedizin in <strong>der</strong> Nußbaumstraße arbeiten die Doktoranden<br />

und Diplomanden von Professor Hans Bäumler aus dem Bereich<br />

Fahrzeugtechnik von <strong>der</strong> Hochschule München, <strong>der</strong> zusammen mit<br />

Wolfram Hell die medizinisch-biomechanischen Analysen durchführt.<br />

Das heißt, die Forscher fokussieren sich gleichsam interdiszip-<br />

linär auf alle Kausalitäten, die zu einem Crash geführt haben, indem<br />

sie Unfallkraftwagen auf Beschädigungen, technische Mängel und<br />

gleichzeitig auch die tödlich Verunglückten mittels Obduktion, sofern<br />

diese angeordnet wird, auf Grad und Art <strong>der</strong> Verletzung sowie<br />

den Zustand des Fahrers beim Unfall hin untersuchen.<br />

Dabei widmen sich die Teammitglie<strong>der</strong> ganz unterschiedlichen Projekten:<br />

Doktorand Klaus Bauer etwa simuliert Fahrradunfälle und<br />

Diplomand Florian Plöchinger beschäftigt sich mit Abbiegeunfällen.<br />

Die Daten von tödlichen Verkehrsunfällen und <strong>der</strong>en Opfern – von<br />

ihnen landen jährlich rund 150 auf den Obduktionstischen im Untergeschoss<br />

des Gebäudes – führt Doktorand Michael Rasch in <strong>der</strong><br />

sogenannten Sicherheits-Unfall-Datenbank, kurz SUD, zusammen:<br />

„Wir haben einige Jahrgänge mittlerweile lückenlos erfasst“, erklärt<br />

er. Ob Unfallhergang, Wetterbedingungen, technischer Zustand des<br />

Pkw, Zustand des Fahrers sowie die Verletzungen, die zum Tode<br />

führten – alle relevanten Daten werden in <strong>der</strong> SUD präzise abgebildet.<br />

Da ist die bei Tempo 200 gebrochene Karbon-Keramik-Bremsscheibe<br />

des teuren Sportschlittens genauso dokumentiert wie <strong>der</strong><br />

Herzinfarkt eines Unfallfahrers, die verstopfte Bremsleitung ebenso<br />

wie <strong>der</strong> Blutalkoholgehalt eines Rasers und die weit überhöhte Geschwindigkeit<br />

seines schleu<strong>der</strong>nden Wagens, den eine Hauswand<br />

schließlich stoppte.<br />

„Wenn wir technische Mängel bei bestimmten Fahrzeugtypen als<br />

unfallkausal erkannt haben“, erläutert Wolfram Hell, „dann geben<br />

wir das an die Überwachungsvereine weiter. Denn dass etwa eine<br />

Bremsleitung nach und nach verstopfen kann, weil bei <strong>der</strong> Herstellung<br />

billigste Materialien verbaut wurden, ist bei <strong>der</strong> regelmäßigen<br />

Hauptuntersuchung nicht unbedingt festzustellen.“ Die Münchener<br />

Unfallforscher haben deswegen auch die Firma Fahrzeugsystemdaten<br />

Technik G<strong>mb</strong>H (FSD) in Dresden als Partner. Zu ihr gehören<br />

alle technischen Überwachungsvereine Deutschlands. Die Vorgaben<br />

<strong>der</strong> FSD müssen bei Kfz-Untersuchungen berücksichtigt werden.<br />

WICHTIGE ARGUMENTATIONSGRUNDLAGE<br />

Die meisten Unfälle werden aber nicht durch die Technik verursacht.<br />

In 70 bis 80 Prozent ist <strong>der</strong> Mensch selbst schuld: Alkohol und zu<br />

hohe Geschwindigkeiten sind die häufigsten Ursachen für tödliche<br />

Unfälle. Aber auch Crashs aus medizinischen Gründen steigen.


Wolfram Hell: „Bei 39 Prozent <strong>der</strong> über 65-jährigen Männer sind<br />

akute gesundheitliche Probleme <strong>der</strong> Grund für tödliche Unfälle –<br />

zum Beispiel durch einen Herzanfall während <strong>der</strong> Fahrt.“<br />

Alle diese Daten erfasst die SUD, die sukzessive erweitert wird.<br />

Das macht sie nicht nur zu einem wichtigen Hilfsmittel für TÜV<br />

und Co. Sie ist zudem eine unverzichtbare Argumentationshilfe vor<br />

allem gegenüber <strong>der</strong> Autoindustrie, ihre Produkte noch sicherer zu<br />

machen – ganz gleich, ob das die Fahrzeugstruktur o<strong>der</strong> hilfreiche<br />

Assistenzsysteme betrifft, die etwa den Ausfall des Fahrers durch<br />

Kollaps erkennen, das Auto abbremsen und am Straßenrand zum<br />

Stehen bringen. „Obwohl die Pkw natürlich schon sehr viel besser<br />

und sicherer geworden sind, gibt es immer noch viel Potenzial. Hier<br />

ist manchmal lei<strong>der</strong> viel Überzeugungsarbeit nötig“, sagt Wolfram<br />

Hell. „Sicherheitsmaßnahmen o<strong>der</strong> -nachbesserungen sind kostspielig<br />

und mitunter schwer zu vermitteln.“ Auch ein gut verlaufener<br />

Crashtest, <strong>der</strong> natürlich schon sehr aussagekräftig sei, reiche<br />

nicht, weiß <strong>der</strong> Mediziner. „Denn so traurig es auch ist: Man sieht<br />

die Optimierungspotenziale nur, wenn man die Unfälle analysiert<br />

und die richtigen Schlüsse daraus zieht.“<br />

Dass er sich mit seinen Forschungsergebnissen und den daraus<br />

resultierenden For<strong>der</strong>ungen nicht immer Freunde bei <strong>der</strong> Autoindustrie<br />

macht, das Risiko geht <strong>der</strong> 54-Jährige, <strong>der</strong> auch Mitglied im<br />

Deutschen Verkehrssicherheitsrat ist, gerne ein: „Wir forschen hier<br />

nicht zum Selbstzweck o<strong>der</strong> für die Bibliothek. Wir wollen etwas<br />

verbessern, wir wollen Menschenleben retten.“<br />

SICHERHEIT GERNE – WENN SIE NICHTS KOSTET<br />

Regelrecht ungehalten macht ihn allerdings die Verweigerung einiger<br />

Lkw-Hersteller, ihre Fahrzeuge zum Beispiel mit technisch<br />

seit Jahren realisierbaren Abbiegeassistenten auszustatten. Denn<br />

Unfälle, bei denen <strong>der</strong> Radfahrer auf dem Radweg vom Fahrer des<br />

rechts abbiegenden Lkw nicht gesehen und überrollt wird, gehören<br />

schon zu den Klassikern: „Es vergeht kaum ein Monat, wo unten“,<br />

Hell deutet in Richtung <strong>der</strong> Obduktionsräume, „nicht jemand liegt,<br />

<strong>der</strong> auf diese Art und Weise umgekommen ist. Denn die Überlebenschancen<br />

für die Radfahrer sind hier gleich null.“<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

13<br />

1 Mittlerweile ein „Klassiker“ unter den tödlichen Verkehrsunfällen:<br />

Der Abbiegeunfall von Lkw und Radfahrer in <strong>der</strong> Computersimulation.<br />

1 Der Fahrradfahrer wird vom Lkw-Fahrer kaum gesehen. Abbiegeassistenten<br />

könnten Abhilfe schaffen und Menschenleben retten.


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

14<br />

Fakt ist, dass Lkw-Fahrer trotz neuer Spiegel, die den toten Winkel<br />

besser einsehbar machen sollen, den rechts passierenden Radfahrer<br />

nur Bruchteile von Sekunden wahrnehmen – wenn sie sich nicht<br />

gerade an<strong>der</strong>weitig konzentrieren müssen. Außerdem: „Die Spezialspiegel<br />

helfen wenig, sie verzerren meistens, was eine Entfernungsschätzung<br />

schwer macht“, sagt Diplomand Florian Plöchinger, während<br />

er mit einem speziellen Computerprogramm einen typischen<br />

Abbiegeunfall simuliert. Das Programm ermöglicht auch einen Blick<br />

aus <strong>der</strong> Fahrerkabine. Und tatsächlich: Nur ganz kurz erscheint <strong>der</strong><br />

Radfahrer in den immerhin drei Spiegeln, von <strong>der</strong> Kollision selbst<br />

bekommt <strong>der</strong> Lkw-Fahrer gar nichts mit. „Ein Abbiegeassistent, <strong>der</strong><br />

mithilfe von Kameras und Alarm warnt, würde hier sehr helfen“,<br />

sagt Wolfram Hell. Jüngst war er mit diesem Anliegen bei einem<br />

Lkw-Zulieferer; dort hieß es lapidar: „Ist kein Markt. Viel zu geringe<br />

Stückzahlen.“<br />

Dass es auch an<strong>der</strong>s geht, zeigt die Baumaschinenindustrie: Hier<br />

müssen mittlerweile Kamerasysteme eingebaut werden, die verhin<strong>der</strong>n,<br />

dass Baufahrzeuge, etwa beim Zurücksetzen, Menschen<br />

überrollen. „Zusammen mit den Überwachungsvereinen und den<br />

Berufsgenossenschaften wollen wir das bei den Lkw-Herstellern<br />

auch durchsetzen“, betont Hell.<br />

BESSER MIT HELM<br />

Einen Abbiegeunfall überlebt <strong>der</strong> Radfahrer in <strong>der</strong> Regel nicht. Da<br />

nützt auch ein Helm nichts. Dennoch kann er Leben retten, weiß<br />

Klaus Bauer. Der Doktorand hat ein Programm entwickelt, mit dem<br />

er Fahrradstürze auf Basis von Realunfällen simulieren und genau<br />

analysieren kann – herunterskaliert bis auf die kleinste verletzte<br />

Schädelregion. Dazu nutzt er das sogenannte Straßburger Kopfmodell,<br />

das den menschlichen Schädel in 65.000 Teile zerlegt. „Damit<br />

lassen sich viel bessere Erkenntnisse über die Verletzung erzielen“,<br />

erklärt Bauer, <strong>der</strong> selbst begeisterter Fahrrad- und Motorradfahrer<br />

ist. „Von verletzten Fahrradfahrern hatten über 50 Prozent Kopfverletzungen<br />

und 70 Prozent davon sind daran gestorben“, erläutert<br />

Bauer seine Untersuchungen. Mit Helm hätte dies in vielen Fällen<br />

verhin<strong>der</strong>t werden können. Und noch eine Entdeckung hat Bauer<br />

gemacht: „Ältere Menschen halten bei Kopfverletzungen viel weniger<br />

aus als Jüngere.“ Ein interessanter Aspekt bei <strong>der</strong> Debatte um<br />

die Einführung <strong>der</strong> Helmpflicht – vor allem vor dem Hintergrund des<br />

Siegeszugs <strong>der</strong> sehr schnellen und vor allem bei älteren Menschen<br />

beliebten Pedelecs.<br />

Die Arbeit <strong>der</strong> Unfallforscher von <strong>LMU</strong> und Hochschule hat nicht<br />

nur einen extrem hohen Anwendungsbezug – sie ist auch von volkswirtschaftlichem<br />

Nutzen, wie Dr. Wolfram Hell betont. Er selbst<br />

mag diesen Vergleich nicht beson<strong>der</strong>s, weiß aber, dass so etwas<br />

politische Entscheidungsträger beeindrucken kann: „Ein einziger<br />

Unfalltoter bedeutet einen volkswirtschaftlichen Schaden von ein<br />

bis drei Millionen Euro. Es gehen also in Deutschland jährlich rund<br />

vier bis acht Milliarden Euro verloren.“ Unverständlich daher für<br />

ihn, dass die Verletzungsprävention bei den Gesundheitsausgaben<br />

weit hinter Krebs- sowie Herz- und Kreislauferkrankungen rangiert.<br />

„Wir brauchen die Unfallforschung. Wir können das im Labor nicht<br />

nachstellen.“<br />

■ cg


Schnelle und wirkungsvolle För<strong>der</strong>ung von Forschung und<br />

Lehre an <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität – das ist unser<br />

Engagement. 1922 gegründet, sind wir nicht nur eine <strong>der</strong> ältesten<br />

För<strong>der</strong>gesellschaften Deutschlands, son<strong>der</strong>n auch eine <strong>der</strong> größten.<br />

Helfen Sie mit! Werden Sie Mitglied o<strong>der</strong> helfen Sie mit einer Spende.<br />

Je<strong>der</strong> Euro kommt voll und ganz <strong>der</strong> Forschung und Ausbildung an<br />

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absetzbar wie jede Spende. Ein höherer Betrag als <strong>der</strong> Mindestbeitrag<br />

ist uns natürlich sehr willkommen.<br />

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• die Forschungszeitschrift Einsichten<br />

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Universitäts gesellschaft und <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />

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Ich interessiere mich für das Seniorenstudium an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Bitte senden Sie mir künftig<br />

das Vorlesungsverzeichnis zum Seniorenstudium zu.<br />

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16<br />

PROFESSOR LORENZ ERHÄLT DEN ARS-LEGENDI-PREIS<br />

LEHRE MIT SPASS UND STRUKTUR<br />

Das Jurastudium an sich steht nicht in dem Ruf, beson<strong>der</strong>s unterhaltsam zu sein. Bei Lehrenden wie<br />

Professor Stephan Lorenz, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht<br />

und Rechtsvergleichung an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, sieht das an<strong>der</strong>s aus – nicht nur wegen <strong>der</strong> plakativen<br />

Fälle, die er in seinen Vorlesungen zuweilen zitiert. Für seine exzellente Hochschullehre erhielt<br />

er im Nove<strong>mb</strong>er den Ars-legendi-Preis 2013.<br />

„Ich weiß nicht, ob Sie heute Morgen physisch, psychisch und intellektuell<br />

schon in <strong>der</strong> Lage waren, Zeitung zu lesen“, beginnt Stephan<br />

Lorenz seine Grundkursvorlesung Zivilrecht. „Ich schon – und bin<br />

umgefallen vor Lachen.“ Per Folie zeigt er den entsprechenden Artikel:<br />

Ein grimmig dreinschauen<strong>der</strong> polnischer Abgeordneter will<br />

einen im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t gewährten Kredit, damals in Golddukaten<br />

gewährt, nun von <strong>der</strong> spanischen Regierung zurückfor<strong>der</strong>n. „Zivilrechtliche<br />

Ansprüche verjähren nicht“, wird <strong>der</strong> Mann zitiert. Professor<br />

Lorenz kann das Lachen jetzt wirklich nicht mehr zurückhalten<br />

und erklärt den rund dreihun<strong>der</strong>t Studierenden: „Ich hoffe, Sie<br />

wissen seit gestern, dass das an<strong>der</strong>s ist: Zivilrechtliche Ansprüche<br />

verjähren in drei Jahren.“ Kaum jemand in seiner Vorlesung zum<br />

Thema Schuldrecht dürfte diese Frist jemals vergessen – und das<br />

auch dank eines unterhaltsamen Beispiels.<br />

„Ich will den Studierenden klar machen: Alles ist Jura“, sagt Professor<br />

Lorenz an<strong>der</strong>ntags in seinem lichten Büro an <strong>der</strong> Veterinärstraße.<br />

„Der ‚Tatort‘, <strong>der</strong> Artikel in <strong>der</strong> Zeitung, <strong>der</strong> Koalitionsvertrag<br />

bei <strong>der</strong> Regierungsbildung.“ Tagesaktuelle Beispiele, die zum Stoff<br />

passen, bringt er deshalb direkt mit in die Vorlesung und ordnet sie<br />

für die Studierenden ein; später können sie das Erlernte mit den<br />

umfangreichen, sorgfältig geordneten Materialien auf seiner Internetseite<br />

rekapitulieren – o<strong>der</strong> sich die Vorlesung per Podcast gleich<br />

noch einmal anhören. Zwar sei er ein Verfechter <strong>der</strong> Präsenzlehre.<br />

„Aber das Internet kann die Präsenzlehre unterstützen.“


EINE WÜRDIGUNG DER HOCHSCHULLEHRE<br />

Für seine exzellente Lehre hat <strong>der</strong> Juraprofessor im Nove<strong>mb</strong>er vergangenen<br />

Jahres den „Ars-legendi-Preis 2013“ erhalten. Dieser wird<br />

jährlich auf Vorschlag <strong>der</strong> Hochschulrektorenkonferenz vom Stifterverband<br />

für die Deutsche Wissenschaft verliehen und würdigt die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Lehre für die Heranbildung des akademischen Nachwuchses.<br />

Nachdem <strong>der</strong> mit 50.000 Euro dotierte Preis bislang in<br />

jährlich wechselnden Disziplinen vergeben worden war – zuvor etwa<br />

an den <strong>LMU</strong>-Wirtschaftswissenschaftler Professor Joachim Winter<br />

sowie den Mediziner und ehemaligen Vizepräsidenten <strong>der</strong> Universität,<br />

Professor Reinhard Putz –, wurde er 2013 zum ersten Mal<br />

für die Studieneingangsphase verliehen. „Professor Lorenz gelingt<br />

es“, hieß es in <strong>der</strong> Begründung, „die Studienanfängerinnen und<br />

-anfänger in den rechtswissenschaftlichen Einführungsvorlesungen<br />

trotz <strong>der</strong> großen Teilnehmerzahlen für juristische Fragestellungen<br />

zu begeistern.“ Für den Preis vorgeschlagen wurde Professor Lorenz<br />

von seinen Studierenden; er teilt ihn mit Professor Manfred Hampe<br />

von <strong>der</strong> TU Darmstadt.<br />

„Gerade bei den Studienanfängern möchte ich den Gedanken erwecken:<br />

Jura ist super“, erklärt Professor Lorenz. Humor sei bei dieser<br />

Mission hilfreich. „Nicht nur, um die Leute wach zu halten, son<strong>der</strong>n<br />

auch für den Memorisierungseffekt. Gerade in <strong>der</strong> Juristerei gilt: Je<br />

grotesker ein Einzelfall, desto besser merkt man ihn sich. Und das<br />

Leben an sich ist grotesk – da muss man ja nichts erfinden.“ An<strong>der</strong>erseits<br />

sei eine Vorlesung „keine Harald-Schmidt-Show“. Die Studierenden<br />

müssten auch frühzeitig den hohen Anspruch des Fachs<br />

erkennen. Vom Stoff versucht Lorenz das Wichtigste herauszufiltern<br />

und strukturiert zu vermitteln. „Das ist harte Arbeit und verlangt<br />

eine sehr genaue Vorbereitung.“ Die Interaktion sei bei dreihun<strong>der</strong>t<br />

Studierenden natürlich schwieriger als in einem kleinen Seminar.<br />

„Aber selbst in einer großen Vorlesung sieht man, wenn den Studierenden<br />

Lichter aufgehen.“<br />

1 Professor Lorenz will die Studierenden für Jura begeistern.<br />

PODCASTS ZUR EXAMENSVORBEREITUNG<br />

Als Erster an seiner Fakultät begann Lorenz, seine Vorlesungen aufzuzeichnen<br />

und auf iTunes zur Verfügung zu stellen. „Einige Kollegen<br />

haben gesagt: ,Bist du wahnsinnig!’“ Man spreche schließlich<br />

nicht immer druckreif, sage am Ende etwas Falsches. „Aber dieser<br />

Podcast war ein Bo<strong>mb</strong>enerfolg. Auch außerhalb unserer Uni.“ Den<br />

schriftlichen Rezensionen auf iTunes zufolge nutzen ihn viele zur<br />

Examensvorbereitung – indem sie sich vergangene Vorlesungen<br />

auch ein zweites o<strong>der</strong> drittes Mal anhören. Zu sehen gibt es bei<br />

den Podcasts nur die jeweils aufgelegten Folien plus Tonspur, nicht<br />

aber Lorenz selbst: „Den Professor zu sehen hätte überhaupt keinen<br />

Mehrwert.“<br />

1 Seine Vorlesungen stellt Lorenz auch im Internet zur Verfügung.<br />

Für son<strong>der</strong>lich innovativ hält Lorenz seinen prämierten Lehrstil dabei<br />

nicht; sein Ansatz sei „eigentlich ein konservativer“. Überzeugt<br />

ist er jedoch von <strong>der</strong> Einheit von Forschung und Lehre. „Immer wie<strong>der</strong><br />

verhelfen mir die Vorlesungen auch zu neuen Denkanstößen für<br />

die Forschung – selbst von Erstsemesterstudenten. Denn niemand<br />

kann entlarven<strong>der</strong> fragen als ein Anfänger.“<br />

■ ajb<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

17<br />

www.stifterverband.org<br />

www.stephan-lorenz.de


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

18<br />

SCHÜLER ERFORSCHEN IHRE GLOBALISIERTE HEIMAT<br />

SCHMELZTIEGEL DEGGENDORF<br />

Wenn man an einen Schmelztiegel <strong>der</strong> Kulturen denkt, kommt man nicht gleich<br />

auf Traunstein, Ruhpolding o<strong>der</strong> Deggendorf. Zu Unrecht, wie dort ansässige<br />

Schüler in einem Kooperationsprojekt mit dem Institut für Bayerische Geschichte<br />

zeigen: Ihre bayerischen Heimatorte sind von an<strong>der</strong>en Kulturen stark<br />

mitgeprägt – sei es durch türkische Arbeitskräfte, russische Immigranten o<strong>der</strong><br />

Spitzensportler aus <strong>der</strong> ganzen Welt.<br />

1 In den Fotoalben <strong>der</strong> ehemaligen „Gastarbeiter“<br />

finden sich Erinnerungen an die nachtsfeste unter dem<br />

Weih-<br />

Atatürk-Porträt,...<br />

Via Skype erzählt <strong>der</strong> türkische Großvater, wie das<br />

vor 50 Jahren war, nach seiner Ankunft in Deutschland:<br />

Wie er damals mit Dolmetscher zum Arzt<br />

ging und sich beim Einkauf mit Händen und Füßen<br />

verständigte o<strong>der</strong> wie sie im Ramadan zum Beten<br />

ihre Maschinen verlassen durften... Der Enkel<br />

sitzt im elterlichen Wohnzimmer in Deggendorf,<br />

betrachtet seinen Großvater am Bildschirm und<br />

übersetzt. Er selbst lebt in Deggendorf – <strong>der</strong> Opa,<br />

<strong>der</strong> einst im Zuge <strong>der</strong> Gastarbeiteranwerbungen<br />

nach Bayern kam, ist in die Heimat zurückgekehrt.<br />

1 ...an den Alltag in <strong>der</strong> Textilfabrik...<br />

7 ...und an erste Besuche in bayerischen<br />

Supermärkten.<br />

Zu sehen ist die Szene in einem Film <strong>der</strong> Klasse<br />

10b des Robert-Koch-Gymnasiums Deggendorf. Es<br />

geht um die Geschichte <strong>der</strong> sogenannten „Gastarbeiter“<br />

in ihrem Ort, und die Gymnasiasten haben<br />

allerhand Material zusammengesucht: Schwarz-<br />

Weiß-Fotos von türkischen Arbeitern, die in den<br />

1960er-Jahren am Münchener Hauptbahnhof ankamen;<br />

Super-8-Filme vom ersten Oktoberfestbesuch<br />

mit <strong>der</strong> nachgezogenen Familie; Gemälde,<br />

Pfarrmatrikel, aber auch kurze Fernsehsequenzen.<br />

Sie haben ehemalige Arbeiter interviewt, die bei<br />

einer örtlichen Textilfirma anheuerten. Und Kabarettist<br />

Django Asül, selbst „Gastarbeiter“-Sohn<br />

und Deggendorfer Gymnasiast, erinnert sich an<br />

Besuche in den Wohnbaracken.


ERINNERUNGEN AN DIE FLUCHT<br />

Entstanden ist <strong>der</strong> Schülerfilm im Rahmen eines Projekts des Instituts<br />

für Bayerische Geschichte <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit dem Titel „Internationalisierung<br />

vor Ort nach 1945. Menschen und Schauplätze“. Professor<br />

Ferdinand Kramer, <strong>der</strong> am Historischen Seminar den Lehrstuhl für<br />

Bayerische Geschichte und Vergleichende Landesgeschichte mit<br />

beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung <strong>der</strong> Neuzeit innehat, leitet das Projekt.<br />

„Wir versuchen seit Jahren, die Außenvernetzungen Bayerns<br />

und lokaler Lebenswelten stärker in den Blick zu nehmen“, erklärt<br />

er. „Globalisierung bedeutet nicht nur vielfältige Beziehungen nach<br />

außen, son<strong>der</strong>n auch Pluralisierung vor Ort.“ Dieser Aspekt des Phänomens<br />

werde oft vernachlässigt. „Wir wollen Menschen dafür sensibilisieren,<br />

dass das, was sie als ,ihr eigenes’ verstehen, oft Anteile<br />

vieler an<strong>der</strong>er Kulturen hat.“ Dabei kooperiert man – auch wegen<br />

des hohen Anteils an Lehramtsstudierenden – mit vier bayerischen<br />

Schulen: An <strong>der</strong> Mittelschule Ruhpolding erforschte eine neunte<br />

Klasse unter Anleitung von Wissenschaftlern und Lehrkräften das<br />

Thema „Internationalisierung einer touristischen Region durch den<br />

Breiten- und Spitzensport“; Achtklässler <strong>der</strong> Reiffenstuel-Realschule<br />

Traunstein nahmen sich „Die Internationalisierung des Konsums“<br />

vor; und im elften Jahrgang <strong>der</strong> Beruflichen Oberschule Traunstein<br />

ging man den „Internationalen Bezügen in den Lebenswelten <strong>der</strong><br />

Schüler“ nach.<br />

In ihren Elternhäusern, aber auch in <strong>der</strong> Nachbarschaft und örtlichen<br />

Firmen suchten die Jugendlichen nach Quellen und Vernetzungen<br />

und zeigten ihre Funde in zwei Schulausstellungen: Unter<br />

Glas fanden sich dort Erinnerungsstücke wie eine kleine Geldbörse,<br />

die eine rumänische Familie auf ihrer Flucht begleitet hatte, Kin<strong>der</strong>trachten<br />

o<strong>der</strong> auch Musikinstrumente aus dem Wohnzimmer eines<br />

Mitschülers mit albanischem Hintergrund.<br />

„KLEINE METHODISCHE ENTDECKUNG“<br />

In Workshops lernten die Jugendlichen, ihre Fundstücke wissenschaftlich<br />

genau auszuzeichnen und Quellen nachzuweisen. Im<br />

Umgang mit dem Migrantenthema war es den Historikern zudem<br />

wichtig, die Schüler sprachlich zu sensibilisieren: „Wie viel Stereo-<br />

1 Die Ausstellung warf etwa die Frage auf, „Warum erinnern keine Straßennamen<br />

an die Heimat zugewan<strong>der</strong>ter Arbeitskräfte?“<br />

1 Unter Glas: Dinge, die die Familien einst beim Umzug bei sich hatten.<br />

typ fließt in die Sprache ein, wie viel Klischee?“ Unterstützt, nicht<br />

nur finanziell, wurde das Projekt von <strong>der</strong> Robert-Bosch-Stiftung, die<br />

Schüler mit ihrer Denkwerk-Reihe frühzeitig an Universität und Fächerwahl<br />

heranführen will; „Internationalisierung vor Ort“ ist bereits<br />

die zweite Kooperation mit dem Institut. Weitere Projektpartner von<br />

„Internationalisierung vor Ort“ sind das Institut für Europäische Ethnologie<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit Professor Irene Götz, das Archiv des Erzbistums<br />

München und Freising sowie das Museumspädagogische Zentrum<br />

München.<br />

Der Film <strong>der</strong> Deggendorfer Gymnasiasten bescherte den Wissenschaftlern<br />

auch eine von den Schülern angestoßene „kleine methodische<br />

Entdeckung“, so Professor Kramer. „Zeitzeugeninterviews mit<br />

Skype von Deggendorf aus mit den Großeltern <strong>der</strong> Schüler in Anatolien<br />

zu führen – diese Methode fanden wir, gerade mit <strong>der</strong> Komponente<br />

internationaler Vernetzung, schon sehr interessant.“ ■ ajb<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

19


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20<br />

UMZUG DER TIERMEDIZIN NACH OBERSCHLEISSHEIM<br />

VOM EISBACH AN DEN WÜRMKANAL<br />

Die Tierärztliche Fakultät <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> gehört zu den fünf veterinärmedizinischen Ausbildungsstätten Deutschlands und ist davon<br />

die einzige im süddeutschen Raum. Derzeit verteilt sie sich auf verschiedene Standorte, wobei <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Gebäude in <strong>der</strong><br />

Königinstraße am Englischen Garten und in Oberschleißheim angesiedelt ist. Zukünftig soll die Fakultät komplett auf dem Campus<br />

in Oberschleißheim zu Hause sein.<br />

„Wo bitte geht es denn zum Englischen Garten?“<br />

Diese Frage musste sich Professor Joachim Braun<br />

so oft stellen lassen, dass er schließlich die Stadtverwaltung<br />

bat, doch ein Schild aufzustellen. Die reagierte<br />

darauf, markierte den Fußweg in die grüne<br />

Lunge Münchens und die Fragen wurden seltener.<br />

Dennoch wirken die Gebäude <strong>der</strong> Tierärztlichen<br />

Fakultät, <strong>der</strong>en Dekan Joachim Braun ist, wie ein<br />

undurchdringlicher Riegel zwischen dem bebauten<br />

Schwabing und Münchens größtem Park. Allerdings<br />

nicht mehr lange, denn die verbliebenen<br />

Kliniken und Institute <strong>der</strong> Fakultät sollen in den<br />

nächsten Jahren sukzessive nach Oberschleißheim<br />

ziehen und Platz machen für das Gebäudeense<strong>mb</strong>le<br />

<strong>der</strong> Physik, das, zumindest auf dem<br />

preisgekrönten Architektenentwurf, wesentlich<br />

durchlässiger werden und dem Garten auch von<br />

<strong>der</strong> Königinstraße her Geltung verschaffen soll.<br />

Dessen Anlage begann 1789 unter <strong>der</strong> Ägide<br />

Friedrich Ludwig Schkells – auch das Hoftor zur<br />

Fakultät ist von ihm. Fast genauso lange sind auch<br />

die Tierärzte hier beheimatet: Die „Thier-Arzney-<br />

Schule“ wurde 1790 gegründet und nach mehreren<br />

U<strong>mb</strong>enennungen 1914 als Fakultät<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> angeglie<strong>der</strong>t. 2040 feiern die<br />

Tierärzte den 250-jährigen Geburtstag<br />

ihrer Einrichtung in München – für chim Braun eine Art „innere Deadline“<br />

Joafür<br />

die komplette Umsiedlung nach<br />

Oberschleißheim. „Geschätzt wird die<br />

Dauer des Umzugs <strong>der</strong>zeit auf 10 bis 20 Jahre, das<br />

ist aber schon etwas optimistisch“, erklärt er.<br />

ES IST ZU ENG<br />

In Oberschleißheim – vor den nördlichen Toren<br />

Münchens – sind bereits das Lehr- und Versuchsgut<br />

<strong>der</strong> Fakultät, die Kliniken für Schweine bzw.<br />

Wie<strong>der</strong>käuer, für Vögel, Reptilien, Amphibien und<br />

Zierfische sowie verschiedene Forschungseinrichtungen<br />

angesiedelt. Die Umzüge begannen 1992,<br />

weil am Standort Innenstadt kein Platz mehr war.<br />

Als Nächstes steht <strong>der</strong> Bau eines Hörsaals mit Cafeteria<br />

und <strong>der</strong> Umzug des Instituts für Infektionsmedizin<br />

und Zoonosen (Mikrobiologie) auf dem<br />

Programm. Die Bauarbeiten beginnen 2014, und<br />

danach soll die Verlagerung sukzessive vonstattengehen.<br />

Nicht nur <strong>der</strong> Platz am alten Standort ist begrenzt,<br />

auch die Gebäude – in den 1950er-Jahren als<br />

Zweckbauten entstanden – entsprechen längst<br />

nicht mehr dem Design, das mo<strong>der</strong>ne veterinärmedizinische<br />

Einrichtungen haben sollten. „Wir<br />

haben zum Beispiel keine zentrale Patientenaufnahme,<br />

keine zentrale Einrichtung für bildgebende<br />

Verfahren und auch keine zentrale Intensivstation“,<br />

sagt <strong>der</strong> Dekan <strong>der</strong> Fakultät. Zwar seien<br />

die Gebäude am Englischen Garten in sehr gutem<br />

Zustand und würden stetig auf den neuesten Stand<br />

gebracht – erst jüngst wurden die Brandschutzeinrichtungen<br />

komplett erneuert –, „auf längere Sicht<br />

rechnet sich das aber sicherlich nicht“.


N<br />

1 Der Siegerentwurf des Architektenbüros Bizer aus Stuttgart für den Campus<br />

lässt viel Flexibilität. Ganz im Westen liegt das Versuchsgut <strong>der</strong> Fakultät,<br />

daneben in Nord-Süd-Richtung die Kliniken, von denen die beiden oberen<br />

– die Klinik für Vögel sowie die davon südlich liegende Klinik für Schweine<br />

bzw. Wie<strong>der</strong>käuer – bereits existieren. Nach Osten wird <strong>der</strong> Campus von den<br />

Institutsgebäuden, einer bau<strong>mb</strong>estandenen Allee sowie vielen Parkmöglichkeiten<br />

abgegrenzt.<br />

Auch potenzielle Neuberufungen hat Braun im Blick, wenn er auf die<br />

in Schwabing sehr begrenzten Möglichkeiten hinweist, etwa Labore<br />

mit neuen Techniken einzurichten: „Wir wollen Spitzenleute nach<br />

München holen, und denen müssen wir auch eine entsprechende<br />

Infrastruktur bieten.“ Und schließlich, erklärt er, sei die räumliche<br />

Zusammenführung aller Kliniken und Institute auch im Sinne <strong>der</strong><br />

Vernetzung von theoretischer Forschung und ihrer klinischen Anwendung,<br />

ohne die heute gar nichts mehr gehe.<br />

PARKPLÄTZE SIND UNERLÄSSLICH<br />

Der Entwurf des Architektenbüros Bizer aus Stuttgart habe diese<br />

räumliche Zusammenführung in ihrem Modell am besten umgesetzt,<br />

befand die Jury, die im Oktober 2013 die Entwürfe von 32<br />

zum Wettbewerb zugelassenen Architekten begutachtet hat. Gefor<strong>der</strong>t<br />

war neben einem Entwurf für das Gebäude <strong>der</strong> Mikrobiologie<br />

auch ein sogenannter städtebaulicher Ideenteil, <strong>der</strong> die Vereinigung<br />

<strong>der</strong> gesamten Veterinärmedizin auf dem Campus Oberschleißheim<br />

abbilden soll.<br />

1.500 angehende Tierärztinnen und -ärzte werden an <strong>der</strong> Fakultät<br />

ausgebildet, ebenso viele bewerben sich jährlich neu für die begehrten<br />

Studienplätze – Tendenz steigend. Sie müssen zum Teil bereits<br />

zwischen den Standorten pendeln – das sei zwar etwas umständlich,<br />

dennoch würden die Studierenden viel Verständnis für die Situation<br />

zeigen: „Sie sind eigentlich guter Dinge und sehen das eher positiv.<br />

Schließlich sind die Gebäude in Oberschleißheim sehr mo<strong>der</strong>n und<br />

bieten hervorragende Arbeitsbedingungen“, erklärt Braun.<br />

Obwohl <strong>der</strong> Standort in Schwabing auf eine lange Tradition in <strong>der</strong><br />

Tierheilkunde zurückblickt, scheint hier niemand so richtig traurig,<br />

wenn seine Tage am Englischen Garten schließlich gezählt sind und<br />

zukünftig ein gemeinsamer Campus in <strong>der</strong> Metropolregion München<br />

Nord das Know-how von Kliniken und Forschungseinrichtungen<br />

bündelt.<br />

■ cg<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

21<br />

„Ein wichtiger Vorteil des Siegerentwurfs“, sagt <strong>der</strong> Dekan <strong>der</strong> Fakultät,<br />

„ist vor allem die Anordnung <strong>der</strong> Parkplätze. Die sind für eine<br />

Dienstleistungseinrichtung wie die Tiermedizin unerlässlich.“ Die<br />

Patienten und ihre Halter würden zumeist mit dem Auto kommen<br />

und Oberschleißheim sei, im Gegensatz zu Schwabing und weiteren<br />

Standorten wie dem Oberwiesenfeld, verkehrstechnisch sehr gut<br />

erschlossen: Die Autobahn ist nicht weit, ebenso eine Bundesstraße.<br />

Und auch <strong>der</strong> Flughafen sei gut erreichbar – mit Blick auf die zunehmend<br />

internationalen Kunden <strong>der</strong> Tierkliniken ein weiterer wichtiger<br />

Faktor. Zudem sei <strong>der</strong> Plan sehr variabel ausgestaltet, er ermögliche<br />

die Verlagerung in Abschnitte, wie sie den Arbeitsabläufen in<br />

<strong>der</strong> Fakultät am besten entsprächen. „Der Betrieb muss ja an allen<br />

Standorten aufrechterhalten werden“, erläutert Professor Braun.<br />

1 Der nächste „Campusbaustein“ ist <strong>der</strong> Neubau des Instituts für Infektionsmedizin<br />

und Zoonosen (Mikrobiologie), <strong>der</strong> im kommenden Jahr starten soll.<br />

Auch hier hatte <strong>der</strong> Bizer-Entwurf im Architektenwettbewerb die Nase vorn.<br />

www.lmu.de/aktuelles/pdf/architekturwettbewerb.pdf


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

22<br />

„KINDER IM BLICK“<br />

HILFE IN DER TRENNUNGSKRISE<br />

Wenn Kin<strong>der</strong> im Spiel sind, wird eine Trennung kompliziert: Den Ex-Partner nicht<br />

mehr sehen o<strong>der</strong> sprechen – das ist unmöglich, wenn man bereits eine Familie ist.<br />

Aber notwendige Absprachen können sich in Streitigkeiten verlieren, während die<br />

Kin<strong>der</strong> still vor sich hin leiden. Das an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> entwickelte Programm „Kin<strong>der</strong> im<br />

Blick“ unterstützt Mütter und Väter in solchen Situationen und kann vernünftige<br />

Wege durch die Trennung bahnen – zum Wohle des Nachwuchses.<br />

Manche Kursteilnehmer sind frisch getrennt und<br />

wollen typische Fehler von vornherein vermeiden.<br />

An<strong>der</strong>e kommen, weil ein Familiengericht ihnen<br />

den Besuch des bundesweit etablierten Kurses<br />

auferlegt hat – nach juristischem Rosenkrieg über<br />

Sorgerecht o<strong>der</strong> Unterhalt. Nach Möglichkeit<br />

nehmen beide Eltern parallel, jedoch in verschiedenen<br />

Kursen, teil. Was sie lernen, beruht auf<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist dabei aber<br />

sehr praxisnah. Entwickelt wurde das „Kin<strong>der</strong> im<br />

Blick“-Training bereits 2006 von Professor Sabine<br />

Walper, Institut für Pädagogik <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, in Kooperation<br />

mit dem Verein Familien-Notruf München.<br />

„Wir wollen Eltern dafür sensibilisieren, was Kin<strong>der</strong><br />

in einer Trennungssituation brauchen“, erklärt<br />

Sabine Walper, mittlerweile Forschungsdirektorin<br />

am Deutschen Jugendinstitut und hierfür an <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong> beurlaubt. „Und wir wollen ihnen dabei ganz<br />

praktische Tipps an die Hand geben.“<br />

Das Herzstück des Kurses sei es, den elterlichen<br />

Rückhalt für die Kin<strong>der</strong> zu stärken. „Eine Gefahr<br />

in Stresssituationen wie einer Trennung ist: Man<br />

schaut nur dahin, wo es brennt“, so Sabine Walper.<br />

„Verhält ein Kind sich also ruhig und kooperativ,<br />

wird es mit seinen Sorgen oft nicht wahrgenommen.“<br />

Gerade aber die Bedürfnisse und Bemühungen<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> anzuerkennen, helfe ihnen wesentlich<br />

bei <strong>der</strong> positiven Bewältigung <strong>der</strong> Trennung.<br />

Professor Walper zufolge können Eltern in den<br />

Kursen nicht nur ein feineres Gespür dafür entwickeln,<br />

ob ihre Kin<strong>der</strong> gerade „an etwas knabbern“,<br />

son<strong>der</strong>n auch ausprobieren, wie man das Kind in<br />

solchen Situationen am besten unterstützt. Wirke<br />

das Kind etwa nach dem Besuchswochenende bedrückt,<br />

empfehle es sich, behutsam seine Gefühle<br />

anzusprechen und auf diesem Weg das Problem<br />

zur Sprache zu bringen. Sei wirklich klar, wo <strong>der</strong><br />

Schuh drückt, solle man das Kind vor allem zur<br />

Selbsthilfe ermutigen, statt ihm eine Lösung aufzuzwingen.<br />

„Emotionales Coaching“ nennt man<br />

die Methode des amerikanischen Psychologen<br />

John Gottman. Sehr hilfreich finden Eltern offenbar<br />

auch die Tipps, wie sie die knappe Zeit mit<br />

dem Kind, etwa an Besuchswochenenden, nutzen<br />

können, um die Beziehung zu festigen. Dies lernen<br />

die Eltern zum Beispiel beim „Beschreibenden<br />

Lob“. Hat ein Kind etwas beson<strong>der</strong>s schön<br />

gemacht – den Tisch gedeckt o<strong>der</strong> ein Bild gemalt<br />

–, wird es nicht nur knapp gelobt, son<strong>der</strong>n erhält<br />

eine echte Rückmeldung: „Da ist ein kleines Haus,<br />

und dort schlängelt sich ein wil<strong>der</strong> Fluss. Ich finde<br />

es beson<strong>der</strong>s schön, wie du die Farben ausgewählt<br />

hast.“ Bei <strong>der</strong> Gestaltung dieser Übungen konnte<br />

auf die Erfahrungen aus dem Elternkurs „Familienteam“<br />

zurückgegriffen werden, den Dr. Johanna<br />

Graf mit Professor Walper ebenfalls an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />

entwickelt hat, allerdings nicht speziell für Trennungsfamilien.


MERKZETTEL AUF DEM SCHOSS<br />

Daneben lernen die Eltern, mehr auf sich selbst zu achten. Und auch<br />

<strong>der</strong> direkte Umgang mit dem an<strong>der</strong>en Elternteil erhält in den sechs<br />

Sitzungen, die stets von zwei psychologisch geschulten Kursleitern<br />

geführt werden, viel Augenmerk: „Das Ergebnis langer Forschung<br />

ist ganz klar“, so Sabine Walper. „An die verän<strong>der</strong>te Familienform<br />

o<strong>der</strong> die neue Wohnsituation mit zwei Haushalten können Kin<strong>der</strong><br />

sich gewöhnen. Dauerhaft schädlich jedoch ist eine konfliktreiche<br />

Beziehung <strong>der</strong> Eltern, in <strong>der</strong> sie ihre Ressentiments gegeneinan<strong>der</strong><br />

nicht mehr verbergen können.“ Mit konkreten Methoden lernen<br />

die Kursteilnehmer, Gespräche mit dem Ex-Partner in vernünftige<br />

Bahnen zu leiten und unbedachte Äußerungen gegenüber dem Kind<br />

zu vermeiden.<br />

Gespräche mit dem Ex-Partner werden in Rollenspielen geübt. Damit<br />

das Erlernte seinen Weg in den Familienalltag findet, gibt es<br />

Betriebsanleitungen für daheim: Beim Telefonat mit dem an<strong>der</strong>en<br />

Elternteil hat die Mutter – o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vater – einen Zettel mit Merksätzen<br />

auf dem Schoß. „Ich konzentriere mich auf ein Anliegen“,<br />

steht da etwa, um zu vermeiden, dass mehrere Dinge auf einmal<br />

angesprochen werden. Aber – auch das sei ein wichtiges Signal<br />

an die Eltern: Nicht alle Konflikte müssten unbedingt gelöst werden.<br />

„In bestimmten Bereichen kann es für die Kin<strong>der</strong> besser sein,<br />

wenn Mutter und Vater ihren eigenen Stiefel machen und damit<br />

Reibungsflächen minimieren: Der eine kocht nun einmal vegetarisch<br />

für die Kin<strong>der</strong>, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Schweinebraten.“ Manchmal sei es sogar<br />

akzeptabel, wenn die Eltern eine Weile lang so wenig wie möglich<br />

miteinan<strong>der</strong> kommunizierten.<br />

die Fähigkeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die Trennung zu bewältigen. Auch erste<br />

Ergebnisse in Eliane Retz’ Dissertation deuten in diese Richtung.<br />

Diesen zufolge bewerten selbst heillos zerstrittene Eltern, die von<br />

Gerichten zu den Kursen geschickt werden und anfangs skeptisch<br />

sind, ihn am Ende als sehr hilfreich. Auf <strong>der</strong> Internetseite von „Kin<strong>der</strong><br />

im Blick“ sind die Reaktionen einiger Teilnehmer nachzulesen:<br />

„Seine Aggressionen gegenüber den Geschwistern haben nachgelassen“,<br />

heißt es da über den Sohn, „Im Umgang mit meinem Ex bin<br />

ich gelassener geworden“ o<strong>der</strong> einfach nur „Meine Tochter erzählt<br />

mir mehr“.<br />

■ ajb<br />

?!?<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

23<br />

Bereits vor Jahren erhielt „Kin<strong>der</strong> im Blick“ den Präventionspreis<br />

<strong>der</strong> Deutschen Liga für das Kind. Mittlerweile wurden allein in Bayern<br />

rund 200 Kursleiter ausgebildet, die Liste <strong>der</strong> Anbieter in ganz<br />

Deutschland wächst. Eliane Retz, die an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> die umfangreiche<br />

Evaluierung des Elterntrainings koordiniert und sich in ihrer Dissertation<br />

damit befasst, resümiert: „Es gibt in Deutschland nichts<br />

Vergleichbares zu diesem strukturierten Gruppenangebot für getrennte<br />

Eltern.“ Bisherige Analysen zeigten, dass sich durch die<br />

Kurse nicht nur die Kommunikation <strong>der</strong> befragten Eltern mit dem<br />

Ex-Partner und ihr Erziehungsverhalten verbesserten, son<strong>der</strong>n auch<br />

www.kin<strong>der</strong>i<strong>mb</strong>lick.de<br />

Ansprechpartnerin an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ist Eliane Retz:<br />

Tel. 089 / 2180-4896,<br />

kin<strong>der</strong>-im-blick@edu.lmu.de


PRofiLE<br />

24<br />

SERIE: SPORT IST IHR HOBBY<br />

aKadEMischER abschLaG<br />

N R . 1 • 2014<br />

die jungen frauen, in Kragenshirts und beigen hosen, strahlen von ihrem Teamfoto: 2013 war ein gutes Jahr für die damenmannschaft<br />

des Münchener Golfclubs e. V. Zu den Mannschaftstiteln als deutscher und, zum wie<strong>der</strong>holten Male, bayerischer<br />

Meister kamen zahlreiche Einzelsiege. drei <strong>der</strong> Golfspielerinnen forschen beziehungsweise studieren an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />

Vicki Troeltsch kam früh zum Golfen – sehr früh. „Mein Zwillingsbru<strong>der</strong> und ich wurden schon im Kin<strong>der</strong>wagen über den Platz<br />

geschoben.“ Heute ist sie 22, <strong>LMU</strong>-Studentin <strong>der</strong> Pharmazie – und feierte auf dem vertrauten Terrain des Golfplatzes viele Erfolge:<br />

Sie trägt Titel wie Deutsche und Bayerische Meisterin, war 2013 Mitglied des Golf-Nationalka<strong>der</strong>s, dazu kommen die jüngsten<br />

Teamsiege mit <strong>der</strong> Damenmannschaft des Münchener Golfclubs. „Es ist einfach toll, zusammen auf Turnieren unterwegs zu sein“,<br />

erzählt sie. „Unsere ganze Mannschaft versteht sich sehr gut.“ Im Hinblick auf die elitäre Aura, die dem Golfsport manchmal<br />

anhängt, betont sie: „Wir sind alle keine Schickimickis, son<strong>der</strong>n ganz normal.“<br />

Studium, Spitzensport und zudem das Privatleben zu vereinbaren – das verlange gutes Zeitmanagement und Organisation. Das<br />

Training muss Vicki Troeltsch um jedes neue Semester herumplanen; jetzt im Winter geht es nach den Vorlesungen meist in<br />

die Golfhalle. Aber trotz des engen Pensums, das ihr <strong>der</strong> Sport beschert, helfen die Erfahrungen vom Court in gewisser Weise<br />

an <strong>der</strong> Uni. „Wenn ich vor einer Klausur aufgeregt bin, benutze ich Atemtechniken wie vor dem Abschlag: Durchatmen,<br />

Augen zu. Und mir selbst ein bisschen gut zureden.“<br />

Beim Golfen sei <strong>der</strong> Erfolg aber immer auch von <strong>der</strong> körperlichen Verfassung abhängig – und ein wenig Glückssache.<br />

Beruflich sieht Vicki Troeltsch ihre Zukunft daher nicht im Profisport, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Pharmazie. „Zurzeit interessiert<br />

mich beson<strong>der</strong>s die Klinik. Eine Hälfte meines Praktischen Jahres werde ich deshalb in <strong>der</strong> klinischen Forschung in<br />

Florida verbringen.“<br />

„nUR noch fREiZEiT Und ERhoLUnG“<br />

In einem an<strong>der</strong>en Bereich des Universitätsklinikums arbeitet ihre Mannschaftskollegin vom Münchener Golfclub,<br />

Julia von Rohrscheidt. Die 29-Jährige promoviert am Institut für Immunologie <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> – und spielt nebenbei<br />

erfolgreich Golf. Den einstigen Ansporn, überhaupt mit diesem Sport anzufangen, brachte ein ganz an<strong>der</strong>es<br />

Hobby: das Reiten. „Meine Schwestern und ich waren pferdebegeistert, aber mein Vater brauchte<br />

jemanden, <strong>der</strong> mit ihm über den Golfplatz geht.“ Schlankerhand versprach er ein eigenes Pferd, falls sie<br />

ein bestimmtes Handicap erreichen sollte. „Plötzlich waren wir Feuer und Flamme. Und als wir das<br />

Handicap dann erreicht haben, wollten wir nicht mehr reiten, son<strong>der</strong>n nur noch Golf spielen.“ Doch<br />

trotz aller Begeisterung: „An <strong>der</strong> Schule und später im Studium, erzählte ich kaum jemandem,<br />

dass ich Golf spiele – wegen des Images.“ Mittlerweile, glaubt sie, wandelten sich die Zeiten,<br />

und Golfen werde immer mehr zum Breitensport.<br />

Neben den Mannschaftserfolgen konnte Julia von Rohrscheidt in diesem Jahr die ersten<br />

Plätze bei <strong>der</strong> Bayerischen Meisterschaft sowie <strong>der</strong> Offenen Bayerischen Meisterschaft<br />

für sich verbuchen. „Mit so einer Saison kann man gut abschließen.“ Denn<br />

nächstes Jahr geht es in die Endphase ihrer Promotion über die Differen-


zierung des Thymus-Epithels. „Dann werde ich nicht mehr für viel<br />

an<strong>der</strong>es Zeit haben.“ Schon jetzt ist <strong>der</strong> Sport für sie in den Hintergrund<br />

gerückt. „Früher war ich im Sport erfolgsgetriebener, jetzt<br />

bedeutet er eher Freizeit und Erholung für mich. Sobald ich auf den<br />

Golfplatz komme, bin ich total entspannt, sehe nur noch die Natur<br />

und den nächsten Abschlag.“ Beim Training in Straßlach scheint<br />

sie nur noch ein- bis zweimal die Woche auf, wie sie einräumt, und<br />

nimmt den Schläger vor allem für Turniere in die Hand. „Gut, dass<br />

ich früher sehr viel trainiert habe – davon zehre ich wahrscheinlich<br />

immer noch.“<br />

1 Erfolgreich auf dem Golfplatz und an <strong>der</strong> Uni: Jessica Lindlau...<br />

N R . 1 • 2014 Profile<br />

25<br />

Den fortdauernden Erfolg im Golfsport schreibt sie auch <strong>der</strong> Unterstützung<br />

ihres Professors Ludger Klein zu. „Wegen Turnieren<br />

bin ich zum Beispiel freitags öfter mal weg – o<strong>der</strong> gleich eine halbe<br />

Woche lang. Dass ich meinen Urlaub dazu auf viele Tage übers Jahr<br />

verteilen kann, ist von unschätzbarem Wert. “<br />

Masterarbeit und Mannschaftssiege<br />

Ihre Mannschaftskollegin Jessica Lindlau kennt diese Terminnöte:<br />

Vergangenen Sommer gab sie in <strong>der</strong> Woche zwischen Bayerischem<br />

Mannschaftspokal und Deutscher Mannschaftsmeisterschaft einmal<br />

eben ihre Masterarbeit im Bereich Nanophysik ab. „Das war nicht<br />

einfach“, resümiert die 25-Jährige. Mittlerweile promoviert sie in<br />

<strong>der</strong> Nano-Photonics-Gruppe von Juniorprofessor Alexan<strong>der</strong> Högele.<br />

„Im Experiment betreiben wir Spektroskopie an Nanostrukturen<br />

– und charakterisieren dabei neue Materialien.“ Im Reinraum<br />

präpariert sie mit ihren Kollegen die Proben, um sie anschließend<br />

im Labor Tieftemperaturen von minus 270 Grad Celsius auszusetzen.<br />

Die Verän<strong>der</strong>ungen werden mit einem speziellen Mikroskop<br />

betrachtet, dessen Signale über ein Spektrometer auf den Computer<br />

gelangen. Je nachdem, wie die Experimente verlaufen, verfolge man<br />

unterschiedliche Richtungen. „Diese Forschung ist ein dynamischer<br />

Prozess – und unheimlich spannend.“ Aber auch <strong>der</strong> Golfsport sei<br />

ihr nach wie vor wichtig – und zudem ein guter Ausgleich. „Nach<br />

einer Runde auf dem Platz ist man wie<strong>der</strong> frisch im Kopf und kann<br />

sich voll auf die Forschung konzentrieren.“<br />

■ ajb<br />

1 ...sowie ihre Mannschaftskolleginnen Julia von Rohrscheidt...<br />

5 ...und Vicki Troeltsch.


E B E<br />

Evidence-Based Economics<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

26<br />

NEUES INTERNATIONALES DOKTORANDENKOLLEG<br />

VERBINDUNG VON EMPIRIE UND THEORIE<br />

Das Internationale Doktorandenkolleg Evidence-Based Economics<br />

(EBE), das im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern an <strong>der</strong><br />

Munich Graduate School of Economics eingerichtet wurde, hat<br />

sich <strong>der</strong> Verbindung von Empirie und Theorie verschrieben. Nur<br />

so kann man die wirtschaftlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zukunft<br />

in ihrer Gänze verstehen.<br />

Eine <strong>der</strong> ersten Handlungen von Daniel Wissmann,<br />

Anastasia Driva und den an<strong>der</strong>en acht Doktoranden<br />

in München war, gemeinsam zu überlegen,<br />

wie sie ihre neuen Büros ein wenig schöner gestalten<br />

können. So haben sie bei eBay-Kleinanzeigen<br />

Dekorationsmaterial gefunden, unter an<strong>der</strong>em ein<br />

Sofa, das die jungen Leute schließlich gemeinsam<br />

in <strong>der</strong> U-Bahn transportiert haben: Zu sehen, ob<br />

und wie Dinge funktionieren, treibt sie an – nicht<br />

nur bei <strong>der</strong> Verschönerung ihrer Büros.<br />

In ihrem Fachgebiet, <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre,<br />

befassen sie sich mit Fragestellungen, die sich<br />

dem Funktionieren o<strong>der</strong> eben Nicht-Funktionieren<br />

wirtschaftlicher Prozesse o<strong>der</strong> Programme<br />

widmen: Das Internationale Doktorandenkolleg<br />

Evidence-Based Economics folgt dabei einem<br />

Trend, <strong>der</strong> in den Wirtschaftswissenschaften immer<br />

populärer wird: die Verbindung von Feldexperimenten,<br />

die in realen Umfel<strong>der</strong>n stattfinden, mit<br />

Modellen, die ökonomische Phänomene von <strong>der</strong><br />

theoretischen Warte zu beschreiben versuchen.<br />

Co-Koordinator Professor Florian Englmaier erläutert<br />

das an einem Beispiel: „Wir kennen das<br />

Prinzip <strong>der</strong> Mikrokredite in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n.<br />

Es gibt dort aber auch einen Markt für Mikroversicherungen.<br />

Denn dass sehr kleine Risiken<br />

bedrohlich sein können, vor allem für Menschen,<br />

die sich eine kleine Existenz aufgebaut haben,<br />

liegt auf <strong>der</strong> Hand.“ Feldstudien, sagt Englmaier,<br />

hätten nun ergeben, dass die Einführung dieser<br />

Versicherungen nicht so funktioniert, wie man<br />

sich das vorstellt. „Die Frage ist nun, warum das<br />

so ist.“ Eine Antwort darauf versucht etwa die<br />

Munich Re Stiftung zu finden, die weltweit ein<br />

Netzwerk aus Versicherungsunternehmen und<br />

Nichtregierungsorganisationen koordiniert, die<br />

genau daran arbeiten. Die Stiftung ist einer <strong>der</strong><br />

Partner <strong>der</strong> EBE-Graduiertenschule und erhofft<br />

sich von den herausragenden Doktoranden eine<br />

kritische Masse bei <strong>der</strong> Beantwortung dieser und<br />

ähnlicher Fragen.<br />

METHODIK IM MITTELPUNKT<br />

Die zehn Doktoranden <strong>der</strong> ersten Kohorte – fünf<br />

Frauen und fünf Männer – sind von Hochschulen<br />

aus <strong>der</strong> ganzen Welt nach München gekommen.<br />

Sie haben unterschiedliche wirtschaftswissenschaftliche<br />

Backgrounds. Anastasia Driva aus<br />

Athen zum Beispiel hat an <strong>der</strong> Universität Nottingham<br />

und am University College in London<br />

studiert. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich<br />

<strong>der</strong> Gesundheitsökonomie: „Es ist ein sehr<br />

interessantes und zugleich wenig erforschtes und<br />

breites Feld“, sagt sie. In ihrer Masterarbeit hat<br />

sich Driva dabei auf Indien fokussiert, das wie viele<br />

an<strong>der</strong>e Entwicklungslän<strong>der</strong> ein großes Potenzial<br />

für Forschung im Bereich <strong>der</strong> Gesundheitsökonomie<br />

biete. Die 22-Jährige, die vor allem durch einen<br />

Studienkollegen und <strong>LMU</strong>-Alumnus in London<br />

auf das IDK EBE aufmerksam wurde, möchte sich<br />

aber noch nicht festlegen. Sie findet gerade gut,<br />

dass das Doktorandenkolleg so angelegt ist, dass<br />

im ersten Jahr ein Blick in viele unterschiedliche<br />

Bereiche <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaften eröffnet<br />

wird. Diese Struktur, dieses „über-den-Tellerrandhinausschauen“,<br />

– habe den Ausschlag für ihre Entscheidung<br />

gegeben, nach München zu kommen.<br />

„Der große Vorteil am EBE im Vergleich zu einem<br />

klassischen Graduiertenkolleg ist, dass wir<br />

keine Forschungsfrage in den Mittelpunkt stellen,


an <strong>der</strong> sich alle Promotionen ausrichten müssen“, sagt <strong>der</strong> Dekan<br />

<strong>der</strong> Volkswirtschaftlichen Fakultät und EBE-Koordinator, Professor<br />

Joachim Winter. „Der Markenkern unseres Kollegs ist ein methodischer,<br />

weil wir denken, dass die Anwendung evidenzbasierter<br />

Methoden in allen Teilfel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Ökonomie von Relevanz ist.“<br />

Dabei fußt das Kolleg auf einer soliden wissenschaftlichen Basis:<br />

Nicht nur sind Partner aus <strong>der</strong> Wirtschaft o<strong>der</strong> Organisationen mit<br />

an Bord; auch die Universitäten von Regensburg und Erlangen-<br />

Nürnberg sind mit <strong>der</strong> Expertise einiger Lehrstühle daran beteiligt.<br />

Ziel des IDK EBE ist es, dass die Doktoranden in ihrem späteren<br />

Berufsalltag evidenzbasierte Methoden um- und einsetzen können.<br />

N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

27<br />

GUTES FUNDAMENT FÜR DIE ZUKUNFT<br />

Mit Anwendungsbezug hat Daniel Wissmann schon Erfahrungen<br />

gesammelt. Der 30-Jährige, <strong>der</strong> zusammen mit Anastasia Driva zu<br />

den „student representatives“ des Kollegs gewählt worden ist, hat<br />

während seines Studiums, das ihn von <strong>der</strong> Universität Tübingen<br />

an die Brown University, die Harvard University und an die Barcelona<br />

Graduate School of Economics führte, als Analyst im Consultingbereich<br />

gearbeitet. Ihn reizt an dem Kolleg die Verbindung <strong>der</strong><br />

theoretischen Ebene, die bisher meist einen rational handelnden<br />

Menschen voraussetze, mit <strong>der</strong> empirischen Herangehensweise, die<br />

oftmals genau das Gegenteil an den Tag bringe.<br />

Welche Richtung die beiden Doktoranden nach Ende des Graduiertenkollegs<br />

einschlagen, ob sie in <strong>der</strong> Forschung, bei einer großen<br />

Organisation o<strong>der</strong> in einem Unternehmen arbeiten werden, wissen<br />

sie noch nicht genau. Sicher sei, sagt Anastasia Driva, dass „wir<br />

nach Abschluss des Kollegs ein solides wissenschaftliches Fundament<br />

haben werden, das uns ermöglicht, in vielen Bereichen Fuß zu<br />

fassen“. Daniel Wissmann möchte vor allem „ein gut ausgebildeter<br />

Wirtschaftswissenschaftler sein, <strong>der</strong> eine Vielzahl von Fragestellungen<br />

mit mo<strong>der</strong>nen empirischen Methoden anzugehen weiß“. ■ cg<br />

MUNICH GRADUATE SCHOOL FOR ECONOMICS (MGSE)<br />

Unter dem Dach <strong>der</strong> im Jahr 2002 gegründeten Munich Graduate<br />

School of Economics ist die gesamte Doktorandenausbildung<br />

<strong>der</strong> Volkswirtschaftlichen Fakultät gebündelt. Sie ist eine <strong>der</strong><br />

ältesten Graduiertenschulen im wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Bereich in Deutschland. Im Herbst vergangenen Jahres sind das<br />

Internationale Doktorandenkolleg EBE, das DFG-Graduiertenkolleg<br />

„Microeconomic Determinants of Labor Productivity“ sowie<br />

das Egon Sohmen Graduate Center gestartet. Letzteres wird<br />

in den kommenden 15 Jahren Doktorandinnen und Doktoranden<br />

<strong>der</strong> Fakultät mittels Stipendien för<strong>der</strong>n. Es soll damit an den<br />

1977 im Alter von nur 46 Jahren verstorbenen österreichischen<br />

Ökonomen Egon Sohmen erinnern. Sohmen hat zu Lebzeiten<br />

wichtige Beiträge zur Theorie <strong>der</strong> Wechselkurse sowie zur Allokationspolitik<br />

geleistet.<br />

www.mgse.vwl.uni-muenchen.de<br />

http://evidence-based-economics.de


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

28<br />

<strong>LMU</strong> MACHT SCHULE<br />

MIT ERZÄHLEN LERNEN<br />

Erzählen ist die Urform des Lernens. Lei<strong>der</strong> bleibt im Schulalltag meist nur wenig Zeit dafür. Lehramtsstudierende<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> erzählen seit diesem Schuljahr in Münchener Ganztagsschulen Geschichten, um die Sprachfähigkeit von<br />

Schülern zu för<strong>der</strong>n. Das Projekt „Mit Erzählen Schule machen“ ist darauf angelegt, die Erzählkultur an Münchener<br />

Schulen – oft mit hohem Migrationsanteil – zu etablieren.<br />

Es geht ganz schön laut zu in <strong>der</strong> Grundschule in <strong>der</strong> Burmesterstraße<br />

in München: Die Schüler <strong>der</strong> Klasse 3bg räumen ihre Schulsachen<br />

in die Rucksäcke, rennen durchs Klassenzimmer und schieben ihre<br />

Stühle zu einem Stuhlkreis zusammen. Lehramtsstudentin Annika<br />

Hoffman hat es nicht leicht, in den letzten zwei Schulstunden für<br />

Ruhe im Klassenzimmer zu sorgen und mit ihrer Geschichte zu beginnen:<br />

„Es war einmal ein Bauer mit einem alten Hund…“ Doch<br />

plötzlich werden selbst die lebhaftesten Schüler ruhig und lauschen<br />

gebannt <strong>der</strong> Geschichte vom alten Hund „Sultan“, <strong>der</strong> nicht mehr<br />

gebraucht wird. Annika legt sich auch ganz schön ins Zeug, um ihre<br />

Zuhörer bei <strong>der</strong> Stange zu halten: Sie mimt eine Katze, die nur noch<br />

drei Beine und einen gekrümmten Schwanz hat, zeigt, wie groß die<br />

Ohren von einem Wildschwein sind und heult wie ein Wolf. Und immer<br />

wie<strong>der</strong> muss sie ihre Geschichte unterbrechen, um schwierige<br />

Wörter wie „kraulen“ o<strong>der</strong> „Gnadenbrot“ zu erklären.<br />

1 Die Lehramtsstudierenden zeigen<br />

Flagge für ihr Projekt.<br />

Doch genau darum geht es <strong>der</strong> Lehramtsstudentin beim Geschichtenerzählen:<br />

Die Kin<strong>der</strong> sollen ihren Wortschatz erweitern und ihre<br />

Sprachfähigkeit verbessern. Im Rahmen des Projekts „Mit Erzählen<br />

Schule machen“ erzählt sie im Team mit an<strong>der</strong>en Lehramtsstudierenden<br />

den Schülern <strong>der</strong> Münchener Ganztagsschule jede Woche<br />

eine Geschichte. Davon profitieren vor allem Schüler, <strong>der</strong>en Muttersprache<br />

nicht Deutsch ist: „Kin<strong>der</strong> mit Migrationshintergrund erhalten<br />

über das mündliche Erzählen von Geschichten einen kreativen<br />

und fantasievollen Zugang zur deutschen Sprache“, erklärt Dr. Uta<br />

Hauck-Thum vom Lehrstuhl für Didaktik des Deutschen als Erst- und<br />

Zweitsprache, die das Projekt koordiniert. „Erzählen ermöglicht den<br />

Lehrern einen direkten Zugang zu den Schülern. Unsere Studierenden<br />

haben im Rahmen des Projekts die Möglichkeit, den Einfluss<br />

des mündlichen Erzählens auf den Unterricht konkret zu erleben“,<br />

so Hauck-Thum.


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

29<br />

ERZÄHL-WORKSHOP FÜR STUDIERENDE<br />

Um sich auf ihren Einsatz in <strong>der</strong> Schule vorzubereiten,<br />

hat Annika zusammen mit an<strong>der</strong>en Studierenden<br />

an einem Erzählseminar am Münchner<br />

Zentrum für Lehrerbildung teilgenommen. Die<br />

professionelle Geschichtenerzählerin Katharina<br />

Ritter, die mit eigenen und geborgten Geschichten<br />

im In- und Ausland auf Tournee geht, bildet<br />

die Studierenden im Erzählen aus. Sie gibt Tipps<br />

für die Auswahl <strong>der</strong> Erzählungen, den Einsatz von<br />

Mimik und Gestik und regt die Lehramtsstudenten<br />

an, eigene Märchen zu erfinden. „Ganz wichtig<br />

ist für mich die Wahrhaftigkeit beim Erzählen: Es<br />

geht mir darum, dass die Studierenden den Kin<strong>der</strong>n<br />

erzählen wollen und nicht einfach irgendetwas<br />

erzählen. Dann wächst man mit <strong>der</strong> Zeit ins<br />

Erzählen hinein“, erklärt die Leiterin des Erzähl-<br />

Workshops. Das kann auch die Lehramtsstudentin<br />

Sieglinde Hartinger bestätigen, die zusammen mit<br />

Annika in <strong>der</strong> Grundschule an <strong>der</strong> Burmesterstraße<br />

Geschichten erzählt: „Das erste Mal war es <strong>der</strong><br />

Horror: Es hat unheimlich lange gedauert, bis sich<br />

die Kin<strong>der</strong> auf meine Geschichte konzentriert haben.<br />

Aber mit je<strong>der</strong> weiteren, die ich den Kin<strong>der</strong>n<br />

erzähle, wird es besser.“<br />

Die Schüler <strong>der</strong> Klasse 3bg folgen gespannt Annikas<br />

nächster Erzählung von einem Mädchen,<br />

das am Ende <strong>der</strong> Welt ihre Brü<strong>der</strong> sucht: Hiba,<br />

Enes und Adam sind ganz nah an Annika herangerückt<br />

und halten oft vor Spannung die Luft an. Der<br />

achtjährige Yunus stellt jedoch auch immer wie<strong>der</strong><br />

kritische Zwischenfragen: „Wo gibt es denn<br />

überhaupt ein Ende <strong>der</strong> Welt? In Australien?“ o<strong>der</strong><br />

„Wieso müssen die Kin<strong>der</strong> denn arbeiten?“.<br />

„An den Nachfragen merkt man ja schon ganz<br />

deutlich, dass das Erzählen den Kin<strong>der</strong>n etwas<br />

bringt“, erklärt Annika. Außerdem mache es einfach<br />

Spaß zu sehen, wie sich die Schüler von einer<br />

Geschichte mitreißen lassen: „Am liebsten hören<br />

sie Gruselgeschichten – da wollen sie am liebsten<br />

selbst die Geschichte zu Ende erzählen.“ ■ cdr<br />

1 Die professionelle Geschichtenerzählerin<br />

Katharina Ritter erzählt<br />

Schülerinnen und Schülern Geschichten.<br />

Darin bildet sie auch die Lehramtsstudierenden<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> aus.


N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

30<br />

PORTRÄTMEDAILLEN<br />

GROSSE KÖPFE IN KLEINEM FORMAT<br />

Porträtierten in Auftrag gegeben. Zum Beispiel<br />

verschenkten Fürsten Medaillen mit dem eigenen<br />

Konterfei in unterschiedlich teuren Ausführungen<br />

an Angehörige des Hofs. Sie dokumentieren also<br />

nicht nur die soziale Stellung <strong>der</strong> Auftraggeber,<br />

son<strong>der</strong>n verraten auch etwas über die Position des<br />

Empfängers.<br />

1 Die Stadt Nürnberg ließ von<br />

Albrecht Dürer und Hans Krafft dem<br />

Älteren eine Silbermedaille mit dem<br />

Bild Kaiser Karls V. anfertigen<br />

anlässlich seines geplanten Besuchs<br />

<strong>der</strong> Stadt im Jahr 1521.<br />

Der <strong>LMU</strong>-Kunsthistoriker Walter Cupperi hat<br />

zum Abschluss seines <strong>LMU</strong>excellent Research<br />

Fellowship zusammen mit <strong>der</strong> Staatlichen<br />

Münzsammlung eine Ausstellung zu Porträtmedaillen<br />

erarbeitet.<br />

Das Who’s Who <strong>der</strong> Renaissance passt in eine<br />

Hand: Medaillen mit einer Größe von ungefähr<br />

zwei bis sieben Zentimeter Durchmesser bilden<br />

die größten Persönlichkeiten <strong>der</strong> damaligen Zeit<br />

ab. Die Porträts aus Gold, Silber, Bronze, Ton<br />

o<strong>der</strong> Holz zeigen Kaiser und Fürsten, kirchliche<br />

Würdenträger, Kaufleute und ihre Familien sowie<br />

Künstler. „Sie waren eine Form, die eigene Identität<br />

darzustellen“, sagt Dr. Walter Cupperi vom<br />

Institut für Kunstgeschichte <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />

Für ihn sind sie daher „mehr als Porträtmedaillen“:<br />

„Ihre Verbreitung ermöglicht es uns heute,<br />

weitere kulturelle Phänomene zu zeigen“, sagt<br />

Cupperi. Zusammen mit <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung<br />

München hat <strong>der</strong> Kunsthistoriker die<br />

Ausstellung „Wettstreit in Erz. Porträtmedaillen<br />

<strong>der</strong> deutschen Renaissance“ erarbeitet. Sie<br />

ist zugleich <strong>der</strong> Abschluss seines vierjährigen<br />

<strong>LMU</strong>excellent Research Fellowship, mit dem die<br />

Universität Nachwuchswissenschaftlerinnen und<br />

-wissenschaftler för<strong>der</strong>t.<br />

Die Medaillen wurden oft zu Ehren hochstehen<strong>der</strong><br />

Persönlichkeiten angefertigt o<strong>der</strong> selbst von den<br />

INFLATION DER „CONTERFAIT-PFENNIGE“<br />

Die Medaillen zeigen nicht nur Gesichter. Mithilfe<br />

von Inschriften wurden sie personalisiert, sie bilden<br />

Namen, Stellung und Verwandtschaften ab und<br />

wurden manchmal auch mit einem Motto versehen.<br />

„Die individuell gestalteten Rückseiten, Zitate<br />

und Aufschriften geben uns heute Einblick in das<br />

Selbstverständnis <strong>der</strong> Porträtierten“, sagt Cupperi.<br />

Im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t wurden die „Conterfait-Pfennige“,<br />

wie die Medaillen damals genannt wurden,<br />

so beliebt, dass sie in vielen gesellschaftlichen<br />

Schichten geradezu inflationär verbreitet waren.<br />

„Herrscher, Humanisten und Heilige und Handwerker<br />

ebenso wie Ehefrauen, Kurtisanen, körperlich<br />

Missgebildete und historisch weit zurückliegende<br />

und eigentlich in ihrem Aussehen vollkommen unbekannte<br />

Persönlichkeiten“ wurden mit Medaillen<br />

bedacht, wie <strong>LMU</strong>-Professor Ulrich Pfisterer, Inhaber<br />

des Lehrstuhls für Allgemeine Kunstgeschichte,<br />

im Katalog zur Ausstellung schreibt.<br />

Diesen Boom hatte die neue Kunstform auch dem<br />

Material <strong>der</strong> Medaillen zu verdanken: Sie waren<br />

sehr wi<strong>der</strong>standsfähig, gut zu transportieren und<br />

leicht zu reproduzieren. Sie wurden in verschiedensten<br />

Formen verbreitet, auch als Kettenanhänger,<br />

Schmuck für Hüte und Kleidung o<strong>der</strong><br />

verzierten als Ornamente Möbel und Gebrauchsgegenstände.<br />

Selbst Gebäude wurden mit medaillenförmigen<br />

Porträtreliefs in Stein dekoriert. Der<br />

italienische Dichter Pietro Aretino spottete 1545


WET TSTREIT<br />

P O R T R Ä T M E D A I L L E N D E R D E U T S C H E N R E N A I S S A N C E<br />

I N E R Z<br />

darüber, dass sein Bildnis zwischen denjenigen Caesars und Alexan<strong>der</strong>s<br />

sogar auf Schachteln für Kämme zu finden war.<br />

Die Medaillen dienten den Porträtierten vor allem dazu, ihr Andenken<br />

zu wahren. Sie übten auch eine dynastische Funktion aus, wenn<br />

sie an nachkommende Generationen vererbt wurden. Als Geschenk<br />

unterstrichen sie Freundschafts- und Liebesbeziehungen. Ihre Sy<strong>mb</strong>olik<br />

als Liebespfand zeigt sich beispielhaft auf <strong>der</strong> berühmten Grabmalskulptur<br />

<strong>der</strong> Margarethe von Österreich. Die Porträtmedaille mit<br />

dem Bild ihres verstorbenen Gemahls Philibert von Savoyen ist auf<br />

ihrem Kleid nahe <strong>der</strong> Brust angebracht. „Deutlicher kann in <strong>der</strong> Bildhauerei<br />

kaum ausgedrückt werden, dass die auf <strong>der</strong> Brust liegende<br />

Medaille Zeichen <strong>der</strong> innigen und ewig währenden Liebe ist“, erklärt<br />

Dr. Martin Hirsch von <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung München im<br />

Ausstellungskatalog. „Porträtmedaillen geben uns heute Aufschluss<br />

über die damaligen sozialen Verhältnisse. Sie sind Zeugnisse <strong>der</strong><br />

zwischenmenschlichen Beziehungen in unterschiedlichen Gesellschaftsschichten“,<br />

sagt Walter Cupperi.<br />

LEITMEDIUM DER FRÜHEN RENAISSANCE<br />

Die Medaillen spielten eine wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

Porträtkunst. Selbst auf Bergkristall und Papier wurden Porträts in<br />

Medaillenform gestaltet. „Sie waren ein Leitmedium <strong>der</strong> frühen Renaissance“,<br />

sagt Cupperi. Die besten Künstler ihrer Zeit wendeten<br />

sich früh <strong>der</strong> neuen Kunstform zu, darunter die Maler Albrecht Dürer<br />

und Lucas Cranach. Die Porträts wurden häufig von Künstlern<br />

vorgezeichnet und die Medaillen dann von Bildhauern o<strong>der</strong> Goldschmieden<br />

aus Gold, Bronze o<strong>der</strong> Erz angefertigt.<br />

Anhand <strong>der</strong> Medaillen lässt sich auch viel über die damaligen Ströme<br />

<strong>der</strong> Migration und kulturellen Begegnung erfahren. So waren<br />

unter den im deutschsprachigen Raum tätigen Künstlern zum Beispiel<br />

auch viele Italiener und Franzosen. Die Medailleure waren sehr<br />

mobil. Um an Aufträge zu kommen, reisten sie etwa zu politischen<br />

Versammlungen und Fürstenhochzeiten.<br />

In <strong>der</strong> Diplomatie war die Gabe von Medaillen immer mit Kalkül<br />

verbunden. Es entwickelten sich feste Regeln, wie die Medaillen<br />

beschaffen sein sollten. Politische und religiöse Anschauungen und<br />

Ereignisse wie Schlachten spiegelten sich auf den Medaillen selbst<br />

STAATLICHE MÜNZSAMMLUNG MÜNCHEN<br />

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wi<strong>der</strong>. Im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t entwickelten sich Spottmedaillen, auf denen<br />

vor allem <strong>der</strong> Papst kritisiert wurde. Sie sollten schließlich die europäische<br />

Politik dramatisch beeinflussen: Im Jahr 1672 waren Medaillen<br />

„mit ungereimten spöttlichen Schil<strong>der</strong>yen“ für König Karl II. Anlass,<br />

in den Krieg gegen Holland zu ziehen.<br />

Die Ausstellung in <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung, die von <strong>der</strong> Ernst<br />

von Siemens Kunststiftung, <strong>der</strong> Edith-Haberland-Wagner-Stiftung<br />

sowie Giesecke & Devrient geför<strong>der</strong>t wird, zeigt die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Medaillenherstellung aus einem geografischen Blickwinkel. Erstmals,<br />

so Cupperi, werde umfassend das kulturhistorische Spektrum<br />

<strong>der</strong> im deutschsprachigen Raum entstandenen Medaillen <strong>der</strong> Renaissance<br />

gezeigt. Diese Porträtkunst war sehr stark durch Kulturaustausch,<br />

Mobilität <strong>der</strong> Künstler und manchmal Unbeständigkeit<br />

<strong>der</strong> Produktionszentren geprägt. „Lokale Kontinuitäten und nationale<br />

Grenzen, wie sie die Rede von ‚deutschen Medaillen‘ suggeriert,<br />

waren womöglich weniger grundlegend, als in <strong>der</strong> Forschung zu<br />

diesen tragbaren Porträts üblicherweise angenommen“, erläutert<br />

<strong>der</strong> Kunsthistoriker.<br />

Bis zum 15. März 2014 werden mehr als 200 deutsche Renaissancemedaillen<br />

aus einigen <strong>der</strong> bedeutendsten Sammlungen Europas<br />

vorgestellt. Am 7. und 8. Februar 2014 wird das Institut für Kunstgeschichte<br />

zum Abschluss <strong>der</strong> Ausstellung eine Tagung mit dem<br />

Titel „Die an<strong>der</strong>e Seite. Funktionen und Wissensformen <strong>der</strong> frühen<br />

Medaillen“ veranstalten. Im Sommer 2014 wird die Ausstellung im<br />

Kunsthistorischen Museum Wien, 2015 in den Staatlichen Kunstsammlungen<br />

Dresden besichtigt werden können.<br />

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N R . 1 • 2014 PROFILE<br />

31


N R . 1 • 2014 ALUMNI<br />

32<br />

CLUBBETREIBER MATHIAS SCHEFFEL<br />

„FEIERN UND STUDIEREN –<br />

DAS GEHT LOCKER!“<br />

Mathias Scheffel gilt als Pionier des Münchener Nachtlebens. Angefangen mit<br />

Partys im Ultraschall und Kunstpark Ost ist <strong>der</strong> Gastronom heute am Pacha, Filmcasino,<br />

Mamasita, Jack Rabbit, Gecko, Gast, <strong>der</strong> Reitschule und dem Optimolgelände<br />

beteiligt. Begonnen hat alles mit einem Jurastudium an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>.<br />

An die beste Party seines Lebens erinnert sich Mathias<br />

Scheffel bis heute. „Das war 1993 die Technoparade<br />

Union Move auf <strong>der</strong> Leopoldstraße“, erzählt<br />

<strong>der</strong> Clubbetreiber in „seinem“ Mamasita am Münchener<br />

Isartor. Damals war er gerade 28 Jahre alt<br />

und studierte Jura an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Mit <strong>der</strong> Versammlung<br />

wollte Scheffel gegen die zu dieser Zeit noch<br />

sehr strengen Sperrzeiten demonstrieren. „Es waren<br />

7.500 Leute angemeldet und zum Schluss sind<br />

120.000 gekommen“, berichtet er nicht ohne Stolz.<br />

Schon während seiner Studienzeit finanzierte sich<br />

<strong>der</strong> gebürtige Stuttgarter seinen Lebensunterhalt<br />

im Nachtleben als DJ Chef L. Probleme mit dem<br />

Studium hatte er deswegen trotzdem nie: „Das<br />

Tanzlokal Größenwahn, in dem ich aufgelegt habe,<br />

hat schon um 1 Uhr zugemacht.“ Danach sei<br />

er zwar noch im Parkcafé einen Absacker trinken<br />

gegangen, aber um 8 Uhr wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Stabi gewesen.<br />

„Wenn man sich nicht maßlos betrinkt,<br />

geht das locker!“, glaubt Scheffel.<br />

1 Holger Fuchs (Constantin Film) und Mathias Scheffel (rechts) im Münchener Filmcasino.<br />

Die Studierenden scheinen sich trotz <strong>der</strong> Umstellung<br />

auf Bachelor und Master genauso wenig vom<br />

Feiern abhalten zu lassen. Zumindest spürt Scheffel<br />

seit <strong>der</strong> Einführung keinen Besucherrückgang<br />

in seinen Clubs. „Wir führen zwar keine Statistik,<br />

aber unsere Studentenpartys funktionieren immer<br />

gut“, lacht er. Insgesamt gebe es sogar deutlich<br />

mehr Studentenveranstaltungen als früher. Im<br />

Bereich <strong>der</strong> Fachschaften seien sie mittlerweile<br />

richtiggehend kommerzialisiert worden. Scheffel<br />

muss es wissen: Sein Sohn studiert inzwischen<br />

auch Jura an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Den interessiere das Nachtleben<br />

allerdings eher weniger. „Wir waren einmal<br />

zusammen im Pacha: Da habe ich ihm zwei Cuba<br />

Libre spendiert und danach ist er brav nach Hause<br />

gegangen – ich war länger da“, ergänzt er lachend.


Obwohl Scheffel das Nachtleben mit seinen Höhen und Tiefen kennt,<br />

ist er kein strenger Vater. „Man muss doch keine Drogen nehmen,<br />

um gut drauf zu sein“, unterstreicht er. In seiner Jugend sei er selber<br />

jahrelang bei allen Afterhours <strong>der</strong> Stadt gewesen und ohne Drogen<br />

genauso so gut drauf gewesen. Nicht umsonst habe die letzte Union-<br />

Move-Parade im Jahr 2001 den Titel „Love Is The Only Drug“ gehabt.<br />

„Es gibt genügend an<strong>der</strong>e Möglichkeiten, sich zu stimulieren“,<br />

grinst Scheffel. Deswegen wäre es für ihn auch in Ordnung, wenn<br />

sein Sohn eines Tages in seine Fußstapfen treten würde. Momentan<br />

sieht es aber nicht danach aus: „Ich hatte schon damals diese<br />

Begeisterung und mit 16 Jahren meinen Ausweis gefälscht, um in<br />

den Clubs auflegen zu können.“ Seinen Sohn reize das hingegen<br />

alles überhaupt nicht.<br />

Dem Nachtleben bis heute treu geblieben ist Scheffel eher zufällig.<br />

„Ich war Marketingmanager bei BMG in London und habe die ersten<br />

Schritte von Take That begleitet“, berichtet er. Danach habe er<br />

aber bei EMI in Köln angefangen und sich um die Kölner Mundart-<br />

Musikgruppen Bläck Fööss und Brings kümmern müssen. Deswegen<br />

war er froh, als er das Angebot als Geschäftsführer für die alte<br />

Abflughalle am Flughafen Riem bekam. Ab dem Moment sei ihm<br />

auch klar gewesen, dass die juristische Karriere von jetzt an stark<br />

eingeschränkt ist.<br />

Klare Wahl: lieber Clubchef<br />

als Anwalt<br />

Das Studium abgeschlossen hat Scheffel trotzdem. Er ist sogar zugelassener<br />

Anwalt beim Landgericht München I und II. „Ich praktiziere<br />

aber nicht und vertrete höchstens ein- bis zweimal im Jahr<br />

aus Gefälligkeit“, erläutert er. Allerdings müsse er natürlich auch in<br />

seinem jetzigen Job viele juristische Auseinan<strong>der</strong>setzungen wie zum<br />

Beispiel Anwohnerbeschwerden bearbeiten. Zuletzt musste er sich<br />

außerdem gegen Rassismus-Vorwürfe des Münchener Auslän<strong>der</strong>beirats<br />

wehren. „Das ist absurd“, sagt Scheffel. Er und keiner, den<br />

er kenne, würde auf die Idee kommen, seinem Personal zu sagen:<br />

Lass einen Farbigen bei uns nicht rein. Erst kürzlich habe es sogar<br />

die Aktion „Nachts sind alle Menschen bunt“ gegeben.<br />

„Ich bin jedes Wochenende<br />

unterwegs“<br />

Obwohl Scheffels wilde Partyzeiten mittlerweile vorbei sind, trifft<br />

man ihn noch jeden Donnerstag, Freitag und Samstag in seinen<br />

Clubs. Machen ihm als Clubbetreiber noch viele Studentinnen Avancen?<br />

„Nein, in meinem Alter gehöre ich nicht mehr zur Kernzielgruppe“,<br />

lacht <strong>der</strong> Vater zweier Kin<strong>der</strong>. Der Grund für die langen<br />

Nächte sei vielmehr, nicht das Gefühl dafür zu verlieren, was in den<br />

einzelnen Läden passiert. „So was geht nun mal nicht vom Schreibtisch<br />

aus“, erklärt er und bestellt eine Suppe. Es ist 18 Uhr und<br />

Scheffel hat noch nichts gegessen. „Es ist“, fährt er fort, „aber nicht<br />

mehr wie früher, wo ich als Geschäftsführer von zehn Uhr abends bis<br />

morgens um sechs Uhr die Abrechnungen machen musste.“<br />

Heute kümmert sich Scheffel stattdessen um Verträge, Sponsoren,<br />

Veranstalter o<strong>der</strong> Firmenevents – mit Erfolg. Seiner Meinung<br />

nach ist das Clubangebot in München gemessen an <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong><br />

ausgehwilligen Menschen riesig. „Als Club muss man daher heute<br />

schon sehr stark sein, um sich ein teures Programm und teure Preise<br />

leisten zu können“, gibt er zu bedenken. Als er zum Studium von<br />

Stuttgart nach München gekommen ist, habe es dagegen maximal<br />

sechs Läden gegeben. Jetzt sind es 50.<br />

■ dl<br />

N R . 1 • 2014 ALUMNI<br />

33


NEUBERUFEN<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

34<br />

1 Prof. Dr. jan lipfert<br />

■ Prof. Dr. jan liPfert<br />

fakultät für PhySik<br />

Jan Lipfert wurde im Septe<strong>mb</strong>er 2013 zum Universitätsprofessor<br />

für Experimentalphysik an <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong> ernannt. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich<br />

<strong>der</strong> molekularen Biophysik. Er untersucht die<br />

Struktur, Funktion und Interaktionen von biologischen<br />

Makromolekülen, insbeson<strong>der</strong>e von DNA<br />

und RNA. Methodisch setzt er dabei einerseits<br />

Einzelmolekülmethoden – beson<strong>der</strong>s magnetische<br />

Pinzetten – und an<strong>der</strong>erseits Röntgenstreutechniken<br />

ein. Gleichzeitig ko<strong>mb</strong>iniert er experimentelle<br />

Techniken mit rechnergestützter Modellierung<br />

von biologischen Makromolekülen, zum Beispiel<br />

um ihre Struktur aus Streudaten zu berechnen<br />

o<strong>der</strong> ihr Verhalten in Einzelmolekülmessungen<br />

besser zu verstehen.<br />

Geboren wurde Lipfert am 8. Oktober 1977 in<br />

Frankfurt am Main. Nach seinem Abitur in Kassel<br />

studierte er von 1998 bis 2000 Physik und Volkswirtschaftslehre<br />

an <strong>der</strong> Ruprecht-Karls-Universität<br />

in Heidelberg. Danach führte es den heute 36-Jährigen<br />

an die Uppsala Universitet nach Schweden,<br />

wo er seine Arbeit für den Master of Philosophy<br />

mit dem Titel „Radiation induced damage in serine<br />

phosphate – a model for strand breakage in<br />

DNA“ verfasste. 2002 absolvierte er als Fulbright-<br />

Stipendiat den Master of Science an <strong>der</strong> University<br />

of Illinois at Urbana-Champaign, USA. Für seine<br />

Promotion blieb Lipfert in den USA und ging an<br />

die Stanford University. Dort promovierte er nach<br />

kurzen Forschungsaufenthalten am Institut Pasteur<br />

in Paris und an <strong>der</strong> University of Dundee in<br />

Schottland 2007 mit einer Arbeit über „Small-<br />

Angle X-Ray Scattering of RNA, Proteins, and<br />

Me<strong>mb</strong>rane Protein-Detergent Complexes”. Nach<br />

seiner Promotion ging Lipfert in die Nie<strong>der</strong>lande<br />

und arbeitete als Postdoc und Veni-Stipendiat <strong>der</strong><br />

nie<strong>der</strong>ländischen Organisation für wissenschaftliche<br />

Forschung (NWO) an <strong>der</strong> TU Delft, wo er neuartige<br />

magnetische Pinzetten entwickelte und zur<br />

Erforschung <strong>der</strong> Eigenschaften von DNA und RNA<br />

und ihrer Interaktionen mit Proteinen benutzte.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> will <strong>der</strong> Physiker seine Forschungsarbeiten<br />

weiterführen und magnetische Pinzetten<br />

sowie Röntgenstreuung benutzen, um die Struktur,<br />

die Wechselwirkungen und die Interaktionen<br />

von Nukleinsäuren zu untersuchen und ihre verschiedenen<br />

Rollen in <strong>der</strong> Speicherung und Regulation<br />

von genetischen Informationen zu verstehen.<br />

Darüber hinaus freut er sich auf vielseitige Kooperationen<br />

im Umfeld <strong>der</strong> Nanowissenschaften und<br />

Biophysik in München. In <strong>der</strong> Lehre möchte Lipfert<br />

insbeson<strong>der</strong>e die interdisziplinären Aspekte<br />

<strong>der</strong> Biophysik betonen, die an <strong>der</strong> Schnittstelle von<br />

Physik, Biologie, Chemie, Informatik und Ingenieurwissenschaften<br />

liegen. In seiner Freizeit interessiert<br />

sich <strong>der</strong> Vater einer Tochter für Reisen,<br />

Politik, Crossfit, Laufen und Fußball.<br />

■ Prof. Dr. SaScha raithel<br />

fakultät für BetrieBSwirtSchaft<br />

Sascha Raithel wurde im Oktober 2013 zum Juniorprofessor<br />

für Finanzorientiertes Marketing und<br />

Management an <strong>der</strong> Fakultät für Betriebswirtschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ernannt. Seine Forschungsschwerpunkte<br />

liegen in den Bereichen Markenwert, Corporate<br />

Social Responsibility, Unternehmensreputation<br />

und <strong>der</strong>en Effekte auf Konsumenten und Kapitalmarktakteure.<br />

Geboren wurde Sascha Raithel 1976. Nach seinem<br />

Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre<br />

an <strong>der</strong> Universität Augsburg. Erste Berufserfahrung<br />

sammelte er während seines Studiums bei<br />

<strong>der</strong> Munich Re und dem Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern<br />

MAN. Von 2004 bis 2009 arbeitete<br />

er als Berater bei <strong>der</strong> Marketing- und Kommunikationsagentur<br />

Pepper G<strong>mb</strong>H. Parallel dazu<br />

war <strong>der</strong> heute 37-Jährige zwischen 2007 und<br />

2009 Wissenschaftlicher Assistent an <strong>der</strong> Fakultät<br />

für Betriebswirtschaft <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und absolvierte<br />

dort ebenfalls seinen Master of Business<br />

Research. Anschließend arbeitete er bis 2011 als<br />

Wissenschaftlicher Assistent an <strong>der</strong> Fakultät für<br />

Betriebswirtschaft/Munich School of Management<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Im Juni desselben Jahres wurde<br />

er mit seiner Arbeit zum Thema „Market-based<br />

Assets and Financial Performance“ promoviert.<br />

Er hat in renommierten Fachzeitschriften wie dem<br />

Journal of Marketing Research und dem Journal<br />

of the Academy of Marketing Science publiziert<br />

und ist Mitglied im Editorial Review Board des International<br />

Journal of Advertising. Raithel wurde<br />

unter an<strong>der</strong>em mit einem Distinguished Fellowship<br />

an <strong>der</strong> Fudan University in Shanghai sowie<br />

dem Conference Best Paper Award vom European<br />

Institute for Advanced Studies in Management (EI-<br />

ASM) beim Workshop on Visualising, Measuring<br />

and Managing Intangibles and Intellectual Capital<br />

2009 in Dresden ausgezeichnet. Die prämierte Arbeit<br />

war die Studie „Value-relevance of Customer<br />

Satisfaction: Empirical Evidence for Global Automobile<br />

Industry“.<br />

Seine aktuellen und zukünftigen Forschungsvorhaben<br />

beschäftigen sich unter an<strong>der</strong>em mit <strong>der</strong>


Neuberufen<br />

Wirkung von Werbung bei großen Sportevents wie<br />

dem Super Bowl auf Konsumenten und Investoren<br />

sowie den Faktoren eines erfolgreichen Managements<br />

von Markenkrisen. Seine Lehre fokussiert<br />

auf die Vermittlung von Wissen über statistische<br />

Methoden und <strong>der</strong>en Anwendung im Marketing an<br />

Studierende in den Bachelor-, Master- und Doktorandenprogrammen.<br />

■ Prof. Dr. Oliver Söhnlein<br />

Medizinische Fakultät<br />

Oliver Söhnlein hat zum 1. Oktober 2013 die Professur<br />

für Vaskuläre Immuntherapie am Institut<br />

für Prophylaxe und Epidemiologie <strong>der</strong> Kreislaufkrankheiten<br />

(IPEK) an <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> angetreten. Die Professur ist Bestandteil<br />

des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

geför<strong>der</strong>ten Deutschen Zentrums für Herzkreislaufforschung.<br />

Söhnleins Forschungsschwerpunkt<br />

ist die Rolle von neutrophilen Granulozyten<br />

in den entzündlichen Prozessen <strong>der</strong> Atherosklerose<br />

und <strong>der</strong> Restenose.<br />

Professor Söhnlein studierte Humanmedizin an<br />

<strong>der</strong> Friedrich-Alexan<strong>der</strong>-Universität in Erlangen,<br />

wo er 2005 zur „Rolle von ACE Inhibitoren in <strong>der</strong><br />

vaskulären Entzündung“ promoviert wurde. Von<br />

2004 bis 2008 arbeitete er in <strong>der</strong> Abteilung für<br />

Physiologie und Pharmakologie am Karolinska<br />

Institutet in Stockholm, Schweden. Dort wurde<br />

Söhnlein 2008 zum Ph.D. in Physiologie zur „Rolle<br />

von Granulaproteinen aus neutrophilen Granulozyten<br />

in <strong>der</strong> akuten Entzündung“ promoviert.<br />

Im Anschluss kam er ans Institut für Molekulare<br />

Herzkreislaufforschung (IMCAR) an die RWTH<br />

Aachen, wo er im Kontext einer umfangreichen<br />

DFG-För<strong>der</strong>ung eine Arbeitsgruppe zur Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Rolle neutrophiler Granulozyten in <strong>der</strong><br />

Atherosklerose aufbaute. In Aachen habilitierte er<br />

sich auch in Experimenteller Medizin. Nach <strong>der</strong><br />

Verleihung des hoch dotierten Vidi-Preises <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>ländischen Organisation für Wissenschaftliche<br />

Forschung (NWO) arbeitete Söhnlein 2012 in<br />

<strong>der</strong> Abteilung für Pathologie des Academic Medical<br />

Centers <strong>der</strong> Universität Amsterdam, von wo er<br />

durch die Berufung an die <strong>LMU</strong> zurückgekehrt ist.<br />

Für seine Arbeiten zur Rolle <strong>der</strong> neutrophilen<br />

Granulozyten in vaskulären Entzündungen erhielt<br />

Professor Söhnlein verschiedene Preise, darunter<br />

den Hermann Rein Pries und den Adumed-Forschungspreis.<br />

Seine Arbeiten wurden in hochrangigen<br />

Zeitschriften wie „Circulation“, „Journal<br />

of Clinical Investigation“, „Science Translational<br />

Medicine“ und „Nature Reviews Immunology“<br />

publiziert. An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> freut er sich auf die enge<br />

Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen – sowohl<br />

am Institut als auch in den bestehenden Forschungsverbünden.<br />

Er möchte dazu beitragen, die<br />

herausragende Forschungsqualität des Instituts<br />

weiter zu stärken, das auf internationalem Niveau<br />

in <strong>der</strong> Herzkreislaufforschung eine Spitzenstellung<br />

einnimmt.<br />

■ Prof. Dr. Gunnar Schotta<br />

Medizinische Fakultät<br />

Professor Gunnar Schotta wurde zum 1. Oktober<br />

2013 als W2-Professor für Molekulare Epigenetik<br />

ans Adolf-Butenandt-Institut für Physiologische<br />

Chemie, Physikalische Biochemie und Zellbiologie<br />

<strong>der</strong> Medizinischen Fakultät <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> berufen. In<br />

<strong>der</strong> Forschung interessiert ihn vor allem, welche<br />

Mechanismen <strong>der</strong> Genregulation in Zellen existieren,<br />

welche Kontrollmechanismen bewirken,<br />

dass eine Stammzelle in eine bestimmte Richtung<br />

differenzieren kann und wie repetitive Bereiche im<br />

Genom in Schach gehalten werden.<br />

Geboren wurde Schotta 1972 in Meißen. Für seine<br />

Doktorarbeit an <strong>der</strong> Martin-Luther-Universität in<br />

Halle arbeitete er am Drosophila-Modell, um die<br />

Ausbildung von Genrepression zu studieren. Anschließend<br />

verließ er Deutschland in Richtung Österreich,<br />

um am Forschungsinstitut für Molekulare<br />

Pathologie (IMP) in Wien als Postdoc tätig zu sein.<br />

Dort lag sein Fokus weiter an <strong>der</strong> Genstilllegung,<br />

allerdings wechselte er das Modellsystem, um näher<br />

an die angewandte Forschung angebunden<br />

zu sein. Während dieser Zeit entdeckte er neue<br />

Enzyme, die bestimmte Verän<strong>der</strong>ungen an Histonproteinen<br />

anbringen. Dies ist wichtig, um die Stilllegung<br />

von Geno<strong>mb</strong>ereichen zu bewerkstelligen.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte sich <strong>der</strong> 41-Jährige weiterhin<br />

im Mausmodell mit den Mechanismen <strong>der</strong> Genregulation<br />

beschäftigen. Sein Fernziel ist es, zu<br />

verstehen, wie die Genregulation funktioniert und<br />

wie damit Zellen einen stabilen Differenzierungszustand<br />

erreichen. Dieses Wissen will er nutzen,<br />

um gezielt Zellen in bestimmte Richtungen programmieren<br />

zu können und dadurch eventuell<br />

Möglichkeiten für regenerative Therapieverfahren<br />

zu schaffen.<br />

■ Prof. Dr. Anja Ballis<br />

Fakultät für Sprach- und<br />

Literaturwissenschaften<br />

Seit 1. Oktober 2013 ist Anja Ballis Professorin für<br />

Didaktik <strong>der</strong> deutschen Sprache und Literatur sowie<br />

<strong>der</strong> Didaktik des Deutschen als Zweitsprache.<br />

N R . 1 • 2014 Menschen<br />

35


NEUBERUFEN<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

36<br />

1 Prof. Dr. Sven Bachmann<br />

Ihre Forschungsinteressen sind weit gefächert: Sie<br />

umfassen die Erforschung von Bildungsmedien,<br />

die Rezeption von Holocaustliteratur durch Schülerinnen<br />

und Schüler sowieso den Umgang mit<br />

Heterogenität im Deutschunterricht.<br />

Ballis ist Jahrgang 1969. Nach einem Studium <strong>der</strong><br />

Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde für<br />

das gymnasiale Lehramt an den Universitäten Erlangen-Nürnberg,<br />

Marburg und Augsburg wurde<br />

sie 1999 an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit einer literarhistorischen<br />

Studie zu „Literatur in Ansbach“ promoviert. Im<br />

Anschluss an die Promotion absolvierte sie das<br />

Referendariat und arbeitete als Studienrätin, bis<br />

sie 2004 an die Universität Augsburg als Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin zurückkehrte. Dort<br />

habilitierte sie sich 2008 mit einer empirisch<br />

ausgerichteten Arbeit zur „Schriftsprachlichen<br />

För<strong>der</strong>ung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“.<br />

Bis zu ihrer Berufung an die <strong>LMU</strong> war<br />

sie von 2007 bis 2013 als Professorin an <strong>der</strong> Pädagogischen<br />

Hochschule in Weingarten.<br />

Mit ihren zukünftigen Forschungsvorhaben an <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong> will Professor Ballis an bisherige Projekte<br />

anknüpfen und diese weiterentwickeln. Hierbei<br />

interessiert sie insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Einfluss von Bildungsmedien<br />

auf Lehr- und Lernprozesse. Darüber<br />

hinaus wird sie die empirische Ausrichtung<br />

<strong>der</strong> Fachdidaktik Deutsch vorantreiben und ein<br />

international und interdisziplinär dimensioniertes<br />

Projekt zur Holocaust Education initiieren, das<br />

pädagogische Konzepte ebenso berührt wie die<br />

Nachhaltigkeit <strong>der</strong> aufgelegten Programme. In <strong>der</strong><br />

forschenden Lehre wird <strong>der</strong> Fokus auf <strong>der</strong> Thematisierung<br />

von Heterogenität im Deutschunterricht<br />

liegen, um Schüler mit beson<strong>der</strong>em För<strong>der</strong>bedarf<br />

bestmöglich einzuschätzen, gemäß ihren Fähigkeiten<br />

zu för<strong>der</strong>n und angehende Lehrkräfte auf<br />

diese zukünftigen Herausfor<strong>der</strong>ungen vorzubereiten.<br />

■ Prof. Dr. Sven BachMann<br />

fakultät für MatheMatik,<br />

inforMatik unD StatiStik<br />

Professor Sven Bachmann ist seit 1. Oktober 2013<br />

W2-Professor am Institut für Mathematik im Rahmen<br />

des Elite-Masterstudiengangs „Theoretische<br />

und Mathematische Physik (TMP)“. Seine Forschung<br />

gilt den Eigenschaften von quantenmechanischen<br />

Mehrkörpersystemen in <strong>der</strong> Festkörperphysik,<br />

die nur durch eine rigorose mathematische<br />

Analyse auszuforschen sind. „Dabei ist die Wechselwirkung<br />

zwischen physikalischem Verständnis<br />

und mathematischer Abstraktion sehr fruchtbar“,<br />

erklärt Bachmann. Neue mathematische Methoden<br />

führen zu einem verfeinerten physikalischen<br />

Bild, wie er kürzlich über die sogenannten Phasen<br />

<strong>der</strong> Spin-Systeme (Magneten) erforscht hat.<br />

Geboren wurde Bachmann 1980 in <strong>der</strong> Westschweiz<br />

„mit Ausblick über die Alpen“, wie er<br />

erzählt. Nach seinem Master in Physik an <strong>der</strong><br />

École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL)<br />

wurde er am Institut für Theoretische Physik <strong>der</strong><br />

Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich<br />

(ETH) promoviert. Seine Doktorarbeit handelte<br />

von mathematischen Aspekten <strong>der</strong> statistischen<br />

Physik aus dem Gleichgewicht, genauer über Ströme<br />

von Teilchen und <strong>der</strong>en thermische und quantenmechanische<br />

Fluktuationen. Dabei war die fundamentale<br />

Struktur des Problems nur unter <strong>der</strong><br />

Verwendung passen<strong>der</strong> mathematischer Instrumente<br />

zu verstehen. Anschließend war Bachmann<br />

an <strong>der</strong> University of California in Davis, USA, „Arthur<br />

J. Krener Assistant Professor“ und Postdoc.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> konzentriert sich Professor Bachmann<br />

insbeson<strong>der</strong>e auf das TMP-Programm, die<br />

mathematischen Methoden <strong>der</strong> Quantenmechanik,<br />

Seminare über diverse Forschungsthemen<br />

<strong>der</strong> mathematischen Physik und auf die statistische<br />

Physik. Beson<strong>der</strong>s wichtig ist ihm dabei, wie<br />

abstrakte Mathematik dazu beiträgt, physikalische<br />

Phänomene grundsätzlich zu verstehen.<br />

■ Prof. Dr. florian alt<br />

fakultät für MatheMatik,<br />

inforMatik unD StatiStik<br />

Professor Florian Alt ist seit Oktober 2013 Professor<br />

am Lehrstuhl für Angewandte Informatik<br />

und Medieninformatik <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>. Seine Lehr- und<br />

Forschungsinteressen liegen an <strong>der</strong> Schnittstelle<br />

zwischen Pervasive Computing und <strong>der</strong> Mensch-<br />

Computer-Interaktion. Er interessiert sich für ubiquitäre<br />

interaktive Systeme, speziell Interaktion im<br />

öffentlichen Raum, Interaktion mit mobilen Endgeräten,<br />

blickbasierte Interaktion und benutzbare<br />

Sicherheit.<br />

Florian Alt studierte Medieninformatik an <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong>. Zwischen 2008 und 2012 arbeitete er als<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter an <strong>der</strong> Universität<br />

Duisburg-Essen und später an <strong>der</strong> Universität<br />

Stuttgart, wo er 2012 mit dem Thema „A Design<br />

Space for Pervasive Advertising on Public Displays“<br />

promoviert wurde. Von 2009 bis 2012 war<br />

Alt technischer Leiter an den Partneruniversitäten<br />

in Essen und Stuttgart für das EU-Projekt „PD-<br />

Net“, das sich mit öffentlichen Großbildschirmen


NEUBERUFEN<br />

als Kommunikationsmedium <strong>der</strong> Zukunft beschäftigte.<br />

2011 forschte er als Gastwissenschaftler an<br />

den Telekom Innovations Labs <strong>der</strong> TU Berlin und<br />

war als Gastdozent für Pervasive Computing an<br />

<strong>der</strong> Universität Duisburg-Essen und für Unconventional<br />

User Interaction an <strong>der</strong> Universität Linz,<br />

Österreich, tätig. Vor seiner Promotion arbeitete<br />

Alt als Webentwickler für Pinnacle Systems in<br />

Mountain View und als IT-Spezialist für Schreiner<br />

MediPharm LP in New York, beide USA.<br />

Darüber hinaus ist Alt regelmäßig im Organisations-<br />

und Programmkomitee verschiedener Konferenzen<br />

vertreten, wie zum Beispiel <strong>der</strong> ACM<br />

SIGCHI Conference on Human Factors (WiP), <strong>der</strong><br />

ACM Conference on the World Wide Web (WWW),<br />

<strong>der</strong> International Conference on Mobile and Ubiquitous<br />

Multimedia (MUM) sowie dem Symposium<br />

on Pervasive Displays (PerDis). Zudem arbeitet<br />

er unter an<strong>der</strong>em als Gutachter für ACM SIGCHI,<br />

Ubicomp, NordiCHI sowie für die Fachzeitschriten<br />

IEEE Computer und IEEE Pervasive Computing.<br />

■ Prof. Dr. lutz S. GöhrinG<br />

tierärztliche fakultät<br />

Professor Lutz Göhring ist seit 1. April 2013 W3-<br />

Professor für Innere Medizin und Reproduktion<br />

des Pferdes an <strong>der</strong> Tierärztlichen Fakultät <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong>. Davor war er Associate Professor an <strong>der</strong><br />

Colorado State University in Fort Collins, Colorado,<br />

USA, und Juniordozent an <strong>der</strong> Tierärztlichen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Universität Utrecht in den Nie<strong>der</strong>landen.<br />

An beiden Standorten hat er an <strong>der</strong> Neuropathogenese<br />

des Equiden Herpesvirus (Typ 1) beim<br />

Pferd geforscht. Dieses Virus kann nach Infektion<br />

<strong>der</strong> oberen Atemwege beim erwachsenen Pferd<br />

ein infarktähnliches Bild im Rückenmark verursachen,<br />

das Lähmungserscheinungen mit sich<br />

bringt. An dieser Problematik wird Göhring auch<br />

in München weiterhin und in enger Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Virologie <strong>der</strong> Tierärztlichen Fakultät<br />

arbeiten.<br />

Nach seinem Studium <strong>der</strong> Tiermedizin an <strong>der</strong> Universität<br />

Utrecht war Göhring in <strong>der</strong> Zeit von 1993<br />

bis 1995 in Bayern tätig. Als Praxisassistent arbeitete<br />

er im mittelfränkischen Simmelsdorf. Seine<br />

klinische Weiterbildung und Spezialisierung absolvierte<br />

er in den USA am Marion DuPont Scott<br />

Equine Medical Center in Leesburg, Virginia. Er<br />

ist Diplomate im American College of Veterinary<br />

Internal Medicine und klinische Schwerpunktthemen<br />

sind für ihn die Neurologie sowie Neuropathologie<br />

beim Pferd und die Infektionserkrankungen<br />

des Pferdes.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte Professor Göhring neben den<br />

Forschungen am Equiden Herpesvirus vor allem<br />

zur objektiven Diagnostik von neurologischen<br />

Erkrankungen beim Pferd beitragen. Dabei wird<br />

es sich insbeson<strong>der</strong>e um Erkrankungen handeln,<br />

die das Gangvermögen des Pferdes beeinflussen.<br />

Dies wird in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Neurologiegruppe<br />

<strong>der</strong> Medizinischen Kleintierklinik und <strong>der</strong><br />

Neuropathologie <strong>der</strong> Tierärztlichen Fakultät stattfinden.<br />

Weitere Schwerpunkte seiner Abteilung<br />

sind die chronischen Atemwegserkrankungen bei<br />

Pferden und Fertilitätsstörungen bei Stute und<br />

Hengst.<br />

■ Prof. Dr. SuSanne GöDDe<br />

fakultät für SPrach- unD<br />

literaturwiSSenSchaften<br />

Susanne Gödde wurde zum 1. Nove<strong>mb</strong>er 2013<br />

zur Professorin für Griechische Philologie und<br />

Religionswissenschaft <strong>der</strong> Antike an <strong>der</strong> Fakultät<br />

für Sprach- und Literaturwissenschaften ernannt.<br />

Während ihre Lehre sich auf alle Epochen <strong>der</strong> antiken<br />

griechischen Literatur erstreckt, liegen ihre<br />

Forschungsschwerpunkte insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> archaischen<br />

und klassischen Zeit, wobei das Epos,<br />

die Tragödie beziehungsweise die Institution des<br />

antiken Theaters sowie die Rhetorik im Zentrum<br />

stehen. Darüber hinaus forscht Professor Gödde<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> Religionsgeschichte <strong>der</strong> Antike<br />

etwa zum Polytheismus, zur Kultgeschichte<br />

einzelner Götter und Heroen sowie zur rituellen<br />

Praxis. Schließlich befasst sich die Literatur- und<br />

Religionswissenschaftlerin in <strong>der</strong> Lehre wie in <strong>der</strong><br />

Forschung mit <strong>der</strong> Transformationsgeschichte <strong>der</strong><br />

Mythologie in mo<strong>der</strong>ner Literatur und Kunst bis<br />

hin zur Rezeption antiker Mythen in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Kulturtheorie.<br />

Susanne Gödde, geboren 1965, wurde nach ihrem<br />

Studium <strong>der</strong> Griechischen Philologie, Germanistik<br />

und Klassischen Archäologie an <strong>der</strong> Westfälischen<br />

Wilhelms-Universität Münster 1996 Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kulturwissenschaftliche<br />

Anthropologie <strong>der</strong> Universität Pa<strong>der</strong>born.<br />

1999 wurde sie mit ihrer Arbeit „Das Drama<br />

<strong>der</strong> Hikesie. Ritual und Rhetorik in Aischylos’<br />

Hiketiden“ promoviert. Bis 2006 war sie Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin am Institut für Religionswissenschaft<br />

<strong>der</strong> Freien Universität Berlin, wo sie<br />

sich zum Thema „Euphêmia – Die gute Rede in<br />

Kult und Literatur <strong>der</strong> griechischen Antike“ habilitierte.<br />

Von 2008 bis Oktober 2013 hat Gödde den<br />

Lehrstuhl für Griechische Philologie I an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />

vertreten. Sie ist seit 2012 Principal Investigator<br />

<strong>der</strong> altertumswissenschaftlichen Graduate School<br />

1 Prof. Dr. Susanne Gödde<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

37


NEUBERUFEN<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

38<br />

1 Prof. Dr. Álvaro S. octavio de<br />

toledo y huerta<br />

„Distant Worlds“ sowie im Internationalen Doktorandenkolleg<br />

„Mimesis“.<br />

Im Rahmen ihrer neuen Professur möchte Susanne<br />

Gödde in <strong>der</strong> Lehre Studierende dafür gewinnen,<br />

ihre philologischen Kompetenzen mit kulturwissenschaftlichen<br />

Fragestellungen zu verbinden.<br />

Anvisiert ist auch eine Zusammenarbeit mit dem<br />

interfakultären Studiengang Religionswissenschaft.<br />

Derzeit arbeitet Professor Gödde an einer<br />

Einführung in die griechisch-römische Mythologie.<br />

In Vorbereitung ist ein Forschungsprojekt<br />

mit dem Titel „Opfer und Gewalt: Kulturgründung<br />

in antiken Narrativen und mo<strong>der</strong>ner Theorie“.<br />

■ Prof. Dr. annette nicke<br />

fakultät für MeDizin<br />

Annette Nicke wurde mit Wirkung vom 1. Oktober<br />

2013 zur Professorin für Molekulare Toxikologie<br />

und Pharmakologie an <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät<br />

ernannt. Sie interessiert sich bereits seit Langem<br />

für die Struktur, Funktion und Subtypcharakterisierung<br />

von Me<strong>mb</strong>ranproteinen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

Transportern und Liganden-gesteuerten Ionenkanälen,<br />

sowie die Struktur-Wirkungsbeziehungen<br />

von Peptid-Toxinen. Ihre <strong>der</strong>zeitigen Schwerpunkte<br />

sind die Untersuchung <strong>der</strong> molekularen<br />

Funktion und Dynamik Liganden-gesteuerter Ionenkanäle<br />

mittels optischer Methoden sowie die<br />

Bestimmung <strong>der</strong> Lokalisation und Regulation von<br />

ATP-gesteuerten P2X-Rezeptoren und ihrer Protein-Protein-Interaktionen.<br />

Geboren wurde Nicke 1969 im nie<strong>der</strong>sächsischen<br />

Bückeburg. Im Anschluss an ihr Pharmaziestudium<br />

an <strong>der</strong> Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in<br />

Frankfurt am Main wurde sie 1994 als Apothekerin<br />

approbiert. Es folgte 1999 ihre Doktorarbeit<br />

zum Thema „Determination of the quaternary<br />

structure of the P2X receptor“ und nach einem<br />

Auslandsaufenthalt in Australien im Rahmen eines<br />

Emmy-Noether-Stipendiums habilitierte sie sich<br />

im Jahr 2009 mit einem Heisenberg-Stipendium<br />

<strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />

mit <strong>der</strong> Arbeit „Untersuchung <strong>der</strong> Oligomerisierung<br />

und Ligandenbindung von Neurotransmittergesteuerten<br />

Ionenkanälen“. Bis zu ihrem Wechsel<br />

nach München war Nicke Projektgruppenleiterin<br />

an den Max-Planck-Instituten für Hirnforschung<br />

in Frankfurt am Main und Experimentelle Medizin<br />

in Göttingen.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte sich Professor Nicke stark auf<br />

die Aufklärung <strong>der</strong> molekularen Funktion von Ionenkanalrezeptoren<br />

konzentrieren. „Diese Arbeiten<br />

fokussieren auf den P2X-Rezeptor und dienen<br />

als Grundlage zur Entwicklung Subtyp-selektiver<br />

Arzneistoffe und zur Identifizierung von Möglichkeiten<br />

zur Modulation <strong>der</strong> Rezeptorfunktion“,<br />

erklärt die Pharmazeutin. Außerdem möchte sie<br />

P2X-Rezeptoren als therapeutische Zielstrukturen<br />

validieren. Dazu müssen zukünftig die physiologischen<br />

und pathophysiologischen Funktionen von<br />

P2X-Rezeptoren aufgeklärt werden.<br />

■ Prof. Dr. Álvaro S. octavio<br />

De toleDo y huerta<br />

fakultät für SPrach- unD<br />

literaturwiSSenSchaften<br />

Álvaro S. Octavio de Toledo y Huerta ist im Oktober<br />

2013 zum Juniorprofessor für Romanische<br />

Philologie an <strong>der</strong> Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften<br />

an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ernannt worden.<br />

Sein Forschungsgebiet ist die spanische Sprachwissenschaft,<br />

vor allem die historische Syntax <strong>der</strong><br />

romanischen Sprachen und die iberoromanischen<br />

Varietäten. In seinen Vorlesungen und Übungen<br />

referiert er dementsprechend über die Grammatikalisierung<br />

in den romanischen Sprachen.<br />

Geboren wurde Octavio de Toledo y Huerta 1976<br />

in Madrid. Nach seinem Sprach- und Literaturstudium<br />

an <strong>der</strong> dortigen Universidad Complutense<br />

ging es für ein Auslandsstudium an die Université<br />

Paris IV in Sorbonne, Frankreich. Zurück in Spanien<br />

folgte <strong>der</strong> Magister in spanischer Linguistik<br />

zum Thema „Norm and Use of the Perfect Tenses<br />

in Spanish Grammars from the 16–17th Centuries“.<br />

Von 2002 bis 2006 war <strong>der</strong> heute 37-Jährige<br />

jeweils am Campus in Madrid Lehrassistent an <strong>der</strong><br />

Universidad Complutense, <strong>der</strong> Université de Toulouse<br />

II-Le Mirail, <strong>der</strong> Van<strong>der</strong>bilt University und<br />

<strong>der</strong> Universidades Norteamericanas Reunidas.<br />

2012 absolvierte <strong>der</strong> Sprachwissenschaftler seinen<br />

Ph.D. an <strong>der</strong> Universität Tübingen mit <strong>der</strong> Arbeit<br />

„A History of Locative Relations in Spanish“.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte Professor Octavio de Toledo y<br />

Huerta in den nächsten drei Jahren seine Habilitation<br />

und an<strong>der</strong>e Publikationen über das 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

als Sprachepoche im Spanischen verfassen.<br />

„Mein Ziel in <strong>der</strong> Lehre ist es, die Studierenden<br />

zu einer stärker philologisch und sprachhistorisch<br />

geprägten Betrachtung <strong>der</strong> spanischen und hispanischen<br />

Texten aufzufor<strong>der</strong>n“, erläutert er. In<br />

seiner Freizeit bleibt <strong>der</strong> Professor ebenfalls den<br />

Sprachen treu: Sein Hobby ist das Erlernen nichtromanischer<br />

Sprachen wie Polnisch, Baskisch,<br />

Neugriechisch, Hebräisch o<strong>der</strong> Quiché, einer Maya-Sprache<br />

in Guatemala.


NEUBERUFEN<br />

■ Prof. Dr. Mark henGerer<br />

fakultät für GeSchichtS- unD<br />

kunStwiSSenSchaften<br />

An <strong>der</strong> Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften<br />

ist Mark Hengerer zum 1. Oktober 2013<br />

zum Professor für Geschichte <strong>der</strong> frühen Neuzeit<br />

ernannt worden. Neben <strong>der</strong> westeuropäischen Geschichte<br />

wird die Geschichte des Heiligen Römischen<br />

Reiches einen Schwerpunkt bilden. Passend<br />

dazu lehrt Hengerer aktuell zum Dreißigjährigen<br />

Krieg, zum Westfälischen Frieden sowie zum<br />

politischen System des Ancien Régime und zum<br />

Frankreich in <strong>der</strong> Frühen Neuzeit.<br />

Hengerer wurde 1971 in Neustadt in Holstein geboren<br />

und ist an <strong>der</strong> Nordsee aufgewachsen. Nach<br />

dem Abitur an <strong>der</strong> Kaiser-Karl-Schule in Itzehoe<br />

studierte er unter an<strong>der</strong>em Geschichte, Philosophie<br />

und Latein an den Universität Münster und<br />

Wien. 1996 ging er für die Arbeit an <strong>der</strong> Dissertation<br />

nach Konstanz. Die Promotion erfolgte 2002,<br />

Thema <strong>der</strong> Dissertation war das Verhältnis von<br />

Kaiserhof und Adel im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t. Während<br />

seiner Zeit als Wissenschaftlicher Assistent im<br />

Fachbereich Geschichte und Soziologie war er als<br />

Gastwissenschaftler an <strong>der</strong> südböhmischen Universität<br />

Budweis, Tschechien, und für zwei Jahre<br />

Gastforscher in Frankreich am Maison des Sciences<br />

de l‘Homme in Paris. Zurzeit forscht er auch zu<br />

den Häfen <strong>der</strong> französischen Hauptstadt.<br />

Bisher hat Hengerer mehrere Monografien und<br />

Sammelbände sowie zahlreiche Fachartikel zu den<br />

Themen Hof, Adel, Verwaltung, Memoria und jüdische<br />

Geschichte verfasst beziehungsweise herausgegeben.<br />

Zudem hat er Vorträge unter an<strong>der</strong>em<br />

auf Konferenzen in Frankreich, Luxe<strong>mb</strong>urg, England,<br />

Polen, Rumänien, Tschechien, Griechenland<br />

sowie den USA gehalten. Privat interessiert er sich<br />

für das Ballett sowie die Oper. Zudem musiziert er<br />

auch selbst – wenn seine beiden Kin<strong>der</strong> es zulassen.<br />

bau <strong>der</strong> Mutter-Kind-Behandlungseinheit besitzt<br />

inzwischen deutschlandweit Modellcharakter.<br />

Zudem befasst sich Reck in mehreren Drittmittel-geför<strong>der</strong>ten<br />

Forschungsprojekten mit Fragestellungen,<br />

bei denen etwa <strong>der</strong> Einfluss prä- und<br />

postpartaler Störungen <strong>der</strong> Mutter auf die Mutter-<br />

Kind-Interaktion, die kindliche emotionale und<br />

kognitive Entwicklung sowie neurobiologische<br />

Parameter <strong>der</strong> Stressreaktivität und epigenetische<br />

Prozesse im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Ergänzt werden<br />

diese Arbeiten durch Projekte zur Prävalenz von<br />

prä- und postpartalen Depressionen und Angststörungen<br />

sowie einer im Rahmen eines Projektes des<br />

Bundesministeriums für Bildung und Forschung<br />

aktuell laufenden randomisierten Psychotherapiestudie.<br />

Über fundierte Lehrerfahrung verfügt Reck<br />

sowohl im Bereich <strong>der</strong> Klinischen Entwicklungspsychologie<br />

des Kindes- und Jugendalters als auch<br />

<strong>der</strong> Interventionspsychologie.<br />

An <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> möchte Reck insbeson<strong>der</strong>e im Kin<strong>der</strong>-<br />

und Jugendbereich die Identifikation interaktioneller<br />

und störungsspezifischer Risikofaktoren<br />

<strong>der</strong> transgenerationalen Vermittlung von<br />

psychischen Störungen untersuchen. „Basierend<br />

auf dem Befund, dass Kin<strong>der</strong> von angstgestörten<br />

depressiven Müttern ein deutlich erhöhtes Risiko<br />

aufweisen, selbst an einer psychischen Störung zu<br />

erkranken, soll in Kooperation mit dem Lehrstuhl<br />

für Klinische Psychologie, dem Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie,<br />

<strong>der</strong> Begabungspsychologischen<br />

Beratungsstelle sowie mit international führenden<br />

Wissenschaftlern des Forschungsbereichs<br />

ein Interventionsprogramm zur Prävention kindlicher<br />

psychischer Störungen sowie kognitiver<br />

und affektiver Defizite entwickelt werden“, erklärt<br />

Reck. In <strong>der</strong> Lehre ist ihr insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Transfer<br />

von empirischen und theoretisch vermittelten<br />

Lehrinhalten in die Praxis sowie die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Kreativität und Entwicklung eigener Forschungsideen<br />

<strong>der</strong> Studierenden ein Anliegen.<br />

1 Prof. Dr. corinna reck<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

39<br />

■ Prof. Dr. corinna reck<br />

fakultät für PSycholoGie<br />

unD PäDaGoGik<br />

Professor Corinna Reck hat am 1. Nove<strong>mb</strong>er 2013<br />

die Professur für „Klinische Psychologie des Kindes-<br />

und Jugendalters“ an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> angetreten.<br />

Zuvor war sie als Leitende Psychologin in <strong>der</strong> Klinik<br />

für Allgemeine Psychiatrie des Universitätsklinikums<br />

Heidelberg tätig.<br />

Die 49-Jährige verbindet ihre klinische Arbeit mit<br />

<strong>der</strong> Forschung. Der von ihr direkt nach <strong>der</strong> Promotion<br />

an <strong>der</strong> Universität Heidelberg initiierte Auf-<br />

hinweis <strong>der</strong> redaktion: Eine vollständige<br />

Liste <strong>der</strong> Neuberufenen findet sich im Internet<br />

unter www.lmu.de/aktuelles/neuberufen


PREISE & EHRUNGEN<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

40<br />

1 Prof. Dr. ferenc krausz<br />

1 Prof. Dr. immanuel Bloch<br />

■ otto-hahn-PreiS für ferenc krauSz<br />

Professor Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-<br />

Institut für Quantenoptik in Garching und Leiter<br />

des Lehrstuhls für Experimentalphysik an <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong>, erhält den mit 50.000 Euro dotierten Otto-<br />

Hahn-Preis. Der ungarisch-österreichische Physiker<br />

wird für seine bahnbrechenden Arbeiten auf<br />

dem Gebiet <strong>der</strong> Attosekundenphysik, also <strong>der</strong><br />

Erforschung von Elektronenbewegungen, geehrt.<br />

Die Auszeichnung wird von <strong>der</strong> Stadt Frankfurt,<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und<br />

<strong>der</strong> Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG)<br />

alle zwei Jahre vergeben.<br />

Im Jahr 2001 gelang es Ferenc Krausz und seinem<br />

Team erstmals, einzelne Attosekunden-Lichtblitze<br />

aus extrem ultraviolettem Licht experimentell zu<br />

erzeugen und zu messen (eine Attosekunde ist<br />

ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde). Diese<br />

Ergebnisse markierten den Beginn <strong>der</strong> Attosekundenphysik<br />

und setzten damit einen Meilenstein in<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft. Die Attosekunden-Lichtblitze<br />

ermöglichten es erstmals, die ultraschnellen Bewegungen<br />

von Elektronen sichtbar zu machen,<br />

sie quasi zu fotografieren. In den letzten Jahren<br />

gelangen Ferenc Krausz und seinen Mitarbeitern<br />

zahlreiche Echtzeit-Filmaufnahmen <strong>der</strong> Bewegung<br />

von Elektronen in Molekülen und Atomen.<br />

Mit ultrakurzen Lichtblitzen könnte man künftig<br />

auch in <strong>der</strong> Lage sein, Elektronen zu steuern und<br />

damit die Elektronik extrem zu beschleunigen.<br />

Auch hier hat das Team um Ferenc Krausz wegweisende<br />

Erkenntnisse erzielt: So konnten die Forscher<br />

um Krausz im Jahr 2012 erstmals zeigen,<br />

dass man grundlegende Materialeigenschaften,<br />

und damit vor allem das Verhalten von Elektronen,<br />

mit <strong>der</strong> Frequenz von Licht verän<strong>der</strong>n kann.<br />

■ lMu-PhySiker erhält<br />

Senior international Bec awarD<br />

Das Preiskomitee <strong>der</strong> Bose-Einstein-Konferenzen<br />

hat Professor Immanuel Bloch, Direktor am<br />

Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und<br />

ordentlicher Professor für Experimentalphysik<br />

an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, mit dem Senior International BEC<br />

Award 2013 ausgezeichnet. Damit werden Blochs<br />

„bahnbrechende experimentelle Beiträge zur<br />

Physik von Quanten-Vielteilchensystemen aus<br />

kalten Atomen in optischen Gittern“ gewürdigt.<br />

Seit <strong>der</strong> Entdeckung <strong>der</strong> Bose-Einstein-Kondensate<br />

– einer sehr speziellen und exotischen Form<br />

von Materie – im Jahr 1995 werden die BEC-Konferenzen<br />

alle zwei Jahre an verschiedenen Orten<br />

abgehalten. „Sie stellen einen Höhepunkt <strong>der</strong><br />

Tagungen über die Physik ultrakalter Atome dar,<br />

da nahezu alle herausragenden auf diesem Gebiet<br />

forschenden Gruppen teilnehmen“, so Professor<br />

Bloch. Die International BEC Awards werden seit<br />

2011 vergeben. Diesjähriger Preisträger des Junior-Preises<br />

ist Professor Markus Greiner (Harvard<br />

University), <strong>der</strong> während seiner Doktorarbeit am<br />

MPQ forschte.<br />

■ auSzeichnunG für<br />

lMu-MeDizinforScher<br />

Zwei Forscher sind die diesjährigen Träger des<br />

„Thieme Preises <strong>der</strong> Leopoldina für Medizin“.<br />

Stylianos Michalakis vom Department Pharmazie<br />

an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und Regine Mühlfriedel von <strong>der</strong><br />

Universität Tübingen erhalten die mit 15.000 Euro<br />

dotierte Auszeichnung für ihre Arbeiten auf dem<br />

Gebiet <strong>der</strong> Gentherapie bei erblichen Netzhauterkrankungen<br />

des Auges.<br />

Michalakis und Mühlfriedel haben als interdisziplinäres<br />

Forscherteam im DFG-Projekt „Evaluation<br />

<strong>der</strong> Wirksamkeit lokaler Gentherapie bei<br />

CNG Kanal-defizienten Mausmodellen für erbliche<br />

Netzhauterkrankungen“ gemeinsam erstaunliche<br />

Ergebnisse erzielen können. Ziel war die Gentherapie<br />

zweier wichtiger Erkrankungen aus dem<br />

Spektrum <strong>der</strong> erblichen Netzhautdegenerationen.<br />

Diese Krankheiten können im fortgeschrittenen<br />

Stadium zur Erblindung führen. Der 38-Jährige<br />

hat in beiden Projekten die therapeutischen Viren<br />

entwickelt, produziert und getestet. Anschließend<br />

hat die 39-Jährige damit die Mausmodelle<br />

therapiert. So ist es ihnen gelungen, Mäusen eine<br />

komplett fehlende Sinnesqualität zu ermöglichen:<br />

stäbchen- beziehungsweise zapfenvermitteltes<br />

Sehen. Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für zukünftige<br />

klinische Anwendungen ist, dass die Mäuse auch<br />

ein durch Stäbchen- respektive Zapfensehen beeinflusstes<br />

Verhalten entwickelten.<br />

Der Thieme Preis wird von <strong>der</strong> gleichnamigen<br />

Verlagsgruppe seit 2007 gemeinsam mit <strong>der</strong> Nationalen<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften Leopoldina<br />

alle zwei Jahre an junge Wissenschaftler vergeben,<br />

die wesentliche neue Erkenntnisse für die<br />

Ätiologie, Pathogenese, Therapie und Prävention<br />

menschlicher Erkrankungen erarbeitet haben.<br />

■ juriStin erhält kulturPreiS Bayern<br />

Dr. Daniela Schweigler erhält den diesjährigen<br />

Kulturpreis Bayern <strong>der</strong> Bayernwerk AG (vormals<br />

E.ON Bayern AG) für die <strong>LMU</strong>. Die Juristin wird<br />

für ihre Dissertation „Das Recht auf Anhörung eines<br />

bestimmten Arztes (§ 109 SGG) – Dogmatische


PREISE & EHRUNGEN<br />

Einordnung und sozialgerichtliche Praxis eines<br />

umstrittenen Prozessinstruments“ ausgezeichnet.<br />

Schweigler befasst sich in ihrer Arbeit mit dem<br />

Verfahren vor Sozialgerichten, in denen häufig<br />

komplexe medizinische Fragen aufgeworfen werden,<br />

etwa, ob ein Arbeitsunfall zu einer Min<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit geführt hat. Um eine<br />

Entscheidung zu treffen, nimmt das Sozialgericht<br />

oft die Hilfe ärztlicher Sachverständiger in Anspruch.<br />

Dabei handelt das Gericht grundsätzlich<br />

von Amts wegen, das heißt, es entscheidet selbst<br />

über die Notwendigkeit einer medizinischen Begutachtung<br />

und bestimmt, wen es damit beauftragt.<br />

Hier kennt das Sozialgerichtsgesetz eine<br />

Beson<strong>der</strong>heit, die an<strong>der</strong>en Verfahrensordnungen<br />

fremd ist: Neben <strong>der</strong> Beauftragung eines Gutachters<br />

von Amts wegen kann die Klagepartei verlangen,<br />

dass das Gericht ein Gutachten einer Ärztin<br />

o<strong>der</strong> eines Arztes ihrer Wahl einholt. Methodisch<br />

verbindet die Dissertation Rechtsdogmatik und<br />

Rechtstatsachenforschung. Sie ordnet zunächst<br />

das Antragsrecht in die Systematik und die Prinzipien<br />

des Verfahrensrechts ein und fragt, welche<br />

Zwecke das Gesetz damit verfolgt.<br />

Mit dem Kulturpreis Bayern würdigt die Bayernwerk<br />

AG herausragende wissenschaftliche und<br />

künstlerische Leistungen an den bayerischen<br />

Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften<br />

und Kunsthochschulen. Dr. Daniela<br />

Schweigler gehört zu den 17 Preisträgern <strong>der</strong> Kategorie<br />

„Universitäten“. Sie erhält ein Preisgeld<br />

von 2.000 Euro.<br />

■ StePhan hartMann zuM<br />

ePSa-PräSiDenten Gewählt<br />

Professor Stephan Hartmann von <strong>der</strong> Fakultät für<br />

Philosophie, Wissenschaftstheorie und Religionswissenschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ist im Septe<strong>mb</strong>er 2013 in<br />

Helsinki, Finnland, zum Präsidenten <strong>der</strong> European<br />

Philosophy of Science Association (EPSA)<br />

gewählt worden. Er tritt damit die Nachfolge des<br />

österreichischen Wissenschaftshistorikers Friedrich<br />

Stadler an. Die EPSA wurde 2007 in Wien<br />

gegründet und soll den Austausch zwischen Studierenden<br />

und Wissenschaftsphilosophen auf <strong>der</strong><br />

ganzen Welt för<strong>der</strong>n. Hartmann ist bereits Alexan<strong>der</strong>-von-Hu<strong>mb</strong>oldt-Professor,<br />

Co-Direktor des<br />

Münchner Zentrums für Mathematische Philosophie<br />

(MCMP) und Mitglied des Governing Boards<br />

<strong>der</strong> amerikanischen Philosophy of Science Association<br />

(PSA). Seine Forschungs- und Lehrgebiete<br />

sind die Wissenschaftstheorie, Philosophie <strong>der</strong><br />

Physik, formale Erkenntnistheorie und soziale<br />

Erkenntnistheorie.<br />

■ vier lMu-wiSSenSchaftler<br />

erhalten erc-GrantS<br />

Der Professor für Theoretische Physik, Georgi<br />

Dvali, wird gemeinsam mit Professor Cesar Gomez<br />

(Instituto de Física Teórica, Madrid) vom Europäischen<br />

Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced<br />

Investigator Grant ausgezeichnet. Gemeinsam<br />

mit Cesar Gomez untersucht er in dem vom ERC<br />

geför<strong>der</strong>ten Projekt zwei fundamentale Fragestellungen<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> Gravitation: Zum einen<br />

erforschen die Wissenschaftler das Verhalten<br />

<strong>der</strong> Schwerkraft auf sehr kleinen Skalen, wo die<br />

beteiligten Teilchen sehr energiereich sind. Zum<br />

an<strong>der</strong>en geht es um die quantenphysikalischen<br />

Eigenschaften großer schwarzer Löcher.<br />

Einen weiteren Advanced Grant erhält Professor<br />

Martin Parniske, Forschungsgruppenleiter im<br />

Bereich Genetik an <strong>der</strong> Fakultät für Biologie. Er<br />

möchte im Rahmen seines ERC-Projekts am Beispiel<br />

<strong>der</strong> Rosenartigen untersuchen, welche genetischen<br />

Schalter betätigt werden müssen, um die<br />

Sy<strong>mb</strong>iose mit dem stickstofffixierenden Bakterium<br />

Frankia zu ermöglichen. Dieses Bakterium ist als<br />

Sy<strong>mb</strong>iont für die Forscher beson<strong>der</strong>s interessant,<br />

weil Frankia ein breites Wirtsspektrum hat und<br />

auch unter atmosphärischen Sauerstoffkonzentrationen<br />

Stickstoff fixiert.<br />

Der Geophysiker Professor Heiner Igel wurde<br />

ebenfalls mit einem Advanced Grant ausgezeichnet.<br />

Igel wird mithilfe des Grants einen neuartigen<br />

Rotationssensor zur Messung von Bodenbewegungen<br />

entwickeln. In München soll mithilfe des ERC<br />

Advanced Grants <strong>der</strong> erste in ein Observatorium<br />

integrierte Rotationssensor gebaut werden, <strong>der</strong><br />

die Bodenbewegungen vollständig aufzeichnet.<br />

Ebenso erhält Professor Magdalena Götz, Lehrstuhlinhaberin<br />

für Physiologische Genomik an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />

und Leiterin des Instituts für Stammzellforschung<br />

am Helmholtz Zentrum München, einen ERC Advanced<br />

Investigator Grant. Im Fokus <strong>der</strong> Wissenschaftlerin<br />

steht die Forschung an Zellen des Nervensystems.<br />

Götz untersucht, wie diese sich entwickeln,<br />

wie sie sich bei Schädigungen verhalten und<br />

wie sie bei einem Zellverlust ersetzt werden können.<br />

ERC Advanced Grants ehren europäische Forscher,<br />

die bereits herausragende Leistungen in<br />

den Wissenschaften erbracht haben. Damit sollen<br />

sie für ihre hoch innovativen Forschungsvorhaben<br />

die nötigen Freiheiten erhalten. Die Auszeichnung<br />

ist mit einem Preisgeld von bis zu 2,5 Millionen<br />

Euro dotiert.<br />

1 Prof. Dr. Stephan hartmann<br />

1 Prof. Dr. Magdalena Götz<br />

1 Prof. Dr. heiner igel<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

41


Preise & Ehrungen<br />

N R . 1 • 2014 Menschen<br />

42<br />

1 Prof. Dr. Michael Brenner<br />

Professor Götz ist zudem mit dem mit 50.000 Euro<br />

dotierten Ernst Schering Preis ausgezeichnet<br />

worden. Sie erhält den Preis für ihre wegweisenden<br />

Arbeiten zur Erforschung <strong>der</strong> molekularen<br />

Grundlagen <strong>der</strong> Gehirnentwicklung. Der Ernst<br />

Schering Preis ist einer <strong>der</strong> renommiertesten<br />

deutschen Wissenschaftspreise. Er wurde 1991<br />

von <strong>der</strong> Schering Forschungsgesellschaft ins Leben<br />

gerufen und wird seit 2003 jährlich vergeben.<br />

Ausgezeichnet werden herausragende Leistungen<br />

auf internationaler Ebene im Bereich <strong>der</strong> medizinischen,<br />

biologischen und chemischen Grundlagenforschung.<br />

Der Preis wird im Septe<strong>mb</strong>er 2014<br />

vergeben.<br />

■ Michael Brenner<br />

zum Präsidenten gewählt<br />

Professor Michael Brenner, Inhaber des Lehrstuhls<br />

für Jüdische Geschichte und Kultur an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>,<br />

ist zum Internationalen Präsidenten des Leo Baeck<br />

Instituts gewählt worden. Damit steht zum ersten<br />

Mal seit Gründung des Instituts im Jahr 1955 ein<br />

nach <strong>der</strong> Schoah geborener und in Deutschland<br />

lehren<strong>der</strong> Akademiker an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> führenden<br />

Institution zur Erforschung <strong>der</strong> deutsch-jüdischen<br />

Geschichte und Kultur.<br />

In den Jahren 1998 bis 2009 war Brenner Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft<br />

des Instituts und Internationaler Vizepräsident.<br />

Michael Brenners Vertreter sind Professor<br />

Shmuel Feiner (Jerusalem) und Professor David<br />

Rechter (Oxford).<br />

Das Leo Baeck Institut mit Zentren in Jerusalem,<br />

London und New York sowie einer Dependance am<br />

Jüdischen Museum Berlin hat das Ziel, das kulturelle<br />

Erbe des deutschsprachigen Judentums zu<br />

bewahren. Es verfügt über bedeutende Archivbestände<br />

und Bibliotheken und gibt das renommierte<br />

Year Book of the Leo Baeck Institute heraus. Erster<br />

Internationaler Präsident des nach ihm benannten<br />

Instituts war <strong>der</strong> 1956 verstorbene ehemalige Berliner<br />

Rabbiner und Holocaust-Überlebende Leo<br />

Baeck. Gegründet wurde das Institut unter an<strong>der</strong>em<br />

von deutsch-jüdischen Intellektuellen wie<br />

Martin Buber, Max Grunewald, Hannah Arendt und<br />

Robert Weltsch.<br />

■ Anneliese-Maier-Preisträgerin<br />

kommt an die <strong>LMU</strong><br />

Im Rahmen des Anneliese-Maier-Forschungspreises,<br />

<strong>der</strong> am 26. Septe<strong>mb</strong>er 2013 verliehen wurde,<br />

kommt die indische Archäologin Professor<br />

Himanshu Prabha Ray an die <strong>LMU</strong>. Ray ist eine<br />

weltweit anerkannte Archäologin und Historikerin.<br />

Zu ihren Spezialgebieten gehören die frühe<br />

Geschichte Indiens sowie die maritime Archäologie.<br />

Ray leitet seit 2012 die indische National<br />

Monuments Authority im indischen Kulturministerium.<br />

Zuvor lehrte sie seit 2006 als Professorin am<br />

Centre for Historical Studies <strong>der</strong> Jawaharlal Nehru<br />

University in Delhi. Sie ist Herausgeberin <strong>der</strong> Indien-Serie<br />

von Routledge über Archäologie und Religion<br />

in Zusammenarbeit mit dem Oxford Centre<br />

für Hinduistische Studien. Ray wurde von Monika<br />

Zin, Professorin für Indische Kunstgeschichte am<br />

Institut für Indologie und Tibetologie <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>,<br />

für den Preis nominiert, <strong>der</strong> ihr eine fünfjährige<br />

Forschungskooperation mit <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ermöglicht.<br />

Mit dem Anneliese-Maier-Forschungspreis unterstützt<br />

die Alexan<strong>der</strong>-von-Hu<strong>mb</strong>oldt-Stiftung<br />

international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler aus dem Ausland, um die Internationalisierung<br />

<strong>der</strong> Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

in Deutschland zu för<strong>der</strong>n. Der Preis ist<br />

mit 250.000 Euro dotiert.<br />

■ Nanonica-Preis 2013<br />

für Jochen Feldmann<br />

Professor Jochen Feldmann, Inhaber des Lehrstuhls<br />

für Photonik und Optoelektronik an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und<br />

Koordinator des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative<br />

Munich (NIM), erhält den mit 10.000 Euro<br />

dotierten Preis „Breakthrough of the Year 2013“ des<br />

Schweizer Unternehmens Nanonica. Der Physiker<br />

wird für die Entwicklung des ersten „Nano-Ohrs“<br />

ausgezeichnet. An seinem Lehrstuhl konnten mithilfe<br />

einer optischen Falle und einzelner Goldnanopartikel<br />

geringste Druckwellen detektiert werden.<br />

Die Empfindlichkeit ist so hoch, dass das „Nano-<br />

Ohr“ mittlerweile den kleinsten Motor <strong>der</strong> Welt<br />

„hören“ kann: den Motor, mit dem ein Bakterium<br />

seine Flagellen antreibt, um sich fortzubewegen.<br />

Das Investmentunternehmen Nanonica wurde<br />

2006 gegründet und ist spezialisiert darauf, die<br />

Brücke zwischen herausragen<strong>der</strong> Forschung<br />

in den Nanowissenschaften und <strong>der</strong> Industrie<br />

zu schlagen. Mit dem erstmals ausgelobten<br />

„Breakthrough“-Preis möchte Nanonica Projekte<br />

hervorheben, die ein hohes Potenzial für den<br />

Sprung in die Anwendung aufweisen. Verantwortlich<br />

für die Auswahl <strong>der</strong> Preisträger ist ein Komitee<br />

aus renommierten Nanowissenschaftlern.<br />

■ Physiker Robert Huber geehrt<br />

Der Physiker Robert Huber erhält für seine Forschungen<br />

an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> den Klung-Wilhelmy-We-


PREISE & EHRUNGEN<br />

berbank-Preis. Damit werden Nachwuchsforscherinnen<br />

und -forscher <strong>der</strong> Physik und Chemie ausgezeichnet.<br />

Die Auszeichnung ist mit 75.000 Euro<br />

dotiert. Robert Huber wird damit für seine Arbeiten<br />

in <strong>der</strong> Laserphysik und <strong>der</strong> biomedizinischen<br />

Bildgebung mittels Optischer Kohärenztomografie<br />

(OCT) geehrt. Der Physiker war an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> zuletzt<br />

Nachwuchsgruppenleiter am Lehrstuhl für<br />

BioMolekulare Optik an <strong>der</strong> Fakultät für Physik.<br />

Seit Septe<strong>mb</strong>er 2013 hat er eine Stiftungsprofessur<br />

am Institut für Biomedizinische Optik an <strong>der</strong><br />

Universität Lübeck inne.<br />

Der Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preis zählt zu<br />

den höchst dotierten privat finanzierten Preisen<br />

für deutsche Nachwuchsforscherinnen und -forscher.<br />

Er wird im jährlichen Wechsel an Physiker<br />

und Chemiker verliehen.<br />

■ Salo Baron Prize für MirjaM zaDoff<br />

Mirjam Zadoff lässt in ihrem Buch „Next Year in<br />

Marienbad“ die jüdische Kultur in den Kurbä<strong>der</strong>n<br />

vor dem Zweiten Weltkrieg aufleben. Dafür ist<br />

sie nun mit dem Salo Baron Prize ausgezeichnet<br />

worden.<br />

Die Kurbä<strong>der</strong> Franzensbad, Karlsbad und Marienbad<br />

im heutigen Tschechien waren um die Wende<br />

vom 19. zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t beliebte Reiseziele<br />

für die europäische Bourgeoisie. Viele jüdische<br />

Gäste unterschiedlicher sozialer und nationaler<br />

Herkunft verbrachten dort alljährlich die Sommermonate.<br />

Mirjam Zadoff vom Historischen Seminar <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong> hat die soziale und kulturelle Geschichte <strong>der</strong><br />

Kurbä<strong>der</strong> als jüdische Orte beschrieben. Dafür erhält<br />

sie den Preis, den die American Academy for<br />

Jewish Research auslobt. Die Auszeichnung wird<br />

jährlich für das beste Buch im Bereich jüdischer<br />

Studien vergeben, das im Vorjahr in englischer<br />

Sprache erschienen ist.<br />

<strong>der</strong> Kategorie „Pro“ für Forschende gekürt. Beteiligt<br />

an dem Gemeinschaftsprojekt waren Professor<br />

Ferenc Krausz, Dr. Christian Hackenberger,<br />

Thorsten Naeser und die österreichische Firma<br />

woogieworks.<br />

Die Animation ist eine Reise vom Makrokosmos<br />

in die Quantenwelt und zeigt, wie man Zeitintervalle<br />

immer stärker verlängern muss, wenn man<br />

extrem schnelle Vorgänge, wie etwa Bewegungen<br />

von Elektronen, im Mikrokosmos beobachten will.<br />

■ PhySik-StuDierenDe Gewinnen<br />

BioMoD Prize<br />

Vier Physikstudenten <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> sind für ihr Projekt<br />

„DNA Diamonds” mit dem internationalen<br />

BIOMOD Prize, den das Wyss Institute for Biologically<br />

Inspired Engineering <strong>der</strong> Harvard University,<br />

USA, auslobt, ausgezeichnet worden: Das<br />

Team von Marinus Huber, Sebastian Huber, Florian<br />

Schü<strong>der</strong> und Florian Stehr entwickelte eine<br />

Methode, mithilfe des sogenannten DNA-Origami<br />

einzelne Nanodiamanten zielgenau an eine künstliche<br />

DNA-Konstruktion zu binden.<br />

Nanodiamanten sind Diamantsplitter, die kleiner<br />

als 50 nm sind (1 Nanometer = 1 millionstel Millimeter).<br />

Durch bestimmte Präparation können<br />

Nanodiamanten in stabile Einzelphotonenquellen<br />

verwandelt werden und gelten daher als vielversprechende<br />

Kandidaten für neue Bio-Imaging-Methoden<br />

und Quantenkryptografie-Anwendungen.<br />

Hauptziel <strong>der</strong> Forschung des Teams „DNA Diamonds“<br />

ist es, Hybridstrukturen aus Nanodiamanten<br />

und an<strong>der</strong>en Nanopartikeln wie etwa Goldnanopartikel<br />

zu erzeugen und dabei die räumliche<br />

Anordnung <strong>der</strong> verschiedenen Komponenten mit<br />

Nanometerpräzision zu kontrollieren. So kann<br />

zum Beispiel die genaue Platzierung von Nanodiamanten<br />

zwischen zwei Gold-Nanopartikeln die<br />

optischen Eigenschaften von Nanodiamanten signifikant<br />

verbessern.<br />

1 Dr. Mirjam zadoff<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

43<br />

■ voM herzSchlaG zuM<br />

QuantenSPrunG<br />

Die Jury des Wettbewerbs „Fast Forward Science<br />

2013“, <strong>der</strong> von „Wissenschaft im Dialog“ und dem<br />

Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgerichtet<br />

wurde, hat das Video „Vom Herzschlag<br />

zum Quantensprung“ vom Labor für Attosekundenphysik<br />

<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> und des Max-Planck-Instituts<br />

für Quantenoptik prämiert.<br />

Die populärwissenschaftlich aufbereitete Darstellung<br />

ultrakurzer Zeiträume wurde zum Sieger in<br />

Die vom <strong>LMU</strong>-Team entwickelte Methode nutzt<br />

die DNA-Selbstorganisation, um die unterschiedlichen<br />

Nanokomponenten nanometergenau räumlich<br />

anzuordnen und so optische Quantenphänomene<br />

und neue Möglichkeiten im Bio-Sensing auf<br />

höchstem Niveau zu erforschen.<br />

Neben dem mit 800 Dollar dotierten Hauptpreis<br />

erhielten die vier Studenten zudem eine Auszeichnung<br />

für die beste Online-Präsentation ihrer Arbeit.<br />

Bei dieser wurden sie vom Ph.D.-Studenten<br />

Tao Zhang von <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, <strong>der</strong> Grafikdesign-Studen-


PREISE & EHRUNGEN<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

44<br />

1 Prof. hans-Peter kriegel<br />

tin Milena Mayer von <strong>der</strong> Universität Würzburg<br />

sowie von Tim Liedl, Professor für Experimentelle<br />

Physik an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> sowie Mitglied des Exzellenzcluster<br />

NIM, unterstützt.<br />

Der BIOMOD-Wettbewerb – was für Bio Molecular<br />

Design steht – fand in diesem Jahr zum dritten Mal<br />

statt. Der Wettbewerb bietet Studierenden die Gelegenheit,<br />

in eigenen Projekten und Experimenten<br />

die Selbstanordnung von biologischen Makromolekülen<br />

für wissenschaftliche und technologische<br />

Anwendungen zu nutzen. In diesem Jahr präsentierten<br />

23 Teams mit insgesamt mehr als 200 Teilnehmern<br />

von Spitzenuniversitäten aus <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt ihre Projekte in Boston, USA.<br />

■ ieee icDM awarD für<br />

ProfeSSor krieGel<br />

Professor Hans-Peter Kriegel von <strong>der</strong> Lehr- und<br />

Forschungseinheit für Datenbanksysteme an <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong> hat im Deze<strong>mb</strong>er 2013 in Dallas, USA, den<br />

2013 IEEE ICDM Research Contributions Award,<br />

eine <strong>der</strong> beiden höchsten Auszeichnungen im Bereich<br />

Data-Mining, erhalten. Der Preis wird für einflussreiche<br />

Beiträge in diesem Bereich vergeben.<br />

Der Informatiker Kriegel wird vor allem für seine<br />

umfangreichen Publikationen auf dem Gebiet des<br />

Data-Minings ausgezeichnet, die sich unter an<strong>der</strong>em<br />

mit Clustering, mit Ausreißererkennung o<strong>der</strong><br />

hochpräziser Datenanalyse befassen. Insgesamt<br />

hat Kriegel mehr als 450 Publikationen veröffentlicht,<br />

die laut Google Scholar – einer Suchmaschine<br />

für wissenschaftliche Texte – mehr als 30.000<br />

Mal zitiert wurden.<br />

Auf Microsoft Academic Search ist Professor Kriegel<br />

unter dem Thema Data-Mining auf Platz fünf<br />

gelistet – unter nahezu 80.000 Autoren weltweit.<br />

Gewürdigt wird Kriegel auch für seine interdisziplinären<br />

Kooperationen unter an<strong>der</strong>em mit Fächern<br />

wie Archäologie, Biologie, Ingenieurwissenschaften<br />

o<strong>der</strong> Medizin sowie mit <strong>der</strong> Industrie, die alle<br />

auf seine Expertise zurückgreifen.<br />

Der Preis wird von <strong>der</strong> International Conference<br />

on Data Mining (ICDM) vergeben, die vom weltweiten<br />

Berufsverband Institute of Electrical and<br />

Electronics Engineers (IEEE) unterstützt wird, und<br />

ging zum ersten Mal nach Deutschland.<br />

■ heDwiG GaSteiGer erhält<br />

Polytechnik-PreiS<br />

Hedwig Gasteiger, Professorin für Didaktik <strong>der</strong><br />

Mathematik am Mathematischen Institut <strong>der</strong><br />

<strong>LMU</strong>, gehört in diesem Jahr zu den Gewinnerinnen<br />

und Gewinnern des Polytechnik-Preises 2013.<br />

Sie erhält die Auszeichnung mit einem Preisgeld<br />

von 5.000 Euro vor allem für ihre Forschung zu<br />

früher mathematischer Bildung in Alltags- und<br />

Spielsituationen. In ihrem Projekt hat Professor<br />

Gasteiger in Interventionsstudien analysiert, dass<br />

mathematische Bildung in natürlichen Lernsituationen,<br />

wie etwa beim Spiel in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte,<br />

sehr erfolgreich sein kann, wenn die pädagogischen<br />

Fachkräfte die notwendige Fach- und<br />

pädagogisch-didaktische Handlungskompetenz<br />

haben. Nur so können sie diese Lernsituationen<br />

als wertvolle Lerngelegenheiten erkennen und für<br />

die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nutzen.<br />

Der Preis, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Stiftung Polytechnische Gesellschaft<br />

in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben<br />

wurde, steht unter <strong>der</strong> Schirmherrschaft <strong>der</strong><br />

Bundeswissenschaftsministerin Johanna Wanka.<br />

Insgesamt ist er mit 70.000 Euro dotiert. In diesem<br />

Jahr würdigt er vor allem Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler, die attraktive Lehr- und<br />

Lernangebote entwickelt haben, um Kin<strong>der</strong> für<br />

Mathematik, Naturwissenschaften und Technik<br />

zu begeistern.<br />

Mit dem Preis will die Stiftung dazu beitragen, die<br />

Brücke zwischen Theorie und Praxis zu schlagen<br />

und die im Rahmen des Polytechnik-Preises gewonnenen<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse in den<br />

Lernalltag einfließen zu lassen.<br />

■ hiStoriker Becker Mit heinrich-vonlevelinG-PreiS<br />

auSGezeichnet<br />

Professor Rainald Becker vom Institut für Bayerische<br />

Geschichte an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> ist im Deze<strong>mb</strong>er<br />

mit dem Heinrich-von-Leveling-Preis für herausragende<br />

Forschungen zur bayerischen Landesgeschichte<br />

ausgezeichnet worden. Geehrt<br />

wurde <strong>der</strong> Forscher, <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit eine Professur<br />

an <strong>der</strong> Universität Bayreuth vertritt, vor allem für<br />

sein Buch „Nordamerika aus süddeutscher Perspektive“.<br />

Becker erforschte die Wahrnehmung<br />

und das Wissen um Nordamerika im 17. und 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t vergleichend in verschiedenen Territorien,<br />

Reichsstädten, Konfessionen und Orden<br />

sowie Wissenschafts- und Bildungsinstitutionen<br />

im Süden des Heiligen Römischen Reiches. Die<br />

Studie verbindet klassische Ansätze <strong>der</strong> Landesgeschichte<br />

mit innovativen Zugriffen aus <strong>der</strong> Wahrnehmungs-,<br />

Transfer-, Vernetzungs-, Kultur- und<br />

Wissensgeschichte und erschließt die Ordnung<br />

des Wissens um Nordamerika in Süddeutschland.<br />

In den Gutachten, die als Grundlage <strong>der</strong> Preisverleihung<br />

dienten, wurde unter an<strong>der</strong>em die elabo-


PREISE & EHRUNGEN<br />

rierte Quellenkenntnis, <strong>der</strong> hohe Grad an Innovation<br />

und die bemerkenswerte Darstellung hervorgehoben.<br />

Der Preis wird von <strong>der</strong> Forschungsstiftung<br />

Bayerische Geschichte vergeben, die 2003 vom<br />

Freistaat Bayern gegründet wurde. Ihr gehören<br />

alle Vertreter <strong>der</strong> bayerischen Landesgeschichte<br />

an den Universitäten im Freistaat an.<br />

■ eXzellenzPreiS für<br />

lMu-aBSolventen<br />

Philip Maximilian Ben<strong>der</strong> hat einen mit 1.500<br />

Euro dotierten Exzellenzpreis <strong>der</strong> Deutsch-Französischen<br />

Hochschule (DFH) erhalten. Er erhielt<br />

ihn für seine Arbeit: „Brauchen wir eine Societas<br />

privata europaea (SPE)?“ Hierin geht er <strong>der</strong> Frage<br />

nach, ob diese SPE – eine europäische Gesellschaftsform<br />

für kleine und mittlere Unternehmen,<br />

die <strong>der</strong> deutschen G<strong>mb</strong>H ähnlich ist – überhaupt<br />

noch notwendig ist, nachdem ein entsprechen<strong>der</strong><br />

Verordnungsentwurf im März 2011 scheiterte.<br />

N R . 1 • 2014 MenSchen<br />

45<br />

Ben<strong>der</strong> absolvierte ein Studium <strong>der</strong> Rechtswissenschaften<br />

an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> München und an <strong>der</strong> Université<br />

Panthéon-Assas, Paris.<br />

Der vom Club des Affaires Saar-Lorraine initiierte<br />

Exzellenzpreis wird seit 2002 an die besten DFH-<br />

Absolventen verliehen.<br />

■ werner-creutzfelDt-PreiS für<br />

zwei lMu-ProMovenDinnen<br />

Dr. Emanuelle Le Bras und Dr. Johanna Wagner<br />

sind für ihre wissenschaftliche Arbeit auf dem<br />

Gebiet <strong>der</strong> chronischen Darmerkrankungen Morbus<br />

Crohn und Colitis ulcerosa mit dem Werner-<br />

Creutzfeldt-Dissertationspreis 2013 ausgezeichnet<br />

worden. Die beiden Ärztinnen teilen sich den<br />

mit insgesamt 1.000 Euro dotierten Preis. Beide<br />

haben im Labor von Professor Stephan Brand<br />

an <strong>der</strong> Medizinischen Klinik II. des Klinikums in<br />

Großha<strong>der</strong>n geforscht. Schwerpunkt ihrer Arbeit<br />

ist die genetische Ursachenforschung von Entzündungsgeschehen<br />

im Rahmen <strong>der</strong> chronischen<br />

Darmerkrankungen. Der Preis erinnert an den großen<br />

deutschen Internisten und Gastroenterologen<br />

Professor Werner Creutzfeldt.<br />

1 Dr. emanuelle le Bras (links) und Dr. johanna wagner mit dem Direktor <strong>der</strong> Medizinischen<br />

klinik ii, Professor Burkhard Göke, bei <strong>der</strong> überreichung des werner-creutzfeldt-Preises.


TIPPS & TERMINE<br />

N R . 1 • 2014 Service<br />

46<br />

■ filMaBenD DeS rachel carSon centerS<br />

zuM kliMawanDel<br />

Das Rachel Carson Center for Environment & Society (RCC) präsentiert<br />

am 20. Februar den letzten Film seiner Umweltfilmreihe „Green<br />

Visions“. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Thema Klimawandel.<br />

Klimaschwankungen sind zwar nicht neu. Früher gingen sie jedoch<br />

langsam vor sich – Tiere und Pflanzen hatten genug Zeit, sich an die<br />

neuen Bedingungen anzupassen. Heute ist das an<strong>der</strong>s: Durch die<br />

mo<strong>der</strong>ne Lebensweise in Industriegesellschaften sind Menschen mit<br />

einer rasanten Erwärmung konfrontiert. Zu dieser Thematik wird am<br />

20. Februar im Münchener Gasteig in <strong>der</strong> Rosenheimer Straße im<br />

Vortragssaal <strong>der</strong> Bibliothek <strong>der</strong> Film „Peak“ zum Skitourismus gezeigt.<br />

Im Anschluss kann das Publikum mit Experten und Regisseur<br />

Hannes Lang diskutieren. Weitere Informationen unter<br />

www.rachelcarsoncenter.de.<br />

1 Der film „Peak“ untersucht die auswirkungen des<br />

Skitourismus‘.<br />

1 Der unichor präsentiert ende januar seine<br />

„klangsphären“.<br />

■ SeMeSteraBSchluSSkonzert DeS unichorS<br />

Am 26. und 27. Januar 2014 präsentiert <strong>der</strong> UniversitätsChor im<br />

Lichthof <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> unter dem Motto „Klangsphären“ jeweils ab 20<br />

Uhr A-cappella-Werke für den gemischten Chor. Auf dem Programm<br />

stehen unter <strong>der</strong> Leitung von Verena Holzheu: Giovanni Croces „O<br />

sacrum convivium“, Josef Rheinbergers „Kyrie · Gloria · Ich liebe,<br />

weil erhöret <strong>der</strong> Herr“, Wolfram Buchenbergs „Als vil in gote, als vil<br />

in vride“, Heinrich Schützes „Unser Wandel ist im Himmel“, Arvo<br />

Pärts „Magnificat Giovanni Gabrieli: Sanctus à 12“ und Zoltán Kodálys<br />

„Laudes organi“. Ab 6. März 2014 singt <strong>der</strong> UniChor außerdem<br />

in Zusammenarbeit mit Ludwig Wicki täglich „Herr <strong>der</strong> Ringe – Die<br />

zwei Türme“ im Gasteig. Alle Termine unter www.unichor.de.<br />

■ caS-workShoP üBer Strafen unD<br />

StrafanDrohunGen in antiken kulturen<br />

Vom 19. bis 21. Februar 2014 findet im Center for Advanced Studies<br />

(CAS) in <strong>der</strong> Seestraße 13 ein internationaler Workshop unter <strong>der</strong><br />

Leitung von Dr. Birgit Christiansen zum Thema „Zwischen Abschreckung,<br />

Vergeltung und Wie<strong>der</strong>gutmachung – Strafen und Strafandrohungen<br />

in antiken Kulturen“ statt. Dabei werden beispielsweise<br />

Fragen diskutiert, warum einige Vergehen mit einer Geld- und an<strong>der</strong>e<br />

mit <strong>der</strong> Todesstrafe geahndet werden o<strong>der</strong> welchen Zweck Strafen<br />

und Strafandrohungen überhaupt haben. Bis heute werden solche<br />

Themen mit Bezugnahme auf gesellschaftliche Traditionen und<br />

Entwicklungen kontrovers diskutiert. Eine historische Betrachtung<br />

trägt zum Verständnis <strong>der</strong> eigenen und frem<strong>der</strong> Kulturen bei. Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer sind unter an<strong>der</strong>em Hans Neumann<br />

aus Münster, Guido Pfeifer aus Frankfurt sowie Karen Radner vom<br />

University College London und Cornelia Wunsch von <strong>der</strong> University<br />

of London. Anmeldung unter info@cas.lmu.de o<strong>der</strong> auf www.cas.<br />

uni-muenchen.de.


TIPPS & TERMINE<br />

■ „tout le MonDe kaPutt“ – Der erSte weltkrieG iM<br />

coMic in Der univerSitätSBiBliothek<br />

Fast 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs ist das Interesse<br />

an diesem Ereignis ungebrochen. In Kooperation mit dem Historischen<br />

Seminar zeigt die Universitätsbibliothek <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> jetzt jeden<br />

Werktag bis zum 11. April 2014 die Comic-Ausstellung „Tout le<br />

monde kaputt – Der Erste Weltkrieg im Comic“. Dabei wird anhand<br />

<strong>der</strong> vierbändigen Comicserie „Notre Mère la Guerre“ von Kris und<br />

Maël die Grausamkeit des Kriegs in erschütternden Szenen von <strong>der</strong><br />

West- und <strong>der</strong> Ostfront visualisiert. Gleichzeitig werden Einblicke<br />

in die Entstehung von „Notre Mère la Guerre“ sowie in die noch<br />

nicht abgeschlossene Comicserie „Svoboda“ geboten. Darüber hinaus<br />

können sich Besucher durch die Objekte aus <strong>der</strong> Sammlung<br />

des Weltkriegsmuseums Historial de la Grande Guerre in Péronne,<br />

Frankreich, davon überzeugen, dass in den ausgestellten Comics<br />

weitaus mehr Dokumentarisches als Erdachtes steckt. Öffnungszeiten<br />

unter www.ub.uni-muenchen.de.<br />

N R . 1 • 2014 Service<br />

47<br />

■ uniGalerie unD caS würDiGen huBertuS reichert<br />

In Kooperation mit <strong>der</strong> UniGalerie<strong>LMU</strong> finden in den Räumlichkeiten<br />

des Center for Advanced Studies (CAS) in <strong>der</strong> Münchener<br />

Seestraße 13 wechselnde Kunstausstellungen statt. Noch bis 28.<br />

Februar 2014 wird aktuell jeden Werktag die Ausstellung „Hubertus<br />

Reichert“ gezeigt. Der abstrakte Expressionist ist Jahrgang 1952<br />

und hat an <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Bildenden Künste in München sowie<br />

an <strong>der</strong> New York University, USA, Kunst studiert. In <strong>der</strong> Ausstellung<br />

werden vorrangig Arbeiten präsentiert, in denen sich <strong>der</strong> Künstler<br />

mit <strong>der</strong> Architektur des bedeutenden Architekten <strong>der</strong> Renaissance in<br />

Oberitalien, Andrea Palladio, auseinan<strong>der</strong>setzt. Der Palladio-Zyklus<br />

hat eine Son<strong>der</strong>stellung in dem ansonsten nicht gegenständlichen<br />

Werk Reicherts, aus dem auch weitere Arbeiten zu sehen sein werden.<br />

Öffnungszeiten unter www.cas.uni-muenchen.de.<br />

■ caS-aBenDvortraG üBer Die MüllProBleMe<br />

iM internet<br />

In Deutschland ist das Müllaufkommen in den letzten Jahren trotz<br />

zunehmenden Wirtschaftswachstums zurückgegangen. Ist die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Abfallwirtschaft also eine Erfolgsgeschichte? Die Vortragsreihe<br />

„Abfall in Umwelt und Gesellschaft“ des Center for Advanced<br />

Studies versucht diese Frage an fünf Abenden zu beantworten. Am<br />

30. Januar liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt vor allem auf dem Müll im Internet.<br />

Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutieren dabei ab 18.15 Uhr<br />

unter dem Motto „Spam und Filter. Müllprobleme im Internet“. Redner<br />

von <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> sind Professor Jens Kersten, Inhaber des Lehrstuhls<br />

für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften, sowie Professor<br />

Hubertus Kohle, Inhaber des Lehrstuhls für Mittlere und Neuere<br />

Kunstgeschichte. Um Anmeldung wird unter info@cas.lmu.de<br />

gebeten. Anfahrtsbeschreibung unter www.cas.uni-muenchen.de.<br />

1 Mehr Dokumentarisches als erdachtes: comics im<br />

krieg.<br />

1 expressionismus im caS: Die uniGalerielMu präsentiert<br />

werke von hubertus reichert.


TIPPS & TERMINE<br />

N R . 1 • 2014 Service<br />

48<br />

1 jährlich gedenkt die weiße-rose-Stiftung mit einer vorlesung<br />

<strong>der</strong> freiheitskämpfer.<br />

■ GeDenken an Die weiSSe roSe<br />

Die Weiße-Rose-Gedächtnisvorlesung findet jährlich zum Gedenken<br />

an die Wi<strong>der</strong>standsgruppe um die Geschwister Scholl statt, die am<br />

22. Februar 1943 verhaftet und hingerichtet wurden. Sie und viele<br />

an<strong>der</strong>e setzten ihr Leben aufs Spiel, um das Wichtigste für eine<br />

Gesellschaft zu erreichen: Freiheit von Unterdrückung, die Freiheit,<br />

zu sagen, was man denkt und auch die wissenschaftliche Freiheit.<br />

Nachdem letztes Jahr Bundespräsident Joachim Gauck die Vorlesung<br />

hielt, ist am 29. Januar 2014 die evangelische Regionalbischöfin<br />

Susanne Breit-Kessler zum Thema „Dem Rad in die Speichen<br />

greifen – Wi<strong>der</strong>stand gestern und heute“ die Gastrednerin. Sie ist<br />

seit 2000 Oberkirchenrätin <strong>der</strong> Evangelisch-Lutherischen Kirche in<br />

Bayern im Kirchenkreis München und Oberbayern, seit 2003 ständige<br />

Vertreterin des Landesbischofs und die erste Frau in Bayern,<br />

die ein bischöfliches Amt bekleidet. Beginn <strong>der</strong> Veranstaltung unter<br />

www.weiße-rose-stiftung.de.<br />

IMPRESSUM<br />

herausgeber<br />

Präsidium <strong>der</strong> Ludwig- Maximilians-Universität (<strong>LMU</strong>)<br />

München<br />

redaktion<br />

Kommunikation und Presse <strong>LMU</strong><br />

Luise Dirscherl (dir), Katrin Groeschel (kat) (verantwortlich)<br />

Clemens Grosse (cg) (fe<strong>der</strong>führend)<br />

David Lohmann (dl), Anja Burkel (ajb)<br />

Mitarbeiter dieser ausgabe<br />

Constanze Drewlo (cdr), Nicola Holzapfel (nh)<br />

onlineredaktion<br />

Thomas Pinter (thp)<br />

redaktionsadresse<br />

Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München<br />

Tel.: +49 (0) 89 2180-3423<br />

Fax: +49 (0) 89 33 82 97<br />

mum@lmu.de<br />

iSSn 0940-0141<br />

titel- und heftgrafik: [www.haak-nakat.de]<br />

umschlagfoto / rückseite : Michael Strauch<br />

Die MuM erscheint vierteljährlich. eine online-ausgabe kann<br />

unter www.lmu.de/presse/mum heruntergeladen werden.<br />

fotos im heft: Haak & Nakat (S. 1, 2); Bernd Schönfel<strong>der</strong> (S.4); Rat Pack Filmproduktion<br />

G<strong>mb</strong>H (S.7); The DOX (S.8); David Lohmann (S.9); Pressestelle Universität<br />

Leipzig/Jan Woitas (S.10); Steffen Niclas-Fotolia.de (S.12/13/14 oben),<br />

MBU/<strong>LMU</strong> (S.13 unten); Christoph Olesinski (S.16/17); privat (S.18); Bezirksjugendring<br />

Oberbayern (S.19); Christoph Olesinski (S. 20); Landherr Architekten/<br />

Ralf Wehrhahn (S.21); WavebreakmediaMikro-fotolia.de (S.23); DGV/stebl (S.25<br />

oben); Julia von Rohrscheidt (S.25 Mitte); Vicki Troeltsch (S.25 unten); EBE (S.27);<br />

Constanze Drewlo (S.28 oben); Uta Hauck-Thum (S.28 unten/S.29); Staatliche<br />

Münzsammlung Bayern (S.30/31); Thomas Kiewning/epic-moments.de (S.32);<br />

privat (S.39); Thorsten Naeser (S.40 oben); Koerber-Stiftung (S.40 unten); privat<br />

(S.45); unafilm (S.46 oben); UniChor (S.46 unten); Rached Msadek (S.47 oben);<br />

Roy Hessing (S.47 unten); Jan Greune (S.48); fotolia.com (S. 16/18/22/23/32/33).<br />

Alle weiteren Fotos: Friedrich Schmidt bzw. <strong>LMU</strong>.<br />

Designkonzept und layout<br />

HAAK NAKAT [www.haak-nakat.de]<br />

Distribution<br />

Kommunikation und Presse <strong>LMU</strong>: Mathias Schiener<br />

anzeigen: Kommunikation und Presse <strong>LMU</strong><br />

MuM und einsichten beim „Stummen verkäufer“<br />

Professor-Huber-Platz 1.OG; Schellingstr. 3/4 Eingangsbereich; Ludwigstr. 28<br />

Rgb.; Leopoldstr. 13; Oettingenstr. 67 Hörsaalgebäude; Pettenkoferstr. 12 Eingangsbereich;<br />

Theresienstr. vor dem Café Gu<strong>mb</strong>el; Luisenstr. 37 Eingangs bereich;<br />

Königinstr. 10 Teilbibliothek UG; Unibibliothek Ludwigstr. 27 Ausleih halle; Historicum<br />

Teilbibliothek EG; Biozentrum Pforte; Chemie und Pharmazie Haus F EG.<br />

■<br />

aktuelle StellenanGeBote Der luDwiG-MaXiMilianS-univerSität unter www.lMu.De/StellenanGeBote


MünchenInformation<br />

im Rathaus am Marienplatz<br />

München Ticket<br />

Telefon (089) 54 81 81 81<br />

Tourismusamt<br />

Telefon (089) 233-9 65 00<br />

Stadtinformation<br />

Telefon (089) 22 23 24<br />

Öffnungszeiten<br />

Montag bis Freitag<br />

10 bis 20 Uhr<br />

Samstag<br />

10 bis 16 Uhr<br />

Internet<br />

muenchen.de/rathaus


Der bunt beleuchtete<br />

Lichthof <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />

beim Orgelkonzert<br />

am 9. Nove<strong>mb</strong>er 2013.<br />

www.lmu.de/mum

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