Gesamte Ausgabe runterladen - Zentralverband der Ãrzte für ...
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H 7775 E<br />
Organ des Zentral<br />
Verbandes <strong>der</strong> Arzte für<br />
Naturheilverfahren e V<br />
Heft 4<br />
April 1991<br />
32. Jahrgang<br />
Ärztezertsdirtft für<br />
Naturhellverfahren<br />
Arbeiten dieses Heftes:<br />
H. Schilcher<br />
Interdisziplinäre Aspekte <strong>der</strong> Phytotherapie<br />
und ihre <strong>der</strong>zeitige Bedeutung für<br />
die Schulmedizin in Europa<br />
J. Rost<br />
Naturheilverfahren — die aktivierende<br />
Hälfte <strong>der</strong> Medizin<br />
R. Hansel<br />
Ginkgo biloba Das Arzneimittelangebot<br />
aus pharmazeutischer Sicht<br />
G. Wünstel<br />
Naturheilverfahren und Homöopathie<br />
H. Anemueller<br />
Diätetik in <strong>der</strong> Kur<br />
F. Oelze<br />
Eine Patientenkarnere und klassische<br />
Naturheilverfahren<br />
F. Hopfer<br />
Die Wirbelsaule<br />
R. Wilhelm<br />
Naturheilkunde im vereinigten Deutschland<br />
M. Wiesenauer<br />
Behandluingsmoglichkeiten von Prostate<br />
Erkrankungen<br />
...natürlich von ß6P£RC°<br />
ISSN 0720-6003<br />
mensetzung<br />
i<br />
T opferi enthalten<br />
D350m<br />
co odaeD8 12m<br />
37 Vol °oAkoho<br />
lonen<br />
ae Maingeldu chb u u n 1 9<br />
aktsch und therapeu seh<br />
j oskle o sehen Beschweden<br />
Dos erung<br />
3 4 mal ag ch 25 T opfen<br />
In akuten Fa en 4 mal ag h<br />
40 T opfen<br />
Zusammensetzung<br />
ln|ektionstosungen<br />
1 Ampulle a 2 m entKalt<br />
Gnkgo b oba D3 ml<br />
Au umco od D8 1 m<br />
Ind kationen<br />
Pe phe e ar e e le Du chblutungs<br />
s o ungen weate osk e o sehe<br />
Ang opathen<br />
dabe sehe Gefaßschaden<br />
Claudcato nterm ens<br />
Mo bus Raynaud sow e<br />
an<strong>der</strong>e ho mono und ne v<<br />
bed ngte Gefaßsto ungen<br />
Zu nfa k p ophy axe<br />
Ze eb ae Mangeldu ch<br />
blufung auch nfoge<br />
Gefaßske ose m und<br />
ohne psychsche Ausfa s<br />
e sehe nungen<br />
Dosierung<br />
Tag ch bsw meh ma s<br />
wochen ch 2 Ampullen n zee<br />
Packungsgroßen und Pre se<br />
50 ml T opfen 3 79 DM<br />
100 ml Topfen 20 19 DM<br />
200 ml T opfen 37 55 DM<br />
10 Ampu en 5 95 DM<br />
Ans a ts<br />
Packungen<br />
Arzne n tte<br />
Gilb ÄCoKG<br />
VERLAS<br />
MEDIZINISCH LITERARISCHE<br />
VERLAGSGESELLSCHAFT MBH<br />
Postfach 1151/1152 D-3110 Uelzen 1
Inhaltsverzeichnis<br />
Tagungen 271<br />
Ärzte fragen Ärzte 273<br />
Neues aus <strong>der</strong> Medizin 274<br />
Dr. med. K. Ch. Schimmel zum 60. Geburtstag . .. 277<br />
H. Schilcher<br />
Interdisziplinäre Aspekte <strong>der</strong> Phytotherapie und<br />
ihre <strong>der</strong>zeitige Bedeutung für die Schulmedizin in<br />
Europa 281<br />
SERUM-THERAPIE<br />
Organ-Serum<br />
PROSTATA<br />
die patientenfreundliche Therapie<br />
J. Rost<br />
Naturheilverfahren — die aktivierende Hälfte <strong>der</strong><br />
Medizin 289<br />
R. Hansel<br />
Ginkgo biloba: Das Arzneimittelangebot aus pharmazeutischer<br />
Sicht 295<br />
G. Wünstel<br />
Naturheilverfahren und Homöopathie 305<br />
Aus dem Verbandsleben<br />
I<br />
R. Matejka<br />
Das heiße Eisen — eine persönliche Meinung ....<br />
II<br />
Buchbesprechungen<br />
IV<br />
H. Anemueller<br />
Diätetik in <strong>der</strong> Kur 315<br />
F. Oelze<br />
Eine Patientenkarriere und klassische Naturheilverfahren<br />
318<br />
F. Hopfer<br />
Die Wirbelsäule 321<br />
R. Wilhelm<br />
Naturheilkunde im vereinigten Deutschland 332<br />
M. Wiesenauer<br />
Behandlungsmöglichkeiten von Prostata-Erkrankungen<br />
335<br />
Kongreßberichte 340<br />
Vermittlung von Ärzten, Praxen und Sanatorien .. . 346<br />
Verkäufe 346<br />
Industrie-Informationen 347<br />
8 bis 10 Injektionen i.e. bewirken eine<br />
nachhaltig andauernde Besserung<br />
<strong>der</strong> Beschwerden.<br />
Einfach in <strong>der</strong> Anwendung, mit hoher<br />
Langzeitwirkung, för<strong>der</strong>t das Allgemeinbefinden,<br />
ist gut vertraglich.<br />
Therapie-Erfolg durch Doppelblindstudie*<br />
belegt<br />
Organ-Serum Prostata ] Ampulle Serum enthalt genuines Serum von Kaninchen<br />
mit den spezifischen Antikörpern in isotonischer Phosphatpufferlosung 0 2 ml<br />
1 Ampulle Verdünnungsmittel enthalt isotonische Phosphatpufferlosung 0 4 ml<br />
Anwendungsgebiete Prostatahyperthropie prostatabedingte Miktionsstorungen<br />
Prostatitis Gegenanzeigen keine Neben- und Wechselwirkungen Bei Patien<br />
ten mit allergischer Reaktionslage ist vorsichtig einschleichend zu dosieren<br />
Leichter Temperaturanstieg klingt schnell ab<br />
*) U.Butt et al Extraeta Urologica , Band 12 - Heft 6/89<br />
^/Je<strong>der</strong>mann Pharmal<br />
BIOLOGISCH-PHARMAZEUTISCHE PRÄPARATE<br />
D-8193 Munsing-Ambach Tel 0 8177-80 81<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 269
Tagungen<br />
15. bis 27. April 1991:41. Lindauer Psychotherapiewochen<br />
Leitthema <strong>der</strong> 1. Woche: „Liebe und Psychotherapie"<br />
Leitthema <strong>der</strong> 2. Woche: „Der Körper in <strong>der</strong> Psychotherapie"<br />
Leitung: Dr. Peter Buchheim, PD Dr. Manfred Cierpka und Dr.<br />
Theodor Seifert.<br />
Für die Teilnahme ist eine vorherige schriftliche Anmeldung erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Die Tagungssprache ist ausschließlich Deutsch.<br />
Weitere Auskünfte erteilt das Sekretariat: Orlandostraße 8/IV,<br />
D-8000 München 2.<br />
Mehr Sauerstoff<br />
für Herz und Hirn!<br />
jö 2 O 2 0 2 0 2 =u_<br />
o o_o t o_C<br />
4. Mai 1991 in Frankfurt: Therapie-Symposium<br />
Tagungsort: Frankfurt-Sachsenhausen, Holiday Inn<br />
Dieses Therapie-Symposium ist eine Gemeinschaftsveranstaltung<br />
<strong>der</strong><br />
DUPHAR Pharma, Hannover<br />
HANOSAN GmbH, Garbsen<br />
Medice, Chem.-Pharm. Fabrik, Iserlohn<br />
Pharma-Liebermann, Gundelfingen<br />
Themen:<br />
Biologische Krebsbehandlung unter Berücksichtigung anthrop.<br />
Aspekte<br />
Der Darm und seine funktioneilen Wechselbeziehungen<br />
— Obstipation — Dysbiose — Mykosen etc. —<br />
Augendiagnose — Präventivmaßnahme unter konstitutionellen<br />
und dispositionellen Aspekten<br />
— Laktulose — Symbiose-Lenkung (MS-Studie) —<br />
Referenten:<br />
Marie-Luise Holdinghausen, Bad Mün<strong>der</strong>; Prof. Niels Franke,<br />
München; Roman F. Hausherr, Steinhude; Marco Zupan, Hameln.<br />
Die Vorträge enden um ca. 19.00 Uhr, anschließend laden die<br />
Veranstalter zu einem gemeinsamen Abendessen.<br />
Vier weitere Veranstaltungen dieser Art sind 1991 im Bundesgebiet<br />
geplant.<br />
Anmeldung über: DUPHAR Pharma, Frau Tiedemann, Freundallee<br />
21-23, 3000 Hannover 1, Tel. (0511) 2807836.<br />
6. bis 11. Mai 1991 in Köln: 46. Kongreß <strong>der</strong> Liga medicorum<br />
homoeopathica internationalis<br />
Dieser Kongreß findet gemeinsam mit <strong>der</strong> 143. Jahrestagung des<br />
Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte e.V. statt.<br />
Tagungsort: Maternushaus<br />
Die Palette <strong>der</strong> Vortragsthemen wird den aktuellen Stand <strong>der</strong> homöopathischen<br />
Forschung, die systematischen Arzneimittelprüfungen<br />
und Kasuistiken sowie Geistes- und Gemütskrankheiten<br />
in <strong>der</strong> Materia medica umfassen. Auch Therapieerfahrungen bei<br />
verschiedenen Krankheitsbil<strong>der</strong>n — etwa Neuro<strong>der</strong>mitis, psychische<br />
Erkrankungen und gynäkologische Leiden — werden den<br />
Kongreßbesuchern vermittelt. In einzelnen Seminaren werden<br />
außerdem Arbeitsgruppen zu interessanten Themen, wie<br />
„Homöopathie in <strong>der</strong> Kassenarztpraxis", „Computer als Hilfsmittel"<br />
o<strong>der</strong> „Die Kunst <strong>der</strong> Wahrnehmung", gebildet.<br />
Anmeldungen an:<br />
Deutscher Zentralerem Homöopathischer Ärzte e.V.<br />
Linkenheimer Landstraße 113, 7500 Karlsruhe 31<br />
, •<br />
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1<br />
u<br />
on<br />
OYO<br />
verbessert die Sauerstoffaufnahme<br />
des Herzmuskels<br />
för<strong>der</strong>t die Hirndurchblutung<br />
erhöht die Konzentrations- und<br />
Merkfähigkeit<br />
mobilisiert die körpereigene<br />
Abwehr<br />
steigert die Leistungsfähigkeit<br />
eignet sich auch zur Behandlung<br />
<strong>der</strong> Migräne<br />
OYO<br />
för<strong>der</strong>t die Entgiftungsvorgänge<br />
aktiviert den Sauerstoffumsatz<br />
in <strong>der</strong> Zelle<br />
Zusammensetzung 1 Dragee enthalt 40 mg Pangamsaute Natuumsalz At\\Het\(iungsgeö\ete<br />
For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Herzdurchblutung und Verbesserung <strong>der</strong> Sauerstoffaufnahme des Herzmuskels<br />
Bei Altersherz und nach Angina Pectons Bei Durchblutungsstarungen des Gehirns infolge Apo<br />
plexie und Cerebralsklerose Bei Vergeßlichkeit Schwindelgefuhl Müdigkeit vorzeitiger Er<br />
schopfung Wetterfuhligkeit und Leistungsschwache Aufbau und Stärkung <strong>der</strong> Abwehrkrafte<br />
Gegen Einwirkung von Umweltgiften Bei chronischen Leberschaden<br />
(z B durch Alkoholmißbrauch) Zur Behandlung <strong>der</strong> Migrame Gegen- I<br />
anzeigen Bisher nicht bekannt Nebenwirkungen Bisher nicht bekannt I<br />
Handeisformen Dragees zum Einnehmen eine Packung enthalt 50 Dra DLJ A PPH<br />
gees DM 19 90 Kimikpackung<br />
Polypharm GmbH Darmsfadt rrl/jlxl I I<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 271
5. Überlinger Stoffwechseltag<br />
4./5. Mai 1991<br />
FASTEN-<br />
Eiweiß/Muskulatur/Leistung/Psyche<br />
Veranstalter:<br />
Ärztlicher Arbeitskreis Heilfasten e V<br />
Sekretariat Wilhelm-Beck-Str 27<br />
7770 Überlingen, Tel (0 75 51) 8 07-8 84<br />
Die aktuellen Aspekte <strong>der</strong> Vollwert-Ernahrung zu beleuchten,<br />
dieses Ziel verfolgt dieser — bisher immer stark frequentierte —<br />
Kongreß unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung von Prof Dr Claus<br />
Leitzmann Zu den Themen Lebensmittelerzeugung, Lebensmittelindustrie,<br />
Emahrungsokologie und Lebensmittelrecht sind<br />
Fachreferenten eingeladen, die vor allem aktuelle Entwicklungen<br />
zur Sprache bringen werden Beson<strong>der</strong>es Augenmerk verdient<br />
das Son<strong>der</strong>thema „Ernährung von Säuglingen und Kleinkin<strong>der</strong>n",<br />
dem <strong>der</strong> gesamte dritte Kongreßtag gewidmet ist Gerade<br />
in diesem Alter ist es wichtig, die Weichen für die spatere Ernährung<br />
richtig zu stellen, und damit den Grundstein für eine<br />
gesundheitsför<strong>der</strong>nde Ernahrungserziehung zu legen<br />
Angesprochen sind alle Berufsgruppen und Mittlerpersonen auf<br />
dem Ernahrungs- und Gesundheitssektor sowie Praventionsbeauftragte<br />
von Krankenkassen, aber auch interessierte Laien<br />
Das Kongreßprogramm for<strong>der</strong>n Sie bitte an bei Verband für<br />
Unabhängige Gesundheitsberatung Deutschland e V (UGB),<br />
Keplerstraße 1, D-6300 Gießen, Tel (0641) 77785<br />
9. bis 12. Mai 1991 in Bad Worishofen: Kneipp-Ärzte-<br />
Kongreß<br />
Themen:<br />
Prävention gestern, heute und morgen<br />
Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Krauterexkursion zum Eibsee unter fachkundiger Leitung mit<br />
Hinweisen zur Phytotherapie in <strong>der</strong> Praxis<br />
Prävention von degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates<br />
Prävention von Erkrankungen <strong>der</strong> Atemwege<br />
Vorstellung <strong>der</strong> mit dem Sebastian Kneipp-Preis 1991 ausgezeichneten<br />
Arbeiten<br />
Preisverleihung durch Herrn Senator h c L Leusser<br />
Prävention in <strong>der</strong> Praxis — wie motiviere ich den Patienten<br />
Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus Politik, Wissenschaft und<br />
Praxis „Prävention und Kneipp-Therapie"<br />
24. bis 26. Mai 1991 in Berlin: 1. Quintessenz-Symposium<br />
zu Fragen <strong>der</strong> Dermatologie in <strong>der</strong> Allgemeinmedizin<br />
Tagungsort Steigenberger Hotel, Berlin<br />
Leitung Dr med T R K Nasemann<br />
Themen 1 Die Klinik und Therapie des malignen Melanoms, 2<br />
Die aktuellen Entwicklungen auf dem AIDS-Sektor, 3 Mundschleimhauterkrankungen,<br />
4 Virustatische Therapie bei Infektionen<br />
durch Viren <strong>der</strong> Herpes-Gruppe, 5 Allergische Krankheiten<br />
in <strong>der</strong> Praxis<br />
Veranstalter Quintessenz Verlags-GmbH, Schutzenstr 8,<br />
D-8000 München 2, Tel (089) 555808/09, Fax (089) 5232690<br />
5. UGB-Kongreß über Vollwert-Ernahrung mit Son<strong>der</strong>thema<br />
Säuglingsernährung<br />
Der UGB veranstaltet jetzt schon zum 5 Mal in Gießen einen<br />
Fachkongreß über Vollwert-Ernahrung Damit verbunden ist dieses<br />
Jahr ein beson<strong>der</strong>es Datum — <strong>der</strong> UGB feiert sein 10jahnges<br />
Jubiläum<br />
29. Juli bis 9. August 1991: MEDICA Baden-Baden '91<br />
18 Internationaler Seminarkongreß für ärztliche Fortbildung<br />
Tagungsort Kongreßhaus Baden-Baden<br />
Veranstalter und Auskunft MEDICA Deutsche Gesellschaft zur<br />
For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Medizinischen Diagnostik e V , Loffelstr 1, 7000<br />
Stuttgart 70, Tel (0711)763443 u 761454, Fax (0711) 766992<br />
SKRIBBEN<br />
Leitung: Dr. med. Klaus Karsch<br />
Fortbildungsveranstaltung - MANUELLE GELENKMOBILISATION<br />
vom 31. Mai bis 2. Juni 1991 in Kaufbeuren<br />
SKRIBBEN, eine wie<strong>der</strong>entdeckte Heilmethode, die seit Jahrhun<strong>der</strong>ten erfolgreich von den volksheilkundlichen „Knochendoktoren<br />
' angewandt wurde, hat sich mittlerweile in zahlreichen Naturheilpraxen als adäquate Therapie von Gelenkschmerzen,<br />
Muskelverspannungen und Neuralgien vermittelt<br />
ISOPATHIE<br />
Prof En<strong>der</strong>lem hat in den 20iger Jahren unser Verständnis <strong>der</strong> Entstehungsbedingungen von Infektionskrankheiten und<br />
chronischen Krankheiten revoltiert, indem er die Entwicklung von Virus-Baktenum-Pilz aus körpereigenen Eiweißstoffen,<br />
den sogenannten Symbionten, aufgezeigt hat<br />
Die Grundlage dieses Heilverfahrens, die genau praktische Anwendung <strong>der</strong> Pilzpraparate und ihre Verbindung zum Sknbben<br />
als Ausleitungsverfahren, sind <strong>der</strong> zweite Schwerpunkt dieses Seminars<br />
Auskunft und Anmeldung: Dr med Klaus Karsch, Klosterring 12, 8951 Irsee, Telefon (0 83 40) 2 45 od (0 83 41) 1 52 48<br />
XXX<br />
272 Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32. Jahrg
15. bis 29. November 1991, Teneriffa<br />
Interdisziplinärer, ärztlicher Fortbildungskongreß für praktische<br />
Medizin in Playa de las Amencas Teneriffa-Sud, Hotel Bouganville<br />
Kurse Akupunktur, Autogenes Training, Neuraltherapie Reanimation<br />
mit prakt Übungen, Nichtdirektionale Gefaß-Doppler-<br />
Sonographie, Mykologisches Praktikum usw<br />
Anmeldung Kongreßdienst Deutscher Kassenarztverband,<br />
Mainzer Straße 112, D-6087 Buttelborn 1, Tel (06152) 54648<br />
o<strong>der</strong> 54500<br />
20. bis 23. November 1991: MEDICA Düsseldorf '91<br />
23 Internationaler Kongreß und Fachmesse<br />
— Diagnostica — Therapeutica — Technica — Informatica —<br />
Biotechnica — lunstica —<br />
Tagungsort Dusseldorf, Messegelände<br />
Veranstalter und Auskunft MEDICA Deutsche Gesellschaft zur<br />
For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Medizinischen Diagnostik e V , Loffelstr 1 7000<br />
Stuttgart 70, Tel (0711) 761454 u 763443, Fax (0711) 766992<br />
Seminartermine <strong>der</strong> Akademie für Ernahrungsmedizin<br />
e.V.<br />
16 Spezialseminar Gastroenterologie 25-27 April 1991<br />
9 Grundseminar Teil 1 27-29 Juni 1991<br />
9 Grundseminar Teil 2 3- 5 Okt 1991<br />
Alle Anfragen an Akademie für Ernahrungsmedizin e V,<br />
Reichsgrafenstr 11, Postfach 5240, 7800 Freiburg, Tel (0761)<br />
78980 (Mo-Fr 8-12)<br />
Ort <strong>der</strong> Veranstaltungen für die beiden Spezialseminare letztmalig<br />
Haus <strong>der</strong> Arzte, 7800 Freiburg, Sundgauallee 27, für die beiden<br />
Grundseminare erstmalig Fortbildungszentrum <strong>der</strong> Landesarztekammer<br />
Hessen, 6350 Bad Nauheim, Carl-Oelemann-<br />
Weg5<br />
Dragees<br />
Ärzte fragen Ärzte<br />
Ich habe in <strong>der</strong> Praxis einen Problemfall, von dem ich berichten<br />
mochte mit <strong>der</strong> Bitte um therapeutische Ratschlage,<br />
gegebenenfalls auch Adressen von darin erfahrenen<br />
naturheilkundlich orientierten Ärzten<br />
Der Fall ein zweijähriger Junge mit Neurofibromatose<br />
Recklinghausen Er hat so große Neunnome des Nervus<br />
opticus, daß sie beson<strong>der</strong>s linksseitig schon zur Protrusion<br />
des Auges sowie zum Glaukom gefuhrt haben Es ist<br />
abzusehen, daß er erblindet<br />
Das intelligente, gut entwickelte Kind hat eine schwere<br />
Zukunft vor sich Welche Möglichkeiten gibt es, den Prozeß<br />
aufzuhalten o<strong>der</strong> abzumil<strong>der</strong>n?<br />
Ich bin dankbar für jeden Rat<br />
Dr med A Kolle-Hack, Arndtstr 23, D-6050 Offenbach/Main<br />
Zusammensetzung:<br />
1 Dragee enthalt Magnesium-L-hydrogenaspartat<br />
200 mg (entspr 13,5 mg Mg**) Kalium-L-hydrogenaspartat<br />
65 mg (entspr 13,5 mg K + ), Extr Crataegi<br />
oxyacanth spir sicc (6 5 1) 50 mg Etofyllin 50 mg<br />
Indikationen: Störungen <strong>der</strong> Koronardurchblutung<br />
und des Myokardstoffwechsels, Belastungsinsuffizienz,<br />
Myodegeneratio cordis, Kardiosklerose, Herzrhythmusstorungen<br />
Altersherz, Kombinationsbehandlung<br />
mit Herzglykosiden<br />
Kontraindikationen: Ausscheidungshemmung von<br />
Elektrolyten bei schwerer Niereninsuffizienz Anune<br />
Exsikkose<br />
Handelsformen und Preise: 30 Dragees DM 6 79<br />
50 Dragees DM 10 99 100 Dragees DM 18 46<br />
Verla-Pharm, 8132 Tutzmg<br />
Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg 273
Telepamxn » . . . « Neues ans dar<br />
ScfalagBBilBB. .i.i Wissenschaft, . i *<br />
Praxis , « , , Klinik , , , . . Technik , • , * *<br />
*, • ,<br />
INNERE MEDIZIN<br />
Zuverlässiger Zöliakienachweis<br />
durch Glutentest<br />
Mit dem rektalen Glutentest ist eine<br />
Glutenunvertraglichkeit einfach,<br />
sicher und zuverlässig nachzuweisen<br />
Die Empfindlichkeit des<br />
Tests hegt bei 90, die Spezifitat bei<br />
91 Prozent<br />
Zu diesen Ergebnissen kam Dr<br />
Duncan E Loft von <strong>der</strong> Abteilung<br />
für Gastroenterologie des Central<br />
Middlesex Hospitals in London<br />
mit seiner Untersuchung an 44 Patienten<br />
In diese Studie hat Loft 14<br />
behandelte und neun nicht behandelte<br />
Zoliakie-Patienten einbezogen<br />
sowie 21 Kontrollen mit an<strong>der</strong>en<br />
Erkrankungen<br />
Rektale Biopsien wurden vor <strong>der</strong><br />
Glutengabe und sechs Stunden danach<br />
entnommen und auf mtraepithehale<br />
Lymphozyten (IEL) untersucht<br />
Zwölf <strong>der</strong> Personen wurden<br />
in gleicher Weise mit /?-Laktoglobuhn<br />
getestet, sagte Loft<br />
Vor Glutengabe fand sich kein<br />
Unterschied in den IEL-Werten<br />
zwischen Patienten und Kontrollen<br />
Danach stiegen die IEL-Werte<br />
<strong>der</strong> Zoliakie-Patienten signifikant<br />
an, die <strong>der</strong> Kontrollpersonen dagegen<br />
hatten sich nicht verän<strong>der</strong>t<br />
Da we<strong>der</strong> die Patienten noch die<br />
Kontrollen ahnlich auf /?-Laktoglobuhn<br />
reagiert haben, halt Loft<br />
dies für eine spezifische Reaktion<br />
auf Gluten<br />
Er empfiehlt den Glutentest sowohl<br />
zur Diagnosestellung als<br />
auch zur spateren Sicherung <strong>der</strong><br />
Zoliakie-Diagnose, wobei er eine<br />
Gluten-Unvertraghchkeit dann als<br />
erwiesen ansieht, wenn <strong>der</strong> IEL-<br />
Wert nach Glutenabgabe mindestens<br />
zehn Prozent über dem Ausgangswert<br />
liegt<br />
SPARTIOL<br />
verlangsamt die zu frequente Schlagfolge, reguliert Rhythmusstörungen,<br />
ionisiert die venöse Strombahn.<br />
Frequente Herzrhythmusstörungen,<br />
Tachykardien, orthostatische Hypotonie.<br />
Zusammensetzung: 100 g enthalten Extr fl Sarothamnus<br />
scopanus, stand auf 1 mg Spartein pro ml<br />
Dosierung: 3mal taglich 20-30 Tropfen nach dem Essen<br />
in etwas Flüssigkeit<br />
Handelsformen und Preise incl. MwSt.:<br />
20 m\ DM 7,24, 50 ml DM 14,47, 100 ml DM 24,46<br />
Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung,<br />
7615 Zell-Harmersbach/Schwarzwald<br />
274 Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg
f><br />
Wirkstoff: Natrium selenosum D 4<br />
Homöopathisches Arzneimittel Zusammensetzung Flussige Verdünnung zum Einnehmen<br />
1 g enth Natrium selenosum D4 dilut Vorschrift 5a HAB 1 1 g Hinweis<br />
Enthalt 18,5Vol-% Alkohol<br />
Handelsformen und Preise Tropfen 50 ml (DM 19 90), 100 ml (DM 34 80)<br />
Stand 1/91<br />
Cefak Arzneimittel D-8960 Kempten<br />
GYNÄKOLOGIE<br />
Der Therapieerfolg bei Hirsutismus<br />
ist vielseitig<br />
Zur Behandlung des Hirsutismus<br />
steht eine Reihe alternativer Therapiekonzepte<br />
zur Verfügung, mit<br />
denen gute Erfolge zu erzielen<br />
sind.<br />
Die Induktion des Hirsutismus, so<br />
Dr. /. B. Schmidt, sei zum Teil<br />
durch erhöhte Androgen-Serumspiegel<br />
zu erklären. Ein Teil <strong>der</strong><br />
Betroffenen zeigten auch eine vermehrte<br />
Empfindlichkeit <strong>der</strong> Haarwurzeln<br />
gegenüber androgenen<br />
Stimuli. Therapeutische Ansatzpunkte<br />
bildeten deshalb <strong>der</strong> Eingriff<br />
in das Hypophysen-Gonaden-<br />
System o<strong>der</strong> in den Androgenstoffwechsel<br />
<strong>der</strong> Zielzellen. Am<br />
häufigsten werden Cyproteronacetat<br />
angewandt, das seine antiandrogene<br />
Wirkung an den Zellrezeptoren<br />
entfalte und oral o<strong>der</strong> als monatliche<br />
i.m.-Spritze appliziert<br />
werden könne. Als Alternative habe<br />
sich das Medoxyprogesteron bewährt.<br />
Durch Hemmung des LH<br />
komme es dabei zur Androgensuppression,<br />
so Schmidt.<br />
Schließlich sei die Anwendung<br />
von Cimetidin und Spironolacton<br />
versucht worden. Dem Cimetidm<br />
komme allerdings nur bei Kontraindikation<br />
für eine Hormontherapie<br />
(etwa Varizen) Bedeutung zu,<br />
und Spironolacton sollte aufgrund<br />
seiner Nebenwirkungsrate nur zurückhaltend<br />
verwendet werden,<br />
meint <strong>der</strong> Autor.<br />
KARDIOLOGIE<br />
Antistreß und Diätprogramm<br />
gut für Herzkranzgefäße<br />
Koronarsklerotische Verän<strong>der</strong>ungen<br />
sind anscheinend auch ohne<br />
Arzneimittel o<strong>der</strong> invasive Manipulation<br />
reversibel. Nach neuen<br />
Untersuchungen bewirkt eine drastische<br />
Umstellung <strong>der</strong> Lebensweise<br />
mit extrem fettarmer Diät die<br />
Rückbildung von stenosierenden<br />
Plaques.<br />
Die Ein-Jahres-Ergebnisse seines<br />
Lifestyle Heart Trial hat Dr. Dean<br />
Ornish aus San Francisco publiziert.<br />
41 Patienten mit angiographisch<br />
manifester koronarer Herzkrankheit<br />
haben an <strong>der</strong> Studie teilgenommen.<br />
22 Patienten mußten<br />
sich an eine strikt vegetarische<br />
Diät halten, <strong>der</strong>en Gesamtfettgehalt<br />
auf zehn Prozent limitiert<br />
war. Das Bewegungsprogramm bestand<br />
aus einem halbstündigen<br />
Spaziergang täglich. Zweimal pro<br />
Woche waren in dieser Gruppe außerdem<br />
Meditations- und Atemübungen<br />
zur Entspannung vorgesehen.<br />
Die einzige Raucherin <strong>der</strong><br />
Gruppe gab den Nikotinkonsum<br />
dabei auf.<br />
Die Kontrollgruppe hingegen<br />
konnte ihre Ernährung und die<br />
übrige Lebensweise frei wählen.<br />
Die meisten hielten sich an das<br />
von <strong>der</strong> American Heart Association<br />
vorgegebene Ernährungsschema,<br />
das den Fettkonsum auf 34<br />
Prozent <strong>der</strong> Gesamtkalorien beschränkt,<br />
und betätigten sich<br />
sportlich. Sie nahmen jedoch an<br />
keinem Entspannungsprogramm<br />
teil. Nach einem Jahr ergab sich in<br />
<strong>der</strong> Interventionsgruppe eine Regression<br />
des mittleren Stenosegrades<br />
von 40 Prozent auf 37,6 Prozent,<br />
bei 18 von 22 Patienten<br />
hatten sich die Verengungen deutlich<br />
zurückgebildet. In <strong>der</strong> Kontrollgruppe<br />
nahm <strong>der</strong> mittlere Stenosegrad<br />
von 42,7 auf 46,1 Prozent<br />
zu. Die Häufigkeit von<br />
Angina-pectoris-Attacken vermin<strong>der</strong>te<br />
sich in <strong>der</strong> Verumgruppe um<br />
91 Prozent, die Dauer um 42 und<br />
die Schwere umi 28 Prozent.<br />
Ornish betonte (die Bedeutung des<br />
Streßmanagemeints, dem er wesentlichen<br />
Einfluß bei <strong>der</strong> Sklerosetherapie<br />
zuschreibt. Erstaunlich gut<br />
waren seine Erfiolge auch bei einem<br />
Patienten, dessen Cholesterinwert<br />
unter <strong>der</strong> Therapie nur auf<br />
260 mg/dl fiel, damit also weit<br />
über <strong>der</strong> magischen Grenze von<br />
200 mg/dl blieb. _ h p i _<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 275
Organ des <strong>Zentralverband</strong>es<br />
<strong>der</strong> Arzte für<br />
Naturheilverfahren e V<br />
Heft 4<br />
April 1991<br />
32. Jahrgang<br />
Ärztezeitschrift für<br />
Naturheilverfahren<br />
Redaktionssekretariat „Ärztezeitschrift":<br />
Schloßplatz 8, 7758 Meersburg/Bodensee.<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. K. Ch. Schimmel, Meersburg /Bodensee<br />
(Hauptschriftleiter)<br />
Dr. med. H. Anemueller, Bernau (Ernährung)<br />
Dr. med. L. Fodor, Freyung (apparative Medizin)<br />
Dr. med. H. Huneke, Düsseldorf (Regulationstherapie)<br />
Dr. med. H.-P. Legal, München (Pressereferent)<br />
Prof. Dr. med. P. A. Maurer, München (Psychotherapie)<br />
Prof. Dr. H. Schilcher, Berlin (Phytotherapie)<br />
Dr. med. R. Wilhelm, Berlin (Physiotherapie)<br />
Wissenschaftlicher Beirat:<br />
K. Albrecht (Undenheim) — M. v. Ardenne (Dresden) — J. Brand<br />
(Königstein) — N. Breidenbach (Salem-Beuren) — W. Bringmann<br />
(Berlin) — F. W. Dittmar (Starnberg) — J. Doerfler (Hamburg) — P.<br />
Dosch (Schwendt) — F. W. Douwes (Nußdorf) — G. Draczynski (Köln)<br />
— W. Gawlik (Bad Tölz) — H. Giesenbauer (Bremen-Lesum) — J. Gleditsch<br />
(München) — R. Hansel (München) — H. Harmsen (Hamburg)<br />
— V. Harth (Bamberg) — J. Huneke (Bad Meinberg) — J. Kaiser (Aachen)<br />
- H. Kleinsorge (Neustadt-Haardt) - H. Kolb (Wetzlar) - H.<br />
Krauß (Berlin) — H. Mensen (Bad Rothenfelde) — H. D. Neumann<br />
(Bühl) — A. Rost (Rottach-Egern) — I. Ruf (Augsburg) — 0. Schumacher-Wan<strong>der</strong>sleb<br />
(Bad Münstereifel) - H. L. Walb (Homberg, Kr. Alsfeld)<br />
— H. Werkmeister (Oberhausen) — W. Zimmermann (München).<br />
Zum 60. Geburtstag<br />
von Chefarzt Dr. med.<br />
Klaus Christof Albert Schimmel<br />
Am 29. März wurde <strong>der</strong> 1. Vorsitzende des <strong>Zentralverband</strong>es<br />
<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren, Herr<br />
Dr. med. Klaus Ch. Schimmel, 60 Jahre alt. Dieses<br />
Heft <strong>der</strong> „Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren"<br />
mit wissenschaftlichen Beiträgen aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong><br />
von Mitglie<strong>der</strong>n des ZÄN-Vorstandes sowie von<br />
Wissenschaftlern, die <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />
eng verbunden sind, soll auis diesem Grunde<br />
Herrn Dr. Schimmel, ihrem Hauptschriftleiter, gewidmet<br />
sein.<br />
277
Laudatio<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
K. Ch. Schimmel wurde in Breslau geboren, und er<br />
genoß dort auch zwei Drittel seiner Schulausbildung.<br />
Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg mußte<br />
er 1945 seine Heimatstadt Breslau verlassen und<br />
kam so über Flensburg nach Göppingen in Württemberg,<br />
wo er auch sein Abitur ablegte. Es folgte<br />
das Studium <strong>der</strong> Medizin an den Universitäten Erlangen,<br />
Kiel und München. Nach dem Staatsexamen<br />
im Jahre 1958 in München absolvierte K. Ch.<br />
Schimmel seine Medizinalassistentenzeit an <strong>der</strong><br />
Universitätsnervenklinik München. Dort promovierte<br />
er auch. Von 1961 bis 1963 arbeitete er als Assistent<br />
am Homöopathischen Krankenhaus in Höllriegelskreuth<br />
bei München, unter dem damaligen<br />
Chefarzt Dr. Walther Zimmermann. Danach folgte<br />
eine 4jährige Tätigkeit als Stationsarzt auf <strong>der</strong> Privatabteilung<br />
von Prof. Dr. E. Hiller, dem damaligen<br />
Chefarzt des Krankenhauses <strong>der</strong> Barmherzigen<br />
Brü<strong>der</strong> in München. Die Ausbildung zum Facharzt<br />
für Innere Krankheiten wurde 1966 abgeschlossen.<br />
Von 1968 bis 1979 arbeitete Dr. Schimmel erneut<br />
mit Herrn Dr. W. Zimmermann zusammen, und<br />
zwar als dessen Oberarzt an dem neu eingerichteten<br />
Krankenhaus für Naturheilweisen am Klinikum<br />
München-Harlaching. Nach 1979 folgten Chefarzttätigkeiten<br />
an zwei großen Kurkliniken in Prien und<br />
Bad Füssing. Zur Zeit ist <strong>der</strong> Jubilar Chefarzt <strong>der</strong><br />
Privatklinik Wiedemann in Meersburg am Bodensee.<br />
Sein großes Interesse an den Naturheilverfahren<br />
führte ihn bereits im Jahre 1972 zum <strong>Zentralverband</strong><br />
<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren. Von 1975 bis<br />
1979 fungierte er als 2. Vorsitzen<strong>der</strong> des ZÄN, und<br />
seit 1980 ist er schließlich <strong>der</strong> „Chef" des ZÄN.<br />
Sein sachkundiger und gleichzeitig beherzter Einsatz<br />
für die Naturheilverfahren sowie sein großes<br />
berufspolitisches Engagement ließen eine Reihe<br />
von „Ehrenämtern" und Berufungen folgen. So ist<br />
er seit vielen Jahren Mitglied <strong>der</strong> Kommission E<br />
beim Bundesgesundheitsamt in Berlin, seit 1980<br />
Mitglied des Präsidiums des Deutschen Ärztetages,<br />
seit 1983 Beauftragter für die Weiterbildung<br />
zur Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren"<br />
durch die Landesärztekammer Bayern und seit<br />
1988 Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes<br />
im Hartmannbund.<br />
Neben seiner angespannten ärztlichen und ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit findet <strong>der</strong> Jubilar auch noch für<br />
wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie für<br />
Buchbeiträge und als Herausgeber und Autor einer<br />
Lehrbuchreihe Zeit. Die bisher erschienenen zwei<br />
Bände: „Lehrbuch <strong>der</strong> Naturheilverfahren", verlegt<br />
vom Hippokrates Verlag, Stuttgart, zählen zwischenzeitlich<br />
zu den Standardlehrbüchern <strong>der</strong> Naturheilverfahren.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> in diesem Jahr<br />
neu aufgelegte und erweiterte 1. Band wird den<br />
Studenten <strong>der</strong> Medizin eine sehr nützliche Quelle<br />
für die Zweite Ärztliche Prüfung laut neuer Approbationsordnung<br />
sein.<br />
Betont werden muß auch die sicherlich nicht leichte<br />
Aufgabe des Jubilars als Hauptschriftleiter <strong>der</strong><br />
„Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren", früher<br />
„Physikalische Medizin und Rehabilitation". Diese<br />
Tätigkeit führt er bereits seit 1975 aus.<br />
Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> „unseren" 1. Vorsitzenden näher kennt,<br />
wird bestätigen müssen, daß mit <strong>der</strong> Person von Dr.<br />
med. K. Ch. Schimmel nicht nur ein Arzt mit höchsten<br />
fachlichen Qualifikationen vor uns steht, son<strong>der</strong>n<br />
ein Mensch, wie man ihn sich auch als Freund<br />
wünscht. Seine „menschlichen" Züge, seine Ausgewogenheit<br />
und sein Sinn für den Ausgleich, ohne<br />
dabei eigene Standpunkte aufzugeben, sind herausragende<br />
Merkmale des Menschen Klaus Christof<br />
Albert Schimmel. Ich schätze mich glücklich,<br />
zum Freundeskreis des Jubilars zählen zu dürfen,<br />
und ich wünsche Dir, lieber Klaus, auch im Namen<br />
des gesamten Vorstandes des <strong>Zentralverband</strong>es<br />
<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren Gesundheit, eine<br />
weitere „glückliche Hand" in <strong>der</strong> Leitung unseres<br />
Verbandes sowie:„Ad multos annos".<br />
Univ.-Prof. Dr. Heinz Schilcher<br />
2. Vorsitzen<strong>der</strong> des ZÄN<br />
278
H. schiicher Interdisziplinäre Aspekte <strong>der</strong> Phytotherapie und ihre <strong>der</strong>zeitige<br />
Bedeutung für die Schulmedizin in Europa*<br />
Zusammenfassung<br />
Zur Vermeidung kontroverser Diskussionen zum<br />
medizinischen Stellenwert <strong>der</strong> Phytotherapie<br />
müßten die Aspekte dieser „beson<strong>der</strong>en Therapierichtung"<br />
mehr interdisziplinär behandelt<br />
werden. Dies sollte in ganz beson<strong>der</strong>em Maße<br />
für die Berücksichtigung <strong>der</strong> Phytotherapie in<br />
<strong>der</strong> europäischen Gesetzgebung gelten. Aufgrund<br />
zahlreicher klinischer und/o<strong>der</strong> experimenteller<br />
Studien zum Wirksamkeitsnachweis<br />
pflanzlicher Arzneimittel gewinnt die Phytotherapie<br />
immer mehr an wissenschaftlichem Profil.<br />
Eine „universitäre Aufwertung" erfährt die Phytotherapie<br />
künftig durch die 7. Verordnung zur<br />
Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Approbationsordnung für Ärzte.<br />
Ab 1993 wird Phytotherapie auch Prüfungsfach<br />
im 2. Abschnitt <strong>der</strong> Ärztlichen Prüfung sein. Das<br />
Verordnungsverhalten <strong>der</strong> Ärzte in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland in puncto Phytopharmaka<br />
unterscheidet sich sehr wesentlich von dem <strong>der</strong><br />
Ärzte in den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen<br />
Gemeinschaft. Die Drogen-Monographien <strong>der</strong><br />
Kommission E (= interdisziplinäre Sachverständigenkommission<br />
beim Bundesgesundheitsamt<br />
in Berlin) sollten von <strong>der</strong> EG übernommen werden.<br />
Schlüsselwörter: Erfahrungsheilkunde, gesetzliche<br />
Bestimmungen für Phytopharmaka, geschichtlicher<br />
Hintergrund <strong>der</strong> Phytotherapie, klinische<br />
Prüfung von Phytopharmaka, Phytopharmazie,<br />
Phytopharmakologie, Verordnung von<br />
Phytopharmaka, Volksmedizin.<br />
Summary<br />
In or<strong>der</strong> to avoid controversial discussions concerning<br />
the medical rank of the phytotherapy the<br />
aspects of this "Special mode of therapy" must<br />
be treated more on the interdisciplinary level.<br />
This shouid in particular apply to the attention<br />
paid to the phytotherapy in the European legislation.<br />
Due to numerous clinical and/or experimental<br />
studies as to the evidence of the eff icacy<br />
of plant drugs the phytotherapy is more and more<br />
getting a scientific profile. For the future the<br />
phytotherapy will encounter a "university revaluation"<br />
through the 7th decree on the amendment<br />
of the rules for approbation of physicians.<br />
From 1993 on phytotherapy will also be included<br />
in the examinations of the 2nd part of the medi-<br />
'Herrn Chefarzt Dr. Klaus Christof Schimmel in freundschaftlicher<br />
Verbundenheit zum 60. Geburtstag gewidmet.<br />
cal examination. The attitude of the physicians in<br />
the Fe<strong>der</strong>al Republic of Germany as to the prescription<br />
of phytopharmaceuticals is very much different<br />
from that of physicians in the other countries<br />
of the European Community. The drug monographies<br />
of the Commission E (interdisciplinary<br />
expert commission at the Fe<strong>der</strong>al Health Office<br />
in Berlin) shouid be accepted by the EC.<br />
Key words: experiential medicine, legal regulations<br />
for phytopharmaceuticals, historical background<br />
of the phytotherapy, clinical examination<br />
of phytopharmaceuticals, phytopharmacy,<br />
phytopharmacology, prescription of phytopharmaceuticals,<br />
populär medicine.<br />
Resume<br />
Afin d'eviter des controverses sur la valeur medicale<br />
de la phytotherapeutique, il faut traiter<br />
d'une facon plus interdisciplinaire les aspects<br />
de ce »courant therapeutique particulier«. Ceci<br />
doit s'appliquer tout particulierement ä la prise<br />
en compte de la phytotherapeutique dans la legislation<br />
europeenne. Gräce ä de nombreuses<br />
etudes cliniques et/ou experimentales destinees<br />
ä prouver l'efficacite des medicaments d'origine<br />
vegetale, la phytotherapeutique a une legitimite<br />
scientifique de plus en plus grande. La phytotherapeutique<br />
connaitra ä l'avenir une »revalorisation<br />
universitäre« gräce au 7 e decret sur la<br />
modification du code d'attribution de l'autorisation<br />
d'exercer la medecine. A partir de 1993, la<br />
phytotherapeutique sera aussi une matiere<br />
d'examen de la 2 e section de l'examen de medecine.<br />
Les habitudes des medecins de Republique<br />
Fe<strong>der</strong>ale d'Allemagne en ce qui concerne la<br />
prescription de medicaments phytotherapeutiques<br />
sont tres differentes de celles des medecins<br />
des autres pays de la Communaute europeenne.<br />
Les monographies sur les drogues de la<br />
commission E (commission interdisciplinaire<br />
d'experts de l'Office fe<strong>der</strong>al de la sante de Berlin)<br />
devraient etre adoptees par la Communaute<br />
europeenne.<br />
Mots-cles: empirisme therapeutique, dispositions<br />
legales relatives aux medicaments phytotherapeutiques,<br />
contexte historique de la phytotherapeutique,<br />
examens cliniques des medicaments<br />
phytotherapeutiques, phytopharmacie, phytopharmacologie,<br />
prescription de medicaments<br />
phytotherapeutiques, medecine populaire.<br />
281
H. Schilcher, Phytotherapie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Einleitung<br />
Obwohl die Phytotherapie in allen Kulturkreisen zum ureigensten<br />
„medizinischen Handwerkszeug" <strong>der</strong> Ärzte<br />
und zweifelsfrei zum Grundrepertoire <strong>der</strong> klassischen wie<br />
auch mo<strong>der</strong>nen Naturheilverfahren zählt, wird <strong>der</strong> medizinische<br />
Stellenwert <strong>der</strong> Phytotherapie dennoch kontrovers<br />
diskutiert, und nicht selten wird die Verordnung von Phytopharmaka<br />
im Rahmen rationaler Therapiestrategien in<br />
Frage gestellt. Unterschiede in <strong>der</strong> Bewertung treten insbeson<strong>der</strong>e<br />
dann auf, wenn man die Phytotherapie nur von<br />
seinem eigenen Standpunkt aus, d.h. streng fachspezifisch,<br />
beurteilt und an<strong>der</strong>e, d.h. interdisziplinäre, Betrachtungsstandorte<br />
entwe<strong>der</strong> nicht kennt o<strong>der</strong> diese nicht<br />
toleriert. Abb. 1 zeigt eine Übersicht <strong>der</strong> komplexen<br />
Betrachtungsmöglichkeiten, die deutlich macht, warum<br />
es ständig zu unterschiedlichen Diskussionen kommt, ja<br />
geradezu kommen muß, wenn beispielsweise die Standpunkte<br />
<strong>der</strong> Pharmakologie und <strong>der</strong> Erfahrungsheilkunde<br />
aufeinan<strong>der</strong>treffen. Die kreisförmig angeordnete Auflistung<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Disziplinen bzw. <strong>der</strong> Standpunkte<br />
gibt ganz bewußt keinem Standort den Vorzug, <strong>der</strong><br />
wichtigste zu sein und als erster genannt werden zu<br />
müssen.<br />
Bei einer fairen Pro- und Contra-Diskussion ist neben<br />
fachlichem Wissen somit auch eine interdisziplinäre<br />
Kenntnis sowie Toleranz vonnöten. Letzteres muß nicht<br />
bedeuten, daß man dabei eigene wissenschaftliche<br />
Standpunkte aufgeben muß. Man darf diese lediglich<br />
nicht zum Dogma erheben!<br />
Tab. /; Verwendung von Kamillenblüten.<br />
Hippokrates:<br />
i<br />
Dioskurides:<br />
i<br />
(5. Jh. vor Christus)<br />
in „de Materia Medica"<br />
Galen und Asclepios: damalige Anwendungsgebiete identisch<br />
J, mit den heutigen<br />
Hieronymus Bock: „Kreutterbuch" (1565)<br />
i<br />
Mathtolus:<br />
l<br />
von Haller:<br />
i<br />
Hecker:<br />
i<br />
Madaus, G.:<br />
R. F. Weiß:<br />
Monographie <strong>der</strong><br />
Kommission E (1984)<br />
„New Kreuterbuch (1626)<br />
„Medizinisches Lexikon" (1755)<br />
„Praktische Arzneimittellehre" (1814)<br />
„Lehrbuch <strong>der</strong> biologischen Heilmittel.<br />
Band I" (1938)<br />
„Lehrbuch <strong>der</strong> Phytotherapie" (1. Auflage<br />
1944)<br />
pie eher schaden als nützen. Mo<strong>der</strong>ne Phytotherapie muß<br />
im Sinne einer „Materia medica renovata" praktiziert<br />
werden.<br />
Erfahrungsheilkunde<br />
Geschichtlicher Hintergrund<br />
Unbestritten ist die Tatsache, daß die Anwendung pflanzlicher<br />
Arzneimittel eine solide geschichtliche Basis besitzt.<br />
Bei vielen Arzneipflanzen, beispielsweise bei Kamillenblüten<br />
(1), kann neben <strong>der</strong> volksmedizinischen Anwendung<br />
auch die ärztliche Verordnung bis ins Altertum zurückverfolgt<br />
werden (siehe Tab. I).<br />
Die große Bedeutung pflanzlicher Arzneimittel in <strong>der</strong> Medizin<br />
des Altertums kommt sehr deutlich in einem Lehrsatz<br />
von Askleplos von Thessalien zum Ausdruck, <strong>der</strong> wie<br />
folgt lautet: „Zuerst das Wort — dann die Pflanze — zuletzt<br />
das Messer." Der geschichtliche Hintergrund kann<br />
aber auch „überstrapaziert" werden und zu Einschätzungen<br />
führen, die beim heutigen Stand <strong>der</strong> medizinischen<br />
Wissenschaften nicht mehr vertretbar sind. Nicht bei<br />
je<strong>der</strong> Arzneipflanze können botanische Identität und<br />
Anwendungsgebiete lückenlos vom Altertum bis zur Monographie<br />
<strong>der</strong> Kommission E nachvollzogen werden, wie<br />
dies beispielsweise bei den Kamillenblüten (Tab. I) möglich<br />
ist. Eine unkritische Übernahme aus <strong>der</strong> vornaturwissenschaftlichen<br />
Zeit — so warnt <strong>der</strong> Medizinhistoriker<br />
Ke///Würzburg — kann dem „Ansehen" <strong>der</strong> Phytothera-<br />
Ebenso behutsam muß man mit dem Erkenntnismaterial<br />
aus <strong>der</strong> sogenannten Erfahrungsheilkunde umgehen.<br />
Die Möglichkeiten einer negativen o<strong>der</strong> positiven Bewertung<br />
stehen hier eng nebeneinan<strong>der</strong>. Aus dem Blickwinkel<br />
<strong>der</strong> naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin<br />
werden viele Erfahrungsberichte mit pflanzlichen<br />
Arzneimitteln aus dem Altertum und dem Mittelalter verständlicherweise<br />
in Frage gestellt werden müssen, wenn<br />
beispielsweise die Verlaufskontrollen unzulänglich dokumentiert<br />
sind. Die Erfahrung kann sich auf vier verschiedenen<br />
Ebenen bewegen, wobei diese „vier Ebenen <strong>der</strong><br />
Erfahrung" entwe<strong>der</strong> nebeneinan<strong>der</strong> stehen o<strong>der</strong> sich ergänzen<br />
können. Es sind dies: 1. die klinische Intuition, 2.<br />
die Mitteilung von Kasuistiken und Einzelfallstudien, 3.<br />
die klinischen Beobachtungsstudien und 4. kontrollierte<br />
randomisierte Studien. In den letzten Jahren gewinnt die<br />
Erfahrung auch „in den Augen" <strong>der</strong> Schulmedizin immer<br />
mehr an Bedeutung. So schreibt z.B. E. Buchborn (2):<br />
„Die dokumentierte ärztliche Erfahrung sollte gleichberechtigt<br />
neben Experiment, Theorie und Beobachtung treten".<br />
In einer jüngsten Arbeit setzt sich <strong>der</strong> Biometriker<br />
B. Schnei<strong>der</strong>, Hannover (3), kritisch mit <strong>der</strong> „Erfahrung<br />
bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit von Arzneimitteln"<br />
auseinan<strong>der</strong>, und auch er meint, daß beim Nachweis <strong>der</strong><br />
Wirksamkeit die ärztliche Erfahrung ein wichtiger Prüfpa-<br />
282
H. Schilcher, Phytotherapie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
gesetzliche Basis und Rahmen<br />
die wissenschaftlichen Standpunkte<br />
Standpunkt <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> (Verordner}<br />
geschichtlicher Hintergrund<br />
«torawi»<br />
Abb. 1: Übersicht verschiedener Standpunkte.<br />
Über die enorme Bedeutung <strong>der</strong> Phytotherapie in <strong>der</strong><br />
Volks- bzw. traditionellen Medizin besteht ein weltweiter<br />
(!) Konsens. In allen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt wurden und werden<br />
pflanzliche Arzneimittel im Rahmen <strong>der</strong> Selbstmedikation<br />
bei zahlreichen Beschwerden eingesetzt. In letzter Zeit<br />
mehr denn je auch in den sogenannten Zivilisationslän<strong>der</strong>n,<br />
so daß die Selbstmedikation mit pflanzlichen<br />
Arzneimitteln in Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Dritten Welt keine wesentlich<br />
größere Rolle spielen als beispielsweise in <strong>der</strong> Bundesrepublik,<br />
England und Frankreich. In Frankreich wird dieser<br />
Tatsache bereits gesetzlich Rechnung getragen, und in<br />
Kürze wird dort ein recht pragmatischer neuer „Leitfaden<br />
für das In-den-Verkehr-Bringen pflanzlicher Arzneimittel"<br />
in Kraft treten (4).<br />
Die Schulmedizim kritisiert mit Recht die „Indikationslyrik"<br />
<strong>der</strong> volksmiedizinisch angewendeten Phytopharmaka<br />
sowie die oft falsch eingeschätzte Wirksamkeit bei<br />
schwereren Erkrankungen (z.B. bei Hypertonie, Diabetes,<br />
Infektionen, malignen Erkrankungen etc.). Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite wird nunmehr auch gesundheitspolitisch auf<br />
die Eignung <strong>der</strong> Phytotherapie zur Anwendung „im Haushalt"<br />
aufmerksam gemacht. Als Resümee einer Repräsentativstudie,<br />
die vom Nordrhein-Westfälischen Gesundheitsministerium<br />
in Auftrag gegeben worden war, gab beispielsweise<br />
das Ministerium den Rat, sich wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> „alten<br />
Hausmittel" vom Wadenwickel bis zu verschiedenen<br />
Kräutertees zu erinnern (5). Wenn man bestimmte Grundregeln<br />
für die richtige Anwendung von Phytopharmaka in<br />
<strong>der</strong> Selbstmedikation beachtet (11) und sich dabei insbeson<strong>der</strong>e<br />
nur auf die Anwendungsgebiete stützt, die in den<br />
Monographien <strong>der</strong> Kommission E nie<strong>der</strong>geschrieben sind<br />
(11), dann wird auch die Schulmedizin Verständnis für die<br />
Anwendung pflanzlicher Arzneimittel zur Selbstmedikation<br />
aufbringen müssen. Sehr zu begrüßen wäre, wenn<br />
bei <strong>der</strong> Vorstellung und Empfehlung phytotherapeutischer<br />
Möglichkeiten künftig mehr als bisher gleichzeitig<br />
auch auf die Grenzen hingewiesen würde (6).<br />
Pharmakologie<br />
rameter sein kann. Die wissenschaftliche Anerkennung<br />
<strong>der</strong> dokumentierten ärztlichen Erfahrung stößt weniger in<br />
deutschen Universitäten auf Wi<strong>der</strong>stand als vielmehr in<br />
den EG-Län<strong>der</strong>n und dort insbeson<strong>der</strong>e bei den Gesundheitsbehörden.<br />
Die Phytotherapie benötigt aber dringend<br />
(!) die Anerkennung des Erkenntnismaterials aus <strong>der</strong> Erfahrungsheilkunde,<br />
da in vielen Fällen noch kein neueres<br />
wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorliegt.<br />
Volksmedizin<br />
Das Fehlen geeigneter, d.h. „phytospezifischer", pharmakologischer<br />
Modelle, die auch einen Bezug zur Anwendung<br />
besitzen, sowie <strong>der</strong> Mangel an pharmakokinetischen<br />
Daten und die häufig „milden" und/o<strong>der</strong> „unspezifischen"<br />
Wirkungen, die experimentell nur sehr schwierig<br />
zu erfassen sind, sind die Hauptprobleme <strong>der</strong> Phytopharmakologie.<br />
Winterhoff und Gumbinger (7) nennen noch<br />
weitere Probleme, und sie befassen sich auch mit <strong>der</strong> Frage,<br />
warum die wissenschaftliche Beschäftigung mit Phytopharmaka<br />
offensichtlich so wenig attraktiv ist, daß sich<br />
nur ganz wenige Universitätsinstitute mit Phytopharmakologie<br />
beschäftigen. Erfreulicherwelse ist in diesem Punkte<br />
eine Trendwende zu erkennen. An dieser Stelle muß ganz<br />
betont darauf hingewiesen werden, daß pharmakologische<br />
Prüfungen von Arzneipflanzen nur dann reproduzierbare<br />
Ergebnisse liefern können, wenn die Studien in interdisziplinärer<br />
Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> pharmazeutischen<br />
Biologie erfolgen. Daß eine Arzneipflanze ohne exakte<br />
botanische Bestimmung, ohne Kenntnis über die<br />
Herkunft o<strong>der</strong> den Erntezeitpunkt usw. und vor allem<br />
ohne phytochemische Charakterisierung experimentell<br />
geprüft wird, sollte <strong>der</strong> Vergangenheit angehören. Die<br />
veröffentlichten kontroversen Ergebnisse sind in erster Linie<br />
auf methodische Fehler zurückzuführen!<br />
Als zweites sollte die Pharmakologie anerkennen, daß<br />
eine experimentell nachgewiesene Wirkung nicht gleichbedeutend<br />
mit Wirksamkeit am Patienten sein muß und<br />
umgekehrt. Das Dogma <strong>der</strong> pharmakologischen Relevanz<br />
sollte/muß abgebaut werden, damit künftig weniger<br />
irrelevante experimentelle Studien durchgeführt werden.<br />
Betonen möchte ich aber, daß experimentelle Prüfungen<br />
zum Studium von Wirkungsmechanismen nach wie vor<br />
auch bei Phytopharmaka notwendig sind!<br />
284
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
H. Schilcher, Phytotherapie<br />
Pharmazie<br />
Die Pharmazie hat in erster Linie dafür zu sorgen, daß nur<br />
pharmazeutisch hochwertige, am besten standardisierte<br />
Phytopharmaka zur Anwendung gelangen. Die Standardisierung<br />
sollte sich auf einen o<strong>der</strong> mehrere Wirkstoffe<br />
beziehen. Sind die Wirkstoffe unbekannt, dann muß die<br />
Mindestanfor<strong>der</strong>ung eine Standardisierung auf Leitsubstanzen<br />
sein. Eine weitere Aufgabe <strong>der</strong> Pharmazie ist die<br />
Erforschung <strong>der</strong> Bedeutung (pharmazeutisch, pharmakologisch,<br />
klinisch) von Begleitstoffen, sogenannten Koeffektoren,<br />
in einem <strong>Gesamte</strong>xtrakt. Zu dieser äußerst interessanten<br />
und wichtigen Frage existieren erst sehr wenige<br />
Untersuchungen. Die Aufgabe des Apothekers liegt darin,<br />
dem Arzt die Grundprinzipien eines mo<strong>der</strong>nen Phytopharmakons<br />
zu vermitteln, beispielsweise, daß auch bei<br />
pflanzlichen Arzneimitteln Dosis-Wirkungsbeziehungen<br />
bestehen.<br />
Äußerst nützlich können Hinweise auf ungeeignete Arzneiformen<br />
sein, die selbst wenn sie mo<strong>der</strong>n sind .{z.B.<br />
Kapseln, Dragees), unter Umständen eine vermin<strong>der</strong>te<br />
Wirksamkeit aufweisen. Zum Beispiel ist die Wirksamkeit<br />
einer Bitterstoffdroge nur dann optimal, wenn bereits<br />
von den Geschmacksknospen im Mund <strong>der</strong> bittere Geschmackwahrgenommen<br />
wird. O<strong>der</strong> von einem wäßrigen<br />
Trockenextrakt darf man nicht die Wirksamkeit <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Droge ursprünglich vorhandenen ätherischen Öle erwarten.<br />
Die in <strong>der</strong> Literatur berichteten Mißerfolge mit Phytopharmaka<br />
sind zum großen Teil auf die Anwendung pharmazeutisch<br />
ungeeigneter Arzneimittel zurückzuführen!<br />
Verordner<br />
Die Verordner teilen sich in drei Gruppen auf:<br />
1. die Kliniker, 2. die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte für Allgemeinmedizin<br />
sowie die nie<strong>der</strong>gelassenen Fachärzte und<br />
3. die Heilpraktiker.<br />
Die Heilpraktiker, die innerhalb <strong>der</strong> EG-Län<strong>der</strong> nur in <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik Deutschland eine Rolle als heilkundige<br />
Personen spielen, verwenden bei ihren medikamentösen<br />
Maßnahmen laut einer Rundfrage bei rund 660 Heilpraktikern<br />
nur zu 25% Phytopharmaka. Mehr Bedeutung besitzt<br />
bei ihnen die Homöopathie. In den Kliniken, insbeson<strong>der</strong>e<br />
in den Universitätskliniken, ist die Anwendung<br />
von Phytopharmaka eher die Ausnahme als die Regel.<br />
Erfreulicherweise ist dort allerdings eine Trendwende zu<br />
erkennen. Beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Urologie, aber auch in <strong>der</strong><br />
Gastroenterologie und Onkologie werden in letzter Zeit<br />
vermehrt Phytopharmaka eingesetzt, und zwar mit großem<br />
Erfolg.<br />
Mit Sicherheit gewinnt durch die 7. Verordnung zur Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Approbationsordnung für Ärzte vom 21. Dezember<br />
1989 (Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1989, Teil I, Nr.<br />
62, Seite 2549-2559) die Phytotherapie noch mehr an Gewicht<br />
an den Universitätskliniken. Die Approbationsordnung<br />
hat im Prüfungsstoff für den 2. Abschnitt <strong>der</strong><br />
Ärztlichen Prüfung neu aufgenommen: „Grundlagen,<br />
Möglichkeiten und Grenzen von Naturheilverfahren und<br />
Homöopathie." Ab lO.März 1993 müssen diese Themen<br />
schriftlich geprüft werden. Da die Plhytotherapie unumstritten<br />
eine wichtige Teildisziplin innerhalb <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />
ist — diese Meinung vertrittt auch die Sachverständigenkommission<br />
beim Institut für medizinische und<br />
pharmazeutische Prüfungsfragen in Mainz, die zur Zeit<br />
den Gegenstandskatalog ausarbeitet — sind die Universitäten<br />
nunmehr auch gesetzlich gefor<strong>der</strong>t, Lehrveranstaltungen<br />
über Phytotherapie anzubieten. Bislang wurden<br />
physiotherapeutische Vorlesungen und Seminare nur an<br />
wenigen deutschen Universitäten angeboten, künftig muß<br />
dies nun an sämtlichen Universitäten erfolgen, an denen<br />
eine medizinische Ausbildung möglich wird. Da genügend<br />
naturwissenschaftlich ausgerichtete Lehr- und Handbücher<br />
über Phytotherapie und Phytopharmaka existieren<br />
(8-14), dürfte es nicht allzu schwierig sein, auch Dozenten<br />
an den Universitäten zu finden.<br />
Natürlich ist zu hoffen, daß dem Beispiel <strong>der</strong> Freien Universität<br />
Berlin mit <strong>der</strong> Einrichtung des ersten Lehrstuhles<br />
(Prof. Dr. med. M. Bühring) für Naturheilkunde bald von<br />
an<strong>der</strong>en Universitäten gefolgt wird. Ein ähnlicher Lehrstuhl<br />
wird in Kürze an <strong>der</strong> ETH Zürich etabliert werden.<br />
Auf europäischer Ebene wäre zu hoffen, daß auch an<strong>der</strong>e<br />
EG-Län<strong>der</strong> ihre Approbationsordnung um das Lehr- und<br />
Prüfungsfach „Naturheilverfahren" ergänzten.<br />
Bei den nie<strong>der</strong>gelassenen praktischen Ärzten, aber auch<br />
bei den nie<strong>der</strong>gelassenen Fachärzten gewinnt die Verordnung<br />
von Phytopharmaka immer mehr an Bedeutung.<br />
Aus mehreren Befragungen geht hervor, daß über 70%<br />
<strong>der</strong> praktischen Ärzte u.a. auch pflanzliche Arzneimittel<br />
verordnen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Bundesrepublik<br />
ganz wesentlich von allen übrigen Län<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> EG! Daß die Ärzte mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren"<br />
— eine ärztliche Zusatzbezeichnung, die<br />
nur in Deutschland existiert — sehr häufig, aber nicht ausschließlich,<br />
Phytopharmaka verordnen, versteht sich fast<br />
von selbst.<br />
Die zur täglichen ärztlichen Praxis zählende Verordnung<br />
pflanzlicher Arzneimittel in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />
hat zur Folge, daß hier weit mehr Phytopharmaka im<br />
Verkehr sind als in den an<strong>der</strong>en EG-Län<strong>der</strong>n. Bis zum 1.<br />
April 1990 waren beim Bundesgeisundheitsamt Berlin<br />
rund 67000 pflanzliche Arzneimittel gemeldet und für<br />
mehr als 10000 Phytopharmaka wurde bislang ein Antrag<br />
auf Nachzulassung gemäß 2. Arzneiimittelgesetz gestellt.<br />
In <strong>der</strong> Roten Liste, dem Verzeichnis <strong>der</strong> Fertigarzneimittel<br />
<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> des Bundesverbandes <strong>der</strong> Pharmazeutischen<br />
Industrie, gehören über 25% <strong>der</strong> aufgenommenen<br />
Arzneimittel zu den Phytopharmaka. Neben dieser, meist<br />
vom Arzt genutzten, Roten Liste existiert noch die<br />
Präparate-Liste <strong>der</strong> Naturheilkunde, die sogenannte Grüne<br />
Liste (Sommer-Verlag), die auf rund 1630 (!) Seiten im<br />
wesentlichen nur pflanzliche Arzneimittel sowie Homöopathika<br />
enthält. Seit November 1990 verlegt <strong>der</strong> Herausgeber<br />
des Pharmaindex (IMP-Verlag, Frankfurt), allge-<br />
285
H. Schlicher, Phytotherapie Arztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
mein als „Gelbe Liste" bekannt, noch eine zusätzliche eigene<br />
Liste „Phytopharmaka und pflanzliche Kombinationspräparate".<br />
Somit sind in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland auch die schnellen Informationsmöglichkeiten<br />
über Phytopharmaka für den Arzt wesentlich<br />
ausgeprägter als in den an<strong>der</strong>en EG-Staaten.<br />
Was sind die Grunde für die relativ hohe ärztliche Akzeptanz<br />
<strong>der</strong> Phytotherapie bei uns?<br />
1. Der erste Grund ist sicherlich das Deutsche Arzneimittelgesetz,<br />
das als einziges Arzneimittelgesetz die sogenannten<br />
„beson<strong>der</strong>en Therapierichtungen", wie Phytotherapie,<br />
Homöopathie und Anthroposophie, gesetzlich<br />
berücksichtigt. Damit ist im Grundsatz auch die Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> arztlichen Verordnung von Phytopharmaka verankert.<br />
Beim Bundesgesundheitsamt in Berlin ist eine interdisziplinär<br />
zusammengesetzte Sachverständigen-Kommission<br />
(Kommission E) angesiedelt, die als Aufbereitungskommission<br />
das für Arzneipflanzen vorhandene wissenschaftliche<br />
Erkenntnismatenal in puncto Wirksamkeit und<br />
Unbedenklichkeit kritisch zu bewerten und als Zulassungskommission<br />
über das In-den-Verkehr-Bringen neuer<br />
Phytopharmaka zu befinden hat.<br />
Eine ähnlich interdisziplinär zusammengesetzte und gesetzlich<br />
verankerte Sachverständigenkommission gibt es<br />
in keinem weiteren EG-Land!<br />
In Anlehnung an die im Bundesanzeiger veröffentlichten<br />
Monographien <strong>der</strong> Kommission E erstellt zur Zeit ESCOP<br />
(= European Scientific Cooperative for Phytotherapy)<br />
nun auf europäischer Ebene Drogenmonographien. Diese<br />
Monographien besitzen im Moment noch keinen offiziellen<br />
gesetzlichen Status, und es ist abzuwarten, ob die EG<br />
die ESCOP-Monographien offiziell anerkennen wird. Der<br />
pragmatische Weg wäre, wenn die EG und das Europa-<br />
Parlament die Monographien <strong>der</strong> Kommission E, vielleicht<br />
mit einigen kleinen Abän<strong>der</strong>ungen, einfach übernehmen<br />
würden. Denn jetzt schon zeichnet sich ab, daß<br />
das ESCOP Scientific Committee und <strong>der</strong> ESCOP Board<br />
of Supervising Editors nicht über den interdisziplinären<br />
Sachverstand verfügt, wie er ohne Zweifel bei <strong>der</strong> Kommission<br />
E vorhanden ist. Auch kann bei dem ESCOP-<br />
Verfahren aus organisatorischen Gründen keine <strong>der</strong>art<br />
ausgeprägte Diskussion stattfinden, wie sie bei den Sitzungen<br />
<strong>der</strong> Kommission E praktiziert wird.<br />
2. Der zweite Grund für die zunehmende Akzeptanz <strong>der</strong><br />
Phytotherapie durch die Schulmedizin resultiert aus den<br />
phytochemischen Forschungsergebnissen, die es ermöglichen,<br />
immer mehr standardisierte Phytopharmaka zur<br />
Anwendung zu bringen Ein standardisiertes pflanzliches<br />
Arzneimittel gewährleistet eher reproduzierbare therapeutische<br />
Effekte und verlangt von einem Arzt, <strong>der</strong><br />
bislang nur Chemotherapeutika verwendet hat, nicht ein<br />
totales Umdenken. Die Grundprinzipien <strong>der</strong> Pharmakotherapie<br />
sind mnt solchen pflanzlichen Arzneimitteln namhch<br />
die gleichem!<br />
Standardisierte Auszüge aus:<br />
— Gmkgo-biloba-Blättem<br />
— Kamillenblüten<br />
— Mariendistelfrüchten und<br />
— Roßkastaniensamen<br />
sollen nur auszugsweise als Beispiele genannt werden.<br />
3. Der dritte Grund für die zunehmende Anerkennung <strong>der</strong><br />
Phytotherapie durch immer mehr „Schulmediziner", insbeson<strong>der</strong>e<br />
auch durch Hochschulkliniker, und dies auch<br />
in Frankreich, England und Italien, sind die zahlreichen<br />
klinischen und/o<strong>der</strong> experimentellen Studien zur Prüfung<br />
<strong>der</strong> Wirksamkeit von Phytopharmaka in den letzten 10<br />
Jahren. Die positiven Untersuchungsergebnisse haben<br />
doch manchen früher eher ablehnenden Arzt vom Nutzen<br />
<strong>der</strong> Phytotherapie überzeugt. Gerade in <strong>der</strong> Abwägung<br />
des Nutzen-Risiko-Vergleiches vermag die Phytotherapie<br />
in mehreren Indikationsbereichen zu überzeugen.<br />
4. Ein vierter Grund, weshalb die Phytotherapie immer<br />
mehr „Boden" in <strong>der</strong> Schulmedizin und insbeson<strong>der</strong>e in<br />
den Universitäten gewinnt, ist die klare Aussage mehrerer<br />
Ärzteverbande, daß die Phytotherapie keine alternative<br />
Medizin, son<strong>der</strong>n ein Teil <strong>der</strong> Schulmedizin ist. Dies<br />
kommt nunmehr auch noch deutlicher durch die neue<br />
Approbationsordnung, auf die oben bereits ausführlich<br />
eingegangen wurde, zum Ausdruck. Die naturwissenschaftlich<br />
ausgerichteten Weiterbildungsveranstaltungen<br />
für den Erwerb <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren"<br />
haben viel für die Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Phytotherapie in<br />
die Schulmedizin beigetragen, auch wenn mancher Kursteilnehmer<br />
über die naturwissenschaftlich orientierte Diktion<br />
enttäuscht ist und die Phytotherapie lieber in <strong>der</strong><br />
„Ecke" <strong>der</strong> alternativen „grünen Medizin" sehen würde.<br />
Gesetzliche Regelungen<br />
Die gesetzlichen Regelungen (Arzneimittelgesetz,<br />
Reichsversicherungsordnung u.a.), die den Kreis <strong>der</strong><br />
Übersieht schließen (Abb. 1) und die zum größten Teil<br />
schon angesprochen worden sind, ermöglichen dem Arzt<br />
das Recht auf Therapiefreiheit und gestatten ihm in <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik Deutschland, grundsätzlich auch Phytopharmaka<br />
zu verordnen. Es gilt dieses Recht auch innerhalb<br />
<strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft zu bewahren, und<br />
es gilt ferner, bestimmte Bestrebungen <strong>der</strong> Einschränkung<br />
(z.B. Negativhste) auf einem Minimum zu halten,<br />
denn nachweislich ist eine geeignete Phytotherapie im<br />
Durchschnitt kostengünstiger als eine Chemotherapie.<br />
Literatur<br />
1. Schlicher, H Die Kamille — Handbuch für Arzte, Apotheker<br />
und an<strong>der</strong>e Naturwissenschaftler Wissenschaftl Verlagsgesellschaft<br />
mbH, Stuttgart 1987<br />
286
H. Schlichet", Phytotherapie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
2. Buchborn, E.: Ärztliche Erfahrung und Theorie <strong>der</strong> Heilkunde.<br />
In: Beobachtung, Experiment und Theorie in Naturwissenschaft<br />
und Medizin. Verhandlungen <strong>der</strong> Ges. Dtsch. Naturforscher<br />
und Ärzte, 114. Versammlung, Stuttgart, 1987.<br />
3. Schnei<strong>der</strong>, B.: Die Erfahrung bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit<br />
von Arzneimitteln. Hufeland-Journal 5 (1990) 87-99.<br />
4. Deutscher, B.: Pflanzliche Arzneimittel — Neue Aufbereitungsergebnisse<br />
in Frankreich. Dtsch. Apoth. Ztg. 130 (1990)<br />
2726-2729.<br />
5. Nordrhein-Westfälisches Gesundheitsministerium: Repräsentativstudie<br />
„Medikament und Kin<strong>der</strong>". Apoth. Ztg. 5, Heft<br />
19, 2(1989).<br />
6. Schilcher, H.: Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen <strong>der</strong><br />
Naturheilverfahren — Phytotherapie. Ärztezeitschr. für Naturheilverfahren<br />
29 (1988) 767-776.<br />
7. Winterhoff, H., H. G. Gumbinger: Pharmakologische Untersuchungen<br />
mit Pflanzenextrakten. Dtsch. Apoth. Ztg. 130<br />
(1990)2667-2670.<br />
8. Weiss, R. F.: Lehrbuch <strong>der</strong> Phytotherapie. 6. Aufl., Hippokrates<br />
Verlag, Stuttgart, 1991.<br />
9. Schimmel, K. Ch.: Lehrbuch <strong>der</strong> Naturheilverfahren, Band I.<br />
2. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Hippokrates Verlag,<br />
Stuttgart, 1990.<br />
10. Vogel, G., M. Gaisbauer, W. Winkler: Phytotherapie in <strong>der</strong><br />
Praxis. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 1990.<br />
11. Schilcher, H.: Phytotherapie in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>heilkunde. Wissenschaftl.<br />
Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 1991.<br />
12. Hansel, R., H. Haas: Therapie mit Phytopharmaka. 2. Auflage,<br />
Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1991.<br />
13. Poletti, A., H. Schilcher, A. Müller: Heilkräftige Pflanzen —<br />
mit den Monographien <strong>der</strong> Kommission E. 2. erweiterte und<br />
aktualisierte <strong>Ausgabe</strong>, Walter Hädecke Verlag, Weil <strong>der</strong><br />
Stadt, 1990.<br />
14. Wagner, H.: Pharmazeutische Biologie — Drogen und ihre<br />
Inhaltsstoffe. 4. neubearbeitete Auflage, Gustav Fischer Verlag,<br />
Stuttgart, 1988.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Univ.-Prof. Dr. H. Schilcher, Freie Universität Berlin, Institut für<br />
Pharmazeutische Biologie, Königin-Luise-Str. 2 + 4, D-1000 Berlin<br />
33.<br />
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des Taiji-Qigong<br />
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Herausgeber: PD Dr. Gisela Hildenbrand<br />
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288
j. Rost Naturheilverfahren — die aktivierende Hälfte <strong>der</strong> Medizin<br />
Zusammenfassung<br />
Gesundheit -> Störung -> Reiz -> Abwehr -> Bewältigung<br />
> Gesundheit.<br />
An diesem Regelkreis werden die therapeutischen<br />
Möglichkeiten eingeordnet und erläutert.<br />
Es ergibt sich hieraus, daß die Naturheilverfahren<br />
und die Homöopathie als die Therapiearten<br />
<strong>der</strong> kleinsten, substanzlosen Reize die aktivierende<br />
Hälfte <strong>der</strong> Gesamtmedizin ausmachen,<br />
während die inaktivierende Konträrtherapie <strong>der</strong><br />
Selbstheilungstendenz eher entgegenarbeitet.<br />
Daher hat diese dort ihre Berechtigung, wo mit<br />
einer Selbstheilung nicht mehr gerechnet werden<br />
kann.<br />
Nicht entwe<strong>der</strong> aktivierende o<strong>der</strong> inaktivierende<br />
Medizin, son<strong>der</strong>n jede zu ihrer Zeit, jede nach<br />
ihrer Indikation. Allerdings sollte, um chronische<br />
Krankheiten zu verhin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zu heilen,<br />
<strong>der</strong> Versuch mit <strong>der</strong> Aktivierung stets vor <strong>der</strong><br />
Inaktivierung unternommen werden.<br />
Schlüsselwörter: Biokybernetik, Naturheilverfahren,<br />
Regulationssystem, Regelkreis.<br />
On classe et on explique les possibilites therapeutiques<br />
en fonction de ce circuit de regulation.<br />
II en resulte que les methodes physiotherapeutiques<br />
et l'homeopathie, en tant que plus petites<br />
formes therapeutiques peu substantielles,<br />
constituent la moitie activante de l'ensemble de<br />
la medecine tandis que la medecine contraire inactivante<br />
a une action plutöt contraire ä la tendance<br />
autocurative. C'est pourquoi son emploi<br />
se justifie lä oü Ton ne peut plus compter sur un<br />
processus autocuratif.<br />
II ne convient pas d'utiliser soit la medecine activante<br />
soit la medecine inactivante, mais chacune<br />
au moment qu'il faut, chacune selon son indication.<br />
Pour empecher ou pour guerir les maladies<br />
chroniques, il faut toutefois toujours faire<br />
une tentative d'activation avant d'utiliser rinactivation.<br />
Mots-cles: biocybernetique, methode physiotherapeutique,<br />
Systeme de regulation, circuit de<br />
regulation.<br />
Summary<br />
Health -> disor<strong>der</strong> -> Stimulation -» defense -><br />
overcoming and recovery -> health.<br />
The therapeutical possibilities are included into<br />
this regulatory circuit and explained. From this<br />
results that the natural treatments and the homoeopathy<br />
as the types of therapy of the least,<br />
unsubstantial Stimuli constitute the activating<br />
half of the entire medicine whereas the inactivating<br />
counter-therapy is rather acting against the<br />
self-healing tendency. Therefore, the latter is<br />
justified where self-healing can no longer be<br />
expected.<br />
Not either activating or inactivating medicine<br />
but each at the appropriate time, each according<br />
to its indication. In or<strong>der</strong> to prevent or to heal<br />
chronic diseases the attempt with the activation<br />
should, of course, always be made prior to the<br />
inactivation.<br />
Key words: biocybernetics, procedures of natural<br />
treatment, regulation System, regulatory circuit.<br />
Resume<br />
Sante -> trouble<br />
succes -> sante.<br />
Stimulation -> defense<br />
Wenn man die Medizin unserer Tage überblickt, mit ihren<br />
enormen chemischen und technischen Möglichkeiten,<br />
müssen da nicht die Naturheilverfahren überflüssig, antiquiert,<br />
ineffizient erscheinen 9 Obwohl von den Patienten<br />
mehr und mehr gewünscht, werden diese Verfahren daher<br />
oft auch als „alternative" o<strong>der</strong> „additive" Möglichkeiten<br />
bezeichnet — wenn nicht gar als Außenseitermedizin<br />
Haben die Naturheilverfahren in unserem mo<strong>der</strong>nen Zeitalter<br />
noch eine Daseinsberechtigung, zumal ihnen, wie<br />
man gelegentlich hört, ein einleuchtendes Gesamtkonzept<br />
fehlt 7<br />
Diese Meinungen haben sicher ihre Berechtigung, wenn<br />
man den kranken Organismus als Werkstuck sieht, das<br />
es zu reparieren gilt Zu ganz an<strong>der</strong>en und überraschenden<br />
Schlüssen muß man aber kommen, wenn <strong>der</strong> lebende<br />
Organismus als ein sich selbst regulierendes, zu<br />
erstaunlichen eigenen Fähigkeiten <strong>der</strong> Selbstheilung<br />
begabtes biokybernetisches System gesehen wird An einem<br />
Denkmodell sei dies verdeutlicht (Abb 1).<br />
Die Gesundheit ist es, die erhalten o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>hergestellt<br />
werden soll Sie gilt es konstant zu halten Das ist <strong>der</strong><br />
Sinn dieses Regulationssystems Jede Störung bakterieller,<br />
viraler, chemischer o<strong>der</strong> traumatischer Art wird als<br />
Reiz registriert und an die zustandigen Abwehrsysteme<br />
(Grundsystem, Immunsystem, Hormonsystem, Wundheilungsfaktoren)<br />
weitergemeldet Das jeweils spezifische<br />
289
J Rost, Naturheilverfahren<br />
Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg<br />
Regulation^<br />
Systeme<br />
Gesundheit ist eine täglich aufs neue erbrachte<br />
aktive Leistung des Organismus<br />
Symptome<br />
Und diese Leistungsfähigkeit wird ausreichen, in akuten<br />
Fallen und bei maßigem Reiz die Gesundheit aus eigener<br />
Kraft wie<strong>der</strong>herzustellen<br />
Nun gibt es aber Falle, wo diese Eigenleistungen nicht<br />
ausreichen, die Gesundheit aus eigener Kraft nicht zu erreichen<br />
ist Solch ein Versagen hat zweierlei Grunde<br />
Gesundheit<br />
Störung<br />
Abb 1 Gesundheit und Reizeinwirkung, Regulationssysteme und<br />
Krankheitssymptomatik sind im kybernetischen Denkmodell wie<strong>der</strong>zufinden<br />
entwe<strong>der</strong> Der den Organismus treffende Reiz ist zu<br />
stark, um auch bei guter Abwehrlage noch verkraftet<br />
zu werden, er überfor<strong>der</strong>t also die<br />
Selbstheilungskrafte,<br />
o<strong>der</strong> Die Regulationsfahigkeit des betreffenden Organismus<br />
ist bereits vorgeschadigt und damit<br />
zu schwach, um selbst einen maßigen Reiz abzufangen<br />
Das akute Geschehen kann dann nicht mehr selbsttätig<br />
ausgeheilt werden, <strong>der</strong> Weg fuhrt in die Chronizitat Denn<br />
das ist <strong>der</strong> eigentliche Unterschied zwischen akutem und<br />
chronischem Geschehen<br />
System, wird durch diesen Reiz mobilisiert, aktiviert Und<br />
es wird sinngemäß antworten, indem es den Gesamtstoffwechsel<br />
im Sinne verstärkter Entgiftung und Ausscheidung<br />
verän<strong>der</strong>t Das fuhrt zu Fieber, zur Entzündung, zu<br />
Diarrho, zur Bronchitis usw<br />
Wahrend die eigentliche Infektion o<strong>der</strong> Intoxikation vom<br />
Patienten oft kaum bemerkt wird und die Reizmeldung<br />
unspurbar bleibt, erlebt <strong>der</strong> Patient die Reaktion auf den<br />
Reiz, die Umstellung im Stoffwechselgeschehen, also<br />
den Kampf um die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Gesundheit um<br />
so drastischer Er erlebt sie als Symptomatik, die erheblich<br />
von seinem Normalzustand abweicht Dieses Erleben<br />
nennt er „Krankheit" Und we<strong>der</strong> ihm noch — lei<strong>der</strong> — oft<br />
seinem Arzt wird bewußt, daß es sich hier nicht um die<br />
eigentliche Krankheit, son<strong>der</strong>n bereits um die Antwort seines<br />
Organismus handelt, die bejaht und unterstutzt<br />
werden sollte<br />
Eine gute, kraftige, heilende Antwort aber bringt <strong>der</strong> Organismus<br />
nur zustande, wenn seine Regulationsfahigkeit<br />
noch intakt ist, wirken doch in einem lebenden System eine<br />
Vielzahl vernetzter, vermaschter Regelkreise zusammen,<br />
die aufeinan<strong>der</strong> einwirken, voneinan<strong>der</strong> abhangen<br />
Nur wenn sie gut aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt sind, wenn sie<br />
unspurbar und lautlos ineinan<strong>der</strong>greifen, wird sich <strong>der</strong> Patent<br />
gesund fühlen Dieses Ineinan<strong>der</strong>greifen aber ist ein<br />
unaufhörliches Wechselspiel von Reizen, Ruckmeldungen<br />
und Antworten Definiert die WHO die Gesundheit als<br />
einen „Zustand leiblichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens",<br />
so muß man dem aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Kybernetik<br />
wi<strong>der</strong>sprechen Gesundheit ist niemals ein „Zustand",<br />
sie ist vielmehr iein dauern<strong>der</strong> Prozeß, eine labile Balance<br />
Akute Krankheiten sind kräftige Abwehrphasen<br />
auf dem Boden einer guten Regulationsfähigkeit,<br />
chronische Krankheiten sind insuffiziente Versuche<br />
<strong>der</strong> Abwehr bei primär gestörtem Regulationsvermögen<br />
Hier sei auch an das 6-Phasen-Denkmodell Reckewegs<br />
erinnert, <strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>em Wege zu dem gleichen Schluß<br />
kam Es verdeutlicht die Chronologie des Leidens<br />
Wie ist es möglich, daß die chronischen Krankheiten immer<br />
mehr zunehmen' Daß sie das Bild <strong>der</strong> Wartezimmer<br />
heute nahezu beherrschen' Gab es am Anfang unseres<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts noch vorwiegend akute Falle, nämlich auf 9<br />
akute nur einen chronisch Kranken, so hat sich das Verhältnis<br />
in diesen 90 Jahren genau umgekehrt Es kommen<br />
heute auf einen akuten Fall neun chronisch Kranke<br />
Warum'<br />
Dieser verhängnisvolle Fehllauf hangt nicht zuletzt damit<br />
zusammen, daß die mo<strong>der</strong>ne Medizin die Fähigkeiten des<br />
Organismus zur Selbsthilfe unberücksichtigt laßt Nicht<br />
nur, daß sie diese Fähigkeiten nicht for<strong>der</strong>t und for<strong>der</strong>t,<br />
son<strong>der</strong>n sie bedient sich gar zu oft dampfen<strong>der</strong>, unterdrucken<strong>der</strong><br />
Therapie<br />
Von Perger stammen Untersuchungen, die diese Behauptung<br />
belegen Ein akuter, banaler fieberhafter Infekt, <strong>der</strong><br />
unbehandelt o<strong>der</strong> sinnvoll unterstutzt ablauft, bewirkt im<br />
Blutbild eine deutliche Linksverschiebung, also das Zeichen<br />
<strong>der</strong> akuten Erkrankung Gleichzeitig tritt eine Vermehrung<br />
<strong>der</strong> y-Globuhne auf — als Beweis guter Immunkorperbildung<br />
Ein Infekt hingegen, <strong>der</strong> durch die Behandlung<br />
unterdruckt wird (durch Antipyretika, Antiphlogi-<br />
290
J Rost, Naturheilverfahren<br />
Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg<br />
stika, Antitussiva, Antibiotika), laßt den Patienten zwar<br />
rasch beschwerdefrei werden, erkauft dies aber durch<br />
langdauernde Blutbildveran<strong>der</strong>ungen im Sinne einer<br />
chronischen Erkrankung, namhch <strong>der</strong> relativen Lymphozytose<br />
Eine y-Globulmvermehrung bleibt aus, d h , eine<br />
Immunkorperbildung kommt nicht zustande Dabei wäre<br />
es durchaus möglich, einen banalen fieberhaften Infekt<br />
auch an<strong>der</strong>s auszuheilen Doch lei<strong>der</strong> wissen die wenigsten<br />
Kollegen wie<br />
Betrachtet man die uns zur Verfugung stehenden therapeutischen<br />
Möglichkeiten unter dem Aspekt des Regelkreises,<br />
so zeigt sich, daß man bei jedem Faktor dieses<br />
Zusammenspiels therapeutische Ansatzpunkte hat, sowohl<br />
bei <strong>der</strong> Störung, bei dem Reiz, an dem Abwehrsystem<br />
als auch an <strong>der</strong> Symptomatik (Abb 2)<br />
Die Ausschaltung <strong>der</strong> Störung soll als <strong>der</strong> probateste Weg<br />
zuerst genannt werden<br />
Die Kausaltherapie ist immer <strong>der</strong> königliche Weg zur Heilung<br />
Die Ausschaltung des Storfaktors befreit die Eigenregulation<br />
und gibt ihr wie<strong>der</strong> freien Lauf Eine weitere<br />
Therapie ist dann nicht mehr notig Lei<strong>der</strong> wird gar zu oft<br />
noch versäumt, in Zusammenarbeit mit dem Patienten intensiv<br />
nach <strong>der</strong> Ursache zu forschen (Ernährung, Genußmittel,<br />
Lebensgewohnheiten usw), ehe <strong>der</strong> Rezeptblock<br />
in Aktion tritt Der Arzt sollte sich um die Causa <strong>der</strong> Krankheit<br />
seines Patienten ebensoviel Gedanken machen wie<br />
dieser selbst<br />
Gelehrt und gelernt aber wird überwiegend jene Therapie<br />
am efferenten Schenkel des Regelkreises, die eben<br />
schon angeschnitten wurde die Dampfung, die Unterdruckung<br />
<strong>der</strong> Symptomatik Das Abwehrgeschehen des<br />
Organismus, das Bewaltigungsprogramm mit seiner unangenehmen<br />
Symptomatik verleitet zum raschen Griff<br />
nach <strong>der</strong> Kontrartherapie Hier haben die Antipyretika, die<br />
Antidolorosa, Antirheumatika, Antiemetika usw ihren Platz<br />
Sie veran<strong>der</strong>n das Bewaltigungsprogramm nach dem Willen<br />
des Arztes und setzen die Eigenregelung außer Kraft<br />
Diese ,,Anti"-Therapie ist durchaus indiziert, wenn die<br />
Symptome unerträglich werden o<strong>der</strong> wenn in lebensbedrohenden<br />
Fallen die Eigenregulation überfor<strong>der</strong>t und insuffizient<br />
ist Hier muß sie eingesetzt werden Und es gibt<br />
wohl keinen Arzt, <strong>der</strong> nicht froh ist, daß es sie für bestimmte<br />
Falle gibt Aber die Kontrartherapie wird sicher zu<br />
häufig angewandt, teils aus Bequemlichkeit, weil <strong>der</strong> Patient<br />
es so wünscht, teils aus Unkenntnis an<strong>der</strong>er therapeutischer<br />
Möglichkeiten Denn es gibt ebenso effiziente<br />
Heilverfahren, die nicht unterdruckend wirken Wir finden<br />
sie am afferenten Schenkel des Regelkreises<br />
Wahrend die soeben erwähnte Kontrartherapie da ansetzt,<br />
wo <strong>der</strong> Organismus bereits mit dem eigenen Bewaltigungsprogramm<br />
in Aktion ist, namhch am efferenten<br />
Schenkel, kann man an<strong>der</strong>erseits über den afferenten<br />
Reflexbogen viel früher in das Geschehen eingreifen, indem<br />
man die Abwehrsysteme stimuliert zu kraftiger und<br />
effizienterer Antwort So bleibt die Bereitstellung <strong>der</strong> Abwehr<br />
den körpereigenen Systemen selbst überlassen Sie<br />
wird nicht beeinflußt, nicht manipuliert Diese Aktivierung<br />
kann durch die unspezifische wie durch die spezifische<br />
Stimulation erreicht werden<br />
Die unspezifische Stimulation aktiviert den Organismus<br />
als Ganzes in all seinen Lebensfunktionen Durch Ernah-<br />
Entschlackung, Ernährung<br />
Bewegungstherapie, Atemtherapie<br />
Physiotherapie<br />
Aktive Immunisierung<br />
Autovaccine<br />
Symbioselenkung<br />
Eigenbluttherapie<br />
Desertsibihsierung<br />
Homöopathie<br />
Akupunktur<br />
Substitution<br />
Passive Immunisierung<br />
Vitamine, Hormone, Ferment«<br />
Mineralien<br />
Organtransplantation<br />
F.xzi tat 10 n<br />
Anregung von Kreislauf,<br />
Atmung, Niere, Darm, usw<br />
Inhibition<br />
»Anti-Mittel«<br />
S u p p res s l on<br />
Corticoide<br />
Zytostatika<br />
Ionisierende Strahlen<br />
Chirurgie (Anti-Biotika)<br />
Psychotherapie, Neuraltherapie<br />
Abb 2 Die Kausalltherapie befreit den Organismus von Störungen, so daß er wie<strong>der</strong> selbst regulieren kann Die spezifische und unspezifische<br />
Stimulation aktivieren die Selbstheilungskrafte Durch die Kontrartherapie dagegen wird die Eigenregulation inaktiviert<br />
292
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
J. Rost, Naturheilverfahren<br />
rungsumstellung o<strong>der</strong> Fasten, durch Entschlackung, Bewegung,<br />
Atmung, durch Kalt- o<strong>der</strong> Warmwasserreize,<br />
durch Physiotherapie wird hier für eine allgemeine Vitalisierung<br />
gesorgt. Es sind reinigende und trainierende,<br />
kräftigende Heilverfahren, die die Regelsysteme dazu<br />
instand setzen, die eintreffenden Störungsmeldungen<br />
effektvoll zu beantworten. In dieser Gruppe finden wir die<br />
sogenannten „klassischen Naturheilverfahren". Ihre Vertreter<br />
legen Wert darauf, daß hier nur ganz natürliche Mittel<br />
und Reize zur Anwendung kommen.<br />
Spezifisch wird die Stimulation erst dann, wenn spezifische<br />
Immunfunktionen angesprochen werden, wenn spezielle<br />
Syndrome beeinflußt werden sollen. Der Prototyp ist<br />
die aktive Immunisierung. Sie gibt nicht, wie die passive<br />
Immunisierung, das Gegengift gegen die jeweilige Krankheit,<br />
son<strong>der</strong>n sie verabreicht minimale Dosen des Toxins,<br />
die den Organismus zur Eigenproduktion des entsprechenden<br />
Antitoxins anregen. Ebenso wirkt die von patienteneigenen<br />
Erregern ausgehende Autovakzine. Auch die<br />
mikrobiologische Therapie bedient sich dieser Möglichkeit.<br />
Letztlich ist auch die Eigenbluttherapie eine solche<br />
spezifische Aktivierung. In ähnlichem Sinne nutzt auch<br />
die Desensibilisierung das minimal dosierte Allergen zum<br />
Training und zur aktiven Überwindung <strong>der</strong> Allergie. Selbst<br />
die Homöopathie gehört hierher. Sie wählt, wo sie das<br />
krankmachende Agens selbst nicht kennt (das wäre Isopathie)<br />
einen dem Krankheitsbild ähnlichen Reiz — similia<br />
similibus curentur — <strong>der</strong> den Organismus zur Heilung<br />
aus eigener Kraft stimuliert.<br />
Der Akupunktur wird zwar ein an<strong>der</strong>es Wirkprinzip zugeschrieben,<br />
nämlich ein Einwirken auf den Energiefluß im<br />
Organismus, ein Ausgleichen, doch fügt sie sich in den<br />
Rahmen <strong>der</strong> Stimulation, und zwar <strong>der</strong> spezifischen Stimulation,<br />
ein.<br />
Gemeinsam ist diesen Heilverfahren <strong>der</strong> spezifischen Stimulation<br />
die Anwendung minimaler Wirkdosen bis zu<br />
quantitätslosen Reizen. Sie arbeiten mit einer Aufschaltung<br />
<strong>der</strong> Störgröße, mit Reizen also, die <strong>der</strong> Krankheit<br />
gleichgerichtet sind. Sie wählen nicht konträre, son<strong>der</strong>n<br />
gleichsinnige Maßnahmen, die den einwirkenden Störreiz<br />
verdeutlichen, den Anstoß verbreitern. Dies wird eine umfassen<strong>der</strong>e<br />
Antwort <strong>der</strong> Regelsysteme zur Folge haben.<br />
So haben wir die Therapie <strong>der</strong> Regelungsdämpfung auf<br />
<strong>der</strong> einen Seite des Regelkreises. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />
findet sich die Therapie <strong>der</strong> Aktivierung. Sie strebt eine<br />
Aktivierung <strong>der</strong> Selbstheilung an, eine Therapie also, die<br />
den Regelsystemen nicht entgegenwirkt, son<strong>der</strong>n mit<br />
ihnen zusammenarbeitet und gewissermaßen zu einer<br />
Naturheilung führt.<br />
Diese Überlegungen führen uns schließlich zur Definition<br />
<strong>der</strong> Naturheilverfahren. Bezeichnen die Vertreter <strong>der</strong> unspezifischen<br />
Stimulation ihre Heilverfahren als die „klassischen"<br />
Naturheilverfahren, so ist die Frage berechtigt,<br />
ob die Methoden <strong>der</strong> spezifischen Stimulation keine Naturheilverfahren<br />
sind. O<strong>der</strong> sind es als Gegensatz zu den<br />
„klassischen" die „mo<strong>der</strong>nen" Naturheilverfahren? Immer<br />
wie<strong>der</strong> hört und liest man in <strong>der</strong> Diskussion darüber,<br />
wie natürlich die Mittel <strong>der</strong> Naturheilverfahren sein müssen,<br />
um noch als solche anerkannt zu werden. Selbstverständlich<br />
ist die Atemtherapie ein Naturheilverfahren.<br />
Aber die Sauerstofftherapie? Die HOT? Die Ozontherapie?<br />
Schließt ihr apparativer Aufwand sie von den Naturheilverfahren<br />
aus? Wie natürlich sind die Nadeln <strong>der</strong><br />
Akupunkteure? O<strong>der</strong> gar die Injektionen <strong>der</strong> Neuraltherapeuten,<br />
die ihre Zugehörigkeit zu den Naturheilverfahren<br />
auch beanspruchen? Ist die Homöopathie ein Naturheilverfahren?<br />
Die Homöopathen selbst verneinen dies. Auch<br />
die Vertreter <strong>der</strong> Naturheilverfahren lehnen es ab, aber<br />
mit dem Argument: Ihrer Meinung nach entfernt die Potenzierung<br />
<strong>der</strong> Heilpflanzen die homöopathischen Medikamente<br />
zu weit von <strong>der</strong> Natur. Aber die Phytotherapie,<br />
die alle Welt zu den Naturheilverfahren zählt? Sind ihre<br />
Heilpflanzenpräparationen noch natürlich genug? Wird<br />
nicht auch hier extingiert, extrahiert, destilliert, getrocknet,<br />
gepulvert, in Tabletten gepreßt und mit Farbstoffen<br />
überzogen?<br />
Kein Ende <strong>der</strong> Diskussionen über die Anfänge und Grenzen<br />
<strong>der</strong> natürlichen Heilverfahren. Wer ist „in" und wer ist<br />
„out"? Welch ein Geschoßreservoir für die Gegner <strong>der</strong><br />
Naturheilverfahren! Sie brauchen sich nur zu bedienen.<br />
Dabei könnten all diese Richtungskämpfe überflüssig<br />
sein, wenn man weniger die Natürlichkeit <strong>der</strong> Mittel zum<br />
Kriterium machte als vielmehr die Natürlichkeit des Heilungsprozesses.<br />
Weniger die Mittel zum Zweck sollten<br />
den Ausschlag geben als <strong>der</strong> Zweck selbst, nämlich: die<br />
Naturheilung aus eigener Kraft. Hier liegt eigentlich die<br />
Quintessenz <strong>der</strong> Naturheilverfahren.<br />
Nicht unbedingt Natur-Heilverfahren<br />
als vielmehr Naturheil-Verfahren<br />
Diese kleine Verschiebung des Bindestrichs könnte alle<br />
Gruppen einen in dem Bemühen, aktivierende Therapie<br />
zu betreiben, die Heilung durch Verbesserung <strong>der</strong> körpereigenen<br />
Regulation zu erreichen.<br />
Die Mittel und Wege, die dazu führen,, sollten relativ untergeordnet<br />
sein. Einzige Bedingung: Die angestrebte Aktivierung<br />
sollte auch nachweisbar sein. Nur dieser Nachweis<br />
<strong>der</strong> tatsächlich verbesserten Regulationsfähigkeit<br />
durch unsere Heilverfahren wird uns glaubwürdig machen,<br />
und nur er kann uns von Scharlatanen abgrenzen.<br />
Naturheil-Verfahren sind die aktivierende Hälfte<br />
<strong>der</strong> Gesamtmedizin<br />
Diese aus dem biokybernetischen System abgeleitete<br />
Sicht löst mehrere unserer Probleme gleichzeitig:<br />
1. Wir haben hier endlich das gesuchte und von <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
angemahnte Gesamtkomzept unserer Therapiemethoden.<br />
293
J. Rost, Naturheilverfahren Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
2. Wir finden hier eine erheblich vereinfachte und einleuchtende<br />
Definition.<br />
3. Wir bringen so mühelos die verschiedenen Gruppen<br />
und rivalisierenden Therapiemethoden auf einen gemeinsamen<br />
Nenner.<br />
4. Wir können damit deutlich machen, daß die Naturheilverfahren<br />
nicht nur „auch heute noch" ihre Existenzberechtigung<br />
haben, son<strong>der</strong>n daß sie heute dringen<strong>der</strong><br />
gebraucht werden als je zuvor.<br />
Erst beide Seiten des Therapiespektrums, die aktivierende<br />
und die inaktivierende Seite gemeinsam, machen die<br />
Gesamtmedizin aus. Nicht die eine o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e Seite<br />
gilt es zu nutzen, son<strong>der</strong>n beide Seiten je nach Indikation<br />
des speziellen Falles.<br />
Wichtig zu wissen und zu planen ist jedoch, daß nach<br />
Möglichkeit die aktivierende Therapie, also die Naturheilverfahren,<br />
vor den inaktivierenden Methoden genutzt werden<br />
sollte. Denn wurde zuerst inaktiviert, so sind die<br />
Regelsysteme nicht mehr voll ansprechbar. Der Übergang<br />
von <strong>der</strong> inaktivierenden zur aktivierenden Therapie<br />
wird nicht mehr den vollen Effekt erbringen können. Dagegen<br />
ist ein Wechsel von <strong>der</strong> aktivierenden zur inaktivierenden<br />
Therapie — sollte er doch noch notwendig werden<br />
— je<strong>der</strong>zeit komplikationslos möglich.<br />
Lei<strong>der</strong> sind die Patienten, die den Arzt für Naturheilverfahren<br />
aufsuchen, meist bereits den umgekehrten Weg<br />
gegangen. Erst wenn die übliche Konträrtherapie keinen<br />
Dauererfolg brachte, wendet man sich den Naturheilverfahren<br />
zu. Anzustreben, da sinnvoller und erfolgversprechen<strong>der</strong>,<br />
wäre sicher:<br />
Die aktivierende Therapie wo irgend möglich,<br />
die inaktivierende Therapie wo unbedingt nötig<br />
Nicht „alternative", nicht „additive" Medizin, nicht „Außenseiter-Medizin"<br />
sind die Naturheilverfahren, son<strong>der</strong>n<br />
die notwendige an<strong>der</strong>e Hälfte <strong>der</strong> Medizin, ihre aktivierende<br />
Hälfte. Sie wurde viel zu lange schon in <strong>der</strong> Ausbildung<br />
vernachlässigt. Wir brauchen sie heute notwendiger denn<br />
je zuvor, wenn wir mit den Folgen <strong>der</strong> allzu häufigen Inaktivierung<br />
<strong>der</strong> Regelsysteme, nämlich den chronischen<br />
Krankheiten, fertigwerden wollen. Eine genauso gute,<br />
umfassende Ausbildung auf dem Gebiet dieser aktivierenden<br />
Hälfte sollte für jeden Mediziner zur Selbstverständlichkeit<br />
werden.<br />
Literatur<br />
Rost, J.: Quintessenz <strong>der</strong> Naturheilverfahren (Literaturverzeichnis).<br />
Quintessenz-Verlag, München, Berlin, Chicago, London,<br />
Sao Paulo, Tokio, 1990.<br />
Anschrift <strong>der</strong> Verfasserin:<br />
Dr. med. J. Rost, Aribostraße 13, D-8183 Rottach-Egern.<br />
VENOROBAL TROPFEN<br />
gegen Hämorrhoiden • Venenstauung • Krampfa<strong>der</strong>n<br />
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werden durch die Behandlung mit<br />
VENOROBAL nachhaltig beeinflußt. Beson<strong>der</strong>s günstig<br />
wirkt hier <strong>der</strong> Anteil an Roßkastanie, Kamille, Hamamelis<br />
und Löwenzahn. Mit den an<strong>der</strong>en wirksamen Bestandteilen<br />
wird beson<strong>der</strong>s die durch verstärkte Durchblutung<br />
verursachte Ausschwemmung und Entgiftung geför<strong>der</strong>t.<br />
Chamomilla D115 ml, Argentum nitricum D8 5 ml, Lachi<br />
D10 5 ml, Urea pura D6 15 ml, Carduus marianus D2 15 ml.<br />
Dosierung: Wenn nicht an<strong>der</strong>s verordnet, 3 mal täglich<br />
25 bis 40 Tropfen vor dem Essen. In akuten Fällen kann die<br />
Dosierung bis zu 4 mal 50 Tropfen gesteigert werden.<br />
Gegenanzeige: Nebenwirkungen bisher nicht bekannt.<br />
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SCHLOSS-APOTHEKE 8213 Aschau/Chiemgau Bahnhofstraße 8 Tel. 08052/316<br />
294
R. Hansel Ginkgo biloba:<br />
Das Arzneimittelangebot aus pharmazeutischer Sicht*<br />
Zusammenfassung<br />
Nach wie vor bilden Anreicherung und Isolierung<br />
von Pflanzenstoffen, neben <strong>der</strong> Synthese,<br />
eine Quelle für neuartige Arzneistoffe. Die im<br />
Ginkgo-biloba-Blatt vorkommenden Ginkgolide<br />
sind selektive Inhibitoren PAF-induzierter Reaktionen<br />
<strong>der</strong> neutrophilen Granulozyten; die Ginkgolide<br />
eröffnen neue Möglichkeiten in <strong>der</strong> Behandlung<br />
entzündlicher Prozesse, darunter vor<br />
allem <strong>der</strong> beim Asthmaanfall ablaufenden entzündlichen<br />
Reaktionen. Eine als EGb 761 bezeichnete<br />
Extraktfraktion wird seit zirka 25<br />
Jahren als weitgehend nebenwirkungsarmes<br />
Nootropikum verwendet. Die nach Ablauf <strong>der</strong><br />
Patente auf dem Markt existierenden Nachahmerprodukte<br />
sind zum Teil unterschiedlich in<br />
ihrer pharmazeutischen Qualität. Über die stofflichen<br />
Unterschiede <strong>der</strong> verschiedenen Ginkgopräparate<br />
bescheid zu wissen, ist eine Voraussetzung,<br />
damit <strong>der</strong> Apotheker seiner Beratungsfunktion<br />
nachkommen kann.<br />
Schlüsselwörter: Ginkgo biloba, Ginkgolide, Bilobalid,<br />
PAF-acether, Ginkgospezialextrakt,<br />
Blutplättchenaggregation, Thrombozytenaggregation,<br />
Hirnödem, nootrop wirksame Fraktion.<br />
Summary<br />
Herrn Dr. med. Klaus Christof Schimmel zum 60. Geburtstag<br />
gewidmet.<br />
Nachdruck aus Apotheker Journal Nr. 1 (1991) 38-42.<br />
Apart from the synthesis the increase in the concentration<br />
as well as the isolation of plant substanees<br />
are now as before a source for new<br />
drugs. The ginkgolides that are present in the<br />
feaves of Ginkgo biloba are selective Inhibitors<br />
of PAF-induced reactions of the neutrophile granulocytes;<br />
the ginkgolides provide new possibi-<br />
Itties in the treatment of inflammatory processes<br />
and among those above all the inflammatory reactions<br />
occurring together with the asthmatic attack.<br />
Since about 25 years a fraction of the extract<br />
named EGB 761 is used as nootropic drug<br />
that is largely free of side-effects. The pharmaceutical<br />
quality of the imitator products which<br />
are on the market after the expiration of the patients<br />
is in part quite different. To be acquainted<br />
with the material differences of the various Ginkgo<br />
preparations is a prerequisite for the pharmacist<br />
to comply with his function as adviser.<br />
Key words: Ginkgo biloba, ginkgolides, bilobalide,<br />
PAF-acether, Special Ginkgo extract, aggregation<br />
of the platelets of the blood, thrombocyte<br />
aggregation, cerebral oedema, nootropically effective<br />
fraction.<br />
Resume<br />
L'enrichissement et I'isolation de substances<br />
vegetales, outre la Synthese, constituent toujours<br />
une source de rrredicaments nouveaux.<br />
Les gingkolides presents dans la feuille du Ginkgo<br />
biloba sont des inhibiteurs selectifs des reactions<br />
induites par PAF des granulocytes neutrophiles.<br />
Les ginkgolides ouvrent de nouvelles<br />
possibilites pour le traitement des processus inflammatoires,<br />
en particulier des reactions inflammatoires<br />
qui se produisent lors des crises<br />
d'asthme. Une fraction d'extrait designee par<br />
EGB 761 est utilisee depuis environ 25 ans comme<br />
produit nootrope aux effets secondaires tres<br />
limites. Les imitations qui existent sur le marche<br />
apres expiration des brevets sont de qualitäs<br />
pharmaceutiques differentes. Pour pouvoir remplir<br />
son röle de conseiller, le pharmacien se dolt<br />
de connaitre les differences de matiere existant<br />
entre les diverses prepatations ä base de gink-<br />
9°-<br />
Mots-cles: Ginkgo biloba, ginkgolides, bilobalides,<br />
acether PAF, extrait Special de ginkgo,<br />
agregation des piaquettes du sang, agregation<br />
des thrombocytes, oedeme cerebral, fraction ä<br />
action nootrope.<br />
Botanik<br />
Rohstoff für die Herstellung <strong>der</strong> verschiedenen Arzneimittel<br />
sind die grün, noch nicht gelb gefärbten Laubblätter<br />
von Ginkgo biloba L. Die Wuchsforrm des Ginkgobaumes<br />
hat große Ähnlichkeit mit <strong>der</strong> Wuchsform dikotyler Laubbäume.<br />
In Wahrheit zeigt Ginkgo biiloba botanisch-taxonomisch<br />
keinerlei Verwandtschaft zu an<strong>der</strong>en heute lebenden<br />
Pflanzenarten:<br />
Er bildet eine eigene Klasse von als Ginkgotae bezeichneten<br />
Gewächsen, <strong>der</strong>en Vertreter in früheren erdgeschicht-<br />
295
R. Hansel, Arzneimittel Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
liehen Epochen weit verbreitet waren, heute aber — eben<br />
mit Ausnahme des Ginkgo biloba — alle ausgestorben<br />
sind. Daß die Laubblätter des Ginkgobaumes eher denen<br />
bestimmter Farne als denen dikotyler Laubbäume nahestehen,<br />
zeigt sich an ihrer fächerförmigen Nervatur:<br />
Ungleich den Blättern von Laubholzgewächsen sind keine<br />
Mittelrippe und keine Quera<strong>der</strong>ung vorhanden. Von dem<br />
englischen Botaniker Sir James Edward Smith (1859-<br />
1928) stammt die für Ginkgo biloba synonyme Bezeichnung<br />
Salisburia adiantifolia; dabei soll <strong>der</strong> Artname adiantifolia<br />
(= mit Blättern wie Adiantum) auf die Gabela<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Blätter hinweisen, ein typisches Merkmal für<br />
ursprüngliche Farnarten, wie zum Beispiel <strong>der</strong> Frauenhaarfarn<br />
Adiantum tenerum var. fralayense.<br />
Der Ginkgo wird heute überall in den gemäßigten Breiten<br />
als Zierbaum angepflanzt. Er gilt gemeinhin als sehr<br />
wi<strong>der</strong>standsfähig gegen die Luftverschmutzung in Industriegebieten.<br />
Allerdings ergaben experimentelle Studien,<br />
die am Department für Pflanzenpathologie <strong>der</strong> Rutgers-<br />
Universität durchgeführt wurden, daß zumindest gegenüber<br />
Schwefeldioxid und Ozon die Ginkgopflanzen durchaus<br />
nicht weniger empfindlich sind als an<strong>der</strong>e Bäume<br />
auch (fl. T. Major, Science 157,1271,1969). Schwefeldioxid<br />
und Ozon sind bekanntlich die häufigsten phytotoxischen<br />
Bestandteile in verschmutzer Luft.<br />
Die Droge wird aus Kulturen und aus Wildbeständen gewonnen;<br />
in Kulturen werden die Pflanzen beschnitten, so<br />
daß sie zur leichteren Ernte <strong>der</strong> Blätter eine strauchartige<br />
Wuchsform annehmen. Entsprechende Kulturen befinden<br />
sich in Südfrankreich (nahe Bordeaux), in Kalifornien, in<br />
Südkorea und in China.<br />
Die Ernte erfolgt zu einem Zeitpunkt, solange die Blätter<br />
noch eine rein grüne Farbe haben. Beim Trocknen verlieren<br />
sie runde drei Viertel ihres Frischgewichtes.<br />
Die getrockneten Blätter werden zu großen Ballen gepreßt,<br />
um Fermentierungsprozesse bei Wie<strong>der</strong>zutritt von<br />
Feuchtigkeit hintanzuhalten. Getrocknete Ginkgoblätter<br />
haben einen nur sehr schwachen, eigenartigen Geruch.<br />
Die Geschmacksqualität ist in <strong>der</strong> chinesischen Literatur<br />
als süß-herb-bitter angegeben (Paulus und Yu-he, 1987).<br />
Geschichtliches<br />
In <strong>der</strong> traditionellen chinesischen Medizin gelten als Wirkungsbereich<br />
von Ginkgotee (Tagesdosis drei bis sechs<br />
Gramm) Lunge und Herz. Die Wirkung wird beschrieben<br />
als ,,das Herz begünstigend, die Feuchtigkeit hemmend<br />
und den Durchfall lin<strong>der</strong>nd". Als Anwendungsfälle nennen<br />
Paulus und Ding Yu-he (Handbuch <strong>der</strong> traditionellen<br />
chinesischen Heilplanzen, Haug Verlag, Heidelberg) Bluthochdruck,<br />
Koronarsklerose (Angina pectoris) und Ohrensausen.<br />
Sehr üblich soll es bis heute in China sein, Ginkgoblätter<br />
mit kochendem Wasser zu übergießen und die<br />
aufsteigenden Dämpfe zu inhalieren, um sich bei Asthma<br />
und Bronchitis Erleichterung zu verschaffen. Ob wirksame<br />
Bestandteile aus dem Blatt in den Wasserdampf übergehen,<br />
ist nicht Ibekannt.<br />
296<br />
Um die Terpenlaktone kann es sich auf keinen Fall handeln,<br />
da Bilobalide und Ginkgolide nicht wasserdampfflüchtig<br />
sind. In <strong>der</strong> traditionellen europäischen Medizin<br />
sind Ginkgoblätter zu keinem Zeitpunkt verwendet worden.<br />
Die heute als Arzneimittel angebotenen Ginkgopräparate<br />
gehen auf eine Neuentwicklung <strong>der</strong> Arzneimittelforschung<br />
zurück, durchaus vergleichbar <strong>der</strong> Einführung<br />
neuer Naturstoffe in die Therapie etwa des Reserpins,<br />
des Vincristins o<strong>der</strong> des Vincamins; <strong>der</strong> Unterschied besteht<br />
lediglich darin, daß die entsprechenden Extraktions-,<br />
Fällungs- und an<strong>der</strong>e Reinigungsprozeduren nicht<br />
zum kristallinen Naturstoff, son<strong>der</strong>n zu einem „optimierten<br />
Spezialextrakt" führen. Nach anerkannter Verkehrsauffassung<br />
stellt <strong>der</strong> gesamte Extrakt den Arzneistoff<br />
(Wirkstoff) dar, wobei keiner <strong>der</strong> einzelnen Extraktbestandteile<br />
allein für Wirkungen und Wirksamkeit verantwortlich<br />
ist.<br />
Spezialextrakte <strong>der</strong> genannten Arten sind wie isolierte<br />
Naturstoffe o<strong>der</strong> synthetische Arzneistoffe patentfähig.<br />
Ein entsprechen<strong>der</strong> Ginkgoblattextrakt (Abkürzung EGb<br />
761) wurde zuerst im Jahre 1973 patentrechtlich geschützt.<br />
Inhaltsstoffe des Ginkgoblattes<br />
Wie viele nie<strong>der</strong>molekulare Inhaltsstoffe im Ginkgoblatt<br />
enthalten sind, ist nicht bekannt; man darf annehmen,<br />
daß es mehr als 2000 sein werden. Von den bisher isolierten<br />
Inhaltsstoffen sind zahlreiche Stoffe ihrem chemischen<br />
Aufbau nach keineswegs neuartig, son<strong>der</strong>n als Inhaltsstoffe<br />
vieler an<strong>der</strong>er Arzneidrogen bekannt. Dazu<br />
zählen Inhaltsstoffe, wie Kalziumoxalat in Raphiden, Stärke,<br />
Mannit, Pentosane, Chinasäure, Shikimisäure, Wachse,<br />
Sitosterol und Sitosterolglykoside. In großer Mannigfaltigkeit<br />
wurden Flavonoide gefunden:<br />
Flavone (Luteolin, Tricetin)/Biflavone (Amentoflavon, Bilobetin,<br />
Ginkgetin, Isoginkgetin, Sicadopitysin)/Flavonole<br />
(Kämpferoi, Kämpferol-3-rutosid, Kämpferol-cumaroylglucosyl-1,4-rhamnosid,<br />
Quercetin, Isoquercetin, Rutosid,<br />
Quercetin-cumaroyl-glucosyl-1,4-rhamnosid, Isorhamnetin,<br />
3'-Methylmyricetin-3-rutosid)/Catechine/Proanthocyanidine/kondensierte<br />
Tannine.<br />
Auch einfache Phenole wurden isoliert, darunter als Vertreter<br />
<strong>der</strong> sogenannten Anacardsäuren die Ginkgolsäure<br />
und als Vertreter <strong>der</strong> Cardanole das Ginkgol. Ginkgolsäure<br />
und Ginkgol sind potentielle Allergene (Abb. 1).<br />
Charakteristische Inhaltsstoffe des Ginkgoblattes sind Bilobalid<br />
und die Ginkgolide; es sind Stoffe, die bisher in<br />
keiner weiteren Pflanzenart nachgewiesen werden konnten.<br />
Das Molekülgerüst baut sich aus mehreren fünfgliedrigen<br />
Ringen auf, die dreidimensional zu stabilen, im Fall<br />
<strong>der</strong> Ginkgolide zu „käfigartigen" Strukturen kondensiert<br />
sind. Die Ginkgolide enthalten formal drei Butanolidringe<br />
(Laktone), zwei Cyclopentan- und einen Tetrahydrofuranring.<br />
Dem biochemischen Aufbau nach handelt es sich<br />
beim Bilobalid um ein Sesquiterpenoid, bei den Ginkgoliden<br />
liegen Diterpenoide vor (Abb. 2 und 3).
R. Hansel, Arzneimittel Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Abb. 1: Einige für das Ginkgoblatt<br />
charakteristische Phenole.<br />
Ginkgol und Ginkgolsäure sind<br />
potentielle Allergene.<br />
Zur Pharmakologie <strong>der</strong> Ginkgolide<br />
Quantitative Angaben zur Pharmakokinetik sind bisher<br />
nicht publiziert. Doch werden die Ginkgolide offenbar gut<br />
aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert und nur langsam<br />
eliminiert. Die hervorstechende Eigenschaft <strong>der</strong> Ginkgolide<br />
besteht darin, daß sie starke Inhibitoren des „Platelet-<br />
Activating-Factor" (2-Acetyl-1-hexadecyl-glycero-3-phosphorylcholin;<br />
Abkürzung: PAF-acether) sind. PAF-acether<br />
ist ein Bioregulator, <strong>der</strong> in den Zellmembranen von Säugern<br />
als Antwort auf verschiedenartige Reize hin synthetisiert<br />
wird und <strong>der</strong> verschiedenartige physiologische und<br />
— bei „Überschießen" — pathologische Reaktionen in<br />
Gang bringt.<br />
Er löst die Blutplättchenaggregation aus, spielt eine entscheidende<br />
Rolle als Mediator allergischer Entzündungen<br />
und wird als die stärkste bisher bekannte Magengeschwüre<br />
auslösende Substanz angesehen. PAF-acether aktiviert<br />
die Chemotaxis eosinophiler Immunzellen, wodurch<br />
Spasmen <strong>der</strong> Blutgefäße ausgelöst werden können. PAF-<br />
Rezeptoren wurden auch im Gehirn nachgewiesen. In Gebieten<br />
unvollständiger Ischämie, wie im Randgebiet eines<br />
Infarkts, findet Thrombozytenaggregation statt, die von<br />
PAF ausgelöst sein könnte und die Mangelsituation noch<br />
verschärft (Krieglstein und Oberpichler, 1989).<br />
Neuronen reagieren auf PAF mit einer Erhöhung des intrazellulären<br />
Ca 2+ -Spiegels, <strong>der</strong> maßgeblich für postischämische<br />
Zellschäden verantwortlich gemacht wird.<br />
Alle bisher bekannten physiologischen PAF-acether-Wirkungen<br />
werden durch die Ginkgolide spezifisch blockiert<br />
(Braquet, 1988). Mit einer Hemmkonzentration ICso =<br />
3,3mal 10" 6 M (Nunez et al., 1986; Casals-Stenzel und<br />
Heuer, 1988) ist insbeson<strong>der</strong>e das Ginkgolid B sehr stark<br />
wirksam. Es handelt sich um einen rezeptorvermitteiten<br />
Prozeß, um eine kompetitive und voll reversible Hemmung.<br />
SöBSS-^SIitfreyt'ie'i? :"= •=• . £ i"~äM:-J \Ä«S "• * .'l<br />
Abb. 2: Charakteristische Inhaltsstoffe<br />
des Ginkgoblattes<br />
sind Bilobalid und die Ginkgolide;<br />
es sind Stoffe, die bisher in<br />
keiner weiteren Pflanzenart<br />
nachgewiesen werden konnten.<br />
Das Molekülgerüst baut sich aus<br />
mehreren fünfgliedngen Ringen<br />
auf, die dreidimensional zu stabiler,<br />
im Fall <strong>der</strong> Ginkgolide zu<br />
,,kafigartigen" Strukturen kondensiert<br />
sind. Die Ginkgolide enthalten<br />
formal drei Butanolidringe<br />
(Laktone), zwei Cyclopentanund<br />
einen Tetrahydrofuranring.<br />
Dem biochemischen Aufbau<br />
nach handelt es sich beim Bilobalid<br />
um ein Sesquiterpenoid,<br />
bei den Ginkgoliden liegen Diterpenoide<br />
vor.<br />
298
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
R. Hansel, Arzneimittel<br />
Abb. 3. Ein räumliches Modell von GinkgolidA, das den,,käfigartigen"<br />
Aufbau des Moleküls zu erkennen gibt<br />
zialextrakt. Bei <strong>der</strong> Herstellung werden erwünschte, an<br />
<strong>der</strong> Wirkung mitbeteiligte Inhaltsstoffe, wie die Flavongiykoside<br />
und Terpenlaktone (zum Beispiel die PAF-antagonistisch<br />
wirkenden Ginkgolide A und B o<strong>der</strong> das an <strong>der</strong><br />
Wirkung ebenfalls beteiligte Bilobalid)), angereichert. Sie<br />
werden mit Primärlösungsmitteln zunächst extrahiert und<br />
dann mit speziellen physikalisch-chemischen Verfahren<br />
weiter angereichert.<br />
Der Ginkgo-biloba-Spezialextrakt EGb 761 enthält 24 Prozent<br />
Flavonglykoside und sechs Prozent Terpenlaktone<br />
(Ginkgolide, Bilobalid). Dagegen sind zum Beispiel die<br />
Ginkgolide A und B in Ginkgo-biloba-Einfachextrakten mit<br />
den gängigen Analysemethoden teilweise gar nicht bestimmbar.<br />
Höhermolekulare Inhaltsstoffe, wie bestimmte Gerbstoffe<br />
o<strong>der</strong> Eiweißverbindungen, werden bei <strong>der</strong> Herstellung von<br />
EGb 761 reduziert. Diese Makromoleküle werden im Gastrointestinaltrakt<br />
nicht resorbiert und können häufig die<br />
Bioverfügbarkeit wirksamkeitsrelevanter Pflanzeninhaltsstoffe<br />
erheblich vermin<strong>der</strong>n.<br />
Entfernt werden auch allergen wirkende und an<strong>der</strong>e unerwünschte<br />
Substanzen. Hierzu gehören beispielsweise<br />
das Ginkgol und die Ginkgolsäure. Vermin<strong>der</strong>t werden<br />
auch bestimmte Biflavonoide, wie Ginkgetin und Amentoflavon,<br />
da sie zur Bildung schwer löslicher Nie<strong>der</strong>schläge<br />
neigen.<br />
Zur Pharmakologie des Bilobalids<br />
Diese Substanz ist bisher wenig untersucht worden. In<br />
Dosen von fünf bis 20 mg/kg KG hemmt Bilobalid im Tierexperiment<br />
das Hirnödem und schützt vor neurotoxischen<br />
Myelinschäden, wie sie durch organische Zinnverbindungen<br />
o<strong>der</strong> Hexachlorophen hervorgerufen werden.<br />
Gewinnung und Zusammensetzung einer nootrop<br />
wirksamen Fraktion EGb 761<br />
Die Extraktion des pflanzlichen Ausgangsmaterials mit<br />
einem geeigneten Primärlösungsmittel ergibt einen Roho<strong>der</strong><br />
Einfachextrakt. In ihm liegen die meisten <strong>der</strong> Inhaltsstoffe<br />
in ähnlichem Verhältnis vor wie in dem pflanzlichen<br />
Ausgangsmaterial. Beispiele für solche einfachen <strong>Gesamte</strong>xtrakte<br />
sind Baldriantinktur o<strong>der</strong> Hopfenextrakt.<br />
Wird <strong>der</strong> Rohextrakt durch weitere chemisch-physikalische<br />
Reinigungsschritte, wie Fällungen, Entfettungen<br />
o<strong>der</strong> säulenchromatographische Verfahren, aufbereitet,<br />
erhält man unterschiedlich optimierte Spezialextrakte. Erwünschte<br />
wirksamkeitsrelevante Inhaltsstoffe können so<br />
angereichert, unerwünschte Inhaltsstoffe dagegen verringert<br />
werden (siehe Abb. 4).<br />
Bei dem in den Fertigarzneimitteln Tebonin forte und Rökan<br />
enthaltenen EGb 761 handelt es sich um einen aus<br />
gezielter industrieller Forschung hervorgerufenen Spegetrocknete<br />
Pflanzenteile<br />
Zusatz des Losungsmittels<br />
Extraktion<br />
1<br />
Ehminierung unerwünschter<br />
Bestandteile durch<br />
chemische/physikalische<br />
Trennverfahren (einstufige/<br />
mehrstufige Reinigung)<br />
I<br />
Konzentrierung<br />
wirksamkeitsrelevanter<br />
Inhaltsstoffe<br />
I<br />
Trocknung<br />
Rohextrakt, bzw unbehandelter<br />
<strong>Gesamte</strong>xtrakt<br />
je nach Verfahren unterschiedlich<br />
optimierte Spezialextrakte<br />
Abb 4: Gewinnung eines Spezialextraktes (aus- Hansel, Ft.,<br />
Trunzler, G. Wissenswertes über Phytopharmaka, TW Taschenbuch<br />
Medizin. G. Braun Verlag, 1989, Seite 12)<br />
299
R. Hansel, Arzneimittel Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Das Droge-zu-Extrakt-Verhältnis im fertigen Arzneistoff<br />
EGb 761 beträgt 50:1. Dies bedeutet, daß etwa 90 Prozent<br />
<strong>der</strong> im Ginkgo-biloba-Blatt enthaltenen Extraktivstoffe<br />
bei <strong>der</strong> Herstellung des Spezialextraktes EGb 761<br />
durch technologische Prozesse, wie Fällungen, Lösungsmittelverteilungen<br />
und säulenchromatographische Verfahren,<br />
eliminiert werden. Es läßt sich fragen, warum die<br />
Anreicherung nicht noch weiter getrieben wird. Es wäre<br />
dies sicher möglich, wenn die verschiedenen pharmakologischen<br />
Wirkungen (siehe Tab. I), die bei <strong>der</strong> Fraktionierung<br />
und Anreicherung leitend sind, sich einem Einzelstoff<br />
zuordnen ließen.<br />
An <strong>der</strong> Gesamtwirkung sind jedoch zahlreiche Einzelbestandteile<br />
mit je unterschiedlichen Wirkungen beteiligt, so<br />
daß eine weitere Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Extraktzusammensetzung<br />
mit einer Än<strong>der</strong>ung des pharmakologischen Wirkungsprofils<br />
verbunden ist. Es liegt im EGb 761 ein Vielstoffgemisch<br />
vor, das hinsichtlich <strong>der</strong> relevanten pharmakologischen<br />
Wirkungen (siehe Tab. I) optimiert wurde.<br />
Hinzu kommt als pharmazeutisches Argument: Die an <strong>der</strong><br />
Gesamtwirkung wesentlich beteiligten Terpenlaktone (die<br />
Bilobalide und die Ginkgolide) stellen lipophile, in Wasser<br />
schwer lösliche Substanzen dar. Sie müssen im Spezialextrakt<br />
in einer gut resorbierbaren Form gehalten werden.<br />
Das Arzneimittelangebot an Ginkgopräparaten<br />
Einige allgemeine Bemerkungen seien vorausgeschickt.<br />
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels<br />
sind die Funktion dreier gleichwertiger Einflüsse: <strong>der</strong> chemischen<br />
Zusammensetzung des Arzneistoffes, <strong>der</strong> applizierten<br />
Dosis und <strong>der</strong> Applikations- bzw. <strong>der</strong> Arzneiform.<br />
Bei Arzneistoffen, die eine chemisch definierte Einzelsubstanz<br />
darstellen, ist das Problem <strong>der</strong> Wirkstoffgleichheit<br />
wenig problematisch, sehr zum Unterschied von Pflanzenextrakten:<br />
Aus ein und <strong>der</strong>selben Ausgangsdroge<br />
können, je nach Herstellungsverfahren, die unterschiedlichst<br />
zusammengesetzten Extrakte hergestellt werden.<br />
Es sei an das Beispiel <strong>der</strong> Baldrianpräparate erinnert, die<br />
einmal lipophile Extrakte mit Valepotriaten, zum an<strong>der</strong>en<br />
aber polare Extrakte mit Zuckern und Aminosäuren enthalten<br />
können.<br />
Im Falle von Ginkgo-Extrakten ist die spezifische Zusammensetzung<br />
des vom Ersthersteller als EGb 761 bezeichneten<br />
Extraktes das Ergebnis von experimentellen und<br />
klinischen Forschungsarbeiten, die mit dem Ziel <strong>der</strong> Wirkstoffoptimierung<br />
durchgeführt worden sind. Dieser Extrakt<br />
ist wie folgt spezifiziert:<br />
Ein aus Ginkgo-biloba-Blättern ohne Zumischung von<br />
Konzentraten o<strong>der</strong> isolierenden Stoffen hergestellter<br />
Trockenextrakt, wobei 100 Gramm Droge 1,5 bis 2,5<br />
Gramm Extrakt entsprechen. Trockenextrakt (50:1) aus<br />
Ginkgo-biloba-Blättern enthält 23 bis 25 Prozent Flavonolglykoside,<br />
bestimmt nach saurer Hydrolyse mittels HPLC<br />
als die Summe von Quercetin, Kämpferoi und Isorhamnetin<br />
und berechnet als Acylflavon C36H36O18 (M = 756,67);<br />
sechs Prozent ± zehn Prozent Terpenlaktone, davon 2,9<br />
Prozent Bilobalid und 3,1 Prozent als Summe <strong>der</strong> Ginkgolide<br />
A, B und C, bestimmt mittels HPLC; nicht mehr als<br />
fünf ppm Anacardiaceensäuren, darunter Ginkgolsäure<br />
und verwandte Phenole; nicht mehr als 9,5 Prozent Prodelphinidine.<br />
Wirkstoffidentisch sind die folgenden Fertigarzneimittel,<br />
weil sie als Arzneistoff EGb 761 desselben Herstellers<br />
verarbeiten: Tebonin® forte (Firma Dr. Willmar Schwabe),<br />
rökan® (Firma Intersan) und Ginkgobil® (Firma Markgraf).<br />
Als hinreichend wirkstoffgleich können all jene Ginkgo-<br />
Trockenextrakte angesehen werden, die die oben dargestellten<br />
Spezifikationen insgesamt erfüllen. Nach Angaben<br />
des Herstellers, Firma Lichtwer, Berlin, trifft dies für<br />
die Fertigarzneimittel Kaveri® N Tropfen und Kaveri® Filmtabletten<br />
zu.<br />
Alle übrigen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf dem Arzneimittelmarkt<br />
angebotenen Ginkgoblatt-Extrakte enthaltenden<br />
Fertigarzneimittel enthalten als Arzneistoff Extrakte,<br />
die dem Profil des EGb 761 nicht entsprechen, somit<br />
nicht als wirkstoffgleich anzusprechen sind. Im beson<strong>der</strong>en<br />
trifft das für die folgenden Fertigarzneimittel zu: Das<br />
Präparat Craton® enthält einen im Verhältnis 30:1 ange-<br />
Tab. I: Testmodelle zur Untersuchung<br />
des pharmakologischen<br />
Wirkprofils von Ginkgo-biloba-<br />
Extrakten (nach S, S, Chatterjee,<br />
1990).<br />
Modell Beobachtungsparameter Methode nach<br />
Hypoxietoleranz (Maus)<br />
Hemmung des Hirnödems<br />
nach Gabe von Triethylzinn<br />
(Ratte)<br />
Hemmung <strong>der</strong> Lipidperoxidation<br />
im Hirnhomogenat<br />
(Maus)<br />
Thrombozytenaggregation<br />
zeitabhängige Überlebensrate<br />
unter Ü2-Mangel<br />
H2O-Qehalt im Hirngewebe<br />
Lipidperoxidkonzentration<br />
prozentuale Hemmung<br />
1. Nakanishi, M., H. Yasuda, T. Tsumagari;<br />
Life Sei; 13; 467 bis 478<br />
(1973).<br />
2. Gabard, B., S. S, Chatterjee: Naunyn-Schmiedeb,<br />
Arch. Pharmacol.<br />
Suppl. to Vol. 311; Page R 68<br />
(1980).<br />
3. Chatterjee, B., S. S. Gabard: Naunyn-Schmiedeb.<br />
Arch. Pharmacol.;<br />
Suppl. to Vol. 319; Page R15<br />
(1982).<br />
4. Born, G. V, Ft.: Nature; 194; 927;<br />
(1962).<br />
300
R. Hansel, Arzneimittel<br />
reicherten Extrakt, <strong>der</strong> auf zehn Prozent Flavonglykoside<br />
standardisiert ist. Ginkgo Dragees Salus-Haus und Ginkgo<br />
Dragees Duopharm enthalten Extrakte, die im Verhältnis<br />
10:1 angereichert sind. Die gesamten Präparate werden<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Selbstmedikation, vor allem für eine<br />
vorbeugende Einnahme, empfohlen.<br />
Bei den homöopathischen Fertigarzneimitteln liegen<br />
Ginkgoextraktivstoffe in Verdünnung vor. Sie sind daher<br />
nicht mit phytotherapeutischen Zubereitungen vergleichbar.<br />
bei<br />
Mangeldurchblutung<br />
mehr als<br />
nur Ginkgo"<br />
verordnen<br />
Ginkgo biloba in <strong>der</strong> Homöopathie<br />
Zwar ist es kein Ausnahmefall, wenn ein und dieselbe<br />
Arzneidroge als Ausgangsmaterial sowohl für phytotherapeutische<br />
als auch für homöopathische Arzneimittel herangezogen<br />
wird. Die wesentlichen Unterschiede betreffen<br />
Herstellung, Arzneimittelfindung und Dosierung. Die homöopathischen<br />
Arzneimittel werden überwiegend nicht<br />
als solche dosiert, son<strong>der</strong>n potenziert und dabei stofflich<br />
sehr stark verdünnt. Auch entsprechen sich die Anwendungsgebiete<br />
<strong>der</strong> phytotherapeutischen und <strong>der</strong> homöopathischen<br />
Arzneimittel nicht.<br />
Für Ginkgo-biloba-Blätter wurde bisher noch keine Arzneimittelprüfung<br />
an Gesunden durchgeführt, doch gibt es<br />
zahlreiche Beobachtungen, die zur Erstellung eines Arzneimittelbildes<br />
geführt haben (Leesers Lehrbuch <strong>der</strong><br />
Homöopathie, 2. Auflage, Haug Verlag, Heidelberg,<br />
1987).<br />
Die dem homöopathischen Arzneimittelbilü entsprechenden<br />
Anwendungsgebiete von Ginkgo biloba umfassen<br />
unter an<strong>der</strong>em Mandelentzündung, Kopfschmerz und<br />
Schreibkrämpfe (Bundesanzeiger Nummer 217 a vom 22.<br />
Dezember 1985).<br />
In <strong>der</strong> Roten Liste sind Ginkgo-biloba-Homöopathika an<br />
zwei verschiedenen Stellen eingeordnet: ein Teil bei den<br />
„registrierten Homöopathika" ohne Nennung von Anwendungsgebieten,<br />
ein an<strong>der</strong>er Teil bei den „durchblutungsför<strong>der</strong>nden<br />
Mitteln". Was die registrierten Homöopathika<br />
anbelangt: Zu einigen dieser Mittel wird Informationsmaterial<br />
angeboten, das nicht am homöopathischen Arzneimittelbild<br />
orientiert ist, son<strong>der</strong>n an den allopathischen Anwendungsgebieten<br />
<strong>der</strong>jenigen Fert'igarzneimittei, die angereicherte<br />
Spezialextrakte enthalten.<br />
Wer in den Kategorien von Dosis-Wirkungs-Beziehungen<br />
denkt, sieht sich somit dem Phänomen gegenüber, als<br />
wäre die nootrope Wirksamkeit von Ginkgo-biloba-Präparationen<br />
in einem sehr weiten Intervall dosisunabhängig.<br />
Es ist schwer vorstellbar, daß diese Beson<strong>der</strong>heiten homöopathischer<br />
Fertigarzneimittel als Beispiele dafür dienlich<br />
sind, um weitverbreitete Vorurteile <strong>der</strong> Homöopathie<br />
gegenüber abzubauen.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Univ.-Prof. (em.) Dr. rer. nat. R. Hansel, Westpreußenstraße 71,<br />
D-8000 München 81.<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
> Ginkgo*<br />
> Mistel*<br />
> Weißdorn 1<br />
Cefavora<br />
Zusammensetzung: 100g enthalten Ginkgo biloba<br />
0 13g, Viscum album 0 2,7 g Crataegus 0 7,5 g<br />
(Arzneitrager Vinum liquoros ) Enthalt 20 Vol -%<br />
Alkohol Anwendungsgebiete: Durchblutungsstörungen,<br />
ArtenoSklerose Dosierungs.anleitung: Erwachsene<br />
nehmen 3-4mal taglich 20-30 Tropfen<br />
ein Kin<strong>der</strong> die Hälfte Handelsformem und Preise:<br />
Tropfen<br />
somi ,
G. wünstei Naturheilverfahren und Homöopathie*<br />
Zusammenfassung<br />
Gemeinsames und Gegensätzliches <strong>der</strong> beiden<br />
Therapieformen Naturheilverfahren und Homöopathie<br />
werden in ihrer praktischen Anwendung<br />
verglichen.<br />
Dazu dient das Therapiekonzept <strong>der</strong> Kneipp-<br />
Ärzte und ein Krankenjournal Hahnemanns aus<br />
dem Jahre 1830.<br />
Schlüsselwörter: Naturheilverfahren, Homöopathie,<br />
Ernährungstherapie, Hydrotherapie, Bewegungstherapie,<br />
Phytotherapie.<br />
Summary<br />
In the practical use it is compared what the two<br />
types of therapy, biological medicine and homoeopathy,<br />
have in common and what are the<br />
contraries.<br />
For this the therapy concept of the Kneipp physicians<br />
as well as a journal-book of 1830 containing<br />
Hahnemanns records on patients are used.<br />
Key words: natural treatments, homoeopathy,<br />
nutrition therapy, hydrotherapy, kinesitherapy,<br />
phytotherapy<br />
Resume<br />
II est procede ä une comparaison de l'utilisation<br />
pratique de ces deux formes de therapeutique<br />
que sont la methode physiotherapeutique et<br />
l'homeopathie sur la base de leurs points communs<br />
et de leurs contraires.<br />
On se sert ä cet effet du concept therapeutique<br />
des medecins Kneipp et d'un Journal d'observations<br />
medicales de Hahnemann de 1830.<br />
Mots-cles: methodes physiotherapeutiques, homeopathie,<br />
therapeutique alimentaire, hydrotherapie,<br />
cinesitherapie, phytotherapie<br />
Was ist das Gemeinsame und was das Trennende zwischen<br />
den Naturheilverfahren und <strong>der</strong> Homöopathie?<br />
Um diese Frage zu beantworten, wollen wir den Prinzipien<br />
<strong>der</strong> Kne/ppschen Therapie, wie diese heute verstanden<br />
wird, <strong>der</strong> Therapie Hahnemanns aus dem Frühjahr 1830<br />
gegenüberstellen, von ihm selbst nie<strong>der</strong>geschrieben in<br />
* Diesen Aufsatz widme ich Herrn Kollegen Schimmel zur Vollendung<br />
seines 60. Lebensjahres<br />
einem seiner Krankenjoumale. Hahnemann war damals<br />
74 Jahre alt.<br />
Wir wollen also eine Antwort auf die Frage finden, inwieweit<br />
die Hahnemannsche Homöopathie den Prinzipien<br />
<strong>der</strong> Naturheilverfahren entspricht bzw. wo sie und wie<br />
weit sie davon entfernt ist.<br />
Ordnungstherapie = Lebensordnung<br />
Unter „Ordnungstherapie" verstehen wir die Erhaltung<br />
bzw die Wie<strong>der</strong>herstellung einer naturgemäßen, individuell<br />
angemessenen Lebensweise.<br />
Diese umfaßt Soma, Psyche und soziale Umwelt.<br />
Hahnemann verwandte hierfür den Begriff „Lebensordnung".<br />
Sind seine Intentionen zeitbedingt an<strong>der</strong>e als bei<br />
den Naturheilverfahren o<strong>der</strong> unserem heutigen Verständnis?<br />
Die Anordnungen Hahnemanns in <strong>der</strong> Lebensordnung beziehen<br />
sich hauptsachlich auf Bewegung, Hygiene und<br />
ein geregeltes Sexualverhalten.<br />
Kleidung aus Schafwolle direkt auf <strong>der</strong> Haut verurteilt er,<br />
ohne hierfür einen Grund anzugeben.<br />
Bei akut Kranken soll <strong>der</strong> Arzt <strong>der</strong> Stimme <strong>der</strong> Natur kein<br />
Hin<strong>der</strong>nis in den Weg legen. Er soll vielmehr den „feinen,<br />
untrüglichen, inneren Instinkt des hier sehr regen Lebenserhaltungstriebes<br />
entscheiden lassen".<br />
Aus demselben Grund sei auch die Wärme o<strong>der</strong> Kühle eines<br />
Krankenzimmers sowie die Bedeckung des Patienten<br />
dem Wunsch des Kranken anzupassen.<br />
Stark duftende Blumen läßt er aus den Krankenzimmern<br />
entfernen.<br />
Vom Nachtleben und dem damit verbundenen „leidenschaftlichen<br />
Spiel" rät er ab.<br />
Die Psyche spricht er an mit seiner For<strong>der</strong>ung, für eine<br />
„Aufheiterung des Geistes und des Gemütes" zu sorgen<br />
und alle Ursachen für Zorn, Gram und an<strong>der</strong>e Ärgernisse<br />
— wenn möglich — zu beseitigen<br />
Soziale Umwelt: Die Patienten sollen übertriebene Anstrengungen<br />
des Geistes und des Körpers vermeiden,<br />
„beson<strong>der</strong>s gleich nach <strong>der</strong> Mahlzeit".<br />
Von einem Leben in sumpfiger Wohngegend und dumpfigen<br />
Zimmern sollen sich seine Patienten fernhalten, auch<br />
von „kargem Darben".<br />
Ob man das damals einfach so als Arzt anordnen konnte,<br />
sei dahingestellt.<br />
Für die damalige Zeit ist die Bedeutung, die Hahnemann<br />
<strong>der</strong> Sexualität beimißt, bemerkenswert.<br />
Er fragt regelmäßig nach dem Geschlechtstrieb, ob mäßig,<br />
ob übermäßig und stellt solche Fragen auch an hochgestellte<br />
Personen. Die sexuellen Probleme werden auch<br />
in Gegenwart des Partners besprochen. Für ein geregeltes<br />
sexuelles Leben macht er keinen Unterschied zwischen<br />
Männern und Frauen.<br />
Der Beischlaf ist für ihn eine Notwendigkeit, und er rät<br />
den Eheleuten diesen nicht zu unterlassen. Ein unter-<br />
305
G. Wünstel, Homöopathie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
drückter Geschlechtstrieb ist für Hahnemann ein Hin<strong>der</strong>nis<br />
zur Heilung. Von einem unvollkommenen o<strong>der</strong> ganz<br />
unterdrückten Beischlaf will er nichts wissen.<br />
Bei einem jungen Mann führt er dessen Beschwerden auf<br />
einen unterdrückten Trieb zurück, und er ordnet an, entwe<strong>der</strong><br />
die Braut zu meiden o<strong>der</strong> bald zu heiraten. Das<br />
letztere wird befolgt. Onanie lehnt Hahnemann ab, ebenso<br />
„unnatürliche Wollust", wobei letztere nicht näher bezeichnet<br />
ist.<br />
Das Lesen schlüpfriger Schriften führe zu einer Schädigung<br />
des Nervensystems. Porno-Hefte sind also nicht<br />
neu.<br />
Im ganzen zeigt sich hier eine sehr mo<strong>der</strong>ne Auffassung!<br />
Hydrotherapie<br />
Auch hydrotherapeutische Anwendungen sind Hahnemann<br />
nicht fremd:<br />
„Soll die Füße eintauchen in Kaltwasser, auch wenn er<br />
nicht gleich drauf spazieren gehen kann", d.h., ihm muß<br />
das nach einer solchen Anwendung an sich obligate Gehen<br />
zur Wärmeerzeugung bekannt gewesen sein.<br />
Anordnungen, wie folgt, findet man bei ihm häufig:<br />
„soll das Gesicht in Brunnenwasser tränken",<br />
„soll seinen Körper/Körperteile kalt abwaschen".<br />
Bä<strong>der</strong> von reinem Wasser sind für Hahnemann Hilfsmittel<br />
zur Herstellung <strong>der</strong> Gesundheit bei akuten Krankheiten<br />
sowie zur Rekonvaleszenz chronisch Kranker.<br />
„Dabei ist gehörige Rücksicht zu nehmen auf den Zustand<br />
des Genesenden sowie auf die Temperatur, Dauer<br />
und Wie<strong>der</strong>holung des Bades". Letztere Fo<strong>der</strong>ungen gelten<br />
auch heute noch. Er unterscheidet:<br />
— Bä<strong>der</strong> mit kaltem Wasser: 8 bis 13° C<br />
— lauwarme Wasserbä<strong>der</strong>: 31 bis 34° C<br />
Mineralbä<strong>der</strong> läßt er gelten, „wenn dessen arzneiliche<br />
Bestandteile ungefähr dem alten Übel homöopathisch angemessen<br />
sind".<br />
Ernährungstherapie<br />
„Was die Diät anbelangt, so können alle Klassen von<br />
Menschen, wenn sie von einer langwierigen Krankheit<br />
hergestellt werden wollen, sich einige Einschränkungen<br />
gefallen lassen" (Chronische Krankheiten, 1828, Teil 1,<br />
S. 134).<br />
Hahnemann kennt keine starren Vorschriften. Seine Anordnungen<br />
sind unterschiedlich, da er sich nach dem Bedarf<br />
und den Aussagen des Patienten richtet, die dieser<br />
ihm bezüglich <strong>der</strong> Verträglichkeit von Speisen und Getränken<br />
macht.<br />
Wegen <strong>der</strong> Kleinheit seiner Arzneigaben, seit dem Jahre<br />
1828 verordnete er fast ausschließlich die C 30, versuchte<br />
er all das aus <strong>der</strong> Ernährung zu entfernen, was irgendwie<br />
arzneilich wirken könnte (§ 259 Organon).<br />
Eine solche Wirkung sah er bei vielen Gewürzen, bei<br />
rohen Kräutern, die man auf die Suppen streute, bei Gemüse,<br />
wie Sellerie, Petersilie, Estragon und allen Zwiebelarten.<br />
Hierzu zählte er auch Kaffee, Tee, Alkohol,<br />
angemachtes Bier und die Schokolade.<br />
Bei chronisch Kranken verbot er Fleisch und Fett von<br />
Schweinen, Enten und Gänsen sowie ein Übermaß von<br />
Zucker und Kochsalz.<br />
Fragen nach den Eßgewohnheiten, Appetit, Genuß von<br />
Kaffee, Tee und Alkoholika sind für seine Anamnese unerläßlich.<br />
Fast immer kommt es zu einer Einschränkung bzw. zum<br />
Verbot von Kaffee und Alkoholika.<br />
Strenge Diät bedeutet ein striktes Verbot von Kaffee, Tee,<br />
Wein, Fett, Säuren und Süßigkeiten (= Naschereien).<br />
Ein Beispiel für eine solche Anordnung:<br />
„Früh Milch, Gerstenschleim o<strong>der</strong> Hühnerbrühe,<br />
Hauptmahlzeit zwischen 4 und 5 Uhr recht mäßig, ohne<br />
Gewürz, einfach.<br />
Trinken von reinem Wasser, Entsagung von allem Kaffee<br />
und Tee".<br />
Bei Hautausschlägen verbietet er alle Süßigkeiten, und<br />
anstelle des Kaffees muß <strong>der</strong> Patient Milch trinken.<br />
Wenn ein Patient die ihm von Hahnemann vorgeschriebene<br />
Diät nicht eingehalten hat, steht lapidar in seinem<br />
Journal:<br />
„Heute nichts, bloß Ermahnung".<br />
Alkohol<br />
Einen trinkfreudigen Patienten wollte Hahnemann nicht<br />
behandeln, weil er ihm keine Enthaltsamkeit zutraute.<br />
Denn er führte dessen Beschwerden hauptsächlich auf<br />
den Alkoholkonsum zurück.<br />
Mit <strong>der</strong> Einschränkung von Wein ist Hahnemann nachsichtig,<br />
die Patienten sollen allerdings gerade am Anfang<br />
<strong>der</strong> Behandlung den Wein mit gleichen Teilen Wasser gemischt<br />
trinken. Unerläßlich ist jedoch für ihn die Abgewöhnung<br />
des Branntweins.<br />
Bier<br />
Hahnemann unterscheidet zwischen Bier und „angemachtem<br />
Bier", letzteres wurde damals mit arzneilichen<br />
Drogen versetzt.<br />
Kaffee<br />
Zuviel Kaffeetrinken kann nach Hahnemann chronische<br />
Krankheiten hervorrufen. Er ist überzeugt, daß man jungen<br />
Leuten bis zum 30. Lebensjahr ohne Nachteile für<br />
<strong>der</strong>en Befinden sofort den Kaffee entziehen kann.<br />
Personen über 30 sollen sich diesen allmählich abgewöhnen.<br />
Dasselbe gilt auch für den chinesischen Tee.<br />
Als Alternativen empfiehlt er Wasser, ungesüßte Milch,<br />
Malzkaffee und ungewürzten Kakao. Eine Patientin, die<br />
keinen Appetit und Ekel vor Speisen hat, aber Lust auf<br />
Kaffee, darf ihn jedoch weiter trinken.<br />
306
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
G. Wünstel, Homöopathie<br />
Rohen Kaffee setzt Hahnemann als Antidot von Carbo<br />
vegetabilis, Citrullus colocynthis und Conium maculatum<br />
ein. Es genügt für ihn das Riechenlassen an <strong>der</strong> Tinktur<br />
des rohen Kaffees.<br />
Tee<br />
Aussagen Hahnemanns: „Chinesischer Tee, selbst sehr<br />
schwach bereitet und nur wenig davon getrunken, ist nie<br />
unschädlich."<br />
„Soll nur 1 Eßlöffel Tee abends in die Tasse tun und diese<br />
mit Milch vollschenken."<br />
Tabak — Tabakschnupfen<br />
Gegen das Tabakrauchen äußert sich Hahnemann im allgemeinen<br />
nicht. Er raucht selbst gerne.<br />
Das Tabakschnupfen dagegen ist für ihn bedenklicher,<br />
und er unterbindet es immer.<br />
— die meisten Arzneien haben mehr als einerlei Wirkung;<br />
eine direkte anfängliche, die allmählich in die indirekte<br />
Nachwirkung übergeht";<br />
— frischer Pflanzensaft ist unverzüglich mit starkem Alkohol<br />
zu mischen.<br />
Eine Therapie mit Pflanzen sei für ihn erst dann befriedigend,<br />
wenn die gesamte Wirksamkeit <strong>der</strong> einzelnen<br />
Pflanzen bekannt sei.<br />
Er weist auf mögliche Fehler bei <strong>der</strong> Aufbereitung von<br />
Pflanzen hin sowie auf dadurch entstehende Wirksamkeitsverluste.<br />
Und es ist das Verdienst von Hahnemann und von Pfarrer<br />
Kneipp, daß sie die Volksmedizin geprüft und das Gute<br />
davon übernommen haben.<br />
Durch seine Arzneimittelprüfungen am Gesunden fand<br />
Hahnemann zu den Zeiten <strong>der</strong> Arzneien zu dem, was wir<br />
heute „Chronobiologie" bzw. „Chronopharmakologie"<br />
nennen. Dies ist eines seiner wesentlichsten Verdienste,<br />
beobachtet allein durch die Prüfung <strong>der</strong> Arzneien am gesunden<br />
Menschen. Dadurch ist bewiesen, daß solche<br />
Prüfungen sinnvoll sein können.<br />
Bewegungstherapie<br />
Hahnemanns Vorschriften für eine gesunde Lebensordnung<br />
beziehen eine aktive Bewegung in frischer Luft an<br />
vor<strong>der</strong>ster Stelle mit ein.<br />
Eine Spezifizierung dieser „Bewegung" gibt er nicht an,<br />
aber auch keine Einschränkung: „soll auch bei weniger<br />
als 6° C täglich ausgehen".<br />
Ein täglicher Spaziergang ist für seine Patienten unerläßlich,<br />
und er selbst geht hier mit gutem Beispiel voran.<br />
Mangelnde Bewegung bezeichnet er als krankmachenden,<br />
oft unerkannten Fehler in <strong>der</strong> Lebensordnung.<br />
Er rät ab von einer sitzenden Lebensart, beson<strong>der</strong>s in<br />
Stubenluft, einer bloß negativen Bewegung, wie Fahren<br />
o<strong>der</strong> Reiten, einem zu langen Mittagsschlaf.<br />
Phytotherapie<br />
Durch das „Ähnlichkeitsprinzip" und die AMP, die Arzneimittelprüfung<br />
am Gesunden, ist die Homöopathie eine<br />
axiomatische Therapie und unterscheidet sich dadurch<br />
deutlich von <strong>der</strong> Phytotherapie.<br />
Der Weg Hahnemanns zu diesen Axiomen ist für die damalige<br />
Zeit allerdings verständlich. Denn die Frage stellte<br />
sich, wie ein Arzt die zur Heilung <strong>der</strong> natürlichen Krankheiten<br />
bestimmte Kraft <strong>der</strong> Arzneipflanzen erforschen<br />
solle.<br />
Und Hahnemann postuliert:<br />
— „Es bleibt uns nichts übrig, als die zu erforschenden<br />
Arzneien am menschlichen Körper selbst zu versuchen;<br />
Kritische Wertung — Gemeinsames und Gegensätzliches<br />
Beide Therapieformen legen den allergrößten Wert auf<br />
das, was die Kneipp-krzXe Ordnungstherapie und was<br />
Hahnemann Lebensordnung nennt.<br />
Viele <strong>der</strong> Anordnungen Hahnemanns sind aber nur deshalb<br />
gemacht worden, weil er allgemeine Hin<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong><br />
Heilung aus dem Wege räumen wollte.<br />
Wenn allerdings ein Patient diese seine Anordnungen<br />
nicht befolgt, wird er böse und schickt Ihn wie<strong>der</strong> fort,<br />
ohne eine neue Arznei zu verordnen.<br />
Auch bei dem Einsatz von Hydrotherapie, Ernährungstherapie<br />
und Bewegungstherapie finden wir Gemeinsames:<br />
Hierzu gehören die Ganzheitsbetrachtung des Menschen,<br />
die individuelle Verordnung <strong>der</strong> Therapie und das Bestreben,<br />
keine Symptome zu unterdrücken.<br />
Beide Therapieformen nehmen ihre Arzneimittel aus <strong>der</strong><br />
Natur. Und wenn wir von den nie<strong>der</strong>en Verdünnungsstufen<br />
<strong>der</strong> Homöopathie ausgehen — in geeigneter und wirksamer<br />
Dosierung verabfolgt —, dann sind auch die<br />
meisten Indikationen <strong>der</strong> in Frage kommenden Arzneimittel<br />
dieselben.<br />
Daß die Homöopathie die biphasische Wirksamkeit von<br />
Arzneimitteln ausnutzt, bedeutet an sich noch keinen Gegensatz.<br />
Hiermit wird nur <strong>der</strong> Indikationsbereich eingeengt. Grundlage<br />
bleibt die Empirie.<br />
Als „spezifische Reiztherapie" zählt die Homöopathie zu<br />
den Regulationstherapien, einer wesentlichen Gruppe <strong>der</strong><br />
Naturheilverfahren, also auch hier Übereinstimmung.<br />
Bemerkenswert erscheint mir, daß die Grenzen <strong>der</strong> beiden<br />
Therapiearten dieselben sind. Hier war ich selbst<br />
überrascht.<br />
309
G. Wünstel, Homöopathie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Allerdings ist die Lebensordnung Hahnemanns zweckgebunden,<br />
sie soll dazu dienen, die Wirksamkeit seiner Arzneien<br />
nicht zu stören, ist folglich nur Mittel zum Zweck.<br />
Der echte Gegensatz liegt in den beiden Axiomen Hahnemanns,<br />
dem Ähnlichkeitsprinzip und <strong>der</strong> Arzneimittelprüfung<br />
am Gesunden.<br />
Aber ohne diese beiden Prinzipien gäbe es keine Homöopathie!<br />
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Naturheilverfahren<br />
umfangreicher sind, sie sind auch einzeln selbständige<br />
Therapieformen, jede ist primär wirksam, sie ergänzen<br />
sich, sie stehen auf gleicher Stufe.<br />
Die Homöopathie Hahnemanns ist demgegenüber — um<br />
es einmal hart, aber deutlich auszudrücken — monoman.<br />
Nicht das Ergänzende steht bei <strong>der</strong> Lebensordnung im<br />
Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n das Ausschließende. Die Naturheilverfahren,<br />
die Hahnemann anwendet, sind für ihn nur sekundär,<br />
sie müssen sich seiner Homöotherapie unterordnen.<br />
Dadurch wird die Bedeutung dieser Verfahren zur<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Gesundheit nicht richtig gewürdigt.<br />
Erschwerend bei einer solchen kritischen Wertung ist <strong>der</strong><br />
Umstand, daß Hahnemann auch im Jahre 1830 keinerlei<br />
Diagnosen stellt. Seine Anordnungen beruhen nur auf geschil<strong>der</strong>ten<br />
und erfragten Symptomen.<br />
Es kann <strong>der</strong> Homöotherapie nur nutzen, wenn sie die Naturheilverfahren<br />
für ihre therapeutischen Bemühungen<br />
einsetzt, wobei jede Methode <strong>der</strong> „Primus inter pares"<br />
sein kann.<br />
Literatur<br />
1. Hahnemann, S.: Organon. §§ 71, 106, 125, 259, 260, 261,<br />
262, 263, 266, 267, 268, 285, 290, 291, Zusatz 114 zu § 260.<br />
6. Auflage.<br />
2. Hahnemann, S.: Chronische Krankheiten. Band 1, S. 134 ff.<br />
3. Fischbach-Sabel, U.: Transkription und Kommentar des 34.<br />
Krankenjournals von Samuel Hahnemann (34. = 1830). Dissertation,<br />
1991.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
San.-Rat Prof. Dr. med. G. Wünstel, Schlesische Str. 8, D-6500<br />
Mainz.<br />
Herz- und Kreislaufkrankheiten stehen heute an erster Stelle in <strong>der</strong> Diagnose-<br />
Statistik Und wenn <strong>der</strong> französische Philosoph Vauvenargues auch schrieb .Der<br />
Verstand weiß nicht, was<br />
jl braucht '-sowissen<br />
f Herz- und Kreislaufpatien-<br />
' ten heute ganz genau, daß<br />
es auch natürliche Heilmittel<br />
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Aus dem Verbandsleben<br />
Wolfgang Spaich f<br />
Völlig unerwartet verstarb am 27.12. 1990 im 69. Lebensjahr<br />
<strong>der</strong> Gesellschafter <strong>der</strong> Firmen MÜLLER GÖP-<br />
PINGEN und STAUFEN-PHARMA, Apotheker<br />
Wolfgang Spaich.<br />
Nach <strong>der</strong> aktiven Offizierslaufbahn kehrte er als Oberleutnant<br />
und Batterie-Chef in einem Fallschirmjäger-<br />
Flakregiment schwer verwundet in die Heimat zurück.<br />
Im November 1945 konnte er seine Berufslaufbahn als<br />
Praktikant in <strong>der</strong> Dr. L^zschen Apotheke in Göppingen<br />
beginnen. Nach <strong>der</strong> für Kriegsteilnehmer verkürzten<br />
Praktikantenzeit studierte er 1947 an <strong>der</strong> Universität<br />
Tübingen und schloß das Studium mit dem pharmazeutischen<br />
Staatsexamen ab. 1950 trat er auf Wunsch <strong>der</strong> Familie<br />
in die Chemisch-Pharmazeutische Fabrik, Carl<br />
Müller, Apotheker, in Göppingen ein, an <strong>der</strong>en steter<br />
Entwicklung er über 40 Jahre maßgeblichen Anteil<br />
hatte.<br />
In diesen Jahren wurden umfangreiche Erweiterungen<br />
vorgenommen und Neubauten errichtet, technische<br />
Neuerungen und Rationalisierungsmaßnahmen eingeführt.<br />
Seit Jahren war Wolfgang Spaich Geschäftsführer<br />
und Mitinhaber des Familienbetriebes und <strong>der</strong> Firma<br />
STAUFEN-PHARMA, Göppingen.<br />
Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Herstellungsleiter<br />
gemäß AMG für die Produktion von Arzneimitteln<br />
auf pflanzlicher Basis und für homöopathische<br />
Präparate hielt er zahlreiche Vorträge. Sein beson<strong>der</strong>es<br />
Interesse galt analytischen und galenischen Fragestellungen,<br />
woraus mehr als 30 Veröffentlichungen hervorgingen.<br />
1978 erschien das Buch „Mo<strong>der</strong>ne Phytotherapie",<br />
in dem <strong>der</strong> Verfasser Ärzten und Pharmazeuten Anregungen<br />
und Einsichten auf dem zukunftsreichen Gebiet<br />
<strong>der</strong> Phytotherapie vermittelte. Am Manuskript zur erheblich<br />
erweiterten Neuauflage dieses Werkes arbeitete<br />
W. Spaich bis zu seinem Tod. Daneben widmete er sich<br />
<strong>der</strong> wissenschaftlichen Fundierung <strong>der</strong> Homöopathie<br />
als ehrenamtlicher Mitarbeiter. Lange Jahre war er Mitglied<br />
des Ausschusses „Herstellungsregeln" <strong>der</strong> Kommission<br />
zur Neubearbeitung des Homöopathischen<br />
Arzneibuches und wurde später als ordentliches Kommissionsmitglied<br />
berufen.<br />
Die Wertschätzung seiner menschlichen Vorzüge, die in<br />
<strong>der</strong> Würdigung durch seine privaten und geschäftlichen<br />
Freunde und auch von Seiten des Sports ihren Ausdruck<br />
fand, war ein Beweis seiner Beliebtheit.<br />
Aktion „Sonne = Melanom" löst Verärgerung aus<br />
Auf dem 80. Fortbildungskongreß des <strong>Zentralverband</strong>es<br />
<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren in Freudenstadt hat<br />
die gegenwärtige, durch Pharmafirmen, Medien und <strong>der</strong><br />
„Deutschen Krebshilfe" geför<strong>der</strong>te Aktion „Sonne =<br />
Melanom" Verärgerung ausgelöst. Die Teilnehmer, zumeist<br />
nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte, beklagten in den Diskussionen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e zu Vorträgen zur Licht-Therapie und<br />
den Indikationen von Kuren, eine inzwischen erhebliche<br />
Verunsicherung <strong>der</strong> Patienten. Naturheilkundliche<br />
Angebote werden unter Hinweis auf die angebliche<br />
Melanomgefahr abgelehnt. Im Bä<strong>der</strong>wesen werden gebuchte<br />
heilklimatische Kuren aus den gleichen Gründen<br />
storniert. Auch Freudenstadt ist davon betroffen.<br />
Der <strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren<br />
(ZÄN) stellt dazu fest, daß <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige wissenschaftliche<br />
Erkenntnisstand eine so tiefgreifende Verunsicherung<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung nicht zuläßt. Professor Dr. med.<br />
A. Gehrke, Direktor <strong>der</strong> Klinik für Physikalische Medizin<br />
und Rehabilitation <strong>der</strong> Medizinischen Hochschule<br />
Hannover, gab zu bedenken, daß <strong>der</strong> überwiegende Teil<br />
<strong>der</strong> Melanome hauptsächlich an den weniger sonnenlichtexponierten<br />
Stellen vorkommt und selbst auf südlichen<br />
Breitengraden je nach Rasse, Ernährungsbedingungen<br />
und Umweltfaktoren in unterschiedlicher Ausprägung<br />
auftritt. In Europa zum Beispiel gibt es in Dänemark<br />
mehr Melanome als in Italien. In den USA wurde
Aus dem Verbandsleben<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
gezeigt, daß Indoor-workers eine deutlich höhere Melanom-Inzidenz<br />
aufwiesen als Outdoor-workers. Aber<br />
auch in Deutschland wurde auf dem letzten Dermatologen-Kongreß<br />
im Herbst 1990 eine multizentrische<br />
Studie mehrerer Universitätshautkliniken vorgetragen<br />
und veröffentlicht, bei <strong>der</strong> es bereits in <strong>der</strong> Zusammenfassung<br />
heißt: „UV-Exposition in <strong>der</strong> Freizeit erwies<br />
sich nicht als Risikofaktor".<br />
Dem Zentral verband geht es nicht darum, hemmungslose<br />
Sonnenexposition zu vertreten, er appelliert jedoch<br />
an die Verantwortlichen, die „Kirche im Dorf" zu lassen.<br />
Bei <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Inzidenz von 0,0001% auf 100000<br />
Einwohner wäre es nach Ansicht des Verbandes fatal<br />
99,9% <strong>der</strong> Bevölkerung so zu verunsichern, daß die gerade<br />
in unseren Breitengraden notwendige Klimaexposition<br />
vermieden wird. Licht- und Sonnenexposition spielen<br />
innerhalb des therapeutischen Regimes <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />
eine herausragende Rolle. Sie dient nicht<br />
nur <strong>der</strong> allgemeinen vegetativen Umstimmung, son<strong>der</strong>n<br />
ist auch bei ernsten klinischen Erkrankungen indiziert.<br />
Beispielhaft nannte Professor Gehrke die Psoriasis, Neuro<strong>der</strong>mitis<br />
und Knochenstoffwechselstörungen.<br />
R. Matejka Das heiße Eisen — eine persönliche Meinung<br />
Das Thema „Kostendämpfung im Gesundheitswesen"<br />
beschäftigt seit Jahren Politiker und Öffentlichkeit. Diverse<br />
Planspiele über Möglichkeiten, die ausufernden<br />
Kosten in den Griff zu bekommen, sind veranstaltet<br />
worden. Beim Bundesarbeitsministerium wurde eigens<br />
ein Sachverständigenrat installiert. Dieser setzt sich zumeist<br />
aus Hochschullehrern verschiedener Fachdisziplinen<br />
zusammen.<br />
Vor gut drei Jahren trat die erste Stufe <strong>der</strong> sogenannten<br />
„Blümschen Reform" in Kraft. In einigen Teilbereichen<br />
(z.B. Krankentransporte, Kuren, physikalische Maßnahmen)<br />
wurden erhöhte Selbstbeteiligungen eingeführt,<br />
was bei den „Betroffenen" (das Wort kann man<br />
schon bald nicht mehr hören, da <strong>der</strong> Eindruck erweckt<br />
wird, es handele sich um bettelarme Menschen aus <strong>der</strong><br />
dritten Welt und nicht um Bürger des reichsten Wohlfahrtsstaates)<br />
erheblichen Ärger ausgelöst hat.<br />
In <strong>der</strong> zweiten Hälfte 1989 wurden zusätzlich Festbeträge<br />
für zunächst zehn <strong>der</strong> gängigsten Pharmaka eingeführt.<br />
Liegt <strong>der</strong> Preis des Arzneimittels über dem Festpreis,<br />
muß <strong>der</strong> Patient die Differenz selbst tragen, liegt<br />
<strong>der</strong> Preis hingegen im Rahmen des Festpreises, ist nicht<br />
einmal die bisher übliche Rezeptgebühr vonnöten.<br />
Diese Regelung führte dazu, daß die Preise für über dem<br />
Festpreis liegende Arzneimittel aus Gründen <strong>der</strong> Absatzmöglichkeiten<br />
auf diesen abgesenkt wurden. Vorschnell<br />
jubilierte man daraufhin über die erzielten Einsparungen<br />
in Höhe mehrerer hun<strong>der</strong>t Millionen Mark.<br />
Inzwischen hat die Pharmaindustrie jedoch längst Wege<br />
gefunden, die durch die Festpreisregelungen hervorgeru- s<br />
fenen Min<strong>der</strong>einnahmen wie<strong>der</strong> wettzumachen: Die<br />
Preise für nicht <strong>der</strong> Festpreisregelung unterworfene<br />
Arzneimittel wurden erhöht, und dies z.T. deutlich.<br />
Summa summarum werden die Einsparungen für das<br />
Gesundheitswesen insgesamt nur den vielzitierten<br />
„Tropfen auf dien heißen Stein" bedeuten.<br />
Den verantwortlichen Politikern, vermeintlichen Stimmungen<br />
in <strong>der</strong> Bevölkerung hinterherhechelnd, scheint<br />
es an Mut zu fehlen, diejenigen Schritte endlich durchzuführen,<br />
welche wirklich zu Einsparungen führen,<br />
ohne dabei die allgemeine Gesundheitslage zu beeinträchtigen.<br />
Der Sachverständigenrat hatte zutreffend festgestellt, die<br />
Kostenexplosion sei in erster Linie eine Leistungsexplosion.<br />
Ziel muß es daher sein, die Leistungspalette in quantitativer,<br />
nicht jedoch in qualitativer Hinsicht einzuschränken.<br />
Es gilt demzufolge, auf die Durchführung „medizinisch<br />
nicht notwendiger" Untersuchungen zu verzichten.<br />
Ein Umdenken im Gedankenansatz <strong>der</strong> heutigen<br />
Medizin, weg von <strong>der</strong> verhängnisvollen Ausschlußmedizin<br />
und hin zu einer zielgerichteten, final denkenden<br />
Medizin wäre erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Die Fundamente hierzu gilt es bereits in einer Reform<br />
<strong>der</strong> Mediziner-Aus- und Weiterbildung zu legen.<br />
Die Ausweitung medizinischer Leistungen hat zu keiner<br />
Verbesserung <strong>der</strong> allgemeinen Gesundheitslage <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
geführt. Man muß sogar fragen, ob nicht die<br />
völlig unnötige Überdiagnostik-Mentalität mit ihrer<br />
Tendenz, falsch-positive Befunde zutage zu för<strong>der</strong>n, erst<br />
zu einer Krankmachung bzw. Krankdiagnostizierung<br />
weiter Bevölkerungskreise geführt hat.<br />
Hauptgegenstand dieses Artikel sollen jedoch weniger<br />
die falschen Denkebenen <strong>der</strong> Medizin, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />
die durch unser Versicherungswesen bedingte Leistungsexplosion<br />
sein.<br />
Das gesetzliche Krankenversicherungswesen ist nach<br />
dem Prinzip einer Solidargemeinschaft strukturiert. Die<br />
„Starken", sprich, die „Gesunden", kommen für die<br />
„Schwachen", sprich „Kranken", auf.<br />
Mittlerweile hat sich bei vielen Patienten eine Mentalität<br />
des Soviel-Herausholens-wie-nur-irgend-möglich
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91,32. Jahrg.<br />
R. Matejka, Kostendämpfung<br />
gebildet. Der Umfang <strong>der</strong> in Anspruch genommenen<br />
Leistung soll die Summe <strong>der</strong> eingezahlten Beiträge erreichen,<br />
o<strong>der</strong> noch besser übersteigen.<br />
Es versteht sich von selbst, daß ein als Solidargemeinschaft<br />
konzipiertes System, sich auf diese Weise selbst<br />
aus den Angeln hebt.<br />
Die Strukturen <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) haben bisher keinerlei Anreize entwickelt,<br />
beson<strong>der</strong>s gesundheitsbewußten Patienten etwa eine<br />
Beitragsrückerstattung zukommen zu lassen.<br />
Zum an<strong>der</strong>en werden Zeitgenossen, die bewußt mit Zigarette,<br />
Alkohol, Messer und Gabel Raubbau an ihrer<br />
Gesundheit betreiben, nicht verstärkt am Kostenaufkommen<br />
<strong>der</strong> GKV beteiligt.<br />
Die unreflektierte Inanspruchnahme medizinischer<br />
Leistungen bedeutet auch ein Stück Abwälzung <strong>der</strong> Verantwortung<br />
für die eigene Gesundheit und die eigene<br />
Person.<br />
Nicht „ich", son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Arzt ist schließlich für die Gesundheit<br />
zuständig. Empfehlungen hinsichtlich Diät im<br />
ursprünglichen Sinn, <strong>der</strong> „Diaita", <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung bzw.<br />
Modifizierung <strong>der</strong> gesamten Lebensführung, werden in<br />
den Wind geschlagen. Der erhöhte Cholesterin- o<strong>der</strong><br />
Blutdruckwert wird nicht durch eine Umstellung <strong>der</strong><br />
Kost („Was soll ich denn überhaupt noch essen?") o<strong>der</strong><br />
vermehrte körperliche Aktivität angegangen, son<strong>der</strong>n<br />
die Pille o<strong>der</strong> „anständige" Spritze des Arztes soll die<br />
Problemlösung bringen.<br />
Später, wenn sich bereits Komplikationen — <strong>der</strong> erste<br />
Herzinfarkt o<strong>der</strong> die Thrombose — eingestellt haben,<br />
werden vorwurfsvolle Fragen gestellt und über das Unvermögen<br />
<strong>der</strong> Ärzte lamentiert.<br />
Das Thema Eigenverantwortung spielt jedoch bei viel<br />
banaleren Dingen eine ebenso große Rolle: Gemeint<br />
sind harmlose Erkältungen, grippale Infekte, Insektenstiche<br />
etc., alles Ereignisse, weswegen heute nicht wenige<br />
Menschen einen (Not-!) Arzt aufsuchen.<br />
Man geht eben sofort zum Arzt o<strong>der</strong> or<strong>der</strong>t einen Hausbesuch<br />
— , die Kasse bezahlt es ja, und wozu zahlt man<br />
denn Beiträge.<br />
Mit Sicherheit könnte man vorhersagen: Wäre mit dem<br />
Arztbesuch bzw. mit dem Hausbesuch durch den Arzt<br />
eine finanzielle Selbstbeteiligung verbunden — und sei<br />
sie auch noch so gering — würde sich <strong>der</strong> einzelne viel<br />
eher um Wege und Strategien bemühen, einen Arztbesuch<br />
zu vermeiden. Bewährte Hausmittel hätten plötzlich<br />
wie<strong>der</strong> Hochkonjunktur.<br />
Wenn nun jemand behauptet, ein Versicherungssystem,<br />
welches Patienten durch finanzielle Anreize davon<br />
abhält, einen Arzt zu konsultieren, könne zu einem<br />
Übersehen schwerer Erkrankungen im Anfangsstadium<br />
führen und somit vom gesundheitlichen Schaden für<br />
den Patienten einmal abgesehen, im Nachhinein zu viel<br />
höheren Behandlungskosten, so ist dieser Standpunkt<br />
unzutreffend.<br />
Tatsache ist: Von x Patienten, die beispielsweise an einem<br />
grippalen Infekt erkranken, sucht sowieso nur ein<br />
Bruchteil den Arzt auf. Die Eigenverantwortung kann<br />
also auch durch das gegenwärtige Versicherungssystem<br />
nicht ganz ausgeschaltet werden. Es gilt jedoch, sie zu<br />
stärken, anstatt einer Verantwortunigsabwälzungsmentalität<br />
das Wort zu reden bzw. diese durch das Versicherungswesen<br />
auch noch zu begünstigen.<br />
Das gegenwärtige System <strong>der</strong> GKV lähmt die Eigenverantwortung.<br />
Man könnte noch viel drastischer formulieren:<br />
Indem es die Eigenverantwortmng lähmt, führt es<br />
zu einer Entmündigung des Patienten, ist in gewisser<br />
Weise also menschenverachtend.<br />
Die sozioökonomischen Bedingungen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
sind heute unendlich günstiger als zum Zeitpunkt <strong>der</strong><br />
Einführung <strong>der</strong> GKV nach <strong>der</strong> Reichsversicherungsordnung.<br />
Es ist also mehr als fraglich, ob das gegenwärtige<br />
System überhaupt noch zeitgemäß ist bzw. ob nicht eine<br />
viel flexiblere Gestaltung wünschenswert wäre, ein<br />
System welches viel treffen<strong>der</strong> auf die individuellen Umstände<br />
des Patienten zugeschnitten werden könnte.<br />
M.E. wäre eine Neustrukturierung des Versicherungswesens<br />
in Anlehnung an das Prinzip <strong>der</strong> KfZ-Versicherung<br />
mit Bonus- und Malus-System problemlos möglich.<br />
Dabei kann <strong>der</strong> Versicherte seinen Tarif frei wählen,<br />
wodurch sich die Höhe des zu entrichtenden Versicherungsbeitrages<br />
ergibt. Dann mag eine „Vollkasko"<br />
ohne Selbstbeteiligung mit hohem monatlichem Beitrag<br />
zu wählen sein, eine Vollkasko mit Selbstbeteiligungen<br />
in verschiedener Höhe, da mag es eine Teilkasko geben<br />
für Patienten, die lediglich einen eventuellen Krankenhausaufenthalt<br />
versichert haben möchten, für ambulante<br />
Arztkosten jedoch selbst aufkommen wollen.<br />
Das System <strong>der</strong> Versicherungspflicht müßte überdacht<br />
bzw. gelockert werden, was jedoch aufgrund <strong>der</strong> o. g. sozioökonomischen<br />
Strukturen kein unlösbares Problem<br />
sein dürfte.<br />
Alternativ dazu wäre auch noch die folgende Strukturän<strong>der</strong>ung<br />
vorzuschlagen: Die Höhe des Krankenversicherungsbeitrages<br />
richtet sich — im Rahmen gewisser<br />
Gleit- und Überfor<strong>der</strong>ungsklauseln — nach <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong><br />
Arztkontakte bzw. <strong>der</strong> verursachten Kosten. Die im<br />
laufenden Quartal verursachten Kosten würden sich auf<br />
die Krankenversicherungsbeiträge im kommenden<br />
Quartal nie<strong>der</strong>schlagen. Der Beitrag würde also von<br />
Quartal zu Quartal variieren.<br />
Bei einer Reform <strong>der</strong> GKV würde sich von selbst verstehen,<br />
daß für sozial Schwache gewisse Härteklauseln<br />
gelten müßten. Gerade in diesem Zusammenhang gilt es<br />
jedoch, ein Tabu zu brechen:<br />
Es geht darum, die entscheidenden Risiken abzudecken.<br />
Völlig unverständlich ist jedoch, wieso eine Freistellung<br />
von jeglicher Selbstbeteiligung erfolgen muß — wie <strong>der</strong>zeit.<br />
Da kutschiert dann manch einer mit Taxen von<br />
Arzt zu Arzt, obgleich er selbige Wege auch zu Fuß<br />
o<strong>der</strong> mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen<br />
könnte, da werden Hausbesuche wegen banaler Nichtigkeiten<br />
zu je<strong>der</strong> Tages- und Nachtzeit angefor<strong>der</strong>t, stets<br />
mit dem Hintergedanken „ich bin ja frei" — will heißen,<br />
frei von jeglicher Selbstbeteiligung.<br />
Ein nach Tarif gestaffeltes Selbstbeteiligungssystem
R. Matejka, Kostendämpfung Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91,32. Jahrg.<br />
würde den Menschen ein gerüttelt Maß an Eigenverantwortung<br />
zurückgeben, würde Verantwortungsabwälzungsmentalität<br />
zurückdrängen und wäre somit nicht<br />
menschenfeindlich, son<strong>der</strong>n human.<br />
Abgesehen von den dadurch erzielbaren Einsparungen<br />
für den einzelnen und das Gesundheitswesen insgesamt,<br />
hätten die medizinischen Leistungserbringer endlich<br />
mehr Zeit für die wirklich Kranken. Zeit, die im gegenwärtigen<br />
System von zu vielen Berufsinanspruchnehmern<br />
verbraucht wird.<br />
Die gegenwärtigen Strukturen <strong>der</strong> GKV konditionieren<br />
den Mißbrauch und korrumpieren somit die Medizin!<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. R. Matejka, Weidelsburgstr. 7, D-3549 Wolfhagen 6.<br />
Buchbesprechungen<br />
M. Wilhelmi-Buchinger (Hrsg.): Heilfasten ist nicht<br />
Hungern. Die Buchinger-Methode als natürlicher Weg<br />
zu körperlicher und seelischer Gesundheit. 144 Seiten, 3<br />
Abb., DM 24,80, TRIAS.<br />
Das Heilfasten nach Buchinger ist über die Naturheilkunde<br />
hinaus immer noch nicht richtig als Standardweg<br />
des Fastens anerkannt. Wissenschaftlich verbrämte unnötige<br />
Umwege („Null-Diät" u.a.) haben sich in den<br />
Weg gelegt. Trotzdem hatte sich in den letzten Jahren<br />
das Fasten in unwahrscheinlicher Weise verbreitet,<br />
nicht zuletzt durch Lützners Einsatz für das ambulante<br />
Fasten. Die sekundäre Literatur ist kaum noch zu übersehen.<br />
Jetzt läßt die Fasteneuphorie, die sich über ganze<br />
Bevölkerungkreise gelegt hatte, anscheinend wie<strong>der</strong><br />
nach. Und das ist gut so, denn es fehlt noch an <strong>der</strong> nötigen<br />
Aufklärung über die Grenzen des Fastens.<br />
Hier kommt aus dem Haus Buchinger in Überlingen eine<br />
verbesserte Weiterführung des Büchleins „Die<br />
Buchinger-Methode", wo alles Wissenswerte von Belang<br />
kurz dargestellt wird. Allerdings wird dem Laien,<br />
für den das Buch in erster Linie gedacht ist, etwas viel<br />
zugemutet, während die Frage des ambulanten Fastens<br />
als heißes Eisen nicht angefaßt wird.<br />
R. Wilhelm, Berlin<br />
Schauer/Schleusing/Voigt: Bewegungstherapie bei<br />
Herz-, Kreislauf- und Lungenkrankheiten. Johann<br />
Ambrosius Barth Verlag, Leipzig, 1990. 329 Seiten, 77<br />
Abb., 68 Tab., brosch. DM 68,—.<br />
Bereits im Altertum wurden Körperübungen zur physisehen<br />
Vervollkommnung des Menschen und zu Heilzwecken<br />
genutzt, inzwischen hat man zunehmend<br />
Kenntnisse bewegungsinduzierter Adaptationen an Gesunden<br />
und Sportlern erhalten und die Trainingslehre<br />
verbessert. Daraus ergab sich eine Neubewertung körperlicher<br />
Aktivität für die Prävention und Rehabilitation<br />
zahlreichen: Krankheiten. Lei<strong>der</strong> hat diese noch<br />
nicht genug Beachtung in Klinik und Praxis gefunden.<br />
„Viel zu oft wird von den Ärzten lediglich zum Rezeptblock<br />
o<strong>der</strong> zur Spritze gegriffen!"<br />
Deshalb versuchen die drei Autoren dieses Buches in<br />
neue, effektive Therapieprogramme von Herz-, Kreislauf-<br />
und Lungenkrankheiten Bewegungstherapie indikations-<br />
und krankheitsgerecht einzubringen. Dieser<br />
Versuch ist in diesem Buch eindeutig gelungen und auch<br />
für nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte, nicht nur für Kliniker, interessant.<br />
Sie müssen sich entschließen, Patienten mit den<br />
drei genannten gesundheitspolitisch wichtigen Krankheiten<br />
Bewegungstherapie zu verschreiben. Dazu brauchen<br />
sie Unterlagen für <strong>der</strong>en Wirksamkeit, Indikationen<br />
und Kontraindikationen. Das alles liefert dieses<br />
Buch, gut dokumentiert aufgrund <strong>der</strong> Erkenntnisse <strong>der</strong><br />
letzten 3 Jahrzehnte. Nach <strong>der</strong> Hospitalphase mit Frührehabilitation<br />
von 3 bis 4 Wochen beim Herzinfarkt<br />
folgt die für die Praxis wichtige, weil vom Hausarzt zu<br />
betreuende Phase II <strong>der</strong> Konvaleszenz, <strong>der</strong> Rekonditionierung,<br />
die 8 o<strong>der</strong> 12 Wochen bis 6 Monate nach dem<br />
Infarkt dauert.<br />
Die dann notwendige Langzeit-Rehabilitation kann lebenslang,<br />
sollte aber mindestens 1 Jahr dauern. Das<br />
Buch liefert hierfür Maßstäbe zur Dosierung, aber auch<br />
für Kranke mit Herzfehler, funktioneller Herz- und<br />
Kreislauferkrankung, peripherer arterieller o<strong>der</strong> venöser<br />
Durchblutungsstörung und Lungenkrankheiten.<br />
Atemgymnastik findet, in enger Verbindung mit <strong>der</strong> gesamten<br />
Physiotherapie gezielte und genau definierte<br />
Anwendung, um in Verbindung mit <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong><br />
kardiopulmonalen Leistung auch die Atmung zu verbessern<br />
und zu ökonomisieren.<br />
Das Buch vermittelt die wissenschaftlichen Grundlagen<br />
und die sich daraus für die tägliche Praxis ergebenden<br />
Anwendungs- und Dosierungsempfehlungen für Bewegungstherapie,<br />
die Grundlage <strong>der</strong> Rehabilitation und des<br />
Erhaltes <strong>der</strong> verbliebenen Fähigkeiten und Funktionen.<br />
Je<strong>der</strong> Arzt, <strong>der</strong> seinen Kranken dabei helfen will, sollte<br />
dieses Buch kennen und benutzen.<br />
F. Oelze, Hamburg<br />
IV
H. Anemueiier Diätetik in <strong>der</strong> Kur<br />
Zusammenfassung<br />
Die hippokratische Medizin hatte Diätetik als ein<br />
Programm zu aktiver Pflege und Erhaltung <strong>der</strong><br />
Gesundheit angelegt — auch zur Kultivierung<br />
<strong>der</strong> Lebensführung und <strong>der</strong> menschlichen Beziehungen.<br />
Nichts davon ist im Lehrinhalt des<br />
heutigen medizinischen Fachbereiches Diätetik<br />
übriggeblieben. Hier spielen nur noch Probleme<br />
<strong>der</strong> Ernährung eine Rolle, und alle weiter gespannten<br />
Bezüge sind aufgegeben worden. Ärzte<br />
für Naturheilverfahren sollten sich an dieser<br />
Verfälschung <strong>der</strong> Originalität des Inhaltes klassischer<br />
Diätetik nicht beteiligen und zum Nutzen<br />
des Gesundheitswesens um eine Erneuerung<br />
hippokratischer Diätetik bemüht sein. Speziell<br />
im Kurwesen könnte hiermit begonnen werden.<br />
Schlüsselwörter: Kur, Diätetik, Übergewicht,<br />
Gesundheitserziehung, Psychohygiene.<br />
Summary<br />
The Hippocratian medicine had designed dietetics<br />
as a Programme for active care and maintenance<br />
of health — also for cultivation of the<br />
manner of living and human relations. Nothing<br />
of this has survived in what is at present taught<br />
in the medical field of dietetics. Here, only problems<br />
of nutrition play a role and all further<br />
reaching references have been abandoned; physicians<br />
for natural treatments should not participate<br />
in this falsification of the originality of the<br />
contents of classical dietetics and should use all<br />
efforts in or<strong>der</strong> to renew the Hippocratian dietetics<br />
for the benefit of the sanitation. With this<br />
could especially be started in the health-resorts<br />
or in courses of medical treatments.<br />
Key words: course of medical treatments, dietetics,<br />
overweight, health education, psychohygiene.<br />
Resume<br />
La medecine hippocratique concevait la dietetique<br />
comme un Programme de soins et d'entretien<br />
actifs e la sante — ainsi que pour cultiver le<br />
mode de vie et les relations humaines. De tout<br />
cela, rien n'est reste dans ce qui est anseigne<br />
aujourd'hui dans le domaine medical specialise<br />
de la dietetique. Seuls les problemes d'alimentation<br />
y jouent encore un röle et on a abandonne<br />
tous les autres contextes de tension. Les medecins<br />
appliquant les methodes physiotherapeutiques<br />
ne doivent pas s'associer
H. Anemueller, Diätetik Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Klassische Diätetik<br />
Zur „Klassischen Diätetik" gehörten Begriffe, wie Orthobiotik,<br />
Eubiotik, Makrobiotik, Kalobiotik, Euthymia, Eudaimonia<br />
und Diaita. Sind sie heute altmodisch o<strong>der</strong> verstaubt?<br />
Sind sie nicht mehr zeitgemäß? O<strong>der</strong> nicht doch<br />
von neuer Aktualität, von dringlicher Aktualität?<br />
Große Mutter <strong>der</strong> Diätetik ist die hippokratische Medizin,<br />
<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren verbunden sein sollten.<br />
Sie war <strong>der</strong> Pflege <strong>der</strong> Physis = Natur zugetan, leitete<br />
chronische Krankheiten aus Fehlern <strong>der</strong> Lebensweise,<br />
Fehlern <strong>der</strong> Ernährung sowie aus Belastungen von Umwelt<br />
und Gesellschaft ab. Sie verfügte über eine realistische<br />
Therapie, in <strong>der</strong> die klassischen Naturheilverfahren<br />
entwickelt worden und zum Einsatz gekommen waren.<br />
In drei Teilbereiche war die hippokratische Medizin geglie<strong>der</strong>t:<br />
1. Diätetik = Ausrichtung <strong>der</strong> Lebensweise<br />
2. Materia medica = Therapie mit Arzneien<br />
3. Chirurgie = Eingriffe mit <strong>der</strong> Hand o<strong>der</strong> dem Messer<br />
Wichtigster Bereich war die Diätetik mit <strong>der</strong> Bemühung<br />
des Arztes, den Patienten zu einer Ordnung in <strong>der</strong> Lebensführung<br />
hinzuleiten. Dominierend war die pädagogische<br />
Zielsetzung.<br />
Hippokrates folgend, hatten die Ärzte Galen und Celsus die<br />
Gesundheitslehre Diätetik betrieben. Celsus hatte sie in<br />
sein Werk „De medicina" eingebracht und dargestellt, daß<br />
<strong>der</strong> Arzt auf die „Sex res non naturales" Einfluß zu nehmen<br />
hat — auf sechs äußere Bedingungen, die die „Res naturales"<br />
bzw. die Natur des Menschen zu sichern haben:<br />
— Licht und Luft — Wachen und Schlafen<br />
— Nahrung — Ausscheidungen<br />
— Bewegung und Ruhe — Gemütsbewegungen<br />
H. Schlpperges äußert sich über klassische Diätetik in diesem<br />
Zusammenhang: „Zur Diätetik <strong>der</strong> hippokratischen<br />
Medizin gehören die Einflüsse von Luft und Wasser, die<br />
Rhythmen von Arbeit und Pause, von Wachen und Schlafen,<br />
die Leibesübungen, die Körperpflege, die Kosmetik,<br />
die Sexualhygiene und die Beherrschung <strong>der</strong> Leidenschaften,<br />
kurz alles, was <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Gesundheit<br />
dienlich sein kann und in <strong>der</strong> Lage ist, die verlorene Mitte<br />
(Eukrasia) wie<strong>der</strong>zuerlangen und den Menschen auf eine<br />
Orthobiotik auszurichten, die das Leben verlängern, vertiefen,<br />
bereichern und sinnvoll machen kann".<br />
Es gibt in <strong>der</strong> klassischen Diätetik Bezüge zur Ökologie,<br />
zur Soziologie, zur Ästhetik und zur Kunst. Geradezu modellhaft<br />
war und ist sie von <strong>der</strong> Aussage und vom Inhalt<br />
her ganzheitsbezogen.<br />
Gesundheit und Schönheit waren große Ideale klassischer<br />
hellenistischer Kultur und Diätetik. Durch die Pflege<br />
seines Körpers sollte sich <strong>der</strong> Mensch in einer möglichst<br />
ästhetischen Erscheinung und Gestalt erhalten. Die<br />
Künstler <strong>der</strong> hellenistischen Kultur beseelte die Lust, den<br />
Körper des Menschen in natürlicher Schönheit darzustellen.<br />
Johann Wolfgang von Goethe hatte klassische Diätetik in<br />
höchstes Erstaunen und höchste Bewun<strong>der</strong>ung versetzt.<br />
Für ihn war sie ein Muster kanonischer Regeln, um den<br />
Lebensstil zu formen und zu lernen, mit Leben und Gesundheit<br />
richtig umzugehen.<br />
Wie wäre es mit einer Renaissance klassischer Diätetik?<br />
Ist unsere Zeit hierzu noch fähig? Unsere Medizin geistig<br />
noch wach genug? Sollten nicht Ärzte für Naturheilverfahren,<br />
die <strong>der</strong> hippokratischen Medizin beson<strong>der</strong>s nahestehen,<br />
den Anfang machen?<br />
Zur Diätetik, wenn sie <strong>der</strong> Arzt ausführt, gehören das Gespräch<br />
mit den Patienten, das Vermitteln vernünftiger<br />
Verhaltensweisen und das Vertrautmachen mit einfachen,<br />
selbst auszuführenden, gesundheitspflegerischen<br />
Maßnahmen und Anwendungen:<br />
— Maßhalten im Essen und Trinken<br />
— periodisch freiwillige Nahrungsenthaltung<br />
— aktives Körpertraining<br />
— abhärtende Anwendung des heißen und des kalten<br />
Wassers<br />
— Reibungen und Bürstungen des Körpers<br />
— Ölungen <strong>der</strong> Haut<br />
— Übungen zur Entspannung und zu richtiger Atmung<br />
— Anwendung einfacher Heilpflanzen<br />
Diätetik muß die Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit erzeugen<br />
und muß verlangen, daß sich <strong>der</strong> Patient in die ärztliche<br />
Behandlung einbringt. Dies sollte weithin auch Parameter<br />
klassischer Naturheilverfahren sein.<br />
Über Diätetik ist den Menschen beizubringen, daß Gesundheit<br />
keine selbstverständliche naturhafte Verfassung<br />
ist, son<strong>der</strong>n daß es Arbeit und Leistung bedarf, um sie zu<br />
bewahren. Der Organismus ist kein Diamant, so formulierte<br />
Galen. Er verän<strong>der</strong>t sich laufend und bedarf eines ständigen<br />
Schutzes.<br />
Es existiert eine Aussage, die Theophrast von Hohenhelm<br />
(Paracelsus) zugeschrieben wird: Von Natur aus ist <strong>der</strong><br />
Mensch faul und dumm. Aus eigenem Antrieb kommt er<br />
selten zur Weisheit. Er braucht einen Treiber, und von<br />
niemandem mehr als dem Arzt wird verlangt, große Ordnung<br />
in den Dingen (Res non naturales) zu halten.<br />
Die hippokratische Medizin deutete Krankheiten zum großen<br />
Teil aus Fehlern <strong>der</strong> Lebensweise und umweltbedingten<br />
Schäden heraus. Sehr logisch, sehr real und sehr konsequent<br />
for<strong>der</strong>te sie deshalb vom Patienten ständig zu<br />
übende und auszuführende Gegenmaßnahmen.<br />
Heute sollten wir davon ausgehen, daß neue Wege in <strong>der</strong><br />
Medizin und im Gesundheitswesen über eine Erneuerung<br />
klassischer Diätetik zustande zu bringen waren. Diesen<br />
Gedanken und diesem Ziel sollten sich in beson<strong>der</strong>er<br />
Weise Ärzte für Naturheilverfahren zuwenden.<br />
Diätetik als Basistherapie<br />
Soweit wie möglich sollte Diätetik (im aufgezeigten Sinne)<br />
regelhaft als Basisbehandlung je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitigen Thera-<br />
316
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
H. Anemueller, Diätetik<br />
pie zugrunde liegen und vom Patienten selbst auszuführende<br />
Naturheilverfahren einbeziehen. In keiner Weise<br />
würden hierdurch beson<strong>der</strong>e Therapierichtungen herabgesetzt,<br />
die in jüngster Zeit in die Therapie des Arztes für<br />
Naturheilverfahren Eingang gefunden haben und Naturheilverfahren<br />
effektiver machen können.<br />
Vorzüglich sollte Diätetik in das Kurwesen eingebracht<br />
werden. Hierzu gehörten Belehrungen und Vorträge<br />
durch die Ärzte, Diskussionen mit den Patienten und<br />
übende Anwendungen <strong>der</strong> einfachen klassischen Naturheilverfahren.<br />
Bewußt und engagiert müßte <strong>der</strong> Arzt in <strong>der</strong><br />
Kur als Gesundheitserzieher auftreten und sich nicht<br />
scheuen, For<strong>der</strong>ungen zu stellen. Wichtigste Anwendungen,<br />
die innerhalb einer Kur nie ausgelassen werden sollten,<br />
sind:<br />
— aktive Bewegungsübungen bei individueller Anpassung<br />
an Leistungsbereitschaft und Leistungskraft<br />
— Maßnahmen zur Abhärtung in individueller Dosierung<br />
(schon Galen hatte gemahnt, in <strong>der</strong> Diätetik sei Abhärtung<br />
nicht für Germanen, Bären o<strong>der</strong> Wildschweine zu<br />
betreiben, son<strong>der</strong>n jeweils auf das Individuum sorgfältigst<br />
abgestimmt)<br />
— äußere Pflege <strong>der</strong> Haut mit einfachen Mitteln (beispielsweise<br />
mit Bürstungen und Ölungen)<br />
— Anwendung <strong>der</strong> einfachen Heilpflanzen<br />
— Reinigung des Körpers durch zeitweiliges Heilfasten,<br />
vegetabile Vollrohkost o<strong>der</strong> darmsanierende Ernährungsformen<br />
— Einsatz einer möglichst naturbelassenen Vollwerternährung<br />
Speziell in <strong>der</strong> Kur besteht die Möglichkeit, aktive Eigenverantwortung,<br />
neue Einstellungen, neue Gesinnungen<br />
und ein neues Verhalten <strong>der</strong> Patienten aufzubauen — insgesamt<br />
zu einer Neugestaltung <strong>der</strong> Lebensweise beizutragen.<br />
Auch kann sich <strong>der</strong> Arzt gerade im Kurort als Träger<br />
einer neuen Gesundheitskultur dlarstellen (ohne Gesundheitsfanatismus,<br />
ohne Mystik, oihne utopische Zielsetzung<br />
und ohne Verleitung zu Anigst und Hypochondrie).<br />
Lassen wir zum Abschluß den Medizirnhistoriker H. Schipperges<br />
das Thema ausleiten: „Zivillisationskrankheiten<br />
<strong>der</strong> zweiten industriellen Revolutiorn, <strong>der</strong> ökologische<br />
Gleichgewichtsverlust, die allgemein© Situation des Verlustes<br />
des Maßhaltens und des Verluistes <strong>der</strong> natürlichen<br />
Ordnung müßten Diätetik wie<strong>der</strong> zur Auferstehung bringen,<br />
und dies durch Ärzte, die den Willen haben, wie<strong>der</strong><br />
als Gesundheitsführer und Lebensgestalter zu wirken.<br />
Die alten „res non naturales", als unwissenschaftlich vernachlässigt,<br />
müßten in ihrer zentralen Bedeutung von<br />
neuem in den Horizont des mo<strong>der</strong>nen Arztes treten. Die<br />
Diätetik <strong>der</strong> hippokratischen Medizim darf kein Ende gefunden<br />
haben, heute wird sie dringend benötigt. Noch ist<br />
kein Anfang gemacht, alle diesbezüglichen Aufgaben stehen<br />
bevor.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. med. H. Anemueller, Wissenschaftliches Archiv für Ernährung<br />
und Diätetik, Landhaus Bergham 32, D-8214 Bernau a. Ch.<br />
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HOECHST<br />
AKTUELL<br />
Psychohygiene<br />
Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Philosophie klassischer Diätetik könnte<br />
in <strong>der</strong> Kur Psychohygiene betrieben werden. Bisweilen<br />
könnte dies mehr bringen als Psychotherapie, wie sie sich<br />
heute entwickelt hat. Es gibt Aussagen <strong>der</strong> klassischen<br />
Philosophie, die sich in den Schriften <strong>der</strong> Stoiker und Epikuräer<br />
finden und sich wirksam im Gespräch mit Patienten<br />
vortragen lassen, um seelischen Gleichmut und Zufriedenheit<br />
zu stärken. Einige Beispiele:<br />
— Laß Dich nicht verwirren vom Gerede <strong>der</strong> Leute, entscheide<br />
vielmehr selbst über Deine Wege und Ziele!<br />
— Folge <strong>der</strong> Masse nicht wie Herdenvieh, strebe nach einem<br />
unerschrockenen, unabhängigen und standhaften<br />
Geist!<br />
— Sammle und erhalte Deine Zeit, rette sie für Dich<br />
selbst!<br />
— Sei nicht unglücklich vor <strong>der</strong> Zeit, denn das, wovor Du<br />
Angst hast, wird vielleicht nie kommen!<br />
— Sorge für die Bedürfnisse Deines Körpers, jedoch ohne<br />
Ängstlichkeit!<br />
;-A2ta&v v«fe^u^^^'<br />
|g||itf<br />
317
F. oeize Eine Patientenkarriere und klassische Naturheilverfahren<br />
1. Der 37jahnge kam 1961 in die Klinik wegen Stenokardien<br />
beim Treppensteigen mit Schmerzausstrahlung in<br />
den linken Arm, Ohnmachtsneigung bei längerem Ste<br />
hen, z B bei Vortragen Als Kind an spinaler Kin<strong>der</strong>lahmung<br />
erkrankt, bildeten sich die Lahmungen an Armen<br />
und Beinen völlig zurück<br />
Mit 20 Granatsplitterverwundungen Amputation des linken<br />
Unterschenkels, Radikaloperation des linken Ohrs<br />
nach Granatsplittereiterung, Hormin<strong>der</strong>ung Wie<strong>der</strong>holt<br />
Abszesse und chirurgische Eingriffe am Amputationsstumpf<br />
Diagnose Erschöpfungszustand, hypotone Kreislaufregulationsstorung,<br />
funktionelle Stenokardien<br />
Therapie Nach Obst-/Rohkost-Tagen laktovegetabile<br />
Kost, ansteigende Ba<strong>der</strong>, Brust-Leib-Wickel, klassische<br />
Massagen, 3mal 20 Tropfen Crataegutt, 3mal 2 Dragees<br />
Biral Ärztliches Gesprach Hat seine vor 17 Jahren erfolgte<br />
Unterschenkelamputation noch nicht verwunden<br />
und akzeptiert Seine Vorgesetzten, aber auch an<strong>der</strong>e<br />
Menschen, seien gegenüber Kriegsversehrten voreingenommen<br />
Neigt zu standiger Selbstuberfor<strong>der</strong>ung und<br />
Uberkompensation Die Problematik wird in zahlreichen<br />
Gesprächen aufgearbeitet<br />
2. Mit 40 (1964) Wie<strong>der</strong>aufnahme wegen Stenokardien,<br />
Magenschmerzen nach dem Essen, Brechreiz, Völlegefühl<br />
Sodbrennen schon nach geringsten Mengen Bier,<br />
Cognac, Sekt o<strong>der</strong> Wem Mehr Stumpfbeschwerden,<br />
wacht bereits mit Phantomschmerz auf An neuen Befunden<br />
sind zu nennen 72 kg bei 173 cm Korperlange (mit<br />
Prothese), RR 125/100 h , 120/100 re Hohenmm<strong>der</strong>ung<br />
im Oszillogramm <strong>der</strong> Arterien an beiden Oberschenkeln<br />
und <strong>der</strong> linken Hand Im EKG nur Orthostaseeffekt Rontgenologisch<br />
erheblicher Kaskadenmagen, keine Steine,<br />
jedoch maßige Funktion bei Cholangio-Cholezystographie<br />
Pathologischer Bromthaleintest Verdacht auf Leberschaden<br />
Letzteren schob <strong>der</strong> Patient auf „viel Eleudron", das ihm<br />
wegen seiner Stumpf-Abszesse früher verschrieben worden<br />
war<br />
Diagnose Erheblicher Kaskadenmagen, Verdacht auf Leberschaden,<br />
Erschöpfungszustand, Kreislaufregulationsstorung<br />
Therapie Laktovegetabile Ernährung, ansteigende<br />
Ba<strong>der</strong>, Wickel, auch am Stumpf, Gymnastik, Atemgymnastik<br />
3./4. Wie<strong>der</strong>aufnahme (1977) Mit 53 postprandialer<br />
Spatschmerz im rechten Oberbauch, Kalottenkopfschmerz,<br />
RR 140/100 re , 145/95 h , Neigung zu Drehschwindel<br />
nach Neigen des Kopfes nach vorn Druck- und<br />
Klopfschmerz über <strong>der</strong> kyphotischen BWS<br />
* Dieser Beitrag ist meinem Freunde Klaus Christof Schimmel zu<br />
seinem 60 Geburtstag und im Bewußtsein vieler Gemeinsamkeiten<br />
von Herzern gewidmet<br />
Befunde Korperiich wie gehabt, EKG unauffällig, in <strong>der</strong><br />
Langzeitblutdruckmessung Hypotonie, Orthostase Rontgenologisch<br />
Hypersekretorische Gastritis und Duodenitis,<br />
zwei nicht schattengebende Steine in <strong>der</strong> Cholangio-<br />
Cholezystographie<br />
Diagnose Cholelithiasis, Gastritis bei Kaskadenmagen,<br />
Hypotonie mit Kollapsneigung, Obstipation<br />
Therapie Vegetarische Son<strong>der</strong>kost, ansteigende Ba<strong>der</strong>,<br />
Wickel, Rollkur mit Sucsan-Azulen compositum, Aristochol<br />
3 x 15 Tropfen, Agiolax, Gelosenpunktur Besserung<br />
<strong>der</strong> gesamten Symptomatik Der Patient bestand jedoch<br />
auf Operation 1 Trotz komplikationslosem postoperativem<br />
Verlauf Verschlechterung des Befindens und Wie<strong>der</strong>aufnahme<br />
Magenschmerzen nach Brot, Knackebrot, Zwieback,<br />
aber auch nach Besuch von Bekannten' Im ärztlichen<br />
Gesprach massive berufliche Frustration, aber <strong>der</strong><br />
Patient wollte keine „Psychotherapie", auch nicht über<br />
Einzelheiten sprechen Erst nach nochmaliger eingehen<strong>der</strong><br />
apparativer Diagnostik (gastroskopisch kleine Bulbusnarbe<br />
nach Ulkus, Pylorus etwas verzogen, Magenschleimhaut<br />
unauffällig, Hypersekretion, Laborwerte<br />
normal) und Besprechung des inzwischen eingetroffenen<br />
Histologiebefundes des Operationspraparates (narbige<br />
Steingallenblase mit Pencholecystitis adhaesiva) gestand<br />
<strong>der</strong> Patient, er habe massiv Krebsangst gehabt<br />
Therapie Vegetarische Son<strong>der</strong>kost ohne Brot und<br />
Zucker, Suczulen als Dragees und als Rollkur, Paspertase<br />
und Anstochol Abklingen <strong>der</strong> Beschwerden, langsame<br />
Erholung, Entlassungsgewicht 68,5 kg mit Prothese<br />
5. Mit 56 (1980) Wie<strong>der</strong>aufnahme wegen Magen-Spatschmerz,<br />
Ruhe-Stenokardien, Ein- und Durchschlafstorungen,<br />
Schwindelzustanden nach dem Frühstück<br />
Patient furchtet, am rechten Unterschenkel Muskelschwund<br />
zu haben Seine Mutter habe das auch gehabt,<br />
<strong>der</strong> Verlauf konnte aber nicht weiten/erfolgt werden, da<br />
sie 1945 auf <strong>der</strong> Flucht in Ostpreußen umgekommen sei<br />
Befunde 74,5 kg mit Prothese bei 172 cm Korperlange,<br />
RR 135/95 re , 125/85 h , Ruhepuls 60/min, regelmäßig<br />
Gang mit Unterschenkelprothese h normal EKG AV-<br />
Block 1 Grades in Ruhe, sonst normales Ruhe- und Steh-<br />
EKG, nach 120 Watt am Ergometer 2 1 / 2 Minuten lang<br />
(trotz Prothese') ST-Senkung, die auch nach 5 Minuten<br />
fortbesteht Belastungsmsuffizienz des Herzens 2fach<br />
vergrößerte Prostata Innenohrschwerhongkeit li , Zustand<br />
nach Mastoidektomie, Hörgerät angeraten Ausschluß<br />
von Schilddrusenfunktionsstorung, Diabetes und<br />
Malabsorptionssyndrom (B 12)<br />
Neurologe Im EMG kein Anhalt für Myopathie, also auch<br />
nicht für die vom Patienten befürchtete progressive Muskeldystrophie<br />
Es besteht eine gutartige chronische Form<br />
des Peronealtyps einer spinalen Muskelatrophie<br />
Therapie Wie früher Der Patient konnte ohne Mittel 7<br />
Stunden durchschlafen und hatte keine Stenokardien<br />
mehr, er war beruhigt in bezug auf die Muskelerkrankung,<br />
will ein Hörgerät nehmen und sich beruflich veran<strong>der</strong>n<br />
318
Zusammensetzung 100 g enthalten<br />
GesemiumD2 Menyanthes D1 Bryonia D2<br />
ThuaDI Spge a D4 Coffea D3 BebersDIO<br />
Aconitum D10 Kalm a D8 SangunaraD4<br />
Acdum sIccum D6 StannumDIO Cerebrum<br />
sus D8jewels 1 g Kai um bchromcum D6 10<br />
mg Enthalt 45 Vol % Alkohol<br />
Anwendungsgebiete Neuralg seh heu<br />
malische Schmerzen versch edener A t und<br />
Loka isat on wie z B Kopfschme zen<br />
Zahnschmerzen Schulter Armschmerzen<br />
Schmerzen im Bere ch <strong>der</strong> Isch asnerven (schias<br />
bzw Isch a g e) Gegenanzeigen Nicht bekannt<br />
Nebenwirkungen In E nzefalen können<br />
Hautreaktonen auft eten das Mittel st dann<br />
abzusetzen Dosierungsanieitung und Art<br />
<strong>der</strong> Anwendung Erwachsenendos s Be<br />
Schmerzzustanden bis zu 3ma tagl ch alle<br />
10 15 M nuten 10 T opfen über einen Zeitraum<br />
von max ma 1 2 Stunden einnehmen dann<br />
3 Stunden Pause Die Behandlung sol te auch<br />
nach Abkl ngen <strong>der</strong> Beschwerden noch 3 4 Tage<br />
fortgeführt werden m t 3mal täglich 10 Tropfen<br />
Zur Langze tbehandlung 2 4mal tag ich<br />
10 Tropfen (mt o<strong>der</strong> ohne Wasser vor dem<br />
Essen) einnehmen E nzelgabe bei K n<strong>der</strong>n ab<br />
6 Jahren bis zu 4mal täglich 10 Tropfen<br />
(evt n einer 1/4 Tasse mit frschem Wasser o<strong>der</strong><br />
Tee verm seht) Darreichungsform und<br />
Packungsgroßen Packungen m t 30 ml Tropfen<br />
DM 9 80 und 100 ml Tropfen DM 26 70<br />
(Stand Februar 1991) Cosmochema<br />
W 7570 Baden Baden<br />
Cosmochema<br />
Neuralgietropfen S<br />
Gelsemium Cosmoplex®<br />
Die biologische Therapie bei<br />
• Neuralgien<br />
• Kopfschmerzen<br />
• neuralgisch-rheumatischen<br />
Beschwerden<br />
C M<br />
COSMOCHEMA<br />
Dr H H Reckeweg GmbH<br />
Die konservative Behandlung von degenerativen<br />
Wirbelsäulenerkrankungen<br />
von Prof Dr med H Schoberth<br />
136 Seiten, 54 Abb, 17*24 cm, broschiert, DM 33,-<br />
Im Zeitalter einer sich immer schneller entwickelnden und immer komplizierter werdenden Medizin-Technologie<br />
hat die konservative Behandlung gerade bei degenerativen Wirbelsaulenleiden immer noch einen unbestreitbar<br />
hohen Stellenwert<br />
Das Buch richtet sich an Orthopaden Krankengymnasten und Physiotherapeuten ist aber sicherlich auch für<br />
jeden Allgemeinarzt interessant <strong>der</strong> ja als erster mit dem Wirbelsäulen-Patienten in Berührung kommt und eine<br />
geeignete Therapie auswählen muß<br />
Der erste Teil des reich bebil<strong>der</strong>ten Buches beschäftigt sich mit <strong>der</strong> funktionellen und pathologischen Anatomie<br />
<strong>der</strong> Wirbelsaule Im zweiten Teil wird die Klinik <strong>der</strong> degenerativen Wirbelsaulenerkrankungen besc hneben<br />
Im dritten und umfangreichsten Teil des Buches werden die verschiedenen Möglichkeiten <strong>der</strong> kornservativen Behandlung<br />
degenerativer Wirbelsaulenleiden ausführlich in Text und Bild dargestellt z B klassisiche Massagen,<br />
Bindegewebsmassagen Saugwellenmassage, Marnitz-Therapie, Stabchenmassage manuelle Lymphdrainage,<br />
Unterwasserstrahlmassage, Kryotherapie lokale Warmeanwendungen Packungen, Warmetheraapie mit elektrischen<br />
Strömen, Wärmebehandlung mit Luft Licht o<strong>der</strong> Dampf medizinische Ba<strong>der</strong> Moorba<strong>der</strong>, Schwefelba<strong>der</strong><br />
aromatische Ba<strong>der</strong>, krankengymnastische Behandlung Prinzipien <strong>der</strong> Therapie bei degenerativem Wirbelsaulenerkrankungen,<br />
orthetische Versorgung, Ruckenschule<br />
Der Autor des Buches Prof Dr med H Schoberth, Leiter des Lehrinstitutes für Physikalische Therapie und Sportmedizin<br />
<strong>der</strong> Ostseeklinik Damp und Honorarprofessor an <strong>der</strong> Universität Frankfurt/Main, ist bekatnnt durch mehrere<br />
Bucher und über 150 wissenschaftliche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften u a auch zum Thema physikalische<br />
Therapie<br />
VERLAG<br />
MEDIZINISCH LITERARISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT MBH<br />
Postfach 11 61 /11 62,3110 Uelzen 1, Tel. (0581) 8 08-151<br />
Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91,32 Jahrg 319
F. Oelze, Naturheilverfahren Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
6. Wie<strong>der</strong>aufnahme mit 58 Jahren (1982) wegen KHK,<br />
Hochdruck und Wirbelsäulensyndrom.<br />
11/81 Elektro-Teil-Resektion <strong>der</strong> Prostata. Wie<strong>der</strong> starke<br />
Magenschmerzen, anfallsweise Stenokardien mit Ausstrahlung<br />
in den linken Arm, Gefühl, ein Band um die Stirn<br />
zu tragen; Schmerzen handbreit über dem rechten Knie,<br />
nach einigem Gehen auch am rechten Mittelfuß und Außenknöchel.<br />
Diagnose: koronare Durchblutungsstörungen, labiler<br />
Hochdruck bei allgemeiner Arteriosklerose, Wirbelsäulensyndrom,<br />
Hohl-Spreiz-Fuß rechts, Zustand nach Unterschenkelamputation<br />
links, Kapselbandreizung rechts am<br />
Außenknöchel, Metatarsalgie am Metatarsusköpfchen IM<br />
infolge Überlastung des rechten Beines, Fersensporn<br />
rechts.<br />
Therapie: Laktovegetabile Reduktionskost (1000<br />
kcal/Tag) brachte 7,6 kg Gewichtsabnahme, übrige Therapie<br />
wie früher, dazu Xylocain-Infiltration am rechten<br />
Fuß. Die Stenokardien klangen nach 2 Wochen ab, ebenso<br />
das Gefühl, ein Stirnband zu tragen; nach drei Wochen<br />
auch Sodbrennen und Schmerz über dem rechten Knie<br />
nach Versorgung mit Le<strong>der</strong>-Kork-Einlage mit beson<strong>der</strong>s<br />
hoher Vorfußpalette durch den Orthopäden.<br />
7. Wie<strong>der</strong>aufnahme mit 60 Jahren (1984): Einjähriges<br />
Wohlbefinden nach stationärer Behandlung vor 2 Jahren.<br />
Seit einem Jahr zunehmend Schwindel im Stehen. Muß<br />
sich nach 30 bis 60 Sekunden festhalten. Schmerzhaftes<br />
Kribbeln an rechtem Oberschenkel und Wade. Magenschmerzen<br />
morgens und abends. Schmerz über dem<br />
rechten Nierenlager.<br />
Befunde: RR, gemessen bei Bettruhe, nach Mittagsschlaf<br />
115/75 re., 85/55 li., <strong>der</strong>ber, druckschmerzhafter Leberrand<br />
2 bis 3 cm unter dem Rippenbogen, Oberbauchdruckschmerz.<br />
Nierenlager frei, Kyphose <strong>der</strong> HWS,<br />
Trapeziushartspann mit Gelosen, Gang frei. Über <strong>der</strong> gesamten<br />
Wirbelsäule kein Klopfschmerz!<br />
Neurologe: Im EMG seit 4 Jahren keine Progredienz. Ältere,<br />
distal betonte neurogene Schädigung. Im Ultraschall-<br />
Doppler keine Strömungsbehin<strong>der</strong>ung in den hirnversorgenden<br />
Gefäßen. EKG: Zeichen für Arbeitsinsuffizienz<br />
des Herzens, im Vergleich deutliche Besserung seit 8<br />
Tagen. Fortlaufende Blutdruckmessung: Normotonie, geringer<br />
orthostatischer Pulsanstieg. Röntgenotogisctv. Aortenelongation<br />
und Dilatation. Keilförmige Deformierung<br />
von BWK7, leichte Rarefizierung <strong>der</strong> Bälkchenzeichnung<br />
im Adduktorenansatzgebiet, Osteoporose.<br />
Diagnosen: Hypotone Kreislaufschwäche, Antrumgastritis,<br />
Bulbitis mit gallig duodenogastralem Reflux, Überlastung<br />
des rechten Beins mit Tendinose im Adduktorenansatzgebiet<br />
bei Unterschenkelamputation links, Spondylosis<br />
deformans von BWS und LWS, Osteoporose,<br />
Obstipation.<br />
Therapie: Laktovegetabile Kost von 1000 kcal täglich, Buttermilch<br />
und Weizenkleie als Laxans, morgens und<br />
abends ein Teelöiffel Heilerde innerlich, gelegentlich Agiolax.<br />
Ansteigende Bä<strong>der</strong>, Gelosenpunktur, Übungstherapie<br />
im Bewegungsbad, Stangerbä<strong>der</strong>, Bindegewebsmassage,<br />
zusätzlich trainierte Patient am Ergometer<br />
und mit seinem Expan<strong>der</strong>. Gewichtsabnahme 7,2 kg, keine<br />
Schwindelzustände und schmerzhaften Hypästhesien<br />
mehr, nach Heilerde keine Magenbeschwerden mehr.<br />
8. Wie<strong>der</strong>aufnahme mit 61 Jahren (1985): Zunehmend<br />
Unsicherheit im rechten Bein beim Gehen und Stehen,<br />
Knieschmerzen, Schwindelzustände.<br />
Befunde: Wie vorher, vorgealterter 61jähriger Mann,<br />
Klopfschmerz LWK 4/5.<br />
Röntgenologisch im CT laterale Bandscheibenprotrusion<br />
L5/S1 rechts. Dem entspricht neurologisch die im EMG<br />
1984 beschriebene Schädigung. Neurologisch sonst u.a.<br />
positive Schnauzreflexe als Zeichen beginnenden hirnorganischen<br />
Abbaus.<br />
Therapie: Intensiv physikalisch: Schwimmen, Stangerbä<strong>der</strong>,<br />
Fango, Bindegewebsmassage, paravertebrale Xylocain-lnfiltrationen.<br />
Unter ansteigenden Halb- und Fußbä<strong>der</strong>n<br />
stabilisierte sich <strong>der</strong> Kreislauf. Beschwerdefreies<br />
Treppensteigen und längeres Gehen.<br />
9. Am 2.3. 1991 hatte ich ein ausführliches Telefongespräch<br />
mit Herrn G. Er ist 67 Jahre und seit 2 Jahren im<br />
Ruhestand und hatte seit 1985 keine stationäre Behandlung<br />
mehr nötig. Er ist beschwerdefrei und psychisch „gut<br />
drauf". Übrigens hat er immer mäßig geraucht und getrunken,<br />
aber konsequent jedes Gespräch darüber vermieden.<br />
Diese Patientenkarriere zeigt überzeugend auf, was mit<br />
klassischen Naturheilverfahren therapeutisch erreicht werden<br />
kann. Auch die dazugehörende Gesprächstherapie<br />
und ärztliche Führung half dem Patienten, mit akuten und<br />
chronischen Beschwerden fertigzuwerden und trotz seines<br />
schweren Schicksals als Kriegsversehrter und Flüchtling<br />
seinen Beruf als Seelsorger und Nothelfer kranker Menschen<br />
bis zu seinem 65. Lebensjahr vorbildlich auszuüben.<br />
Zweifellos hätte <strong>der</strong> Patient medikamentenabhängig, süchtig<br />
und Frühpensionär werden können. Er hat aber, motiviert<br />
durch das Erlebnis jeweils mittels Behandlung durch<br />
Naturheilverfahren erzielter Besserung seiner Symptome,<br />
sich dafür entschieden, in je<strong>der</strong> erneuten Erkrankung und<br />
Verschlechterung seines Befindens eine Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
zu erblicken und dagegen anzugehen. Dem Arzt blieb nur,<br />
ihm jeweils zu zeigen, daß und wie das möglich ist (Naturheilverfahren,<br />
Eigenaktivität) und die Neigung zur Überkompensation<br />
zu bremsen, gleichzeitig aber diese zu steuern<br />
und zu nutzen.<br />
Diagnostik und Therapie erweisen sich so in dieser „Patientenkarriere"<br />
als ganzheitlich. Zielsetzung war hier nicht<br />
Unterdrückung <strong>der</strong> Symptomatik, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en Annahme<br />
und Überwindung.<br />
Für diesen Kranken galt und gilt, wie für viele an<strong>der</strong>e Kranke<br />
und Ältere: mit unseren Behin<strong>der</strong>ungen und Problemen<br />
zu leben, ja trotz allem ein sinnerfülltes Leben zu haben.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. med. F. Oelze, Kakenhaner Grund 21, D-2000 Hamburg 65.<br />
320
F. Hopfer Die Wirbelsäule<br />
Zusammenfassung<br />
Fast je<strong>der</strong> Mensch klagt im Laufe seines Lebens<br />
über Wirbelsäulenbeschwerden. Dabei sind<br />
Schmerzen im Bereich <strong>der</strong> Lenden-Becken-Hüftregion<br />
führend. Die Neuraltherapie ermöglicht<br />
es nicht nur, zuverlässig und rasch eine Diagnose<br />
zu stellen, son<strong>der</strong>n sie ist auch eine zielführende<br />
Therapieform. Die lokalen Interventionsmöglichkeiten,<br />
die ausschließlich klinischen Ursprungs<br />
sind, reichen von Quaddeln über den<br />
affektierten Partien, über tiefere Injektionen in<br />
die verspannten Muskelareale, Injektionen an<br />
die kleinen Wirbelgelenke bis zu den Injektionen<br />
an Nervenwurzelgebiete.<br />
Bei Versagen <strong>der</strong> lokalen Therapieansätze muß<br />
das verantwortliche Störfeld gesucht und ausgeschaltet<br />
werden, um eine anhaltende Beschwerdefreiheit<br />
zu sichern.<br />
Schlüsselwörter: Wirbelsäule, Neuraltherapie,<br />
HWS-Syndrom, BWS-Syndrom, Lumbalgie.<br />
Summary<br />
In the course of his or her life almost every person<br />
complains about trouble with the vertebral<br />
column. Pains in the lumbar-pelvic-sciatic region<br />
are prevailing. The neural therapy does it<br />
not only make possible to make a certain and<br />
fast diagnosis but it also is a purposeful form of<br />
therapy. The possibilities of local Intervention<br />
which are exclusively of clinical origin are reaching<br />
from intracutaneous injections above the affected<br />
parts and deeper injections into the area<br />
of tense muscles, injections to the lesser spondyles<br />
to the injections at regions of the roots of<br />
nerves.<br />
In case that the approaches of local therapy fail<br />
then the responsible disturbing field must be revealed<br />
and eliminated in or<strong>der</strong> to ensure that the<br />
patient will permanently be free of complaints.<br />
Key words: vertebral column, neural therapy,<br />
cervical spine syndrome, thoracic spine syndrome,<br />
lumbalgia.<br />
Resume<br />
Presque tout le monde souffre au cours de sa vie<br />
de troubles de la colonne vertebrale. Les affections<br />
les plus frequentes sont des douleurs au<br />
niveau de la region lombo-pelvio-ischiatique. La<br />
therapeutique neurale permet non seulement de<br />
proce<strong>der</strong> de facon fiable et rapide ä un cliagnostic,<br />
eile est aussi une forme therapeutique qui<br />
mene au but. Les possibilites localesd'intervention,<br />
d'origine exclusivement dess parties affectees<br />
ä des injections plus profoncdes dans les zones<br />
musculaires contractees, des injections<br />
pres des petites articulations verrtebrales aux injections<br />
pres des zones des raciines nerveuses.<br />
En cas de d'inefficacite de la therapeutique locale,<br />
il faut determiner le champ de troubles responsable<br />
et le neutraliser pour assurer une disparition<br />
durable des troubles.<br />
Mots-cles: colonne vertebrale,, therapeutique<br />
neurale, syndrome de la colonne vertebrale cervicale,<br />
syndrome de la colonne vertebrale pectorale,<br />
lombalgie.<br />
Die Bezeichnung Wirbelsäule (WS) als „Achsenorgan" ist<br />
von <strong>der</strong> Morphologie her legitim, da sie eine funktionelle<br />
Einheit darstellt.<br />
Überraschend ist, daß die WS zu lang dauernden Belastungshaltungen<br />
befähigt ist — obwohl sie bereits in <strong>der</strong><br />
Kindheit altert. So sind beispielsweise die so kompliziert<br />
gebauten Disci intervertebralis <strong>der</strong> SJährigen bereits<br />
gefäßlos, und sie werden daher nur vom extravasalen<br />
Saftstrom versorgt.<br />
Man schätzt, daß ein Lastdruck von über 75 kg eine Abströmung<br />
aus dem Diskusgel bewirkt.<br />
Eine nachfolgende Entlastung bringt normalerweise wie<strong>der</strong><br />
einen Zufluß.<br />
Die WS trägt den Kopf, stützt den Rumpf, gibt den Eingeweiden<br />
Halt und dient dem Rückenmark und den Wurzeln<br />
<strong>der</strong> Spinalnerven als Behälter.<br />
Die WS enthält zeitlebens alle Zellelemente <strong>der</strong> stützenden<br />
Substanzen:<br />
— gallertig-faseriges Gewebe<br />
— Fett<br />
— kollagentextile und<br />
— elastische Bän<strong>der</strong> sowie<br />
— hyalinen Knorpel und<br />
— Knochen<br />
Die Beanspruchbarkeit dieser Materiialien hängt von <strong>der</strong><br />
Zulieferung an Vitalstoffen ab.<br />
Ihre Wasserbindung ist die Voraussertzung für geschmeidig<br />
ablaufende Bewegungen. Austroicknung im Alter hat<br />
eine Versteifung zur Folge — wobei das Durchsaftungsvermögen<br />
im Gelenkknorpel und dem Disken bereits im 4.<br />
Lebensjahrzehnt deutlich abnimmt.<br />
So ist das Funktionsgeschehen in einiem hohen Maße von<br />
<strong>der</strong> Plastizität <strong>der</strong> Disken abhängig.<br />
Faserzerfall, Dehydrierung, Zerreißungen, Prolapse, Sklerosierung<br />
und Synostosierung verän<strong>der</strong>n die vertebrale<br />
Mobilität.<br />
321
F. Hopfer, Wirbelsäule Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Die Vertebrologie ist eine junge Disziplin und bis in die<br />
30er Jahre wurden WS-Beschwerden einfach als „rheumatische<br />
Zustände" abgetan.<br />
Die Einbeziehung <strong>der</strong> Röntgenologie in die WS-Diagnostik<br />
führte aber:<br />
— zu einer Überbewertung <strong>der</strong> erkennbaren morphologischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen<br />
— zu Fehlinterpretationen und<br />
— zu Fehlinformationen an den Patienten<br />
Bei den Fehlinterpretationen stehen die „degenerativen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen" im Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Vor allem stellen die sogenannten „Abnützungen", die<br />
-osen, nicht die wirkliche Ursache für die Beschwerden<br />
dar, wie es dem Patienten weisgemacht wird.<br />
Erst wenn sich auf diese, an und für sich reaktionslose<br />
-ose eine -itis-Komponente aufpfropft, dann treten<br />
Schmerzen auf.<br />
Der Sinn und Zweck einer erfolgreichen konservativen<br />
Behandlung ist, die schmerzhafte -itis in das Stadium <strong>der</strong><br />
reaktionslosen -ose zurückzuführen.<br />
Falsch ist auch die Vorstellung über die „Randzacken",<br />
die zu Irritationen an irgendwelchen Strukturen führen<br />
sollen.<br />
Diese Randzacken sind<br />
— Auszipfelungen <strong>der</strong> knöchernen Struktur<br />
— „Denkmäler <strong>der</strong> Vergangenheit"<br />
— „stumme Zeugen" von abgelaufenen Fehlbeanspruchungen<br />
— die Folge unphysiologischer Zugbeanspruchungen an<br />
<strong>der</strong> Stelle <strong>der</strong> Sehnenansätze, — aber<br />
sie stellen nicht die Ursache für Beschwerden dar.<br />
Allein die Tatsache, daß die Beschwerden am Achsenorgan<br />
auf rein konservative Maßnahmen abklingen, vor<br />
allem mit den Infiltrationen des Lokalanästhetikums erfolgreich<br />
zu behandeln sind, wi<strong>der</strong>legt eindeutig diese<br />
mechanistischen Vorstellungen.<br />
Darüber hinaus werden diese Behauptungen damit untermauert,<br />
daß<br />
erstens die Wirbelsäulen-Beschwerden oft plötzlich auftreten,<br />
wobei sie durch einfache Additivreize, wie Unterkühlung,<br />
Naßwerden o<strong>der</strong> auch nur durch Zugluft, aktualisiert<br />
werden;<br />
zum zweiten, daß sich nach Erzielen einer anhaltenden,<br />
o<strong>der</strong> auch nur vorübergehenden Beschwerdefreiheit die<br />
pathomorphologische Situation ja nicht geän<strong>der</strong>t hat;<br />
zum dritten, daß die strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen überdies<br />
schon jahrelang vor dem Auftreten <strong>der</strong> Beschwerden<br />
bestanden haben;<br />
und nicht zuletzt, daß bei vielen Patienten <strong>der</strong>artige<br />
Pathomorphologien rein zufällig aufgedeckt werden, ohne<br />
daß Beschwerden bestehen.<br />
Die mechanistischen Auslegungen und Fehlinterpretationen<br />
<strong>der</strong> -osen, <strong>der</strong> Randzacken und Randwülste, beherrschen<br />
aber weitgehend das ätiologische Denken.<br />
Würden sie stimmen und würden sie tatsächlich die Ursachen<br />
<strong>der</strong> Wirbelsäulenleiden darstellen, dann müßten logischerweise<br />
unsere konservativen Behandlungsversuche<br />
in einer „therapeutischen Resignation" enden.<br />
Somit handelt es sich bei den WS-Erkrankungen vor<br />
allem um<br />
— Fehlfunktionen im Bewegungsapparat<br />
— arthrogene, muskuläre und ligamentäre Reizzustände<br />
— Auswirkungen von Seiten <strong>der</strong> viszerovertebralen Verbindungen<br />
sowie<br />
— Dysfunktionen von Gefäßen und sympathischen Geflechten<br />
und nicht zuletzt<br />
— pathogenetische Ferneinflüsse, die von Herden bzw.<br />
Störfel<strong>der</strong>n ausgehen.<br />
Zusammengefaßt, sind die Erkrankungen des Achsenorgans<br />
häufig <strong>der</strong> Ausdruck eines Summationsgeschehens<br />
über mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> lange Zeitstrecken.<br />
Aktualitätsdiagnose<br />
Die Aktualitätsdiagnose <strong>der</strong> WS-Erkrankungen ergibt sich<br />
— nach Ausschluß an<strong>der</strong>er Erkrankungen<br />
— aus den einfachen Funktionsuntersuchungen<br />
— und den Antworten des Organismus auf die neuraltherapeutischen<br />
Interventionen. Ihnen kommt größte Bedeutung,<br />
sowohl in diagnostischer und differentialdiagnostischer<br />
als auch in therapeutischer Hinsicht zu.<br />
Prinzipiell stellen alle Injektionen mit dem Neuraltherapeutikum<br />
— wo immer sie auch gesetzt werden — eine<br />
Frage an den Organismus dar:<br />
1. ob die Diagnose stimmt und<br />
2. ob die Therapie richtig ist.<br />
Das Faszinierende dabei ist die rasche, präzise und verläßliche<br />
Antwort.<br />
1. Sie lautet ja, wenn daraufhin die Beschwerden nachlassen<br />
bzw. verschwinden.<br />
2. Nein heißt die Antwort, wenn die Beschwerden nach<br />
<strong>der</strong> Lokalbehandlung unverän<strong>der</strong>t fortbestehen o<strong>der</strong><br />
sich eventuell sogar vorübergehend verstärken. Wir<br />
sprechen dann von einem „Reaktionsphänomen".<br />
Dies ist ein strikter Hinweis auf eine Störfeldgenese.<br />
Diese Nein-Antwort besagt, daß die Diagnose und die<br />
Therapie nicht stimmen und daß wir unser weiteres Vorgehen<br />
überdenken und — vor allem in Richtung einer<br />
Störfeldexploration — neu konzipieren müssen.<br />
Dem Röntgen, das keine Auskunft über die Funktion <strong>der</strong><br />
WS geben kann, und den Laboruntersuchungen kommt<br />
nur eine zusätzliche Bedeutung zu.<br />
Die Halswirbelsäule<br />
Die HWS ist sehr beansprucht, und die Muskeln sind als<br />
Stabilisatoren oft überfor<strong>der</strong>t.<br />
322
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
F. Hopfer, Wirbelsäule<br />
Das Gewicht des Kopfes — 4 1 /2 kg — ist zu Vs den Wirbelkörpern<br />
und zu Vs den beiden Gelenksketten <strong>der</strong> HWS<br />
aufgelastet.<br />
Die Disken C 3 bis D 6 sind schon oft bei jungen Menschen<br />
zerschlissen.<br />
Durch den Einbau <strong>der</strong> A. vertebralis wird die Morbidität<br />
noch verstärkt. Hinzu kommt darüber hinaus, daß die<br />
HWS sehr anfällig für Irritationen ist, die von Störfel<strong>der</strong>n<br />
— vor allem aus dem Kopfbereich — kommen.<br />
Ein Diskusprolaps ist im HWS-Bereich aber sehr selten,<br />
er bleibt vor allem dem Lendenwirbelsäulenabschnitt vorbehalten.<br />
Aber dafür ist die HWS-Region häufig nicht primär<br />
erkrankt, son<strong>der</strong>n sekundär, weil sie im „Brennpunkt"<br />
verschiedener Belastungen — voran den Kopfherden —<br />
liegt.<br />
Deshalb sind HWS-Beschwerden auch viel öfter durch Eliminierung<br />
von Kopfherden o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Körperstörfel<strong>der</strong>n<br />
in den Griff zu bekommen als durch lokale Infiltrationen<br />
o<strong>der</strong> durch Injektionen an das Sternenganglion.<br />
Die Funktionsuntersuchungen <strong>der</strong> HWS sind einfach und<br />
schnell durchzuführen. Sie bestehen aus:<br />
1. Prüfung <strong>der</strong> 6 Bewegungen:<br />
— <strong>der</strong> Beugung<br />
— <strong>der</strong> Reklination<br />
— <strong>der</strong> Seitneigung nach links und rechts<br />
— sowie <strong>der</strong> Rotation nach beiden Seiten.<br />
Dabei achte man<br />
— auf eine Bewegungseinschränkung<br />
— auf eine Schmerzhaftigkeit und<br />
— eine Ausstrahlung in die obere Extremität bzw. auf<br />
eine Verstärkung <strong>der</strong> Beschwerden im Arm.<br />
2. Entlastungs- bzw. Streckungstest. Er besteht in <strong>der</strong> allmählichen<br />
Hebung des Kopfes, um die HWS zu entlasten.<br />
Der Untersucher legt dem sitzenden Patienten eine<br />
Hand unter das Kinn, die an<strong>der</strong>e an das Okziput<br />
und hebt den Kopf. Das führt zu einer Schmerzlin<strong>der</strong>ung,<br />
— wenn die Foramina intervertebralia eingeengt sind,<br />
— wenn Gelenkkapseln o<strong>der</strong> Gelenkflächen irritiert<br />
sind,<br />
— o<strong>der</strong> ein Muskelhartspann vorliegt.<br />
3. Der Kompressionstest ist ein Belastungstest. Dabei übt<br />
<strong>der</strong> Untersuchende wie<strong>der</strong> am sitzenden Patienten mit<br />
beiden Händen einen zunehmenden Druck auf den<br />
Kopf in Achsenrichtung <strong>der</strong> WS aus. Das führt zu einer<br />
Schmerzverstärkung:<br />
— bei Einengung <strong>der</strong> Foramina intervertebralia,<br />
— bei Irritation <strong>der</strong> Gelenkflächen. Dieser Test führt<br />
aber auch<br />
— zu einer exakten Verstärkung eines von <strong>der</strong> HWS<br />
aus fortgleitenden Schmerzes in die obere Extremität.<br />
4. Kopfnicken und Kopfschütteln. Dieser Test läßt Rückschlüsse<br />
auf das atlantookzipitale Gelenk und das Gelenk<br />
zwischen dem 1. und 2. Halswirbel zu. Das atlantookzipitale<br />
Gelenk ist für das Kopfnicken zuständig.<br />
Das Kopfschütteln, die „Nein-Bewegung" bzw. Drehbewegung,<br />
ermöglicht eine Beurteilung des Gelenks<br />
zwischen dem 1. und 2. Halswirbel..<br />
5. Palpation <strong>der</strong> Dornfortsätze und dlas Festhalten von<br />
Druckschmerzpunkten<br />
— <strong>der</strong> paravertebralen Muskulatur mnd <strong>der</strong> Bandansätze<br />
runden die Untersuchung d
F. Hopfer, Wirbelsäule Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Die Brustwirbelsäule<br />
Wie bei <strong>der</strong> HWS ist auch bei <strong>der</strong> Brustwirbelsäule ein<br />
Bandscheibenprolaps eher eine Rarität.<br />
Hier sind folgende Schmerzbil<strong>der</strong> anzutreffen:<br />
1. die Dorsalgie<br />
2. <strong>der</strong> „obere Hexenschuß"<br />
3. <strong>der</strong> M. Scheuermann und<br />
4. <strong>der</strong> Herpes zoster.<br />
1. Die Dorsalgie<br />
imponiert mit den häufig angegebenen diffusen, nicht<br />
dezidierten Rückenschmerzen, die oft bewegungsabhängig<br />
sind.<br />
Typisch ist dabei eine umschriebene Dornklopfschmerzhaftigkeit<br />
und palpatorisch erhebbare Druckdolenzen.<br />
Die Ursachen dafür liegen neben einer rheumatischen<br />
Komponente häufig in einem Herdgeschehen, wobei vor<br />
allem <strong>der</strong> „thorakale Raum", aber auch die Nebenhöhlen,<br />
die Tonsillen und <strong>der</strong> „gynäkologische Bereich" verantwortlich<br />
sein können.<br />
Die Therapie besteht in:<br />
— paravertebralen Quaddelsetzungen<br />
— Injektionen an die Dornfortsätze und in die Ligg. interspinalia<br />
— Infiltrationen <strong>der</strong> kleinen Wirbelgelenke<br />
— einer Störfeldsuche und<br />
— einer CPN-Kur.<br />
2. Der,,obere Hexenschuß" bzw. das,,obere Quadrantensyndrom",<br />
ist eine Insertionstendopathie am medialen Skapularand.<br />
Die Symptomatik ist ein plötzlich auftreten<strong>der</strong>, hexenschußartiger<br />
Schmerz mit dem Zentrum medial des<br />
Schulterblattes, <strong>der</strong> in das obere Körperviertel ausstrahlen<br />
kann.<br />
Die Diagnose ergibt sich aus<br />
— dem Schmerzzentrum am medialen Skapularand und<br />
dem korrespondierenden WS-Abschnitt<br />
— sowie den palpatorisch feststellbaren subokzipitalen<br />
Schmerzpunkten<br />
— und einer Druckdolenz des M. supraspinatus und des<br />
Akromions.<br />
Die Therapie besteht in <strong>der</strong><br />
— Infiltration <strong>der</strong> Bandansätze, vor allem am medialen<br />
Skapularand<br />
— dem Setzen von Quaddeln und tieferen injektionen an<br />
den Schmerzstellen<br />
— Infiltration an die korrespondierenden Spinalnerven<br />
und<br />
— einer Störfeldssuche (thorakaler Raum/Kopf).<br />
3. Der M. Scheuermann, die Adoleszentenkyphose<br />
hat nach unseren Erfahrungen zumeist einen Störfeldhintergrund,<br />
voran den „thorakalen Raum", aber auch die<br />
Tonsillen, <strong>der</strong> Nabel und die Ohren zeichnen oft dafür verantwortlich.<br />
4. Der Herpes zoster intercostalis<br />
<strong>der</strong> akute, meist einseitige, auf das Versorgungsgebiet<br />
eines Spinalnervs beschränkte, schmerzhafte, bläschenförmige<br />
Hautausschlag.<br />
Hervorgerufen wird er bekanntlich durch Befall des Spinalganglions<br />
durch den Windpockenvirus.<br />
Da können wie<strong>der</strong>holte Quaddelsetzungen im befallenen<br />
Abschnitt die Schmerzen verringern und die Erkrankung<br />
abkürzen.<br />
Am effektivsten sind jedoch die Infiltrationen an die<br />
Spinalwurzel, die allerdings dem Geübten vorbehalten<br />
bleiben.<br />
Ganz an<strong>der</strong>s ist die Situation bei <strong>der</strong> „Zosterneuralgie".<br />
Sie manifestiert sich bisweilen im Anschluß an den<br />
Zosterinfekt, viel häufiger jedoch erst viel später. Dieses<br />
Schmerzbild hat mit dem ursprünglichen Zoster gar nichts<br />
zu tun.<br />
Es ist nämlich ein störfeldinduziertes Leiden. Deshalb<br />
spricht auch die übliche Therapie nicht an. Hier kann in<br />
<strong>der</strong> Regel nur eine Störfeldexploration und eine darauf<br />
aufgebaute Therapie den Erfolg bringen.<br />
Die Lendenwirbelsäule<br />
Die Regio lumbopelvina stellt eine Schwachstelle <strong>der</strong> vertebralen<br />
Konstruktion dar.<br />
Diese Region ist anfällig auf Bandscheibenvorfälle.<br />
Unvorstellbar groß ist die Zahl <strong>der</strong> Rezeptoren, die in den<br />
zahlreichen Gelenkkapseln, den Bän<strong>der</strong>n, den Faszien<br />
und Sehnenansätzen, im Periost und beson<strong>der</strong>s reichlich<br />
in den Übergangszonen <strong>der</strong> Sehnen, enthalten sind.<br />
Werden sie irritiert, so lösen sie Aktionen aus, die weit<br />
über das betroffene Segment hinausreichen.<br />
Die Beurteilung eines Wirbelsäulenschadens kann nur<br />
aus einer ganzheitlichen Betrachtung des zentralen Achsenorgans<br />
heraus erfolgen.<br />
Die Funktionsbeurteilung<br />
1. besteht in <strong>der</strong> klassischen Trias:<br />
<strong>der</strong> Anamnese<br />
<strong>der</strong> Inspektion (Haltung, Gang) und<br />
<strong>der</strong> Palpation<br />
2. dazu kommt, mit <strong>der</strong> größten Aussagekraft, die Prüfung<br />
des Dornklopfschmerzmaximums zur Höhenlokal<br />
isation sowie<br />
3. das Festhalten des subjektiven Schmerzbandes<br />
L-5: Generalstreifen<br />
S-1: Beugeseite des Beines<br />
326
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
F. Hopfer, Wirbelsäule<br />
4. die Frage nach Kompressionszeichen (wie Husten-,<br />
Niesschmerz und Schmerz beim Stuhlpressen)<br />
5. Durchführung <strong>der</strong> Wirbelsäulentests<br />
Rotation<br />
Seitbeugung<br />
Finger-Boden-Abstand<br />
Reklinationstest<br />
6. Schmerzlokalisation<br />
7. Bewegungseinschränkung<br />
8. Prüfung <strong>der</strong> aktiven und passiven Bewegungen<br />
9. sowie die neurologischen Untersuchungen inkl. Lasegue<br />
und Bragard<br />
10. ASR-Ausfall weist auf einen L-5-Schaden hin, <strong>der</strong><br />
fehlende PSR auf einen S-1-Schaden.<br />
Von den zahlreichen Beschwerdebil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> lumbosakralen<br />
Region werden nur die Lumbalgie und die Lumboischialgie<br />
herausgehoben.<br />
Lumbalgie<br />
Bei diesem Schmerzsyndrom ist zwischen <strong>der</strong> akuten und<br />
<strong>der</strong> chronischen Form zu unterscheiden.<br />
1. Die akute Lumbalgie<br />
auch Lumbago o<strong>der</strong> Hexenschuß genannt, ist gekennzeichnet<br />
durch eine plötzlich auftretende, meist sehr<br />
schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Lendenwirbelsäulen-Abschnitt,<br />
die mit einer Verspannung <strong>der</strong> vertebralen<br />
Muskulatur vergesellschaftet ist. Typisch dabei ist,<br />
daß die Beschwerden nach einem Bagatelltrauma, wie<br />
dem Aufrichten beim Waschen o<strong>der</strong> Anheben einer kleinen<br />
Last unter gleichzeitiger Rumpfdrehung, auftreten,<br />
aber nicht nach schweren Traumen. In <strong>der</strong> Symptomatik<br />
ist zu beobachten, daß die Patienten über heftige<br />
Schmerzen klagen, die von einem Zentrum im Kreuz häufig<br />
nach einer Seite, aber nie bis in das Bein ausstrahlen.<br />
Ätiologie<br />
Die Ursache für dieses Zustandsbild ist eine Bandscheibenprotrusion<br />
zum hinteren Längsband, die des öfteren<br />
mit einer Dislokation des 5. Lendenwirbels vergesellschaftet<br />
ist. Ein Bandscheibenvorfall zum hinteren, 1 cm<br />
breiten Längsband in Höhe des lumbosakraien Überganges<br />
ist deshalb so schmerzhaft, weil dieses Band sympathisch<br />
innerviert ist. Es enthält den sehr sensiblen Ramus<br />
recurrens des N. sinuvertebralis. Deshalb kommt es auch<br />
zu dem imponierenden reflektorischen Hartspann, und da<br />
die Ausuferung des Nukleus in rein sagittaler Richtung<br />
nach dorsal erfolgt, kommt es zu keinem Ausstrahlungsschmerz<br />
in das Bein.<br />
Zu einem <strong>der</strong>artigen Ereignis kann es bei degenerativen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen am Faserring <strong>der</strong> Bandscheibe kommen.<br />
Häufig ist es aber so, daß ein Herd-Störfeld-Einfluß zu<br />
einer Lockerung und Dehnung <strong>der</strong> Bän<strong>der</strong> des Halteapparates<br />
<strong>der</strong> Bandscheibe führt und damit die Ausuferung<br />
erst ermöglicht.<br />
Therapie<br />
Zur Therapie des Hexenschusses verwenden wir nie Antirheumatika<br />
o<strong>der</strong> Kortikoide — es handelt sich ja nicht<br />
um ein entzündliches Beschwerdebilld —, son<strong>der</strong>n ausschließlich<br />
Lokalanästhetika in folgen<strong>der</strong> Weise:<br />
1. Eine tiefe Injektion mit <strong>der</strong> 8 cm langen Nadel in den<br />
Winkel des lumbosakraien Überganges mit 10 ml des<br />
Neuraltherapeutikums. Warum:<br />
a) das ist die Stelle, <strong>der</strong> letzten Bandscheibe, die ausufert,<br />
b) <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> häufigsten Blockierung.<br />
Damit klingen die Beschwerden in <strong>der</strong> Regel zu 80% ab.<br />
Anfangs ist diese Therapie in kurzen Abständen zu<br />
wie<strong>der</strong>holen, etwa 1mal pro Tag, dann nach Bedarf.<br />
2. Der Restschmerz von ca. 20% ist mit Hilfe <strong>der</strong> epiduralen<br />
Injektion von 5 bis 10 ml des Neuraltherapeutikums<br />
zu eliminieren.<br />
2. Die chronische Lumbalgie<br />
zeigt sich in Schmerzen im LWS- und Kreuzbereich, die<br />
entwe<strong>der</strong> langsam auftreten o<strong>der</strong> nach einem akuten Hexenschuß<br />
zurückgeblieben sind.<br />
Die Therapie<br />
ist die gleiche wie beim Lumbago, meistens ist jedoch ein<br />
Dauererfolg erst durch eine entsprechende Störfeldtherapie<br />
zu erzielen.<br />
Ischialgie<br />
Bei <strong>der</strong> Ischialgie müssen zwei Formen unterschieden<br />
werden:<br />
1. die Neuritis<br />
2. die Lumboischialgie<br />
1. Die Neuritis des N. ischiadicus<br />
Sie macht lediglich 10% <strong>der</strong> Ischialgien aus. Neben <strong>der</strong><br />
ätiologischen Abklärung, ob Intoxikationen, Alkoholursachen<br />
etc. vorliegen, ist die Gabe von Vitamin B sinnvoll.<br />
Bei diesem Beschwerdebild ist aber vor allem eine Herd-<br />
Störfeld-Abklärung wesentlich, da Herde in den meisten<br />
Fällen die Verursacher sind.<br />
2. Die Bandscheibenischialgie<br />
Sie schließt oft an eine akute Lumbago an. In 80% <strong>der</strong><br />
Fälle ist die Bandscheibe L-5 betroffen, in 15% die Bandscheibe<br />
S-1 und in 5% die Wurzel L-4 (nach Reischauer).<br />
Zur Schmerzsymptomatik bei Bandscheibenprotrusionen<br />
ist u.a. zu beachten:<br />
1. daß <strong>der</strong> neuralgische Schmerz primär mechanisch<br />
durch Druck auf die Nervenwurzeil erzeugt wird. Dabei<br />
ist die Fernprojektion in das Versorgungsgebiet <strong>der</strong><br />
Leitungsbahn typisch.<br />
329
F. Hopfer, Wirbelsäule Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
2. Der Husten- und Niesschmerz bzw. <strong>der</strong> Schmerz beim<br />
Stuhlpressen kommt zustande, weil <strong>der</strong> interbronchiale<br />
Druck über die klappenlosen Venen unmittelbar in<br />
den Wirbelkanal und seinen Inhalt übertragen wird.<br />
Dieser Schmerz ist ein „Kompressionszeichen" und<br />
typisch für eine Wurzelreizung.<br />
3. Wesentlich zum Verständnis ist aber, daß es sich beim<br />
prolapsbedingten Wurzelreizschmerz nicht allein um<br />
eine mechanische Irritation handelt, son<strong>der</strong>n daß dieser<br />
Schmerz zumeist dem übergeordneten Sympathikus,<br />
dem Dirigenten <strong>der</strong> WS, zuzuschreiben ist.<br />
Zwei Tatsachen belegen, daß es sich bei einer Ischialgie<br />
nicht allein um eine mechanische Irritation handelt.<br />
— Die eine, daß beim echten Bandscheibenvorfall allein<br />
aufgrund <strong>der</strong> Infiltrationen mit einem Lokalanästhetikum<br />
eine weitgehende und anhaltende Schmerzarmut<br />
bzw. Schmerzfreiheit zu erzielen ist, obwohl <strong>der</strong> Prolaps<br />
als mechanische Irritation noch lange fortbesteht.<br />
Entscheidend ist, daß bei diesen Infiltrationen <strong>der</strong> Sympathikus<br />
mit erfaßt wird.<br />
— Als zweite Tatsache ist anzuführen, daß, obwohl nach<br />
<strong>der</strong> Nukleusentfernung <strong>der</strong> mechanische Druck auf die<br />
Nervenwurzel fortfällt und die neurologischen Symptome<br />
abklingen, dennoch des öfteren die gleichen mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger ausgeprägten Symptome zurückbleiben.<br />
Neben <strong>der</strong> weiterbestehenden Sympathikusirritation<br />
sind dafür auch öfters ligamentäre Insuffizienzen verantwortlich.<br />
Bestätigt werden diese Vorstellungen<br />
durch die erfolgreiche Infiltration des Operationsgebietes,<br />
die sich auch auf den Sympathikus erstreckt.<br />
Aber auch daran muß gedacht werden, daß Störfel<strong>der</strong><br />
recht oft für <strong>der</strong>artige „Postoperationssyndrome" verantwortlich<br />
sind.<br />
Beweis: Symptomfreiheit nach gezielter Störfeldtherapie.<br />
Von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung ist, daß <strong>der</strong> Druck auf den<br />
Spinalnerven allein zwar Leitungsausfälle, aber keine<br />
Neuralgie erzeugt. Erst <strong>der</strong> Druck an <strong>der</strong> Stelle des extraduralen<br />
Duraabzweiges erzeugt den Schmerz, <strong>der</strong> zur<br />
reflektorischen Muskelverspannung führt, die ihrerseits<br />
wie<strong>der</strong>um die Rückführung des Prolapses verriegelt.<br />
Daher ist die Infiltrationsbehandlung auch nur von Erfolg<br />
begleitet, wenn sie an <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten Schadensstelle<br />
ansetzt. Die beliebte Injektion an die Nervenaustrittsstelle<br />
kann nie zum Erfolg führen, weil sie weitab vom Geschehen,<br />
also in <strong>der</strong> Peripherie, gesetzt wird.<br />
Die folgenden Erläuterungen sollen veranschaulichen,<br />
warum die Injektionen immer ein Stockwerk höher gemacht<br />
werden, als die Nervenaustrittsstellen laut Lehrbuch<br />
liegen. Die S-1-Wurzel hat ihren anatomischen Austritt<br />
im ersten Sakralloch, wo es keine Bandscheibe mehr<br />
gibt. Daher muß <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> Läsion eine Etage höher liegen,<br />
also in Höhe <strong>der</strong> letzten Bandscheibe zwischen dem<br />
5. Lendenwirbel und dem Kreuzbein. Das ist die Stelle<br />
des extraduralem Abzweiges <strong>der</strong> S-1-Wurzel und damit<br />
die wahre Stelle i<strong>der</strong> Läsion, und hier ist auch die kausalorientierte<br />
Therapie anzusetzen.<br />
Das gleiche gilt für die Wurzel L-5. Ihre anatomische Austrittstelle<br />
liegt im Winkel zwischen dem 5. Lendenwirbel<br />
und dem Kreuzbein. Der extradurale Duraabzweig aber,<br />
die Stelle <strong>der</strong> Läsion, befindet sich wie<strong>der</strong>um 1 Stockwerk<br />
höher, beim 4. Lendenwirbel, und dort muß auch die effiziente<br />
lokale Behandlung angesetzt werden.<br />
Diagnose<br />
Die Diagnose ergibt sich aus:<br />
1. dem Dornfortsatz-Klopfschmerzmaximum. Das ist das<br />
wichtigste Etagensignal;<br />
2. dem vom Patienten — mit zwei Fingern — angegebenen<br />
subjektiven Schmerzband. Ihm kommt ebenfalls<br />
eine entscheidende Bedeutung zu;<br />
3. dem hypästhetischen Band, als einem objektiven neurologischen<br />
Ausfallssymptom. Charakteristisch ist die<br />
Großzehenstrecker-Parese beim L-5-Schaden und <strong>der</strong><br />
ASR-Ausfall beim S-1-Vorfall.<br />
4. Ein Röntgen o<strong>der</strong> eine Myelographie sind beim akuten<br />
Anfall entbehrlich. An erster Stelle steht die Soforthilfe,<br />
eine Abklärungsrundreise ist eine Zumutung für den<br />
Patienten.<br />
Therapie<br />
1. Nicht sinnvoll (in unserem Sinn) ist das klinische Vorgehen<br />
in Form<br />
— einer Ruhigstellung, Erzwingen von Inaktivität<br />
— <strong>der</strong> Gabe von Muskelrelaxantien und Analgetika<br />
— <strong>der</strong> Myelographie und<br />
— <strong>der</strong> voreiligen Operation.<br />
2. Erfolgreich ist<br />
— die intensive Infiltration mit dem Lokalanästhetikum<br />
am Ort <strong>der</strong> Schädigung. Sie ist die wirkungsvollste<br />
Therapie bei Bandscheibenischialgien. Der Chirurg<br />
Reischauer konnte damit 94% <strong>der</strong> Patienten erfolgreich<br />
konservativ behandeln, nur 6% mußten operiert<br />
werden (Cave: Kauda-Syndrom);<br />
— die wagende Bewegungsaktfvität des Patienten.<br />
Man denke an den Ausspruch Reischauers: Das<br />
Lied für den Ischiadiker „Wozu ist die Straße da,<br />
zum Marschieren".<br />
Injektionstechnik<br />
Bei einem diagnostizierten L-5-lschias sticht man mit einer<br />
6 cm langen Nadel 1 cm kranial <strong>der</strong> Darmbeinkammlinie<br />
und 4 cm seitlich <strong>der</strong> Dornfortsatzlinie senkrecht zur<br />
Hautoberfläche in sagittaler Richtung ein, bis <strong>der</strong> Patient<br />
einenBlitzschmerz im L-5-Band angibt. Dort werden 10<br />
bis 20 ml injiziert. Diese Behandlung erfolgt zuerst täglich,<br />
dann in 1- bis 2tägigen Intervallen, wobei meist 10<br />
Behandlungen genügen.<br />
Bei einer S-1-lschialgie sticht man ebenfalls mit <strong>der</strong> 8 cm<br />
langen Nadel 4 cm seitlich <strong>der</strong> Dornfortsatzlinie ein, diesmal<br />
aber 1 cm kaudal <strong>der</strong> Darmbeinkammlinie. Die Nadel<br />
wird im Winkel von 45 Grad in leicht konvergenter Richtung<br />
nach kaudal vorgeschoben, bis <strong>der</strong> Patient wie<strong>der</strong><br />
den typischen Schmerz, aber im S-1-Band, angibt. Dosis<br />
und Intervall wie bei L-5.<br />
330
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
F. Hopfer, Wirbelsäule<br />
Paresenursachen<br />
1. Wenn beide Wurzeln, die L-5 und die S-1, in <strong>der</strong> gleichen<br />
Sitzung infiltriert werden.<br />
2. Wenn nach einer früheren L-5-lschialgie motorische<br />
und sensible Leitungsausfälle zurückgeblieben sind<br />
und <strong>der</strong> Patient mit den Symptomen einer S-1-Bandscheibenischialgie<br />
zur Behandlung kommt.<br />
Die Leitungsausfälle von L-5 werden durch die S-1-Versorgung<br />
kompensiert, <strong>der</strong> Patient merkt keinen Schaden.<br />
Wird die S-1-Phase infiltriert kommt es zwangsläufig<br />
zu einer passageren Parese — zum „Gummibein".<br />
Deshalb muß vor <strong>der</strong> S-1-Infiltration anamnestisch<br />
erhoben werden, ob <strong>der</strong> Patient schon früher eine<br />
Ischialgie an diesem Bein hatte. Wenn ja, dann ist<br />
Vorsicht am Platz, und es sollen vorerst nur 3 ml infiltriert<br />
und abgewartet werden, ob Zeichen einer Parese<br />
auftreten.<br />
3. Zu einer irreparablen Parese kann es kommen, wenn<br />
unqualifizierte Mittel verwendet werden, vor allem<br />
sogenannte „Depotmittel", die Alkohol enthalten. Alkohol<br />
ist Gift für die Nerven.<br />
Kauda-Syndrom<br />
Das Kauda-Syndrom kommt durch eine Schädigung <strong>der</strong><br />
Cauda equina (Unfall, Bandscheibenvorfall, Geschwulstbildungen)<br />
zustande. Unter heftigen Schmerzen kommt<br />
es zu einer schlaffen Lähmung <strong>der</strong> Bleine, zu einer Reithosenanästhesie<br />
sowie zu Blasen- und Mastdarm-Störungen.<br />
Dieses Syndrom verlangt die sofortige Überweisung zum<br />
Neurochirurgen.<br />
Natürlich ist die Neuraltherapie nicht die alleinige Patentlösung,<br />
aber sie ist eine Methode mit extrem hoher Erfolgsquote.<br />
Bei einem Herd-Störfeld-Einfluß stellt sie allerdings die<br />
einzige Möglichkeit dar, um den Erfolg zu erzielen. Dabei<br />
soll, in <strong>der</strong> Regel aus langjähriger Erfahrung heraus, die<br />
Sanierung des Zahn-Kiefer-Bereiches die letzte Station<br />
sein.<br />
Es sei aber darauf hingewiesen, daß bei allen neuraltherapeutischen<br />
Interventionen im unteren Wirbelsäulenbereich<br />
<strong>der</strong> Patient ca. eine halbe Stunde in <strong>der</strong> Ordination<br />
sitzen bleiben soll. Vor allem im LWS-Bereich treten bisweilen<br />
unbedeutende, passagere Paresen auf, die ein<br />
Unfallrisiko bedeuten könnten. Diese Empfehlung ist vor<br />
allem forensisch wichtig.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
OMR Prof. Dr. F. Hopfer, Le<strong>der</strong>ergasse 25/1/3, A-1080 Wien.<br />
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R. Wilhelm Naturheilkunde im vereinigten Deutschland *<br />
Die Vereinigung ist uns Deutschen 1990 in den Schoß gefallen.<br />
Jetzt, Anfang 1991, wenige Monate nach dem juristischen<br />
Vollzug, wissen wir nicht, ob es eine kostbare<br />
Frucht o<strong>der</strong> ein Zankapfel <strong>der</strong> Eris war. Der reale Vollzug<br />
<strong>der</strong> Vereinigung gerät zum Trauerspiel, und alle schönen<br />
Worte, die im Winter 1989/90 gefallen sind, vom Teilen<br />
und Zusammenwachsen und von den Brü<strong>der</strong>n und<br />
Schwestern, sind vergessen o<strong>der</strong> haben einen faden<br />
Geschmack bekommen.<br />
Kein Sektor bleibt verschont. Nirgends herrschen positive<br />
Nachrichten vor. Auch die Naturheilkunde macht keine<br />
Ausnahme. Obwohl sie kräftige Wurzeln hüben wie drüben<br />
hat und immer gute Kontakte bestanden über alle<br />
Mauern hinweg, steht man sich jetzt fremd gegenüber<br />
und ist ohne Konzept für einen gemeinsamen Weg. Vielmehr<br />
erwartet man wie überall, daß sich die Ostdeutschen<br />
in die westdeutschen Verhältnisse einfügen, — einfügen<br />
in unser so mühsam gebändigtes Chaos.<br />
Sieht man dieses Chaos etwa nicht? Die enorm gewachsene<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Naturheilkunde steht in deutlichem<br />
Wi<strong>der</strong>spruch zur mangelhaften Verarbeitung <strong>der</strong> Inhalte<br />
bei den Zuständigen: den Ärzten, <strong>der</strong>en Ausbil<strong>der</strong>n an<br />
den Hochschulen, dem Gesetzgeber. Die Hochschulen,<br />
die noch immer die autonomen Gralshüter dessen, was<br />
Medizin sein darf, sind, öffnen sich nur millimeterweise<br />
dem Neuen, und die praktizierenden Ärzte, die sich von<br />
<strong>der</strong> Starrheit dieser Haltung zu emanzipieren suchen, finden<br />
we<strong>der</strong> ein diszipliniertes Proce<strong>der</strong>e für die Einführung<br />
neuer naturheilkundlicher Methoden noch die nötige Unterstützung<br />
von <strong>der</strong> Politik. Im Gegenteil: Bis in die Politikspitzen<br />
hinauf glaubt man, die Naturheilkunde sei bei den<br />
Heilpraktikern gut aufgehoben, bei Laien, die sich medizinisches<br />
Wissen ganz nach gusto angeeignet haben und<br />
sich ohne Sachprüfung an den Patienten versuchen dürfen.<br />
Was soll werden, wenn die EG-Län<strong>der</strong> zusammenwachsen?<br />
Vieles ist schon unwi<strong>der</strong>ruflich auf den Weg gebracht.<br />
In <strong>der</strong> Arzneimittelgesetzgebung können wir damit<br />
rechnen, daß sich für die Naturheilmittel die deutsche Lösung<br />
durchsetzen wird. Für die Weiterbildungsordnungen<br />
<strong>der</strong> Ärzte wird eine Angleichung irgendwann folgen müssen,<br />
und niemand wird ernsthaft erwarten dürfen, daß<br />
man hier ebenfalls zu <strong>der</strong> deutschen Lösung mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />
Naturheilverfahren kommen wird. Kann<br />
man sie überhaupt anbieten? In Ergänzung dazu das<br />
deutsche Heilpraktikergesetz? Man wird sich Besseres<br />
einfallen lassen müssen.<br />
Will man warten, bis die Politiker initiativ werden, um<br />
dann nur zu re-agieren? Die Anstöße für zukünftige Lösungen<br />
müssen von den Betroffenen ausgehen, von den<br />
Ärzten, die Naturheilkunde betreiben und etwas von ihr<br />
* Herrn Dr. K. Ch. ISchimmel zum 60. Geburtstag<br />
verstehen. Verstehen sie aber auch genug, und haben<br />
sie genug darüber nachgedacht? Gegen bloße Interessenvertretung<br />
ist die Öffentlichkeit mißtrauisch.<br />
In <strong>der</strong> DDR gab es keine Heilpraktiker. Man ließ die wenigen,<br />
die die Arbeitserlaubnis noch aus <strong>der</strong> NS-Zeit besaßen,<br />
arbeiten bis zu ihrem natürlichen Ende. Die letzten<br />
dürften inzwischen aufgegeben haben o<strong>der</strong> gestorben<br />
sein. Es gibt dort den Facharzt für Physiotherapie. Den<br />
Begriff Physiotherapie wollten im Westen die Krankengymnasten<br />
und Masseure besetzen. Das ist ihnen durch<br />
Gerichtsurteile verwehrt worden. In den Ostblocklän<strong>der</strong>n<br />
ging man bald nach dem Krieg von <strong>der</strong> Erwartung aus,<br />
das Wort Physiotherapie könnte seiner sprachlichen Herkunft<br />
nach (Physis = Natur, Therapie = Heilen, Heilverfahren)<br />
international für das deutsche Naturheilverfahren<br />
stehen. Das erwies sich im Zeichen des eisernen Vorhanges<br />
als Irrtum. Aber man behielt das Wort bei und hat inzwischen<br />
ca. 500 Fachärzte für Physiotherapie ausgebildet,<br />
die eine vierjährige Fachtätigkeit mit Prüfung hinter<br />
sich haben — nach <strong>der</strong> regulären Ausbildungszeit wie<br />
je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Facharzt bzw. Bereichsarzt auch.<br />
Bei uns sind bekanntlich zur Erlangung <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />
Naturheilverfahren nur vier Wochenkurse zu je<br />
fünf Tagen nötig, dazu drei Monate Tätigkeit in entsprechenden<br />
Kliniken, von denen es ganz wenige gibt. Die<br />
drei Monate können auch bei einem ermächtigten nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Arzt und in kleinen Abschnitten geleistet werden.<br />
Je<strong>der</strong>mann weiß, wie schwach diese Basis ist.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Verfahren, die zu den Naturheilverfahren gezählt<br />
werden o<strong>der</strong> gezählt sein wollen, wächst unaufhörlich.<br />
In den vier Wochenkursen werden zwar nur wenige<br />
angeboten, aber immer noch mehr, als in <strong>der</strong> kurzen Zeit<br />
gelernt werden kann. Das heißt, die Zusatzbezeichnung<br />
Naturheilverfahren sagt wenig darüber aus, was <strong>der</strong><br />
Arzt/die Ärztin macht und gelernt hat. Sie sagt weniger<br />
aus als früher, als sich je<strong>der</strong> die Bezeichnung zulegen<br />
konnte, „<strong>der</strong> die Verfahren vorwiegend anwendet" (Wortlaut<br />
<strong>der</strong> alten Facharztordnung). Es gab nur wenige Ärzte,<br />
die das taten; sie brauchten Mut dazu, und je<strong>der</strong> wußte,<br />
was mit Naturheilverfahren gemeint war: die Anwendung<br />
von Licht, Luft, Wasser, Bewegung, Massage, Diätetik.<br />
Heute denken we<strong>der</strong> Ärzte noch Patienten beim Stichwort<br />
Naturheilverfahren zuerst an Luft und Wasser, son<strong>der</strong>n<br />
an Nadeln, an elektrische und an<strong>der</strong>e Apparaturen.<br />
Die Kritiker machen es sich allerdings zu einfach, wenn<br />
sie diesen heranwachsenden Berg von neuen Heilmethoden<br />
von vornherein mit dem Odium <strong>der</strong> Scharlatanerie<br />
belegen und alles für Geschäft, Täuschung und Selbsttäuschung<br />
halten. Sie deklarieren zu Außenseiter- und<br />
Paramedizin, was nicht in ihr Denkschema paßt. Mit dieser<br />
Versimpelung för<strong>der</strong>t man nur den ärgerlich wuchernden<br />
Wildwuchs. Denken in neuen Kategorien ist notwendig.<br />
Das wird aber we<strong>der</strong> von den konservativen Kritikern<br />
geleistet noch ausreichend von den Vertretern <strong>der</strong> neuen<br />
Methoden, die sich lieber auf ihre positiven Erfahrungen<br />
332
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
R. Wilhelm, Naturheilkunde<br />
und die allzu simple Weisheit „Wer heilt, hat recht"<br />
zurückziehen.<br />
In <strong>der</strong> DDR wurde zwar immer von oben bestimmt, was zu<br />
gefallen hat. Aber das geschah nicht systematisch mit<br />
großer Linie, son<strong>der</strong>n Zufälle und personelle Konstellationen<br />
spielten ihre Rolle. So kam es durch die Situation um<br />
den alten Berliner Lehrstuhl für Naturheilkunde zu <strong>der</strong><br />
starken Stellung <strong>der</strong> Physiotherapie einerseits; an<strong>der</strong>erseits<br />
gelang es dem Rechtsmediziner Prokop, <strong>der</strong> in den<br />
fünfziger Jahren von Bonn nach Ostberlin gegangen war,<br />
die Homöopathie so zu verpönen, daß es einem Verbot in<br />
<strong>der</strong> DDR gleichkam, während in <strong>der</strong> UdSSR immer homöopathische<br />
Behandlungszentren existierten.<br />
Von den neueren Verfahren, die heute zu den Naturheilverfahren<br />
zählen, sind in <strong>der</strong> früheren DDR etliche schon<br />
seit einigen Jahren gekannt und auch teilweise praktiziert<br />
worden. Aber es besteht Nachholbedarf, echt o<strong>der</strong> vermeintlich,<br />
und man ist bemüht, ihn zu befriedigen. Die<br />
einschlägige Industrie hilft dabei. Diese Entwicklung ist<br />
nicht aufzuhalten. Die zaubernden Apparaturen rollen<br />
Richtung Osten wie Apfelsinen und an<strong>der</strong>e Dinge. Warum<br />
auch nicht.<br />
Aber könnte in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Richtung nicht auch etwas auf<br />
den Weg gebracht werden? Könnte man sich nicht wechselseitig<br />
verständigen und gemeinsam neue Lösungen<br />
suchen? Die Physiotherapie ist doch nichts Sozialistisches,<br />
das „abgewickelt" werden müßte!<br />
Was war positiv an <strong>der</strong> Naturheilkunde <strong>der</strong> DDR?<br />
Das ist vor allem <strong>der</strong> Lehrstuhl. In Westberlin ist 1989 <strong>der</strong><br />
erste Lehrstuhl für Naturheilkunde im gesamten westlichen<br />
Bereich geschaffen worden (Malte Bühring). Der<br />
Lehrstuhl an <strong>der</strong> Ostberliner Humboldt-Universität besteht<br />
seit 1920, als er nach einer Entscheidung des preußischen<br />
Landtages von <strong>der</strong> Regierung mit einem Machtwort<br />
gegen die Fakultät durchgesetzt wurde. Er hieß<br />
damals Lehrstuhl für natürliche Heil- und Lebensweise,<br />
weil man schon im Namen anzeigen wollte, welche Bedeutung<br />
die Naturheilkunde für die vorbeugende Medizin<br />
hat.<br />
Im Bereich des Lehrstuhles mit seinen verschiedenen Kliniken<br />
und Abteilungen für Physiotherapie wurde viel praktische<br />
Arbeit am Patienten geleistet, wissenschaftlich<br />
dokumentiert in Büchern und Fachzeitschriften, die dem<br />
Interessierten auch im Westen fast immer zur Verfügung<br />
standen. Anfang <strong>der</strong> sechziger Jahre erschien das dickleibige<br />
Lehrbuch <strong>der</strong> Physiotherapie des damaligen Lehrstuhlinhabers,<br />
Prof. Paul Vogler. Sein Nachfolger, Prof.<br />
Herbert Krauß, <strong>der</strong> sich ohne Parteibuch mühselig durchsetzen<br />
mußte, veröffentlichte mehrere Bücher, die auch<br />
im Westen verlegt wurden. Er ist seit Jahren Referent in<br />
Freudenstadt und Träger <strong>der</strong> Hufeland-Medaille.<br />
Für die übrige Medizin bedeuteten die 28 Jahre Mauerzeit<br />
weitgehende Isolierung. In <strong>der</strong> Naturheilkunde wurden die<br />
in Jahrzehnten gewachsenen Verbindungen nie ganz zerrissen<br />
und sofort wie<strong>der</strong> enger gekmüpft, als politisches<br />
Tauwetter einsetzte. Beson<strong>der</strong>s Prof. Krauß, den wir gern<br />
als Altmeister <strong>der</strong> deutschen Naturheillkunde apostrophieren,<br />
hat sich nach seiner Emeritienung vom Lehrstuhl<br />
(1974) nachdrücklich um die Verbinidung zwischen Ost<br />
und West bemüht, als das noch mit mancherlei Schwierigkeiten<br />
und Risiken verbunden war. Aber Krauß ist ein<br />
Mensch <strong>der</strong> leisen Töne, und die werden auch unter<br />
Freunden oft schlecht vernommen. Heute kommt dazu<br />
die allgemeine Tendenz, nicht zur Kenntnis zu nehmen,<br />
was im Osten positiv zu werten sein Ikönnte.<br />
Wer und was sollte denn zur Kenntnis genommen werden?<br />
Es geht nicht um Personen, son<strong>der</strong>n um Strukturen<br />
und Wirklichkeiten. Die Naturheilkunde ist 150 Jahrelang<br />
in mißachteter Außenseiterrolle nicht nur deshalb geblieben,<br />
weil sie nicht zum wissenschaftlichen Zeitgeist paßte,<br />
son<strong>der</strong>n weil sie auch nie Gelegenheit bekam, mit zeitgemäßen<br />
Strukturen wissenschaftlich zu arbeiten, wobei<br />
hier wissenschaftlich heißt: Arbeit am Menschen (welche<br />
Medizin immer sein sollte) geistig zu durchdringen ohne<br />
ökonomischen Druck. Der Ostberliner Lehrstuhl ist zwar<br />
nicht mehr die einzige Ausnahme, aber mit seiner<br />
70jährigen Erfahrung hat er einen Vorsprung, <strong>der</strong> so bald<br />
nicht einzuholen ist. Trotz schwieriger Umstände ist dort<br />
gezeigt worden, wie solide Naturheilkunde klinisch geleistet<br />
und begründet werden kann.<br />
Die Klinik allgemein ist in Deutschland zwar immer überbewertet<br />
worden im Verhältnis zum frei nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Arzt, aber es kann nicht bezweifelt werden, daß die Klinik,<br />
im beson<strong>der</strong>en die Universitätsklinik, unerläßlich ist, nicht<br />
nur für den klinikbedürftigen Kranken, son<strong>der</strong>n vor allem<br />
als Ausbildungsbasis für den Arztberuf. Ein entscheiden<strong>der</strong><br />
Grund für die weitgehend chaotischen Verhältnisse<br />
<strong>der</strong> Naturheilkunde ist <strong>der</strong> Mangel an klinischer Basisausbildung<br />
und an Forschung für die Naturheilkunde. Solche<br />
Arbeit wird bisher fast nur auf Kongressen, in Praxen und<br />
Sanatorien geleistet, wo sich starke ökonomische Einflüsse<br />
gar nicht abstrahieren lassen. Die wachsende Konkurrenz<br />
unter den Ärzten verschlimmert die Gefahren.<br />
Jetzt erhalten wir erhebliche klinische Möglichkeiten, die<br />
m.W. noch nicht ausgelotet sind, undl dazu Ärzte und Ärztinnen,<br />
die gelernt haben, klinisch und wissenschaftlich<br />
mit Naturheilverfahren umzugehen. Daß <strong>der</strong> Facharzt für<br />
Physiotherapie nicht ohne weiteres iin unsere gewohnte<br />
westliche Landschaft <strong>der</strong> Weiterbilcdungsordnung paßt,<br />
kann doch nicht Anlaß sein, ihn zu ignorieren o<strong>der</strong> als<br />
Auslaufmodell zu sehen! Man sollte sich ernsthaft überlegen,<br />
was damit anzufangen ist und welche Anregung er<br />
uns für die weitere Entwicklung gibtt! Wenn in nächster<br />
Zukunft — wofür einiges spricht — an den Hochschulen<br />
noch mehr Lehrstühle für Naturheilktunde entstehen, woher<br />
nimmt man die hochschulfähigen Leute? Es bietet<br />
sich an, im Osten zu suchen.<br />
Ich fasse meine Anregungen in folgenden Thesen zusammen:<br />
1. Innerhalb des ZÄN o<strong>der</strong> auch darüber hinausgreifend<br />
sollte man sich aus Ost und West zusammensetzen<br />
333
R. Wilhelm, Naturheilkunde Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
und gründliche Bestandsaufnahme machen: Wie ist<br />
die Sache <strong>der</strong> Naturheilkunde hüben und drüben gelaufen?<br />
Was gehört überwunden und was gehört weiterentwickelt?<br />
Man gebe ein Beispiel für deutsch-deutsches Zusammenwachsen!<br />
2. Wo gibt es in den Ostlän<strong>der</strong>n klinische Plätze für Naturheilkunde,<br />
und wie kann man sie nutzen?<br />
3. Der <strong>Zentralverband</strong> muß sich seiner Bedeutung<br />
bewußt sein und stärker Führungsaufgaben übernehmen:<br />
a) geistig<br />
Es müssen sich kompetente Leute finden, die koordiniert<br />
an den umstrittenen Fragen <strong>der</strong> Naturheilkunde<br />
arbeiten, bis ein tragfähiges Fundament<br />
allgemeine Anerkennung gefunden hat.<br />
b) gesundheitspolitisch<br />
Die Naturheilkunde, die im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t im<br />
deutschsprachigen Mitteleuropa entstand, wird in<br />
ihrer Bedeutung weiter zunehmen. Sie muß ihre Impulse<br />
weiterhin vom Ursprungsboden her bekommen,<br />
und wer sollten die Impulsgeber sein, wenn<br />
nicht die Ärzte, die mit ihr arbeiten?!<br />
c) berufspolitisch<br />
Ideen für die weitere Entwicklung müssen von uns<br />
kommen. Wir müssen die Vorgaben liefern, die politisch<br />
umgesetzt werden sollen. Wir müssen das<br />
Arztbild schaffen, mit dem die Naturheilkunde die<br />
Gesamtmedizin auf Dauer befruchten soll.<br />
Das ist nicht möglich mit unserer jetzigen Zusatzbezeichnung,<br />
die in wenigen Wochen zu erwerben ist.<br />
Die Heilpraktiker verweisen nicht zu Unrecht auf<br />
ihre 2- bis 3jährige Fachschulausbildung, die immerhin<br />
ein Teil von ihnen absolviert. Auch das ist<br />
ein Grund, sich gründlich mit dem ostdeutschen<br />
Facharzt für Physiotherapie zu befassen.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. med. R. Wilhelm, Schmarjestr. 18, D-1000 Berlin 37.<br />
Von <strong>der</strong> wohltuenden Wirkung<br />
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unsere Gesundheit ist, so geheimnisvoll ist die<br />
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Bad Brückenau berühmt gemacht. Um die hohe Qualität<br />
und Reinheit dieses beson<strong>der</strong>s natriumarmen und<br />
zugleich kohlensäurehaltigen Wassers zu bewahren,<br />
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ausgewiesen. Heute wird die Verpflichtung<br />
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334
M. wiesenauer Behandlungsmöglichkeiten von Prostata-Erkrankungen<br />
Zusammenfassung<br />
Die verschiedenen Prostata-Erkrankungen werden<br />
mit kurz gefaßter Differentialdiagnose dargestellt.<br />
Dabei zeigt sich, daß insbeson<strong>der</strong>e das<br />
Prostatitis-Syndrom sowie das Prostataadenom<br />
einer homöopathischen Behandlung zugänglich<br />
sind; demgegenüber stellen die akute Prostatitis<br />
und vor allem das Prostatakarzinom keine primäre<br />
Indikation für eine Homöotherapie dar,<br />
was jedoch ihren Adjuvanseinsatz dennoch<br />
nicht ausschließt.<br />
Schlüsselwörter: Prostatitissyndrom, Conium,<br />
Sepia, Prostataadenom, Chimaphilia umbellata,<br />
Pulsatilla.<br />
Summary<br />
The various diseases of the prostate gland are<br />
described with concise differential diagnosis. It<br />
shows that in particular the prostatitis syndrome<br />
as well as the adenoma of the prostate gland are<br />
accessible to a homoeopathic treatment; in contrast<br />
thereto the acute prostatitis and above all<br />
the carcinoma of the prostate gland are no primary<br />
indication for any homoeotherapy, but<br />
this does, nevertheless, not exclude its use as<br />
adjuvant.<br />
Key words: prostatitis syndrome, conium, sepia,<br />
adenoma of the prostate gland, Chimaphilia<br />
umbellata, Pulsatilla.<br />
Resume<br />
Les diverses affections de la prostate sont presentees<br />
avec un diagnostic differentiel abrege. II<br />
en ressort qu'en particulier le syndrome de la<br />
prostatite et l'adenome prostatique peuvent etre<br />
traites par l'homeopathie. En revanche, la prostatite<br />
aigue et surtout le carcinome prostatique<br />
ne constituent pas une indication primaire pour<br />
une therapeutique homeopathique, ce qui n'en<br />
exclut toutefois pas l'utilisation comme adjuvant.<br />
Mots-cles: syndrome de prostatite, Conium,<br />
Sepia, adenome prostatique, Chimaphilia umbellata,<br />
Pulsatilla.<br />
Unter den in <strong>der</strong> Praxis häufig zu diagmostizierenden Urogenitalerkrankungen<br />
haben die versclhiedenen Krankheiten<br />
<strong>der</strong> Prostata aus mehreren Gründen eine große Bedeutung.<br />
Gerade auf diesem Krankheiitsgebiet ist eine solide<br />
Diagnostik wesentlich, um die therapeutisch geeigneten<br />
und sinnvollen Schritte einleiten zu können (2).<br />
Akute Prostatitis<br />
Die akute Prostatitis kann durch z.T. sehr unterschiedliche<br />
Infektionswege entstehen (Tab. I). Die Akut-Symptomatik<br />
imponiert durch die rasch auftretenden Miktionsbeschwerden<br />
mit imperativem Harndrang bei abgeschwächtem<br />
Harnstrahl mit schmerzhaftem Urinieren,<br />
des weiteren Schmerz-, Druck- und Spannungsgefühl<br />
in <strong>der</strong> Dammregion. Als parenchymatöse Entzündung<br />
verursacht die akute Prostatitis gravierende Allgemeinsymptome<br />
mit Fieber und Schüttelfrost bei Gefahr <strong>der</strong><br />
Urosepsis (1).<br />
Tab. I: Prostatitis: Infektionswege (nach Altwein).<br />
— urethrogen-aszendierend: Prostato-Urethritis<br />
— duktuiärer Urinreffex: Zysto-Prostatitis<br />
— hämatogen: bakteriämische Prostatitis<br />
— lymphogen: Begleitprostatitis bei Proklitis<br />
Bei <strong>der</strong> rektalen Palpation fühlt sich die Prostata ödematös<br />
vergrößert an; <strong>der</strong> Patient klagt über starke Druckschmerzhaftigkeit<br />
(Nebenbefund: erhöhter Analsphinktertonus).<br />
Leukozyten, Zelldetritus, Schleim und Bakterien<br />
weisen auf den pathologischen Urinbefund hin.<br />
Die Indikation für eine Homöotherapie bei <strong>der</strong> akuten Prostatitis<br />
ist als relativ zu bezeichnen und somit ein Grenzfall.<br />
Bei einem unkomplizierten Verlauf kann jedoch <strong>der</strong><br />
therapeutische Schwerpunkt auf Homöopathika liegen.<br />
Differentialtherapeutisch ist dabei zumächst an die Ätiologie<br />
(„Causa") zu denken, nach <strong>der</strong> ctlas Homöopathikum<br />
zur Anfangstherapie eingesetzt werdesn kann. Beispielhaft<br />
erwähnt seien Solanum dulcamara DQ3 bei Folgen von Unterkühlung<br />
und Durchnässung sowie Arnica montana D6<br />
als Folge von Manipulation und Traujma (3, 4). Bei nicht<br />
eruierbarem Auslöser ist insbeson<strong>der</strong>e an Atropa belladonna<br />
und Mercurius solubilis zu demken.<br />
Atropa belladonna D6 (Dil.) erfaßt diie akut-entzündliche<br />
Phase mit Druck- und Spannungssclhmerz im Dammbereich,<br />
wobei die stark pulsierenden Schmerzen charakteristisch<br />
sind. Weitere Hinweise sind Fieber mit Hitzegefühl<br />
und Röte im Kopfbereich bei kalten Extremitäten.<br />
335
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
M. Wiesenauer, Homöopathie<br />
Mercurius solubilis D12 (Tbl.) ist angezeigt bei schneidenden<br />
Schmerzen mit starkem Harndrang, wobei unter<br />
Schmerzen nur wenige Urintropfen entleert werden können.<br />
Fieber mit starkem Hitzegefühl bei übelriechenden<br />
Schweißen, insbeson<strong>der</strong>e nachts, und allgemeiner Unruhe<br />
sind weitere differentialtherapeutische Hinweise<br />
(Grenze <strong>der</strong> Homöotherapie).<br />
Bei einer solchen Entzündungssymptomatik bewährt sich<br />
auch eine freie Kombination von drei homöopathischen<br />
Einzelmitteln nach Schlüren (9), die gemäß Vorschrift parenteral<br />
appliziert werden (Tab. II). Keinesfalls darf aber<br />
aus diagnostischen Gründen die rechtzeitige Antibiotikatherapie<br />
versäumt werden!<br />
Wichtig ist in jedem Fall die Nachbehandlung, um die Entzündung<br />
im Sinne <strong>der</strong> biologischen Medizin vollständig<br />
auszuheilen; dies ist vor allem wesentlich, wenn es sich<br />
um ein Rezidiv gehandelt hatte (4). Die dabei eingesetzten<br />
Arzneimittel führen zwanglos zum Beschwerdebild<br />
<strong>der</strong> chronischen Prostatitis.<br />
Prostatitis-Syndrom<br />
Die chronische Prostatitis ist kein einheitliches Krankheitsbild<br />
und wird deshalb besser als Prostatitis-Syndrom<br />
bezeichnet. Denn nur in 30% aller Fälle einer chronischen<br />
Prostatopathie liegt eine echte mikrobielle Entzündung<br />
vor. In % <strong>der</strong> Fälle verbirgt sich hinter <strong>der</strong> Pseudodiagnose<br />
„chronische Prostatitis" das vegetative Urogenital-<br />
Syndrom und das anogenitale Syndrom (1).<br />
Gawlik weist deutlich darauf hin, daß die chronische Prostatitis<br />
in ihrer Behandlung sehr undankbar ist. Sulfonamide<br />
und Antibiotika haben kaum eine Wirkung, es müssen<br />
Tab. II: Homöopathische Therapie (nach W, Gawlik). Behandlungsschetna,<br />
1. Monat, also vier Wochen lang:<br />
2. Monat:<br />
Säbel serrulatum<br />
D 4 Dil., 3mal täglich 10 Tropfen<br />
Conium<br />
D 4 Dil., 3mal täglich 10 Tropfen<br />
3. Monat:<br />
Populus<br />
D 4 Dil., 3mai täglich 10 Tropfen<br />
Danach fortfahren mit dem Mittet o<strong>der</strong> den zwei Mitteln, die dem<br />
Patienten am besten geholfen haben.<br />
Außerdem alle 4 Wochen:<br />
1mal Medorrhinum<br />
D 200 Dil,, 5 Globuli auf die Zunge<br />
Bei alten Patienten zusätzlich abends:<br />
Magnesium fluoratum<br />
D 12 Tabletten, 1 Tablette vor dem Schlafengehen'<br />
unspezifische Reizkörpertherapien durchgeführt werden;<br />
Hydrotherapien, Moorbä<strong>der</strong>, Spasmolytika, nicht zu vergessen<br />
eine leichte Kost und Psychotherapie. Nach Möglichkeit<br />
sollten diese Patienten an ihre Krankheit nicht zu<br />
sehr gebunden werden, um zu vermeiden, daß sie sich<br />
selbst schwer krank fühlen (3).<br />
Die Beachtung <strong>der</strong> differenzierten Symptombil<strong>der</strong> läßt<br />
eine homöopathische Behandlung sinnvoll integrieren.<br />
Chimaphila umbellata (Wintergrün; Farn. nat. Pirolaceae)<br />
ist ein organotrop wirkendes Homöopathikum bei rezidivieren<strong>der</strong><br />
Prostatitis und hier insbeson<strong>der</strong>e nach einer<br />
akuten Phase. Wenn etwa eine akute Prostatitis abgelaufen<br />
ist, die antibiotisch und/o<strong>der</strong> homöopathisch behandelt<br />
wurde, dann eignet sich Chimaphila zur Einleitung<br />
<strong>der</strong> Intervalltherapie.<br />
Der Patient berichtet von einem Druckgefühl im Dammbereich,<br />
verbunden mit <strong>der</strong> Empfindung, „als ob man auf<br />
einem Ball sitze" (Fremdkörpergefühl); auch bestehen<br />
Schmerzen beim Wasserlassen. Das Urinsediment kann<br />
pathologisch sein. Chimaphila D4 wird über 4 bis 6 Wochen<br />
mit 3mal täglich 5 Tropfen eingesetzt.<br />
In gewisser Hinsicht komplementär ist Pulsatilla pratensis<br />
(Wiesenküchenschelle; Farn. nat. Ranunculaceae). Trotz<br />
ihrer überwiegend konstitutionell orientierten Anwendung<br />
bei weiblichen Patienten ist <strong>der</strong> Einsatz von Pulsatilla bei<br />
Erkrankungen <strong>der</strong> männlichen Harn- und Geschlechtsorgane<br />
probat. Anamnestisch bestehen gehäufte Katarrhe<br />
<strong>der</strong> Schleimhäute (Atemwege, Magen-Darm-Trakt, Harnwege).<br />
Aktuell klagt <strong>der</strong> Patient über ein Hitze- und Druckgefühl<br />
im Dammbereich. Es besteht ein vermehrter Harndrang,<br />
wobei nur wenig und dann unter Schmerzen Urin gelassen<br />
werden kann. Die Beschwerden werden ausgelöst<br />
und verschlechtern sich durch Kälte und Nässe.<br />
Köhler weist ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, nach<br />
<strong>der</strong> Pulsatilla zur Nachbehandlung einer mit Antibiotika<br />
therapierten Prostatitis eingesetzt werden kann (4). Hierfür<br />
bewährt sich Pulsatilla als D6 o<strong>der</strong> D12 (2mal täglich 5<br />
Tropfen) je nach Beschwerdebild über 4 bis 6 Wochen.<br />
Conium und Sepia: Konstitutiomsbehandlung<br />
In geradezu klassischer Weise wi<strong>der</strong>spiegeln die Arzneimittelbil<strong>der</strong><br />
einiger Konstitutionsmittell das vegetative Urogenital-Syndrom<br />
und das anogenitale Syndrom.<br />
Conium maculatum (gefleckter Sclhierling; Farn. nat.<br />
Apiaceae) besitzt in <strong>der</strong> Homöopathie eine große Bedeutung<br />
für den älteren Menschen. Dabei hat Conium eine<br />
beson<strong>der</strong>e Affinität zu den drüsigem Organen wie auch<br />
zur Vita sexualis. Die Patienten leide n vor allem an einer<br />
Unterdrückung (z.B. Abstinenz) und Nichtbefriedigung<br />
(z.B. Impotenz) ihrer Libido. Es kann Auswirkungen haben<br />
auf das Allgemeinbefinden: Der Patient klagt über<br />
Gedächtnisschwäche, Interesselosigkeit; er ist menschenscheu,<br />
ja selbst apathisch. Er spürt ein inneres Zit-<br />
337
M. Wiesenauer, Homöopathie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
tern, Schwächegefühl und Schwindelneigung. Im Urogenitalbereich<br />
bestehen Schwellung und Vergrößerung <strong>der</strong><br />
Prostata, auch mit ziehenden Schmerzen im Skrotum und<br />
Penis. Bei guter personotroper Übereinstimmung bewähren<br />
sich LM-Potenzen (VI.: jeden 2. Tag nüchtern 3 Tropfen)<br />
o<strong>der</strong> aber D12 (2mal täglich 5 Tropfen) über längere<br />
Zeit.<br />
Ein ebenfalls bedeutendes Konstitutionsmittel ist Sepia,<br />
das beim Prostatitis-Syndrom mit funktionellen Sexualstörungen<br />
eingesetzt werden kann. Im Sinne einer Sexualneurasthenie<br />
besteht eine verstärkte Libido mit sexueller<br />
Schwäche und nur geringer Erregung. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
nach dem Sexualverkehr verspürt <strong>der</strong> Patient Schmerzen<br />
und Brennen im Genitalbereich sowie Schwächegefühl.<br />
Anamnestisch lassen sich rezidivierende Entzündungen<br />
im Urogenitalbereich feststellen (Epididymitis, Zystitis,<br />
Urethritis, Prostatitis); <strong>der</strong> Tastbefund ergibt eine<br />
schmerzhafte Schwellung <strong>der</strong> Prostata. Sepia (Tintenfisch;<br />
Sepiidae) wird analog zu Conium als LM-Potenz<br />
o<strong>der</strong> aber als D12 eingesetzt.<br />
Differentialtherapeutisch ist insbeson<strong>der</strong>e auf Selenium<br />
und Delphinium staphisagria zu verweisen (6).<br />
Prostataadenom<br />
Mehr als 50% aller Männer über 50 Jahre sind von einem<br />
Prostataadenom betroffen, so daß es den häufigsten gutartigen<br />
Tumor des Mannes darstellt (1). Das Prostataadenom<br />
ist durch die Hormonverschiebung im Climacterium<br />
virile bedingt; die vermin<strong>der</strong>te Androgenproduktion führt<br />
zur Involution <strong>der</strong> Prostata-Drüsen <strong>der</strong> äußeren Zone, die<br />
relativ höhere Östrogenproduktion zum Wachstum <strong>der</strong> inneren<br />
Zone. Vergegenwärtigt man sich diese Histologie,<br />
dann wird es verständlich, daß ein konservatives Therapieren<br />
nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist.<br />
So muß im Stadium III (Dekompensation) in jedem Fall<br />
invasiv-chirurgisch vorgegangen werden (einschließlich<br />
Katheterisierung); beim Stadium II (Restharnstadium)<br />
wird bei operablen Patienten die chirurgische Intervention<br />
empfohlen. Diese Frage gilt es abzuwägen, inwiefern<br />
nicht auch dafür entsprechend die beim Stadium I (Reizstadium)<br />
indizierte Vorgehensweise möglich ist.<br />
In <strong>der</strong> konservativen Behandlung des Prostataadenoms<br />
hat die Phytotherapie ohne Zweifel ihre Effizienz bewiesen<br />
(5). Es gibt aber auch eine Reihe von Homöopathika,<br />
die sich speziell beim Prostataadenom bewährt haben.<br />
Populus und Sabal<br />
Populus tremuloides (Espe; Farn. nat. Salicaceae) gilt in<br />
<strong>der</strong> Behandlung des Stadiums I und beginnenden Stadiums<br />
II als sehr bewährt; Begleitsymptome sind zystitische<br />
Beschwerden wie sie durch Restharnbildung bedingt sein<br />
Tab. III: Homöopathische Behandlung von Prostata-Erkrartkungen.<br />
Übersicht.<br />
Akute Prostatitis<br />
Grenze <strong>der</strong> Homöopathie beachten!<br />
Atropa belladonna, Mercurius solubilis, Lachesis mutus als Mittel<br />
für die entzündliehe1%ase.<br />
Chronische Prostatitis<br />
Chimäphlla umbellata D 4 DU.<br />
Abklingende akute Prostatitis. Druckgefflhl Im Dammbereichj<br />
Fremdkörpergeßht. Pathologischer Urinbefund, auch mit „fadenziehendem<br />
Schleim". "*~~<br />
Beginnendes Prostata-Adenom.<br />
Pulsatilla pratmsis D6, D 12 DU.<br />
Gehäufter Harndrang, wober nur wenig Urin gelassen werden<br />
kann. Schmerz- und Druckgefühl im Damm- und Genitalbe»<br />
reich. Zustand nach Antibiottatherapie. Besehwerdeverschlechterung<br />
und Auslöser durch Kälte und Nässe; anamrtestisch<br />
rezidivierende Schieimhautkataffhe.<br />
Wichtige KonstitutionsmitteU Conium maculatum, Sepia, Defphinium<br />
staphisagria, Selenum,<br />
Prostata-Adenom<br />
Populus tremuloides 02, D 3 DM.<br />
Stadium i und beginnendes Stadium 11 r auch mit zysffiischen<br />
Beschwerden,<br />
Sabal serrulata 0 2, 0 3 DU.<br />
Frühsymptome des Prostataadenoms mit typischem Seschwerdebild.<br />
Nach W. Gawltk bewährt sich folgende Zwischenmedttcation:<br />
Medorrhinum D 200 5 Giob. in Abständen von 4 Wochen;<br />
bei alten Patienten zusätzlich abends Magnesium fluoratum<br />
D 12,1 Tablette.<br />
Wichtige Konstitutionsmittel: AurMrrttnetslMeum {Aurum murlati*<br />
cym natronaturti), Barium carbonicum, Cateium carbonicum.<br />
können. Populus wird insbeson<strong>der</strong>e in tiefen Potenzen<br />
(Urtinktur, D2, D3, D4) mit 3mal täglich 5 bis 10 Tropfen<br />
eingesetzt.<br />
In nahezu gleicher Weise ist Sabal serrulata anzuwenden.<br />
Sabal (Sägepalme; Farn. nat. Palmae) gilt wie in <strong>der</strong> Phytotherapie<br />
als ein Hauptmittel bei Prostata-Erkrankungen.<br />
Auch als Homöopathikum ist es geeignet zur Behandlung<br />
<strong>der</strong> Frühsymptome des Prostataadenoms wie auch im<br />
ersten Stadium bei noch funktioneller Behin<strong>der</strong>ung des<br />
Harnabflusses. Der Patient berichtet dabei von Schmerzen<br />
im Dammbereich, oft auch von einer nächtlichen Pollakisurie.<br />
In <strong>der</strong> Literatur wird Sabal serrulata immer wie<strong>der</strong> als<br />
„homöopathischer Katheter" apostrophiert. Sollte eine<br />
solche Anwendung notwendig sein, kann Sabal serrulata<br />
auch im Wechsel mit Digitalis purpurea gegeben werden<br />
(7). Homöopathisch wird Digitalis purpurea dabei nicht als<br />
Substitutionstherapie wie bei Herzinsuffizienz angewendet.<br />
Digitalis ist dann indiziert, wenn nachts ein häufiger<br />
und schmerzhafter, dabei vergeblicher Drang mit Restharnbildung<br />
besteht (12).<br />
338
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
M. Wiesenauer, Homöopathie<br />
Praxistip<br />
In didaktisch aufbereiteter Weise spiegelt Tab. III ein Behandlungsschema<br />
wi<strong>der</strong>, das Gawlik aus jahrzehntelanger<br />
Erfahrung heraus entwickelt hat. Dabei ist nach seiner<br />
Meinung mit dieser Medikation in den meisten Fällen ein<br />
guter Erfofg zu erzielen, und es kann bei nicht zu weit fortgeschrittenem<br />
Adenom dem Patienten die Operation<br />
erspart bleiben (3). Einzelheiten über die erwähnten<br />
Homöopathika sind den gängigen Handbüchern zu entnehmen.<br />
Prostatakarzi nom<br />
Das Prostatakarzinom soll im Rahmen dieser Ausführungen<br />
in erster Linie zur Differentialdiagnose erwähnt werden;<br />
es besteht insofern für die Homöopathie allenfalls<br />
eine relative Indikation quasi als adjuvante Therapiemaßnahme.<br />
Hier kann also die Homöopathie im Verbund <strong>der</strong><br />
biologisch orientierten Krebstherapie eine gewisse Rolle<br />
spielen.<br />
Literatur<br />
1. Altwein, J. E.: Urologie. Enke-Verlag, Stuttgart, 1979.<br />
2. Bressel, R.: Urologie des Allgemeinarztes. In: H. Hamm<br />
(Hrsg.): Allgemeinmedizin. 2. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart,<br />
1986.<br />
3. Gawlik, W.: Homöopathie und konventionelle Therapie.<br />
Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1988.<br />
4. Köhler, G.: Lehrbuch <strong>der</strong> Homiöopathie. Band 2.<br />
Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1986.<br />
5. Maiwald, L: Phytotherapie in <strong>der</strong> Praxis. Therapeutikon 2<br />
(1988) 584-585.<br />
6. Mezger, J.: Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre. 5.<br />
Aufl., Haug-Verlag, Heidelberg, 1982.<br />
7. Quilisch, W.: Die Homöopathische Praxis. 2. Aufl.,<br />
Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1982.<br />
8. Ritter, H., G. Wünstel: Homöopathische Propädeutik. 2. Aufl.,<br />
Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1988.<br />
9. Schlüren, E.: Homöopathie in Frauenheilkunde. 5. Aufl.,<br />
Haug-Verlag, Stuttgart, 1988.<br />
10. Stauffer, K.: Homöotherapie. J. Sonntag Verlag, Regensburg,<br />
1965.<br />
11. Wiesenauer, M.: Praxis <strong>der</strong> Homöopathie. Hippokrates-<br />
Verlag, Stuttgart, 1985.<br />
12. Wiesenauer, M.: Erkrankungen des Urogenitaltraktes. Therapeutikon<br />
2 (1988) 586-587.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. med. M. Wiesenauer, Arzt für Allgemeinmedizin, Homöopathie<br />
— Naturheilverfahren, Lehrbeauftragter <strong>der</strong> Universität Ulm,<br />
In <strong>der</strong> Geiss 8, D-7056 Weinstadt 5.<br />
Reflexzonenmassage<br />
bei 39 verschiedenen Formen von Lumbalgie bzw. Ischialgie<br />
von Th. Floßdorf<br />
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Weit mehr als zwei Drittel aller Beschwerden im Bereich <strong>der</strong> Lendenwirbelsaule<br />
stehen nicht in ursächlichem Zusammenhang mit<br />
Bandscheibenschaden Obwohl die Reflexzonenmassage den<br />
Hauptinhalt des Buches ausmacht, werden auch die an<strong>der</strong>en<br />
physiotherapeutischen Möglichkeiten angesprochen Das geschieht,<br />
weil die Reflexzonenmassage ihre maximale Wirkung<br />
erst in Kombination mit gezielter Gymnastik, Elektrotherapie,<br />
Packungen etc. entfaltet Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> 39 Schmerzzustande wird<br />
von seiner Lokahsation, seinen Ausstrahlungen und Eigenarten<br />
sowie von seiner Begleitsymptomatik her beschrieben Die Therapieanweisungen<br />
benennen alle Reflexzonen, die oft weit ab<br />
vom Ort des Geschehens liegen, und erläutern die jeweils wirksamste<br />
Massagetechnik<br />
7 Farbfotos verdeutlichen den Text<br />
Da dieses Buch für den Praktiker konzipiert ist, wurde eine zweifache<br />
Glie<strong>der</strong>ung vorgenommen. Erstens Auffacherung von akuten<br />
und chronischen Schmerzen, wobei 5 Kategorien unterschieden<br />
werden, zweitens die Kapitel: senkrechte Lumbalgien auf<br />
<strong>der</strong> Mittellinie, ein- und beidseitig senkrechte Lumbalgien, einund<br />
beidseitig waagerechte Lumbalgien sowie ein- und beidseitige<br />
Ischialgien<br />
Der Autor, Masseur und med. Bademeister, fuhrt seit 1977 Lehrgange<br />
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339
3. Symposium Sportmedizin — Sporttherapie „Das Kniegelenk"<br />
6. bis 8. Juli 1990 in Bad Hersfeld<br />
Das Symposium kann als deutsches Modell für interdisziplinäre<br />
Fortbildung angesehen werden<br />
Die Thematik wurde von 34 namhaften Referenten des Inund<br />
Auslandes bestritten<br />
Die angesprochene Problematik bezog sich vom Hochleistungssport<br />
bis zum Breitensport<br />
Dabei wurden, bezogen auf das Kniegelenk, biomechanische,<br />
physiologische, pathophysiologische, verletzungsmechanische,<br />
diagnostische sowie therapeutisch-rehabihtative<br />
und trainingsmethodische Aspekte interdisziplinär<br />
angesprochen und gemeinsam diskutiert<br />
Das Symposium wurde vom wissenschaftlichen Leiter,<br />
Dr med Becker (Bad Hersfeld), eröffnet Er wies noch<br />
einmal darauf hin, welchen beson<strong>der</strong>en Wert gerade die<br />
interdisziplinäre Vorstellung und Diskussion für die umfassende<br />
Darstellung <strong>der</strong> Thematik haben<br />
Dr Leopold (Bad Salzungen) sprach einleitend zu Aspekten<br />
<strong>der</strong> sportmedizinischen Betreuung in <strong>der</strong> DDR Es<br />
wurden die Entwicklung <strong>der</strong> sportärztlichen Betreuung<br />
und <strong>der</strong> Aufbau des Sportmedizinischen Dienstes sowie<br />
die Hauptarbeitsrichtungen vorgestellt Dabei wurde die<br />
bevorzugte einseitige Leistungssportorientierung hervorgehoben<br />
Es schloß sich die Darstellung des Aufgabenspektrums<br />
eines Kreissportarztes an<br />
Die zukunftigen Aufgaben <strong>der</strong> Sportmedizin sollten sich<br />
beson<strong>der</strong>s auf den Breiten- und Leistungssport sowie auf<br />
den Gesundheitssport, Therapie- und Rehabilitationssport<br />
orientieren<br />
Prof Dr Scheibe (Jena) sprach zur Behandlung von<br />
sportbedingten Schädigungen am Kniegelenk In seinem<br />
Ubersichtsreferat wurden die wesentlichsten diagnostischen<br />
und therapeutischen Maßnahmen vorgestellt<br />
Das Kniegelenk als meistbelastetes Gelenk im Sport ist<br />
entsprechend <strong>der</strong> Sportart vermehrten Stauchungs-,<br />
Druck-, Scher- und Dauerbelastungen ausgesetzt<br />
Bei <strong>der</strong> zielgerichteten Behandlung ist die richtig gestellte<br />
Diagnose eine wichtige Voraussetzung (Unfallhergang,<br />
klinische Beschwerden, Schuhabrieb u a)<br />
Die wichtigsten sportbedingten Schädigungen sind die<br />
Chondropathie, das Patellaspitzensyndrom, <strong>der</strong> Gelenkerguß,<br />
die Bandlasion und die Arthrose<br />
Auf die wesentlichen Begleitsymptome, diagnostische<br />
Verfahren und konservative Therapieverfahren wurde eingegangen<br />
Stemau (Aachen) stellte in seinem Ubersichtsreferat allgemeine<br />
und spezielle trainingsmethodische Grundlagen<br />
vor Ziel eines muskulären Aufbautrainings beinhaltet den<br />
Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Afferenzen, die Anbahnung und Innervationsschulung,<br />
die Verbesserung <strong>der</strong> intra- und intermuskularen<br />
Koordination, den Aufbau <strong>der</strong> Muskelmasse,<br />
die Erweiterung <strong>der</strong> Kraftausdauer, die Verbesserung <strong>der</strong><br />
neuromuskularen Qualität sowie das Alltags- und sportartspezifische<br />
Koordinationstraining<br />
Zur Entwicklung <strong>der</strong> Kraftausdauer sollte die Intensität<br />
50% <strong>der</strong> Maximalkraft betragen Außerdem sind 5 bis 12<br />
Wie<strong>der</strong>holungen und 3 bis 5 Serien zu planen Die Pausen<br />
sollten nicht kurzer als 3 min sein<br />
Die Vor- und Nachteile des isometrischen Trainings (kurze<br />
Belastungszeit, Einbezug kleiner Muskeln, keine For<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Muskelausdauer und Koordination u a) und<br />
des dynamischen Trainings (gute Ausdauer- und Konditionsschulung,<br />
geringer Kraftzuwachs u a) wurden vorgestellt<br />
Aus pädagogischer Sicht sind beim Rehabihtationstraining<br />
u a die Abnahme <strong>der</strong> Bewegungsangst, die Kenntnisvermittlung<br />
des Therapiezieles (erhöhte Comphance)<br />
und die Schulung <strong>der</strong> Korperwahrnehmung sowie Sensibilität<br />
in den Vor<strong>der</strong>grund zu stellen<br />
Bei <strong>der</strong> Kniegelenkrehabilitation sind 3 bis 4 TE/Woche<br />
vorzusehen<br />
Glitsch (Köln) und Prof Dr Koebke (Köln) gingen auf morphologische<br />
Strukturen und funktionelle wie biomechanische<br />
Aspekte am Kniegelenk ein<br />
Durch die Spezifik gelenkbilden<strong>der</strong> Elemente kommt es<br />
zu einer speziellen natürlichen Beanspruchung, die in ihrem<br />
Maximum in <strong>der</strong> Mitte des Gelenkes liegt Bei dem<br />
Sporttreiben kommt dann noch die sportliche Belastung<br />
dazu, die — differenziert nach den Sportarten — sagittal,<br />
frontal und transversal auftreten können<br />
Das Kniegelenk stellt somit nicht nur das größte, son<strong>der</strong>n<br />
auch das komplizierteste Gelenk dar<br />
Deshalb treten auch 25% aller Sportverletzungen am<br />
Kniegelenk auf<br />
Bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Beanspruchung sind biomechanisch<br />
u a die vertikale Bodenreaktionskraft, die Gelenkund<br />
Netomomente sowie die Patellasehnenkrafte zu<br />
berücksichtigen Durch eine entsprechende Wahl <strong>der</strong><br />
Sportboden kann die Belastung auf das Kniegelenk gesteuert<br />
werden (Tartanbahn stellt die höchste Belastung<br />
dar)<br />
Die Gelenke <strong>der</strong> unteren Extremitat werden auch sportartspezifisch<br />
unterschiedlich belastet So liegt die Beanspruchung<br />
beim Sprung mehr auf dem Kniegelenk und beim<br />
Laufen mehr auf dem Sprunggelenk<br />
IMeukönigsför<strong>der</strong> Mineraltabletten<br />
in Apotheken<br />
340
Kongreßberichte<br />
Als praktische Hinweise zur Entlastung des Kniegelenkes<br />
sollte man Tiefkniebeugen vermeiden, die Sprunghöhe<br />
niedrig wählen, auf flache Fußaufsätze achten, Landematten<br />
benutzen, ein richtiges Schuhwerk wählen und die<br />
Bewegungsausführung ständig korrigieren.<br />
Dr. Herrmann (Frankfurt) erörterte die klassischen Untersuchungsmethoden<br />
(klinische, apparative) und hob hervor,<br />
daß sich für die Beurteilung <strong>der</strong> Kreuzbän<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Lachmann-Jes\ sehr bewährt hat. Er stellte einen EDVgerechten<br />
spezifischen Dokumentationsbogen für das<br />
Kniegelenk vor. Prof. Dr. Vogel (Hamburg) gab einen<br />
Überblick über die Indikation, Technik und Aussagefähigkeit<br />
<strong>der</strong> Doppelkontrast-Arthrographie.<br />
Sie kann die Menisken, den Gelenkknorpel, die Bän<strong>der</strong>,<br />
den Knochen, den Rezessus und die Synovia beurteilen.<br />
Weiterführende Verfahren stellen die Schnittbildverfahren<br />
(Computer- und Kernspintomographie) dar.<br />
Es bestehen heute bei <strong>der</strong> Arthrographie kaum nennenswerte<br />
Risiken.<br />
Dr. Schain (Hannover) ging auf pathophysiologische<br />
Aspekte des Gelenkknorpels ein.<br />
Die Verän<strong>der</strong>ungen des Gelenkknorpels stellen die häufigste<br />
Erkrankung am Kniegelenk dar.<br />
Bei <strong>der</strong> Beurteilung des Gelenkknorpels muß man jedoch<br />
das Gelenk als funktioneile Einheit betrachten, um keine<br />
Fehlbeurteilung zu provozieren. So haben z.B. die Chondrozyten<br />
einen komplizierten Versorgungsweg (synovialer<br />
Transitweg, subchondrale Knochenzone), <strong>der</strong> vielfältig<br />
gestört werden kann.<br />
Eine Arthrosis im Kniegelenk kann durch Adipositas, Bewegungsmangel,<br />
Überlastungen und Traumata geför<strong>der</strong>t<br />
werden. Dr. Nolte (Straubing) stellte die konservativen<br />
und operativen Methoden bei <strong>der</strong> Gonarthrose gegenüber.<br />
Generell sollten zuerst die konservativen Maßnahmen<br />
(Physiotherapie, Pharmakotherapie) ausgeschöpft<br />
werden.<br />
Als operative Maßnahme kommen die arthroskopische<br />
Therapie (Knorpelglättung, Probenentnahme u.a.), die<br />
Umstellungsosteotomie und die prothetische Versorgung<br />
in Frage.<br />
Dr. Sattler (Bad Homburg) gab eine Einschätzung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> zweidimensionalen Arthrosonographie.<br />
Sie stellte eine wichtige ergänzende Methode dar.<br />
Es bestehen praktisch keine Kontraindikationen.<br />
Beurteilt werden können Arthrosen, Arthritiden, Bursitiden,<br />
Sa/cer-Zysten, Morbus Schlauer, Osteochondrosis<br />
dissecans, Patellaspitzensyndrom, Gelenktumoren (Sipon,<br />
Fibrom, Lymphangiom, Metastasen u.a.), arteriosklerotische<br />
Prozesse und teilweise Meniskus- sowie<br />
Kreuzbandläsionen (echoarm).<br />
Dr. de Bout (Sendenhorst) erörterte die wesentlichen<br />
Möglichkeiten für die Knieprothesen (LCS-Knie) unter Beachtung<br />
einer möglichst guten Bandstabilität.<br />
Neben den verschiedenen Techniken wurden auch zahlreiche<br />
Therapieverläufe vorgestellt.<br />
Dr. Haus (München) machte Ausführungen zur Innvervation<br />
des vor<strong>der</strong>en Kreuzbandes. Es wird durch efferente<br />
und afferente Nerven innerviert.<br />
Der pflanzliche<br />
Appetithemmer<br />
bei Reduktions-Diät<br />
Decorpa<br />
DeCOrpa<br />
• enthält als pflanzlichen Monowirkstoff<br />
Sterculia (Karaya), ein<br />
Polysaccharid, das gegenüber<br />
an<strong>der</strong>en Quell- und Faserstoffen<br />
zwei Vorteile hat:<br />
-das unübertroffen hohe<br />
Wasserbindungsvermögen<br />
(Quellzahl 60-100),<br />
-die enzymatische und bakterielle<br />
Nichtabbaubarkeit.<br />
• besitzt hohe Sättigungskraft.<br />
• verhin<strong>der</strong>t negative Sekundäreffekte<br />
<strong>der</strong> Diät.<br />
• zeigt keine Wirkung auf ZNS,<br />
Herz-/Kreislaufsystem o<strong>der</strong><br />
Psychomotorik.<br />
Decorpa unterstützt Ihren Diätplan auf<br />
effiziente und risikolose Weise.<br />
Zusammensetzung: 1 Beutel (7 g) Deoorpa enthsalt Sterculia (Karaya) 5 6 g,<br />
Anwendungsgebiete: Zur Appetitmin<strong>der</strong>ung beei allen Formen des Übergewichts<br />
Gegenanzeigen: Verengungen im Magjen-Darmtrakt, Heus Dosierungsanleitung:<br />
3 x täglich 1 Beutel voll Decorpaa 1/2 - 1 Std vor dem Essen<br />
unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (1 Glas) hinafcospulen Dauer <strong>der</strong> Anwendung:<br />
Decorpa kann zeitlich unbefristet angewemdet werden Darreichungsform<br />
und Packungsgrößen: Granulat zu 30 Beuteel a 7 g DM 18,80, 300 Beutel<br />
(10 x 30) a 7 g DM 136,- (AP)<br />
norgineGmbH<br />
3550 Marburg 1 Postfach 1840<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 341
Kongreßberichte<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
Als terminale Nervenstrukturen sind die freien Nervenendigungen,<br />
die Pacini- und fluff/n/'-Körperchen bekannt. Sie<br />
überwachen die biomechanischen Modalitäten im Kniegelenk<br />
(Größe <strong>der</strong> Zugkraft, Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kraftrichtung<br />
und Zugkraft, Anzeige <strong>der</strong> Gelenkbewegung u.a.).<br />
Aus diesem Grunde sollte zur Erhaltung des neurophysiologischen<br />
Regelkreises möglichst das vor<strong>der</strong>e Kreuzband<br />
geschont werden. Bei Ausfall ist ein neurophysiologisches<br />
Trainingsprogramm erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Dr. Singewald (Hannover) berichtete über Erfahrungen<br />
bei <strong>der</strong> Rehabilitation nach Rekonstruierung des vor<strong>der</strong>en<br />
Kreuzbandes.<br />
Ziel <strong>der</strong> Rehabilitation ist es, die mechanische Stabilisierung<br />
zu erreichen, die Gelenkfunktion zu verbessern und<br />
Folgeschäden zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Die funktionelle Nachbehandlung umfaßt die unmittelbare<br />
postoperative Phase (Bewegungsschiene) und die Aufbauphase,<br />
wo die Schulung des Bewegungsgefühls und<br />
Balance, die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kraft, Ausdauer und Koordination<br />
sowie die Korrektur des Gangbildes im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stehen.<br />
Dr. Schießler (Nürnberg) und Dr. Jensen (Gießen) gingen<br />
auf verschiedene Techniken und Implantationskriterien<br />
beim vor<strong>der</strong>en Kreuzband (Notch-Plastik, Semitendineusschlinge)<br />
sowie auf die Transplantationsergebnisse ein.<br />
Die Indikation wird dabei beeinflußt durch das Patientenalter,<br />
die Aktivitätsstufe (Breitensport, Leistungssport<br />
u.a.) und den Verletzungstyp.<br />
Beide operative Methoden erreichten im Lysholm-<br />
Punkteschema eine hohe Bewertung. Die Vor- und Nachteile<br />
dieser Methoden und die spezifischen Rehabilitationsmaßnahmen<br />
wurden vorgestellt.<br />
Durch Prof. Dr. Ramotowsky (Warschau) wurde ein neuartiges<br />
Osteosyntheseverfahren gezeigt, das eine spezielle<br />
gewebeschonende Technik verwendet (ALTO-TIX).<br />
Dabei werden äußere Spanner mit Schrauben durch die<br />
Weichteile im Knochen angelegt, so daß zusätzliche operative<br />
Weichteilverletzungen vermieden werden können.<br />
Herr Meissner (Fulda) erörterte ein medizinisches Aufbautraining<br />
nach Immobilisation am Kniegelenk bis zur Sport-<br />
Äff##* er * Direkt aus <strong>der</strong> Offizin <strong>der</strong> Natur. ."><br />
... kommt Kieselerde, die das essentielle<br />
Spurenelement Sihcium enthält. Gereinigt und<br />
hochaktiv - als Pulver o<strong>der</strong> Tabletten - dient<br />
sie <strong>der</strong> Vorbeugung von Kieselsäure-Mangelerscheinungen.<br />
Mit <strong>der</strong> Festigkeit von Zähnen,<br />
Nägeln, Knochen, Frische <strong>der</strong> Haut und<br />
glänzendem Haar dankt <strong>der</strong> Körper für diese<br />
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an' OP-100 und 200 g Pulver, 60 und<br />
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Eine Packung Pulver enthält<br />
100 o<strong>der</strong> 200 g, eine Tablette enthält 0,81 g<br />
Kieselerde, Terra<br />
silicea purific.<br />
Flügge-Diat ^Flügge<br />
Stuttgart 50<br />
\^ ... wohlbekannt - wohlbewährt<br />
fähigkeit. Das Hauptprinzip ist dabei die Mobilisation bei<br />
gleichzeitiger Stabilisierung <strong>der</strong> Gelenkstrukturen. Er teilte<br />
die Rehabilitation in vier wesentliche Phasen ein:<br />
1. Phase = manuelle Behandlung<br />
2. Phase = Bewegungsschulung<br />
3. Phase = Aufbau <strong>der</strong> konditionellen Voraussetzungen<br />
(statische, dynamische Kraftübungen)<br />
4. Phase = sportartspezifisches koordinatives und konditionelles<br />
Training<br />
Danach sprach Prof. Dr. Kust (Warschau) zu möglichen<br />
Nervenläsionen bei <strong>der</strong> operativen Versorgung <strong>der</strong> unteren<br />
Extremität (N. peroneus, N. saphenius u.a.).<br />
Prof. Dr. Wünsche (Nürnberg) und Dr. Erbel (Köln) gingen<br />
auf die Pathomorphologie akuter und chronischer Meniskusschäden,<br />
auf das diagnostische Spektrum, die operative<br />
Indikationsstellung, die verschiedenen operativen<br />
Techniken sowie die postoperative Prognose ein.<br />
Die übersichtliche Darstellung faßte anschaulich den bisherigen<br />
Erkenntnisstand zusammen.<br />
Am Schluß des Symposiums wurden noch zwei übergreifende<br />
Themen abgehandelt, die sich spezifisch auf die<br />
Sportmedizin ausrichteten.<br />
Dr. Greke (Frankenberg/E<strong>der</strong>) stellte die Möglichkeiten<br />
und Grenzen <strong>der</strong> sportmedizinischen Tätigkeit bei einem<br />
nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt vor.<br />
Dr. Classing griff das delikate Dopingproblem auf und<br />
stellte fest, daß dieser Aspekt nicht nur im Leistungssport,<br />
son<strong>der</strong>n auch in bestimmten Sportarten des Breitensports<br />
eine gewisse Rolle spielt (Bodybuilding).<br />
Über das Referateprogramm hinaus wurde ein Workshop<br />
durchgeführt, wo den Teilnehmern trainingsmethodische<br />
Aspekte im Rehabilitationssport nach Verletzungen im<br />
Kniegelenk vorgestellt wurden und wo die Möglichkeit bestand,<br />
die praktische Handhabung <strong>der</strong> Arthroskopie am<br />
Phantomknie zu erlernen. Außerdem wurde die Tape-<br />
Technik für die untere Extremität vorgestellt.<br />
Das wissenschaftliche und praktische Programm wurde<br />
durch eine umfangreiche Industrieschau ergänzt.<br />
Zur Auflockerung und zum gegenseitigen Kennenlernen<br />
wurde am ersten Abend für die Symposium-Teilnehmer<br />
ein Waldhessen-Abend organisiert, wo es neben einer<br />
Spezialitätenküche aus Osthessen zahlreiche kulturelle<br />
Darbietungen (Volkstanz, Kunstradfahren, Karate u.a.)<br />
gab.<br />
Es bestand auch die Möglichkeit, die gleichzeitig stattfindenden<br />
Bad Hersfel<strong>der</strong> Festspiele (Faust 1, Kohlhaas) in<br />
<strong>der</strong> Stiftsruine zu besuchen.<br />
Den Abschluß des Symposiums bildete am Sonntag ein<br />
Tennis-Turnier um den „Julius-Pokal".<br />
Für 1991 ist ein weiteres interdisziplinäres Symposium<br />
vorgesehen (5. bis 7. Juli 1991), das sich beson<strong>der</strong>s mit<br />
dem Hüftgelenk und den arteriellen Durchblutungsstörungen<br />
beschäftigen wird.<br />
Die schöne Umgebung und die komfortablen Kongreßbedingungen<br />
in Bad Hersfeld haben den Aufenthalt und den<br />
Erfolg des Symposiums wesentlich beeinflußt.<br />
W. Bringmann<br />
342
Pressegespräch zur Thematik<br />
„Messen <strong>der</strong> Hirndurchblutungsstörungen"<br />
(Bedeutung für Diagnostik<br />
und Therapie)<br />
„Schlaganfall — eine typische Zivilisationskrankheit", in<br />
diesem Referat sagte Prof. Dr. K. Einhäupl (München)<br />
u.a. folgendes:<br />
Zerebrovaskuläre Erkrankungen bilden die dritthäufigste<br />
Todesursache in den westlichen Industrielän<strong>der</strong>n nach<br />
Herzinfarkt und Krebs. Zirka 350000 Bundesbürger erleiden<br />
jährlich einen Schlaganfall, mehr als 100000 von ihnen<br />
sterben daran. Patienten, die einen Schlaganfall<br />
überlebten, bleiben oft lebenslang behin<strong>der</strong>t.<br />
In den meisten Fällen ist ein Schlaganfall ein akutes Geschehen,<br />
das innerhalb von Minuten seine volle Ausprägung<br />
erhalten kann. Je nach Schwere des Ereignisses<br />
und in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Lokalisierung im Gehirn<br />
kommt es in <strong>der</strong> Folge entwe<strong>der</strong> zum Tode o<strong>der</strong> zu Lähmungen,<br />
Bewußtseinsverlust, kommunikativen Störungen,<br />
Wahrnehmungsstörungen, Störungen <strong>der</strong> Sehfähigkeit<br />
und zum Verlust <strong>der</strong> motorischen Kontrolle, erwähnte<br />
Einhäupl.<br />
Die Formen des Schlaganfalls sind folgende: Im klinischen<br />
Sprachgebrauch wird für die Charakterisierung <strong>der</strong><br />
zerebralischämischen Zustände zwischen <strong>der</strong> transitonschen<br />
ischämischen Attacke (TIA), dem prolongierten<br />
reversiblen neurologischen Defizit (PRIND) und dem kompletten<br />
Schlaganfall unterschieden.<br />
Bei einer TIA handelt es sich um eine vorübergehende<br />
Durchblutungseinschränkung in einem Teil des Gehirns.<br />
Zu den Symptomen zählen Taubheit o<strong>der</strong> Schwäche in<br />
einem Arm o<strong>der</strong> Bein, Verlust des Sehvermögens auf einem<br />
Auge o<strong>der</strong> in einem bestimmten Blickfeld, Verlust<br />
<strong>der</strong> Sprache o<strong>der</strong> des Sprachverständnisses und Schwindelgefühl.<br />
Eine TIA darf definitionsgemäß nicht länger als<br />
24 Stunden andauern. Zeigen sich die Symptome länger<br />
als einen Tag, jedoch kürzer als eine Woche, spricht man<br />
von einem PRIND. Die beiden Hauptgruppen des Schlaganfalls<br />
sind die ischämischen und die hämorrhagische<br />
Form. Ischämische Schlaganfälle, die ungefähr 80 Prozent<br />
<strong>der</strong> Fälle ausmachen, werden durch ein Blutgerinnsel<br />
verursacht, das die Zirkulation in einem o<strong>der</strong> mehreren<br />
Blutgefäßen unterbricht.<br />
Die Mehrzahl <strong>der</strong> ischämischen Schlaganfälle sindthromboembolisch.<br />
Ursache ist ein Thrombus, <strong>der</strong> sich entwe<strong>der</strong><br />
in einer Arterie, die zum Gehirn führt, in einem Hirngefäß<br />
o<strong>der</strong> an irgendeiner Stelle des Gefäßsystems gebildet<br />
hat und durch den Blutstrom zum Gehirn gelangt ist. Ein<br />
kleinerer Teil <strong>der</strong> ischämischen Schlaganfälle entsteht<br />
lakunär auf dem Boden einer Gefäßblockade in sehr kleinen<br />
Blutgefäßen im Gehirn, die durch verschiedene<br />
Krankheiten verursacht sein kann.<br />
Hämorrhagische Schlaganfälle entstehen als Folge von<br />
Blutungen aus geplatzten Blutgefäßen. Intrazerebrale<br />
Schlaganfälle, bei denen die Blutung innerhalb des Gehirns<br />
erfolgt, werden von Subarachnoidalblutungen, bei<br />
denen es zu Blutungen zwischen Gehirn- und Schädel-<br />
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Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 343
Kongreßberichte<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />
wand kommt, unterschieden. Hämorrhagische Schlaganfälle<br />
können auf zwei Arten zu Schädigungen führen: einmal<br />
durch Entzug <strong>der</strong> normalen Durchblutung und zum<br />
an<strong>der</strong>en durch Druckausübung auf das Hirngewebe.<br />
Die Risikofaktoren sind sehr vielseitig. Einer <strong>der</strong> Hauptrisikofaktoren<br />
für die Entstehung des Schlaganfalls ist <strong>der</strong><br />
über lange Zeit hinweg erhöhte Blutdruck. Ein unbehandelter<br />
Bluthochdruck führt dazu, daß die Wände <strong>der</strong> Arterien<br />
an Elastizität verlieren und die Wi<strong>der</strong>standskraft <strong>der</strong><br />
Gefäßwände abnimmt. Bei plötzlichem Blutdruckanstieg,<br />
kann dann ein Blutgefäß platzen und es zu einer Hirnblutung<br />
kommen.<br />
Frühere Schlaganfälle, vorausgegangene TIA und kardiale<br />
Krankheiten, wie zum Beispiel entzündliche Herzklappenkrankheiten<br />
und Vorhofflimmern, erhöhen das<br />
Schlaganfallrisiko. Auch die Zuckerkrankheit, <strong>der</strong> Diabetes<br />
mellitus, begünstigt, wenn er schlecht eingestellt ist,<br />
die Entstehung eines Schlaganfalls. Als weiterer Risikofaktor<br />
ist das Rauchen anzusehen. Nikotin för<strong>der</strong>t die Entstehung<br />
<strong>der</strong> Atherosklerose und erhöht den Blutdruck.<br />
Und auch hohe Cholesterinwerte im Blut, die eng mit <strong>der</strong><br />
Entstehung <strong>der</strong> Atherosklerose verbunden sind, steigern<br />
das Risiko eines Schlaganfalls.<br />
— hpl —<br />
45. Tagung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten<br />
3. bis 6. Oktober 1990 in Essen<br />
Auf <strong>der</strong> Tagung war zu erfahren, daß<br />
— die nicht-ulzeröse Dyspepsie, auch als Reizmagen bekannt,<br />
eine Erkrankung ist, die in <strong>der</strong> täglichen Praxis oft<br />
zum Problem wird. Heute besteht die Tendenz, sie in<br />
mehrere Gruppen einzuteilen, nämlich in einen Säuretyp<br />
mit Beschwerden, die ähnlich sind wie bei einem Ulkus<br />
o<strong>der</strong> bei einer gastroösophagealen Refluxerkrankung,<br />
und in eine etwas größere Gruppe, die Zeichen einer gestörten<br />
Magenentleerung aufweist.<br />
Wahrscheinlich ist die Motilität bei diesen beiden Gruppen<br />
gestört und für das Beschwerdebild <strong>der</strong> Patienten<br />
verantwortlich, bei denen sich eine antrale Hypomotilität<br />
sowie Störungen <strong>der</strong> antroduodenalen Koordination nachweisen<br />
lassen. Aufgrund dieses Pathomechanismus kann<br />
man erwarten, daß Prokinetika bei <strong>der</strong> symptomatischen<br />
Behandlung dieser Beschwerden effektiv sind. Dies geht<br />
u.a. aus einer Studie von Rösch hervor, <strong>der</strong> zwar auch<br />
durch Plazebo bei einer Reihe von Patienten eine Besserung<br />
erzielen konnte, doch wurde mit dem Prokinetikum<br />
Cisaprid eine vergleichsweise schnellere Abheilung erreicht;<br />
auch ältere Prokinetika wie Metoclopramid können<br />
bei dieser Indikation eingesetzt werden.<br />
Seltener, aber auch schwerwiegen<strong>der</strong> als die Dyspepsien<br />
sind die als Spätkomplikation eines Diabetes mellitus im<br />
Rahmen einer Neuropathie auftretenden Gastroparesen.<br />
Bei diesen Patieten findet sich manometrisch eine Amotilität<br />
zwischen Antrum und Duodenum, die längere Zeit anhält.<br />
Nach Verabreichung von Cisaprid kommt es bereits<br />
innerhalb von 15 Minuten zu kräftigen Kontraktionen, in<br />
einer Studie aus <strong>der</strong> Mayo-Klinik konnte gezeigt werden,<br />
daß im Vergleich zu Plazebo diese Substanz sowohl die<br />
Entleerung flüssiger als auch fester Nahrungsbestandteile<br />
deutlich beschleunigt und daß dieser Effekt auch nach<br />
6 Wochen unverän<strong>der</strong>t vorhanden ist.<br />
Vor kurzem wuirde die überraschende Beobachtung gemacht,<br />
daß das altbekannte Makrolid-Antibiotikum Erythromycin<br />
als Miotilin-Agonist wirkt und eine kräftige Magenentleerung<br />
in Gang setzen kann. Erythromycin bindet<br />
an die Rezeptoren des Peptidhormons Motilin und dürfte<br />
über diesen Mechanismus zur Wirkung gelangen. Eine<br />
kürzlich in den USA veröffentlichte Studie hat den Effekt<br />
dieser Substanz in niedrigen, subantibiotisch wirkenden<br />
Dosierungen geprüft, es fand sich auch bei Patienten mit<br />
Gastroparese eine beschleunigte Magenentleerung. Im<br />
Gegensatz zu Cisaprid ist die Wirkung von Erythromycin<br />
jedoch auf die gastroduodenale Region beschränkt. Es<br />
handelt sich hier um ganz neue Befunde, die noch überprüft<br />
werden müssen, bevor sich daraus therapeutische<br />
Empfehlungen ableiten lassen. (P. Layer, Essen)<br />
— die zur Prophylaxe von Streßblutungen bei Intensivpatienten<br />
eingesetzten Substanzen, nämlich H2-Blocker, Pirenzepin,<br />
Sucralfat und Antazida, mit wenigen Ausnahmen<br />
etwa gleich wirksam sind. Die Ausnahmen betreffen<br />
Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma und mit spinalen<br />
Läsionen, hier ist Pirenzepin den Hz-BJockern offenbar<br />
überlegen. Bei vergleichbarer Effektivität mehrerer Medikamente<br />
kommt <strong>der</strong>en Nebenwirkungen vorrangige Bedeutung<br />
zu. Es geht hier vor allem um die Frage, ob und<br />
wieweit eine Streßblutungsprophylaxe mit H2-Antagonisten<br />
o<strong>der</strong> mit Antazida zu einer Erhöhung <strong>der</strong> Pneumonierate<br />
führt. Ursache dieser Diskussion war die Beobachtung,<br />
daß es in direkter Korrelation zum Magensaft-pH zu<br />
einer Keimbesiedlung des Magens kommt, vor allem mit<br />
gramnegativen Keimen. Oberhalb eines Grenzwertes, <strong>der</strong><br />
bei einem pH von etwa 4 liegt, findet man nur noch bei<br />
20% <strong>der</strong> Patienten einen sterilen Magensaft. Bei primär<br />
saurem Magensaft kommt es unter <strong>der</strong> üblichen Dosierung<br />
eines H2-Blockers bei 8 von 10 Patienten innerhalb<br />
von 24 Stunden zu einem Anstieg des pH-Wertes von<br />
deutlich über 4, während dies unter Pirenzepin nur bei 1<br />
von 10 Patienten <strong>der</strong> Fall ist.<br />
Beim Vergleich zwischen Antazida und Sucralfat fand<br />
Dirks unter dem letzteren signifikant weniger Besiedlungen<br />
des Magensafts als unter einer Antazida-Prophylaxe.<br />
344
Kongreßberichte<br />
Bei einer Meta-Analyse fand sich beim Vergleich<br />
zwischen Sucralfat und Antazida eine mit etwa 40% signifikante<br />
Reduktion <strong>der</strong> Pneumonierate unter dem Schleimhautprotektivum<br />
Sucralfat; ein Vergleich mit H2-<br />
Antagonisten führte zu ähnlichen Ergebnissen. Es gibt<br />
allerdings zwei Studien, die hier aus dem Rahmen fallen<br />
und bei denen die Pneumonierate unter H2-Blockem geringer<br />
lag als unter Sucralfat.<br />
Wenn es hier Unterschiede gibt und wenn eine medikamentöse<br />
Verringerung <strong>der</strong> Pneumonierate nicht in allen<br />
Studien nachweisbar ist, so läßt sich dies damit erklären,<br />
daß die Entwicklung einer Pneumonie bei Intensivpatienten<br />
von einer Reihe von Faktoren abhängt. Hierzu zählen<br />
u.a. die Dauer <strong>der</strong> Beatmung, die Schwere <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung,<br />
eine notwendige enterale Ernährung sowie<br />
das Vorliegen einer Magen-Darm-Atonie. Bei nichtbeatmeten<br />
Patienten und bei solchen mit min<strong>der</strong>schwerer<br />
Grundkrankheit ist mit einer niedrigen Pneumonierate zu<br />
rechnen, hier bringt eine Prophylaxe mit Sucralfat, Antazida<br />
o<strong>der</strong> hb-Blockem keinen therapeutischen Gewinn. (M.<br />
Tryba, Bochum)<br />
— bei <strong>der</strong> Behandlung eines durch Leberzirrhose verursachten<br />
Aszites mit dem klassischen Schleifendiuretikum<br />
Furosemid innerhalb von 30 Minuten ein maximaler natriuretischer<br />
Effekt erreicht werden kann, <strong>der</strong> aber dann<br />
über eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-<br />
Systems wie<strong>der</strong> gegenreguliert wird. Dabei kommt es zu<br />
einem Rebound-Effekt, d.h., die Patienten haben in <strong>der</strong><br />
danach folgenden Zeit eine geringere Natriumausscheidung.<br />
Zu den Neuentwicklungen auf diesem Gebiet gehört<br />
das (noch nicht im Handel befindliche) Torasemid,<br />
ein Schleifendiuretikum vom Furosemidtyp, welches sich<br />
durch einen protrahierten Wirkmechanismus und durch<br />
eine etwas an<strong>der</strong>e Kinetik auszeichnet. Aufgrund pharmakodynamischer<br />
Untersuchungen kann man davon ausgehen,<br />
daß diese Substanz für die Behandlung des Aszites<br />
besser geeignet ist, weil sie nicht zu einem Rebound-<br />
Effekt führt, doch gibt es hierzu bislang noch keine klinischen<br />
Daten.<br />
Unabhängig davon, welches <strong>der</strong> neuen o<strong>der</strong> auch nicht<br />
mehr ganz so neuen Diuretika man verwendet, man<br />
kommt in den verschiedenen Studien immer zu gleichen<br />
Resultaten: Wenn Aszites-Patienten mit einem Schleifendiuretikum<br />
vom Typ des Piretanid in <strong>der</strong> üblichen Dosis<br />
behandelt werden, erweist sich mehr als die Hälfte von<br />
ihnen als Respon<strong>der</strong>, die übrigen sind Nicht-Respon<strong>der</strong>.<br />
Wenn man bei letzteren versucht, die Dosis zu steigern,<br />
so bringt dies erfahrungsgemäß nicht viel. Wenn man jedoch<br />
Spironolacton hinzugibt, geht es besser. Die Lehre<br />
aus verschiedenen Studien ist, daß man versuchen sollte,<br />
das Nephron an mehreren Punkten anzugreifen und an<br />
verschiedenen Stellen die gesteigerte Natrium-Reabsorption<br />
zu blockieren. Mit diesem Konzept können Erfolgsraten<br />
von 80 bis 90% erreicht werden; für die restlichen<br />
Patienten können dann alternative Verfahren gewählt<br />
werden. (J. Schölmerich, Freiburg/Br.)<br />
-mpl-<br />
N<br />
die ausgewogene Kombination<br />
bewährter Heilpflanzenöle<br />
• löst den Krampf<br />
• beseitigt den Schmerz<br />
• beruhigt den Magen<br />
Zusammensetzung: 10 ml Aspasmon-Tropfen enthalten Pfeffermmzol 0,7 ml,<br />
Anisol 0,4 ml, Kummelöl 0,3 ml Anwendungsgiebiete: Magen- und Darmbeschwerden,<br />
insbeson<strong>der</strong>e krampfartige Beschwerden, Völlegefühl Blähungen,<br />
Übelkeit, Appetitlosigkeit Zur unterstuttzenden Therapie bei Bronchialasthma<br />
Gegenanzeigen. Allergie gegen Aneethol Beson<strong>der</strong>e Hinweise:<br />
Aspasmon enthält 70 Vol-% Alkohol Dosierumgsanleitung: Soweit nicht<br />
an<strong>der</strong>s verordnet, werden mehrmals täglich 25 Tropfen in Wasser o<strong>der</strong> auf<br />
Zucker genommen, Kin<strong>der</strong> entsprechend wenigjer Darreichungsform und<br />
Packungsgröße: Tropfen zu 15 ml DM 9 95<br />
norgineGmbH<br />
3550 Marburg 1 Postfach 1840<br />
Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 345
Industrie-Informationen<br />
Das unter dieser Rubrik zur Veröffentlichung kommende Material wird von den Firmen zur Verfugung gestellt<br />
Deshalb erscheinen diese Meldungen außerhalb <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Schnftleitung<br />
Mit Homöopathie gegen Polhnosis<br />
Das homöopathische Kombinationspraparat luffa-loges <strong>der</strong> Firma<br />
Dr Loges + Co ergab anhand von umfassenden Fallstudien<br />
in <strong>der</strong> HNO- bzw Padiatnschen Praxis einen deutlichen Ruckgang<br />
aller auf allergischer Disposition beruhenden entzündlichen<br />
Erkrankungen des Respirationstraktes mit ophtalmologischem<br />
Befall<br />
Selbst bei schwersten Erscheinungsformen zu Behandlungsbeginn<br />
wurde bereits nach 3 Wochen ohne sonstige Begleitmedikation<br />
nahezu Beschwerdefreiheit erreicht<br />
Die Prüfung testierte luffa-loges vor allen Dingen eine gute Prophylaxewirkung<br />
bei Pollenallergie Ohne Desensibilisierungsmaßnahmen<br />
verhin<strong>der</strong>te das geprüfte luffa-loges, ca 4 Wochen<br />
vor <strong>der</strong> ersten Pollenexposition gegeben, nachweislich einen<br />
massiven Pollinosisausbruch<br />
Die Kapillarpermeabilitat und die Sekretproduktion wur<strong>der</strong>v unter<br />
<strong>der</strong> Gabe von luffa-loges deutlich herabgesetzt Dadurch konnte<br />
weitgehend auf die nicht unproblematische Zusatzmedikation<br />
von Antihistammika und Kortikosteroiden verzichtet werden<br />
luffa-loges enthalt potenzierte Pflanzenzubereitungen aus Luffa<br />
operculata, Sabadilla, Galphimia glauca und Cardiospermum<br />
Angocin Salbe / Angocin N Salbe<br />
Die Firma Repha Gmbh, Biologische Arzneimittel, 3012 Langenhagen,<br />
teilt mit, daß das Präparat Angocin Salbe ab sofort in<br />
geän<strong>der</strong>ter Zusammensetzung unter <strong>der</strong> neuen Bezeichnung<br />
Angocin N Salbe in den Handel kommt Der Bestandteil Extr Tropaeoh<br />
sicc wurde eliminiert Umtausch o<strong>der</strong> Rücknahme ist<br />
nicht vorgesehen, da noch im Handel befindliche Ware gemäß<br />
den gesetzlichen Bestimmungen abverkauft werden kann<br />
OZON-Gerät Fa Hansler, neuwertig, und Thermoregulationsgerat<br />
Fa Pitterhng zu verkaufen<br />
Tel (0 30)493 70 65<br />
Mi 16.00 - 18 00, Sa 10 30 - 12 30 h<br />
Neueinfuhrung arthrex® Cellugel<br />
In arthrex® Cellugel kommt Diclofenac-Naitnum erstmals perkutan<br />
zur Anwendung Klinische Studien beilegen die ausgezeichnete<br />
Freisetzung des Wirkstoffes aus <strong>der</strong> amin-freien Zellulose-<br />
Gelgrundlage und hohe Konzentrationen in <strong>der</strong> Synovialflussigkeit<br />
Die systemische Verfügbarkeit ist jedoch — verglichen mit an<strong>der</strong>en<br />
Darreichungsformen — gering, so daß die typischen Nebenwirkungen<br />
<strong>der</strong> NSAR nicht auftreten Hohe Wirksamkeit bei geringen<br />
Nebenwirkungen die Zukunft <strong>der</strong> Schmerztherapie<br />
Auch <strong>der</strong> Preis ist zukunftsweisend arthrex® Cellugel 50 g DM<br />
7,60, 100 g DM 12,60<br />
Nähere Informationen halt die Sagitta Arzneimittel GmbH, 8152<br />
Feldkirchen-Westerham, für Sie bereit<br />
Die 100er Reihe von Pascoe<br />
Mit Gallopas 100, Legapas 100 und Pascotox 100 stellt Pascoe<br />
Pharmazeutische Präparate GmbH dem Therapeuten jetzt Phytotherapeutika<br />
zur Verfugung, die jeweils nur einen Pflanzenextrakt<br />
mit definiertem Wirkstoffgehalt enthalten Die neuen<br />
Pascoe-Produkte zeichnen sich aus durch<br />
— gleichbleibende Qualität,<br />
— exakte Dosierbarkeit und damit gute Steuerung <strong>der</strong> Therapie,<br />
— gute Verträglichkeit,<br />
— Sicherheit in <strong>der</strong> Therapie<br />
Gallopas 100 enthalt einen Trockenextrakt (5, 3-7, 5 i) aus<br />
Schollkraut, entsprechend 4 mg Gesamtalkaloiden/Tablette Gallopas<br />
100 findet Anwendung in <strong>der</strong> Behandlung von krampfartigen<br />
Beschwerden im Bereich <strong>der</strong> Gallenwege und des Magen-<br />
Darmtrakts Gerade bei den häufigen funktionellen Beschwerden<br />
in diesem Bereich ist es aufgrund seiner milden spasmolytischen<br />
Wirkung sehr gut einsetzbar<br />
Legapas 100 enthalt einen Fluidextrakt aus Cascarannde (1 1,0-<br />
1, 2), entsprechend 40 mg Hydroxyanthracenglykoside pro 1,0 g<br />
Fluidextrakt Legapas 100 eignet sich hervorragend zur Behandlung<br />
von Leber- und Gallenleiden mit begleiten<strong>der</strong> Obstipation<br />
Pascotox 100 wird als unspezifisches Imrmunstimulans zur Steigerung<br />
<strong>der</strong> körpereigenen Abwehrkrafte eingesetzt Hier kommt<br />
ein Trockenextrakt aus Sonnenhutwurzeln (Echinacea/6, 1-7,<br />
2 1) in einer Konzentration von 3 mg je Tablette zur Anwendung<br />
Duoventrin® Magenpulver<br />
Kurzwelle Ultratherm 608<br />
für 850 DM zu verkaufen<br />
Tel (0 83 74)13 14<br />
Laser-Akupunktur-Gerät, neuwertig zu<br />
verkaufen<br />
Tel (0 58 23)70 52<br />
— Schutz <strong>der</strong> Schleimhaut und Rezidivprcophylaxe<br />
— Ehminierung des Campylobacter pylori lund an<strong>der</strong>er aggressiver<br />
Faktoren<br />
— Darmsanierung nach Durchfallerkrankiungen<br />
— Wundheilung<br />
Das basische Wismutsalz (Bismuthi subniitras) und die Schleimstoffe<br />
des Leinsamens (Lim semen) gewährleisten durch die Bildung<br />
eines Schutzfilmes auf <strong>der</strong> Magenschleimhaut die zuverlässige<br />
Wirkung von Duoventrin®<br />
Das basische Wismutnitrat übt zudem eine antiseptische (z B<br />
Campylobacter pylori) und adstnngierende Wirkung aus Daneben<br />
wirkt es sekretionseinschrankend Dies bedeutet Der für die<br />
Magenschleimhautentzündungen und Magen- und Zwolffmgerdarmgeschwure<br />
oft verantwortliche Erreger Campylobacter pylo-<br />
Arztezeitschr f. Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg 347
Industrie-Informationen<br />
n wird durch das Wismutsalz sowohl eliminiert als auch daran gehin<strong>der</strong>t,<br />
die Schleimhautbamere anzugreifen Das Wismut<br />
hemmt einerseits die Ausschüttung aggressiver Faktoren im<br />
Magen, an<strong>der</strong>erseits for<strong>der</strong>t es die Bildung von Magenschleim<br />
(defensiver Faktor)<br />
Zum Ausheilen von Magengeschwüren und zur Rezidivprophylaxe<br />
ist das in Duoventrin® enthaltene Wismutsalz somit bestens<br />
geeignet Eine reaktive Sauresekretion tritt nicht auf<br />
Der Gehalt des Leinsamens an mehrfach ungesättigten Fettsauren<br />
(Linol- und ünolensaure) tragt weiterhin zur Wundheilung<br />
bei Durch seinen Faserstoffanteil wird die Motihtat des Darmes<br />
angeregt und somit die Darmpassage beschleunigt<br />
Der Milchzucker (Lactosum) wirkt ebenfalls leicht abführend und<br />
beseitigt zusammen mit dem Leinsamen die durch das Wismutsalz<br />
hervorgerufene leichte Verstopfung Zusatzlich verbessert<br />
<strong>der</strong> Milchzucker die Baktenenbesiedlung im Verdauungstrakt,<br />
eine unerläßliche Bedingung bei <strong>der</strong> biologischen Behandlung<br />
verschiedener Magen-Darm-Erkrankungen<br />
Zusammensetzung 1 Beutel enthalt Bismuthi subnitras 0,4 g,<br />
Lim semen 2,0 g, Lactosum 2,6 g<br />
Dosierung 3mal taglich vor dem Essen Inhalt eines Beutels in<br />
einem Glas Wasser einnehmen<br />
Handelsform 20 Beutel zu 5 g Pulver<br />
Preis DM 12,90 (Tagestherapiekosten nur DM 1,95)<br />
Hersteller Pharma Schworer GmbH, 6901 Wiesenbach<br />
Zur Wirkweise von Bazoton® können inzwischen folgende experimentell<br />
erhobenen Befunde als gesichert gelten<br />
— Die Konzentration von SHBG und seine Bmdungskapazitat<br />
für Testosteron werden vermin<strong>der</strong>t<br />
— Ostradiol und Ostron werden signifikant reduziert<br />
Aus diesen Ergebnissen laßt sich ableiten, daß Bazoton® an mehreren<br />
Stellen regulierend in die Pathogenese <strong>der</strong> Prostatahyperplasie<br />
eingreift und das bei diesen Patienten bestehende hormonelle<br />
Ungleichgewicht reguliert Es hegt nahe, daß die Reduktion<br />
<strong>der</strong> Ostrogen-Konzentrationen auf einer Hemmung des Enzyms<br />
Aromatase zurückzuführen ist<br />
Die klinische Wirksamkeit von Bazoton® konnte in verschiedenen<br />
Untersuchungen, wie z B von H Feiber (Sonographische Verlaufsbeobachtungen<br />
zum Einfluß <strong>der</strong> medikamentösen Therapie<br />
<strong>der</strong> benignen Prostatahyperplasie (BPH) durch objektive Parameter<br />
eindeutig nachgewiesen werden So ergab sich für Patienten<br />
im Stadium I o<strong>der</strong> II — im Vergleich zu einer Kontrollgruppe<br />
— bereits nach vierwochiger Gabe von Bazoton® in zwei Drittel<br />
<strong>der</strong> Falle eine sonographisch meßbare, deutliche Volumenreduktion<br />
Darüber hinaus zeigte die Uroflowmetne eine signifikante<br />
Verringerung <strong>der</strong> Restharnmenge 75% <strong>der</strong> Patienten waren<br />
restharnfrei bzw gebessert Die subjektiven Beschwerden <strong>der</strong><br />
Patienten hatten deutlich nachgelassen o<strong>der</strong> waren verschwunden<br />
Um unnötige Therapieunterbrechungen auszuschließen und die<br />
medikamentöse Versorgung des Patienten jeweils über längere<br />
Zeiträume sicherzustellen, bietet sich die Verordnung von Großpackungen<br />
an, die möglichst für ein Quartal ausreichen sollten<br />
Für Bazoton® steht eine <strong>der</strong>artige Großpackung mit 3mal 100<br />
Kapseln zur Verfugung Sie bietet, gegenüber <strong>der</strong> herkömmlichen<br />
Packung, einen 10%igen Preisvorteil Abgesehen vom häufigen<br />
Gang zur Apotheke spart <strong>der</strong> Patient damit auch zweimal<br />
die Rezeptgebuhr von DM 3,00<br />
Benigne Prostatahyperplasie<br />
Fast je<strong>der</strong> zweite Mann im Alter von über 50 Jahren muß heute<br />
davon ausgehen, eine benigne Prostatahyperplasie zu entwickeln<br />
Durch eine frühzeitig, d h im Stadium I o<strong>der</strong> II, einsetzende<br />
medikamentöse Behandlung ist es in vielen Fallen möglich,<br />
die Beschwerden <strong>der</strong> Patienten wirksam zu kontrollieren<br />
Dabei ist allerdings eine Langzeittherapie anzustreben Für die<br />
Sicherung des Therapieerfolges erscheint somit eine regelmäßige<br />
Arzneimitteleinnahme ebenso entscheidend wie die gute Verträglichkeit<br />
des Medikamentes<br />
Nach dem heutigen Erkenntnisstand spielen Ostrogene, Androgene<br />
und das sexualhormon-bindende Globulin (SHBG) in <strong>der</strong><br />
Pathogenese <strong>der</strong> Prostatahyperplasie eine wesentliche Rolle Es<br />
ist inzwischen nachgewiesen, daß sich im hyperplastischen Stroma<br />
<strong>der</strong> Prostata sowohl Ostrogen- als auch Androgenrezeptoren<br />
befinden Ostrogene stimulieren beispielsweise das Wachstum<br />
des fibromuskularen Gewebes <strong>der</strong> Prostata Die Ostrogenproduktion<br />
beim Mann steigt mit zunehmendem Lebensalter nahezu<br />
linear an Dieses Ostrogen entsteht aus Testosteron, wobei die<br />
Umwandlung durch das Enzym Aromatase gesteuert wird Erhöhte<br />
Ostrogenkonzentrationen bewirken eine Zunahme von<br />
SHBG Wegen <strong>der</strong> höheren Affinitat des Testosterons zu SHBG<br />
vermin<strong>der</strong>t sich dadurch <strong>der</strong> Anteil an freiem Testosteron Dies<br />
for<strong>der</strong>t ebenfalls die Hyperplasie des Prostatagewebes<br />
Für die Entscheidung unter den zur Verfugung stehenden Prostatapraparaten<br />
sollte berücksichtigt werden, in welchem<br />
Umfang sowohl experimentelle Ergebnisse zur Erklärung <strong>der</strong><br />
Wirkweise als auch klinische Befunde zur objektiven und subjektiven<br />
Besserung <strong>der</strong> Symptomatik vorliegen<br />
Das Urologikum Bazoton® (Kanoldt Arzneimittel) enthalt als Wirkstoff<br />
standardisierten Trockenextrakt aus Radix urticae (ERU)<br />
Es gilt als ein seilt 10 Jahren bewahrtes Präparat für die Behandlung<br />
<strong>der</strong> benigmen Prostatahyperplasie Seine Wirksamkeit ist<br />
sowohl mit experimentellen als auch mit klinischen Studien umfassend<br />
dokumemtiert<br />
Medizinisch-naturheilkundliche Datenbank MediNorm gegründet<br />
Um einer immer starker werdenden Nachfrage nach sinnvollen<br />
Computer-Anwendungen für den Praxis-Alltag gerecht zu werden,<br />
hat die Firma M Brunken, EDV- und Datenservice eine<br />
medizinisch-naturheilkundhche Datenbank MediNorm gegründet<br />
Namhafte Pharmafirmen haben ihre Produkt- und Therapiedaten<br />
bereitgestellt, so daß sich bereits ein respektabler Datenstamm<br />
angesammelt hat<br />
Damit die Anwen<strong>der</strong> mit den Daten arbeiten können, wird zusätzlich<br />
ein anwen<strong>der</strong>freundliches Suchprogramm „TIP" eingesetzt,<br />
damit zeitaufwendiges Suchen nach Daten in Zukunft zum Kin<strong>der</strong>spiel<br />
wird<br />
Weitere Vorteile liegen auf <strong>der</strong> Hand<br />
Durch einen umfassenden Datenservice werden die Daten immer<br />
auf dem neuesten Stand gehalten, so daß <strong>der</strong> Therapeut<br />
stets sofort mit den neuesten und aktuellsten Packungsgroßen,<br />
Inhaltsangaben, Indikationen usw arbeiten kann<br />
Das Informationsmaterial eines jeden Herstellers ist in einheitliche<br />
Strukturen zerglie<strong>der</strong>t, ohne jedoch den originalen Informationsinhalt<br />
zu veran<strong>der</strong>n<br />
Die Suche nach Daten ist in einheitlichen Schlagwortkatalogen<br />
organisiert<br />
Je<strong>der</strong> Softwarehersteller, <strong>der</strong> in seinen Programmen dieses Datenformat<br />
verarbeiten mochte, erhalt eine genaue Datenstrukturbeschreibung,<br />
so daß letztendhch jedes auf dem Markt befindliche<br />
Programm MediNorm-Daten verarbeiten kann<br />
Ab 1991 ist vorgesehen, alle MediNorm-Dienstleistungen auch<br />
online also per Telefon, abrufbar zu machen<br />
Informationen erhalten Sie bei Fa M Brunken, D-6956 Neudenau<br />
2, Kressbachstr 14 o<strong>der</strong> Ihrem Pharma-Referenten<br />
348 Arztezeitschr. f Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.
Adressenän<strong>der</strong>ung<br />
Lieber Bezieher,<br />
lei<strong>der</strong> erhalten wir die ÄRZTEZEITSCHRIFT FÜR<br />
NATURHEILVERFAHREN oft zurück mit dem Hinweis<br />
„unbekannt verzogen".<br />
Im eigenen Interesse bitten wir alle Bezieher, uns<br />
Adressenän<strong>der</strong>ungen rechtzeitig mitzuteilen. Sie<br />
sparen sich und uns Unannehmlichkeiten<br />
Bei Umzug füllen Sie bitte das nebenstehende<br />
Formular aus und senden dies an:<br />
Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH<br />
Postfach 1151/1152<br />
3110 Uelzen 1<br />
Kunden-Nr.:<br />
Name, Vorname:<br />
Alte Anschrift:<br />
Straße:<br />
PIZ/Ort:<br />
Neue Anschrift:<br />
Straße.<br />
Pl 7/Ort:<br />
Nr..<br />
Nr..<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong> Arzte für Naturheilverfahren e V, Sitz Stuttgart, Geschäftsstelle<br />
Bismarckstraße 3,7290 Freudenstadt, sowie die dem <strong>Zentralverband</strong> angeschlossenen<br />
Gesellschaften und Arbeitsgemeinschaften<br />
Internationale medizinische Gesellschaft für Elektroakupunktur nach Dr Voll e V,<br />
Deutsche Gesellschafter Elektroneuraldiagnostik und -therapie nach Croon e V<br />
Deutsche Arztepesellschaft für Akupunktur e V,<br />
Internationale Ärztliche Arbeitsgemeinschaft für HOT (fotobiologische Oxydationstherapie<br />
e V),<br />
Internationale Gesellschaft für Homotoxikologie und antihomotoxische Therapie<br />
e V,<br />
internationale medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie nach Huneke e V,<br />
Deutsche Gesellschaft für Thermographie e V,<br />
Arbeitsgemeinschaft für Mikrobiologische Therapie,<br />
Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsvorsorge,<br />
Arbeitsgemeinschaft für Phytotherapie,<br />
Arbeitskreis für Homöopathie,<br />
Arztegesellschaft für Naturheilverfahren (Physiotherapie) e V Berlin<br />
Schriftleitung:<br />
Dr med K Cn Schimmel, Schloßplatz 8, 7758 Meersburg/Bodensee<br />
(Hauptschnftleiter)<br />
Dr med H Anemueller, 8214 Bernau am Chiemsee (Ernährung)<br />
Dr med L Fodor, Schulgasse 7a, 8393 Freyung (apparative Medizin)<br />
Dr med H Huneke, Erwin-v-Witzleben-Straße 17,4000 Dusseldorf-Nord (Regulationstherapie)<br />
Dr med H -P Legal, Orleansplatz 5, 8000 München 80 (Pressereferent)<br />
Prof Dr med P A Maurer, Harthauser Straße 10e, 8000 München 90 (Psychotherapie)<br />
Prof Dr H Schlicher, Gierkezeile 36/IV 1000 Berlin 10 (Phytotherapie)<br />
Dr med R Wilhelm Schmarjestraße 18,1000 Berlin 37 (Physiotherapie)<br />
Mitteilung <strong>der</strong> Schriftleitung:<br />
Zuschriften mit Originalen (wissenschaftlichen Beitragen), Referate, redaktionelle<br />
Nachrichten und Verbandsangelegenheiten werden an das Redaktionssekretariat<br />
<strong>der</strong> Arztezeitschnft für Naturheilverfahren, Schloßplatz 8, 7758 Meersburg<br />
am Bodensee, erbeten<br />
Originalen und Beitrage, die zur Veröffentlichung kommen, werden honoriert,<br />
die Schnftleitung behalt sich jedoch den Zeitpunkt <strong>der</strong> Veröffentlichung vor<br />
Grundsätzlich werden nur Erstveröffentlichungen angenommen<br />
Alle Manuskripte sind direkt an die Schnftleitung zu richten Grundsätzlich werden<br />
nur solche Arbeiten angenommen, die vorher we<strong>der</strong> im Inland, noch im Ausland<br />
veröffentlicht worden sind Die Manuskripte dürfen auch nicht gleichzeitig<br />
an<strong>der</strong>en Blattern zum Abdruck angeboten werden — Mit <strong>der</strong> Annahme des Manuskriptes<br />
erwirbt <strong>der</strong> Verlag für die Dauer <strong>der</strong> gesetzlichen Schutzfrist die ausschließliche<br />
Befugnis zur Wahrnehmung <strong>der</strong> Verwertungsrechte im Sinne des<br />
§ 15 f des Urheberrechtsgesetzes —Übersetzung, Nachdruck —auch von Abbildungen<br />
— .Vervielfältigungen auf fotomechanischem o<strong>der</strong> ähnlichem Wege<br />
o<strong>der</strong> in Magnetton-Verfahren, Vortrag, Funk- und Fernsehsendungen sowie<br />
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen — auch auszugsweise — sind nur<br />
mit schriftlicher Zustimmung des Verlages gestattet — Für den persönlichen<br />
Gebrauch dürfen von Beitragen o<strong>der</strong> Teilen von diesen einzelne Kopien hergestellt<br />
werden — Jede im Bereich eines gewerblichen Unternehmens hergestellte<br />
Kopie dient im Sinne von § 54, Abs 2 UrhG gewerblichen Zwecken und ist gebührenpflichtig<br />
Die Gebuhr betragt DM —,40 je vervielfältigte Seite Sie wird entrichtet<br />
entwe<strong>der</strong> durch Anbringung einer entsprechenden Wertmarke o<strong>der</strong> durch<br />
Bezahlung an die VG WORT, Abteilung Wissenschaft, Goethestraße 49, 8000<br />
München, von <strong>der</strong> weitere Einzelheiten zu erfragen sind<br />
Die Beitrage dürfen daher nicht in gleichem o<strong>der</strong> ahnlichem Wortlaut an an<strong>der</strong>er<br />
Stelle veröffentlicht werden<br />
— Jede Arbeit soll eine Zusammenfassung enthalten, die beim Abdruck dem<br />
Text vorgeschaltet wird Diese wäre von Ihnen selbst zu verfassen Sie sollte<br />
aber 10 Druckzeilen nicht überschreiten Die Schnftleitung wird ohne Kosten<br />
eine englische und franzosische Übersetzung veranlassen, sofern Sie es<br />
nicht vorziehen, diese selbst zu verfassen<br />
— Die Arbeit sollte von den Charaktenstika des mündlichen Vortrages befreit<br />
und noch vom Autor so bearbeitet werden, daß sie druckreif vorliegt<br />
— In <strong>der</strong> Regel gilt als maximale Lange für jede Arbeit 8-10 Schreibmaschmenseiten<br />
(1 zeilig, 70 Anschlage pro Zeile)<br />
— Pro Arbeit sollten maximal 2 Abbildungen zuir Publikation vorgelegt werden<br />
Arbeiten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen wir Ihnen lei<strong>der</strong><br />
als unvollständig zurückreichen<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Verantwortung übernommen,<br />
Rucksendung erfolgt nur, wenn Rückporto beigefugt ist Arbeiten unter <strong>der</strong><br />
Rubrik .Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis" stellen nicht unbedingt die Meinung <strong>der</strong><br />
Schnftleitung dar<br />
Editoriais drucken die persönliche Meinung des Autors, jedoch nicht unbedingt<br />
die von Herausgeber o<strong>der</strong> Schnftleitung aus<br />
Alle Manuskripte werden von <strong>der</strong> Schnftleitung nach medizinisch-wissenschaftlichen<br />
und vom Lektor des Verlages nach stilistisch-sprachlichen Gesichtspunkten<br />
redigiert<br />
Die Nennung von Markenbezeichnungen laßt keinerlei Rückschlüsse zu, ob es<br />
sich um geschützte Zeichen handelt<br />
Bei Leserzuschriften behalten wir uns die Veröffentlichung o<strong>der</strong> Kürzung aus<br />
redaktionellen Gründen vor<br />
Son<strong>der</strong>drucke:<br />
Von Origmalbeitragen erhalten die Verfasser auf Verlangen 30 Son<strong>der</strong>drucke<br />
kostenlos Dies muß jedoch mit dem Einreichen des Manuskriptes ausdrücklich<br />
vermerkt werden Wird eine höhere Stuckzahl (gewünscht, so erfolgt für diese eine<br />
Berechnung<br />
Nachdruck:<br />
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, <strong>der</strong> fotomechanischen<br />
Wie<strong>der</strong>gabe und <strong>der</strong> Übersetzung bleiben de'm Verlag nach Maßgabe <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Bestimmungen vorbehalten NachdJruck, auch auszugsweise, ist nur<br />
mit genauer Quellenangabe gestattet und bedarf bei Origmalbeitragen <strong>der</strong><br />
schriftlichen Genehmigung des Verlages Fuir innerbetriebliche fotomechanische<br />
Vervielfältigung gilt das Rahmenabkommen des Borsenvereins des Deutschen<br />
Buchhandels mit dem BDI vom 14 6 1S958 (10-Pf-Wertmarke pro Seite)<br />
Verlag:<br />
Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft rnbHH<br />
Postfach 1151/1152, D-3110 Uelzen 1 Tel (058 1) 808-150, Fax (05 81) 808-1 58<br />
Anzeigenverwaltung: Marlis Jess Tel (05 811)8 08-152<br />
Anzeigenpreisliste:<br />
Zur Zeit gilt die Liste Nr 29<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand Uelzen<br />
Erscheinungsweise: monatlich<br />
Bezugsbedingungen:<br />
Der Bezugspreis betragt jährlich 99,— DM eimschl UST Studentenpreis 70,—<br />
DM Preise jeweils zuzüglich Versandkosten EEinzelhefte werden zum Preis von<br />
je 11,— DM abgegeben Abonnementsgebuhrean sind nach Rechnungserhalt fallig<br />
o<strong>der</strong> zahlbar netto Kasse<br />
Im Falle höherer Gewalt o<strong>der</strong> bei Störungen dess Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch<br />
auf Kürzung bzw Ruckzahlung des Beezugsgeldes<br />
Die Kündigung des Jahresabonnements kanm nur schriftlich mit einer Frist von<br />
6 Wochen zum Jahresende beim Verlag erfollgen, nach diesem Termin eingehende<br />
Abbestellungen werden für das nachstte Jahr vorgemerkt<br />
Für die Bearbeitung aller Zuschriften bitte die' Lesernummer angeben<br />
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Sämtliche Angaben in diesem Heft sind nach bestem wissenschaftlichem Können<br />
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Beitrage nicht Im Einzelfall bleibt es dem L.eser überlassen, diese Aussagen<br />
einer eigenen Prüfung zu unterziehen Die Arzneimittel- und Geratehersteller<br />
haften selbstfur ihre in den Anzeigen gemachtien Angaben Ebenfalls übernimmt<br />
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Gerichtsstand Uelzen<br />
Druck: C Beckers Buchdruckerei GmbH & &o KG , Groß Lie<strong>der</strong>ner Straße 45,<br />
3110 Uelzen 1