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H 7775 E<br />

Organ des Zentral<br />

Verbandes <strong>der</strong> Arzte für<br />

Naturheilverfahren e V<br />

Heft 4<br />

April 1991<br />

32. Jahrgang<br />

Ärztezertsdirtft für<br />

Naturhellverfahren<br />

Arbeiten dieses Heftes:<br />

H. Schilcher<br />

Interdisziplinäre Aspekte <strong>der</strong> Phytotherapie<br />

und ihre <strong>der</strong>zeitige Bedeutung für<br />

die Schulmedizin in Europa<br />

J. Rost<br />

Naturheilverfahren — die aktivierende<br />

Hälfte <strong>der</strong> Medizin<br />

R. Hansel<br />

Ginkgo biloba Das Arzneimittelangebot<br />

aus pharmazeutischer Sicht<br />

G. Wünstel<br />

Naturheilverfahren und Homöopathie<br />

H. Anemueller<br />

Diätetik in <strong>der</strong> Kur<br />

F. Oelze<br />

Eine Patientenkarnere und klassische<br />

Naturheilverfahren<br />

F. Hopfer<br />

Die Wirbelsaule<br />

R. Wilhelm<br />

Naturheilkunde im vereinigten Deutschland<br />

M. Wiesenauer<br />

Behandluingsmoglichkeiten von Prostate<br />

Erkrankungen<br />

...natürlich von ß6P£RC°<br />

ISSN 0720-6003<br />

mensetzung<br />

i<br />

T opferi enthalten<br />

D350m<br />

co odaeD8 12m<br />

37 Vol °oAkoho<br />

lonen<br />

ae Maingeldu chb u u n 1 9<br />

aktsch und therapeu seh<br />

j oskle o sehen Beschweden<br />

Dos erung<br />

3 4 mal ag ch 25 T opfen<br />

In akuten Fa en 4 mal ag h<br />

40 T opfen<br />

Zusammensetzung<br />

ln|ektionstosungen<br />

1 Ampulle a 2 m entKalt<br />

Gnkgo b oba D3 ml<br />

Au umco od D8 1 m<br />

Ind kationen<br />

Pe phe e ar e e le Du chblutungs<br />

s o ungen weate osk e o sehe<br />

Ang opathen<br />

dabe sehe Gefaßschaden<br />

Claudcato nterm ens<br />

Mo bus Raynaud sow e<br />

an<strong>der</strong>e ho mono und ne v<<br />

bed ngte Gefaßsto ungen<br />

Zu nfa k p ophy axe<br />

Ze eb ae Mangeldu ch<br />

blufung auch nfoge<br />

Gefaßske ose m und<br />

ohne psychsche Ausfa s<br />

e sehe nungen<br />

Dosierung<br />

Tag ch bsw meh ma s<br />

wochen ch 2 Ampullen n zee<br />

Packungsgroßen und Pre se<br />

50 ml T opfen 3 79 DM<br />

100 ml Topfen 20 19 DM<br />

200 ml T opfen 37 55 DM<br />

10 Ampu en 5 95 DM<br />

Ans a ts<br />

Packungen<br />

Arzne n tte<br />

Gilb ÄCoKG<br />

VERLAS<br />

MEDIZINISCH LITERARISCHE<br />

VERLAGSGESELLSCHAFT MBH<br />

Postfach 1151/1152 D-3110 Uelzen 1


Inhaltsverzeichnis<br />

Tagungen 271<br />

Ärzte fragen Ärzte 273<br />

Neues aus <strong>der</strong> Medizin 274<br />

Dr. med. K. Ch. Schimmel zum 60. Geburtstag . .. 277<br />

H. Schilcher<br />

Interdisziplinäre Aspekte <strong>der</strong> Phytotherapie und<br />

ihre <strong>der</strong>zeitige Bedeutung für die Schulmedizin in<br />

Europa 281<br />

SERUM-THERAPIE<br />

Organ-Serum<br />

PROSTATA<br />

die patientenfreundliche Therapie<br />

J. Rost<br />

Naturheilverfahren — die aktivierende Hälfte <strong>der</strong><br />

Medizin 289<br />

R. Hansel<br />

Ginkgo biloba: Das Arzneimittelangebot aus pharmazeutischer<br />

Sicht 295<br />

G. Wünstel<br />

Naturheilverfahren und Homöopathie 305<br />

Aus dem Verbandsleben<br />

I<br />

R. Matejka<br />

Das heiße Eisen — eine persönliche Meinung ....<br />

II<br />

Buchbesprechungen<br />

IV<br />

H. Anemueller<br />

Diätetik in <strong>der</strong> Kur 315<br />

F. Oelze<br />

Eine Patientenkarriere und klassische Naturheilverfahren<br />

318<br />

F. Hopfer<br />

Die Wirbelsäule 321<br />

R. Wilhelm<br />

Naturheilkunde im vereinigten Deutschland 332<br />

M. Wiesenauer<br />

Behandlungsmöglichkeiten von Prostata-Erkrankungen<br />

335<br />

Kongreßberichte 340<br />

Vermittlung von Ärzten, Praxen und Sanatorien .. . 346<br />

Verkäufe 346<br />

Industrie-Informationen 347<br />

8 bis 10 Injektionen i.e. bewirken eine<br />

nachhaltig andauernde Besserung<br />

<strong>der</strong> Beschwerden.<br />

Einfach in <strong>der</strong> Anwendung, mit hoher<br />

Langzeitwirkung, för<strong>der</strong>t das Allgemeinbefinden,<br />

ist gut vertraglich.<br />

Therapie-Erfolg durch Doppelblindstudie*<br />

belegt<br />

Organ-Serum Prostata ] Ampulle Serum enthalt genuines Serum von Kaninchen<br />

mit den spezifischen Antikörpern in isotonischer Phosphatpufferlosung 0 2 ml<br />

1 Ampulle Verdünnungsmittel enthalt isotonische Phosphatpufferlosung 0 4 ml<br />

Anwendungsgebiete Prostatahyperthropie prostatabedingte Miktionsstorungen<br />

Prostatitis Gegenanzeigen keine Neben- und Wechselwirkungen Bei Patien<br />

ten mit allergischer Reaktionslage ist vorsichtig einschleichend zu dosieren<br />

Leichter Temperaturanstieg klingt schnell ab<br />

*) U.Butt et al Extraeta Urologica , Band 12 - Heft 6/89<br />

^/Je<strong>der</strong>mann Pharmal<br />

BIOLOGISCH-PHARMAZEUTISCHE PRÄPARATE<br />

D-8193 Munsing-Ambach Tel 0 8177-80 81<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 269


Tagungen<br />

15. bis 27. April 1991:41. Lindauer Psychotherapiewochen<br />

Leitthema <strong>der</strong> 1. Woche: „Liebe und Psychotherapie"<br />

Leitthema <strong>der</strong> 2. Woche: „Der Körper in <strong>der</strong> Psychotherapie"<br />

Leitung: Dr. Peter Buchheim, PD Dr. Manfred Cierpka und Dr.<br />

Theodor Seifert.<br />

Für die Teilnahme ist eine vorherige schriftliche Anmeldung erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Die Tagungssprache ist ausschließlich Deutsch.<br />

Weitere Auskünfte erteilt das Sekretariat: Orlandostraße 8/IV,<br />

D-8000 München 2.<br />

Mehr Sauerstoff<br />

für Herz und Hirn!<br />

jö 2 O 2 0 2 0 2 =u_<br />

o o_o t o_C<br />

4. Mai 1991 in Frankfurt: Therapie-Symposium<br />

Tagungsort: Frankfurt-Sachsenhausen, Holiday Inn<br />

Dieses Therapie-Symposium ist eine Gemeinschaftsveranstaltung<br />

<strong>der</strong><br />

DUPHAR Pharma, Hannover<br />

HANOSAN GmbH, Garbsen<br />

Medice, Chem.-Pharm. Fabrik, Iserlohn<br />

Pharma-Liebermann, Gundelfingen<br />

Themen:<br />

Biologische Krebsbehandlung unter Berücksichtigung anthrop.<br />

Aspekte<br />

Der Darm und seine funktioneilen Wechselbeziehungen<br />

— Obstipation — Dysbiose — Mykosen etc. —<br />

Augendiagnose — Präventivmaßnahme unter konstitutionellen<br />

und dispositionellen Aspekten<br />

— Laktulose — Symbiose-Lenkung (MS-Studie) —<br />

Referenten:<br />

Marie-Luise Holdinghausen, Bad Mün<strong>der</strong>; Prof. Niels Franke,<br />

München; Roman F. Hausherr, Steinhude; Marco Zupan, Hameln.<br />

Die Vorträge enden um ca. 19.00 Uhr, anschließend laden die<br />

Veranstalter zu einem gemeinsamen Abendessen.<br />

Vier weitere Veranstaltungen dieser Art sind 1991 im Bundesgebiet<br />

geplant.<br />

Anmeldung über: DUPHAR Pharma, Frau Tiedemann, Freundallee<br />

21-23, 3000 Hannover 1, Tel. (0511) 2807836.<br />

6. bis 11. Mai 1991 in Köln: 46. Kongreß <strong>der</strong> Liga medicorum<br />

homoeopathica internationalis<br />

Dieser Kongreß findet gemeinsam mit <strong>der</strong> 143. Jahrestagung des<br />

Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte e.V. statt.<br />

Tagungsort: Maternushaus<br />

Die Palette <strong>der</strong> Vortragsthemen wird den aktuellen Stand <strong>der</strong> homöopathischen<br />

Forschung, die systematischen Arzneimittelprüfungen<br />

und Kasuistiken sowie Geistes- und Gemütskrankheiten<br />

in <strong>der</strong> Materia medica umfassen. Auch Therapieerfahrungen bei<br />

verschiedenen Krankheitsbil<strong>der</strong>n — etwa Neuro<strong>der</strong>mitis, psychische<br />

Erkrankungen und gynäkologische Leiden — werden den<br />

Kongreßbesuchern vermittelt. In einzelnen Seminaren werden<br />

außerdem Arbeitsgruppen zu interessanten Themen, wie<br />

„Homöopathie in <strong>der</strong> Kassenarztpraxis", „Computer als Hilfsmittel"<br />

o<strong>der</strong> „Die Kunst <strong>der</strong> Wahrnehmung", gebildet.<br />

Anmeldungen an:<br />

Deutscher Zentralerem Homöopathischer Ärzte e.V.<br />

Linkenheimer Landstraße 113, 7500 Karlsruhe 31<br />

, •<br />

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1<br />

u<br />

on<br />

OYO<br />

verbessert die Sauerstoffaufnahme<br />

des Herzmuskels<br />

för<strong>der</strong>t die Hirndurchblutung<br />

erhöht die Konzentrations- und<br />

Merkfähigkeit<br />

mobilisiert die körpereigene<br />

Abwehr<br />

steigert die Leistungsfähigkeit<br />

eignet sich auch zur Behandlung<br />

<strong>der</strong> Migräne<br />

OYO<br />

för<strong>der</strong>t die Entgiftungsvorgänge<br />

aktiviert den Sauerstoffumsatz<br />

in <strong>der</strong> Zelle<br />

Zusammensetzung 1 Dragee enthalt 40 mg Pangamsaute Natuumsalz At\\Het\(iungsgeö\ete<br />

For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Herzdurchblutung und Verbesserung <strong>der</strong> Sauerstoffaufnahme des Herzmuskels<br />

Bei Altersherz und nach Angina Pectons Bei Durchblutungsstarungen des Gehirns infolge Apo<br />

plexie und Cerebralsklerose Bei Vergeßlichkeit Schwindelgefuhl Müdigkeit vorzeitiger Er<br />

schopfung Wetterfuhligkeit und Leistungsschwache Aufbau und Stärkung <strong>der</strong> Abwehrkrafte<br />

Gegen Einwirkung von Umweltgiften Bei chronischen Leberschaden<br />

(z B durch Alkoholmißbrauch) Zur Behandlung <strong>der</strong> Migrame Gegen- I<br />

anzeigen Bisher nicht bekannt Nebenwirkungen Bisher nicht bekannt I<br />

Handeisformen Dragees zum Einnehmen eine Packung enthalt 50 Dra DLJ A PPH<br />

gees DM 19 90 Kimikpackung<br />

Polypharm GmbH Darmsfadt rrl/jlxl I I<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 271


5. Überlinger Stoffwechseltag<br />

4./5. Mai 1991<br />

FASTEN-<br />

Eiweiß/Muskulatur/Leistung/Psyche<br />

Veranstalter:<br />

Ärztlicher Arbeitskreis Heilfasten e V<br />

Sekretariat Wilhelm-Beck-Str 27<br />

7770 Überlingen, Tel (0 75 51) 8 07-8 84<br />

Die aktuellen Aspekte <strong>der</strong> Vollwert-Ernahrung zu beleuchten,<br />

dieses Ziel verfolgt dieser — bisher immer stark frequentierte —<br />

Kongreß unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung von Prof Dr Claus<br />

Leitzmann Zu den Themen Lebensmittelerzeugung, Lebensmittelindustrie,<br />

Emahrungsokologie und Lebensmittelrecht sind<br />

Fachreferenten eingeladen, die vor allem aktuelle Entwicklungen<br />

zur Sprache bringen werden Beson<strong>der</strong>es Augenmerk verdient<br />

das Son<strong>der</strong>thema „Ernährung von Säuglingen und Kleinkin<strong>der</strong>n",<br />

dem <strong>der</strong> gesamte dritte Kongreßtag gewidmet ist Gerade<br />

in diesem Alter ist es wichtig, die Weichen für die spatere Ernährung<br />

richtig zu stellen, und damit den Grundstein für eine<br />

gesundheitsför<strong>der</strong>nde Ernahrungserziehung zu legen<br />

Angesprochen sind alle Berufsgruppen und Mittlerpersonen auf<br />

dem Ernahrungs- und Gesundheitssektor sowie Praventionsbeauftragte<br />

von Krankenkassen, aber auch interessierte Laien<br />

Das Kongreßprogramm for<strong>der</strong>n Sie bitte an bei Verband für<br />

Unabhängige Gesundheitsberatung Deutschland e V (UGB),<br />

Keplerstraße 1, D-6300 Gießen, Tel (0641) 77785<br />

9. bis 12. Mai 1991 in Bad Worishofen: Kneipp-Ärzte-<br />

Kongreß<br />

Themen:<br />

Prävention gestern, heute und morgen<br />

Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

Krauterexkursion zum Eibsee unter fachkundiger Leitung mit<br />

Hinweisen zur Phytotherapie in <strong>der</strong> Praxis<br />

Prävention von degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates<br />

Prävention von Erkrankungen <strong>der</strong> Atemwege<br />

Vorstellung <strong>der</strong> mit dem Sebastian Kneipp-Preis 1991 ausgezeichneten<br />

Arbeiten<br />

Preisverleihung durch Herrn Senator h c L Leusser<br />

Prävention in <strong>der</strong> Praxis — wie motiviere ich den Patienten<br />

Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus Politik, Wissenschaft und<br />

Praxis „Prävention und Kneipp-Therapie"<br />

24. bis 26. Mai 1991 in Berlin: 1. Quintessenz-Symposium<br />

zu Fragen <strong>der</strong> Dermatologie in <strong>der</strong> Allgemeinmedizin<br />

Tagungsort Steigenberger Hotel, Berlin<br />

Leitung Dr med T R K Nasemann<br />

Themen 1 Die Klinik und Therapie des malignen Melanoms, 2<br />

Die aktuellen Entwicklungen auf dem AIDS-Sektor, 3 Mundschleimhauterkrankungen,<br />

4 Virustatische Therapie bei Infektionen<br />

durch Viren <strong>der</strong> Herpes-Gruppe, 5 Allergische Krankheiten<br />

in <strong>der</strong> Praxis<br />

Veranstalter Quintessenz Verlags-GmbH, Schutzenstr 8,<br />

D-8000 München 2, Tel (089) 555808/09, Fax (089) 5232690<br />

5. UGB-Kongreß über Vollwert-Ernahrung mit Son<strong>der</strong>thema<br />

Säuglingsernährung<br />

Der UGB veranstaltet jetzt schon zum 5 Mal in Gießen einen<br />

Fachkongreß über Vollwert-Ernahrung Damit verbunden ist dieses<br />

Jahr ein beson<strong>der</strong>es Datum — <strong>der</strong> UGB feiert sein 10jahnges<br />

Jubiläum<br />

29. Juli bis 9. August 1991: MEDICA Baden-Baden '91<br />

18 Internationaler Seminarkongreß für ärztliche Fortbildung<br />

Tagungsort Kongreßhaus Baden-Baden<br />

Veranstalter und Auskunft MEDICA Deutsche Gesellschaft zur<br />

For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Medizinischen Diagnostik e V , Loffelstr 1, 7000<br />

Stuttgart 70, Tel (0711)763443 u 761454, Fax (0711) 766992<br />

SKRIBBEN<br />

Leitung: Dr. med. Klaus Karsch<br />

Fortbildungsveranstaltung - MANUELLE GELENKMOBILISATION<br />

vom 31. Mai bis 2. Juni 1991 in Kaufbeuren<br />

SKRIBBEN, eine wie<strong>der</strong>entdeckte Heilmethode, die seit Jahrhun<strong>der</strong>ten erfolgreich von den volksheilkundlichen „Knochendoktoren<br />

' angewandt wurde, hat sich mittlerweile in zahlreichen Naturheilpraxen als adäquate Therapie von Gelenkschmerzen,<br />

Muskelverspannungen und Neuralgien vermittelt<br />

ISOPATHIE<br />

Prof En<strong>der</strong>lem hat in den 20iger Jahren unser Verständnis <strong>der</strong> Entstehungsbedingungen von Infektionskrankheiten und<br />

chronischen Krankheiten revoltiert, indem er die Entwicklung von Virus-Baktenum-Pilz aus körpereigenen Eiweißstoffen,<br />

den sogenannten Symbionten, aufgezeigt hat<br />

Die Grundlage dieses Heilverfahrens, die genau praktische Anwendung <strong>der</strong> Pilzpraparate und ihre Verbindung zum Sknbben<br />

als Ausleitungsverfahren, sind <strong>der</strong> zweite Schwerpunkt dieses Seminars<br />

Auskunft und Anmeldung: Dr med Klaus Karsch, Klosterring 12, 8951 Irsee, Telefon (0 83 40) 2 45 od (0 83 41) 1 52 48<br />

XXX<br />

272 Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32. Jahrg


15. bis 29. November 1991, Teneriffa<br />

Interdisziplinärer, ärztlicher Fortbildungskongreß für praktische<br />

Medizin in Playa de las Amencas Teneriffa-Sud, Hotel Bouganville<br />

Kurse Akupunktur, Autogenes Training, Neuraltherapie Reanimation<br />

mit prakt Übungen, Nichtdirektionale Gefaß-Doppler-<br />

Sonographie, Mykologisches Praktikum usw<br />

Anmeldung Kongreßdienst Deutscher Kassenarztverband,<br />

Mainzer Straße 112, D-6087 Buttelborn 1, Tel (06152) 54648<br />

o<strong>der</strong> 54500<br />

20. bis 23. November 1991: MEDICA Düsseldorf '91<br />

23 Internationaler Kongreß und Fachmesse<br />

— Diagnostica — Therapeutica — Technica — Informatica —<br />

Biotechnica — lunstica —<br />

Tagungsort Dusseldorf, Messegelände<br />

Veranstalter und Auskunft MEDICA Deutsche Gesellschaft zur<br />

For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Medizinischen Diagnostik e V , Loffelstr 1 7000<br />

Stuttgart 70, Tel (0711) 761454 u 763443, Fax (0711) 766992<br />

Seminartermine <strong>der</strong> Akademie für Ernahrungsmedizin<br />

e.V.<br />

16 Spezialseminar Gastroenterologie 25-27 April 1991<br />

9 Grundseminar Teil 1 27-29 Juni 1991<br />

9 Grundseminar Teil 2 3- 5 Okt 1991<br />

Alle Anfragen an Akademie für Ernahrungsmedizin e V,<br />

Reichsgrafenstr 11, Postfach 5240, 7800 Freiburg, Tel (0761)<br />

78980 (Mo-Fr 8-12)<br />

Ort <strong>der</strong> Veranstaltungen für die beiden Spezialseminare letztmalig<br />

Haus <strong>der</strong> Arzte, 7800 Freiburg, Sundgauallee 27, für die beiden<br />

Grundseminare erstmalig Fortbildungszentrum <strong>der</strong> Landesarztekammer<br />

Hessen, 6350 Bad Nauheim, Carl-Oelemann-<br />

Weg5<br />

Dragees<br />

Ärzte fragen Ärzte<br />

Ich habe in <strong>der</strong> Praxis einen Problemfall, von dem ich berichten<br />

mochte mit <strong>der</strong> Bitte um therapeutische Ratschlage,<br />

gegebenenfalls auch Adressen von darin erfahrenen<br />

naturheilkundlich orientierten Ärzten<br />

Der Fall ein zweijähriger Junge mit Neurofibromatose<br />

Recklinghausen Er hat so große Neunnome des Nervus<br />

opticus, daß sie beson<strong>der</strong>s linksseitig schon zur Protrusion<br />

des Auges sowie zum Glaukom gefuhrt haben Es ist<br />

abzusehen, daß er erblindet<br />

Das intelligente, gut entwickelte Kind hat eine schwere<br />

Zukunft vor sich Welche Möglichkeiten gibt es, den Prozeß<br />

aufzuhalten o<strong>der</strong> abzumil<strong>der</strong>n?<br />

Ich bin dankbar für jeden Rat<br />

Dr med A Kolle-Hack, Arndtstr 23, D-6050 Offenbach/Main<br />

Zusammensetzung:<br />

1 Dragee enthalt Magnesium-L-hydrogenaspartat<br />

200 mg (entspr 13,5 mg Mg**) Kalium-L-hydrogenaspartat<br />

65 mg (entspr 13,5 mg K + ), Extr Crataegi<br />

oxyacanth spir sicc (6 5 1) 50 mg Etofyllin 50 mg<br />

Indikationen: Störungen <strong>der</strong> Koronardurchblutung<br />

und des Myokardstoffwechsels, Belastungsinsuffizienz,<br />

Myodegeneratio cordis, Kardiosklerose, Herzrhythmusstorungen<br />

Altersherz, Kombinationsbehandlung<br />

mit Herzglykosiden<br />

Kontraindikationen: Ausscheidungshemmung von<br />

Elektrolyten bei schwerer Niereninsuffizienz Anune<br />

Exsikkose<br />

Handelsformen und Preise: 30 Dragees DM 6 79<br />

50 Dragees DM 10 99 100 Dragees DM 18 46<br />

Verla-Pharm, 8132 Tutzmg<br />

Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg 273


Telepamxn » . . . « Neues ans dar<br />

ScfalagBBilBB. .i.i Wissenschaft, . i *<br />

Praxis , « , , Klinik , , , . . Technik , • , * *<br />

*, • ,<br />

INNERE MEDIZIN<br />

Zuverlässiger Zöliakienachweis<br />

durch Glutentest<br />

Mit dem rektalen Glutentest ist eine<br />

Glutenunvertraglichkeit einfach,<br />

sicher und zuverlässig nachzuweisen<br />

Die Empfindlichkeit des<br />

Tests hegt bei 90, die Spezifitat bei<br />

91 Prozent<br />

Zu diesen Ergebnissen kam Dr<br />

Duncan E Loft von <strong>der</strong> Abteilung<br />

für Gastroenterologie des Central<br />

Middlesex Hospitals in London<br />

mit seiner Untersuchung an 44 Patienten<br />

In diese Studie hat Loft 14<br />

behandelte und neun nicht behandelte<br />

Zoliakie-Patienten einbezogen<br />

sowie 21 Kontrollen mit an<strong>der</strong>en<br />

Erkrankungen<br />

Rektale Biopsien wurden vor <strong>der</strong><br />

Glutengabe und sechs Stunden danach<br />

entnommen und auf mtraepithehale<br />

Lymphozyten (IEL) untersucht<br />

Zwölf <strong>der</strong> Personen wurden<br />

in gleicher Weise mit /?-Laktoglobuhn<br />

getestet, sagte Loft<br />

Vor Glutengabe fand sich kein<br />

Unterschied in den IEL-Werten<br />

zwischen Patienten und Kontrollen<br />

Danach stiegen die IEL-Werte<br />

<strong>der</strong> Zoliakie-Patienten signifikant<br />

an, die <strong>der</strong> Kontrollpersonen dagegen<br />

hatten sich nicht verän<strong>der</strong>t<br />

Da we<strong>der</strong> die Patienten noch die<br />

Kontrollen ahnlich auf /?-Laktoglobuhn<br />

reagiert haben, halt Loft<br />

dies für eine spezifische Reaktion<br />

auf Gluten<br />

Er empfiehlt den Glutentest sowohl<br />

zur Diagnosestellung als<br />

auch zur spateren Sicherung <strong>der</strong><br />

Zoliakie-Diagnose, wobei er eine<br />

Gluten-Unvertraghchkeit dann als<br />

erwiesen ansieht, wenn <strong>der</strong> IEL-<br />

Wert nach Glutenabgabe mindestens<br />

zehn Prozent über dem Ausgangswert<br />

liegt<br />

SPARTIOL<br />

verlangsamt die zu frequente Schlagfolge, reguliert Rhythmusstörungen,<br />

ionisiert die venöse Strombahn.<br />

Frequente Herzrhythmusstörungen,<br />

Tachykardien, orthostatische Hypotonie.<br />

Zusammensetzung: 100 g enthalten Extr fl Sarothamnus<br />

scopanus, stand auf 1 mg Spartein pro ml<br />

Dosierung: 3mal taglich 20-30 Tropfen nach dem Essen<br />

in etwas Flüssigkeit<br />

Handelsformen und Preise incl. MwSt.:<br />

20 m\ DM 7,24, 50 ml DM 14,47, 100 ml DM 24,46<br />

Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung,<br />

7615 Zell-Harmersbach/Schwarzwald<br />

274 Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg


f><br />

Wirkstoff: Natrium selenosum D 4<br />

Homöopathisches Arzneimittel Zusammensetzung Flussige Verdünnung zum Einnehmen<br />

1 g enth Natrium selenosum D4 dilut Vorschrift 5a HAB 1 1 g Hinweis<br />

Enthalt 18,5Vol-% Alkohol<br />

Handelsformen und Preise Tropfen 50 ml (DM 19 90), 100 ml (DM 34 80)<br />

Stand 1/91<br />

Cefak Arzneimittel D-8960 Kempten<br />

GYNÄKOLOGIE<br />

Der Therapieerfolg bei Hirsutismus<br />

ist vielseitig<br />

Zur Behandlung des Hirsutismus<br />

steht eine Reihe alternativer Therapiekonzepte<br />

zur Verfügung, mit<br />

denen gute Erfolge zu erzielen<br />

sind.<br />

Die Induktion des Hirsutismus, so<br />

Dr. /. B. Schmidt, sei zum Teil<br />

durch erhöhte Androgen-Serumspiegel<br />

zu erklären. Ein Teil <strong>der</strong><br />

Betroffenen zeigten auch eine vermehrte<br />

Empfindlichkeit <strong>der</strong> Haarwurzeln<br />

gegenüber androgenen<br />

Stimuli. Therapeutische Ansatzpunkte<br />

bildeten deshalb <strong>der</strong> Eingriff<br />

in das Hypophysen-Gonaden-<br />

System o<strong>der</strong> in den Androgenstoffwechsel<br />

<strong>der</strong> Zielzellen. Am<br />

häufigsten werden Cyproteronacetat<br />

angewandt, das seine antiandrogene<br />

Wirkung an den Zellrezeptoren<br />

entfalte und oral o<strong>der</strong> als monatliche<br />

i.m.-Spritze appliziert<br />

werden könne. Als Alternative habe<br />

sich das Medoxyprogesteron bewährt.<br />

Durch Hemmung des LH<br />

komme es dabei zur Androgensuppression,<br />

so Schmidt.<br />

Schließlich sei die Anwendung<br />

von Cimetidin und Spironolacton<br />

versucht worden. Dem Cimetidm<br />

komme allerdings nur bei Kontraindikation<br />

für eine Hormontherapie<br />

(etwa Varizen) Bedeutung zu,<br />

und Spironolacton sollte aufgrund<br />

seiner Nebenwirkungsrate nur zurückhaltend<br />

verwendet werden,<br />

meint <strong>der</strong> Autor.<br />

KARDIOLOGIE<br />

Antistreß und Diätprogramm<br />

gut für Herzkranzgefäße<br />

Koronarsklerotische Verän<strong>der</strong>ungen<br />

sind anscheinend auch ohne<br />

Arzneimittel o<strong>der</strong> invasive Manipulation<br />

reversibel. Nach neuen<br />

Untersuchungen bewirkt eine drastische<br />

Umstellung <strong>der</strong> Lebensweise<br />

mit extrem fettarmer Diät die<br />

Rückbildung von stenosierenden<br />

Plaques.<br />

Die Ein-Jahres-Ergebnisse seines<br />

Lifestyle Heart Trial hat Dr. Dean<br />

Ornish aus San Francisco publiziert.<br />

41 Patienten mit angiographisch<br />

manifester koronarer Herzkrankheit<br />

haben an <strong>der</strong> Studie teilgenommen.<br />

22 Patienten mußten<br />

sich an eine strikt vegetarische<br />

Diät halten, <strong>der</strong>en Gesamtfettgehalt<br />

auf zehn Prozent limitiert<br />

war. Das Bewegungsprogramm bestand<br />

aus einem halbstündigen<br />

Spaziergang täglich. Zweimal pro<br />

Woche waren in dieser Gruppe außerdem<br />

Meditations- und Atemübungen<br />

zur Entspannung vorgesehen.<br />

Die einzige Raucherin <strong>der</strong><br />

Gruppe gab den Nikotinkonsum<br />

dabei auf.<br />

Die Kontrollgruppe hingegen<br />

konnte ihre Ernährung und die<br />

übrige Lebensweise frei wählen.<br />

Die meisten hielten sich an das<br />

von <strong>der</strong> American Heart Association<br />

vorgegebene Ernährungsschema,<br />

das den Fettkonsum auf 34<br />

Prozent <strong>der</strong> Gesamtkalorien beschränkt,<br />

und betätigten sich<br />

sportlich. Sie nahmen jedoch an<br />

keinem Entspannungsprogramm<br />

teil. Nach einem Jahr ergab sich in<br />

<strong>der</strong> Interventionsgruppe eine Regression<br />

des mittleren Stenosegrades<br />

von 40 Prozent auf 37,6 Prozent,<br />

bei 18 von 22 Patienten<br />

hatten sich die Verengungen deutlich<br />

zurückgebildet. In <strong>der</strong> Kontrollgruppe<br />

nahm <strong>der</strong> mittlere Stenosegrad<br />

von 42,7 auf 46,1 Prozent<br />

zu. Die Häufigkeit von<br />

Angina-pectoris-Attacken vermin<strong>der</strong>te<br />

sich in <strong>der</strong> Verumgruppe um<br />

91 Prozent, die Dauer um 42 und<br />

die Schwere umi 28 Prozent.<br />

Ornish betonte (die Bedeutung des<br />

Streßmanagemeints, dem er wesentlichen<br />

Einfluß bei <strong>der</strong> Sklerosetherapie<br />

zuschreibt. Erstaunlich gut<br />

waren seine Erfiolge auch bei einem<br />

Patienten, dessen Cholesterinwert<br />

unter <strong>der</strong> Therapie nur auf<br />

260 mg/dl fiel, damit also weit<br />

über <strong>der</strong> magischen Grenze von<br />

200 mg/dl blieb. _ h p i _<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 275


Organ des <strong>Zentralverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> Arzte für<br />

Naturheilverfahren e V<br />

Heft 4<br />

April 1991<br />

32. Jahrgang<br />

Ärztezeitschrift für<br />

Naturheilverfahren<br />

Redaktionssekretariat „Ärztezeitschrift":<br />

Schloßplatz 8, 7758 Meersburg/Bodensee.<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. K. Ch. Schimmel, Meersburg /Bodensee<br />

(Hauptschriftleiter)<br />

Dr. med. H. Anemueller, Bernau (Ernährung)<br />

Dr. med. L. Fodor, Freyung (apparative Medizin)<br />

Dr. med. H. Huneke, Düsseldorf (Regulationstherapie)<br />

Dr. med. H.-P. Legal, München (Pressereferent)<br />

Prof. Dr. med. P. A. Maurer, München (Psychotherapie)<br />

Prof. Dr. H. Schilcher, Berlin (Phytotherapie)<br />

Dr. med. R. Wilhelm, Berlin (Physiotherapie)<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

K. Albrecht (Undenheim) — M. v. Ardenne (Dresden) — J. Brand<br />

(Königstein) — N. Breidenbach (Salem-Beuren) — W. Bringmann<br />

(Berlin) — F. W. Dittmar (Starnberg) — J. Doerfler (Hamburg) — P.<br />

Dosch (Schwendt) — F. W. Douwes (Nußdorf) — G. Draczynski (Köln)<br />

— W. Gawlik (Bad Tölz) — H. Giesenbauer (Bremen-Lesum) — J. Gleditsch<br />

(München) — R. Hansel (München) — H. Harmsen (Hamburg)<br />

— V. Harth (Bamberg) — J. Huneke (Bad Meinberg) — J. Kaiser (Aachen)<br />

- H. Kleinsorge (Neustadt-Haardt) - H. Kolb (Wetzlar) - H.<br />

Krauß (Berlin) — H. Mensen (Bad Rothenfelde) — H. D. Neumann<br />

(Bühl) — A. Rost (Rottach-Egern) — I. Ruf (Augsburg) — 0. Schumacher-Wan<strong>der</strong>sleb<br />

(Bad Münstereifel) - H. L. Walb (Homberg, Kr. Alsfeld)<br />

— H. Werkmeister (Oberhausen) — W. Zimmermann (München).<br />

Zum 60. Geburtstag<br />

von Chefarzt Dr. med.<br />

Klaus Christof Albert Schimmel<br />

Am 29. März wurde <strong>der</strong> 1. Vorsitzende des <strong>Zentralverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren, Herr<br />

Dr. med. Klaus Ch. Schimmel, 60 Jahre alt. Dieses<br />

Heft <strong>der</strong> „Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren"<br />

mit wissenschaftlichen Beiträgen aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong><br />

von Mitglie<strong>der</strong>n des ZÄN-Vorstandes sowie von<br />

Wissenschaftlern, die <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />

eng verbunden sind, soll auis diesem Grunde<br />

Herrn Dr. Schimmel, ihrem Hauptschriftleiter, gewidmet<br />

sein.<br />

277


Laudatio<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

K. Ch. Schimmel wurde in Breslau geboren, und er<br />

genoß dort auch zwei Drittel seiner Schulausbildung.<br />

Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg mußte<br />

er 1945 seine Heimatstadt Breslau verlassen und<br />

kam so über Flensburg nach Göppingen in Württemberg,<br />

wo er auch sein Abitur ablegte. Es folgte<br />

das Studium <strong>der</strong> Medizin an den Universitäten Erlangen,<br />

Kiel und München. Nach dem Staatsexamen<br />

im Jahre 1958 in München absolvierte K. Ch.<br />

Schimmel seine Medizinalassistentenzeit an <strong>der</strong><br />

Universitätsnervenklinik München. Dort promovierte<br />

er auch. Von 1961 bis 1963 arbeitete er als Assistent<br />

am Homöopathischen Krankenhaus in Höllriegelskreuth<br />

bei München, unter dem damaligen<br />

Chefarzt Dr. Walther Zimmermann. Danach folgte<br />

eine 4jährige Tätigkeit als Stationsarzt auf <strong>der</strong> Privatabteilung<br />

von Prof. Dr. E. Hiller, dem damaligen<br />

Chefarzt des Krankenhauses <strong>der</strong> Barmherzigen<br />

Brü<strong>der</strong> in München. Die Ausbildung zum Facharzt<br />

für Innere Krankheiten wurde 1966 abgeschlossen.<br />

Von 1968 bis 1979 arbeitete Dr. Schimmel erneut<br />

mit Herrn Dr. W. Zimmermann zusammen, und<br />

zwar als dessen Oberarzt an dem neu eingerichteten<br />

Krankenhaus für Naturheilweisen am Klinikum<br />

München-Harlaching. Nach 1979 folgten Chefarzttätigkeiten<br />

an zwei großen Kurkliniken in Prien und<br />

Bad Füssing. Zur Zeit ist <strong>der</strong> Jubilar Chefarzt <strong>der</strong><br />

Privatklinik Wiedemann in Meersburg am Bodensee.<br />

Sein großes Interesse an den Naturheilverfahren<br />

führte ihn bereits im Jahre 1972 zum <strong>Zentralverband</strong><br />

<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren. Von 1975 bis<br />

1979 fungierte er als 2. Vorsitzen<strong>der</strong> des ZÄN, und<br />

seit 1980 ist er schließlich <strong>der</strong> „Chef" des ZÄN.<br />

Sein sachkundiger und gleichzeitig beherzter Einsatz<br />

für die Naturheilverfahren sowie sein großes<br />

berufspolitisches Engagement ließen eine Reihe<br />

von „Ehrenämtern" und Berufungen folgen. So ist<br />

er seit vielen Jahren Mitglied <strong>der</strong> Kommission E<br />

beim Bundesgesundheitsamt in Berlin, seit 1980<br />

Mitglied des Präsidiums des Deutschen Ärztetages,<br />

seit 1983 Beauftragter für die Weiterbildung<br />

zur Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren"<br />

durch die Landesärztekammer Bayern und seit<br />

1988 Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes<br />

im Hartmannbund.<br />

Neben seiner angespannten ärztlichen und ehrenamtlichen<br />

Tätigkeit findet <strong>der</strong> Jubilar auch noch für<br />

wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie für<br />

Buchbeiträge und als Herausgeber und Autor einer<br />

Lehrbuchreihe Zeit. Die bisher erschienenen zwei<br />

Bände: „Lehrbuch <strong>der</strong> Naturheilverfahren", verlegt<br />

vom Hippokrates Verlag, Stuttgart, zählen zwischenzeitlich<br />

zu den Standardlehrbüchern <strong>der</strong> Naturheilverfahren.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> in diesem Jahr<br />

neu aufgelegte und erweiterte 1. Band wird den<br />

Studenten <strong>der</strong> Medizin eine sehr nützliche Quelle<br />

für die Zweite Ärztliche Prüfung laut neuer Approbationsordnung<br />

sein.<br />

Betont werden muß auch die sicherlich nicht leichte<br />

Aufgabe des Jubilars als Hauptschriftleiter <strong>der</strong><br />

„Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren", früher<br />

„Physikalische Medizin und Rehabilitation". Diese<br />

Tätigkeit führt er bereits seit 1975 aus.<br />

Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> „unseren" 1. Vorsitzenden näher kennt,<br />

wird bestätigen müssen, daß mit <strong>der</strong> Person von Dr.<br />

med. K. Ch. Schimmel nicht nur ein Arzt mit höchsten<br />

fachlichen Qualifikationen vor uns steht, son<strong>der</strong>n<br />

ein Mensch, wie man ihn sich auch als Freund<br />

wünscht. Seine „menschlichen" Züge, seine Ausgewogenheit<br />

und sein Sinn für den Ausgleich, ohne<br />

dabei eigene Standpunkte aufzugeben, sind herausragende<br />

Merkmale des Menschen Klaus Christof<br />

Albert Schimmel. Ich schätze mich glücklich,<br />

zum Freundeskreis des Jubilars zählen zu dürfen,<br />

und ich wünsche Dir, lieber Klaus, auch im Namen<br />

des gesamten Vorstandes des <strong>Zentralverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren Gesundheit, eine<br />

weitere „glückliche Hand" in <strong>der</strong> Leitung unseres<br />

Verbandes sowie:„Ad multos annos".<br />

Univ.-Prof. Dr. Heinz Schilcher<br />

2. Vorsitzen<strong>der</strong> des ZÄN<br />

278


H. schiicher Interdisziplinäre Aspekte <strong>der</strong> Phytotherapie und ihre <strong>der</strong>zeitige<br />

Bedeutung für die Schulmedizin in Europa*<br />

Zusammenfassung<br />

Zur Vermeidung kontroverser Diskussionen zum<br />

medizinischen Stellenwert <strong>der</strong> Phytotherapie<br />

müßten die Aspekte dieser „beson<strong>der</strong>en Therapierichtung"<br />

mehr interdisziplinär behandelt<br />

werden. Dies sollte in ganz beson<strong>der</strong>em Maße<br />

für die Berücksichtigung <strong>der</strong> Phytotherapie in<br />

<strong>der</strong> europäischen Gesetzgebung gelten. Aufgrund<br />

zahlreicher klinischer und/o<strong>der</strong> experimenteller<br />

Studien zum Wirksamkeitsnachweis<br />

pflanzlicher Arzneimittel gewinnt die Phytotherapie<br />

immer mehr an wissenschaftlichem Profil.<br />

Eine „universitäre Aufwertung" erfährt die Phytotherapie<br />

künftig durch die 7. Verordnung zur<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Approbationsordnung für Ärzte.<br />

Ab 1993 wird Phytotherapie auch Prüfungsfach<br />

im 2. Abschnitt <strong>der</strong> Ärztlichen Prüfung sein. Das<br />

Verordnungsverhalten <strong>der</strong> Ärzte in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland in puncto Phytopharmaka<br />

unterscheidet sich sehr wesentlich von dem <strong>der</strong><br />

Ärzte in den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen<br />

Gemeinschaft. Die Drogen-Monographien <strong>der</strong><br />

Kommission E (= interdisziplinäre Sachverständigenkommission<br />

beim Bundesgesundheitsamt<br />

in Berlin) sollten von <strong>der</strong> EG übernommen werden.<br />

Schlüsselwörter: Erfahrungsheilkunde, gesetzliche<br />

Bestimmungen für Phytopharmaka, geschichtlicher<br />

Hintergrund <strong>der</strong> Phytotherapie, klinische<br />

Prüfung von Phytopharmaka, Phytopharmazie,<br />

Phytopharmakologie, Verordnung von<br />

Phytopharmaka, Volksmedizin.<br />

Summary<br />

In or<strong>der</strong> to avoid controversial discussions concerning<br />

the medical rank of the phytotherapy the<br />

aspects of this "Special mode of therapy" must<br />

be treated more on the interdisciplinary level.<br />

This shouid in particular apply to the attention<br />

paid to the phytotherapy in the European legislation.<br />

Due to numerous clinical and/or experimental<br />

studies as to the evidence of the eff icacy<br />

of plant drugs the phytotherapy is more and more<br />

getting a scientific profile. For the future the<br />

phytotherapy will encounter a "university revaluation"<br />

through the 7th decree on the amendment<br />

of the rules for approbation of physicians.<br />

From 1993 on phytotherapy will also be included<br />

in the examinations of the 2nd part of the medi-<br />

'Herrn Chefarzt Dr. Klaus Christof Schimmel in freundschaftlicher<br />

Verbundenheit zum 60. Geburtstag gewidmet.<br />

cal examination. The attitude of the physicians in<br />

the Fe<strong>der</strong>al Republic of Germany as to the prescription<br />

of phytopharmaceuticals is very much different<br />

from that of physicians in the other countries<br />

of the European Community. The drug monographies<br />

of the Commission E (interdisciplinary<br />

expert commission at the Fe<strong>der</strong>al Health Office<br />

in Berlin) shouid be accepted by the EC.<br />

Key words: experiential medicine, legal regulations<br />

for phytopharmaceuticals, historical background<br />

of the phytotherapy, clinical examination<br />

of phytopharmaceuticals, phytopharmacy,<br />

phytopharmacology, prescription of phytopharmaceuticals,<br />

populär medicine.<br />

Resume<br />

Afin d'eviter des controverses sur la valeur medicale<br />

de la phytotherapeutique, il faut traiter<br />

d'une facon plus interdisciplinaire les aspects<br />

de ce »courant therapeutique particulier«. Ceci<br />

doit s'appliquer tout particulierement ä la prise<br />

en compte de la phytotherapeutique dans la legislation<br />

europeenne. Gräce ä de nombreuses<br />

etudes cliniques et/ou experimentales destinees<br />

ä prouver l'efficacite des medicaments d'origine<br />

vegetale, la phytotherapeutique a une legitimite<br />

scientifique de plus en plus grande. La phytotherapeutique<br />

connaitra ä l'avenir une »revalorisation<br />

universitäre« gräce au 7 e decret sur la<br />

modification du code d'attribution de l'autorisation<br />

d'exercer la medecine. A partir de 1993, la<br />

phytotherapeutique sera aussi une matiere<br />

d'examen de la 2 e section de l'examen de medecine.<br />

Les habitudes des medecins de Republique<br />

Fe<strong>der</strong>ale d'Allemagne en ce qui concerne la<br />

prescription de medicaments phytotherapeutiques<br />

sont tres differentes de celles des medecins<br />

des autres pays de la Communaute europeenne.<br />

Les monographies sur les drogues de la<br />

commission E (commission interdisciplinaire<br />

d'experts de l'Office fe<strong>der</strong>al de la sante de Berlin)<br />

devraient etre adoptees par la Communaute<br />

europeenne.<br />

Mots-cles: empirisme therapeutique, dispositions<br />

legales relatives aux medicaments phytotherapeutiques,<br />

contexte historique de la phytotherapeutique,<br />

examens cliniques des medicaments<br />

phytotherapeutiques, phytopharmacie, phytopharmacologie,<br />

prescription de medicaments<br />

phytotherapeutiques, medecine populaire.<br />

281


H. Schilcher, Phytotherapie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Einleitung<br />

Obwohl die Phytotherapie in allen Kulturkreisen zum ureigensten<br />

„medizinischen Handwerkszeug" <strong>der</strong> Ärzte<br />

und zweifelsfrei zum Grundrepertoire <strong>der</strong> klassischen wie<br />

auch mo<strong>der</strong>nen Naturheilverfahren zählt, wird <strong>der</strong> medizinische<br />

Stellenwert <strong>der</strong> Phytotherapie dennoch kontrovers<br />

diskutiert, und nicht selten wird die Verordnung von Phytopharmaka<br />

im Rahmen rationaler Therapiestrategien in<br />

Frage gestellt. Unterschiede in <strong>der</strong> Bewertung treten insbeson<strong>der</strong>e<br />

dann auf, wenn man die Phytotherapie nur von<br />

seinem eigenen Standpunkt aus, d.h. streng fachspezifisch,<br />

beurteilt und an<strong>der</strong>e, d.h. interdisziplinäre, Betrachtungsstandorte<br />

entwe<strong>der</strong> nicht kennt o<strong>der</strong> diese nicht<br />

toleriert. Abb. 1 zeigt eine Übersicht <strong>der</strong> komplexen<br />

Betrachtungsmöglichkeiten, die deutlich macht, warum<br />

es ständig zu unterschiedlichen Diskussionen kommt, ja<br />

geradezu kommen muß, wenn beispielsweise die Standpunkte<br />

<strong>der</strong> Pharmakologie und <strong>der</strong> Erfahrungsheilkunde<br />

aufeinan<strong>der</strong>treffen. Die kreisförmig angeordnete Auflistung<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Disziplinen bzw. <strong>der</strong> Standpunkte<br />

gibt ganz bewußt keinem Standort den Vorzug, <strong>der</strong><br />

wichtigste zu sein und als erster genannt werden zu<br />

müssen.<br />

Bei einer fairen Pro- und Contra-Diskussion ist neben<br />

fachlichem Wissen somit auch eine interdisziplinäre<br />

Kenntnis sowie Toleranz vonnöten. Letzteres muß nicht<br />

bedeuten, daß man dabei eigene wissenschaftliche<br />

Standpunkte aufgeben muß. Man darf diese lediglich<br />

nicht zum Dogma erheben!<br />

Tab. /; Verwendung von Kamillenblüten.<br />

Hippokrates:<br />

i<br />

Dioskurides:<br />

i<br />

(5. Jh. vor Christus)<br />

in „de Materia Medica"<br />

Galen und Asclepios: damalige Anwendungsgebiete identisch<br />

J, mit den heutigen<br />

Hieronymus Bock: „Kreutterbuch" (1565)<br />

i<br />

Mathtolus:<br />

l<br />

von Haller:<br />

i<br />

Hecker:<br />

i<br />

Madaus, G.:<br />

R. F. Weiß:<br />

Monographie <strong>der</strong><br />

Kommission E (1984)<br />

„New Kreuterbuch (1626)<br />

„Medizinisches Lexikon" (1755)<br />

„Praktische Arzneimittellehre" (1814)<br />

„Lehrbuch <strong>der</strong> biologischen Heilmittel.<br />

Band I" (1938)<br />

„Lehrbuch <strong>der</strong> Phytotherapie" (1. Auflage<br />

1944)<br />

pie eher schaden als nützen. Mo<strong>der</strong>ne Phytotherapie muß<br />

im Sinne einer „Materia medica renovata" praktiziert<br />

werden.<br />

Erfahrungsheilkunde<br />

Geschichtlicher Hintergrund<br />

Unbestritten ist die Tatsache, daß die Anwendung pflanzlicher<br />

Arzneimittel eine solide geschichtliche Basis besitzt.<br />

Bei vielen Arzneipflanzen, beispielsweise bei Kamillenblüten<br />

(1), kann neben <strong>der</strong> volksmedizinischen Anwendung<br />

auch die ärztliche Verordnung bis ins Altertum zurückverfolgt<br />

werden (siehe Tab. I).<br />

Die große Bedeutung pflanzlicher Arzneimittel in <strong>der</strong> Medizin<br />

des Altertums kommt sehr deutlich in einem Lehrsatz<br />

von Askleplos von Thessalien zum Ausdruck, <strong>der</strong> wie<br />

folgt lautet: „Zuerst das Wort — dann die Pflanze — zuletzt<br />

das Messer." Der geschichtliche Hintergrund kann<br />

aber auch „überstrapaziert" werden und zu Einschätzungen<br />

führen, die beim heutigen Stand <strong>der</strong> medizinischen<br />

Wissenschaften nicht mehr vertretbar sind. Nicht bei<br />

je<strong>der</strong> Arzneipflanze können botanische Identität und<br />

Anwendungsgebiete lückenlos vom Altertum bis zur Monographie<br />

<strong>der</strong> Kommission E nachvollzogen werden, wie<br />

dies beispielsweise bei den Kamillenblüten (Tab. I) möglich<br />

ist. Eine unkritische Übernahme aus <strong>der</strong> vornaturwissenschaftlichen<br />

Zeit — so warnt <strong>der</strong> Medizinhistoriker<br />

Ke///Würzburg — kann dem „Ansehen" <strong>der</strong> Phytothera-<br />

Ebenso behutsam muß man mit dem Erkenntnismaterial<br />

aus <strong>der</strong> sogenannten Erfahrungsheilkunde umgehen.<br />

Die Möglichkeiten einer negativen o<strong>der</strong> positiven Bewertung<br />

stehen hier eng nebeneinan<strong>der</strong>. Aus dem Blickwinkel<br />

<strong>der</strong> naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin<br />

werden viele Erfahrungsberichte mit pflanzlichen<br />

Arzneimitteln aus dem Altertum und dem Mittelalter verständlicherweise<br />

in Frage gestellt werden müssen, wenn<br />

beispielsweise die Verlaufskontrollen unzulänglich dokumentiert<br />

sind. Die Erfahrung kann sich auf vier verschiedenen<br />

Ebenen bewegen, wobei diese „vier Ebenen <strong>der</strong><br />

Erfahrung" entwe<strong>der</strong> nebeneinan<strong>der</strong> stehen o<strong>der</strong> sich ergänzen<br />

können. Es sind dies: 1. die klinische Intuition, 2.<br />

die Mitteilung von Kasuistiken und Einzelfallstudien, 3.<br />

die klinischen Beobachtungsstudien und 4. kontrollierte<br />

randomisierte Studien. In den letzten Jahren gewinnt die<br />

Erfahrung auch „in den Augen" <strong>der</strong> Schulmedizin immer<br />

mehr an Bedeutung. So schreibt z.B. E. Buchborn (2):<br />

„Die dokumentierte ärztliche Erfahrung sollte gleichberechtigt<br />

neben Experiment, Theorie und Beobachtung treten".<br />

In einer jüngsten Arbeit setzt sich <strong>der</strong> Biometriker<br />

B. Schnei<strong>der</strong>, Hannover (3), kritisch mit <strong>der</strong> „Erfahrung<br />

bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit von Arzneimitteln"<br />

auseinan<strong>der</strong>, und auch er meint, daß beim Nachweis <strong>der</strong><br />

Wirksamkeit die ärztliche Erfahrung ein wichtiger Prüfpa-<br />

282


H. Schilcher, Phytotherapie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

gesetzliche Basis und Rahmen<br />

die wissenschaftlichen Standpunkte<br />

Standpunkt <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> (Verordner}<br />

geschichtlicher Hintergrund<br />

«torawi»<br />

Abb. 1: Übersicht verschiedener Standpunkte.<br />

Über die enorme Bedeutung <strong>der</strong> Phytotherapie in <strong>der</strong><br />

Volks- bzw. traditionellen Medizin besteht ein weltweiter<br />

(!) Konsens. In allen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt wurden und werden<br />

pflanzliche Arzneimittel im Rahmen <strong>der</strong> Selbstmedikation<br />

bei zahlreichen Beschwerden eingesetzt. In letzter Zeit<br />

mehr denn je auch in den sogenannten Zivilisationslän<strong>der</strong>n,<br />

so daß die Selbstmedikation mit pflanzlichen<br />

Arzneimitteln in Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Dritten Welt keine wesentlich<br />

größere Rolle spielen als beispielsweise in <strong>der</strong> Bundesrepublik,<br />

England und Frankreich. In Frankreich wird dieser<br />

Tatsache bereits gesetzlich Rechnung getragen, und in<br />

Kürze wird dort ein recht pragmatischer neuer „Leitfaden<br />

für das In-den-Verkehr-Bringen pflanzlicher Arzneimittel"<br />

in Kraft treten (4).<br />

Die Schulmedizim kritisiert mit Recht die „Indikationslyrik"<br />

<strong>der</strong> volksmiedizinisch angewendeten Phytopharmaka<br />

sowie die oft falsch eingeschätzte Wirksamkeit bei<br />

schwereren Erkrankungen (z.B. bei Hypertonie, Diabetes,<br />

Infektionen, malignen Erkrankungen etc.). Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite wird nunmehr auch gesundheitspolitisch auf<br />

die Eignung <strong>der</strong> Phytotherapie zur Anwendung „im Haushalt"<br />

aufmerksam gemacht. Als Resümee einer Repräsentativstudie,<br />

die vom Nordrhein-Westfälischen Gesundheitsministerium<br />

in Auftrag gegeben worden war, gab beispielsweise<br />

das Ministerium den Rat, sich wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> „alten<br />

Hausmittel" vom Wadenwickel bis zu verschiedenen<br />

Kräutertees zu erinnern (5). Wenn man bestimmte Grundregeln<br />

für die richtige Anwendung von Phytopharmaka in<br />

<strong>der</strong> Selbstmedikation beachtet (11) und sich dabei insbeson<strong>der</strong>e<br />

nur auf die Anwendungsgebiete stützt, die in den<br />

Monographien <strong>der</strong> Kommission E nie<strong>der</strong>geschrieben sind<br />

(11), dann wird auch die Schulmedizin Verständnis für die<br />

Anwendung pflanzlicher Arzneimittel zur Selbstmedikation<br />

aufbringen müssen. Sehr zu begrüßen wäre, wenn<br />

bei <strong>der</strong> Vorstellung und Empfehlung phytotherapeutischer<br />

Möglichkeiten künftig mehr als bisher gleichzeitig<br />

auch auf die Grenzen hingewiesen würde (6).<br />

Pharmakologie<br />

rameter sein kann. Die wissenschaftliche Anerkennung<br />

<strong>der</strong> dokumentierten ärztlichen Erfahrung stößt weniger in<br />

deutschen Universitäten auf Wi<strong>der</strong>stand als vielmehr in<br />

den EG-Län<strong>der</strong>n und dort insbeson<strong>der</strong>e bei den Gesundheitsbehörden.<br />

Die Phytotherapie benötigt aber dringend<br />

(!) die Anerkennung des Erkenntnismaterials aus <strong>der</strong> Erfahrungsheilkunde,<br />

da in vielen Fällen noch kein neueres<br />

wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorliegt.<br />

Volksmedizin<br />

Das Fehlen geeigneter, d.h. „phytospezifischer", pharmakologischer<br />

Modelle, die auch einen Bezug zur Anwendung<br />

besitzen, sowie <strong>der</strong> Mangel an pharmakokinetischen<br />

Daten und die häufig „milden" und/o<strong>der</strong> „unspezifischen"<br />

Wirkungen, die experimentell nur sehr schwierig<br />

zu erfassen sind, sind die Hauptprobleme <strong>der</strong> Phytopharmakologie.<br />

Winterhoff und Gumbinger (7) nennen noch<br />

weitere Probleme, und sie befassen sich auch mit <strong>der</strong> Frage,<br />

warum die wissenschaftliche Beschäftigung mit Phytopharmaka<br />

offensichtlich so wenig attraktiv ist, daß sich<br />

nur ganz wenige Universitätsinstitute mit Phytopharmakologie<br />

beschäftigen. Erfreulicherwelse ist in diesem Punkte<br />

eine Trendwende zu erkennen. An dieser Stelle muß ganz<br />

betont darauf hingewiesen werden, daß pharmakologische<br />

Prüfungen von Arzneipflanzen nur dann reproduzierbare<br />

Ergebnisse liefern können, wenn die Studien in interdisziplinärer<br />

Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> pharmazeutischen<br />

Biologie erfolgen. Daß eine Arzneipflanze ohne exakte<br />

botanische Bestimmung, ohne Kenntnis über die<br />

Herkunft o<strong>der</strong> den Erntezeitpunkt usw. und vor allem<br />

ohne phytochemische Charakterisierung experimentell<br />

geprüft wird, sollte <strong>der</strong> Vergangenheit angehören. Die<br />

veröffentlichten kontroversen Ergebnisse sind in erster Linie<br />

auf methodische Fehler zurückzuführen!<br />

Als zweites sollte die Pharmakologie anerkennen, daß<br />

eine experimentell nachgewiesene Wirkung nicht gleichbedeutend<br />

mit Wirksamkeit am Patienten sein muß und<br />

umgekehrt. Das Dogma <strong>der</strong> pharmakologischen Relevanz<br />

sollte/muß abgebaut werden, damit künftig weniger<br />

irrelevante experimentelle Studien durchgeführt werden.<br />

Betonen möchte ich aber, daß experimentelle Prüfungen<br />

zum Studium von Wirkungsmechanismen nach wie vor<br />

auch bei Phytopharmaka notwendig sind!<br />

284


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

H. Schilcher, Phytotherapie<br />

Pharmazie<br />

Die Pharmazie hat in erster Linie dafür zu sorgen, daß nur<br />

pharmazeutisch hochwertige, am besten standardisierte<br />

Phytopharmaka zur Anwendung gelangen. Die Standardisierung<br />

sollte sich auf einen o<strong>der</strong> mehrere Wirkstoffe<br />

beziehen. Sind die Wirkstoffe unbekannt, dann muß die<br />

Mindestanfor<strong>der</strong>ung eine Standardisierung auf Leitsubstanzen<br />

sein. Eine weitere Aufgabe <strong>der</strong> Pharmazie ist die<br />

Erforschung <strong>der</strong> Bedeutung (pharmazeutisch, pharmakologisch,<br />

klinisch) von Begleitstoffen, sogenannten Koeffektoren,<br />

in einem <strong>Gesamte</strong>xtrakt. Zu dieser äußerst interessanten<br />

und wichtigen Frage existieren erst sehr wenige<br />

Untersuchungen. Die Aufgabe des Apothekers liegt darin,<br />

dem Arzt die Grundprinzipien eines mo<strong>der</strong>nen Phytopharmakons<br />

zu vermitteln, beispielsweise, daß auch bei<br />

pflanzlichen Arzneimitteln Dosis-Wirkungsbeziehungen<br />

bestehen.<br />

Äußerst nützlich können Hinweise auf ungeeignete Arzneiformen<br />

sein, die selbst wenn sie mo<strong>der</strong>n sind .{z.B.<br />

Kapseln, Dragees), unter Umständen eine vermin<strong>der</strong>te<br />

Wirksamkeit aufweisen. Zum Beispiel ist die Wirksamkeit<br />

einer Bitterstoffdroge nur dann optimal, wenn bereits<br />

von den Geschmacksknospen im Mund <strong>der</strong> bittere Geschmackwahrgenommen<br />

wird. O<strong>der</strong> von einem wäßrigen<br />

Trockenextrakt darf man nicht die Wirksamkeit <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Droge ursprünglich vorhandenen ätherischen Öle erwarten.<br />

Die in <strong>der</strong> Literatur berichteten Mißerfolge mit Phytopharmaka<br />

sind zum großen Teil auf die Anwendung pharmazeutisch<br />

ungeeigneter Arzneimittel zurückzuführen!<br />

Verordner<br />

Die Verordner teilen sich in drei Gruppen auf:<br />

1. die Kliniker, 2. die nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzte für Allgemeinmedizin<br />

sowie die nie<strong>der</strong>gelassenen Fachärzte und<br />

3. die Heilpraktiker.<br />

Die Heilpraktiker, die innerhalb <strong>der</strong> EG-Län<strong>der</strong> nur in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland eine Rolle als heilkundige<br />

Personen spielen, verwenden bei ihren medikamentösen<br />

Maßnahmen laut einer Rundfrage bei rund 660 Heilpraktikern<br />

nur zu 25% Phytopharmaka. Mehr Bedeutung besitzt<br />

bei ihnen die Homöopathie. In den Kliniken, insbeson<strong>der</strong>e<br />

in den Universitätskliniken, ist die Anwendung<br />

von Phytopharmaka eher die Ausnahme als die Regel.<br />

Erfreulicherweise ist dort allerdings eine Trendwende zu<br />

erkennen. Beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Urologie, aber auch in <strong>der</strong><br />

Gastroenterologie und Onkologie werden in letzter Zeit<br />

vermehrt Phytopharmaka eingesetzt, und zwar mit großem<br />

Erfolg.<br />

Mit Sicherheit gewinnt durch die 7. Verordnung zur Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Approbationsordnung für Ärzte vom 21. Dezember<br />

1989 (Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1989, Teil I, Nr.<br />

62, Seite 2549-2559) die Phytotherapie noch mehr an Gewicht<br />

an den Universitätskliniken. Die Approbationsordnung<br />

hat im Prüfungsstoff für den 2. Abschnitt <strong>der</strong><br />

Ärztlichen Prüfung neu aufgenommen: „Grundlagen,<br />

Möglichkeiten und Grenzen von Naturheilverfahren und<br />

Homöopathie." Ab lO.März 1993 müssen diese Themen<br />

schriftlich geprüft werden. Da die Plhytotherapie unumstritten<br />

eine wichtige Teildisziplin innerhalb <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />

ist — diese Meinung vertrittt auch die Sachverständigenkommission<br />

beim Institut für medizinische und<br />

pharmazeutische Prüfungsfragen in Mainz, die zur Zeit<br />

den Gegenstandskatalog ausarbeitet — sind die Universitäten<br />

nunmehr auch gesetzlich gefor<strong>der</strong>t, Lehrveranstaltungen<br />

über Phytotherapie anzubieten. Bislang wurden<br />

physiotherapeutische Vorlesungen und Seminare nur an<br />

wenigen deutschen Universitäten angeboten, künftig muß<br />

dies nun an sämtlichen Universitäten erfolgen, an denen<br />

eine medizinische Ausbildung möglich wird. Da genügend<br />

naturwissenschaftlich ausgerichtete Lehr- und Handbücher<br />

über Phytotherapie und Phytopharmaka existieren<br />

(8-14), dürfte es nicht allzu schwierig sein, auch Dozenten<br />

an den Universitäten zu finden.<br />

Natürlich ist zu hoffen, daß dem Beispiel <strong>der</strong> Freien Universität<br />

Berlin mit <strong>der</strong> Einrichtung des ersten Lehrstuhles<br />

(Prof. Dr. med. M. Bühring) für Naturheilkunde bald von<br />

an<strong>der</strong>en Universitäten gefolgt wird. Ein ähnlicher Lehrstuhl<br />

wird in Kürze an <strong>der</strong> ETH Zürich etabliert werden.<br />

Auf europäischer Ebene wäre zu hoffen, daß auch an<strong>der</strong>e<br />

EG-Län<strong>der</strong> ihre Approbationsordnung um das Lehr- und<br />

Prüfungsfach „Naturheilverfahren" ergänzten.<br />

Bei den nie<strong>der</strong>gelassenen praktischen Ärzten, aber auch<br />

bei den nie<strong>der</strong>gelassenen Fachärzten gewinnt die Verordnung<br />

von Phytopharmaka immer mehr an Bedeutung.<br />

Aus mehreren Befragungen geht hervor, daß über 70%<br />

<strong>der</strong> praktischen Ärzte u.a. auch pflanzliche Arzneimittel<br />

verordnen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Bundesrepublik<br />

ganz wesentlich von allen übrigen Län<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> EG! Daß die Ärzte mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren"<br />

— eine ärztliche Zusatzbezeichnung, die<br />

nur in Deutschland existiert — sehr häufig, aber nicht ausschließlich,<br />

Phytopharmaka verordnen, versteht sich fast<br />

von selbst.<br />

Die zur täglichen ärztlichen Praxis zählende Verordnung<br />

pflanzlicher Arzneimittel in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

hat zur Folge, daß hier weit mehr Phytopharmaka im<br />

Verkehr sind als in den an<strong>der</strong>en EG-Län<strong>der</strong>n. Bis zum 1.<br />

April 1990 waren beim Bundesgeisundheitsamt Berlin<br />

rund 67000 pflanzliche Arzneimittel gemeldet und für<br />

mehr als 10000 Phytopharmaka wurde bislang ein Antrag<br />

auf Nachzulassung gemäß 2. Arzneiimittelgesetz gestellt.<br />

In <strong>der</strong> Roten Liste, dem Verzeichnis <strong>der</strong> Fertigarzneimittel<br />

<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> des Bundesverbandes <strong>der</strong> Pharmazeutischen<br />

Industrie, gehören über 25% <strong>der</strong> aufgenommenen<br />

Arzneimittel zu den Phytopharmaka. Neben dieser, meist<br />

vom Arzt genutzten, Roten Liste existiert noch die<br />

Präparate-Liste <strong>der</strong> Naturheilkunde, die sogenannte Grüne<br />

Liste (Sommer-Verlag), die auf rund 1630 (!) Seiten im<br />

wesentlichen nur pflanzliche Arzneimittel sowie Homöopathika<br />

enthält. Seit November 1990 verlegt <strong>der</strong> Herausgeber<br />

des Pharmaindex (IMP-Verlag, Frankfurt), allge-<br />

285


H. Schlicher, Phytotherapie Arztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

mein als „Gelbe Liste" bekannt, noch eine zusätzliche eigene<br />

Liste „Phytopharmaka und pflanzliche Kombinationspräparate".<br />

Somit sind in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland auch die schnellen Informationsmöglichkeiten<br />

über Phytopharmaka für den Arzt wesentlich<br />

ausgeprägter als in den an<strong>der</strong>en EG-Staaten.<br />

Was sind die Grunde für die relativ hohe ärztliche Akzeptanz<br />

<strong>der</strong> Phytotherapie bei uns?<br />

1. Der erste Grund ist sicherlich das Deutsche Arzneimittelgesetz,<br />

das als einziges Arzneimittelgesetz die sogenannten<br />

„beson<strong>der</strong>en Therapierichtungen", wie Phytotherapie,<br />

Homöopathie und Anthroposophie, gesetzlich<br />

berücksichtigt. Damit ist im Grundsatz auch die Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> arztlichen Verordnung von Phytopharmaka verankert.<br />

Beim Bundesgesundheitsamt in Berlin ist eine interdisziplinär<br />

zusammengesetzte Sachverständigen-Kommission<br />

(Kommission E) angesiedelt, die als Aufbereitungskommission<br />

das für Arzneipflanzen vorhandene wissenschaftliche<br />

Erkenntnismatenal in puncto Wirksamkeit und<br />

Unbedenklichkeit kritisch zu bewerten und als Zulassungskommission<br />

über das In-den-Verkehr-Bringen neuer<br />

Phytopharmaka zu befinden hat.<br />

Eine ähnlich interdisziplinär zusammengesetzte und gesetzlich<br />

verankerte Sachverständigenkommission gibt es<br />

in keinem weiteren EG-Land!<br />

In Anlehnung an die im Bundesanzeiger veröffentlichten<br />

Monographien <strong>der</strong> Kommission E erstellt zur Zeit ESCOP<br />

(= European Scientific Cooperative for Phytotherapy)<br />

nun auf europäischer Ebene Drogenmonographien. Diese<br />

Monographien besitzen im Moment noch keinen offiziellen<br />

gesetzlichen Status, und es ist abzuwarten, ob die EG<br />

die ESCOP-Monographien offiziell anerkennen wird. Der<br />

pragmatische Weg wäre, wenn die EG und das Europa-<br />

Parlament die Monographien <strong>der</strong> Kommission E, vielleicht<br />

mit einigen kleinen Abän<strong>der</strong>ungen, einfach übernehmen<br />

würden. Denn jetzt schon zeichnet sich ab, daß<br />

das ESCOP Scientific Committee und <strong>der</strong> ESCOP Board<br />

of Supervising Editors nicht über den interdisziplinären<br />

Sachverstand verfügt, wie er ohne Zweifel bei <strong>der</strong> Kommission<br />

E vorhanden ist. Auch kann bei dem ESCOP-<br />

Verfahren aus organisatorischen Gründen keine <strong>der</strong>art<br />

ausgeprägte Diskussion stattfinden, wie sie bei den Sitzungen<br />

<strong>der</strong> Kommission E praktiziert wird.<br />

2. Der zweite Grund für die zunehmende Akzeptanz <strong>der</strong><br />

Phytotherapie durch die Schulmedizin resultiert aus den<br />

phytochemischen Forschungsergebnissen, die es ermöglichen,<br />

immer mehr standardisierte Phytopharmaka zur<br />

Anwendung zu bringen Ein standardisiertes pflanzliches<br />

Arzneimittel gewährleistet eher reproduzierbare therapeutische<br />

Effekte und verlangt von einem Arzt, <strong>der</strong><br />

bislang nur Chemotherapeutika verwendet hat, nicht ein<br />

totales Umdenken. Die Grundprinzipien <strong>der</strong> Pharmakotherapie<br />

sind mnt solchen pflanzlichen Arzneimitteln namhch<br />

die gleichem!<br />

Standardisierte Auszüge aus:<br />

— Gmkgo-biloba-Blättem<br />

— Kamillenblüten<br />

— Mariendistelfrüchten und<br />

— Roßkastaniensamen<br />

sollen nur auszugsweise als Beispiele genannt werden.<br />

3. Der dritte Grund für die zunehmende Anerkennung <strong>der</strong><br />

Phytotherapie durch immer mehr „Schulmediziner", insbeson<strong>der</strong>e<br />

auch durch Hochschulkliniker, und dies auch<br />

in Frankreich, England und Italien, sind die zahlreichen<br />

klinischen und/o<strong>der</strong> experimentellen Studien zur Prüfung<br />

<strong>der</strong> Wirksamkeit von Phytopharmaka in den letzten 10<br />

Jahren. Die positiven Untersuchungsergebnisse haben<br />

doch manchen früher eher ablehnenden Arzt vom Nutzen<br />

<strong>der</strong> Phytotherapie überzeugt. Gerade in <strong>der</strong> Abwägung<br />

des Nutzen-Risiko-Vergleiches vermag die Phytotherapie<br />

in mehreren Indikationsbereichen zu überzeugen.<br />

4. Ein vierter Grund, weshalb die Phytotherapie immer<br />

mehr „Boden" in <strong>der</strong> Schulmedizin und insbeson<strong>der</strong>e in<br />

den Universitäten gewinnt, ist die klare Aussage mehrerer<br />

Ärzteverbande, daß die Phytotherapie keine alternative<br />

Medizin, son<strong>der</strong>n ein Teil <strong>der</strong> Schulmedizin ist. Dies<br />

kommt nunmehr auch noch deutlicher durch die neue<br />

Approbationsordnung, auf die oben bereits ausführlich<br />

eingegangen wurde, zum Ausdruck. Die naturwissenschaftlich<br />

ausgerichteten Weiterbildungsveranstaltungen<br />

für den Erwerb <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren"<br />

haben viel für die Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Phytotherapie in<br />

die Schulmedizin beigetragen, auch wenn mancher Kursteilnehmer<br />

über die naturwissenschaftlich orientierte Diktion<br />

enttäuscht ist und die Phytotherapie lieber in <strong>der</strong><br />

„Ecke" <strong>der</strong> alternativen „grünen Medizin" sehen würde.<br />

Gesetzliche Regelungen<br />

Die gesetzlichen Regelungen (Arzneimittelgesetz,<br />

Reichsversicherungsordnung u.a.), die den Kreis <strong>der</strong><br />

Übersieht schließen (Abb. 1) und die zum größten Teil<br />

schon angesprochen worden sind, ermöglichen dem Arzt<br />

das Recht auf Therapiefreiheit und gestatten ihm in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland, grundsätzlich auch Phytopharmaka<br />

zu verordnen. Es gilt dieses Recht auch innerhalb<br />

<strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft zu bewahren, und<br />

es gilt ferner, bestimmte Bestrebungen <strong>der</strong> Einschränkung<br />

(z.B. Negativhste) auf einem Minimum zu halten,<br />

denn nachweislich ist eine geeignete Phytotherapie im<br />

Durchschnitt kostengünstiger als eine Chemotherapie.<br />

Literatur<br />

1. Schlicher, H Die Kamille — Handbuch für Arzte, Apotheker<br />

und an<strong>der</strong>e Naturwissenschaftler Wissenschaftl Verlagsgesellschaft<br />

mbH, Stuttgart 1987<br />

286


H. Schlichet", Phytotherapie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

2. Buchborn, E.: Ärztliche Erfahrung und Theorie <strong>der</strong> Heilkunde.<br />

In: Beobachtung, Experiment und Theorie in Naturwissenschaft<br />

und Medizin. Verhandlungen <strong>der</strong> Ges. Dtsch. Naturforscher<br />

und Ärzte, 114. Versammlung, Stuttgart, 1987.<br />

3. Schnei<strong>der</strong>, B.: Die Erfahrung bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit<br />

von Arzneimitteln. Hufeland-Journal 5 (1990) 87-99.<br />

4. Deutscher, B.: Pflanzliche Arzneimittel — Neue Aufbereitungsergebnisse<br />

in Frankreich. Dtsch. Apoth. Ztg. 130 (1990)<br />

2726-2729.<br />

5. Nordrhein-Westfälisches Gesundheitsministerium: Repräsentativstudie<br />

„Medikament und Kin<strong>der</strong>". Apoth. Ztg. 5, Heft<br />

19, 2(1989).<br />

6. Schilcher, H.: Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen <strong>der</strong><br />

Naturheilverfahren — Phytotherapie. Ärztezeitschr. für Naturheilverfahren<br />

29 (1988) 767-776.<br />

7. Winterhoff, H., H. G. Gumbinger: Pharmakologische Untersuchungen<br />

mit Pflanzenextrakten. Dtsch. Apoth. Ztg. 130<br />

(1990)2667-2670.<br />

8. Weiss, R. F.: Lehrbuch <strong>der</strong> Phytotherapie. 6. Aufl., Hippokrates<br />

Verlag, Stuttgart, 1991.<br />

9. Schimmel, K. Ch.: Lehrbuch <strong>der</strong> Naturheilverfahren, Band I.<br />

2. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Hippokrates Verlag,<br />

Stuttgart, 1990.<br />

10. Vogel, G., M. Gaisbauer, W. Winkler: Phytotherapie in <strong>der</strong><br />

Praxis. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 1990.<br />

11. Schilcher, H.: Phytotherapie in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>heilkunde. Wissenschaftl.<br />

Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 1991.<br />

12. Hansel, R., H. Haas: Therapie mit Phytopharmaka. 2. Auflage,<br />

Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1991.<br />

13. Poletti, A., H. Schilcher, A. Müller: Heilkräftige Pflanzen —<br />

mit den Monographien <strong>der</strong> Kommission E. 2. erweiterte und<br />

aktualisierte <strong>Ausgabe</strong>, Walter Hädecke Verlag, Weil <strong>der</strong><br />

Stadt, 1990.<br />

14. Wagner, H.: Pharmazeutische Biologie — Drogen und ihre<br />

Inhaltsstoffe. 4. neubearbeitete Auflage, Gustav Fischer Verlag,<br />

Stuttgart, 1988.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Univ.-Prof. Dr. H. Schilcher, Freie Universität Berlin, Institut für<br />

Pharmazeutische Biologie, Königin-Luise-Str. 2 + 4, D-1000 Berlin<br />

33.<br />

Die 15 Ausdrucksformen<br />

des Taiji-Qigong<br />

Video-Lehrfilm von Prof. Jiao Guorui<br />

Inhalt: Einführung in Qigong Yangsheng — Demonstration <strong>der</strong> gesamten<br />

Übungsfolge — Demonstration mit detaillierten Erklärungen je<strong>der</strong> einzelnen<br />

Ausdrucksform (Übungen in fester Position, 1. Stufe des Übens) — Ein Beispiel<br />

für die Übung im Gehen (2. Stufe des Übens) — Demonstration einer<br />

Übung im freien Stil (3. Stufe des Übens).<br />

Länge: ca. 70 Minuten, Preis: DM 200,—<br />

Bestellungen an:<br />

Dr. Gisela Hildenbrand, Herwarthstr. 21, 5300 Bonn 1<br />

o<strong>der</strong><br />

MEDIZINISCH LITERARISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT MBH<br />

Postfach 1161/1162, 3110 Uelzeni, Tel. (0581) 808-151, Fax (0581) 808-157<br />

Als Ergänzung zum Videofilm sind bereits zwei Qigong-Werke von Prof. Jiao Guorui in unserem Verlag erschienen:<br />

Qigong-Yangsheng<br />

Herausgeber: PD Dr. Gisela Hildenbrand<br />

2. Auflage 1989. 294 Seiten, 399 Abb., gebunden,<br />

Preis DM 88,—<br />

Die 15 Ausdrucksformen des Taiji-Qigong<br />

Herausgeber: PD Dr. Gisela Hildenbrand<br />

1989, 144 Seiten, 165 Abb., gebunden,<br />

Preis inkl. Poster DM 49,—<br />

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Postfach 1161/1162, 3110 Uelzen 1, Tel. (0581) 808-151, Telefax (0581) 808-157<br />

288


j. Rost Naturheilverfahren — die aktivierende Hälfte <strong>der</strong> Medizin<br />

Zusammenfassung<br />

Gesundheit -> Störung -> Reiz -> Abwehr -> Bewältigung<br />

> Gesundheit.<br />

An diesem Regelkreis werden die therapeutischen<br />

Möglichkeiten eingeordnet und erläutert.<br />

Es ergibt sich hieraus, daß die Naturheilverfahren<br />

und die Homöopathie als die Therapiearten<br />

<strong>der</strong> kleinsten, substanzlosen Reize die aktivierende<br />

Hälfte <strong>der</strong> Gesamtmedizin ausmachen,<br />

während die inaktivierende Konträrtherapie <strong>der</strong><br />

Selbstheilungstendenz eher entgegenarbeitet.<br />

Daher hat diese dort ihre Berechtigung, wo mit<br />

einer Selbstheilung nicht mehr gerechnet werden<br />

kann.<br />

Nicht entwe<strong>der</strong> aktivierende o<strong>der</strong> inaktivierende<br />

Medizin, son<strong>der</strong>n jede zu ihrer Zeit, jede nach<br />

ihrer Indikation. Allerdings sollte, um chronische<br />

Krankheiten zu verhin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zu heilen,<br />

<strong>der</strong> Versuch mit <strong>der</strong> Aktivierung stets vor <strong>der</strong><br />

Inaktivierung unternommen werden.<br />

Schlüsselwörter: Biokybernetik, Naturheilverfahren,<br />

Regulationssystem, Regelkreis.<br />

On classe et on explique les possibilites therapeutiques<br />

en fonction de ce circuit de regulation.<br />

II en resulte que les methodes physiotherapeutiques<br />

et l'homeopathie, en tant que plus petites<br />

formes therapeutiques peu substantielles,<br />

constituent la moitie activante de l'ensemble de<br />

la medecine tandis que la medecine contraire inactivante<br />

a une action plutöt contraire ä la tendance<br />

autocurative. C'est pourquoi son emploi<br />

se justifie lä oü Ton ne peut plus compter sur un<br />

processus autocuratif.<br />

II ne convient pas d'utiliser soit la medecine activante<br />

soit la medecine inactivante, mais chacune<br />

au moment qu'il faut, chacune selon son indication.<br />

Pour empecher ou pour guerir les maladies<br />

chroniques, il faut toutefois toujours faire<br />

une tentative d'activation avant d'utiliser rinactivation.<br />

Mots-cles: biocybernetique, methode physiotherapeutique,<br />

Systeme de regulation, circuit de<br />

regulation.<br />

Summary<br />

Health -> disor<strong>der</strong> -> Stimulation -» defense -><br />

overcoming and recovery -> health.<br />

The therapeutical possibilities are included into<br />

this regulatory circuit and explained. From this<br />

results that the natural treatments and the homoeopathy<br />

as the types of therapy of the least,<br />

unsubstantial Stimuli constitute the activating<br />

half of the entire medicine whereas the inactivating<br />

counter-therapy is rather acting against the<br />

self-healing tendency. Therefore, the latter is<br />

justified where self-healing can no longer be<br />

expected.<br />

Not either activating or inactivating medicine<br />

but each at the appropriate time, each according<br />

to its indication. In or<strong>der</strong> to prevent or to heal<br />

chronic diseases the attempt with the activation<br />

should, of course, always be made prior to the<br />

inactivation.<br />

Key words: biocybernetics, procedures of natural<br />

treatment, regulation System, regulatory circuit.<br />

Resume<br />

Sante -> trouble<br />

succes -> sante.<br />

Stimulation -> defense<br />

Wenn man die Medizin unserer Tage überblickt, mit ihren<br />

enormen chemischen und technischen Möglichkeiten,<br />

müssen da nicht die Naturheilverfahren überflüssig, antiquiert,<br />

ineffizient erscheinen 9 Obwohl von den Patienten<br />

mehr und mehr gewünscht, werden diese Verfahren daher<br />

oft auch als „alternative" o<strong>der</strong> „additive" Möglichkeiten<br />

bezeichnet — wenn nicht gar als Außenseitermedizin<br />

Haben die Naturheilverfahren in unserem mo<strong>der</strong>nen Zeitalter<br />

noch eine Daseinsberechtigung, zumal ihnen, wie<br />

man gelegentlich hört, ein einleuchtendes Gesamtkonzept<br />

fehlt 7<br />

Diese Meinungen haben sicher ihre Berechtigung, wenn<br />

man den kranken Organismus als Werkstuck sieht, das<br />

es zu reparieren gilt Zu ganz an<strong>der</strong>en und überraschenden<br />

Schlüssen muß man aber kommen, wenn <strong>der</strong> lebende<br />

Organismus als ein sich selbst regulierendes, zu<br />

erstaunlichen eigenen Fähigkeiten <strong>der</strong> Selbstheilung<br />

begabtes biokybernetisches System gesehen wird An einem<br />

Denkmodell sei dies verdeutlicht (Abb 1).<br />

Die Gesundheit ist es, die erhalten o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>hergestellt<br />

werden soll Sie gilt es konstant zu halten Das ist <strong>der</strong><br />

Sinn dieses Regulationssystems Jede Störung bakterieller,<br />

viraler, chemischer o<strong>der</strong> traumatischer Art wird als<br />

Reiz registriert und an die zustandigen Abwehrsysteme<br />

(Grundsystem, Immunsystem, Hormonsystem, Wundheilungsfaktoren)<br />

weitergemeldet Das jeweils spezifische<br />

289


J Rost, Naturheilverfahren<br />

Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg<br />

Regulation^<br />

Systeme<br />

Gesundheit ist eine täglich aufs neue erbrachte<br />

aktive Leistung des Organismus<br />

Symptome<br />

Und diese Leistungsfähigkeit wird ausreichen, in akuten<br />

Fallen und bei maßigem Reiz die Gesundheit aus eigener<br />

Kraft wie<strong>der</strong>herzustellen<br />

Nun gibt es aber Falle, wo diese Eigenleistungen nicht<br />

ausreichen, die Gesundheit aus eigener Kraft nicht zu erreichen<br />

ist Solch ein Versagen hat zweierlei Grunde<br />

Gesundheit<br />

Störung<br />

Abb 1 Gesundheit und Reizeinwirkung, Regulationssysteme und<br />

Krankheitssymptomatik sind im kybernetischen Denkmodell wie<strong>der</strong>zufinden<br />

entwe<strong>der</strong> Der den Organismus treffende Reiz ist zu<br />

stark, um auch bei guter Abwehrlage noch verkraftet<br />

zu werden, er überfor<strong>der</strong>t also die<br />

Selbstheilungskrafte,<br />

o<strong>der</strong> Die Regulationsfahigkeit des betreffenden Organismus<br />

ist bereits vorgeschadigt und damit<br />

zu schwach, um selbst einen maßigen Reiz abzufangen<br />

Das akute Geschehen kann dann nicht mehr selbsttätig<br />

ausgeheilt werden, <strong>der</strong> Weg fuhrt in die Chronizitat Denn<br />

das ist <strong>der</strong> eigentliche Unterschied zwischen akutem und<br />

chronischem Geschehen<br />

System, wird durch diesen Reiz mobilisiert, aktiviert Und<br />

es wird sinngemäß antworten, indem es den Gesamtstoffwechsel<br />

im Sinne verstärkter Entgiftung und Ausscheidung<br />

verän<strong>der</strong>t Das fuhrt zu Fieber, zur Entzündung, zu<br />

Diarrho, zur Bronchitis usw<br />

Wahrend die eigentliche Infektion o<strong>der</strong> Intoxikation vom<br />

Patienten oft kaum bemerkt wird und die Reizmeldung<br />

unspurbar bleibt, erlebt <strong>der</strong> Patient die Reaktion auf den<br />

Reiz, die Umstellung im Stoffwechselgeschehen, also<br />

den Kampf um die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Gesundheit um<br />

so drastischer Er erlebt sie als Symptomatik, die erheblich<br />

von seinem Normalzustand abweicht Dieses Erleben<br />

nennt er „Krankheit" Und we<strong>der</strong> ihm noch — lei<strong>der</strong> — oft<br />

seinem Arzt wird bewußt, daß es sich hier nicht um die<br />

eigentliche Krankheit, son<strong>der</strong>n bereits um die Antwort seines<br />

Organismus handelt, die bejaht und unterstutzt<br />

werden sollte<br />

Eine gute, kraftige, heilende Antwort aber bringt <strong>der</strong> Organismus<br />

nur zustande, wenn seine Regulationsfahigkeit<br />

noch intakt ist, wirken doch in einem lebenden System eine<br />

Vielzahl vernetzter, vermaschter Regelkreise zusammen,<br />

die aufeinan<strong>der</strong> einwirken, voneinan<strong>der</strong> abhangen<br />

Nur wenn sie gut aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt sind, wenn sie<br />

unspurbar und lautlos ineinan<strong>der</strong>greifen, wird sich <strong>der</strong> Patent<br />

gesund fühlen Dieses Ineinan<strong>der</strong>greifen aber ist ein<br />

unaufhörliches Wechselspiel von Reizen, Ruckmeldungen<br />

und Antworten Definiert die WHO die Gesundheit als<br />

einen „Zustand leiblichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens",<br />

so muß man dem aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Kybernetik<br />

wi<strong>der</strong>sprechen Gesundheit ist niemals ein „Zustand",<br />

sie ist vielmehr iein dauern<strong>der</strong> Prozeß, eine labile Balance<br />

Akute Krankheiten sind kräftige Abwehrphasen<br />

auf dem Boden einer guten Regulationsfähigkeit,<br />

chronische Krankheiten sind insuffiziente Versuche<br />

<strong>der</strong> Abwehr bei primär gestörtem Regulationsvermögen<br />

Hier sei auch an das 6-Phasen-Denkmodell Reckewegs<br />

erinnert, <strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>em Wege zu dem gleichen Schluß<br />

kam Es verdeutlicht die Chronologie des Leidens<br />

Wie ist es möglich, daß die chronischen Krankheiten immer<br />

mehr zunehmen' Daß sie das Bild <strong>der</strong> Wartezimmer<br />

heute nahezu beherrschen' Gab es am Anfang unseres<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts noch vorwiegend akute Falle, nämlich auf 9<br />

akute nur einen chronisch Kranken, so hat sich das Verhältnis<br />

in diesen 90 Jahren genau umgekehrt Es kommen<br />

heute auf einen akuten Fall neun chronisch Kranke<br />

Warum'<br />

Dieser verhängnisvolle Fehllauf hangt nicht zuletzt damit<br />

zusammen, daß die mo<strong>der</strong>ne Medizin die Fähigkeiten des<br />

Organismus zur Selbsthilfe unberücksichtigt laßt Nicht<br />

nur, daß sie diese Fähigkeiten nicht for<strong>der</strong>t und for<strong>der</strong>t,<br />

son<strong>der</strong>n sie bedient sich gar zu oft dampfen<strong>der</strong>, unterdrucken<strong>der</strong><br />

Therapie<br />

Von Perger stammen Untersuchungen, die diese Behauptung<br />

belegen Ein akuter, banaler fieberhafter Infekt, <strong>der</strong><br />

unbehandelt o<strong>der</strong> sinnvoll unterstutzt ablauft, bewirkt im<br />

Blutbild eine deutliche Linksverschiebung, also das Zeichen<br />

<strong>der</strong> akuten Erkrankung Gleichzeitig tritt eine Vermehrung<br />

<strong>der</strong> y-Globuhne auf — als Beweis guter Immunkorperbildung<br />

Ein Infekt hingegen, <strong>der</strong> durch die Behandlung<br />

unterdruckt wird (durch Antipyretika, Antiphlogi-<br />

290


J Rost, Naturheilverfahren<br />

Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg<br />

stika, Antitussiva, Antibiotika), laßt den Patienten zwar<br />

rasch beschwerdefrei werden, erkauft dies aber durch<br />

langdauernde Blutbildveran<strong>der</strong>ungen im Sinne einer<br />

chronischen Erkrankung, namhch <strong>der</strong> relativen Lymphozytose<br />

Eine y-Globulmvermehrung bleibt aus, d h , eine<br />

Immunkorperbildung kommt nicht zustande Dabei wäre<br />

es durchaus möglich, einen banalen fieberhaften Infekt<br />

auch an<strong>der</strong>s auszuheilen Doch lei<strong>der</strong> wissen die wenigsten<br />

Kollegen wie<br />

Betrachtet man die uns zur Verfugung stehenden therapeutischen<br />

Möglichkeiten unter dem Aspekt des Regelkreises,<br />

so zeigt sich, daß man bei jedem Faktor dieses<br />

Zusammenspiels therapeutische Ansatzpunkte hat, sowohl<br />

bei <strong>der</strong> Störung, bei dem Reiz, an dem Abwehrsystem<br />

als auch an <strong>der</strong> Symptomatik (Abb 2)<br />

Die Ausschaltung <strong>der</strong> Störung soll als <strong>der</strong> probateste Weg<br />

zuerst genannt werden<br />

Die Kausaltherapie ist immer <strong>der</strong> königliche Weg zur Heilung<br />

Die Ausschaltung des Storfaktors befreit die Eigenregulation<br />

und gibt ihr wie<strong>der</strong> freien Lauf Eine weitere<br />

Therapie ist dann nicht mehr notig Lei<strong>der</strong> wird gar zu oft<br />

noch versäumt, in Zusammenarbeit mit dem Patienten intensiv<br />

nach <strong>der</strong> Ursache zu forschen (Ernährung, Genußmittel,<br />

Lebensgewohnheiten usw), ehe <strong>der</strong> Rezeptblock<br />

in Aktion tritt Der Arzt sollte sich um die Causa <strong>der</strong> Krankheit<br />

seines Patienten ebensoviel Gedanken machen wie<br />

dieser selbst<br />

Gelehrt und gelernt aber wird überwiegend jene Therapie<br />

am efferenten Schenkel des Regelkreises, die eben<br />

schon angeschnitten wurde die Dampfung, die Unterdruckung<br />

<strong>der</strong> Symptomatik Das Abwehrgeschehen des<br />

Organismus, das Bewaltigungsprogramm mit seiner unangenehmen<br />

Symptomatik verleitet zum raschen Griff<br />

nach <strong>der</strong> Kontrartherapie Hier haben die Antipyretika, die<br />

Antidolorosa, Antirheumatika, Antiemetika usw ihren Platz<br />

Sie veran<strong>der</strong>n das Bewaltigungsprogramm nach dem Willen<br />

des Arztes und setzen die Eigenregelung außer Kraft<br />

Diese ,,Anti"-Therapie ist durchaus indiziert, wenn die<br />

Symptome unerträglich werden o<strong>der</strong> wenn in lebensbedrohenden<br />

Fallen die Eigenregulation überfor<strong>der</strong>t und insuffizient<br />

ist Hier muß sie eingesetzt werden Und es gibt<br />

wohl keinen Arzt, <strong>der</strong> nicht froh ist, daß es sie für bestimmte<br />

Falle gibt Aber die Kontrartherapie wird sicher zu<br />

häufig angewandt, teils aus Bequemlichkeit, weil <strong>der</strong> Patient<br />

es so wünscht, teils aus Unkenntnis an<strong>der</strong>er therapeutischer<br />

Möglichkeiten Denn es gibt ebenso effiziente<br />

Heilverfahren, die nicht unterdruckend wirken Wir finden<br />

sie am afferenten Schenkel des Regelkreises<br />

Wahrend die soeben erwähnte Kontrartherapie da ansetzt,<br />

wo <strong>der</strong> Organismus bereits mit dem eigenen Bewaltigungsprogramm<br />

in Aktion ist, namhch am efferenten<br />

Schenkel, kann man an<strong>der</strong>erseits über den afferenten<br />

Reflexbogen viel früher in das Geschehen eingreifen, indem<br />

man die Abwehrsysteme stimuliert zu kraftiger und<br />

effizienterer Antwort So bleibt die Bereitstellung <strong>der</strong> Abwehr<br />

den körpereigenen Systemen selbst überlassen Sie<br />

wird nicht beeinflußt, nicht manipuliert Diese Aktivierung<br />

kann durch die unspezifische wie durch die spezifische<br />

Stimulation erreicht werden<br />

Die unspezifische Stimulation aktiviert den Organismus<br />

als Ganzes in all seinen Lebensfunktionen Durch Ernah-<br />

Entschlackung, Ernährung<br />

Bewegungstherapie, Atemtherapie<br />

Physiotherapie<br />

Aktive Immunisierung<br />

Autovaccine<br />

Symbioselenkung<br />

Eigenbluttherapie<br />

Desertsibihsierung<br />

Homöopathie<br />

Akupunktur<br />

Substitution<br />

Passive Immunisierung<br />

Vitamine, Hormone, Ferment«<br />

Mineralien<br />

Organtransplantation<br />

F.xzi tat 10 n<br />

Anregung von Kreislauf,<br />

Atmung, Niere, Darm, usw<br />

Inhibition<br />

»Anti-Mittel«<br />

S u p p res s l on<br />

Corticoide<br />

Zytostatika<br />

Ionisierende Strahlen<br />

Chirurgie (Anti-Biotika)<br />

Psychotherapie, Neuraltherapie<br />

Abb 2 Die Kausalltherapie befreit den Organismus von Störungen, so daß er wie<strong>der</strong> selbst regulieren kann Die spezifische und unspezifische<br />

Stimulation aktivieren die Selbstheilungskrafte Durch die Kontrartherapie dagegen wird die Eigenregulation inaktiviert<br />

292


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

J. Rost, Naturheilverfahren<br />

rungsumstellung o<strong>der</strong> Fasten, durch Entschlackung, Bewegung,<br />

Atmung, durch Kalt- o<strong>der</strong> Warmwasserreize,<br />

durch Physiotherapie wird hier für eine allgemeine Vitalisierung<br />

gesorgt. Es sind reinigende und trainierende,<br />

kräftigende Heilverfahren, die die Regelsysteme dazu<br />

instand setzen, die eintreffenden Störungsmeldungen<br />

effektvoll zu beantworten. In dieser Gruppe finden wir die<br />

sogenannten „klassischen Naturheilverfahren". Ihre Vertreter<br />

legen Wert darauf, daß hier nur ganz natürliche Mittel<br />

und Reize zur Anwendung kommen.<br />

Spezifisch wird die Stimulation erst dann, wenn spezifische<br />

Immunfunktionen angesprochen werden, wenn spezielle<br />

Syndrome beeinflußt werden sollen. Der Prototyp ist<br />

die aktive Immunisierung. Sie gibt nicht, wie die passive<br />

Immunisierung, das Gegengift gegen die jeweilige Krankheit,<br />

son<strong>der</strong>n sie verabreicht minimale Dosen des Toxins,<br />

die den Organismus zur Eigenproduktion des entsprechenden<br />

Antitoxins anregen. Ebenso wirkt die von patienteneigenen<br />

Erregern ausgehende Autovakzine. Auch die<br />

mikrobiologische Therapie bedient sich dieser Möglichkeit.<br />

Letztlich ist auch die Eigenbluttherapie eine solche<br />

spezifische Aktivierung. In ähnlichem Sinne nutzt auch<br />

die Desensibilisierung das minimal dosierte Allergen zum<br />

Training und zur aktiven Überwindung <strong>der</strong> Allergie. Selbst<br />

die Homöopathie gehört hierher. Sie wählt, wo sie das<br />

krankmachende Agens selbst nicht kennt (das wäre Isopathie)<br />

einen dem Krankheitsbild ähnlichen Reiz — similia<br />

similibus curentur — <strong>der</strong> den Organismus zur Heilung<br />

aus eigener Kraft stimuliert.<br />

Der Akupunktur wird zwar ein an<strong>der</strong>es Wirkprinzip zugeschrieben,<br />

nämlich ein Einwirken auf den Energiefluß im<br />

Organismus, ein Ausgleichen, doch fügt sie sich in den<br />

Rahmen <strong>der</strong> Stimulation, und zwar <strong>der</strong> spezifischen Stimulation,<br />

ein.<br />

Gemeinsam ist diesen Heilverfahren <strong>der</strong> spezifischen Stimulation<br />

die Anwendung minimaler Wirkdosen bis zu<br />

quantitätslosen Reizen. Sie arbeiten mit einer Aufschaltung<br />

<strong>der</strong> Störgröße, mit Reizen also, die <strong>der</strong> Krankheit<br />

gleichgerichtet sind. Sie wählen nicht konträre, son<strong>der</strong>n<br />

gleichsinnige Maßnahmen, die den einwirkenden Störreiz<br />

verdeutlichen, den Anstoß verbreitern. Dies wird eine umfassen<strong>der</strong>e<br />

Antwort <strong>der</strong> Regelsysteme zur Folge haben.<br />

So haben wir die Therapie <strong>der</strong> Regelungsdämpfung auf<br />

<strong>der</strong> einen Seite des Regelkreises. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />

findet sich die Therapie <strong>der</strong> Aktivierung. Sie strebt eine<br />

Aktivierung <strong>der</strong> Selbstheilung an, eine Therapie also, die<br />

den Regelsystemen nicht entgegenwirkt, son<strong>der</strong>n mit<br />

ihnen zusammenarbeitet und gewissermaßen zu einer<br />

Naturheilung führt.<br />

Diese Überlegungen führen uns schließlich zur Definition<br />

<strong>der</strong> Naturheilverfahren. Bezeichnen die Vertreter <strong>der</strong> unspezifischen<br />

Stimulation ihre Heilverfahren als die „klassischen"<br />

Naturheilverfahren, so ist die Frage berechtigt,<br />

ob die Methoden <strong>der</strong> spezifischen Stimulation keine Naturheilverfahren<br />

sind. O<strong>der</strong> sind es als Gegensatz zu den<br />

„klassischen" die „mo<strong>der</strong>nen" Naturheilverfahren? Immer<br />

wie<strong>der</strong> hört und liest man in <strong>der</strong> Diskussion darüber,<br />

wie natürlich die Mittel <strong>der</strong> Naturheilverfahren sein müssen,<br />

um noch als solche anerkannt zu werden. Selbstverständlich<br />

ist die Atemtherapie ein Naturheilverfahren.<br />

Aber die Sauerstofftherapie? Die HOT? Die Ozontherapie?<br />

Schließt ihr apparativer Aufwand sie von den Naturheilverfahren<br />

aus? Wie natürlich sind die Nadeln <strong>der</strong><br />

Akupunkteure? O<strong>der</strong> gar die Injektionen <strong>der</strong> Neuraltherapeuten,<br />

die ihre Zugehörigkeit zu den Naturheilverfahren<br />

auch beanspruchen? Ist die Homöopathie ein Naturheilverfahren?<br />

Die Homöopathen selbst verneinen dies. Auch<br />

die Vertreter <strong>der</strong> Naturheilverfahren lehnen es ab, aber<br />

mit dem Argument: Ihrer Meinung nach entfernt die Potenzierung<br />

<strong>der</strong> Heilpflanzen die homöopathischen Medikamente<br />

zu weit von <strong>der</strong> Natur. Aber die Phytotherapie,<br />

die alle Welt zu den Naturheilverfahren zählt? Sind ihre<br />

Heilpflanzenpräparationen noch natürlich genug? Wird<br />

nicht auch hier extingiert, extrahiert, destilliert, getrocknet,<br />

gepulvert, in Tabletten gepreßt und mit Farbstoffen<br />

überzogen?<br />

Kein Ende <strong>der</strong> Diskussionen über die Anfänge und Grenzen<br />

<strong>der</strong> natürlichen Heilverfahren. Wer ist „in" und wer ist<br />

„out"? Welch ein Geschoßreservoir für die Gegner <strong>der</strong><br />

Naturheilverfahren! Sie brauchen sich nur zu bedienen.<br />

Dabei könnten all diese Richtungskämpfe überflüssig<br />

sein, wenn man weniger die Natürlichkeit <strong>der</strong> Mittel zum<br />

Kriterium machte als vielmehr die Natürlichkeit des Heilungsprozesses.<br />

Weniger die Mittel zum Zweck sollten<br />

den Ausschlag geben als <strong>der</strong> Zweck selbst, nämlich: die<br />

Naturheilung aus eigener Kraft. Hier liegt eigentlich die<br />

Quintessenz <strong>der</strong> Naturheilverfahren.<br />

Nicht unbedingt Natur-Heilverfahren<br />

als vielmehr Naturheil-Verfahren<br />

Diese kleine Verschiebung des Bindestrichs könnte alle<br />

Gruppen einen in dem Bemühen, aktivierende Therapie<br />

zu betreiben, die Heilung durch Verbesserung <strong>der</strong> körpereigenen<br />

Regulation zu erreichen.<br />

Die Mittel und Wege, die dazu führen,, sollten relativ untergeordnet<br />

sein. Einzige Bedingung: Die angestrebte Aktivierung<br />

sollte auch nachweisbar sein. Nur dieser Nachweis<br />

<strong>der</strong> tatsächlich verbesserten Regulationsfähigkeit<br />

durch unsere Heilverfahren wird uns glaubwürdig machen,<br />

und nur er kann uns von Scharlatanen abgrenzen.<br />

Naturheil-Verfahren sind die aktivierende Hälfte<br />

<strong>der</strong> Gesamtmedizin<br />

Diese aus dem biokybernetischen System abgeleitete<br />

Sicht löst mehrere unserer Probleme gleichzeitig:<br />

1. Wir haben hier endlich das gesuchte und von <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

angemahnte Gesamtkomzept unserer Therapiemethoden.<br />

293


J. Rost, Naturheilverfahren Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

2. Wir finden hier eine erheblich vereinfachte und einleuchtende<br />

Definition.<br />

3. Wir bringen so mühelos die verschiedenen Gruppen<br />

und rivalisierenden Therapiemethoden auf einen gemeinsamen<br />

Nenner.<br />

4. Wir können damit deutlich machen, daß die Naturheilverfahren<br />

nicht nur „auch heute noch" ihre Existenzberechtigung<br />

haben, son<strong>der</strong>n daß sie heute dringen<strong>der</strong><br />

gebraucht werden als je zuvor.<br />

Erst beide Seiten des Therapiespektrums, die aktivierende<br />

und die inaktivierende Seite gemeinsam, machen die<br />

Gesamtmedizin aus. Nicht die eine o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e Seite<br />

gilt es zu nutzen, son<strong>der</strong>n beide Seiten je nach Indikation<br />

des speziellen Falles.<br />

Wichtig zu wissen und zu planen ist jedoch, daß nach<br />

Möglichkeit die aktivierende Therapie, also die Naturheilverfahren,<br />

vor den inaktivierenden Methoden genutzt werden<br />

sollte. Denn wurde zuerst inaktiviert, so sind die<br />

Regelsysteme nicht mehr voll ansprechbar. Der Übergang<br />

von <strong>der</strong> inaktivierenden zur aktivierenden Therapie<br />

wird nicht mehr den vollen Effekt erbringen können. Dagegen<br />

ist ein Wechsel von <strong>der</strong> aktivierenden zur inaktivierenden<br />

Therapie — sollte er doch noch notwendig werden<br />

— je<strong>der</strong>zeit komplikationslos möglich.<br />

Lei<strong>der</strong> sind die Patienten, die den Arzt für Naturheilverfahren<br />

aufsuchen, meist bereits den umgekehrten Weg<br />

gegangen. Erst wenn die übliche Konträrtherapie keinen<br />

Dauererfolg brachte, wendet man sich den Naturheilverfahren<br />

zu. Anzustreben, da sinnvoller und erfolgversprechen<strong>der</strong>,<br />

wäre sicher:<br />

Die aktivierende Therapie wo irgend möglich,<br />

die inaktivierende Therapie wo unbedingt nötig<br />

Nicht „alternative", nicht „additive" Medizin, nicht „Außenseiter-Medizin"<br />

sind die Naturheilverfahren, son<strong>der</strong>n<br />

die notwendige an<strong>der</strong>e Hälfte <strong>der</strong> Medizin, ihre aktivierende<br />

Hälfte. Sie wurde viel zu lange schon in <strong>der</strong> Ausbildung<br />

vernachlässigt. Wir brauchen sie heute notwendiger denn<br />

je zuvor, wenn wir mit den Folgen <strong>der</strong> allzu häufigen Inaktivierung<br />

<strong>der</strong> Regelsysteme, nämlich den chronischen<br />

Krankheiten, fertigwerden wollen. Eine genauso gute,<br />

umfassende Ausbildung auf dem Gebiet dieser aktivierenden<br />

Hälfte sollte für jeden Mediziner zur Selbstverständlichkeit<br />

werden.<br />

Literatur<br />

Rost, J.: Quintessenz <strong>der</strong> Naturheilverfahren (Literaturverzeichnis).<br />

Quintessenz-Verlag, München, Berlin, Chicago, London,<br />

Sao Paulo, Tokio, 1990.<br />

Anschrift <strong>der</strong> Verfasserin:<br />

Dr. med. J. Rost, Aribostraße 13, D-8183 Rottach-Egern.<br />

VENOROBAL TROPFEN<br />

gegen Hämorrhoiden • Venenstauung • Krampfa<strong>der</strong>n<br />

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Anwendungsgebiete: VENOROBAL ist ein homoö- Die gute Verträglichkeit und das Fehlen von Neben- und<br />

pathisches Mittel zur Behandlung von venösen Durch- Gegenwirkungen lassen auch eine Dauertherapie zu.<br />

blutungsstörungen und Stauungen. Die dadurch hervor- Zusammensetzung: Aesculus D1 5 ml, Gentiana D110 ml,<br />

Schmerzen und Schweregefühl in den Beinen, Unterschenkelgeschwüre<br />

werden durch die Behandlung mit<br />

VENOROBAL nachhaltig beeinflußt. Beson<strong>der</strong>s günstig<br />

wirkt hier <strong>der</strong> Anteil an Roßkastanie, Kamille, Hamamelis<br />

und Löwenzahn. Mit den an<strong>der</strong>en wirksamen Bestandteilen<br />

wird beson<strong>der</strong>s die durch verstärkte Durchblutung<br />

verursachte Ausschwemmung und Entgiftung geför<strong>der</strong>t.<br />

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D10 5 ml, Urea pura D6 15 ml, Carduus marianus D2 15 ml.<br />

Dosierung: Wenn nicht an<strong>der</strong>s verordnet, 3 mal täglich<br />

25 bis 40 Tropfen vor dem Essen. In akuten Fällen kann die<br />

Dosierung bis zu 4 mal 50 Tropfen gesteigert werden.<br />

Gegenanzeige: Nebenwirkungen bisher nicht bekannt.<br />

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SCHLOSS-APOTHEKE 8213 Aschau/Chiemgau Bahnhofstraße 8 Tel. 08052/316<br />

294


R. Hansel Ginkgo biloba:<br />

Das Arzneimittelangebot aus pharmazeutischer Sicht*<br />

Zusammenfassung<br />

Nach wie vor bilden Anreicherung und Isolierung<br />

von Pflanzenstoffen, neben <strong>der</strong> Synthese,<br />

eine Quelle für neuartige Arzneistoffe. Die im<br />

Ginkgo-biloba-Blatt vorkommenden Ginkgolide<br />

sind selektive Inhibitoren PAF-induzierter Reaktionen<br />

<strong>der</strong> neutrophilen Granulozyten; die Ginkgolide<br />

eröffnen neue Möglichkeiten in <strong>der</strong> Behandlung<br />

entzündlicher Prozesse, darunter vor<br />

allem <strong>der</strong> beim Asthmaanfall ablaufenden entzündlichen<br />

Reaktionen. Eine als EGb 761 bezeichnete<br />

Extraktfraktion wird seit zirka 25<br />

Jahren als weitgehend nebenwirkungsarmes<br />

Nootropikum verwendet. Die nach Ablauf <strong>der</strong><br />

Patente auf dem Markt existierenden Nachahmerprodukte<br />

sind zum Teil unterschiedlich in<br />

ihrer pharmazeutischen Qualität. Über die stofflichen<br />

Unterschiede <strong>der</strong> verschiedenen Ginkgopräparate<br />

bescheid zu wissen, ist eine Voraussetzung,<br />

damit <strong>der</strong> Apotheker seiner Beratungsfunktion<br />

nachkommen kann.<br />

Schlüsselwörter: Ginkgo biloba, Ginkgolide, Bilobalid,<br />

PAF-acether, Ginkgospezialextrakt,<br />

Blutplättchenaggregation, Thrombozytenaggregation,<br />

Hirnödem, nootrop wirksame Fraktion.<br />

Summary<br />

Herrn Dr. med. Klaus Christof Schimmel zum 60. Geburtstag<br />

gewidmet.<br />

Nachdruck aus Apotheker Journal Nr. 1 (1991) 38-42.<br />

Apart from the synthesis the increase in the concentration<br />

as well as the isolation of plant substanees<br />

are now as before a source for new<br />

drugs. The ginkgolides that are present in the<br />

feaves of Ginkgo biloba are selective Inhibitors<br />

of PAF-induced reactions of the neutrophile granulocytes;<br />

the ginkgolides provide new possibi-<br />

Itties in the treatment of inflammatory processes<br />

and among those above all the inflammatory reactions<br />

occurring together with the asthmatic attack.<br />

Since about 25 years a fraction of the extract<br />

named EGB 761 is used as nootropic drug<br />

that is largely free of side-effects. The pharmaceutical<br />

quality of the imitator products which<br />

are on the market after the expiration of the patients<br />

is in part quite different. To be acquainted<br />

with the material differences of the various Ginkgo<br />

preparations is a prerequisite for the pharmacist<br />

to comply with his function as adviser.<br />

Key words: Ginkgo biloba, ginkgolides, bilobalide,<br />

PAF-acether, Special Ginkgo extract, aggregation<br />

of the platelets of the blood, thrombocyte<br />

aggregation, cerebral oedema, nootropically effective<br />

fraction.<br />

Resume<br />

L'enrichissement et I'isolation de substances<br />

vegetales, outre la Synthese, constituent toujours<br />

une source de rrredicaments nouveaux.<br />

Les gingkolides presents dans la feuille du Ginkgo<br />

biloba sont des inhibiteurs selectifs des reactions<br />

induites par PAF des granulocytes neutrophiles.<br />

Les ginkgolides ouvrent de nouvelles<br />

possibilites pour le traitement des processus inflammatoires,<br />

en particulier des reactions inflammatoires<br />

qui se produisent lors des crises<br />

d'asthme. Une fraction d'extrait designee par<br />

EGB 761 est utilisee depuis environ 25 ans comme<br />

produit nootrope aux effets secondaires tres<br />

limites. Les imitations qui existent sur le marche<br />

apres expiration des brevets sont de qualitäs<br />

pharmaceutiques differentes. Pour pouvoir remplir<br />

son röle de conseiller, le pharmacien se dolt<br />

de connaitre les differences de matiere existant<br />

entre les diverses prepatations ä base de gink-<br />

9°-<br />

Mots-cles: Ginkgo biloba, ginkgolides, bilobalides,<br />

acether PAF, extrait Special de ginkgo,<br />

agregation des piaquettes du sang, agregation<br />

des thrombocytes, oedeme cerebral, fraction ä<br />

action nootrope.<br />

Botanik<br />

Rohstoff für die Herstellung <strong>der</strong> verschiedenen Arzneimittel<br />

sind die grün, noch nicht gelb gefärbten Laubblätter<br />

von Ginkgo biloba L. Die Wuchsforrm des Ginkgobaumes<br />

hat große Ähnlichkeit mit <strong>der</strong> Wuchsform dikotyler Laubbäume.<br />

In Wahrheit zeigt Ginkgo biiloba botanisch-taxonomisch<br />

keinerlei Verwandtschaft zu an<strong>der</strong>en heute lebenden<br />

Pflanzenarten:<br />

Er bildet eine eigene Klasse von als Ginkgotae bezeichneten<br />

Gewächsen, <strong>der</strong>en Vertreter in früheren erdgeschicht-<br />

295


R. Hansel, Arzneimittel Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

liehen Epochen weit verbreitet waren, heute aber — eben<br />

mit Ausnahme des Ginkgo biloba — alle ausgestorben<br />

sind. Daß die Laubblätter des Ginkgobaumes eher denen<br />

bestimmter Farne als denen dikotyler Laubbäume nahestehen,<br />

zeigt sich an ihrer fächerförmigen Nervatur:<br />

Ungleich den Blättern von Laubholzgewächsen sind keine<br />

Mittelrippe und keine Quera<strong>der</strong>ung vorhanden. Von dem<br />

englischen Botaniker Sir James Edward Smith (1859-<br />

1928) stammt die für Ginkgo biloba synonyme Bezeichnung<br />

Salisburia adiantifolia; dabei soll <strong>der</strong> Artname adiantifolia<br />

(= mit Blättern wie Adiantum) auf die Gabela<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Blätter hinweisen, ein typisches Merkmal für<br />

ursprüngliche Farnarten, wie zum Beispiel <strong>der</strong> Frauenhaarfarn<br />

Adiantum tenerum var. fralayense.<br />

Der Ginkgo wird heute überall in den gemäßigten Breiten<br />

als Zierbaum angepflanzt. Er gilt gemeinhin als sehr<br />

wi<strong>der</strong>standsfähig gegen die Luftverschmutzung in Industriegebieten.<br />

Allerdings ergaben experimentelle Studien,<br />

die am Department für Pflanzenpathologie <strong>der</strong> Rutgers-<br />

Universität durchgeführt wurden, daß zumindest gegenüber<br />

Schwefeldioxid und Ozon die Ginkgopflanzen durchaus<br />

nicht weniger empfindlich sind als an<strong>der</strong>e Bäume<br />

auch (fl. T. Major, Science 157,1271,1969). Schwefeldioxid<br />

und Ozon sind bekanntlich die häufigsten phytotoxischen<br />

Bestandteile in verschmutzer Luft.<br />

Die Droge wird aus Kulturen und aus Wildbeständen gewonnen;<br />

in Kulturen werden die Pflanzen beschnitten, so<br />

daß sie zur leichteren Ernte <strong>der</strong> Blätter eine strauchartige<br />

Wuchsform annehmen. Entsprechende Kulturen befinden<br />

sich in Südfrankreich (nahe Bordeaux), in Kalifornien, in<br />

Südkorea und in China.<br />

Die Ernte erfolgt zu einem Zeitpunkt, solange die Blätter<br />

noch eine rein grüne Farbe haben. Beim Trocknen verlieren<br />

sie runde drei Viertel ihres Frischgewichtes.<br />

Die getrockneten Blätter werden zu großen Ballen gepreßt,<br />

um Fermentierungsprozesse bei Wie<strong>der</strong>zutritt von<br />

Feuchtigkeit hintanzuhalten. Getrocknete Ginkgoblätter<br />

haben einen nur sehr schwachen, eigenartigen Geruch.<br />

Die Geschmacksqualität ist in <strong>der</strong> chinesischen Literatur<br />

als süß-herb-bitter angegeben (Paulus und Yu-he, 1987).<br />

Geschichtliches<br />

In <strong>der</strong> traditionellen chinesischen Medizin gelten als Wirkungsbereich<br />

von Ginkgotee (Tagesdosis drei bis sechs<br />

Gramm) Lunge und Herz. Die Wirkung wird beschrieben<br />

als ,,das Herz begünstigend, die Feuchtigkeit hemmend<br />

und den Durchfall lin<strong>der</strong>nd". Als Anwendungsfälle nennen<br />

Paulus und Ding Yu-he (Handbuch <strong>der</strong> traditionellen<br />

chinesischen Heilplanzen, Haug Verlag, Heidelberg) Bluthochdruck,<br />

Koronarsklerose (Angina pectoris) und Ohrensausen.<br />

Sehr üblich soll es bis heute in China sein, Ginkgoblätter<br />

mit kochendem Wasser zu übergießen und die<br />

aufsteigenden Dämpfe zu inhalieren, um sich bei Asthma<br />

und Bronchitis Erleichterung zu verschaffen. Ob wirksame<br />

Bestandteile aus dem Blatt in den Wasserdampf übergehen,<br />

ist nicht Ibekannt.<br />

296<br />

Um die Terpenlaktone kann es sich auf keinen Fall handeln,<br />

da Bilobalide und Ginkgolide nicht wasserdampfflüchtig<br />

sind. In <strong>der</strong> traditionellen europäischen Medizin<br />

sind Ginkgoblätter zu keinem Zeitpunkt verwendet worden.<br />

Die heute als Arzneimittel angebotenen Ginkgopräparate<br />

gehen auf eine Neuentwicklung <strong>der</strong> Arzneimittelforschung<br />

zurück, durchaus vergleichbar <strong>der</strong> Einführung<br />

neuer Naturstoffe in die Therapie etwa des Reserpins,<br />

des Vincristins o<strong>der</strong> des Vincamins; <strong>der</strong> Unterschied besteht<br />

lediglich darin, daß die entsprechenden Extraktions-,<br />

Fällungs- und an<strong>der</strong>e Reinigungsprozeduren nicht<br />

zum kristallinen Naturstoff, son<strong>der</strong>n zu einem „optimierten<br />

Spezialextrakt" führen. Nach anerkannter Verkehrsauffassung<br />

stellt <strong>der</strong> gesamte Extrakt den Arzneistoff<br />

(Wirkstoff) dar, wobei keiner <strong>der</strong> einzelnen Extraktbestandteile<br />

allein für Wirkungen und Wirksamkeit verantwortlich<br />

ist.<br />

Spezialextrakte <strong>der</strong> genannten Arten sind wie isolierte<br />

Naturstoffe o<strong>der</strong> synthetische Arzneistoffe patentfähig.<br />

Ein entsprechen<strong>der</strong> Ginkgoblattextrakt (Abkürzung EGb<br />

761) wurde zuerst im Jahre 1973 patentrechtlich geschützt.<br />

Inhaltsstoffe des Ginkgoblattes<br />

Wie viele nie<strong>der</strong>molekulare Inhaltsstoffe im Ginkgoblatt<br />

enthalten sind, ist nicht bekannt; man darf annehmen,<br />

daß es mehr als 2000 sein werden. Von den bisher isolierten<br />

Inhaltsstoffen sind zahlreiche Stoffe ihrem chemischen<br />

Aufbau nach keineswegs neuartig, son<strong>der</strong>n als Inhaltsstoffe<br />

vieler an<strong>der</strong>er Arzneidrogen bekannt. Dazu<br />

zählen Inhaltsstoffe, wie Kalziumoxalat in Raphiden, Stärke,<br />

Mannit, Pentosane, Chinasäure, Shikimisäure, Wachse,<br />

Sitosterol und Sitosterolglykoside. In großer Mannigfaltigkeit<br />

wurden Flavonoide gefunden:<br />

Flavone (Luteolin, Tricetin)/Biflavone (Amentoflavon, Bilobetin,<br />

Ginkgetin, Isoginkgetin, Sicadopitysin)/Flavonole<br />

(Kämpferoi, Kämpferol-3-rutosid, Kämpferol-cumaroylglucosyl-1,4-rhamnosid,<br />

Quercetin, Isoquercetin, Rutosid,<br />

Quercetin-cumaroyl-glucosyl-1,4-rhamnosid, Isorhamnetin,<br />

3'-Methylmyricetin-3-rutosid)/Catechine/Proanthocyanidine/kondensierte<br />

Tannine.<br />

Auch einfache Phenole wurden isoliert, darunter als Vertreter<br />

<strong>der</strong> sogenannten Anacardsäuren die Ginkgolsäure<br />

und als Vertreter <strong>der</strong> Cardanole das Ginkgol. Ginkgolsäure<br />

und Ginkgol sind potentielle Allergene (Abb. 1).<br />

Charakteristische Inhaltsstoffe des Ginkgoblattes sind Bilobalid<br />

und die Ginkgolide; es sind Stoffe, die bisher in<br />

keiner weiteren Pflanzenart nachgewiesen werden konnten.<br />

Das Molekülgerüst baut sich aus mehreren fünfgliedrigen<br />

Ringen auf, die dreidimensional zu stabilen, im Fall<br />

<strong>der</strong> Ginkgolide zu „käfigartigen" Strukturen kondensiert<br />

sind. Die Ginkgolide enthalten formal drei Butanolidringe<br />

(Laktone), zwei Cyclopentan- und einen Tetrahydrofuranring.<br />

Dem biochemischen Aufbau nach handelt es sich<br />

beim Bilobalid um ein Sesquiterpenoid, bei den Ginkgoliden<br />

liegen Diterpenoide vor (Abb. 2 und 3).


R. Hansel, Arzneimittel Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Abb. 1: Einige für das Ginkgoblatt<br />

charakteristische Phenole.<br />

Ginkgol und Ginkgolsäure sind<br />

potentielle Allergene.<br />

Zur Pharmakologie <strong>der</strong> Ginkgolide<br />

Quantitative Angaben zur Pharmakokinetik sind bisher<br />

nicht publiziert. Doch werden die Ginkgolide offenbar gut<br />

aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert und nur langsam<br />

eliminiert. Die hervorstechende Eigenschaft <strong>der</strong> Ginkgolide<br />

besteht darin, daß sie starke Inhibitoren des „Platelet-<br />

Activating-Factor" (2-Acetyl-1-hexadecyl-glycero-3-phosphorylcholin;<br />

Abkürzung: PAF-acether) sind. PAF-acether<br />

ist ein Bioregulator, <strong>der</strong> in den Zellmembranen von Säugern<br />

als Antwort auf verschiedenartige Reize hin synthetisiert<br />

wird und <strong>der</strong> verschiedenartige physiologische und<br />

— bei „Überschießen" — pathologische Reaktionen in<br />

Gang bringt.<br />

Er löst die Blutplättchenaggregation aus, spielt eine entscheidende<br />

Rolle als Mediator allergischer Entzündungen<br />

und wird als die stärkste bisher bekannte Magengeschwüre<br />

auslösende Substanz angesehen. PAF-acether aktiviert<br />

die Chemotaxis eosinophiler Immunzellen, wodurch<br />

Spasmen <strong>der</strong> Blutgefäße ausgelöst werden können. PAF-<br />

Rezeptoren wurden auch im Gehirn nachgewiesen. In Gebieten<br />

unvollständiger Ischämie, wie im Randgebiet eines<br />

Infarkts, findet Thrombozytenaggregation statt, die von<br />

PAF ausgelöst sein könnte und die Mangelsituation noch<br />

verschärft (Krieglstein und Oberpichler, 1989).<br />

Neuronen reagieren auf PAF mit einer Erhöhung des intrazellulären<br />

Ca 2+ -Spiegels, <strong>der</strong> maßgeblich für postischämische<br />

Zellschäden verantwortlich gemacht wird.<br />

Alle bisher bekannten physiologischen PAF-acether-Wirkungen<br />

werden durch die Ginkgolide spezifisch blockiert<br />

(Braquet, 1988). Mit einer Hemmkonzentration ICso =<br />

3,3mal 10" 6 M (Nunez et al., 1986; Casals-Stenzel und<br />

Heuer, 1988) ist insbeson<strong>der</strong>e das Ginkgolid B sehr stark<br />

wirksam. Es handelt sich um einen rezeptorvermitteiten<br />

Prozeß, um eine kompetitive und voll reversible Hemmung.<br />

SöBSS-^SIitfreyt'ie'i? :"= •=• . £ i"~äM:-J \Ä«S "• * .'l<br />

Abb. 2: Charakteristische Inhaltsstoffe<br />

des Ginkgoblattes<br />

sind Bilobalid und die Ginkgolide;<br />

es sind Stoffe, die bisher in<br />

keiner weiteren Pflanzenart<br />

nachgewiesen werden konnten.<br />

Das Molekülgerüst baut sich aus<br />

mehreren fünfgliedngen Ringen<br />

auf, die dreidimensional zu stabiler,<br />

im Fall <strong>der</strong> Ginkgolide zu<br />

,,kafigartigen" Strukturen kondensiert<br />

sind. Die Ginkgolide enthalten<br />

formal drei Butanolidringe<br />

(Laktone), zwei Cyclopentanund<br />

einen Tetrahydrofuranring.<br />

Dem biochemischen Aufbau<br />

nach handelt es sich beim Bilobalid<br />

um ein Sesquiterpenoid,<br />

bei den Ginkgoliden liegen Diterpenoide<br />

vor.<br />

298


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

R. Hansel, Arzneimittel<br />

Abb. 3. Ein räumliches Modell von GinkgolidA, das den,,käfigartigen"<br />

Aufbau des Moleküls zu erkennen gibt<br />

zialextrakt. Bei <strong>der</strong> Herstellung werden erwünschte, an<br />

<strong>der</strong> Wirkung mitbeteiligte Inhaltsstoffe, wie die Flavongiykoside<br />

und Terpenlaktone (zum Beispiel die PAF-antagonistisch<br />

wirkenden Ginkgolide A und B o<strong>der</strong> das an <strong>der</strong><br />

Wirkung ebenfalls beteiligte Bilobalid)), angereichert. Sie<br />

werden mit Primärlösungsmitteln zunächst extrahiert und<br />

dann mit speziellen physikalisch-chemischen Verfahren<br />

weiter angereichert.<br />

Der Ginkgo-biloba-Spezialextrakt EGb 761 enthält 24 Prozent<br />

Flavonglykoside und sechs Prozent Terpenlaktone<br />

(Ginkgolide, Bilobalid). Dagegen sind zum Beispiel die<br />

Ginkgolide A und B in Ginkgo-biloba-Einfachextrakten mit<br />

den gängigen Analysemethoden teilweise gar nicht bestimmbar.<br />

Höhermolekulare Inhaltsstoffe, wie bestimmte Gerbstoffe<br />

o<strong>der</strong> Eiweißverbindungen, werden bei <strong>der</strong> Herstellung von<br />

EGb 761 reduziert. Diese Makromoleküle werden im Gastrointestinaltrakt<br />

nicht resorbiert und können häufig die<br />

Bioverfügbarkeit wirksamkeitsrelevanter Pflanzeninhaltsstoffe<br />

erheblich vermin<strong>der</strong>n.<br />

Entfernt werden auch allergen wirkende und an<strong>der</strong>e unerwünschte<br />

Substanzen. Hierzu gehören beispielsweise<br />

das Ginkgol und die Ginkgolsäure. Vermin<strong>der</strong>t werden<br />

auch bestimmte Biflavonoide, wie Ginkgetin und Amentoflavon,<br />

da sie zur Bildung schwer löslicher Nie<strong>der</strong>schläge<br />

neigen.<br />

Zur Pharmakologie des Bilobalids<br />

Diese Substanz ist bisher wenig untersucht worden. In<br />

Dosen von fünf bis 20 mg/kg KG hemmt Bilobalid im Tierexperiment<br />

das Hirnödem und schützt vor neurotoxischen<br />

Myelinschäden, wie sie durch organische Zinnverbindungen<br />

o<strong>der</strong> Hexachlorophen hervorgerufen werden.<br />

Gewinnung und Zusammensetzung einer nootrop<br />

wirksamen Fraktion EGb 761<br />

Die Extraktion des pflanzlichen Ausgangsmaterials mit<br />

einem geeigneten Primärlösungsmittel ergibt einen Roho<strong>der</strong><br />

Einfachextrakt. In ihm liegen die meisten <strong>der</strong> Inhaltsstoffe<br />

in ähnlichem Verhältnis vor wie in dem pflanzlichen<br />

Ausgangsmaterial. Beispiele für solche einfachen <strong>Gesamte</strong>xtrakte<br />

sind Baldriantinktur o<strong>der</strong> Hopfenextrakt.<br />

Wird <strong>der</strong> Rohextrakt durch weitere chemisch-physikalische<br />

Reinigungsschritte, wie Fällungen, Entfettungen<br />

o<strong>der</strong> säulenchromatographische Verfahren, aufbereitet,<br />

erhält man unterschiedlich optimierte Spezialextrakte. Erwünschte<br />

wirksamkeitsrelevante Inhaltsstoffe können so<br />

angereichert, unerwünschte Inhaltsstoffe dagegen verringert<br />

werden (siehe Abb. 4).<br />

Bei dem in den Fertigarzneimitteln Tebonin forte und Rökan<br />

enthaltenen EGb 761 handelt es sich um einen aus<br />

gezielter industrieller Forschung hervorgerufenen Spegetrocknete<br />

Pflanzenteile<br />

Zusatz des Losungsmittels<br />

Extraktion<br />

1<br />

Ehminierung unerwünschter<br />

Bestandteile durch<br />

chemische/physikalische<br />

Trennverfahren (einstufige/<br />

mehrstufige Reinigung)<br />

I<br />

Konzentrierung<br />

wirksamkeitsrelevanter<br />

Inhaltsstoffe<br />

I<br />

Trocknung<br />

Rohextrakt, bzw unbehandelter<br />

<strong>Gesamte</strong>xtrakt<br />

je nach Verfahren unterschiedlich<br />

optimierte Spezialextrakte<br />

Abb 4: Gewinnung eines Spezialextraktes (aus- Hansel, Ft.,<br />

Trunzler, G. Wissenswertes über Phytopharmaka, TW Taschenbuch<br />

Medizin. G. Braun Verlag, 1989, Seite 12)<br />

299


R. Hansel, Arzneimittel Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Das Droge-zu-Extrakt-Verhältnis im fertigen Arzneistoff<br />

EGb 761 beträgt 50:1. Dies bedeutet, daß etwa 90 Prozent<br />

<strong>der</strong> im Ginkgo-biloba-Blatt enthaltenen Extraktivstoffe<br />

bei <strong>der</strong> Herstellung des Spezialextraktes EGb 761<br />

durch technologische Prozesse, wie Fällungen, Lösungsmittelverteilungen<br />

und säulenchromatographische Verfahren,<br />

eliminiert werden. Es läßt sich fragen, warum die<br />

Anreicherung nicht noch weiter getrieben wird. Es wäre<br />

dies sicher möglich, wenn die verschiedenen pharmakologischen<br />

Wirkungen (siehe Tab. I), die bei <strong>der</strong> Fraktionierung<br />

und Anreicherung leitend sind, sich einem Einzelstoff<br />

zuordnen ließen.<br />

An <strong>der</strong> Gesamtwirkung sind jedoch zahlreiche Einzelbestandteile<br />

mit je unterschiedlichen Wirkungen beteiligt, so<br />

daß eine weitere Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Extraktzusammensetzung<br />

mit einer Än<strong>der</strong>ung des pharmakologischen Wirkungsprofils<br />

verbunden ist. Es liegt im EGb 761 ein Vielstoffgemisch<br />

vor, das hinsichtlich <strong>der</strong> relevanten pharmakologischen<br />

Wirkungen (siehe Tab. I) optimiert wurde.<br />

Hinzu kommt als pharmazeutisches Argument: Die an <strong>der</strong><br />

Gesamtwirkung wesentlich beteiligten Terpenlaktone (die<br />

Bilobalide und die Ginkgolide) stellen lipophile, in Wasser<br />

schwer lösliche Substanzen dar. Sie müssen im Spezialextrakt<br />

in einer gut resorbierbaren Form gehalten werden.<br />

Das Arzneimittelangebot an Ginkgopräparaten<br />

Einige allgemeine Bemerkungen seien vorausgeschickt.<br />

Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels<br />

sind die Funktion dreier gleichwertiger Einflüsse: <strong>der</strong> chemischen<br />

Zusammensetzung des Arzneistoffes, <strong>der</strong> applizierten<br />

Dosis und <strong>der</strong> Applikations- bzw. <strong>der</strong> Arzneiform.<br />

Bei Arzneistoffen, die eine chemisch definierte Einzelsubstanz<br />

darstellen, ist das Problem <strong>der</strong> Wirkstoffgleichheit<br />

wenig problematisch, sehr zum Unterschied von Pflanzenextrakten:<br />

Aus ein und <strong>der</strong>selben Ausgangsdroge<br />

können, je nach Herstellungsverfahren, die unterschiedlichst<br />

zusammengesetzten Extrakte hergestellt werden.<br />

Es sei an das Beispiel <strong>der</strong> Baldrianpräparate erinnert, die<br />

einmal lipophile Extrakte mit Valepotriaten, zum an<strong>der</strong>en<br />

aber polare Extrakte mit Zuckern und Aminosäuren enthalten<br />

können.<br />

Im Falle von Ginkgo-Extrakten ist die spezifische Zusammensetzung<br />

des vom Ersthersteller als EGb 761 bezeichneten<br />

Extraktes das Ergebnis von experimentellen und<br />

klinischen Forschungsarbeiten, die mit dem Ziel <strong>der</strong> Wirkstoffoptimierung<br />

durchgeführt worden sind. Dieser Extrakt<br />

ist wie folgt spezifiziert:<br />

Ein aus Ginkgo-biloba-Blättern ohne Zumischung von<br />

Konzentraten o<strong>der</strong> isolierenden Stoffen hergestellter<br />

Trockenextrakt, wobei 100 Gramm Droge 1,5 bis 2,5<br />

Gramm Extrakt entsprechen. Trockenextrakt (50:1) aus<br />

Ginkgo-biloba-Blättern enthält 23 bis 25 Prozent Flavonolglykoside,<br />

bestimmt nach saurer Hydrolyse mittels HPLC<br />

als die Summe von Quercetin, Kämpferoi und Isorhamnetin<br />

und berechnet als Acylflavon C36H36O18 (M = 756,67);<br />

sechs Prozent ± zehn Prozent Terpenlaktone, davon 2,9<br />

Prozent Bilobalid und 3,1 Prozent als Summe <strong>der</strong> Ginkgolide<br />

A, B und C, bestimmt mittels HPLC; nicht mehr als<br />

fünf ppm Anacardiaceensäuren, darunter Ginkgolsäure<br />

und verwandte Phenole; nicht mehr als 9,5 Prozent Prodelphinidine.<br />

Wirkstoffidentisch sind die folgenden Fertigarzneimittel,<br />

weil sie als Arzneistoff EGb 761 desselben Herstellers<br />

verarbeiten: Tebonin® forte (Firma Dr. Willmar Schwabe),<br />

rökan® (Firma Intersan) und Ginkgobil® (Firma Markgraf).<br />

Als hinreichend wirkstoffgleich können all jene Ginkgo-<br />

Trockenextrakte angesehen werden, die die oben dargestellten<br />

Spezifikationen insgesamt erfüllen. Nach Angaben<br />

des Herstellers, Firma Lichtwer, Berlin, trifft dies für<br />

die Fertigarzneimittel Kaveri® N Tropfen und Kaveri® Filmtabletten<br />

zu.<br />

Alle übrigen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf dem Arzneimittelmarkt<br />

angebotenen Ginkgoblatt-Extrakte enthaltenden<br />

Fertigarzneimittel enthalten als Arzneistoff Extrakte,<br />

die dem Profil des EGb 761 nicht entsprechen, somit<br />

nicht als wirkstoffgleich anzusprechen sind. Im beson<strong>der</strong>en<br />

trifft das für die folgenden Fertigarzneimittel zu: Das<br />

Präparat Craton® enthält einen im Verhältnis 30:1 ange-<br />

Tab. I: Testmodelle zur Untersuchung<br />

des pharmakologischen<br />

Wirkprofils von Ginkgo-biloba-<br />

Extrakten (nach S, S, Chatterjee,<br />

1990).<br />

Modell Beobachtungsparameter Methode nach<br />

Hypoxietoleranz (Maus)<br />

Hemmung des Hirnödems<br />

nach Gabe von Triethylzinn<br />

(Ratte)<br />

Hemmung <strong>der</strong> Lipidperoxidation<br />

im Hirnhomogenat<br />

(Maus)<br />

Thrombozytenaggregation<br />

zeitabhängige Überlebensrate<br />

unter Ü2-Mangel<br />

H2O-Qehalt im Hirngewebe<br />

Lipidperoxidkonzentration<br />

prozentuale Hemmung<br />

1. Nakanishi, M., H. Yasuda, T. Tsumagari;<br />

Life Sei; 13; 467 bis 478<br />

(1973).<br />

2. Gabard, B., S. S, Chatterjee: Naunyn-Schmiedeb,<br />

Arch. Pharmacol.<br />

Suppl. to Vol. 311; Page R 68<br />

(1980).<br />

3. Chatterjee, B., S. S. Gabard: Naunyn-Schmiedeb.<br />

Arch. Pharmacol.;<br />

Suppl. to Vol. 319; Page R15<br />

(1982).<br />

4. Born, G. V, Ft.: Nature; 194; 927;<br />

(1962).<br />

300


R. Hansel, Arzneimittel<br />

reicherten Extrakt, <strong>der</strong> auf zehn Prozent Flavonglykoside<br />

standardisiert ist. Ginkgo Dragees Salus-Haus und Ginkgo<br />

Dragees Duopharm enthalten Extrakte, die im Verhältnis<br />

10:1 angereichert sind. Die gesamten Präparate werden<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Selbstmedikation, vor allem für eine<br />

vorbeugende Einnahme, empfohlen.<br />

Bei den homöopathischen Fertigarzneimitteln liegen<br />

Ginkgoextraktivstoffe in Verdünnung vor. Sie sind daher<br />

nicht mit phytotherapeutischen Zubereitungen vergleichbar.<br />

bei<br />

Mangeldurchblutung<br />

mehr als<br />

nur Ginkgo"<br />

verordnen<br />

Ginkgo biloba in <strong>der</strong> Homöopathie<br />

Zwar ist es kein Ausnahmefall, wenn ein und dieselbe<br />

Arzneidroge als Ausgangsmaterial sowohl für phytotherapeutische<br />

als auch für homöopathische Arzneimittel herangezogen<br />

wird. Die wesentlichen Unterschiede betreffen<br />

Herstellung, Arzneimittelfindung und Dosierung. Die homöopathischen<br />

Arzneimittel werden überwiegend nicht<br />

als solche dosiert, son<strong>der</strong>n potenziert und dabei stofflich<br />

sehr stark verdünnt. Auch entsprechen sich die Anwendungsgebiete<br />

<strong>der</strong> phytotherapeutischen und <strong>der</strong> homöopathischen<br />

Arzneimittel nicht.<br />

Für Ginkgo-biloba-Blätter wurde bisher noch keine Arzneimittelprüfung<br />

an Gesunden durchgeführt, doch gibt es<br />

zahlreiche Beobachtungen, die zur Erstellung eines Arzneimittelbildes<br />

geführt haben (Leesers Lehrbuch <strong>der</strong><br />

Homöopathie, 2. Auflage, Haug Verlag, Heidelberg,<br />

1987).<br />

Die dem homöopathischen Arzneimittelbilü entsprechenden<br />

Anwendungsgebiete von Ginkgo biloba umfassen<br />

unter an<strong>der</strong>em Mandelentzündung, Kopfschmerz und<br />

Schreibkrämpfe (Bundesanzeiger Nummer 217 a vom 22.<br />

Dezember 1985).<br />

In <strong>der</strong> Roten Liste sind Ginkgo-biloba-Homöopathika an<br />

zwei verschiedenen Stellen eingeordnet: ein Teil bei den<br />

„registrierten Homöopathika" ohne Nennung von Anwendungsgebieten,<br />

ein an<strong>der</strong>er Teil bei den „durchblutungsför<strong>der</strong>nden<br />

Mitteln". Was die registrierten Homöopathika<br />

anbelangt: Zu einigen dieser Mittel wird Informationsmaterial<br />

angeboten, das nicht am homöopathischen Arzneimittelbild<br />

orientiert ist, son<strong>der</strong>n an den allopathischen Anwendungsgebieten<br />

<strong>der</strong>jenigen Fert'igarzneimittei, die angereicherte<br />

Spezialextrakte enthalten.<br />

Wer in den Kategorien von Dosis-Wirkungs-Beziehungen<br />

denkt, sieht sich somit dem Phänomen gegenüber, als<br />

wäre die nootrope Wirksamkeit von Ginkgo-biloba-Präparationen<br />

in einem sehr weiten Intervall dosisunabhängig.<br />

Es ist schwer vorstellbar, daß diese Beson<strong>der</strong>heiten homöopathischer<br />

Fertigarzneimittel als Beispiele dafür dienlich<br />

sind, um weitverbreitete Vorurteile <strong>der</strong> Homöopathie<br />

gegenüber abzubauen.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Univ.-Prof. (em.) Dr. rer. nat. R. Hansel, Westpreußenstraße 71,<br />

D-8000 München 81.<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

> Ginkgo*<br />

> Mistel*<br />

> Weißdorn 1<br />

Cefavora<br />

Zusammensetzung: 100g enthalten Ginkgo biloba<br />

0 13g, Viscum album 0 2,7 g Crataegus 0 7,5 g<br />

(Arzneitrager Vinum liquoros ) Enthalt 20 Vol -%<br />

Alkohol Anwendungsgebiete: Durchblutungsstörungen,<br />

ArtenoSklerose Dosierungs.anleitung: Erwachsene<br />

nehmen 3-4mal taglich 20-30 Tropfen<br />

ein Kin<strong>der</strong> die Hälfte Handelsformem und Preise:<br />

Tropfen<br />

somi ,


G. wünstei Naturheilverfahren und Homöopathie*<br />

Zusammenfassung<br />

Gemeinsames und Gegensätzliches <strong>der</strong> beiden<br />

Therapieformen Naturheilverfahren und Homöopathie<br />

werden in ihrer praktischen Anwendung<br />

verglichen.<br />

Dazu dient das Therapiekonzept <strong>der</strong> Kneipp-<br />

Ärzte und ein Krankenjournal Hahnemanns aus<br />

dem Jahre 1830.<br />

Schlüsselwörter: Naturheilverfahren, Homöopathie,<br />

Ernährungstherapie, Hydrotherapie, Bewegungstherapie,<br />

Phytotherapie.<br />

Summary<br />

In the practical use it is compared what the two<br />

types of therapy, biological medicine and homoeopathy,<br />

have in common and what are the<br />

contraries.<br />

For this the therapy concept of the Kneipp physicians<br />

as well as a journal-book of 1830 containing<br />

Hahnemanns records on patients are used.<br />

Key words: natural treatments, homoeopathy,<br />

nutrition therapy, hydrotherapy, kinesitherapy,<br />

phytotherapy<br />

Resume<br />

II est procede ä une comparaison de l'utilisation<br />

pratique de ces deux formes de therapeutique<br />

que sont la methode physiotherapeutique et<br />

l'homeopathie sur la base de leurs points communs<br />

et de leurs contraires.<br />

On se sert ä cet effet du concept therapeutique<br />

des medecins Kneipp et d'un Journal d'observations<br />

medicales de Hahnemann de 1830.<br />

Mots-cles: methodes physiotherapeutiques, homeopathie,<br />

therapeutique alimentaire, hydrotherapie,<br />

cinesitherapie, phytotherapie<br />

Was ist das Gemeinsame und was das Trennende zwischen<br />

den Naturheilverfahren und <strong>der</strong> Homöopathie?<br />

Um diese Frage zu beantworten, wollen wir den Prinzipien<br />

<strong>der</strong> Kne/ppschen Therapie, wie diese heute verstanden<br />

wird, <strong>der</strong> Therapie Hahnemanns aus dem Frühjahr 1830<br />

gegenüberstellen, von ihm selbst nie<strong>der</strong>geschrieben in<br />

* Diesen Aufsatz widme ich Herrn Kollegen Schimmel zur Vollendung<br />

seines 60. Lebensjahres<br />

einem seiner Krankenjoumale. Hahnemann war damals<br />

74 Jahre alt.<br />

Wir wollen also eine Antwort auf die Frage finden, inwieweit<br />

die Hahnemannsche Homöopathie den Prinzipien<br />

<strong>der</strong> Naturheilverfahren entspricht bzw. wo sie und wie<br />

weit sie davon entfernt ist.<br />

Ordnungstherapie = Lebensordnung<br />

Unter „Ordnungstherapie" verstehen wir die Erhaltung<br />

bzw die Wie<strong>der</strong>herstellung einer naturgemäßen, individuell<br />

angemessenen Lebensweise.<br />

Diese umfaßt Soma, Psyche und soziale Umwelt.<br />

Hahnemann verwandte hierfür den Begriff „Lebensordnung".<br />

Sind seine Intentionen zeitbedingt an<strong>der</strong>e als bei<br />

den Naturheilverfahren o<strong>der</strong> unserem heutigen Verständnis?<br />

Die Anordnungen Hahnemanns in <strong>der</strong> Lebensordnung beziehen<br />

sich hauptsachlich auf Bewegung, Hygiene und<br />

ein geregeltes Sexualverhalten.<br />

Kleidung aus Schafwolle direkt auf <strong>der</strong> Haut verurteilt er,<br />

ohne hierfür einen Grund anzugeben.<br />

Bei akut Kranken soll <strong>der</strong> Arzt <strong>der</strong> Stimme <strong>der</strong> Natur kein<br />

Hin<strong>der</strong>nis in den Weg legen. Er soll vielmehr den „feinen,<br />

untrüglichen, inneren Instinkt des hier sehr regen Lebenserhaltungstriebes<br />

entscheiden lassen".<br />

Aus demselben Grund sei auch die Wärme o<strong>der</strong> Kühle eines<br />

Krankenzimmers sowie die Bedeckung des Patienten<br />

dem Wunsch des Kranken anzupassen.<br />

Stark duftende Blumen läßt er aus den Krankenzimmern<br />

entfernen.<br />

Vom Nachtleben und dem damit verbundenen „leidenschaftlichen<br />

Spiel" rät er ab.<br />

Die Psyche spricht er an mit seiner For<strong>der</strong>ung, für eine<br />

„Aufheiterung des Geistes und des Gemütes" zu sorgen<br />

und alle Ursachen für Zorn, Gram und an<strong>der</strong>e Ärgernisse<br />

— wenn möglich — zu beseitigen<br />

Soziale Umwelt: Die Patienten sollen übertriebene Anstrengungen<br />

des Geistes und des Körpers vermeiden,<br />

„beson<strong>der</strong>s gleich nach <strong>der</strong> Mahlzeit".<br />

Von einem Leben in sumpfiger Wohngegend und dumpfigen<br />

Zimmern sollen sich seine Patienten fernhalten, auch<br />

von „kargem Darben".<br />

Ob man das damals einfach so als Arzt anordnen konnte,<br />

sei dahingestellt.<br />

Für die damalige Zeit ist die Bedeutung, die Hahnemann<br />

<strong>der</strong> Sexualität beimißt, bemerkenswert.<br />

Er fragt regelmäßig nach dem Geschlechtstrieb, ob mäßig,<br />

ob übermäßig und stellt solche Fragen auch an hochgestellte<br />

Personen. Die sexuellen Probleme werden auch<br />

in Gegenwart des Partners besprochen. Für ein geregeltes<br />

sexuelles Leben macht er keinen Unterschied zwischen<br />

Männern und Frauen.<br />

Der Beischlaf ist für ihn eine Notwendigkeit, und er rät<br />

den Eheleuten diesen nicht zu unterlassen. Ein unter-<br />

305


G. Wünstel, Homöopathie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

drückter Geschlechtstrieb ist für Hahnemann ein Hin<strong>der</strong>nis<br />

zur Heilung. Von einem unvollkommenen o<strong>der</strong> ganz<br />

unterdrückten Beischlaf will er nichts wissen.<br />

Bei einem jungen Mann führt er dessen Beschwerden auf<br />

einen unterdrückten Trieb zurück, und er ordnet an, entwe<strong>der</strong><br />

die Braut zu meiden o<strong>der</strong> bald zu heiraten. Das<br />

letztere wird befolgt. Onanie lehnt Hahnemann ab, ebenso<br />

„unnatürliche Wollust", wobei letztere nicht näher bezeichnet<br />

ist.<br />

Das Lesen schlüpfriger Schriften führe zu einer Schädigung<br />

des Nervensystems. Porno-Hefte sind also nicht<br />

neu.<br />

Im ganzen zeigt sich hier eine sehr mo<strong>der</strong>ne Auffassung!<br />

Hydrotherapie<br />

Auch hydrotherapeutische Anwendungen sind Hahnemann<br />

nicht fremd:<br />

„Soll die Füße eintauchen in Kaltwasser, auch wenn er<br />

nicht gleich drauf spazieren gehen kann", d.h., ihm muß<br />

das nach einer solchen Anwendung an sich obligate Gehen<br />

zur Wärmeerzeugung bekannt gewesen sein.<br />

Anordnungen, wie folgt, findet man bei ihm häufig:<br />

„soll das Gesicht in Brunnenwasser tränken",<br />

„soll seinen Körper/Körperteile kalt abwaschen".<br />

Bä<strong>der</strong> von reinem Wasser sind für Hahnemann Hilfsmittel<br />

zur Herstellung <strong>der</strong> Gesundheit bei akuten Krankheiten<br />

sowie zur Rekonvaleszenz chronisch Kranker.<br />

„Dabei ist gehörige Rücksicht zu nehmen auf den Zustand<br />

des Genesenden sowie auf die Temperatur, Dauer<br />

und Wie<strong>der</strong>holung des Bades". Letztere Fo<strong>der</strong>ungen gelten<br />

auch heute noch. Er unterscheidet:<br />

— Bä<strong>der</strong> mit kaltem Wasser: 8 bis 13° C<br />

— lauwarme Wasserbä<strong>der</strong>: 31 bis 34° C<br />

Mineralbä<strong>der</strong> läßt er gelten, „wenn dessen arzneiliche<br />

Bestandteile ungefähr dem alten Übel homöopathisch angemessen<br />

sind".<br />

Ernährungstherapie<br />

„Was die Diät anbelangt, so können alle Klassen von<br />

Menschen, wenn sie von einer langwierigen Krankheit<br />

hergestellt werden wollen, sich einige Einschränkungen<br />

gefallen lassen" (Chronische Krankheiten, 1828, Teil 1,<br />

S. 134).<br />

Hahnemann kennt keine starren Vorschriften. Seine Anordnungen<br />

sind unterschiedlich, da er sich nach dem Bedarf<br />

und den Aussagen des Patienten richtet, die dieser<br />

ihm bezüglich <strong>der</strong> Verträglichkeit von Speisen und Getränken<br />

macht.<br />

Wegen <strong>der</strong> Kleinheit seiner Arzneigaben, seit dem Jahre<br />

1828 verordnete er fast ausschließlich die C 30, versuchte<br />

er all das aus <strong>der</strong> Ernährung zu entfernen, was irgendwie<br />

arzneilich wirken könnte (§ 259 Organon).<br />

Eine solche Wirkung sah er bei vielen Gewürzen, bei<br />

rohen Kräutern, die man auf die Suppen streute, bei Gemüse,<br />

wie Sellerie, Petersilie, Estragon und allen Zwiebelarten.<br />

Hierzu zählte er auch Kaffee, Tee, Alkohol,<br />

angemachtes Bier und die Schokolade.<br />

Bei chronisch Kranken verbot er Fleisch und Fett von<br />

Schweinen, Enten und Gänsen sowie ein Übermaß von<br />

Zucker und Kochsalz.<br />

Fragen nach den Eßgewohnheiten, Appetit, Genuß von<br />

Kaffee, Tee und Alkoholika sind für seine Anamnese unerläßlich.<br />

Fast immer kommt es zu einer Einschränkung bzw. zum<br />

Verbot von Kaffee und Alkoholika.<br />

Strenge Diät bedeutet ein striktes Verbot von Kaffee, Tee,<br />

Wein, Fett, Säuren und Süßigkeiten (= Naschereien).<br />

Ein Beispiel für eine solche Anordnung:<br />

„Früh Milch, Gerstenschleim o<strong>der</strong> Hühnerbrühe,<br />

Hauptmahlzeit zwischen 4 und 5 Uhr recht mäßig, ohne<br />

Gewürz, einfach.<br />

Trinken von reinem Wasser, Entsagung von allem Kaffee<br />

und Tee".<br />

Bei Hautausschlägen verbietet er alle Süßigkeiten, und<br />

anstelle des Kaffees muß <strong>der</strong> Patient Milch trinken.<br />

Wenn ein Patient die ihm von Hahnemann vorgeschriebene<br />

Diät nicht eingehalten hat, steht lapidar in seinem<br />

Journal:<br />

„Heute nichts, bloß Ermahnung".<br />

Alkohol<br />

Einen trinkfreudigen Patienten wollte Hahnemann nicht<br />

behandeln, weil er ihm keine Enthaltsamkeit zutraute.<br />

Denn er führte dessen Beschwerden hauptsächlich auf<br />

den Alkoholkonsum zurück.<br />

Mit <strong>der</strong> Einschränkung von Wein ist Hahnemann nachsichtig,<br />

die Patienten sollen allerdings gerade am Anfang<br />

<strong>der</strong> Behandlung den Wein mit gleichen Teilen Wasser gemischt<br />

trinken. Unerläßlich ist jedoch für ihn die Abgewöhnung<br />

des Branntweins.<br />

Bier<br />

Hahnemann unterscheidet zwischen Bier und „angemachtem<br />

Bier", letzteres wurde damals mit arzneilichen<br />

Drogen versetzt.<br />

Kaffee<br />

Zuviel Kaffeetrinken kann nach Hahnemann chronische<br />

Krankheiten hervorrufen. Er ist überzeugt, daß man jungen<br />

Leuten bis zum 30. Lebensjahr ohne Nachteile für<br />

<strong>der</strong>en Befinden sofort den Kaffee entziehen kann.<br />

Personen über 30 sollen sich diesen allmählich abgewöhnen.<br />

Dasselbe gilt auch für den chinesischen Tee.<br />

Als Alternativen empfiehlt er Wasser, ungesüßte Milch,<br />

Malzkaffee und ungewürzten Kakao. Eine Patientin, die<br />

keinen Appetit und Ekel vor Speisen hat, aber Lust auf<br />

Kaffee, darf ihn jedoch weiter trinken.<br />

306


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

G. Wünstel, Homöopathie<br />

Rohen Kaffee setzt Hahnemann als Antidot von Carbo<br />

vegetabilis, Citrullus colocynthis und Conium maculatum<br />

ein. Es genügt für ihn das Riechenlassen an <strong>der</strong> Tinktur<br />

des rohen Kaffees.<br />

Tee<br />

Aussagen Hahnemanns: „Chinesischer Tee, selbst sehr<br />

schwach bereitet und nur wenig davon getrunken, ist nie<br />

unschädlich."<br />

„Soll nur 1 Eßlöffel Tee abends in die Tasse tun und diese<br />

mit Milch vollschenken."<br />

Tabak — Tabakschnupfen<br />

Gegen das Tabakrauchen äußert sich Hahnemann im allgemeinen<br />

nicht. Er raucht selbst gerne.<br />

Das Tabakschnupfen dagegen ist für ihn bedenklicher,<br />

und er unterbindet es immer.<br />

— die meisten Arzneien haben mehr als einerlei Wirkung;<br />

eine direkte anfängliche, die allmählich in die indirekte<br />

Nachwirkung übergeht";<br />

— frischer Pflanzensaft ist unverzüglich mit starkem Alkohol<br />

zu mischen.<br />

Eine Therapie mit Pflanzen sei für ihn erst dann befriedigend,<br />

wenn die gesamte Wirksamkeit <strong>der</strong> einzelnen<br />

Pflanzen bekannt sei.<br />

Er weist auf mögliche Fehler bei <strong>der</strong> Aufbereitung von<br />

Pflanzen hin sowie auf dadurch entstehende Wirksamkeitsverluste.<br />

Und es ist das Verdienst von Hahnemann und von Pfarrer<br />

Kneipp, daß sie die Volksmedizin geprüft und das Gute<br />

davon übernommen haben.<br />

Durch seine Arzneimittelprüfungen am Gesunden fand<br />

Hahnemann zu den Zeiten <strong>der</strong> Arzneien zu dem, was wir<br />

heute „Chronobiologie" bzw. „Chronopharmakologie"<br />

nennen. Dies ist eines seiner wesentlichsten Verdienste,<br />

beobachtet allein durch die Prüfung <strong>der</strong> Arzneien am gesunden<br />

Menschen. Dadurch ist bewiesen, daß solche<br />

Prüfungen sinnvoll sein können.<br />

Bewegungstherapie<br />

Hahnemanns Vorschriften für eine gesunde Lebensordnung<br />

beziehen eine aktive Bewegung in frischer Luft an<br />

vor<strong>der</strong>ster Stelle mit ein.<br />

Eine Spezifizierung dieser „Bewegung" gibt er nicht an,<br />

aber auch keine Einschränkung: „soll auch bei weniger<br />

als 6° C täglich ausgehen".<br />

Ein täglicher Spaziergang ist für seine Patienten unerläßlich,<br />

und er selbst geht hier mit gutem Beispiel voran.<br />

Mangelnde Bewegung bezeichnet er als krankmachenden,<br />

oft unerkannten Fehler in <strong>der</strong> Lebensordnung.<br />

Er rät ab von einer sitzenden Lebensart, beson<strong>der</strong>s in<br />

Stubenluft, einer bloß negativen Bewegung, wie Fahren<br />

o<strong>der</strong> Reiten, einem zu langen Mittagsschlaf.<br />

Phytotherapie<br />

Durch das „Ähnlichkeitsprinzip" und die AMP, die Arzneimittelprüfung<br />

am Gesunden, ist die Homöopathie eine<br />

axiomatische Therapie und unterscheidet sich dadurch<br />

deutlich von <strong>der</strong> Phytotherapie.<br />

Der Weg Hahnemanns zu diesen Axiomen ist für die damalige<br />

Zeit allerdings verständlich. Denn die Frage stellte<br />

sich, wie ein Arzt die zur Heilung <strong>der</strong> natürlichen Krankheiten<br />

bestimmte Kraft <strong>der</strong> Arzneipflanzen erforschen<br />

solle.<br />

Und Hahnemann postuliert:<br />

— „Es bleibt uns nichts übrig, als die zu erforschenden<br />

Arzneien am menschlichen Körper selbst zu versuchen;<br />

Kritische Wertung — Gemeinsames und Gegensätzliches<br />

Beide Therapieformen legen den allergrößten Wert auf<br />

das, was die Kneipp-krzXe Ordnungstherapie und was<br />

Hahnemann Lebensordnung nennt.<br />

Viele <strong>der</strong> Anordnungen Hahnemanns sind aber nur deshalb<br />

gemacht worden, weil er allgemeine Hin<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong><br />

Heilung aus dem Wege räumen wollte.<br />

Wenn allerdings ein Patient diese seine Anordnungen<br />

nicht befolgt, wird er böse und schickt Ihn wie<strong>der</strong> fort,<br />

ohne eine neue Arznei zu verordnen.<br />

Auch bei dem Einsatz von Hydrotherapie, Ernährungstherapie<br />

und Bewegungstherapie finden wir Gemeinsames:<br />

Hierzu gehören die Ganzheitsbetrachtung des Menschen,<br />

die individuelle Verordnung <strong>der</strong> Therapie und das Bestreben,<br />

keine Symptome zu unterdrücken.<br />

Beide Therapieformen nehmen ihre Arzneimittel aus <strong>der</strong><br />

Natur. Und wenn wir von den nie<strong>der</strong>en Verdünnungsstufen<br />

<strong>der</strong> Homöopathie ausgehen — in geeigneter und wirksamer<br />

Dosierung verabfolgt —, dann sind auch die<br />

meisten Indikationen <strong>der</strong> in Frage kommenden Arzneimittel<br />

dieselben.<br />

Daß die Homöopathie die biphasische Wirksamkeit von<br />

Arzneimitteln ausnutzt, bedeutet an sich noch keinen Gegensatz.<br />

Hiermit wird nur <strong>der</strong> Indikationsbereich eingeengt. Grundlage<br />

bleibt die Empirie.<br />

Als „spezifische Reiztherapie" zählt die Homöopathie zu<br />

den Regulationstherapien, einer wesentlichen Gruppe <strong>der</strong><br />

Naturheilverfahren, also auch hier Übereinstimmung.<br />

Bemerkenswert erscheint mir, daß die Grenzen <strong>der</strong> beiden<br />

Therapiearten dieselben sind. Hier war ich selbst<br />

überrascht.<br />

309


G. Wünstel, Homöopathie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Allerdings ist die Lebensordnung Hahnemanns zweckgebunden,<br />

sie soll dazu dienen, die Wirksamkeit seiner Arzneien<br />

nicht zu stören, ist folglich nur Mittel zum Zweck.<br />

Der echte Gegensatz liegt in den beiden Axiomen Hahnemanns,<br />

dem Ähnlichkeitsprinzip und <strong>der</strong> Arzneimittelprüfung<br />

am Gesunden.<br />

Aber ohne diese beiden Prinzipien gäbe es keine Homöopathie!<br />

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Naturheilverfahren<br />

umfangreicher sind, sie sind auch einzeln selbständige<br />

Therapieformen, jede ist primär wirksam, sie ergänzen<br />

sich, sie stehen auf gleicher Stufe.<br />

Die Homöopathie Hahnemanns ist demgegenüber — um<br />

es einmal hart, aber deutlich auszudrücken — monoman.<br />

Nicht das Ergänzende steht bei <strong>der</strong> Lebensordnung im<br />

Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n das Ausschließende. Die Naturheilverfahren,<br />

die Hahnemann anwendet, sind für ihn nur sekundär,<br />

sie müssen sich seiner Homöotherapie unterordnen.<br />

Dadurch wird die Bedeutung dieser Verfahren zur<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Gesundheit nicht richtig gewürdigt.<br />

Erschwerend bei einer solchen kritischen Wertung ist <strong>der</strong><br />

Umstand, daß Hahnemann auch im Jahre 1830 keinerlei<br />

Diagnosen stellt. Seine Anordnungen beruhen nur auf geschil<strong>der</strong>ten<br />

und erfragten Symptomen.<br />

Es kann <strong>der</strong> Homöotherapie nur nutzen, wenn sie die Naturheilverfahren<br />

für ihre therapeutischen Bemühungen<br />

einsetzt, wobei jede Methode <strong>der</strong> „Primus inter pares"<br />

sein kann.<br />

Literatur<br />

1. Hahnemann, S.: Organon. §§ 71, 106, 125, 259, 260, 261,<br />

262, 263, 266, 267, 268, 285, 290, 291, Zusatz 114 zu § 260.<br />

6. Auflage.<br />

2. Hahnemann, S.: Chronische Krankheiten. Band 1, S. 134 ff.<br />

3. Fischbach-Sabel, U.: Transkription und Kommentar des 34.<br />

Krankenjournals von Samuel Hahnemann (34. = 1830). Dissertation,<br />

1991.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

San.-Rat Prof. Dr. med. G. Wünstel, Schlesische Str. 8, D-6500<br />

Mainz.<br />

Herz- und Kreislaufkrankheiten stehen heute an erster Stelle in <strong>der</strong> Diagnose-<br />

Statistik Und wenn <strong>der</strong> französische Philosoph Vauvenargues auch schrieb .Der<br />

Verstand weiß nicht, was<br />

jl braucht '-sowissen<br />

f Herz- und Kreislaufpatien-<br />

' ten heute ganz genau, daß<br />

es auch natürliche Heilmittel<br />

gibt für eine Besserung Zum Beispiel<br />

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Aus dem Verbandsleben<br />

Wolfgang Spaich f<br />

Völlig unerwartet verstarb am 27.12. 1990 im 69. Lebensjahr<br />

<strong>der</strong> Gesellschafter <strong>der</strong> Firmen MÜLLER GÖP-<br />

PINGEN und STAUFEN-PHARMA, Apotheker<br />

Wolfgang Spaich.<br />

Nach <strong>der</strong> aktiven Offizierslaufbahn kehrte er als Oberleutnant<br />

und Batterie-Chef in einem Fallschirmjäger-<br />

Flakregiment schwer verwundet in die Heimat zurück.<br />

Im November 1945 konnte er seine Berufslaufbahn als<br />

Praktikant in <strong>der</strong> Dr. L^zschen Apotheke in Göppingen<br />

beginnen. Nach <strong>der</strong> für Kriegsteilnehmer verkürzten<br />

Praktikantenzeit studierte er 1947 an <strong>der</strong> Universität<br />

Tübingen und schloß das Studium mit dem pharmazeutischen<br />

Staatsexamen ab. 1950 trat er auf Wunsch <strong>der</strong> Familie<br />

in die Chemisch-Pharmazeutische Fabrik, Carl<br />

Müller, Apotheker, in Göppingen ein, an <strong>der</strong>en steter<br />

Entwicklung er über 40 Jahre maßgeblichen Anteil<br />

hatte.<br />

In diesen Jahren wurden umfangreiche Erweiterungen<br />

vorgenommen und Neubauten errichtet, technische<br />

Neuerungen und Rationalisierungsmaßnahmen eingeführt.<br />

Seit Jahren war Wolfgang Spaich Geschäftsführer<br />

und Mitinhaber des Familienbetriebes und <strong>der</strong> Firma<br />

STAUFEN-PHARMA, Göppingen.<br />

Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Herstellungsleiter<br />

gemäß AMG für die Produktion von Arzneimitteln<br />

auf pflanzlicher Basis und für homöopathische<br />

Präparate hielt er zahlreiche Vorträge. Sein beson<strong>der</strong>es<br />

Interesse galt analytischen und galenischen Fragestellungen,<br />

woraus mehr als 30 Veröffentlichungen hervorgingen.<br />

1978 erschien das Buch „Mo<strong>der</strong>ne Phytotherapie",<br />

in dem <strong>der</strong> Verfasser Ärzten und Pharmazeuten Anregungen<br />

und Einsichten auf dem zukunftsreichen Gebiet<br />

<strong>der</strong> Phytotherapie vermittelte. Am Manuskript zur erheblich<br />

erweiterten Neuauflage dieses Werkes arbeitete<br />

W. Spaich bis zu seinem Tod. Daneben widmete er sich<br />

<strong>der</strong> wissenschaftlichen Fundierung <strong>der</strong> Homöopathie<br />

als ehrenamtlicher Mitarbeiter. Lange Jahre war er Mitglied<br />

des Ausschusses „Herstellungsregeln" <strong>der</strong> Kommission<br />

zur Neubearbeitung des Homöopathischen<br />

Arzneibuches und wurde später als ordentliches Kommissionsmitglied<br />

berufen.<br />

Die Wertschätzung seiner menschlichen Vorzüge, die in<br />

<strong>der</strong> Würdigung durch seine privaten und geschäftlichen<br />

Freunde und auch von Seiten des Sports ihren Ausdruck<br />

fand, war ein Beweis seiner Beliebtheit.<br />

Aktion „Sonne = Melanom" löst Verärgerung aus<br />

Auf dem 80. Fortbildungskongreß des <strong>Zentralverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren in Freudenstadt hat<br />

die gegenwärtige, durch Pharmafirmen, Medien und <strong>der</strong><br />

„Deutschen Krebshilfe" geför<strong>der</strong>te Aktion „Sonne =<br />

Melanom" Verärgerung ausgelöst. Die Teilnehmer, zumeist<br />

nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte, beklagten in den Diskussionen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e zu Vorträgen zur Licht-Therapie und<br />

den Indikationen von Kuren, eine inzwischen erhebliche<br />

Verunsicherung <strong>der</strong> Patienten. Naturheilkundliche<br />

Angebote werden unter Hinweis auf die angebliche<br />

Melanomgefahr abgelehnt. Im Bä<strong>der</strong>wesen werden gebuchte<br />

heilklimatische Kuren aus den gleichen Gründen<br />

storniert. Auch Freudenstadt ist davon betroffen.<br />

Der <strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren<br />

(ZÄN) stellt dazu fest, daß <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige wissenschaftliche<br />

Erkenntnisstand eine so tiefgreifende Verunsicherung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung nicht zuläßt. Professor Dr. med.<br />

A. Gehrke, Direktor <strong>der</strong> Klinik für Physikalische Medizin<br />

und Rehabilitation <strong>der</strong> Medizinischen Hochschule<br />

Hannover, gab zu bedenken, daß <strong>der</strong> überwiegende Teil<br />

<strong>der</strong> Melanome hauptsächlich an den weniger sonnenlichtexponierten<br />

Stellen vorkommt und selbst auf südlichen<br />

Breitengraden je nach Rasse, Ernährungsbedingungen<br />

und Umweltfaktoren in unterschiedlicher Ausprägung<br />

auftritt. In Europa zum Beispiel gibt es in Dänemark<br />

mehr Melanome als in Italien. In den USA wurde


Aus dem Verbandsleben<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

gezeigt, daß Indoor-workers eine deutlich höhere Melanom-Inzidenz<br />

aufwiesen als Outdoor-workers. Aber<br />

auch in Deutschland wurde auf dem letzten Dermatologen-Kongreß<br />

im Herbst 1990 eine multizentrische<br />

Studie mehrerer Universitätshautkliniken vorgetragen<br />

und veröffentlicht, bei <strong>der</strong> es bereits in <strong>der</strong> Zusammenfassung<br />

heißt: „UV-Exposition in <strong>der</strong> Freizeit erwies<br />

sich nicht als Risikofaktor".<br />

Dem Zentral verband geht es nicht darum, hemmungslose<br />

Sonnenexposition zu vertreten, er appelliert jedoch<br />

an die Verantwortlichen, die „Kirche im Dorf" zu lassen.<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Inzidenz von 0,0001% auf 100000<br />

Einwohner wäre es nach Ansicht des Verbandes fatal<br />

99,9% <strong>der</strong> Bevölkerung so zu verunsichern, daß die gerade<br />

in unseren Breitengraden notwendige Klimaexposition<br />

vermieden wird. Licht- und Sonnenexposition spielen<br />

innerhalb des therapeutischen Regimes <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />

eine herausragende Rolle. Sie dient nicht<br />

nur <strong>der</strong> allgemeinen vegetativen Umstimmung, son<strong>der</strong>n<br />

ist auch bei ernsten klinischen Erkrankungen indiziert.<br />

Beispielhaft nannte Professor Gehrke die Psoriasis, Neuro<strong>der</strong>mitis<br />

und Knochenstoffwechselstörungen.<br />

R. Matejka Das heiße Eisen — eine persönliche Meinung<br />

Das Thema „Kostendämpfung im Gesundheitswesen"<br />

beschäftigt seit Jahren Politiker und Öffentlichkeit. Diverse<br />

Planspiele über Möglichkeiten, die ausufernden<br />

Kosten in den Griff zu bekommen, sind veranstaltet<br />

worden. Beim Bundesarbeitsministerium wurde eigens<br />

ein Sachverständigenrat installiert. Dieser setzt sich zumeist<br />

aus Hochschullehrern verschiedener Fachdisziplinen<br />

zusammen.<br />

Vor gut drei Jahren trat die erste Stufe <strong>der</strong> sogenannten<br />

„Blümschen Reform" in Kraft. In einigen Teilbereichen<br />

(z.B. Krankentransporte, Kuren, physikalische Maßnahmen)<br />

wurden erhöhte Selbstbeteiligungen eingeführt,<br />

was bei den „Betroffenen" (das Wort kann man<br />

schon bald nicht mehr hören, da <strong>der</strong> Eindruck erweckt<br />

wird, es handele sich um bettelarme Menschen aus <strong>der</strong><br />

dritten Welt und nicht um Bürger des reichsten Wohlfahrtsstaates)<br />

erheblichen Ärger ausgelöst hat.<br />

In <strong>der</strong> zweiten Hälfte 1989 wurden zusätzlich Festbeträge<br />

für zunächst zehn <strong>der</strong> gängigsten Pharmaka eingeführt.<br />

Liegt <strong>der</strong> Preis des Arzneimittels über dem Festpreis,<br />

muß <strong>der</strong> Patient die Differenz selbst tragen, liegt<br />

<strong>der</strong> Preis hingegen im Rahmen des Festpreises, ist nicht<br />

einmal die bisher übliche Rezeptgebühr vonnöten.<br />

Diese Regelung führte dazu, daß die Preise für über dem<br />

Festpreis liegende Arzneimittel aus Gründen <strong>der</strong> Absatzmöglichkeiten<br />

auf diesen abgesenkt wurden. Vorschnell<br />

jubilierte man daraufhin über die erzielten Einsparungen<br />

in Höhe mehrerer hun<strong>der</strong>t Millionen Mark.<br />

Inzwischen hat die Pharmaindustrie jedoch längst Wege<br />

gefunden, die durch die Festpreisregelungen hervorgeru- s<br />

fenen Min<strong>der</strong>einnahmen wie<strong>der</strong> wettzumachen: Die<br />

Preise für nicht <strong>der</strong> Festpreisregelung unterworfene<br />

Arzneimittel wurden erhöht, und dies z.T. deutlich.<br />

Summa summarum werden die Einsparungen für das<br />

Gesundheitswesen insgesamt nur den vielzitierten<br />

„Tropfen auf dien heißen Stein" bedeuten.<br />

Den verantwortlichen Politikern, vermeintlichen Stimmungen<br />

in <strong>der</strong> Bevölkerung hinterherhechelnd, scheint<br />

es an Mut zu fehlen, diejenigen Schritte endlich durchzuführen,<br />

welche wirklich zu Einsparungen führen,<br />

ohne dabei die allgemeine Gesundheitslage zu beeinträchtigen.<br />

Der Sachverständigenrat hatte zutreffend festgestellt, die<br />

Kostenexplosion sei in erster Linie eine Leistungsexplosion.<br />

Ziel muß es daher sein, die Leistungspalette in quantitativer,<br />

nicht jedoch in qualitativer Hinsicht einzuschränken.<br />

Es gilt demzufolge, auf die Durchführung „medizinisch<br />

nicht notwendiger" Untersuchungen zu verzichten.<br />

Ein Umdenken im Gedankenansatz <strong>der</strong> heutigen<br />

Medizin, weg von <strong>der</strong> verhängnisvollen Ausschlußmedizin<br />

und hin zu einer zielgerichteten, final denkenden<br />

Medizin wäre erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Die Fundamente hierzu gilt es bereits in einer Reform<br />

<strong>der</strong> Mediziner-Aus- und Weiterbildung zu legen.<br />

Die Ausweitung medizinischer Leistungen hat zu keiner<br />

Verbesserung <strong>der</strong> allgemeinen Gesundheitslage <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

geführt. Man muß sogar fragen, ob nicht die<br />

völlig unnötige Überdiagnostik-Mentalität mit ihrer<br />

Tendenz, falsch-positive Befunde zutage zu för<strong>der</strong>n, erst<br />

zu einer Krankmachung bzw. Krankdiagnostizierung<br />

weiter Bevölkerungskreise geführt hat.<br />

Hauptgegenstand dieses Artikel sollen jedoch weniger<br />

die falschen Denkebenen <strong>der</strong> Medizin, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />

die durch unser Versicherungswesen bedingte Leistungsexplosion<br />

sein.<br />

Das gesetzliche Krankenversicherungswesen ist nach<br />

dem Prinzip einer Solidargemeinschaft strukturiert. Die<br />

„Starken", sprich, die „Gesunden", kommen für die<br />

„Schwachen", sprich „Kranken", auf.<br />

Mittlerweile hat sich bei vielen Patienten eine Mentalität<br />

des Soviel-Herausholens-wie-nur-irgend-möglich


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91,32. Jahrg.<br />

R. Matejka, Kostendämpfung<br />

gebildet. Der Umfang <strong>der</strong> in Anspruch genommenen<br />

Leistung soll die Summe <strong>der</strong> eingezahlten Beiträge erreichen,<br />

o<strong>der</strong> noch besser übersteigen.<br />

Es versteht sich von selbst, daß ein als Solidargemeinschaft<br />

konzipiertes System, sich auf diese Weise selbst<br />

aus den Angeln hebt.<br />

Die Strukturen <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(GKV) haben bisher keinerlei Anreize entwickelt,<br />

beson<strong>der</strong>s gesundheitsbewußten Patienten etwa eine<br />

Beitragsrückerstattung zukommen zu lassen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en werden Zeitgenossen, die bewußt mit Zigarette,<br />

Alkohol, Messer und Gabel Raubbau an ihrer<br />

Gesundheit betreiben, nicht verstärkt am Kostenaufkommen<br />

<strong>der</strong> GKV beteiligt.<br />

Die unreflektierte Inanspruchnahme medizinischer<br />

Leistungen bedeutet auch ein Stück Abwälzung <strong>der</strong> Verantwortung<br />

für die eigene Gesundheit und die eigene<br />

Person.<br />

Nicht „ich", son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Arzt ist schließlich für die Gesundheit<br />

zuständig. Empfehlungen hinsichtlich Diät im<br />

ursprünglichen Sinn, <strong>der</strong> „Diaita", <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung bzw.<br />

Modifizierung <strong>der</strong> gesamten Lebensführung, werden in<br />

den Wind geschlagen. Der erhöhte Cholesterin- o<strong>der</strong><br />

Blutdruckwert wird nicht durch eine Umstellung <strong>der</strong><br />

Kost („Was soll ich denn überhaupt noch essen?") o<strong>der</strong><br />

vermehrte körperliche Aktivität angegangen, son<strong>der</strong>n<br />

die Pille o<strong>der</strong> „anständige" Spritze des Arztes soll die<br />

Problemlösung bringen.<br />

Später, wenn sich bereits Komplikationen — <strong>der</strong> erste<br />

Herzinfarkt o<strong>der</strong> die Thrombose — eingestellt haben,<br />

werden vorwurfsvolle Fragen gestellt und über das Unvermögen<br />

<strong>der</strong> Ärzte lamentiert.<br />

Das Thema Eigenverantwortung spielt jedoch bei viel<br />

banaleren Dingen eine ebenso große Rolle: Gemeint<br />

sind harmlose Erkältungen, grippale Infekte, Insektenstiche<br />

etc., alles Ereignisse, weswegen heute nicht wenige<br />

Menschen einen (Not-!) Arzt aufsuchen.<br />

Man geht eben sofort zum Arzt o<strong>der</strong> or<strong>der</strong>t einen Hausbesuch<br />

— , die Kasse bezahlt es ja, und wozu zahlt man<br />

denn Beiträge.<br />

Mit Sicherheit könnte man vorhersagen: Wäre mit dem<br />

Arztbesuch bzw. mit dem Hausbesuch durch den Arzt<br />

eine finanzielle Selbstbeteiligung verbunden — und sei<br />

sie auch noch so gering — würde sich <strong>der</strong> einzelne viel<br />

eher um Wege und Strategien bemühen, einen Arztbesuch<br />

zu vermeiden. Bewährte Hausmittel hätten plötzlich<br />

wie<strong>der</strong> Hochkonjunktur.<br />

Wenn nun jemand behauptet, ein Versicherungssystem,<br />

welches Patienten durch finanzielle Anreize davon<br />

abhält, einen Arzt zu konsultieren, könne zu einem<br />

Übersehen schwerer Erkrankungen im Anfangsstadium<br />

führen und somit vom gesundheitlichen Schaden für<br />

den Patienten einmal abgesehen, im Nachhinein zu viel<br />

höheren Behandlungskosten, so ist dieser Standpunkt<br />

unzutreffend.<br />

Tatsache ist: Von x Patienten, die beispielsweise an einem<br />

grippalen Infekt erkranken, sucht sowieso nur ein<br />

Bruchteil den Arzt auf. Die Eigenverantwortung kann<br />

also auch durch das gegenwärtige Versicherungssystem<br />

nicht ganz ausgeschaltet werden. Es gilt jedoch, sie zu<br />

stärken, anstatt einer Verantwortunigsabwälzungsmentalität<br />

das Wort zu reden bzw. diese durch das Versicherungswesen<br />

auch noch zu begünstigen.<br />

Das gegenwärtige System <strong>der</strong> GKV lähmt die Eigenverantwortung.<br />

Man könnte noch viel drastischer formulieren:<br />

Indem es die Eigenverantwortmng lähmt, führt es<br />

zu einer Entmündigung des Patienten, ist in gewisser<br />

Weise also menschenverachtend.<br />

Die sozioökonomischen Bedingungen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

sind heute unendlich günstiger als zum Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Einführung <strong>der</strong> GKV nach <strong>der</strong> Reichsversicherungsordnung.<br />

Es ist also mehr als fraglich, ob das gegenwärtige<br />

System überhaupt noch zeitgemäß ist bzw. ob nicht eine<br />

viel flexiblere Gestaltung wünschenswert wäre, ein<br />

System welches viel treffen<strong>der</strong> auf die individuellen Umstände<br />

des Patienten zugeschnitten werden könnte.<br />

M.E. wäre eine Neustrukturierung des Versicherungswesens<br />

in Anlehnung an das Prinzip <strong>der</strong> KfZ-Versicherung<br />

mit Bonus- und Malus-System problemlos möglich.<br />

Dabei kann <strong>der</strong> Versicherte seinen Tarif frei wählen,<br />

wodurch sich die Höhe des zu entrichtenden Versicherungsbeitrages<br />

ergibt. Dann mag eine „Vollkasko"<br />

ohne Selbstbeteiligung mit hohem monatlichem Beitrag<br />

zu wählen sein, eine Vollkasko mit Selbstbeteiligungen<br />

in verschiedener Höhe, da mag es eine Teilkasko geben<br />

für Patienten, die lediglich einen eventuellen Krankenhausaufenthalt<br />

versichert haben möchten, für ambulante<br />

Arztkosten jedoch selbst aufkommen wollen.<br />

Das System <strong>der</strong> Versicherungspflicht müßte überdacht<br />

bzw. gelockert werden, was jedoch aufgrund <strong>der</strong> o. g. sozioökonomischen<br />

Strukturen kein unlösbares Problem<br />

sein dürfte.<br />

Alternativ dazu wäre auch noch die folgende Strukturän<strong>der</strong>ung<br />

vorzuschlagen: Die Höhe des Krankenversicherungsbeitrages<br />

richtet sich — im Rahmen gewisser<br />

Gleit- und Überfor<strong>der</strong>ungsklauseln — nach <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong><br />

Arztkontakte bzw. <strong>der</strong> verursachten Kosten. Die im<br />

laufenden Quartal verursachten Kosten würden sich auf<br />

die Krankenversicherungsbeiträge im kommenden<br />

Quartal nie<strong>der</strong>schlagen. Der Beitrag würde also von<br />

Quartal zu Quartal variieren.<br />

Bei einer Reform <strong>der</strong> GKV würde sich von selbst verstehen,<br />

daß für sozial Schwache gewisse Härteklauseln<br />

gelten müßten. Gerade in diesem Zusammenhang gilt es<br />

jedoch, ein Tabu zu brechen:<br />

Es geht darum, die entscheidenden Risiken abzudecken.<br />

Völlig unverständlich ist jedoch, wieso eine Freistellung<br />

von jeglicher Selbstbeteiligung erfolgen muß — wie <strong>der</strong>zeit.<br />

Da kutschiert dann manch einer mit Taxen von<br />

Arzt zu Arzt, obgleich er selbige Wege auch zu Fuß<br />

o<strong>der</strong> mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen<br />

könnte, da werden Hausbesuche wegen banaler Nichtigkeiten<br />

zu je<strong>der</strong> Tages- und Nachtzeit angefor<strong>der</strong>t, stets<br />

mit dem Hintergedanken „ich bin ja frei" — will heißen,<br />

frei von jeglicher Selbstbeteiligung.<br />

Ein nach Tarif gestaffeltes Selbstbeteiligungssystem


R. Matejka, Kostendämpfung Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91,32. Jahrg.<br />

würde den Menschen ein gerüttelt Maß an Eigenverantwortung<br />

zurückgeben, würde Verantwortungsabwälzungsmentalität<br />

zurückdrängen und wäre somit nicht<br />

menschenfeindlich, son<strong>der</strong>n human.<br />

Abgesehen von den dadurch erzielbaren Einsparungen<br />

für den einzelnen und das Gesundheitswesen insgesamt,<br />

hätten die medizinischen Leistungserbringer endlich<br />

mehr Zeit für die wirklich Kranken. Zeit, die im gegenwärtigen<br />

System von zu vielen Berufsinanspruchnehmern<br />

verbraucht wird.<br />

Die gegenwärtigen Strukturen <strong>der</strong> GKV konditionieren<br />

den Mißbrauch und korrumpieren somit die Medizin!<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. R. Matejka, Weidelsburgstr. 7, D-3549 Wolfhagen 6.<br />

Buchbesprechungen<br />

M. Wilhelmi-Buchinger (Hrsg.): Heilfasten ist nicht<br />

Hungern. Die Buchinger-Methode als natürlicher Weg<br />

zu körperlicher und seelischer Gesundheit. 144 Seiten, 3<br />

Abb., DM 24,80, TRIAS.<br />

Das Heilfasten nach Buchinger ist über die Naturheilkunde<br />

hinaus immer noch nicht richtig als Standardweg<br />

des Fastens anerkannt. Wissenschaftlich verbrämte unnötige<br />

Umwege („Null-Diät" u.a.) haben sich in den<br />

Weg gelegt. Trotzdem hatte sich in den letzten Jahren<br />

das Fasten in unwahrscheinlicher Weise verbreitet,<br />

nicht zuletzt durch Lützners Einsatz für das ambulante<br />

Fasten. Die sekundäre Literatur ist kaum noch zu übersehen.<br />

Jetzt läßt die Fasteneuphorie, die sich über ganze<br />

Bevölkerungkreise gelegt hatte, anscheinend wie<strong>der</strong><br />

nach. Und das ist gut so, denn es fehlt noch an <strong>der</strong> nötigen<br />

Aufklärung über die Grenzen des Fastens.<br />

Hier kommt aus dem Haus Buchinger in Überlingen eine<br />

verbesserte Weiterführung des Büchleins „Die<br />

Buchinger-Methode", wo alles Wissenswerte von Belang<br />

kurz dargestellt wird. Allerdings wird dem Laien,<br />

für den das Buch in erster Linie gedacht ist, etwas viel<br />

zugemutet, während die Frage des ambulanten Fastens<br />

als heißes Eisen nicht angefaßt wird.<br />

R. Wilhelm, Berlin<br />

Schauer/Schleusing/Voigt: Bewegungstherapie bei<br />

Herz-, Kreislauf- und Lungenkrankheiten. Johann<br />

Ambrosius Barth Verlag, Leipzig, 1990. 329 Seiten, 77<br />

Abb., 68 Tab., brosch. DM 68,—.<br />

Bereits im Altertum wurden Körperübungen zur physisehen<br />

Vervollkommnung des Menschen und zu Heilzwecken<br />

genutzt, inzwischen hat man zunehmend<br />

Kenntnisse bewegungsinduzierter Adaptationen an Gesunden<br />

und Sportlern erhalten und die Trainingslehre<br />

verbessert. Daraus ergab sich eine Neubewertung körperlicher<br />

Aktivität für die Prävention und Rehabilitation<br />

zahlreichen: Krankheiten. Lei<strong>der</strong> hat diese noch<br />

nicht genug Beachtung in Klinik und Praxis gefunden.<br />

„Viel zu oft wird von den Ärzten lediglich zum Rezeptblock<br />

o<strong>der</strong> zur Spritze gegriffen!"<br />

Deshalb versuchen die drei Autoren dieses Buches in<br />

neue, effektive Therapieprogramme von Herz-, Kreislauf-<br />

und Lungenkrankheiten Bewegungstherapie indikations-<br />

und krankheitsgerecht einzubringen. Dieser<br />

Versuch ist in diesem Buch eindeutig gelungen und auch<br />

für nie<strong>der</strong>gelassene Ärzte, nicht nur für Kliniker, interessant.<br />

Sie müssen sich entschließen, Patienten mit den<br />

drei genannten gesundheitspolitisch wichtigen Krankheiten<br />

Bewegungstherapie zu verschreiben. Dazu brauchen<br />

sie Unterlagen für <strong>der</strong>en Wirksamkeit, Indikationen<br />

und Kontraindikationen. Das alles liefert dieses<br />

Buch, gut dokumentiert aufgrund <strong>der</strong> Erkenntnisse <strong>der</strong><br />

letzten 3 Jahrzehnte. Nach <strong>der</strong> Hospitalphase mit Frührehabilitation<br />

von 3 bis 4 Wochen beim Herzinfarkt<br />

folgt die für die Praxis wichtige, weil vom Hausarzt zu<br />

betreuende Phase II <strong>der</strong> Konvaleszenz, <strong>der</strong> Rekonditionierung,<br />

die 8 o<strong>der</strong> 12 Wochen bis 6 Monate nach dem<br />

Infarkt dauert.<br />

Die dann notwendige Langzeit-Rehabilitation kann lebenslang,<br />

sollte aber mindestens 1 Jahr dauern. Das<br />

Buch liefert hierfür Maßstäbe zur Dosierung, aber auch<br />

für Kranke mit Herzfehler, funktioneller Herz- und<br />

Kreislauferkrankung, peripherer arterieller o<strong>der</strong> venöser<br />

Durchblutungsstörung und Lungenkrankheiten.<br />

Atemgymnastik findet, in enger Verbindung mit <strong>der</strong> gesamten<br />

Physiotherapie gezielte und genau definierte<br />

Anwendung, um in Verbindung mit <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong><br />

kardiopulmonalen Leistung auch die Atmung zu verbessern<br />

und zu ökonomisieren.<br />

Das Buch vermittelt die wissenschaftlichen Grundlagen<br />

und die sich daraus für die tägliche Praxis ergebenden<br />

Anwendungs- und Dosierungsempfehlungen für Bewegungstherapie,<br />

die Grundlage <strong>der</strong> Rehabilitation und des<br />

Erhaltes <strong>der</strong> verbliebenen Fähigkeiten und Funktionen.<br />

Je<strong>der</strong> Arzt, <strong>der</strong> seinen Kranken dabei helfen will, sollte<br />

dieses Buch kennen und benutzen.<br />

F. Oelze, Hamburg<br />

IV


H. Anemueiier Diätetik in <strong>der</strong> Kur<br />

Zusammenfassung<br />

Die hippokratische Medizin hatte Diätetik als ein<br />

Programm zu aktiver Pflege und Erhaltung <strong>der</strong><br />

Gesundheit angelegt — auch zur Kultivierung<br />

<strong>der</strong> Lebensführung und <strong>der</strong> menschlichen Beziehungen.<br />

Nichts davon ist im Lehrinhalt des<br />

heutigen medizinischen Fachbereiches Diätetik<br />

übriggeblieben. Hier spielen nur noch Probleme<br />

<strong>der</strong> Ernährung eine Rolle, und alle weiter gespannten<br />

Bezüge sind aufgegeben worden. Ärzte<br />

für Naturheilverfahren sollten sich an dieser<br />

Verfälschung <strong>der</strong> Originalität des Inhaltes klassischer<br />

Diätetik nicht beteiligen und zum Nutzen<br />

des Gesundheitswesens um eine Erneuerung<br />

hippokratischer Diätetik bemüht sein. Speziell<br />

im Kurwesen könnte hiermit begonnen werden.<br />

Schlüsselwörter: Kur, Diätetik, Übergewicht,<br />

Gesundheitserziehung, Psychohygiene.<br />

Summary<br />

The Hippocratian medicine had designed dietetics<br />

as a Programme for active care and maintenance<br />

of health — also for cultivation of the<br />

manner of living and human relations. Nothing<br />

of this has survived in what is at present taught<br />

in the medical field of dietetics. Here, only problems<br />

of nutrition play a role and all further<br />

reaching references have been abandoned; physicians<br />

for natural treatments should not participate<br />

in this falsification of the originality of the<br />

contents of classical dietetics and should use all<br />

efforts in or<strong>der</strong> to renew the Hippocratian dietetics<br />

for the benefit of the sanitation. With this<br />

could especially be started in the health-resorts<br />

or in courses of medical treatments.<br />

Key words: course of medical treatments, dietetics,<br />

overweight, health education, psychohygiene.<br />

Resume<br />

La medecine hippocratique concevait la dietetique<br />

comme un Programme de soins et d'entretien<br />

actifs e la sante — ainsi que pour cultiver le<br />

mode de vie et les relations humaines. De tout<br />

cela, rien n'est reste dans ce qui est anseigne<br />

aujourd'hui dans le domaine medical specialise<br />

de la dietetique. Seuls les problemes d'alimentation<br />

y jouent encore un röle et on a abandonne<br />

tous les autres contextes de tension. Les medecins<br />

appliquant les methodes physiotherapeutiques<br />

ne doivent pas s'associer


H. Anemueller, Diätetik Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Klassische Diätetik<br />

Zur „Klassischen Diätetik" gehörten Begriffe, wie Orthobiotik,<br />

Eubiotik, Makrobiotik, Kalobiotik, Euthymia, Eudaimonia<br />

und Diaita. Sind sie heute altmodisch o<strong>der</strong> verstaubt?<br />

Sind sie nicht mehr zeitgemäß? O<strong>der</strong> nicht doch<br />

von neuer Aktualität, von dringlicher Aktualität?<br />

Große Mutter <strong>der</strong> Diätetik ist die hippokratische Medizin,<br />

<strong>der</strong> Ärzte für Naturheilverfahren verbunden sein sollten.<br />

Sie war <strong>der</strong> Pflege <strong>der</strong> Physis = Natur zugetan, leitete<br />

chronische Krankheiten aus Fehlern <strong>der</strong> Lebensweise,<br />

Fehlern <strong>der</strong> Ernährung sowie aus Belastungen von Umwelt<br />

und Gesellschaft ab. Sie verfügte über eine realistische<br />

Therapie, in <strong>der</strong> die klassischen Naturheilverfahren<br />

entwickelt worden und zum Einsatz gekommen waren.<br />

In drei Teilbereiche war die hippokratische Medizin geglie<strong>der</strong>t:<br />

1. Diätetik = Ausrichtung <strong>der</strong> Lebensweise<br />

2. Materia medica = Therapie mit Arzneien<br />

3. Chirurgie = Eingriffe mit <strong>der</strong> Hand o<strong>der</strong> dem Messer<br />

Wichtigster Bereich war die Diätetik mit <strong>der</strong> Bemühung<br />

des Arztes, den Patienten zu einer Ordnung in <strong>der</strong> Lebensführung<br />

hinzuleiten. Dominierend war die pädagogische<br />

Zielsetzung.<br />

Hippokrates folgend, hatten die Ärzte Galen und Celsus die<br />

Gesundheitslehre Diätetik betrieben. Celsus hatte sie in<br />

sein Werk „De medicina" eingebracht und dargestellt, daß<br />

<strong>der</strong> Arzt auf die „Sex res non naturales" Einfluß zu nehmen<br />

hat — auf sechs äußere Bedingungen, die die „Res naturales"<br />

bzw. die Natur des Menschen zu sichern haben:<br />

— Licht und Luft — Wachen und Schlafen<br />

— Nahrung — Ausscheidungen<br />

— Bewegung und Ruhe — Gemütsbewegungen<br />

H. Schlpperges äußert sich über klassische Diätetik in diesem<br />

Zusammenhang: „Zur Diätetik <strong>der</strong> hippokratischen<br />

Medizin gehören die Einflüsse von Luft und Wasser, die<br />

Rhythmen von Arbeit und Pause, von Wachen und Schlafen,<br />

die Leibesübungen, die Körperpflege, die Kosmetik,<br />

die Sexualhygiene und die Beherrschung <strong>der</strong> Leidenschaften,<br />

kurz alles, was <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Gesundheit<br />

dienlich sein kann und in <strong>der</strong> Lage ist, die verlorene Mitte<br />

(Eukrasia) wie<strong>der</strong>zuerlangen und den Menschen auf eine<br />

Orthobiotik auszurichten, die das Leben verlängern, vertiefen,<br />

bereichern und sinnvoll machen kann".<br />

Es gibt in <strong>der</strong> klassischen Diätetik Bezüge zur Ökologie,<br />

zur Soziologie, zur Ästhetik und zur Kunst. Geradezu modellhaft<br />

war und ist sie von <strong>der</strong> Aussage und vom Inhalt<br />

her ganzheitsbezogen.<br />

Gesundheit und Schönheit waren große Ideale klassischer<br />

hellenistischer Kultur und Diätetik. Durch die Pflege<br />

seines Körpers sollte sich <strong>der</strong> Mensch in einer möglichst<br />

ästhetischen Erscheinung und Gestalt erhalten. Die<br />

Künstler <strong>der</strong> hellenistischen Kultur beseelte die Lust, den<br />

Körper des Menschen in natürlicher Schönheit darzustellen.<br />

Johann Wolfgang von Goethe hatte klassische Diätetik in<br />

höchstes Erstaunen und höchste Bewun<strong>der</strong>ung versetzt.<br />

Für ihn war sie ein Muster kanonischer Regeln, um den<br />

Lebensstil zu formen und zu lernen, mit Leben und Gesundheit<br />

richtig umzugehen.<br />

Wie wäre es mit einer Renaissance klassischer Diätetik?<br />

Ist unsere Zeit hierzu noch fähig? Unsere Medizin geistig<br />

noch wach genug? Sollten nicht Ärzte für Naturheilverfahren,<br />

die <strong>der</strong> hippokratischen Medizin beson<strong>der</strong>s nahestehen,<br />

den Anfang machen?<br />

Zur Diätetik, wenn sie <strong>der</strong> Arzt ausführt, gehören das Gespräch<br />

mit den Patienten, das Vermitteln vernünftiger<br />

Verhaltensweisen und das Vertrautmachen mit einfachen,<br />

selbst auszuführenden, gesundheitspflegerischen<br />

Maßnahmen und Anwendungen:<br />

— Maßhalten im Essen und Trinken<br />

— periodisch freiwillige Nahrungsenthaltung<br />

— aktives Körpertraining<br />

— abhärtende Anwendung des heißen und des kalten<br />

Wassers<br />

— Reibungen und Bürstungen des Körpers<br />

— Ölungen <strong>der</strong> Haut<br />

— Übungen zur Entspannung und zu richtiger Atmung<br />

— Anwendung einfacher Heilpflanzen<br />

Diätetik muß die Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit erzeugen<br />

und muß verlangen, daß sich <strong>der</strong> Patient in die ärztliche<br />

Behandlung einbringt. Dies sollte weithin auch Parameter<br />

klassischer Naturheilverfahren sein.<br />

Über Diätetik ist den Menschen beizubringen, daß Gesundheit<br />

keine selbstverständliche naturhafte Verfassung<br />

ist, son<strong>der</strong>n daß es Arbeit und Leistung bedarf, um sie zu<br />

bewahren. Der Organismus ist kein Diamant, so formulierte<br />

Galen. Er verän<strong>der</strong>t sich laufend und bedarf eines ständigen<br />

Schutzes.<br />

Es existiert eine Aussage, die Theophrast von Hohenhelm<br />

(Paracelsus) zugeschrieben wird: Von Natur aus ist <strong>der</strong><br />

Mensch faul und dumm. Aus eigenem Antrieb kommt er<br />

selten zur Weisheit. Er braucht einen Treiber, und von<br />

niemandem mehr als dem Arzt wird verlangt, große Ordnung<br />

in den Dingen (Res non naturales) zu halten.<br />

Die hippokratische Medizin deutete Krankheiten zum großen<br />

Teil aus Fehlern <strong>der</strong> Lebensweise und umweltbedingten<br />

Schäden heraus. Sehr logisch, sehr real und sehr konsequent<br />

for<strong>der</strong>te sie deshalb vom Patienten ständig zu<br />

übende und auszuführende Gegenmaßnahmen.<br />

Heute sollten wir davon ausgehen, daß neue Wege in <strong>der</strong><br />

Medizin und im Gesundheitswesen über eine Erneuerung<br />

klassischer Diätetik zustande zu bringen waren. Diesen<br />

Gedanken und diesem Ziel sollten sich in beson<strong>der</strong>er<br />

Weise Ärzte für Naturheilverfahren zuwenden.<br />

Diätetik als Basistherapie<br />

Soweit wie möglich sollte Diätetik (im aufgezeigten Sinne)<br />

regelhaft als Basisbehandlung je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitigen Thera-<br />

316


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

H. Anemueller, Diätetik<br />

pie zugrunde liegen und vom Patienten selbst auszuführende<br />

Naturheilverfahren einbeziehen. In keiner Weise<br />

würden hierdurch beson<strong>der</strong>e Therapierichtungen herabgesetzt,<br />

die in jüngster Zeit in die Therapie des Arztes für<br />

Naturheilverfahren Eingang gefunden haben und Naturheilverfahren<br />

effektiver machen können.<br />

Vorzüglich sollte Diätetik in das Kurwesen eingebracht<br />

werden. Hierzu gehörten Belehrungen und Vorträge<br />

durch die Ärzte, Diskussionen mit den Patienten und<br />

übende Anwendungen <strong>der</strong> einfachen klassischen Naturheilverfahren.<br />

Bewußt und engagiert müßte <strong>der</strong> Arzt in <strong>der</strong><br />

Kur als Gesundheitserzieher auftreten und sich nicht<br />

scheuen, For<strong>der</strong>ungen zu stellen. Wichtigste Anwendungen,<br />

die innerhalb einer Kur nie ausgelassen werden sollten,<br />

sind:<br />

— aktive Bewegungsübungen bei individueller Anpassung<br />

an Leistungsbereitschaft und Leistungskraft<br />

— Maßnahmen zur Abhärtung in individueller Dosierung<br />

(schon Galen hatte gemahnt, in <strong>der</strong> Diätetik sei Abhärtung<br />

nicht für Germanen, Bären o<strong>der</strong> Wildschweine zu<br />

betreiben, son<strong>der</strong>n jeweils auf das Individuum sorgfältigst<br />

abgestimmt)<br />

— äußere Pflege <strong>der</strong> Haut mit einfachen Mitteln (beispielsweise<br />

mit Bürstungen und Ölungen)<br />

— Anwendung <strong>der</strong> einfachen Heilpflanzen<br />

— Reinigung des Körpers durch zeitweiliges Heilfasten,<br />

vegetabile Vollrohkost o<strong>der</strong> darmsanierende Ernährungsformen<br />

— Einsatz einer möglichst naturbelassenen Vollwerternährung<br />

Speziell in <strong>der</strong> Kur besteht die Möglichkeit, aktive Eigenverantwortung,<br />

neue Einstellungen, neue Gesinnungen<br />

und ein neues Verhalten <strong>der</strong> Patienten aufzubauen — insgesamt<br />

zu einer Neugestaltung <strong>der</strong> Lebensweise beizutragen.<br />

Auch kann sich <strong>der</strong> Arzt gerade im Kurort als Träger<br />

einer neuen Gesundheitskultur dlarstellen (ohne Gesundheitsfanatismus,<br />

ohne Mystik, oihne utopische Zielsetzung<br />

und ohne Verleitung zu Anigst und Hypochondrie).<br />

Lassen wir zum Abschluß den Medizirnhistoriker H. Schipperges<br />

das Thema ausleiten: „Zivillisationskrankheiten<br />

<strong>der</strong> zweiten industriellen Revolutiorn, <strong>der</strong> ökologische<br />

Gleichgewichtsverlust, die allgemein© Situation des Verlustes<br />

des Maßhaltens und des Verluistes <strong>der</strong> natürlichen<br />

Ordnung müßten Diätetik wie<strong>der</strong> zur Auferstehung bringen,<br />

und dies durch Ärzte, die den Willen haben, wie<strong>der</strong><br />

als Gesundheitsführer und Lebensgestalter zu wirken.<br />

Die alten „res non naturales", als unwissenschaftlich vernachlässigt,<br />

müßten in ihrer zentralen Bedeutung von<br />

neuem in den Horizont des mo<strong>der</strong>nen Arztes treten. Die<br />

Diätetik <strong>der</strong> hippokratischen Medizim darf kein Ende gefunden<br />

haben, heute wird sie dringend benötigt. Noch ist<br />

kein Anfang gemacht, alle diesbezüglichen Aufgaben stehen<br />

bevor.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. med. H. Anemueller, Wissenschaftliches Archiv für Ernährung<br />

und Diätetik, Landhaus Bergham 32, D-8214 Bernau a. Ch.<br />

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HOECHST<br />

AKTUELL<br />

Psychohygiene<br />

Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Philosophie klassischer Diätetik könnte<br />

in <strong>der</strong> Kur Psychohygiene betrieben werden. Bisweilen<br />

könnte dies mehr bringen als Psychotherapie, wie sie sich<br />

heute entwickelt hat. Es gibt Aussagen <strong>der</strong> klassischen<br />

Philosophie, die sich in den Schriften <strong>der</strong> Stoiker und Epikuräer<br />

finden und sich wirksam im Gespräch mit Patienten<br />

vortragen lassen, um seelischen Gleichmut und Zufriedenheit<br />

zu stärken. Einige Beispiele:<br />

— Laß Dich nicht verwirren vom Gerede <strong>der</strong> Leute, entscheide<br />

vielmehr selbst über Deine Wege und Ziele!<br />

— Folge <strong>der</strong> Masse nicht wie Herdenvieh, strebe nach einem<br />

unerschrockenen, unabhängigen und standhaften<br />

Geist!<br />

— Sammle und erhalte Deine Zeit, rette sie für Dich<br />

selbst!<br />

— Sei nicht unglücklich vor <strong>der</strong> Zeit, denn das, wovor Du<br />

Angst hast, wird vielleicht nie kommen!<br />

— Sorge für die Bedürfnisse Deines Körpers, jedoch ohne<br />

Ängstlichkeit!<br />

;-A2ta&v v«fe^u^^^'<br />

|g||itf<br />

317


F. oeize Eine Patientenkarriere und klassische Naturheilverfahren<br />

1. Der 37jahnge kam 1961 in die Klinik wegen Stenokardien<br />

beim Treppensteigen mit Schmerzausstrahlung in<br />

den linken Arm, Ohnmachtsneigung bei längerem Ste<br />

hen, z B bei Vortragen Als Kind an spinaler Kin<strong>der</strong>lahmung<br />

erkrankt, bildeten sich die Lahmungen an Armen<br />

und Beinen völlig zurück<br />

Mit 20 Granatsplitterverwundungen Amputation des linken<br />

Unterschenkels, Radikaloperation des linken Ohrs<br />

nach Granatsplittereiterung, Hormin<strong>der</strong>ung Wie<strong>der</strong>holt<br />

Abszesse und chirurgische Eingriffe am Amputationsstumpf<br />

Diagnose Erschöpfungszustand, hypotone Kreislaufregulationsstorung,<br />

funktionelle Stenokardien<br />

Therapie Nach Obst-/Rohkost-Tagen laktovegetabile<br />

Kost, ansteigende Ba<strong>der</strong>, Brust-Leib-Wickel, klassische<br />

Massagen, 3mal 20 Tropfen Crataegutt, 3mal 2 Dragees<br />

Biral Ärztliches Gesprach Hat seine vor 17 Jahren erfolgte<br />

Unterschenkelamputation noch nicht verwunden<br />

und akzeptiert Seine Vorgesetzten, aber auch an<strong>der</strong>e<br />

Menschen, seien gegenüber Kriegsversehrten voreingenommen<br />

Neigt zu standiger Selbstuberfor<strong>der</strong>ung und<br />

Uberkompensation Die Problematik wird in zahlreichen<br />

Gesprächen aufgearbeitet<br />

2. Mit 40 (1964) Wie<strong>der</strong>aufnahme wegen Stenokardien,<br />

Magenschmerzen nach dem Essen, Brechreiz, Völlegefühl<br />

Sodbrennen schon nach geringsten Mengen Bier,<br />

Cognac, Sekt o<strong>der</strong> Wem Mehr Stumpfbeschwerden,<br />

wacht bereits mit Phantomschmerz auf An neuen Befunden<br />

sind zu nennen 72 kg bei 173 cm Korperlange (mit<br />

Prothese), RR 125/100 h , 120/100 re Hohenmm<strong>der</strong>ung<br />

im Oszillogramm <strong>der</strong> Arterien an beiden Oberschenkeln<br />

und <strong>der</strong> linken Hand Im EKG nur Orthostaseeffekt Rontgenologisch<br />

erheblicher Kaskadenmagen, keine Steine,<br />

jedoch maßige Funktion bei Cholangio-Cholezystographie<br />

Pathologischer Bromthaleintest Verdacht auf Leberschaden<br />

Letzteren schob <strong>der</strong> Patient auf „viel Eleudron", das ihm<br />

wegen seiner Stumpf-Abszesse früher verschrieben worden<br />

war<br />

Diagnose Erheblicher Kaskadenmagen, Verdacht auf Leberschaden,<br />

Erschöpfungszustand, Kreislaufregulationsstorung<br />

Therapie Laktovegetabile Ernährung, ansteigende<br />

Ba<strong>der</strong>, Wickel, auch am Stumpf, Gymnastik, Atemgymnastik<br />

3./4. Wie<strong>der</strong>aufnahme (1977) Mit 53 postprandialer<br />

Spatschmerz im rechten Oberbauch, Kalottenkopfschmerz,<br />

RR 140/100 re , 145/95 h , Neigung zu Drehschwindel<br />

nach Neigen des Kopfes nach vorn Druck- und<br />

Klopfschmerz über <strong>der</strong> kyphotischen BWS<br />

* Dieser Beitrag ist meinem Freunde Klaus Christof Schimmel zu<br />

seinem 60 Geburtstag und im Bewußtsein vieler Gemeinsamkeiten<br />

von Herzern gewidmet<br />

Befunde Korperiich wie gehabt, EKG unauffällig, in <strong>der</strong><br />

Langzeitblutdruckmessung Hypotonie, Orthostase Rontgenologisch<br />

Hypersekretorische Gastritis und Duodenitis,<br />

zwei nicht schattengebende Steine in <strong>der</strong> Cholangio-<br />

Cholezystographie<br />

Diagnose Cholelithiasis, Gastritis bei Kaskadenmagen,<br />

Hypotonie mit Kollapsneigung, Obstipation<br />

Therapie Vegetarische Son<strong>der</strong>kost, ansteigende Ba<strong>der</strong>,<br />

Wickel, Rollkur mit Sucsan-Azulen compositum, Aristochol<br />

3 x 15 Tropfen, Agiolax, Gelosenpunktur Besserung<br />

<strong>der</strong> gesamten Symptomatik Der Patient bestand jedoch<br />

auf Operation 1 Trotz komplikationslosem postoperativem<br />

Verlauf Verschlechterung des Befindens und Wie<strong>der</strong>aufnahme<br />

Magenschmerzen nach Brot, Knackebrot, Zwieback,<br />

aber auch nach Besuch von Bekannten' Im ärztlichen<br />

Gesprach massive berufliche Frustration, aber <strong>der</strong><br />

Patient wollte keine „Psychotherapie", auch nicht über<br />

Einzelheiten sprechen Erst nach nochmaliger eingehen<strong>der</strong><br />

apparativer Diagnostik (gastroskopisch kleine Bulbusnarbe<br />

nach Ulkus, Pylorus etwas verzogen, Magenschleimhaut<br />

unauffällig, Hypersekretion, Laborwerte<br />

normal) und Besprechung des inzwischen eingetroffenen<br />

Histologiebefundes des Operationspraparates (narbige<br />

Steingallenblase mit Pencholecystitis adhaesiva) gestand<br />

<strong>der</strong> Patient, er habe massiv Krebsangst gehabt<br />

Therapie Vegetarische Son<strong>der</strong>kost ohne Brot und<br />

Zucker, Suczulen als Dragees und als Rollkur, Paspertase<br />

und Anstochol Abklingen <strong>der</strong> Beschwerden, langsame<br />

Erholung, Entlassungsgewicht 68,5 kg mit Prothese<br />

5. Mit 56 (1980) Wie<strong>der</strong>aufnahme wegen Magen-Spatschmerz,<br />

Ruhe-Stenokardien, Ein- und Durchschlafstorungen,<br />

Schwindelzustanden nach dem Frühstück<br />

Patient furchtet, am rechten Unterschenkel Muskelschwund<br />

zu haben Seine Mutter habe das auch gehabt,<br />

<strong>der</strong> Verlauf konnte aber nicht weiten/erfolgt werden, da<br />

sie 1945 auf <strong>der</strong> Flucht in Ostpreußen umgekommen sei<br />

Befunde 74,5 kg mit Prothese bei 172 cm Korperlange,<br />

RR 135/95 re , 125/85 h , Ruhepuls 60/min, regelmäßig<br />

Gang mit Unterschenkelprothese h normal EKG AV-<br />

Block 1 Grades in Ruhe, sonst normales Ruhe- und Steh-<br />

EKG, nach 120 Watt am Ergometer 2 1 / 2 Minuten lang<br />

(trotz Prothese') ST-Senkung, die auch nach 5 Minuten<br />

fortbesteht Belastungsmsuffizienz des Herzens 2fach<br />

vergrößerte Prostata Innenohrschwerhongkeit li , Zustand<br />

nach Mastoidektomie, Hörgerät angeraten Ausschluß<br />

von Schilddrusenfunktionsstorung, Diabetes und<br />

Malabsorptionssyndrom (B 12)<br />

Neurologe Im EMG kein Anhalt für Myopathie, also auch<br />

nicht für die vom Patienten befürchtete progressive Muskeldystrophie<br />

Es besteht eine gutartige chronische Form<br />

des Peronealtyps einer spinalen Muskelatrophie<br />

Therapie Wie früher Der Patient konnte ohne Mittel 7<br />

Stunden durchschlafen und hatte keine Stenokardien<br />

mehr, er war beruhigt in bezug auf die Muskelerkrankung,<br />

will ein Hörgerät nehmen und sich beruflich veran<strong>der</strong>n<br />

318


Zusammensetzung 100 g enthalten<br />

GesemiumD2 Menyanthes D1 Bryonia D2<br />

ThuaDI Spge a D4 Coffea D3 BebersDIO<br />

Aconitum D10 Kalm a D8 SangunaraD4<br />

Acdum sIccum D6 StannumDIO Cerebrum<br />

sus D8jewels 1 g Kai um bchromcum D6 10<br />

mg Enthalt 45 Vol % Alkohol<br />

Anwendungsgebiete Neuralg seh heu<br />

malische Schmerzen versch edener A t und<br />

Loka isat on wie z B Kopfschme zen<br />

Zahnschmerzen Schulter Armschmerzen<br />

Schmerzen im Bere ch <strong>der</strong> Isch asnerven (schias<br />

bzw Isch a g e) Gegenanzeigen Nicht bekannt<br />

Nebenwirkungen In E nzefalen können<br />

Hautreaktonen auft eten das Mittel st dann<br />

abzusetzen Dosierungsanieitung und Art<br />

<strong>der</strong> Anwendung Erwachsenendos s Be<br />

Schmerzzustanden bis zu 3ma tagl ch alle<br />

10 15 M nuten 10 T opfen über einen Zeitraum<br />

von max ma 1 2 Stunden einnehmen dann<br />

3 Stunden Pause Die Behandlung sol te auch<br />

nach Abkl ngen <strong>der</strong> Beschwerden noch 3 4 Tage<br />

fortgeführt werden m t 3mal täglich 10 Tropfen<br />

Zur Langze tbehandlung 2 4mal tag ich<br />

10 Tropfen (mt o<strong>der</strong> ohne Wasser vor dem<br />

Essen) einnehmen E nzelgabe bei K n<strong>der</strong>n ab<br />

6 Jahren bis zu 4mal täglich 10 Tropfen<br />

(evt n einer 1/4 Tasse mit frschem Wasser o<strong>der</strong><br />

Tee verm seht) Darreichungsform und<br />

Packungsgroßen Packungen m t 30 ml Tropfen<br />

DM 9 80 und 100 ml Tropfen DM 26 70<br />

(Stand Februar 1991) Cosmochema<br />

W 7570 Baden Baden<br />

Cosmochema<br />

Neuralgietropfen S<br />

Gelsemium Cosmoplex®<br />

Die biologische Therapie bei<br />

• Neuralgien<br />

• Kopfschmerzen<br />

• neuralgisch-rheumatischen<br />

Beschwerden<br />

C M<br />

COSMOCHEMA<br />

Dr H H Reckeweg GmbH<br />

Die konservative Behandlung von degenerativen<br />

Wirbelsäulenerkrankungen<br />

von Prof Dr med H Schoberth<br />

136 Seiten, 54 Abb, 17*24 cm, broschiert, DM 33,-<br />

Im Zeitalter einer sich immer schneller entwickelnden und immer komplizierter werdenden Medizin-Technologie<br />

hat die konservative Behandlung gerade bei degenerativen Wirbelsaulenleiden immer noch einen unbestreitbar<br />

hohen Stellenwert<br />

Das Buch richtet sich an Orthopaden Krankengymnasten und Physiotherapeuten ist aber sicherlich auch für<br />

jeden Allgemeinarzt interessant <strong>der</strong> ja als erster mit dem Wirbelsäulen-Patienten in Berührung kommt und eine<br />

geeignete Therapie auswählen muß<br />

Der erste Teil des reich bebil<strong>der</strong>ten Buches beschäftigt sich mit <strong>der</strong> funktionellen und pathologischen Anatomie<br />

<strong>der</strong> Wirbelsaule Im zweiten Teil wird die Klinik <strong>der</strong> degenerativen Wirbelsaulenerkrankungen besc hneben<br />

Im dritten und umfangreichsten Teil des Buches werden die verschiedenen Möglichkeiten <strong>der</strong> kornservativen Behandlung<br />

degenerativer Wirbelsaulenleiden ausführlich in Text und Bild dargestellt z B klassisiche Massagen,<br />

Bindegewebsmassagen Saugwellenmassage, Marnitz-Therapie, Stabchenmassage manuelle Lymphdrainage,<br />

Unterwasserstrahlmassage, Kryotherapie lokale Warmeanwendungen Packungen, Warmetheraapie mit elektrischen<br />

Strömen, Wärmebehandlung mit Luft Licht o<strong>der</strong> Dampf medizinische Ba<strong>der</strong> Moorba<strong>der</strong>, Schwefelba<strong>der</strong><br />

aromatische Ba<strong>der</strong>, krankengymnastische Behandlung Prinzipien <strong>der</strong> Therapie bei degenerativem Wirbelsaulenerkrankungen,<br />

orthetische Versorgung, Ruckenschule<br />

Der Autor des Buches Prof Dr med H Schoberth, Leiter des Lehrinstitutes für Physikalische Therapie und Sportmedizin<br />

<strong>der</strong> Ostseeklinik Damp und Honorarprofessor an <strong>der</strong> Universität Frankfurt/Main, ist bekatnnt durch mehrere<br />

Bucher und über 150 wissenschaftliche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften u a auch zum Thema physikalische<br />

Therapie<br />

VERLAG<br />

MEDIZINISCH LITERARISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT MBH<br />

Postfach 11 61 /11 62,3110 Uelzen 1, Tel. (0581) 8 08-151<br />

Arztezeitschr f Naturheilverf 4/91,32 Jahrg 319


F. Oelze, Naturheilverfahren Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

6. Wie<strong>der</strong>aufnahme mit 58 Jahren (1982) wegen KHK,<br />

Hochdruck und Wirbelsäulensyndrom.<br />

11/81 Elektro-Teil-Resektion <strong>der</strong> Prostata. Wie<strong>der</strong> starke<br />

Magenschmerzen, anfallsweise Stenokardien mit Ausstrahlung<br />

in den linken Arm, Gefühl, ein Band um die Stirn<br />

zu tragen; Schmerzen handbreit über dem rechten Knie,<br />

nach einigem Gehen auch am rechten Mittelfuß und Außenknöchel.<br />

Diagnose: koronare Durchblutungsstörungen, labiler<br />

Hochdruck bei allgemeiner Arteriosklerose, Wirbelsäulensyndrom,<br />

Hohl-Spreiz-Fuß rechts, Zustand nach Unterschenkelamputation<br />

links, Kapselbandreizung rechts am<br />

Außenknöchel, Metatarsalgie am Metatarsusköpfchen IM<br />

infolge Überlastung des rechten Beines, Fersensporn<br />

rechts.<br />

Therapie: Laktovegetabile Reduktionskost (1000<br />

kcal/Tag) brachte 7,6 kg Gewichtsabnahme, übrige Therapie<br />

wie früher, dazu Xylocain-Infiltration am rechten<br />

Fuß. Die Stenokardien klangen nach 2 Wochen ab, ebenso<br />

das Gefühl, ein Stirnband zu tragen; nach drei Wochen<br />

auch Sodbrennen und Schmerz über dem rechten Knie<br />

nach Versorgung mit Le<strong>der</strong>-Kork-Einlage mit beson<strong>der</strong>s<br />

hoher Vorfußpalette durch den Orthopäden.<br />

7. Wie<strong>der</strong>aufnahme mit 60 Jahren (1984): Einjähriges<br />

Wohlbefinden nach stationärer Behandlung vor 2 Jahren.<br />

Seit einem Jahr zunehmend Schwindel im Stehen. Muß<br />

sich nach 30 bis 60 Sekunden festhalten. Schmerzhaftes<br />

Kribbeln an rechtem Oberschenkel und Wade. Magenschmerzen<br />

morgens und abends. Schmerz über dem<br />

rechten Nierenlager.<br />

Befunde: RR, gemessen bei Bettruhe, nach Mittagsschlaf<br />

115/75 re., 85/55 li., <strong>der</strong>ber, druckschmerzhafter Leberrand<br />

2 bis 3 cm unter dem Rippenbogen, Oberbauchdruckschmerz.<br />

Nierenlager frei, Kyphose <strong>der</strong> HWS,<br />

Trapeziushartspann mit Gelosen, Gang frei. Über <strong>der</strong> gesamten<br />

Wirbelsäule kein Klopfschmerz!<br />

Neurologe: Im EMG seit 4 Jahren keine Progredienz. Ältere,<br />

distal betonte neurogene Schädigung. Im Ultraschall-<br />

Doppler keine Strömungsbehin<strong>der</strong>ung in den hirnversorgenden<br />

Gefäßen. EKG: Zeichen für Arbeitsinsuffizienz<br />

des Herzens, im Vergleich deutliche Besserung seit 8<br />

Tagen. Fortlaufende Blutdruckmessung: Normotonie, geringer<br />

orthostatischer Pulsanstieg. Röntgenotogisctv. Aortenelongation<br />

und Dilatation. Keilförmige Deformierung<br />

von BWK7, leichte Rarefizierung <strong>der</strong> Bälkchenzeichnung<br />

im Adduktorenansatzgebiet, Osteoporose.<br />

Diagnosen: Hypotone Kreislaufschwäche, Antrumgastritis,<br />

Bulbitis mit gallig duodenogastralem Reflux, Überlastung<br />

des rechten Beins mit Tendinose im Adduktorenansatzgebiet<br />

bei Unterschenkelamputation links, Spondylosis<br />

deformans von BWS und LWS, Osteoporose,<br />

Obstipation.<br />

Therapie: Laktovegetabile Kost von 1000 kcal täglich, Buttermilch<br />

und Weizenkleie als Laxans, morgens und<br />

abends ein Teelöiffel Heilerde innerlich, gelegentlich Agiolax.<br />

Ansteigende Bä<strong>der</strong>, Gelosenpunktur, Übungstherapie<br />

im Bewegungsbad, Stangerbä<strong>der</strong>, Bindegewebsmassage,<br />

zusätzlich trainierte Patient am Ergometer<br />

und mit seinem Expan<strong>der</strong>. Gewichtsabnahme 7,2 kg, keine<br />

Schwindelzustände und schmerzhaften Hypästhesien<br />

mehr, nach Heilerde keine Magenbeschwerden mehr.<br />

8. Wie<strong>der</strong>aufnahme mit 61 Jahren (1985): Zunehmend<br />

Unsicherheit im rechten Bein beim Gehen und Stehen,<br />

Knieschmerzen, Schwindelzustände.<br />

Befunde: Wie vorher, vorgealterter 61jähriger Mann,<br />

Klopfschmerz LWK 4/5.<br />

Röntgenologisch im CT laterale Bandscheibenprotrusion<br />

L5/S1 rechts. Dem entspricht neurologisch die im EMG<br />

1984 beschriebene Schädigung. Neurologisch sonst u.a.<br />

positive Schnauzreflexe als Zeichen beginnenden hirnorganischen<br />

Abbaus.<br />

Therapie: Intensiv physikalisch: Schwimmen, Stangerbä<strong>der</strong>,<br />

Fango, Bindegewebsmassage, paravertebrale Xylocain-lnfiltrationen.<br />

Unter ansteigenden Halb- und Fußbä<strong>der</strong>n<br />

stabilisierte sich <strong>der</strong> Kreislauf. Beschwerdefreies<br />

Treppensteigen und längeres Gehen.<br />

9. Am 2.3. 1991 hatte ich ein ausführliches Telefongespräch<br />

mit Herrn G. Er ist 67 Jahre und seit 2 Jahren im<br />

Ruhestand und hatte seit 1985 keine stationäre Behandlung<br />

mehr nötig. Er ist beschwerdefrei und psychisch „gut<br />

drauf". Übrigens hat er immer mäßig geraucht und getrunken,<br />

aber konsequent jedes Gespräch darüber vermieden.<br />

Diese Patientenkarriere zeigt überzeugend auf, was mit<br />

klassischen Naturheilverfahren therapeutisch erreicht werden<br />

kann. Auch die dazugehörende Gesprächstherapie<br />

und ärztliche Führung half dem Patienten, mit akuten und<br />

chronischen Beschwerden fertigzuwerden und trotz seines<br />

schweren Schicksals als Kriegsversehrter und Flüchtling<br />

seinen Beruf als Seelsorger und Nothelfer kranker Menschen<br />

bis zu seinem 65. Lebensjahr vorbildlich auszuüben.<br />

Zweifellos hätte <strong>der</strong> Patient medikamentenabhängig, süchtig<br />

und Frühpensionär werden können. Er hat aber, motiviert<br />

durch das Erlebnis jeweils mittels Behandlung durch<br />

Naturheilverfahren erzielter Besserung seiner Symptome,<br />

sich dafür entschieden, in je<strong>der</strong> erneuten Erkrankung und<br />

Verschlechterung seines Befindens eine Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

zu erblicken und dagegen anzugehen. Dem Arzt blieb nur,<br />

ihm jeweils zu zeigen, daß und wie das möglich ist (Naturheilverfahren,<br />

Eigenaktivität) und die Neigung zur Überkompensation<br />

zu bremsen, gleichzeitig aber diese zu steuern<br />

und zu nutzen.<br />

Diagnostik und Therapie erweisen sich so in dieser „Patientenkarriere"<br />

als ganzheitlich. Zielsetzung war hier nicht<br />

Unterdrückung <strong>der</strong> Symptomatik, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en Annahme<br />

und Überwindung.<br />

Für diesen Kranken galt und gilt, wie für viele an<strong>der</strong>e Kranke<br />

und Ältere: mit unseren Behin<strong>der</strong>ungen und Problemen<br />

zu leben, ja trotz allem ein sinnerfülltes Leben zu haben.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. med. F. Oelze, Kakenhaner Grund 21, D-2000 Hamburg 65.<br />

320


F. Hopfer Die Wirbelsäule<br />

Zusammenfassung<br />

Fast je<strong>der</strong> Mensch klagt im Laufe seines Lebens<br />

über Wirbelsäulenbeschwerden. Dabei sind<br />

Schmerzen im Bereich <strong>der</strong> Lenden-Becken-Hüftregion<br />

führend. Die Neuraltherapie ermöglicht<br />

es nicht nur, zuverlässig und rasch eine Diagnose<br />

zu stellen, son<strong>der</strong>n sie ist auch eine zielführende<br />

Therapieform. Die lokalen Interventionsmöglichkeiten,<br />

die ausschließlich klinischen Ursprungs<br />

sind, reichen von Quaddeln über den<br />

affektierten Partien, über tiefere Injektionen in<br />

die verspannten Muskelareale, Injektionen an<br />

die kleinen Wirbelgelenke bis zu den Injektionen<br />

an Nervenwurzelgebiete.<br />

Bei Versagen <strong>der</strong> lokalen Therapieansätze muß<br />

das verantwortliche Störfeld gesucht und ausgeschaltet<br />

werden, um eine anhaltende Beschwerdefreiheit<br />

zu sichern.<br />

Schlüsselwörter: Wirbelsäule, Neuraltherapie,<br />

HWS-Syndrom, BWS-Syndrom, Lumbalgie.<br />

Summary<br />

In the course of his or her life almost every person<br />

complains about trouble with the vertebral<br />

column. Pains in the lumbar-pelvic-sciatic region<br />

are prevailing. The neural therapy does it<br />

not only make possible to make a certain and<br />

fast diagnosis but it also is a purposeful form of<br />

therapy. The possibilities of local Intervention<br />

which are exclusively of clinical origin are reaching<br />

from intracutaneous injections above the affected<br />

parts and deeper injections into the area<br />

of tense muscles, injections to the lesser spondyles<br />

to the injections at regions of the roots of<br />

nerves.<br />

In case that the approaches of local therapy fail<br />

then the responsible disturbing field must be revealed<br />

and eliminated in or<strong>der</strong> to ensure that the<br />

patient will permanently be free of complaints.<br />

Key words: vertebral column, neural therapy,<br />

cervical spine syndrome, thoracic spine syndrome,<br />

lumbalgia.<br />

Resume<br />

Presque tout le monde souffre au cours de sa vie<br />

de troubles de la colonne vertebrale. Les affections<br />

les plus frequentes sont des douleurs au<br />

niveau de la region lombo-pelvio-ischiatique. La<br />

therapeutique neurale permet non seulement de<br />

proce<strong>der</strong> de facon fiable et rapide ä un cliagnostic,<br />

eile est aussi une forme therapeutique qui<br />

mene au but. Les possibilites localesd'intervention,<br />

d'origine exclusivement dess parties affectees<br />

ä des injections plus profoncdes dans les zones<br />

musculaires contractees, des injections<br />

pres des petites articulations verrtebrales aux injections<br />

pres des zones des raciines nerveuses.<br />

En cas de d'inefficacite de la therapeutique locale,<br />

il faut determiner le champ de troubles responsable<br />

et le neutraliser pour assurer une disparition<br />

durable des troubles.<br />

Mots-cles: colonne vertebrale,, therapeutique<br />

neurale, syndrome de la colonne vertebrale cervicale,<br />

syndrome de la colonne vertebrale pectorale,<br />

lombalgie.<br />

Die Bezeichnung Wirbelsäule (WS) als „Achsenorgan" ist<br />

von <strong>der</strong> Morphologie her legitim, da sie eine funktionelle<br />

Einheit darstellt.<br />

Überraschend ist, daß die WS zu lang dauernden Belastungshaltungen<br />

befähigt ist — obwohl sie bereits in <strong>der</strong><br />

Kindheit altert. So sind beispielsweise die so kompliziert<br />

gebauten Disci intervertebralis <strong>der</strong> SJährigen bereits<br />

gefäßlos, und sie werden daher nur vom extravasalen<br />

Saftstrom versorgt.<br />

Man schätzt, daß ein Lastdruck von über 75 kg eine Abströmung<br />

aus dem Diskusgel bewirkt.<br />

Eine nachfolgende Entlastung bringt normalerweise wie<strong>der</strong><br />

einen Zufluß.<br />

Die WS trägt den Kopf, stützt den Rumpf, gibt den Eingeweiden<br />

Halt und dient dem Rückenmark und den Wurzeln<br />

<strong>der</strong> Spinalnerven als Behälter.<br />

Die WS enthält zeitlebens alle Zellelemente <strong>der</strong> stützenden<br />

Substanzen:<br />

— gallertig-faseriges Gewebe<br />

— Fett<br />

— kollagentextile und<br />

— elastische Bän<strong>der</strong> sowie<br />

— hyalinen Knorpel und<br />

— Knochen<br />

Die Beanspruchbarkeit dieser Materiialien hängt von <strong>der</strong><br />

Zulieferung an Vitalstoffen ab.<br />

Ihre Wasserbindung ist die Voraussertzung für geschmeidig<br />

ablaufende Bewegungen. Austroicknung im Alter hat<br />

eine Versteifung zur Folge — wobei das Durchsaftungsvermögen<br />

im Gelenkknorpel und dem Disken bereits im 4.<br />

Lebensjahrzehnt deutlich abnimmt.<br />

So ist das Funktionsgeschehen in einiem hohen Maße von<br />

<strong>der</strong> Plastizität <strong>der</strong> Disken abhängig.<br />

Faserzerfall, Dehydrierung, Zerreißungen, Prolapse, Sklerosierung<br />

und Synostosierung verän<strong>der</strong>n die vertebrale<br />

Mobilität.<br />

321


F. Hopfer, Wirbelsäule Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Die Vertebrologie ist eine junge Disziplin und bis in die<br />

30er Jahre wurden WS-Beschwerden einfach als „rheumatische<br />

Zustände" abgetan.<br />

Die Einbeziehung <strong>der</strong> Röntgenologie in die WS-Diagnostik<br />

führte aber:<br />

— zu einer Überbewertung <strong>der</strong> erkennbaren morphologischen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen<br />

— zu Fehlinterpretationen und<br />

— zu Fehlinformationen an den Patienten<br />

Bei den Fehlinterpretationen stehen die „degenerativen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen" im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Vor allem stellen die sogenannten „Abnützungen", die<br />

-osen, nicht die wirkliche Ursache für die Beschwerden<br />

dar, wie es dem Patienten weisgemacht wird.<br />

Erst wenn sich auf diese, an und für sich reaktionslose<br />

-ose eine -itis-Komponente aufpfropft, dann treten<br />

Schmerzen auf.<br />

Der Sinn und Zweck einer erfolgreichen konservativen<br />

Behandlung ist, die schmerzhafte -itis in das Stadium <strong>der</strong><br />

reaktionslosen -ose zurückzuführen.<br />

Falsch ist auch die Vorstellung über die „Randzacken",<br />

die zu Irritationen an irgendwelchen Strukturen führen<br />

sollen.<br />

Diese Randzacken sind<br />

— Auszipfelungen <strong>der</strong> knöchernen Struktur<br />

— „Denkmäler <strong>der</strong> Vergangenheit"<br />

— „stumme Zeugen" von abgelaufenen Fehlbeanspruchungen<br />

— die Folge unphysiologischer Zugbeanspruchungen an<br />

<strong>der</strong> Stelle <strong>der</strong> Sehnenansätze, — aber<br />

sie stellen nicht die Ursache für Beschwerden dar.<br />

Allein die Tatsache, daß die Beschwerden am Achsenorgan<br />

auf rein konservative Maßnahmen abklingen, vor<br />

allem mit den Infiltrationen des Lokalanästhetikums erfolgreich<br />

zu behandeln sind, wi<strong>der</strong>legt eindeutig diese<br />

mechanistischen Vorstellungen.<br />

Darüber hinaus werden diese Behauptungen damit untermauert,<br />

daß<br />

erstens die Wirbelsäulen-Beschwerden oft plötzlich auftreten,<br />

wobei sie durch einfache Additivreize, wie Unterkühlung,<br />

Naßwerden o<strong>der</strong> auch nur durch Zugluft, aktualisiert<br />

werden;<br />

zum zweiten, daß sich nach Erzielen einer anhaltenden,<br />

o<strong>der</strong> auch nur vorübergehenden Beschwerdefreiheit die<br />

pathomorphologische Situation ja nicht geän<strong>der</strong>t hat;<br />

zum dritten, daß die strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen überdies<br />

schon jahrelang vor dem Auftreten <strong>der</strong> Beschwerden<br />

bestanden haben;<br />

und nicht zuletzt, daß bei vielen Patienten <strong>der</strong>artige<br />

Pathomorphologien rein zufällig aufgedeckt werden, ohne<br />

daß Beschwerden bestehen.<br />

Die mechanistischen Auslegungen und Fehlinterpretationen<br />

<strong>der</strong> -osen, <strong>der</strong> Randzacken und Randwülste, beherrschen<br />

aber weitgehend das ätiologische Denken.<br />

Würden sie stimmen und würden sie tatsächlich die Ursachen<br />

<strong>der</strong> Wirbelsäulenleiden darstellen, dann müßten logischerweise<br />

unsere konservativen Behandlungsversuche<br />

in einer „therapeutischen Resignation" enden.<br />

Somit handelt es sich bei den WS-Erkrankungen vor<br />

allem um<br />

— Fehlfunktionen im Bewegungsapparat<br />

— arthrogene, muskuläre und ligamentäre Reizzustände<br />

— Auswirkungen von Seiten <strong>der</strong> viszerovertebralen Verbindungen<br />

sowie<br />

— Dysfunktionen von Gefäßen und sympathischen Geflechten<br />

und nicht zuletzt<br />

— pathogenetische Ferneinflüsse, die von Herden bzw.<br />

Störfel<strong>der</strong>n ausgehen.<br />

Zusammengefaßt, sind die Erkrankungen des Achsenorgans<br />

häufig <strong>der</strong> Ausdruck eines Summationsgeschehens<br />

über mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> lange Zeitstrecken.<br />

Aktualitätsdiagnose<br />

Die Aktualitätsdiagnose <strong>der</strong> WS-Erkrankungen ergibt sich<br />

— nach Ausschluß an<strong>der</strong>er Erkrankungen<br />

— aus den einfachen Funktionsuntersuchungen<br />

— und den Antworten des Organismus auf die neuraltherapeutischen<br />

Interventionen. Ihnen kommt größte Bedeutung,<br />

sowohl in diagnostischer und differentialdiagnostischer<br />

als auch in therapeutischer Hinsicht zu.<br />

Prinzipiell stellen alle Injektionen mit dem Neuraltherapeutikum<br />

— wo immer sie auch gesetzt werden — eine<br />

Frage an den Organismus dar:<br />

1. ob die Diagnose stimmt und<br />

2. ob die Therapie richtig ist.<br />

Das Faszinierende dabei ist die rasche, präzise und verläßliche<br />

Antwort.<br />

1. Sie lautet ja, wenn daraufhin die Beschwerden nachlassen<br />

bzw. verschwinden.<br />

2. Nein heißt die Antwort, wenn die Beschwerden nach<br />

<strong>der</strong> Lokalbehandlung unverän<strong>der</strong>t fortbestehen o<strong>der</strong><br />

sich eventuell sogar vorübergehend verstärken. Wir<br />

sprechen dann von einem „Reaktionsphänomen".<br />

Dies ist ein strikter Hinweis auf eine Störfeldgenese.<br />

Diese Nein-Antwort besagt, daß die Diagnose und die<br />

Therapie nicht stimmen und daß wir unser weiteres Vorgehen<br />

überdenken und — vor allem in Richtung einer<br />

Störfeldexploration — neu konzipieren müssen.<br />

Dem Röntgen, das keine Auskunft über die Funktion <strong>der</strong><br />

WS geben kann, und den Laboruntersuchungen kommt<br />

nur eine zusätzliche Bedeutung zu.<br />

Die Halswirbelsäule<br />

Die HWS ist sehr beansprucht, und die Muskeln sind als<br />

Stabilisatoren oft überfor<strong>der</strong>t.<br />

322


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

F. Hopfer, Wirbelsäule<br />

Das Gewicht des Kopfes — 4 1 /2 kg — ist zu Vs den Wirbelkörpern<br />

und zu Vs den beiden Gelenksketten <strong>der</strong> HWS<br />

aufgelastet.<br />

Die Disken C 3 bis D 6 sind schon oft bei jungen Menschen<br />

zerschlissen.<br />

Durch den Einbau <strong>der</strong> A. vertebralis wird die Morbidität<br />

noch verstärkt. Hinzu kommt darüber hinaus, daß die<br />

HWS sehr anfällig für Irritationen ist, die von Störfel<strong>der</strong>n<br />

— vor allem aus dem Kopfbereich — kommen.<br />

Ein Diskusprolaps ist im HWS-Bereich aber sehr selten,<br />

er bleibt vor allem dem Lendenwirbelsäulenabschnitt vorbehalten.<br />

Aber dafür ist die HWS-Region häufig nicht primär<br />

erkrankt, son<strong>der</strong>n sekundär, weil sie im „Brennpunkt"<br />

verschiedener Belastungen — voran den Kopfherden —<br />

liegt.<br />

Deshalb sind HWS-Beschwerden auch viel öfter durch Eliminierung<br />

von Kopfherden o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Körperstörfel<strong>der</strong>n<br />

in den Griff zu bekommen als durch lokale Infiltrationen<br />

o<strong>der</strong> durch Injektionen an das Sternenganglion.<br />

Die Funktionsuntersuchungen <strong>der</strong> HWS sind einfach und<br />

schnell durchzuführen. Sie bestehen aus:<br />

1. Prüfung <strong>der</strong> 6 Bewegungen:<br />

— <strong>der</strong> Beugung<br />

— <strong>der</strong> Reklination<br />

— <strong>der</strong> Seitneigung nach links und rechts<br />

— sowie <strong>der</strong> Rotation nach beiden Seiten.<br />

Dabei achte man<br />

— auf eine Bewegungseinschränkung<br />

— auf eine Schmerzhaftigkeit und<br />

— eine Ausstrahlung in die obere Extremität bzw. auf<br />

eine Verstärkung <strong>der</strong> Beschwerden im Arm.<br />

2. Entlastungs- bzw. Streckungstest. Er besteht in <strong>der</strong> allmählichen<br />

Hebung des Kopfes, um die HWS zu entlasten.<br />

Der Untersucher legt dem sitzenden Patienten eine<br />

Hand unter das Kinn, die an<strong>der</strong>e an das Okziput<br />

und hebt den Kopf. Das führt zu einer Schmerzlin<strong>der</strong>ung,<br />

— wenn die Foramina intervertebralia eingeengt sind,<br />

— wenn Gelenkkapseln o<strong>der</strong> Gelenkflächen irritiert<br />

sind,<br />

— o<strong>der</strong> ein Muskelhartspann vorliegt.<br />

3. Der Kompressionstest ist ein Belastungstest. Dabei übt<br />

<strong>der</strong> Untersuchende wie<strong>der</strong> am sitzenden Patienten mit<br />

beiden Händen einen zunehmenden Druck auf den<br />

Kopf in Achsenrichtung <strong>der</strong> WS aus. Das führt zu einer<br />

Schmerzverstärkung:<br />

— bei Einengung <strong>der</strong> Foramina intervertebralia,<br />

— bei Irritation <strong>der</strong> Gelenkflächen. Dieser Test führt<br />

aber auch<br />

— zu einer exakten Verstärkung eines von <strong>der</strong> HWS<br />

aus fortgleitenden Schmerzes in die obere Extremität.<br />

4. Kopfnicken und Kopfschütteln. Dieser Test läßt Rückschlüsse<br />

auf das atlantookzipitale Gelenk und das Gelenk<br />

zwischen dem 1. und 2. Halswirbel zu. Das atlantookzipitale<br />

Gelenk ist für das Kopfnicken zuständig.<br />

Das Kopfschütteln, die „Nein-Bewegung" bzw. Drehbewegung,<br />

ermöglicht eine Beurteilung des Gelenks<br />

zwischen dem 1. und 2. Halswirbel..<br />

5. Palpation <strong>der</strong> Dornfortsätze und dlas Festhalten von<br />

Druckschmerzpunkten<br />

— <strong>der</strong> paravertebralen Muskulatur mnd <strong>der</strong> Bandansätze<br />

runden die Untersuchung d


F. Hopfer, Wirbelsäule Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Die Brustwirbelsäule<br />

Wie bei <strong>der</strong> HWS ist auch bei <strong>der</strong> Brustwirbelsäule ein<br />

Bandscheibenprolaps eher eine Rarität.<br />

Hier sind folgende Schmerzbil<strong>der</strong> anzutreffen:<br />

1. die Dorsalgie<br />

2. <strong>der</strong> „obere Hexenschuß"<br />

3. <strong>der</strong> M. Scheuermann und<br />

4. <strong>der</strong> Herpes zoster.<br />

1. Die Dorsalgie<br />

imponiert mit den häufig angegebenen diffusen, nicht<br />

dezidierten Rückenschmerzen, die oft bewegungsabhängig<br />

sind.<br />

Typisch ist dabei eine umschriebene Dornklopfschmerzhaftigkeit<br />

und palpatorisch erhebbare Druckdolenzen.<br />

Die Ursachen dafür liegen neben einer rheumatischen<br />

Komponente häufig in einem Herdgeschehen, wobei vor<br />

allem <strong>der</strong> „thorakale Raum", aber auch die Nebenhöhlen,<br />

die Tonsillen und <strong>der</strong> „gynäkologische Bereich" verantwortlich<br />

sein können.<br />

Die Therapie besteht in:<br />

— paravertebralen Quaddelsetzungen<br />

— Injektionen an die Dornfortsätze und in die Ligg. interspinalia<br />

— Infiltrationen <strong>der</strong> kleinen Wirbelgelenke<br />

— einer Störfeldsuche und<br />

— einer CPN-Kur.<br />

2. Der,,obere Hexenschuß" bzw. das,,obere Quadrantensyndrom",<br />

ist eine Insertionstendopathie am medialen Skapularand.<br />

Die Symptomatik ist ein plötzlich auftreten<strong>der</strong>, hexenschußartiger<br />

Schmerz mit dem Zentrum medial des<br />

Schulterblattes, <strong>der</strong> in das obere Körperviertel ausstrahlen<br />

kann.<br />

Die Diagnose ergibt sich aus<br />

— dem Schmerzzentrum am medialen Skapularand und<br />

dem korrespondierenden WS-Abschnitt<br />

— sowie den palpatorisch feststellbaren subokzipitalen<br />

Schmerzpunkten<br />

— und einer Druckdolenz des M. supraspinatus und des<br />

Akromions.<br />

Die Therapie besteht in <strong>der</strong><br />

— Infiltration <strong>der</strong> Bandansätze, vor allem am medialen<br />

Skapularand<br />

— dem Setzen von Quaddeln und tieferen injektionen an<br />

den Schmerzstellen<br />

— Infiltration an die korrespondierenden Spinalnerven<br />

und<br />

— einer Störfeldssuche (thorakaler Raum/Kopf).<br />

3. Der M. Scheuermann, die Adoleszentenkyphose<br />

hat nach unseren Erfahrungen zumeist einen Störfeldhintergrund,<br />

voran den „thorakalen Raum", aber auch die<br />

Tonsillen, <strong>der</strong> Nabel und die Ohren zeichnen oft dafür verantwortlich.<br />

4. Der Herpes zoster intercostalis<br />

<strong>der</strong> akute, meist einseitige, auf das Versorgungsgebiet<br />

eines Spinalnervs beschränkte, schmerzhafte, bläschenförmige<br />

Hautausschlag.<br />

Hervorgerufen wird er bekanntlich durch Befall des Spinalganglions<br />

durch den Windpockenvirus.<br />

Da können wie<strong>der</strong>holte Quaddelsetzungen im befallenen<br />

Abschnitt die Schmerzen verringern und die Erkrankung<br />

abkürzen.<br />

Am effektivsten sind jedoch die Infiltrationen an die<br />

Spinalwurzel, die allerdings dem Geübten vorbehalten<br />

bleiben.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s ist die Situation bei <strong>der</strong> „Zosterneuralgie".<br />

Sie manifestiert sich bisweilen im Anschluß an den<br />

Zosterinfekt, viel häufiger jedoch erst viel später. Dieses<br />

Schmerzbild hat mit dem ursprünglichen Zoster gar nichts<br />

zu tun.<br />

Es ist nämlich ein störfeldinduziertes Leiden. Deshalb<br />

spricht auch die übliche Therapie nicht an. Hier kann in<br />

<strong>der</strong> Regel nur eine Störfeldexploration und eine darauf<br />

aufgebaute Therapie den Erfolg bringen.<br />

Die Lendenwirbelsäule<br />

Die Regio lumbopelvina stellt eine Schwachstelle <strong>der</strong> vertebralen<br />

Konstruktion dar.<br />

Diese Region ist anfällig auf Bandscheibenvorfälle.<br />

Unvorstellbar groß ist die Zahl <strong>der</strong> Rezeptoren, die in den<br />

zahlreichen Gelenkkapseln, den Bän<strong>der</strong>n, den Faszien<br />

und Sehnenansätzen, im Periost und beson<strong>der</strong>s reichlich<br />

in den Übergangszonen <strong>der</strong> Sehnen, enthalten sind.<br />

Werden sie irritiert, so lösen sie Aktionen aus, die weit<br />

über das betroffene Segment hinausreichen.<br />

Die Beurteilung eines Wirbelsäulenschadens kann nur<br />

aus einer ganzheitlichen Betrachtung des zentralen Achsenorgans<br />

heraus erfolgen.<br />

Die Funktionsbeurteilung<br />

1. besteht in <strong>der</strong> klassischen Trias:<br />

<strong>der</strong> Anamnese<br />

<strong>der</strong> Inspektion (Haltung, Gang) und<br />

<strong>der</strong> Palpation<br />

2. dazu kommt, mit <strong>der</strong> größten Aussagekraft, die Prüfung<br />

des Dornklopfschmerzmaximums zur Höhenlokal<br />

isation sowie<br />

3. das Festhalten des subjektiven Schmerzbandes<br />

L-5: Generalstreifen<br />

S-1: Beugeseite des Beines<br />

326


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

F. Hopfer, Wirbelsäule<br />

4. die Frage nach Kompressionszeichen (wie Husten-,<br />

Niesschmerz und Schmerz beim Stuhlpressen)<br />

5. Durchführung <strong>der</strong> Wirbelsäulentests<br />

Rotation<br />

Seitbeugung<br />

Finger-Boden-Abstand<br />

Reklinationstest<br />

6. Schmerzlokalisation<br />

7. Bewegungseinschränkung<br />

8. Prüfung <strong>der</strong> aktiven und passiven Bewegungen<br />

9. sowie die neurologischen Untersuchungen inkl. Lasegue<br />

und Bragard<br />

10. ASR-Ausfall weist auf einen L-5-Schaden hin, <strong>der</strong><br />

fehlende PSR auf einen S-1-Schaden.<br />

Von den zahlreichen Beschwerdebil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> lumbosakralen<br />

Region werden nur die Lumbalgie und die Lumboischialgie<br />

herausgehoben.<br />

Lumbalgie<br />

Bei diesem Schmerzsyndrom ist zwischen <strong>der</strong> akuten und<br />

<strong>der</strong> chronischen Form zu unterscheiden.<br />

1. Die akute Lumbalgie<br />

auch Lumbago o<strong>der</strong> Hexenschuß genannt, ist gekennzeichnet<br />

durch eine plötzlich auftretende, meist sehr<br />

schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Lendenwirbelsäulen-Abschnitt,<br />

die mit einer Verspannung <strong>der</strong> vertebralen<br />

Muskulatur vergesellschaftet ist. Typisch dabei ist,<br />

daß die Beschwerden nach einem Bagatelltrauma, wie<br />

dem Aufrichten beim Waschen o<strong>der</strong> Anheben einer kleinen<br />

Last unter gleichzeitiger Rumpfdrehung, auftreten,<br />

aber nicht nach schweren Traumen. In <strong>der</strong> Symptomatik<br />

ist zu beobachten, daß die Patienten über heftige<br />

Schmerzen klagen, die von einem Zentrum im Kreuz häufig<br />

nach einer Seite, aber nie bis in das Bein ausstrahlen.<br />

Ätiologie<br />

Die Ursache für dieses Zustandsbild ist eine Bandscheibenprotrusion<br />

zum hinteren Längsband, die des öfteren<br />

mit einer Dislokation des 5. Lendenwirbels vergesellschaftet<br />

ist. Ein Bandscheibenvorfall zum hinteren, 1 cm<br />

breiten Längsband in Höhe des lumbosakraien Überganges<br />

ist deshalb so schmerzhaft, weil dieses Band sympathisch<br />

innerviert ist. Es enthält den sehr sensiblen Ramus<br />

recurrens des N. sinuvertebralis. Deshalb kommt es auch<br />

zu dem imponierenden reflektorischen Hartspann, und da<br />

die Ausuferung des Nukleus in rein sagittaler Richtung<br />

nach dorsal erfolgt, kommt es zu keinem Ausstrahlungsschmerz<br />

in das Bein.<br />

Zu einem <strong>der</strong>artigen Ereignis kann es bei degenerativen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen am Faserring <strong>der</strong> Bandscheibe kommen.<br />

Häufig ist es aber so, daß ein Herd-Störfeld-Einfluß zu<br />

einer Lockerung und Dehnung <strong>der</strong> Bän<strong>der</strong> des Halteapparates<br />

<strong>der</strong> Bandscheibe führt und damit die Ausuferung<br />

erst ermöglicht.<br />

Therapie<br />

Zur Therapie des Hexenschusses verwenden wir nie Antirheumatika<br />

o<strong>der</strong> Kortikoide — es handelt sich ja nicht<br />

um ein entzündliches Beschwerdebilld —, son<strong>der</strong>n ausschließlich<br />

Lokalanästhetika in folgen<strong>der</strong> Weise:<br />

1. Eine tiefe Injektion mit <strong>der</strong> 8 cm langen Nadel in den<br />

Winkel des lumbosakraien Überganges mit 10 ml des<br />

Neuraltherapeutikums. Warum:<br />

a) das ist die Stelle, <strong>der</strong> letzten Bandscheibe, die ausufert,<br />

b) <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> häufigsten Blockierung.<br />

Damit klingen die Beschwerden in <strong>der</strong> Regel zu 80% ab.<br />

Anfangs ist diese Therapie in kurzen Abständen zu<br />

wie<strong>der</strong>holen, etwa 1mal pro Tag, dann nach Bedarf.<br />

2. Der Restschmerz von ca. 20% ist mit Hilfe <strong>der</strong> epiduralen<br />

Injektion von 5 bis 10 ml des Neuraltherapeutikums<br />

zu eliminieren.<br />

2. Die chronische Lumbalgie<br />

zeigt sich in Schmerzen im LWS- und Kreuzbereich, die<br />

entwe<strong>der</strong> langsam auftreten o<strong>der</strong> nach einem akuten Hexenschuß<br />

zurückgeblieben sind.<br />

Die Therapie<br />

ist die gleiche wie beim Lumbago, meistens ist jedoch ein<br />

Dauererfolg erst durch eine entsprechende Störfeldtherapie<br />

zu erzielen.<br />

Ischialgie<br />

Bei <strong>der</strong> Ischialgie müssen zwei Formen unterschieden<br />

werden:<br />

1. die Neuritis<br />

2. die Lumboischialgie<br />

1. Die Neuritis des N. ischiadicus<br />

Sie macht lediglich 10% <strong>der</strong> Ischialgien aus. Neben <strong>der</strong><br />

ätiologischen Abklärung, ob Intoxikationen, Alkoholursachen<br />

etc. vorliegen, ist die Gabe von Vitamin B sinnvoll.<br />

Bei diesem Beschwerdebild ist aber vor allem eine Herd-<br />

Störfeld-Abklärung wesentlich, da Herde in den meisten<br />

Fällen die Verursacher sind.<br />

2. Die Bandscheibenischialgie<br />

Sie schließt oft an eine akute Lumbago an. In 80% <strong>der</strong><br />

Fälle ist die Bandscheibe L-5 betroffen, in 15% die Bandscheibe<br />

S-1 und in 5% die Wurzel L-4 (nach Reischauer).<br />

Zur Schmerzsymptomatik bei Bandscheibenprotrusionen<br />

ist u.a. zu beachten:<br />

1. daß <strong>der</strong> neuralgische Schmerz primär mechanisch<br />

durch Druck auf die Nervenwurzeil erzeugt wird. Dabei<br />

ist die Fernprojektion in das Versorgungsgebiet <strong>der</strong><br />

Leitungsbahn typisch.<br />

329


F. Hopfer, Wirbelsäule Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

2. Der Husten- und Niesschmerz bzw. <strong>der</strong> Schmerz beim<br />

Stuhlpressen kommt zustande, weil <strong>der</strong> interbronchiale<br />

Druck über die klappenlosen Venen unmittelbar in<br />

den Wirbelkanal und seinen Inhalt übertragen wird.<br />

Dieser Schmerz ist ein „Kompressionszeichen" und<br />

typisch für eine Wurzelreizung.<br />

3. Wesentlich zum Verständnis ist aber, daß es sich beim<br />

prolapsbedingten Wurzelreizschmerz nicht allein um<br />

eine mechanische Irritation handelt, son<strong>der</strong>n daß dieser<br />

Schmerz zumeist dem übergeordneten Sympathikus,<br />

dem Dirigenten <strong>der</strong> WS, zuzuschreiben ist.<br />

Zwei Tatsachen belegen, daß es sich bei einer Ischialgie<br />

nicht allein um eine mechanische Irritation handelt.<br />

— Die eine, daß beim echten Bandscheibenvorfall allein<br />

aufgrund <strong>der</strong> Infiltrationen mit einem Lokalanästhetikum<br />

eine weitgehende und anhaltende Schmerzarmut<br />

bzw. Schmerzfreiheit zu erzielen ist, obwohl <strong>der</strong> Prolaps<br />

als mechanische Irritation noch lange fortbesteht.<br />

Entscheidend ist, daß bei diesen Infiltrationen <strong>der</strong> Sympathikus<br />

mit erfaßt wird.<br />

— Als zweite Tatsache ist anzuführen, daß, obwohl nach<br />

<strong>der</strong> Nukleusentfernung <strong>der</strong> mechanische Druck auf die<br />

Nervenwurzel fortfällt und die neurologischen Symptome<br />

abklingen, dennoch des öfteren die gleichen mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger ausgeprägten Symptome zurückbleiben.<br />

Neben <strong>der</strong> weiterbestehenden Sympathikusirritation<br />

sind dafür auch öfters ligamentäre Insuffizienzen verantwortlich.<br />

Bestätigt werden diese Vorstellungen<br />

durch die erfolgreiche Infiltration des Operationsgebietes,<br />

die sich auch auf den Sympathikus erstreckt.<br />

Aber auch daran muß gedacht werden, daß Störfel<strong>der</strong><br />

recht oft für <strong>der</strong>artige „Postoperationssyndrome" verantwortlich<br />

sind.<br />

Beweis: Symptomfreiheit nach gezielter Störfeldtherapie.<br />

Von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung ist, daß <strong>der</strong> Druck auf den<br />

Spinalnerven allein zwar Leitungsausfälle, aber keine<br />

Neuralgie erzeugt. Erst <strong>der</strong> Druck an <strong>der</strong> Stelle des extraduralen<br />

Duraabzweiges erzeugt den Schmerz, <strong>der</strong> zur<br />

reflektorischen Muskelverspannung führt, die ihrerseits<br />

wie<strong>der</strong>um die Rückführung des Prolapses verriegelt.<br />

Daher ist die Infiltrationsbehandlung auch nur von Erfolg<br />

begleitet, wenn sie an <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten Schadensstelle<br />

ansetzt. Die beliebte Injektion an die Nervenaustrittsstelle<br />

kann nie zum Erfolg führen, weil sie weitab vom Geschehen,<br />

also in <strong>der</strong> Peripherie, gesetzt wird.<br />

Die folgenden Erläuterungen sollen veranschaulichen,<br />

warum die Injektionen immer ein Stockwerk höher gemacht<br />

werden, als die Nervenaustrittsstellen laut Lehrbuch<br />

liegen. Die S-1-Wurzel hat ihren anatomischen Austritt<br />

im ersten Sakralloch, wo es keine Bandscheibe mehr<br />

gibt. Daher muß <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> Läsion eine Etage höher liegen,<br />

also in Höhe <strong>der</strong> letzten Bandscheibe zwischen dem<br />

5. Lendenwirbel und dem Kreuzbein. Das ist die Stelle<br />

des extraduralem Abzweiges <strong>der</strong> S-1-Wurzel und damit<br />

die wahre Stelle i<strong>der</strong> Läsion, und hier ist auch die kausalorientierte<br />

Therapie anzusetzen.<br />

Das gleiche gilt für die Wurzel L-5. Ihre anatomische Austrittstelle<br />

liegt im Winkel zwischen dem 5. Lendenwirbel<br />

und dem Kreuzbein. Der extradurale Duraabzweig aber,<br />

die Stelle <strong>der</strong> Läsion, befindet sich wie<strong>der</strong>um 1 Stockwerk<br />

höher, beim 4. Lendenwirbel, und dort muß auch die effiziente<br />

lokale Behandlung angesetzt werden.<br />

Diagnose<br />

Die Diagnose ergibt sich aus:<br />

1. dem Dornfortsatz-Klopfschmerzmaximum. Das ist das<br />

wichtigste Etagensignal;<br />

2. dem vom Patienten — mit zwei Fingern — angegebenen<br />

subjektiven Schmerzband. Ihm kommt ebenfalls<br />

eine entscheidende Bedeutung zu;<br />

3. dem hypästhetischen Band, als einem objektiven neurologischen<br />

Ausfallssymptom. Charakteristisch ist die<br />

Großzehenstrecker-Parese beim L-5-Schaden und <strong>der</strong><br />

ASR-Ausfall beim S-1-Vorfall.<br />

4. Ein Röntgen o<strong>der</strong> eine Myelographie sind beim akuten<br />

Anfall entbehrlich. An erster Stelle steht die Soforthilfe,<br />

eine Abklärungsrundreise ist eine Zumutung für den<br />

Patienten.<br />

Therapie<br />

1. Nicht sinnvoll (in unserem Sinn) ist das klinische Vorgehen<br />

in Form<br />

— einer Ruhigstellung, Erzwingen von Inaktivität<br />

— <strong>der</strong> Gabe von Muskelrelaxantien und Analgetika<br />

— <strong>der</strong> Myelographie und<br />

— <strong>der</strong> voreiligen Operation.<br />

2. Erfolgreich ist<br />

— die intensive Infiltration mit dem Lokalanästhetikum<br />

am Ort <strong>der</strong> Schädigung. Sie ist die wirkungsvollste<br />

Therapie bei Bandscheibenischialgien. Der Chirurg<br />

Reischauer konnte damit 94% <strong>der</strong> Patienten erfolgreich<br />

konservativ behandeln, nur 6% mußten operiert<br />

werden (Cave: Kauda-Syndrom);<br />

— die wagende Bewegungsaktfvität des Patienten.<br />

Man denke an den Ausspruch Reischauers: Das<br />

Lied für den Ischiadiker „Wozu ist die Straße da,<br />

zum Marschieren".<br />

Injektionstechnik<br />

Bei einem diagnostizierten L-5-lschias sticht man mit einer<br />

6 cm langen Nadel 1 cm kranial <strong>der</strong> Darmbeinkammlinie<br />

und 4 cm seitlich <strong>der</strong> Dornfortsatzlinie senkrecht zur<br />

Hautoberfläche in sagittaler Richtung ein, bis <strong>der</strong> Patient<br />

einenBlitzschmerz im L-5-Band angibt. Dort werden 10<br />

bis 20 ml injiziert. Diese Behandlung erfolgt zuerst täglich,<br />

dann in 1- bis 2tägigen Intervallen, wobei meist 10<br />

Behandlungen genügen.<br />

Bei einer S-1-lschialgie sticht man ebenfalls mit <strong>der</strong> 8 cm<br />

langen Nadel 4 cm seitlich <strong>der</strong> Dornfortsatzlinie ein, diesmal<br />

aber 1 cm kaudal <strong>der</strong> Darmbeinkammlinie. Die Nadel<br />

wird im Winkel von 45 Grad in leicht konvergenter Richtung<br />

nach kaudal vorgeschoben, bis <strong>der</strong> Patient wie<strong>der</strong><br />

den typischen Schmerz, aber im S-1-Band, angibt. Dosis<br />

und Intervall wie bei L-5.<br />

330


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

F. Hopfer, Wirbelsäule<br />

Paresenursachen<br />

1. Wenn beide Wurzeln, die L-5 und die S-1, in <strong>der</strong> gleichen<br />

Sitzung infiltriert werden.<br />

2. Wenn nach einer früheren L-5-lschialgie motorische<br />

und sensible Leitungsausfälle zurückgeblieben sind<br />

und <strong>der</strong> Patient mit den Symptomen einer S-1-Bandscheibenischialgie<br />

zur Behandlung kommt.<br />

Die Leitungsausfälle von L-5 werden durch die S-1-Versorgung<br />

kompensiert, <strong>der</strong> Patient merkt keinen Schaden.<br />

Wird die S-1-Phase infiltriert kommt es zwangsläufig<br />

zu einer passageren Parese — zum „Gummibein".<br />

Deshalb muß vor <strong>der</strong> S-1-Infiltration anamnestisch<br />

erhoben werden, ob <strong>der</strong> Patient schon früher eine<br />

Ischialgie an diesem Bein hatte. Wenn ja, dann ist<br />

Vorsicht am Platz, und es sollen vorerst nur 3 ml infiltriert<br />

und abgewartet werden, ob Zeichen einer Parese<br />

auftreten.<br />

3. Zu einer irreparablen Parese kann es kommen, wenn<br />

unqualifizierte Mittel verwendet werden, vor allem<br />

sogenannte „Depotmittel", die Alkohol enthalten. Alkohol<br />

ist Gift für die Nerven.<br />

Kauda-Syndrom<br />

Das Kauda-Syndrom kommt durch eine Schädigung <strong>der</strong><br />

Cauda equina (Unfall, Bandscheibenvorfall, Geschwulstbildungen)<br />

zustande. Unter heftigen Schmerzen kommt<br />

es zu einer schlaffen Lähmung <strong>der</strong> Bleine, zu einer Reithosenanästhesie<br />

sowie zu Blasen- und Mastdarm-Störungen.<br />

Dieses Syndrom verlangt die sofortige Überweisung zum<br />

Neurochirurgen.<br />

Natürlich ist die Neuraltherapie nicht die alleinige Patentlösung,<br />

aber sie ist eine Methode mit extrem hoher Erfolgsquote.<br />

Bei einem Herd-Störfeld-Einfluß stellt sie allerdings die<br />

einzige Möglichkeit dar, um den Erfolg zu erzielen. Dabei<br />

soll, in <strong>der</strong> Regel aus langjähriger Erfahrung heraus, die<br />

Sanierung des Zahn-Kiefer-Bereiches die letzte Station<br />

sein.<br />

Es sei aber darauf hingewiesen, daß bei allen neuraltherapeutischen<br />

Interventionen im unteren Wirbelsäulenbereich<br />

<strong>der</strong> Patient ca. eine halbe Stunde in <strong>der</strong> Ordination<br />

sitzen bleiben soll. Vor allem im LWS-Bereich treten bisweilen<br />

unbedeutende, passagere Paresen auf, die ein<br />

Unfallrisiko bedeuten könnten. Diese Empfehlung ist vor<br />

allem forensisch wichtig.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

OMR Prof. Dr. F. Hopfer, Le<strong>der</strong>ergasse 25/1/3, A-1080 Wien.<br />

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R. Wilhelm Naturheilkunde im vereinigten Deutschland *<br />

Die Vereinigung ist uns Deutschen 1990 in den Schoß gefallen.<br />

Jetzt, Anfang 1991, wenige Monate nach dem juristischen<br />

Vollzug, wissen wir nicht, ob es eine kostbare<br />

Frucht o<strong>der</strong> ein Zankapfel <strong>der</strong> Eris war. Der reale Vollzug<br />

<strong>der</strong> Vereinigung gerät zum Trauerspiel, und alle schönen<br />

Worte, die im Winter 1989/90 gefallen sind, vom Teilen<br />

und Zusammenwachsen und von den Brü<strong>der</strong>n und<br />

Schwestern, sind vergessen o<strong>der</strong> haben einen faden<br />

Geschmack bekommen.<br />

Kein Sektor bleibt verschont. Nirgends herrschen positive<br />

Nachrichten vor. Auch die Naturheilkunde macht keine<br />

Ausnahme. Obwohl sie kräftige Wurzeln hüben wie drüben<br />

hat und immer gute Kontakte bestanden über alle<br />

Mauern hinweg, steht man sich jetzt fremd gegenüber<br />

und ist ohne Konzept für einen gemeinsamen Weg. Vielmehr<br />

erwartet man wie überall, daß sich die Ostdeutschen<br />

in die westdeutschen Verhältnisse einfügen, — einfügen<br />

in unser so mühsam gebändigtes Chaos.<br />

Sieht man dieses Chaos etwa nicht? Die enorm gewachsene<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Naturheilkunde steht in deutlichem<br />

Wi<strong>der</strong>spruch zur mangelhaften Verarbeitung <strong>der</strong> Inhalte<br />

bei den Zuständigen: den Ärzten, <strong>der</strong>en Ausbil<strong>der</strong>n an<br />

den Hochschulen, dem Gesetzgeber. Die Hochschulen,<br />

die noch immer die autonomen Gralshüter dessen, was<br />

Medizin sein darf, sind, öffnen sich nur millimeterweise<br />

dem Neuen, und die praktizierenden Ärzte, die sich von<br />

<strong>der</strong> Starrheit dieser Haltung zu emanzipieren suchen, finden<br />

we<strong>der</strong> ein diszipliniertes Proce<strong>der</strong>e für die Einführung<br />

neuer naturheilkundlicher Methoden noch die nötige Unterstützung<br />

von <strong>der</strong> Politik. Im Gegenteil: Bis in die Politikspitzen<br />

hinauf glaubt man, die Naturheilkunde sei bei den<br />

Heilpraktikern gut aufgehoben, bei Laien, die sich medizinisches<br />

Wissen ganz nach gusto angeeignet haben und<br />

sich ohne Sachprüfung an den Patienten versuchen dürfen.<br />

Was soll werden, wenn die EG-Län<strong>der</strong> zusammenwachsen?<br />

Vieles ist schon unwi<strong>der</strong>ruflich auf den Weg gebracht.<br />

In <strong>der</strong> Arzneimittelgesetzgebung können wir damit<br />

rechnen, daß sich für die Naturheilmittel die deutsche Lösung<br />

durchsetzen wird. Für die Weiterbildungsordnungen<br />

<strong>der</strong> Ärzte wird eine Angleichung irgendwann folgen müssen,<br />

und niemand wird ernsthaft erwarten dürfen, daß<br />

man hier ebenfalls zu <strong>der</strong> deutschen Lösung mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />

Naturheilverfahren kommen wird. Kann<br />

man sie überhaupt anbieten? In Ergänzung dazu das<br />

deutsche Heilpraktikergesetz? Man wird sich Besseres<br />

einfallen lassen müssen.<br />

Will man warten, bis die Politiker initiativ werden, um<br />

dann nur zu re-agieren? Die Anstöße für zukünftige Lösungen<br />

müssen von den Betroffenen ausgehen, von den<br />

Ärzten, die Naturheilkunde betreiben und etwas von ihr<br />

* Herrn Dr. K. Ch. ISchimmel zum 60. Geburtstag<br />

verstehen. Verstehen sie aber auch genug, und haben<br />

sie genug darüber nachgedacht? Gegen bloße Interessenvertretung<br />

ist die Öffentlichkeit mißtrauisch.<br />

In <strong>der</strong> DDR gab es keine Heilpraktiker. Man ließ die wenigen,<br />

die die Arbeitserlaubnis noch aus <strong>der</strong> NS-Zeit besaßen,<br />

arbeiten bis zu ihrem natürlichen Ende. Die letzten<br />

dürften inzwischen aufgegeben haben o<strong>der</strong> gestorben<br />

sein. Es gibt dort den Facharzt für Physiotherapie. Den<br />

Begriff Physiotherapie wollten im Westen die Krankengymnasten<br />

und Masseure besetzen. Das ist ihnen durch<br />

Gerichtsurteile verwehrt worden. In den Ostblocklän<strong>der</strong>n<br />

ging man bald nach dem Krieg von <strong>der</strong> Erwartung aus,<br />

das Wort Physiotherapie könnte seiner sprachlichen Herkunft<br />

nach (Physis = Natur, Therapie = Heilen, Heilverfahren)<br />

international für das deutsche Naturheilverfahren<br />

stehen. Das erwies sich im Zeichen des eisernen Vorhanges<br />

als Irrtum. Aber man behielt das Wort bei und hat inzwischen<br />

ca. 500 Fachärzte für Physiotherapie ausgebildet,<br />

die eine vierjährige Fachtätigkeit mit Prüfung hinter<br />

sich haben — nach <strong>der</strong> regulären Ausbildungszeit wie<br />

je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Facharzt bzw. Bereichsarzt auch.<br />

Bei uns sind bekanntlich zur Erlangung <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />

Naturheilverfahren nur vier Wochenkurse zu je<br />

fünf Tagen nötig, dazu drei Monate Tätigkeit in entsprechenden<br />

Kliniken, von denen es ganz wenige gibt. Die<br />

drei Monate können auch bei einem ermächtigten nie<strong>der</strong>gelassenen<br />

Arzt und in kleinen Abschnitten geleistet werden.<br />

Je<strong>der</strong>mann weiß, wie schwach diese Basis ist.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Verfahren, die zu den Naturheilverfahren gezählt<br />

werden o<strong>der</strong> gezählt sein wollen, wächst unaufhörlich.<br />

In den vier Wochenkursen werden zwar nur wenige<br />

angeboten, aber immer noch mehr, als in <strong>der</strong> kurzen Zeit<br />

gelernt werden kann. Das heißt, die Zusatzbezeichnung<br />

Naturheilverfahren sagt wenig darüber aus, was <strong>der</strong><br />

Arzt/die Ärztin macht und gelernt hat. Sie sagt weniger<br />

aus als früher, als sich je<strong>der</strong> die Bezeichnung zulegen<br />

konnte, „<strong>der</strong> die Verfahren vorwiegend anwendet" (Wortlaut<br />

<strong>der</strong> alten Facharztordnung). Es gab nur wenige Ärzte,<br />

die das taten; sie brauchten Mut dazu, und je<strong>der</strong> wußte,<br />

was mit Naturheilverfahren gemeint war: die Anwendung<br />

von Licht, Luft, Wasser, Bewegung, Massage, Diätetik.<br />

Heute denken we<strong>der</strong> Ärzte noch Patienten beim Stichwort<br />

Naturheilverfahren zuerst an Luft und Wasser, son<strong>der</strong>n<br />

an Nadeln, an elektrische und an<strong>der</strong>e Apparaturen.<br />

Die Kritiker machen es sich allerdings zu einfach, wenn<br />

sie diesen heranwachsenden Berg von neuen Heilmethoden<br />

von vornherein mit dem Odium <strong>der</strong> Scharlatanerie<br />

belegen und alles für Geschäft, Täuschung und Selbsttäuschung<br />

halten. Sie deklarieren zu Außenseiter- und<br />

Paramedizin, was nicht in ihr Denkschema paßt. Mit dieser<br />

Versimpelung för<strong>der</strong>t man nur den ärgerlich wuchernden<br />

Wildwuchs. Denken in neuen Kategorien ist notwendig.<br />

Das wird aber we<strong>der</strong> von den konservativen Kritikern<br />

geleistet noch ausreichend von den Vertretern <strong>der</strong> neuen<br />

Methoden, die sich lieber auf ihre positiven Erfahrungen<br />

332


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

R. Wilhelm, Naturheilkunde<br />

und die allzu simple Weisheit „Wer heilt, hat recht"<br />

zurückziehen.<br />

In <strong>der</strong> DDR wurde zwar immer von oben bestimmt, was zu<br />

gefallen hat. Aber das geschah nicht systematisch mit<br />

großer Linie, son<strong>der</strong>n Zufälle und personelle Konstellationen<br />

spielten ihre Rolle. So kam es durch die Situation um<br />

den alten Berliner Lehrstuhl für Naturheilkunde zu <strong>der</strong><br />

starken Stellung <strong>der</strong> Physiotherapie einerseits; an<strong>der</strong>erseits<br />

gelang es dem Rechtsmediziner Prokop, <strong>der</strong> in den<br />

fünfziger Jahren von Bonn nach Ostberlin gegangen war,<br />

die Homöopathie so zu verpönen, daß es einem Verbot in<br />

<strong>der</strong> DDR gleichkam, während in <strong>der</strong> UdSSR immer homöopathische<br />

Behandlungszentren existierten.<br />

Von den neueren Verfahren, die heute zu den Naturheilverfahren<br />

zählen, sind in <strong>der</strong> früheren DDR etliche schon<br />

seit einigen Jahren gekannt und auch teilweise praktiziert<br />

worden. Aber es besteht Nachholbedarf, echt o<strong>der</strong> vermeintlich,<br />

und man ist bemüht, ihn zu befriedigen. Die<br />

einschlägige Industrie hilft dabei. Diese Entwicklung ist<br />

nicht aufzuhalten. Die zaubernden Apparaturen rollen<br />

Richtung Osten wie Apfelsinen und an<strong>der</strong>e Dinge. Warum<br />

auch nicht.<br />

Aber könnte in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Richtung nicht auch etwas auf<br />

den Weg gebracht werden? Könnte man sich nicht wechselseitig<br />

verständigen und gemeinsam neue Lösungen<br />

suchen? Die Physiotherapie ist doch nichts Sozialistisches,<br />

das „abgewickelt" werden müßte!<br />

Was war positiv an <strong>der</strong> Naturheilkunde <strong>der</strong> DDR?<br />

Das ist vor allem <strong>der</strong> Lehrstuhl. In Westberlin ist 1989 <strong>der</strong><br />

erste Lehrstuhl für Naturheilkunde im gesamten westlichen<br />

Bereich geschaffen worden (Malte Bühring). Der<br />

Lehrstuhl an <strong>der</strong> Ostberliner Humboldt-Universität besteht<br />

seit 1920, als er nach einer Entscheidung des preußischen<br />

Landtages von <strong>der</strong> Regierung mit einem Machtwort<br />

gegen die Fakultät durchgesetzt wurde. Er hieß<br />

damals Lehrstuhl für natürliche Heil- und Lebensweise,<br />

weil man schon im Namen anzeigen wollte, welche Bedeutung<br />

die Naturheilkunde für die vorbeugende Medizin<br />

hat.<br />

Im Bereich des Lehrstuhles mit seinen verschiedenen Kliniken<br />

und Abteilungen für Physiotherapie wurde viel praktische<br />

Arbeit am Patienten geleistet, wissenschaftlich<br />

dokumentiert in Büchern und Fachzeitschriften, die dem<br />

Interessierten auch im Westen fast immer zur Verfügung<br />

standen. Anfang <strong>der</strong> sechziger Jahre erschien das dickleibige<br />

Lehrbuch <strong>der</strong> Physiotherapie des damaligen Lehrstuhlinhabers,<br />

Prof. Paul Vogler. Sein Nachfolger, Prof.<br />

Herbert Krauß, <strong>der</strong> sich ohne Parteibuch mühselig durchsetzen<br />

mußte, veröffentlichte mehrere Bücher, die auch<br />

im Westen verlegt wurden. Er ist seit Jahren Referent in<br />

Freudenstadt und Träger <strong>der</strong> Hufeland-Medaille.<br />

Für die übrige Medizin bedeuteten die 28 Jahre Mauerzeit<br />

weitgehende Isolierung. In <strong>der</strong> Naturheilkunde wurden die<br />

in Jahrzehnten gewachsenen Verbindungen nie ganz zerrissen<br />

und sofort wie<strong>der</strong> enger gekmüpft, als politisches<br />

Tauwetter einsetzte. Beson<strong>der</strong>s Prof. Krauß, den wir gern<br />

als Altmeister <strong>der</strong> deutschen Naturheillkunde apostrophieren,<br />

hat sich nach seiner Emeritienung vom Lehrstuhl<br />

(1974) nachdrücklich um die Verbinidung zwischen Ost<br />

und West bemüht, als das noch mit mancherlei Schwierigkeiten<br />

und Risiken verbunden war. Aber Krauß ist ein<br />

Mensch <strong>der</strong> leisen Töne, und die werden auch unter<br />

Freunden oft schlecht vernommen. Heute kommt dazu<br />

die allgemeine Tendenz, nicht zur Kenntnis zu nehmen,<br />

was im Osten positiv zu werten sein Ikönnte.<br />

Wer und was sollte denn zur Kenntnis genommen werden?<br />

Es geht nicht um Personen, son<strong>der</strong>n um Strukturen<br />

und Wirklichkeiten. Die Naturheilkunde ist 150 Jahrelang<br />

in mißachteter Außenseiterrolle nicht nur deshalb geblieben,<br />

weil sie nicht zum wissenschaftlichen Zeitgeist paßte,<br />

son<strong>der</strong>n weil sie auch nie Gelegenheit bekam, mit zeitgemäßen<br />

Strukturen wissenschaftlich zu arbeiten, wobei<br />

hier wissenschaftlich heißt: Arbeit am Menschen (welche<br />

Medizin immer sein sollte) geistig zu durchdringen ohne<br />

ökonomischen Druck. Der Ostberliner Lehrstuhl ist zwar<br />

nicht mehr die einzige Ausnahme, aber mit seiner<br />

70jährigen Erfahrung hat er einen Vorsprung, <strong>der</strong> so bald<br />

nicht einzuholen ist. Trotz schwieriger Umstände ist dort<br />

gezeigt worden, wie solide Naturheilkunde klinisch geleistet<br />

und begründet werden kann.<br />

Die Klinik allgemein ist in Deutschland zwar immer überbewertet<br />

worden im Verhältnis zum frei nie<strong>der</strong>gelassenen<br />

Arzt, aber es kann nicht bezweifelt werden, daß die Klinik,<br />

im beson<strong>der</strong>en die Universitätsklinik, unerläßlich ist, nicht<br />

nur für den klinikbedürftigen Kranken, son<strong>der</strong>n vor allem<br />

als Ausbildungsbasis für den Arztberuf. Ein entscheiden<strong>der</strong><br />

Grund für die weitgehend chaotischen Verhältnisse<br />

<strong>der</strong> Naturheilkunde ist <strong>der</strong> Mangel an klinischer Basisausbildung<br />

und an Forschung für die Naturheilkunde. Solche<br />

Arbeit wird bisher fast nur auf Kongressen, in Praxen und<br />

Sanatorien geleistet, wo sich starke ökonomische Einflüsse<br />

gar nicht abstrahieren lassen. Die wachsende Konkurrenz<br />

unter den Ärzten verschlimmert die Gefahren.<br />

Jetzt erhalten wir erhebliche klinische Möglichkeiten, die<br />

m.W. noch nicht ausgelotet sind, undl dazu Ärzte und Ärztinnen,<br />

die gelernt haben, klinisch und wissenschaftlich<br />

mit Naturheilverfahren umzugehen. Daß <strong>der</strong> Facharzt für<br />

Physiotherapie nicht ohne weiteres iin unsere gewohnte<br />

westliche Landschaft <strong>der</strong> Weiterbilcdungsordnung paßt,<br />

kann doch nicht Anlaß sein, ihn zu ignorieren o<strong>der</strong> als<br />

Auslaufmodell zu sehen! Man sollte sich ernsthaft überlegen,<br />

was damit anzufangen ist und welche Anregung er<br />

uns für die weitere Entwicklung gibtt! Wenn in nächster<br />

Zukunft — wofür einiges spricht — an den Hochschulen<br />

noch mehr Lehrstühle für Naturheilktunde entstehen, woher<br />

nimmt man die hochschulfähigen Leute? Es bietet<br />

sich an, im Osten zu suchen.<br />

Ich fasse meine Anregungen in folgenden Thesen zusammen:<br />

1. Innerhalb des ZÄN o<strong>der</strong> auch darüber hinausgreifend<br />

sollte man sich aus Ost und West zusammensetzen<br />

333


R. Wilhelm, Naturheilkunde Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

und gründliche Bestandsaufnahme machen: Wie ist<br />

die Sache <strong>der</strong> Naturheilkunde hüben und drüben gelaufen?<br />

Was gehört überwunden und was gehört weiterentwickelt?<br />

Man gebe ein Beispiel für deutsch-deutsches Zusammenwachsen!<br />

2. Wo gibt es in den Ostlän<strong>der</strong>n klinische Plätze für Naturheilkunde,<br />

und wie kann man sie nutzen?<br />

3. Der <strong>Zentralverband</strong> muß sich seiner Bedeutung<br />

bewußt sein und stärker Führungsaufgaben übernehmen:<br />

a) geistig<br />

Es müssen sich kompetente Leute finden, die koordiniert<br />

an den umstrittenen Fragen <strong>der</strong> Naturheilkunde<br />

arbeiten, bis ein tragfähiges Fundament<br />

allgemeine Anerkennung gefunden hat.<br />

b) gesundheitspolitisch<br />

Die Naturheilkunde, die im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t im<br />

deutschsprachigen Mitteleuropa entstand, wird in<br />

ihrer Bedeutung weiter zunehmen. Sie muß ihre Impulse<br />

weiterhin vom Ursprungsboden her bekommen,<br />

und wer sollten die Impulsgeber sein, wenn<br />

nicht die Ärzte, die mit ihr arbeiten?!<br />

c) berufspolitisch<br />

Ideen für die weitere Entwicklung müssen von uns<br />

kommen. Wir müssen die Vorgaben liefern, die politisch<br />

umgesetzt werden sollen. Wir müssen das<br />

Arztbild schaffen, mit dem die Naturheilkunde die<br />

Gesamtmedizin auf Dauer befruchten soll.<br />

Das ist nicht möglich mit unserer jetzigen Zusatzbezeichnung,<br />

die in wenigen Wochen zu erwerben ist.<br />

Die Heilpraktiker verweisen nicht zu Unrecht auf<br />

ihre 2- bis 3jährige Fachschulausbildung, die immerhin<br />

ein Teil von ihnen absolviert. Auch das ist<br />

ein Grund, sich gründlich mit dem ostdeutschen<br />

Facharzt für Physiotherapie zu befassen.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. med. R. Wilhelm, Schmarjestr. 18, D-1000 Berlin 37.<br />

Von <strong>der</strong> wohltuenden Wirkung<br />

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zugleich kohlensäurehaltigen Wassers zu bewahren,<br />

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ausgewiesen. Heute wird die Verpflichtung<br />

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334


M. wiesenauer Behandlungsmöglichkeiten von Prostata-Erkrankungen<br />

Zusammenfassung<br />

Die verschiedenen Prostata-Erkrankungen werden<br />

mit kurz gefaßter Differentialdiagnose dargestellt.<br />

Dabei zeigt sich, daß insbeson<strong>der</strong>e das<br />

Prostatitis-Syndrom sowie das Prostataadenom<br />

einer homöopathischen Behandlung zugänglich<br />

sind; demgegenüber stellen die akute Prostatitis<br />

und vor allem das Prostatakarzinom keine primäre<br />

Indikation für eine Homöotherapie dar,<br />

was jedoch ihren Adjuvanseinsatz dennoch<br />

nicht ausschließt.<br />

Schlüsselwörter: Prostatitissyndrom, Conium,<br />

Sepia, Prostataadenom, Chimaphilia umbellata,<br />

Pulsatilla.<br />

Summary<br />

The various diseases of the prostate gland are<br />

described with concise differential diagnosis. It<br />

shows that in particular the prostatitis syndrome<br />

as well as the adenoma of the prostate gland are<br />

accessible to a homoeopathic treatment; in contrast<br />

thereto the acute prostatitis and above all<br />

the carcinoma of the prostate gland are no primary<br />

indication for any homoeotherapy, but<br />

this does, nevertheless, not exclude its use as<br />

adjuvant.<br />

Key words: prostatitis syndrome, conium, sepia,<br />

adenoma of the prostate gland, Chimaphilia<br />

umbellata, Pulsatilla.<br />

Resume<br />

Les diverses affections de la prostate sont presentees<br />

avec un diagnostic differentiel abrege. II<br />

en ressort qu'en particulier le syndrome de la<br />

prostatite et l'adenome prostatique peuvent etre<br />

traites par l'homeopathie. En revanche, la prostatite<br />

aigue et surtout le carcinome prostatique<br />

ne constituent pas une indication primaire pour<br />

une therapeutique homeopathique, ce qui n'en<br />

exclut toutefois pas l'utilisation comme adjuvant.<br />

Mots-cles: syndrome de prostatite, Conium,<br />

Sepia, adenome prostatique, Chimaphilia umbellata,<br />

Pulsatilla.<br />

Unter den in <strong>der</strong> Praxis häufig zu diagmostizierenden Urogenitalerkrankungen<br />

haben die versclhiedenen Krankheiten<br />

<strong>der</strong> Prostata aus mehreren Gründen eine große Bedeutung.<br />

Gerade auf diesem Krankheiitsgebiet ist eine solide<br />

Diagnostik wesentlich, um die therapeutisch geeigneten<br />

und sinnvollen Schritte einleiten zu können (2).<br />

Akute Prostatitis<br />

Die akute Prostatitis kann durch z.T. sehr unterschiedliche<br />

Infektionswege entstehen (Tab. I). Die Akut-Symptomatik<br />

imponiert durch die rasch auftretenden Miktionsbeschwerden<br />

mit imperativem Harndrang bei abgeschwächtem<br />

Harnstrahl mit schmerzhaftem Urinieren,<br />

des weiteren Schmerz-, Druck- und Spannungsgefühl<br />

in <strong>der</strong> Dammregion. Als parenchymatöse Entzündung<br />

verursacht die akute Prostatitis gravierende Allgemeinsymptome<br />

mit Fieber und Schüttelfrost bei Gefahr <strong>der</strong><br />

Urosepsis (1).<br />

Tab. I: Prostatitis: Infektionswege (nach Altwein).<br />

— urethrogen-aszendierend: Prostato-Urethritis<br />

— duktuiärer Urinreffex: Zysto-Prostatitis<br />

— hämatogen: bakteriämische Prostatitis<br />

— lymphogen: Begleitprostatitis bei Proklitis<br />

Bei <strong>der</strong> rektalen Palpation fühlt sich die Prostata ödematös<br />

vergrößert an; <strong>der</strong> Patient klagt über starke Druckschmerzhaftigkeit<br />

(Nebenbefund: erhöhter Analsphinktertonus).<br />

Leukozyten, Zelldetritus, Schleim und Bakterien<br />

weisen auf den pathologischen Urinbefund hin.<br />

Die Indikation für eine Homöotherapie bei <strong>der</strong> akuten Prostatitis<br />

ist als relativ zu bezeichnen und somit ein Grenzfall.<br />

Bei einem unkomplizierten Verlauf kann jedoch <strong>der</strong><br />

therapeutische Schwerpunkt auf Homöopathika liegen.<br />

Differentialtherapeutisch ist dabei zumächst an die Ätiologie<br />

(„Causa") zu denken, nach <strong>der</strong> ctlas Homöopathikum<br />

zur Anfangstherapie eingesetzt werdesn kann. Beispielhaft<br />

erwähnt seien Solanum dulcamara DQ3 bei Folgen von Unterkühlung<br />

und Durchnässung sowie Arnica montana D6<br />

als Folge von Manipulation und Traujma (3, 4). Bei nicht<br />

eruierbarem Auslöser ist insbeson<strong>der</strong>e an Atropa belladonna<br />

und Mercurius solubilis zu demken.<br />

Atropa belladonna D6 (Dil.) erfaßt diie akut-entzündliche<br />

Phase mit Druck- und Spannungssclhmerz im Dammbereich,<br />

wobei die stark pulsierenden Schmerzen charakteristisch<br />

sind. Weitere Hinweise sind Fieber mit Hitzegefühl<br />

und Röte im Kopfbereich bei kalten Extremitäten.<br />

335


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

M. Wiesenauer, Homöopathie<br />

Mercurius solubilis D12 (Tbl.) ist angezeigt bei schneidenden<br />

Schmerzen mit starkem Harndrang, wobei unter<br />

Schmerzen nur wenige Urintropfen entleert werden können.<br />

Fieber mit starkem Hitzegefühl bei übelriechenden<br />

Schweißen, insbeson<strong>der</strong>e nachts, und allgemeiner Unruhe<br />

sind weitere differentialtherapeutische Hinweise<br />

(Grenze <strong>der</strong> Homöotherapie).<br />

Bei einer solchen Entzündungssymptomatik bewährt sich<br />

auch eine freie Kombination von drei homöopathischen<br />

Einzelmitteln nach Schlüren (9), die gemäß Vorschrift parenteral<br />

appliziert werden (Tab. II). Keinesfalls darf aber<br />

aus diagnostischen Gründen die rechtzeitige Antibiotikatherapie<br />

versäumt werden!<br />

Wichtig ist in jedem Fall die Nachbehandlung, um die Entzündung<br />

im Sinne <strong>der</strong> biologischen Medizin vollständig<br />

auszuheilen; dies ist vor allem wesentlich, wenn es sich<br />

um ein Rezidiv gehandelt hatte (4). Die dabei eingesetzten<br />

Arzneimittel führen zwanglos zum Beschwerdebild<br />

<strong>der</strong> chronischen Prostatitis.<br />

Prostatitis-Syndrom<br />

Die chronische Prostatitis ist kein einheitliches Krankheitsbild<br />

und wird deshalb besser als Prostatitis-Syndrom<br />

bezeichnet. Denn nur in 30% aller Fälle einer chronischen<br />

Prostatopathie liegt eine echte mikrobielle Entzündung<br />

vor. In % <strong>der</strong> Fälle verbirgt sich hinter <strong>der</strong> Pseudodiagnose<br />

„chronische Prostatitis" das vegetative Urogenital-<br />

Syndrom und das anogenitale Syndrom (1).<br />

Gawlik weist deutlich darauf hin, daß die chronische Prostatitis<br />

in ihrer Behandlung sehr undankbar ist. Sulfonamide<br />

und Antibiotika haben kaum eine Wirkung, es müssen<br />

Tab. II: Homöopathische Therapie (nach W, Gawlik). Behandlungsschetna,<br />

1. Monat, also vier Wochen lang:<br />

2. Monat:<br />

Säbel serrulatum<br />

D 4 Dil., 3mal täglich 10 Tropfen<br />

Conium<br />

D 4 Dil., 3mal täglich 10 Tropfen<br />

3. Monat:<br />

Populus<br />

D 4 Dil., 3mai täglich 10 Tropfen<br />

Danach fortfahren mit dem Mittet o<strong>der</strong> den zwei Mitteln, die dem<br />

Patienten am besten geholfen haben.<br />

Außerdem alle 4 Wochen:<br />

1mal Medorrhinum<br />

D 200 Dil,, 5 Globuli auf die Zunge<br />

Bei alten Patienten zusätzlich abends:<br />

Magnesium fluoratum<br />

D 12 Tabletten, 1 Tablette vor dem Schlafengehen'<br />

unspezifische Reizkörpertherapien durchgeführt werden;<br />

Hydrotherapien, Moorbä<strong>der</strong>, Spasmolytika, nicht zu vergessen<br />

eine leichte Kost und Psychotherapie. Nach Möglichkeit<br />

sollten diese Patienten an ihre Krankheit nicht zu<br />

sehr gebunden werden, um zu vermeiden, daß sie sich<br />

selbst schwer krank fühlen (3).<br />

Die Beachtung <strong>der</strong> differenzierten Symptombil<strong>der</strong> läßt<br />

eine homöopathische Behandlung sinnvoll integrieren.<br />

Chimaphila umbellata (Wintergrün; Farn. nat. Pirolaceae)<br />

ist ein organotrop wirkendes Homöopathikum bei rezidivieren<strong>der</strong><br />

Prostatitis und hier insbeson<strong>der</strong>e nach einer<br />

akuten Phase. Wenn etwa eine akute Prostatitis abgelaufen<br />

ist, die antibiotisch und/o<strong>der</strong> homöopathisch behandelt<br />

wurde, dann eignet sich Chimaphila zur Einleitung<br />

<strong>der</strong> Intervalltherapie.<br />

Der Patient berichtet von einem Druckgefühl im Dammbereich,<br />

verbunden mit <strong>der</strong> Empfindung, „als ob man auf<br />

einem Ball sitze" (Fremdkörpergefühl); auch bestehen<br />

Schmerzen beim Wasserlassen. Das Urinsediment kann<br />

pathologisch sein. Chimaphila D4 wird über 4 bis 6 Wochen<br />

mit 3mal täglich 5 Tropfen eingesetzt.<br />

In gewisser Hinsicht komplementär ist Pulsatilla pratensis<br />

(Wiesenküchenschelle; Farn. nat. Ranunculaceae). Trotz<br />

ihrer überwiegend konstitutionell orientierten Anwendung<br />

bei weiblichen Patienten ist <strong>der</strong> Einsatz von Pulsatilla bei<br />

Erkrankungen <strong>der</strong> männlichen Harn- und Geschlechtsorgane<br />

probat. Anamnestisch bestehen gehäufte Katarrhe<br />

<strong>der</strong> Schleimhäute (Atemwege, Magen-Darm-Trakt, Harnwege).<br />

Aktuell klagt <strong>der</strong> Patient über ein Hitze- und Druckgefühl<br />

im Dammbereich. Es besteht ein vermehrter Harndrang,<br />

wobei nur wenig und dann unter Schmerzen Urin gelassen<br />

werden kann. Die Beschwerden werden ausgelöst<br />

und verschlechtern sich durch Kälte und Nässe.<br />

Köhler weist ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, nach<br />

<strong>der</strong> Pulsatilla zur Nachbehandlung einer mit Antibiotika<br />

therapierten Prostatitis eingesetzt werden kann (4). Hierfür<br />

bewährt sich Pulsatilla als D6 o<strong>der</strong> D12 (2mal täglich 5<br />

Tropfen) je nach Beschwerdebild über 4 bis 6 Wochen.<br />

Conium und Sepia: Konstitutiomsbehandlung<br />

In geradezu klassischer Weise wi<strong>der</strong>spiegeln die Arzneimittelbil<strong>der</strong><br />

einiger Konstitutionsmittell das vegetative Urogenital-Syndrom<br />

und das anogenitale Syndrom.<br />

Conium maculatum (gefleckter Sclhierling; Farn. nat.<br />

Apiaceae) besitzt in <strong>der</strong> Homöopathie eine große Bedeutung<br />

für den älteren Menschen. Dabei hat Conium eine<br />

beson<strong>der</strong>e Affinität zu den drüsigem Organen wie auch<br />

zur Vita sexualis. Die Patienten leide n vor allem an einer<br />

Unterdrückung (z.B. Abstinenz) und Nichtbefriedigung<br />

(z.B. Impotenz) ihrer Libido. Es kann Auswirkungen haben<br />

auf das Allgemeinbefinden: Der Patient klagt über<br />

Gedächtnisschwäche, Interesselosigkeit; er ist menschenscheu,<br />

ja selbst apathisch. Er spürt ein inneres Zit-<br />

337


M. Wiesenauer, Homöopathie Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

tern, Schwächegefühl und Schwindelneigung. Im Urogenitalbereich<br />

bestehen Schwellung und Vergrößerung <strong>der</strong><br />

Prostata, auch mit ziehenden Schmerzen im Skrotum und<br />

Penis. Bei guter personotroper Übereinstimmung bewähren<br />

sich LM-Potenzen (VI.: jeden 2. Tag nüchtern 3 Tropfen)<br />

o<strong>der</strong> aber D12 (2mal täglich 5 Tropfen) über längere<br />

Zeit.<br />

Ein ebenfalls bedeutendes Konstitutionsmittel ist Sepia,<br />

das beim Prostatitis-Syndrom mit funktionellen Sexualstörungen<br />

eingesetzt werden kann. Im Sinne einer Sexualneurasthenie<br />

besteht eine verstärkte Libido mit sexueller<br />

Schwäche und nur geringer Erregung. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

nach dem Sexualverkehr verspürt <strong>der</strong> Patient Schmerzen<br />

und Brennen im Genitalbereich sowie Schwächegefühl.<br />

Anamnestisch lassen sich rezidivierende Entzündungen<br />

im Urogenitalbereich feststellen (Epididymitis, Zystitis,<br />

Urethritis, Prostatitis); <strong>der</strong> Tastbefund ergibt eine<br />

schmerzhafte Schwellung <strong>der</strong> Prostata. Sepia (Tintenfisch;<br />

Sepiidae) wird analog zu Conium als LM-Potenz<br />

o<strong>der</strong> aber als D12 eingesetzt.<br />

Differentialtherapeutisch ist insbeson<strong>der</strong>e auf Selenium<br />

und Delphinium staphisagria zu verweisen (6).<br />

Prostataadenom<br />

Mehr als 50% aller Männer über 50 Jahre sind von einem<br />

Prostataadenom betroffen, so daß es den häufigsten gutartigen<br />

Tumor des Mannes darstellt (1). Das Prostataadenom<br />

ist durch die Hormonverschiebung im Climacterium<br />

virile bedingt; die vermin<strong>der</strong>te Androgenproduktion führt<br />

zur Involution <strong>der</strong> Prostata-Drüsen <strong>der</strong> äußeren Zone, die<br />

relativ höhere Östrogenproduktion zum Wachstum <strong>der</strong> inneren<br />

Zone. Vergegenwärtigt man sich diese Histologie,<br />

dann wird es verständlich, daß ein konservatives Therapieren<br />

nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist.<br />

So muß im Stadium III (Dekompensation) in jedem Fall<br />

invasiv-chirurgisch vorgegangen werden (einschließlich<br />

Katheterisierung); beim Stadium II (Restharnstadium)<br />

wird bei operablen Patienten die chirurgische Intervention<br />

empfohlen. Diese Frage gilt es abzuwägen, inwiefern<br />

nicht auch dafür entsprechend die beim Stadium I (Reizstadium)<br />

indizierte Vorgehensweise möglich ist.<br />

In <strong>der</strong> konservativen Behandlung des Prostataadenoms<br />

hat die Phytotherapie ohne Zweifel ihre Effizienz bewiesen<br />

(5). Es gibt aber auch eine Reihe von Homöopathika,<br />

die sich speziell beim Prostataadenom bewährt haben.<br />

Populus und Sabal<br />

Populus tremuloides (Espe; Farn. nat. Salicaceae) gilt in<br />

<strong>der</strong> Behandlung des Stadiums I und beginnenden Stadiums<br />

II als sehr bewährt; Begleitsymptome sind zystitische<br />

Beschwerden wie sie durch Restharnbildung bedingt sein<br />

Tab. III: Homöopathische Behandlung von Prostata-Erkrartkungen.<br />

Übersicht.<br />

Akute Prostatitis<br />

Grenze <strong>der</strong> Homöopathie beachten!<br />

Atropa belladonna, Mercurius solubilis, Lachesis mutus als Mittel<br />

für die entzündliehe1%ase.<br />

Chronische Prostatitis<br />

Chimäphlla umbellata D 4 DU.<br />

Abklingende akute Prostatitis. Druckgefflhl Im Dammbereichj<br />

Fremdkörpergeßht. Pathologischer Urinbefund, auch mit „fadenziehendem<br />

Schleim". "*~~<br />

Beginnendes Prostata-Adenom.<br />

Pulsatilla pratmsis D6, D 12 DU.<br />

Gehäufter Harndrang, wober nur wenig Urin gelassen werden<br />

kann. Schmerz- und Druckgefühl im Damm- und Genitalbe»<br />

reich. Zustand nach Antibiottatherapie. Besehwerdeverschlechterung<br />

und Auslöser durch Kälte und Nässe; anamrtestisch<br />

rezidivierende Schieimhautkataffhe.<br />

Wichtige KonstitutionsmitteU Conium maculatum, Sepia, Defphinium<br />

staphisagria, Selenum,<br />

Prostata-Adenom<br />

Populus tremuloides 02, D 3 DM.<br />

Stadium i und beginnendes Stadium 11 r auch mit zysffiischen<br />

Beschwerden,<br />

Sabal serrulata 0 2, 0 3 DU.<br />

Frühsymptome des Prostataadenoms mit typischem Seschwerdebild.<br />

Nach W. Gawltk bewährt sich folgende Zwischenmedttcation:<br />

Medorrhinum D 200 5 Giob. in Abständen von 4 Wochen;<br />

bei alten Patienten zusätzlich abends Magnesium fluoratum<br />

D 12,1 Tablette.<br />

Wichtige Konstitutionsmittel: AurMrrttnetslMeum {Aurum murlati*<br />

cym natronaturti), Barium carbonicum, Cateium carbonicum.<br />

können. Populus wird insbeson<strong>der</strong>e in tiefen Potenzen<br />

(Urtinktur, D2, D3, D4) mit 3mal täglich 5 bis 10 Tropfen<br />

eingesetzt.<br />

In nahezu gleicher Weise ist Sabal serrulata anzuwenden.<br />

Sabal (Sägepalme; Farn. nat. Palmae) gilt wie in <strong>der</strong> Phytotherapie<br />

als ein Hauptmittel bei Prostata-Erkrankungen.<br />

Auch als Homöopathikum ist es geeignet zur Behandlung<br />

<strong>der</strong> Frühsymptome des Prostataadenoms wie auch im<br />

ersten Stadium bei noch funktioneller Behin<strong>der</strong>ung des<br />

Harnabflusses. Der Patient berichtet dabei von Schmerzen<br />

im Dammbereich, oft auch von einer nächtlichen Pollakisurie.<br />

In <strong>der</strong> Literatur wird Sabal serrulata immer wie<strong>der</strong> als<br />

„homöopathischer Katheter" apostrophiert. Sollte eine<br />

solche Anwendung notwendig sein, kann Sabal serrulata<br />

auch im Wechsel mit Digitalis purpurea gegeben werden<br />

(7). Homöopathisch wird Digitalis purpurea dabei nicht als<br />

Substitutionstherapie wie bei Herzinsuffizienz angewendet.<br />

Digitalis ist dann indiziert, wenn nachts ein häufiger<br />

und schmerzhafter, dabei vergeblicher Drang mit Restharnbildung<br />

besteht (12).<br />

338


Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

M. Wiesenauer, Homöopathie<br />

Praxistip<br />

In didaktisch aufbereiteter Weise spiegelt Tab. III ein Behandlungsschema<br />

wi<strong>der</strong>, das Gawlik aus jahrzehntelanger<br />

Erfahrung heraus entwickelt hat. Dabei ist nach seiner<br />

Meinung mit dieser Medikation in den meisten Fällen ein<br />

guter Erfofg zu erzielen, und es kann bei nicht zu weit fortgeschrittenem<br />

Adenom dem Patienten die Operation<br />

erspart bleiben (3). Einzelheiten über die erwähnten<br />

Homöopathika sind den gängigen Handbüchern zu entnehmen.<br />

Prostatakarzi nom<br />

Das Prostatakarzinom soll im Rahmen dieser Ausführungen<br />

in erster Linie zur Differentialdiagnose erwähnt werden;<br />

es besteht insofern für die Homöopathie allenfalls<br />

eine relative Indikation quasi als adjuvante Therapiemaßnahme.<br />

Hier kann also die Homöopathie im Verbund <strong>der</strong><br />

biologisch orientierten Krebstherapie eine gewisse Rolle<br />

spielen.<br />

Literatur<br />

1. Altwein, J. E.: Urologie. Enke-Verlag, Stuttgart, 1979.<br />

2. Bressel, R.: Urologie des Allgemeinarztes. In: H. Hamm<br />

(Hrsg.): Allgemeinmedizin. 2. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart,<br />

1986.<br />

3. Gawlik, W.: Homöopathie und konventionelle Therapie.<br />

Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1988.<br />

4. Köhler, G.: Lehrbuch <strong>der</strong> Homiöopathie. Band 2.<br />

Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1986.<br />

5. Maiwald, L: Phytotherapie in <strong>der</strong> Praxis. Therapeutikon 2<br />

(1988) 584-585.<br />

6. Mezger, J.: Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre. 5.<br />

Aufl., Haug-Verlag, Heidelberg, 1982.<br />

7. Quilisch, W.: Die Homöopathische Praxis. 2. Aufl.,<br />

Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1982.<br />

8. Ritter, H., G. Wünstel: Homöopathische Propädeutik. 2. Aufl.,<br />

Hippokrates-Verlag, Stuttgart, 1988.<br />

9. Schlüren, E.: Homöopathie in Frauenheilkunde. 5. Aufl.,<br />

Haug-Verlag, Stuttgart, 1988.<br />

10. Stauffer, K.: Homöotherapie. J. Sonntag Verlag, Regensburg,<br />

1965.<br />

11. Wiesenauer, M.: Praxis <strong>der</strong> Homöopathie. Hippokrates-<br />

Verlag, Stuttgart, 1985.<br />

12. Wiesenauer, M.: Erkrankungen des Urogenitaltraktes. Therapeutikon<br />

2 (1988) 586-587.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. med. M. Wiesenauer, Arzt für Allgemeinmedizin, Homöopathie<br />

— Naturheilverfahren, Lehrbeauftragter <strong>der</strong> Universität Ulm,<br />

In <strong>der</strong> Geiss 8, D-7056 Weinstadt 5.<br />

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erst in Kombination mit gezielter Gymnastik, Elektrotherapie,<br />

Packungen etc. entfaltet Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> 39 Schmerzzustande wird<br />

von seiner Lokahsation, seinen Ausstrahlungen und Eigenarten<br />

sowie von seiner Begleitsymptomatik her beschrieben Die Therapieanweisungen<br />

benennen alle Reflexzonen, die oft weit ab<br />

vom Ort des Geschehens liegen, und erläutern die jeweils wirksamste<br />

Massagetechnik<br />

7 Farbfotos verdeutlichen den Text<br />

Da dieses Buch für den Praktiker konzipiert ist, wurde eine zweifache<br />

Glie<strong>der</strong>ung vorgenommen. Erstens Auffacherung von akuten<br />

und chronischen Schmerzen, wobei 5 Kategorien unterschieden<br />

werden, zweitens die Kapitel: senkrechte Lumbalgien auf<br />

<strong>der</strong> Mittellinie, ein- und beidseitig senkrechte Lumbalgien, einund<br />

beidseitig waagerechte Lumbalgien sowie ein- und beidseitige<br />

Ischialgien<br />

Der Autor, Masseur und med. Bademeister, fuhrt seit 1977 Lehrgange<br />

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339


3. Symposium Sportmedizin — Sporttherapie „Das Kniegelenk"<br />

6. bis 8. Juli 1990 in Bad Hersfeld<br />

Das Symposium kann als deutsches Modell für interdisziplinäre<br />

Fortbildung angesehen werden<br />

Die Thematik wurde von 34 namhaften Referenten des Inund<br />

Auslandes bestritten<br />

Die angesprochene Problematik bezog sich vom Hochleistungssport<br />

bis zum Breitensport<br />

Dabei wurden, bezogen auf das Kniegelenk, biomechanische,<br />

physiologische, pathophysiologische, verletzungsmechanische,<br />

diagnostische sowie therapeutisch-rehabihtative<br />

und trainingsmethodische Aspekte interdisziplinär<br />

angesprochen und gemeinsam diskutiert<br />

Das Symposium wurde vom wissenschaftlichen Leiter,<br />

Dr med Becker (Bad Hersfeld), eröffnet Er wies noch<br />

einmal darauf hin, welchen beson<strong>der</strong>en Wert gerade die<br />

interdisziplinäre Vorstellung und Diskussion für die umfassende<br />

Darstellung <strong>der</strong> Thematik haben<br />

Dr Leopold (Bad Salzungen) sprach einleitend zu Aspekten<br />

<strong>der</strong> sportmedizinischen Betreuung in <strong>der</strong> DDR Es<br />

wurden die Entwicklung <strong>der</strong> sportärztlichen Betreuung<br />

und <strong>der</strong> Aufbau des Sportmedizinischen Dienstes sowie<br />

die Hauptarbeitsrichtungen vorgestellt Dabei wurde die<br />

bevorzugte einseitige Leistungssportorientierung hervorgehoben<br />

Es schloß sich die Darstellung des Aufgabenspektrums<br />

eines Kreissportarztes an<br />

Die zukunftigen Aufgaben <strong>der</strong> Sportmedizin sollten sich<br />

beson<strong>der</strong>s auf den Breiten- und Leistungssport sowie auf<br />

den Gesundheitssport, Therapie- und Rehabilitationssport<br />

orientieren<br />

Prof Dr Scheibe (Jena) sprach zur Behandlung von<br />

sportbedingten Schädigungen am Kniegelenk In seinem<br />

Ubersichtsreferat wurden die wesentlichsten diagnostischen<br />

und therapeutischen Maßnahmen vorgestellt<br />

Das Kniegelenk als meistbelastetes Gelenk im Sport ist<br />

entsprechend <strong>der</strong> Sportart vermehrten Stauchungs-,<br />

Druck-, Scher- und Dauerbelastungen ausgesetzt<br />

Bei <strong>der</strong> zielgerichteten Behandlung ist die richtig gestellte<br />

Diagnose eine wichtige Voraussetzung (Unfallhergang,<br />

klinische Beschwerden, Schuhabrieb u a)<br />

Die wichtigsten sportbedingten Schädigungen sind die<br />

Chondropathie, das Patellaspitzensyndrom, <strong>der</strong> Gelenkerguß,<br />

die Bandlasion und die Arthrose<br />

Auf die wesentlichen Begleitsymptome, diagnostische<br />

Verfahren und konservative Therapieverfahren wurde eingegangen<br />

Stemau (Aachen) stellte in seinem Ubersichtsreferat allgemeine<br />

und spezielle trainingsmethodische Grundlagen<br />

vor Ziel eines muskulären Aufbautrainings beinhaltet den<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Afferenzen, die Anbahnung und Innervationsschulung,<br />

die Verbesserung <strong>der</strong> intra- und intermuskularen<br />

Koordination, den Aufbau <strong>der</strong> Muskelmasse,<br />

die Erweiterung <strong>der</strong> Kraftausdauer, die Verbesserung <strong>der</strong><br />

neuromuskularen Qualität sowie das Alltags- und sportartspezifische<br />

Koordinationstraining<br />

Zur Entwicklung <strong>der</strong> Kraftausdauer sollte die Intensität<br />

50% <strong>der</strong> Maximalkraft betragen Außerdem sind 5 bis 12<br />

Wie<strong>der</strong>holungen und 3 bis 5 Serien zu planen Die Pausen<br />

sollten nicht kurzer als 3 min sein<br />

Die Vor- und Nachteile des isometrischen Trainings (kurze<br />

Belastungszeit, Einbezug kleiner Muskeln, keine For<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Muskelausdauer und Koordination u a) und<br />

des dynamischen Trainings (gute Ausdauer- und Konditionsschulung,<br />

geringer Kraftzuwachs u a) wurden vorgestellt<br />

Aus pädagogischer Sicht sind beim Rehabihtationstraining<br />

u a die Abnahme <strong>der</strong> Bewegungsangst, die Kenntnisvermittlung<br />

des Therapiezieles (erhöhte Comphance)<br />

und die Schulung <strong>der</strong> Korperwahrnehmung sowie Sensibilität<br />

in den Vor<strong>der</strong>grund zu stellen<br />

Bei <strong>der</strong> Kniegelenkrehabilitation sind 3 bis 4 TE/Woche<br />

vorzusehen<br />

Glitsch (Köln) und Prof Dr Koebke (Köln) gingen auf morphologische<br />

Strukturen und funktionelle wie biomechanische<br />

Aspekte am Kniegelenk ein<br />

Durch die Spezifik gelenkbilden<strong>der</strong> Elemente kommt es<br />

zu einer speziellen natürlichen Beanspruchung, die in ihrem<br />

Maximum in <strong>der</strong> Mitte des Gelenkes liegt Bei dem<br />

Sporttreiben kommt dann noch die sportliche Belastung<br />

dazu, die — differenziert nach den Sportarten — sagittal,<br />

frontal und transversal auftreten können<br />

Das Kniegelenk stellt somit nicht nur das größte, son<strong>der</strong>n<br />

auch das komplizierteste Gelenk dar<br />

Deshalb treten auch 25% aller Sportverletzungen am<br />

Kniegelenk auf<br />

Bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Beanspruchung sind biomechanisch<br />

u a die vertikale Bodenreaktionskraft, die Gelenkund<br />

Netomomente sowie die Patellasehnenkrafte zu<br />

berücksichtigen Durch eine entsprechende Wahl <strong>der</strong><br />

Sportboden kann die Belastung auf das Kniegelenk gesteuert<br />

werden (Tartanbahn stellt die höchste Belastung<br />

dar)<br />

Die Gelenke <strong>der</strong> unteren Extremitat werden auch sportartspezifisch<br />

unterschiedlich belastet So liegt die Beanspruchung<br />

beim Sprung mehr auf dem Kniegelenk und beim<br />

Laufen mehr auf dem Sprunggelenk<br />

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in Apotheken<br />

340


Kongreßberichte<br />

Als praktische Hinweise zur Entlastung des Kniegelenkes<br />

sollte man Tiefkniebeugen vermeiden, die Sprunghöhe<br />

niedrig wählen, auf flache Fußaufsätze achten, Landematten<br />

benutzen, ein richtiges Schuhwerk wählen und die<br />

Bewegungsausführung ständig korrigieren.<br />

Dr. Herrmann (Frankfurt) erörterte die klassischen Untersuchungsmethoden<br />

(klinische, apparative) und hob hervor,<br />

daß sich für die Beurteilung <strong>der</strong> Kreuzbän<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Lachmann-Jes\ sehr bewährt hat. Er stellte einen EDVgerechten<br />

spezifischen Dokumentationsbogen für das<br />

Kniegelenk vor. Prof. Dr. Vogel (Hamburg) gab einen<br />

Überblick über die Indikation, Technik und Aussagefähigkeit<br />

<strong>der</strong> Doppelkontrast-Arthrographie.<br />

Sie kann die Menisken, den Gelenkknorpel, die Bän<strong>der</strong>,<br />

den Knochen, den Rezessus und die Synovia beurteilen.<br />

Weiterführende Verfahren stellen die Schnittbildverfahren<br />

(Computer- und Kernspintomographie) dar.<br />

Es bestehen heute bei <strong>der</strong> Arthrographie kaum nennenswerte<br />

Risiken.<br />

Dr. Schain (Hannover) ging auf pathophysiologische<br />

Aspekte des Gelenkknorpels ein.<br />

Die Verän<strong>der</strong>ungen des Gelenkknorpels stellen die häufigste<br />

Erkrankung am Kniegelenk dar.<br />

Bei <strong>der</strong> Beurteilung des Gelenkknorpels muß man jedoch<br />

das Gelenk als funktioneile Einheit betrachten, um keine<br />

Fehlbeurteilung zu provozieren. So haben z.B. die Chondrozyten<br />

einen komplizierten Versorgungsweg (synovialer<br />

Transitweg, subchondrale Knochenzone), <strong>der</strong> vielfältig<br />

gestört werden kann.<br />

Eine Arthrosis im Kniegelenk kann durch Adipositas, Bewegungsmangel,<br />

Überlastungen und Traumata geför<strong>der</strong>t<br />

werden. Dr. Nolte (Straubing) stellte die konservativen<br />

und operativen Methoden bei <strong>der</strong> Gonarthrose gegenüber.<br />

Generell sollten zuerst die konservativen Maßnahmen<br />

(Physiotherapie, Pharmakotherapie) ausgeschöpft<br />

werden.<br />

Als operative Maßnahme kommen die arthroskopische<br />

Therapie (Knorpelglättung, Probenentnahme u.a.), die<br />

Umstellungsosteotomie und die prothetische Versorgung<br />

in Frage.<br />

Dr. Sattler (Bad Homburg) gab eine Einschätzung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> zweidimensionalen Arthrosonographie.<br />

Sie stellte eine wichtige ergänzende Methode dar.<br />

Es bestehen praktisch keine Kontraindikationen.<br />

Beurteilt werden können Arthrosen, Arthritiden, Bursitiden,<br />

Sa/cer-Zysten, Morbus Schlauer, Osteochondrosis<br />

dissecans, Patellaspitzensyndrom, Gelenktumoren (Sipon,<br />

Fibrom, Lymphangiom, Metastasen u.a.), arteriosklerotische<br />

Prozesse und teilweise Meniskus- sowie<br />

Kreuzbandläsionen (echoarm).<br />

Dr. de Bout (Sendenhorst) erörterte die wesentlichen<br />

Möglichkeiten für die Knieprothesen (LCS-Knie) unter Beachtung<br />

einer möglichst guten Bandstabilität.<br />

Neben den verschiedenen Techniken wurden auch zahlreiche<br />

Therapieverläufe vorgestellt.<br />

Dr. Haus (München) machte Ausführungen zur Innvervation<br />

des vor<strong>der</strong>en Kreuzbandes. Es wird durch efferente<br />

und afferente Nerven innerviert.<br />

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zwei Vorteile hat:<br />

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Wasserbindungsvermögen<br />

(Quellzahl 60-100),<br />

-die enzymatische und bakterielle<br />

Nichtabbaubarkeit.<br />

• besitzt hohe Sättigungskraft.<br />

• verhin<strong>der</strong>t negative Sekundäreffekte<br />

<strong>der</strong> Diät.<br />

• zeigt keine Wirkung auf ZNS,<br />

Herz-/Kreislaufsystem o<strong>der</strong><br />

Psychomotorik.<br />

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Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 341


Kongreßberichte<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

Als terminale Nervenstrukturen sind die freien Nervenendigungen,<br />

die Pacini- und fluff/n/'-Körperchen bekannt. Sie<br />

überwachen die biomechanischen Modalitäten im Kniegelenk<br />

(Größe <strong>der</strong> Zugkraft, Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kraftrichtung<br />

und Zugkraft, Anzeige <strong>der</strong> Gelenkbewegung u.a.).<br />

Aus diesem Grunde sollte zur Erhaltung des neurophysiologischen<br />

Regelkreises möglichst das vor<strong>der</strong>e Kreuzband<br />

geschont werden. Bei Ausfall ist ein neurophysiologisches<br />

Trainingsprogramm erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Dr. Singewald (Hannover) berichtete über Erfahrungen<br />

bei <strong>der</strong> Rehabilitation nach Rekonstruierung des vor<strong>der</strong>en<br />

Kreuzbandes.<br />

Ziel <strong>der</strong> Rehabilitation ist es, die mechanische Stabilisierung<br />

zu erreichen, die Gelenkfunktion zu verbessern und<br />

Folgeschäden zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Die funktionelle Nachbehandlung umfaßt die unmittelbare<br />

postoperative Phase (Bewegungsschiene) und die Aufbauphase,<br />

wo die Schulung des Bewegungsgefühls und<br />

Balance, die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kraft, Ausdauer und Koordination<br />

sowie die Korrektur des Gangbildes im Vor<strong>der</strong>grund<br />

stehen.<br />

Dr. Schießler (Nürnberg) und Dr. Jensen (Gießen) gingen<br />

auf verschiedene Techniken und Implantationskriterien<br />

beim vor<strong>der</strong>en Kreuzband (Notch-Plastik, Semitendineusschlinge)<br />

sowie auf die Transplantationsergebnisse ein.<br />

Die Indikation wird dabei beeinflußt durch das Patientenalter,<br />

die Aktivitätsstufe (Breitensport, Leistungssport<br />

u.a.) und den Verletzungstyp.<br />

Beide operative Methoden erreichten im Lysholm-<br />

Punkteschema eine hohe Bewertung. Die Vor- und Nachteile<br />

dieser Methoden und die spezifischen Rehabilitationsmaßnahmen<br />

wurden vorgestellt.<br />

Durch Prof. Dr. Ramotowsky (Warschau) wurde ein neuartiges<br />

Osteosyntheseverfahren gezeigt, das eine spezielle<br />

gewebeschonende Technik verwendet (ALTO-TIX).<br />

Dabei werden äußere Spanner mit Schrauben durch die<br />

Weichteile im Knochen angelegt, so daß zusätzliche operative<br />

Weichteilverletzungen vermieden werden können.<br />

Herr Meissner (Fulda) erörterte ein medizinisches Aufbautraining<br />

nach Immobilisation am Kniegelenk bis zur Sport-<br />

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fähigkeit. Das Hauptprinzip ist dabei die Mobilisation bei<br />

gleichzeitiger Stabilisierung <strong>der</strong> Gelenkstrukturen. Er teilte<br />

die Rehabilitation in vier wesentliche Phasen ein:<br />

1. Phase = manuelle Behandlung<br />

2. Phase = Bewegungsschulung<br />

3. Phase = Aufbau <strong>der</strong> konditionellen Voraussetzungen<br />

(statische, dynamische Kraftübungen)<br />

4. Phase = sportartspezifisches koordinatives und konditionelles<br />

Training<br />

Danach sprach Prof. Dr. Kust (Warschau) zu möglichen<br />

Nervenläsionen bei <strong>der</strong> operativen Versorgung <strong>der</strong> unteren<br />

Extremität (N. peroneus, N. saphenius u.a.).<br />

Prof. Dr. Wünsche (Nürnberg) und Dr. Erbel (Köln) gingen<br />

auf die Pathomorphologie akuter und chronischer Meniskusschäden,<br />

auf das diagnostische Spektrum, die operative<br />

Indikationsstellung, die verschiedenen operativen<br />

Techniken sowie die postoperative Prognose ein.<br />

Die übersichtliche Darstellung faßte anschaulich den bisherigen<br />

Erkenntnisstand zusammen.<br />

Am Schluß des Symposiums wurden noch zwei übergreifende<br />

Themen abgehandelt, die sich spezifisch auf die<br />

Sportmedizin ausrichteten.<br />

Dr. Greke (Frankenberg/E<strong>der</strong>) stellte die Möglichkeiten<br />

und Grenzen <strong>der</strong> sportmedizinischen Tätigkeit bei einem<br />

nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt vor.<br />

Dr. Classing griff das delikate Dopingproblem auf und<br />

stellte fest, daß dieser Aspekt nicht nur im Leistungssport,<br />

son<strong>der</strong>n auch in bestimmten Sportarten des Breitensports<br />

eine gewisse Rolle spielt (Bodybuilding).<br />

Über das Referateprogramm hinaus wurde ein Workshop<br />

durchgeführt, wo den Teilnehmern trainingsmethodische<br />

Aspekte im Rehabilitationssport nach Verletzungen im<br />

Kniegelenk vorgestellt wurden und wo die Möglichkeit bestand,<br />

die praktische Handhabung <strong>der</strong> Arthroskopie am<br />

Phantomknie zu erlernen. Außerdem wurde die Tape-<br />

Technik für die untere Extremität vorgestellt.<br />

Das wissenschaftliche und praktische Programm wurde<br />

durch eine umfangreiche Industrieschau ergänzt.<br />

Zur Auflockerung und zum gegenseitigen Kennenlernen<br />

wurde am ersten Abend für die Symposium-Teilnehmer<br />

ein Waldhessen-Abend organisiert, wo es neben einer<br />

Spezialitätenküche aus Osthessen zahlreiche kulturelle<br />

Darbietungen (Volkstanz, Kunstradfahren, Karate u.a.)<br />

gab.<br />

Es bestand auch die Möglichkeit, die gleichzeitig stattfindenden<br />

Bad Hersfel<strong>der</strong> Festspiele (Faust 1, Kohlhaas) in<br />

<strong>der</strong> Stiftsruine zu besuchen.<br />

Den Abschluß des Symposiums bildete am Sonntag ein<br />

Tennis-Turnier um den „Julius-Pokal".<br />

Für 1991 ist ein weiteres interdisziplinäres Symposium<br />

vorgesehen (5. bis 7. Juli 1991), das sich beson<strong>der</strong>s mit<br />

dem Hüftgelenk und den arteriellen Durchblutungsstörungen<br />

beschäftigen wird.<br />

Die schöne Umgebung und die komfortablen Kongreßbedingungen<br />

in Bad Hersfeld haben den Aufenthalt und den<br />

Erfolg des Symposiums wesentlich beeinflußt.<br />

W. Bringmann<br />

342


Pressegespräch zur Thematik<br />

„Messen <strong>der</strong> Hirndurchblutungsstörungen"<br />

(Bedeutung für Diagnostik<br />

und Therapie)<br />

„Schlaganfall — eine typische Zivilisationskrankheit", in<br />

diesem Referat sagte Prof. Dr. K. Einhäupl (München)<br />

u.a. folgendes:<br />

Zerebrovaskuläre Erkrankungen bilden die dritthäufigste<br />

Todesursache in den westlichen Industrielän<strong>der</strong>n nach<br />

Herzinfarkt und Krebs. Zirka 350000 Bundesbürger erleiden<br />

jährlich einen Schlaganfall, mehr als 100000 von ihnen<br />

sterben daran. Patienten, die einen Schlaganfall<br />

überlebten, bleiben oft lebenslang behin<strong>der</strong>t.<br />

In den meisten Fällen ist ein Schlaganfall ein akutes Geschehen,<br />

das innerhalb von Minuten seine volle Ausprägung<br />

erhalten kann. Je nach Schwere des Ereignisses<br />

und in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Lokalisierung im Gehirn<br />

kommt es in <strong>der</strong> Folge entwe<strong>der</strong> zum Tode o<strong>der</strong> zu Lähmungen,<br />

Bewußtseinsverlust, kommunikativen Störungen,<br />

Wahrnehmungsstörungen, Störungen <strong>der</strong> Sehfähigkeit<br />

und zum Verlust <strong>der</strong> motorischen Kontrolle, erwähnte<br />

Einhäupl.<br />

Die Formen des Schlaganfalls sind folgende: Im klinischen<br />

Sprachgebrauch wird für die Charakterisierung <strong>der</strong><br />

zerebralischämischen Zustände zwischen <strong>der</strong> transitonschen<br />

ischämischen Attacke (TIA), dem prolongierten<br />

reversiblen neurologischen Defizit (PRIND) und dem kompletten<br />

Schlaganfall unterschieden.<br />

Bei einer TIA handelt es sich um eine vorübergehende<br />

Durchblutungseinschränkung in einem Teil des Gehirns.<br />

Zu den Symptomen zählen Taubheit o<strong>der</strong> Schwäche in<br />

einem Arm o<strong>der</strong> Bein, Verlust des Sehvermögens auf einem<br />

Auge o<strong>der</strong> in einem bestimmten Blickfeld, Verlust<br />

<strong>der</strong> Sprache o<strong>der</strong> des Sprachverständnisses und Schwindelgefühl.<br />

Eine TIA darf definitionsgemäß nicht länger als<br />

24 Stunden andauern. Zeigen sich die Symptome länger<br />

als einen Tag, jedoch kürzer als eine Woche, spricht man<br />

von einem PRIND. Die beiden Hauptgruppen des Schlaganfalls<br />

sind die ischämischen und die hämorrhagische<br />

Form. Ischämische Schlaganfälle, die ungefähr 80 Prozent<br />

<strong>der</strong> Fälle ausmachen, werden durch ein Blutgerinnsel<br />

verursacht, das die Zirkulation in einem o<strong>der</strong> mehreren<br />

Blutgefäßen unterbricht.<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> ischämischen Schlaganfälle sindthromboembolisch.<br />

Ursache ist ein Thrombus, <strong>der</strong> sich entwe<strong>der</strong><br />

in einer Arterie, die zum Gehirn führt, in einem Hirngefäß<br />

o<strong>der</strong> an irgendeiner Stelle des Gefäßsystems gebildet<br />

hat und durch den Blutstrom zum Gehirn gelangt ist. Ein<br />

kleinerer Teil <strong>der</strong> ischämischen Schlaganfälle entsteht<br />

lakunär auf dem Boden einer Gefäßblockade in sehr kleinen<br />

Blutgefäßen im Gehirn, die durch verschiedene<br />

Krankheiten verursacht sein kann.<br />

Hämorrhagische Schlaganfälle entstehen als Folge von<br />

Blutungen aus geplatzten Blutgefäßen. Intrazerebrale<br />

Schlaganfälle, bei denen die Blutung innerhalb des Gehirns<br />

erfolgt, werden von Subarachnoidalblutungen, bei<br />

denen es zu Blutungen zwischen Gehirn- und Schädel-<br />

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Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 343


Kongreßberichte<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.<br />

wand kommt, unterschieden. Hämorrhagische Schlaganfälle<br />

können auf zwei Arten zu Schädigungen führen: einmal<br />

durch Entzug <strong>der</strong> normalen Durchblutung und zum<br />

an<strong>der</strong>en durch Druckausübung auf das Hirngewebe.<br />

Die Risikofaktoren sind sehr vielseitig. Einer <strong>der</strong> Hauptrisikofaktoren<br />

für die Entstehung des Schlaganfalls ist <strong>der</strong><br />

über lange Zeit hinweg erhöhte Blutdruck. Ein unbehandelter<br />

Bluthochdruck führt dazu, daß die Wände <strong>der</strong> Arterien<br />

an Elastizität verlieren und die Wi<strong>der</strong>standskraft <strong>der</strong><br />

Gefäßwände abnimmt. Bei plötzlichem Blutdruckanstieg,<br />

kann dann ein Blutgefäß platzen und es zu einer Hirnblutung<br />

kommen.<br />

Frühere Schlaganfälle, vorausgegangene TIA und kardiale<br />

Krankheiten, wie zum Beispiel entzündliche Herzklappenkrankheiten<br />

und Vorhofflimmern, erhöhen das<br />

Schlaganfallrisiko. Auch die Zuckerkrankheit, <strong>der</strong> Diabetes<br />

mellitus, begünstigt, wenn er schlecht eingestellt ist,<br />

die Entstehung eines Schlaganfalls. Als weiterer Risikofaktor<br />

ist das Rauchen anzusehen. Nikotin för<strong>der</strong>t die Entstehung<br />

<strong>der</strong> Atherosklerose und erhöht den Blutdruck.<br />

Und auch hohe Cholesterinwerte im Blut, die eng mit <strong>der</strong><br />

Entstehung <strong>der</strong> Atherosklerose verbunden sind, steigern<br />

das Risiko eines Schlaganfalls.<br />

— hpl —<br />

45. Tagung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten<br />

3. bis 6. Oktober 1990 in Essen<br />

Auf <strong>der</strong> Tagung war zu erfahren, daß<br />

— die nicht-ulzeröse Dyspepsie, auch als Reizmagen bekannt,<br />

eine Erkrankung ist, die in <strong>der</strong> täglichen Praxis oft<br />

zum Problem wird. Heute besteht die Tendenz, sie in<br />

mehrere Gruppen einzuteilen, nämlich in einen Säuretyp<br />

mit Beschwerden, die ähnlich sind wie bei einem Ulkus<br />

o<strong>der</strong> bei einer gastroösophagealen Refluxerkrankung,<br />

und in eine etwas größere Gruppe, die Zeichen einer gestörten<br />

Magenentleerung aufweist.<br />

Wahrscheinlich ist die Motilität bei diesen beiden Gruppen<br />

gestört und für das Beschwerdebild <strong>der</strong> Patienten<br />

verantwortlich, bei denen sich eine antrale Hypomotilität<br />

sowie Störungen <strong>der</strong> antroduodenalen Koordination nachweisen<br />

lassen. Aufgrund dieses Pathomechanismus kann<br />

man erwarten, daß Prokinetika bei <strong>der</strong> symptomatischen<br />

Behandlung dieser Beschwerden effektiv sind. Dies geht<br />

u.a. aus einer Studie von Rösch hervor, <strong>der</strong> zwar auch<br />

durch Plazebo bei einer Reihe von Patienten eine Besserung<br />

erzielen konnte, doch wurde mit dem Prokinetikum<br />

Cisaprid eine vergleichsweise schnellere Abheilung erreicht;<br />

auch ältere Prokinetika wie Metoclopramid können<br />

bei dieser Indikation eingesetzt werden.<br />

Seltener, aber auch schwerwiegen<strong>der</strong> als die Dyspepsien<br />

sind die als Spätkomplikation eines Diabetes mellitus im<br />

Rahmen einer Neuropathie auftretenden Gastroparesen.<br />

Bei diesen Patieten findet sich manometrisch eine Amotilität<br />

zwischen Antrum und Duodenum, die längere Zeit anhält.<br />

Nach Verabreichung von Cisaprid kommt es bereits<br />

innerhalb von 15 Minuten zu kräftigen Kontraktionen, in<br />

einer Studie aus <strong>der</strong> Mayo-Klinik konnte gezeigt werden,<br />

daß im Vergleich zu Plazebo diese Substanz sowohl die<br />

Entleerung flüssiger als auch fester Nahrungsbestandteile<br />

deutlich beschleunigt und daß dieser Effekt auch nach<br />

6 Wochen unverän<strong>der</strong>t vorhanden ist.<br />

Vor kurzem wuirde die überraschende Beobachtung gemacht,<br />

daß das altbekannte Makrolid-Antibiotikum Erythromycin<br />

als Miotilin-Agonist wirkt und eine kräftige Magenentleerung<br />

in Gang setzen kann. Erythromycin bindet<br />

an die Rezeptoren des Peptidhormons Motilin und dürfte<br />

über diesen Mechanismus zur Wirkung gelangen. Eine<br />

kürzlich in den USA veröffentlichte Studie hat den Effekt<br />

dieser Substanz in niedrigen, subantibiotisch wirkenden<br />

Dosierungen geprüft, es fand sich auch bei Patienten mit<br />

Gastroparese eine beschleunigte Magenentleerung. Im<br />

Gegensatz zu Cisaprid ist die Wirkung von Erythromycin<br />

jedoch auf die gastroduodenale Region beschränkt. Es<br />

handelt sich hier um ganz neue Befunde, die noch überprüft<br />

werden müssen, bevor sich daraus therapeutische<br />

Empfehlungen ableiten lassen. (P. Layer, Essen)<br />

— die zur Prophylaxe von Streßblutungen bei Intensivpatienten<br />

eingesetzten Substanzen, nämlich H2-Blocker, Pirenzepin,<br />

Sucralfat und Antazida, mit wenigen Ausnahmen<br />

etwa gleich wirksam sind. Die Ausnahmen betreffen<br />

Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma und mit spinalen<br />

Läsionen, hier ist Pirenzepin den Hz-BJockern offenbar<br />

überlegen. Bei vergleichbarer Effektivität mehrerer Medikamente<br />

kommt <strong>der</strong>en Nebenwirkungen vorrangige Bedeutung<br />

zu. Es geht hier vor allem um die Frage, ob und<br />

wieweit eine Streßblutungsprophylaxe mit H2-Antagonisten<br />

o<strong>der</strong> mit Antazida zu einer Erhöhung <strong>der</strong> Pneumonierate<br />

führt. Ursache dieser Diskussion war die Beobachtung,<br />

daß es in direkter Korrelation zum Magensaft-pH zu<br />

einer Keimbesiedlung des Magens kommt, vor allem mit<br />

gramnegativen Keimen. Oberhalb eines Grenzwertes, <strong>der</strong><br />

bei einem pH von etwa 4 liegt, findet man nur noch bei<br />

20% <strong>der</strong> Patienten einen sterilen Magensaft. Bei primär<br />

saurem Magensaft kommt es unter <strong>der</strong> üblichen Dosierung<br />

eines H2-Blockers bei 8 von 10 Patienten innerhalb<br />

von 24 Stunden zu einem Anstieg des pH-Wertes von<br />

deutlich über 4, während dies unter Pirenzepin nur bei 1<br />

von 10 Patienten <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Beim Vergleich zwischen Antazida und Sucralfat fand<br />

Dirks unter dem letzteren signifikant weniger Besiedlungen<br />

des Magensafts als unter einer Antazida-Prophylaxe.<br />

344


Kongreßberichte<br />

Bei einer Meta-Analyse fand sich beim Vergleich<br />

zwischen Sucralfat und Antazida eine mit etwa 40% signifikante<br />

Reduktion <strong>der</strong> Pneumonierate unter dem Schleimhautprotektivum<br />

Sucralfat; ein Vergleich mit H2-<br />

Antagonisten führte zu ähnlichen Ergebnissen. Es gibt<br />

allerdings zwei Studien, die hier aus dem Rahmen fallen<br />

und bei denen die Pneumonierate unter H2-Blockem geringer<br />

lag als unter Sucralfat.<br />

Wenn es hier Unterschiede gibt und wenn eine medikamentöse<br />

Verringerung <strong>der</strong> Pneumonierate nicht in allen<br />

Studien nachweisbar ist, so läßt sich dies damit erklären,<br />

daß die Entwicklung einer Pneumonie bei Intensivpatienten<br />

von einer Reihe von Faktoren abhängt. Hierzu zählen<br />

u.a. die Dauer <strong>der</strong> Beatmung, die Schwere <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung,<br />

eine notwendige enterale Ernährung sowie<br />

das Vorliegen einer Magen-Darm-Atonie. Bei nichtbeatmeten<br />

Patienten und bei solchen mit min<strong>der</strong>schwerer<br />

Grundkrankheit ist mit einer niedrigen Pneumonierate zu<br />

rechnen, hier bringt eine Prophylaxe mit Sucralfat, Antazida<br />

o<strong>der</strong> hb-Blockem keinen therapeutischen Gewinn. (M.<br />

Tryba, Bochum)<br />

— bei <strong>der</strong> Behandlung eines durch Leberzirrhose verursachten<br />

Aszites mit dem klassischen Schleifendiuretikum<br />

Furosemid innerhalb von 30 Minuten ein maximaler natriuretischer<br />

Effekt erreicht werden kann, <strong>der</strong> aber dann<br />

über eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-<br />

Systems wie<strong>der</strong> gegenreguliert wird. Dabei kommt es zu<br />

einem Rebound-Effekt, d.h., die Patienten haben in <strong>der</strong><br />

danach folgenden Zeit eine geringere Natriumausscheidung.<br />

Zu den Neuentwicklungen auf diesem Gebiet gehört<br />

das (noch nicht im Handel befindliche) Torasemid,<br />

ein Schleifendiuretikum vom Furosemidtyp, welches sich<br />

durch einen protrahierten Wirkmechanismus und durch<br />

eine etwas an<strong>der</strong>e Kinetik auszeichnet. Aufgrund pharmakodynamischer<br />

Untersuchungen kann man davon ausgehen,<br />

daß diese Substanz für die Behandlung des Aszites<br />

besser geeignet ist, weil sie nicht zu einem Rebound-<br />

Effekt führt, doch gibt es hierzu bislang noch keine klinischen<br />

Daten.<br />

Unabhängig davon, welches <strong>der</strong> neuen o<strong>der</strong> auch nicht<br />

mehr ganz so neuen Diuretika man verwendet, man<br />

kommt in den verschiedenen Studien immer zu gleichen<br />

Resultaten: Wenn Aszites-Patienten mit einem Schleifendiuretikum<br />

vom Typ des Piretanid in <strong>der</strong> üblichen Dosis<br />

behandelt werden, erweist sich mehr als die Hälfte von<br />

ihnen als Respon<strong>der</strong>, die übrigen sind Nicht-Respon<strong>der</strong>.<br />

Wenn man bei letzteren versucht, die Dosis zu steigern,<br />

so bringt dies erfahrungsgemäß nicht viel. Wenn man jedoch<br />

Spironolacton hinzugibt, geht es besser. Die Lehre<br />

aus verschiedenen Studien ist, daß man versuchen sollte,<br />

das Nephron an mehreren Punkten anzugreifen und an<br />

verschiedenen Stellen die gesteigerte Natrium-Reabsorption<br />

zu blockieren. Mit diesem Konzept können Erfolgsraten<br />

von 80 bis 90% erreicht werden; für die restlichen<br />

Patienten können dann alternative Verfahren gewählt<br />

werden. (J. Schölmerich, Freiburg/Br.)<br />

-mpl-<br />

N<br />

die ausgewogene Kombination<br />

bewährter Heilpflanzenöle<br />

• löst den Krampf<br />

• beseitigt den Schmerz<br />

• beruhigt den Magen<br />

Zusammensetzung: 10 ml Aspasmon-Tropfen enthalten Pfeffermmzol 0,7 ml,<br />

Anisol 0,4 ml, Kummelöl 0,3 ml Anwendungsgiebiete: Magen- und Darmbeschwerden,<br />

insbeson<strong>der</strong>e krampfartige Beschwerden, Völlegefühl Blähungen,<br />

Übelkeit, Appetitlosigkeit Zur unterstuttzenden Therapie bei Bronchialasthma<br />

Gegenanzeigen. Allergie gegen Aneethol Beson<strong>der</strong>e Hinweise:<br />

Aspasmon enthält 70 Vol-% Alkohol Dosierumgsanleitung: Soweit nicht<br />

an<strong>der</strong>s verordnet, werden mehrmals täglich 25 Tropfen in Wasser o<strong>der</strong> auf<br />

Zucker genommen, Kin<strong>der</strong> entsprechend wenigjer Darreichungsform und<br />

Packungsgröße: Tropfen zu 15 ml DM 9 95<br />

norgineGmbH<br />

3550 Marburg 1 Postfach 1840<br />

Ärztezeitschr. f. Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg. 345


Industrie-Informationen<br />

Das unter dieser Rubrik zur Veröffentlichung kommende Material wird von den Firmen zur Verfugung gestellt<br />

Deshalb erscheinen diese Meldungen außerhalb <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Schnftleitung<br />

Mit Homöopathie gegen Polhnosis<br />

Das homöopathische Kombinationspraparat luffa-loges <strong>der</strong> Firma<br />

Dr Loges + Co ergab anhand von umfassenden Fallstudien<br />

in <strong>der</strong> HNO- bzw Padiatnschen Praxis einen deutlichen Ruckgang<br />

aller auf allergischer Disposition beruhenden entzündlichen<br />

Erkrankungen des Respirationstraktes mit ophtalmologischem<br />

Befall<br />

Selbst bei schwersten Erscheinungsformen zu Behandlungsbeginn<br />

wurde bereits nach 3 Wochen ohne sonstige Begleitmedikation<br />

nahezu Beschwerdefreiheit erreicht<br />

Die Prüfung testierte luffa-loges vor allen Dingen eine gute Prophylaxewirkung<br />

bei Pollenallergie Ohne Desensibilisierungsmaßnahmen<br />

verhin<strong>der</strong>te das geprüfte luffa-loges, ca 4 Wochen<br />

vor <strong>der</strong> ersten Pollenexposition gegeben, nachweislich einen<br />

massiven Pollinosisausbruch<br />

Die Kapillarpermeabilitat und die Sekretproduktion wur<strong>der</strong>v unter<br />

<strong>der</strong> Gabe von luffa-loges deutlich herabgesetzt Dadurch konnte<br />

weitgehend auf die nicht unproblematische Zusatzmedikation<br />

von Antihistammika und Kortikosteroiden verzichtet werden<br />

luffa-loges enthalt potenzierte Pflanzenzubereitungen aus Luffa<br />

operculata, Sabadilla, Galphimia glauca und Cardiospermum<br />

Angocin Salbe / Angocin N Salbe<br />

Die Firma Repha Gmbh, Biologische Arzneimittel, 3012 Langenhagen,<br />

teilt mit, daß das Präparat Angocin Salbe ab sofort in<br />

geän<strong>der</strong>ter Zusammensetzung unter <strong>der</strong> neuen Bezeichnung<br />

Angocin N Salbe in den Handel kommt Der Bestandteil Extr Tropaeoh<br />

sicc wurde eliminiert Umtausch o<strong>der</strong> Rücknahme ist<br />

nicht vorgesehen, da noch im Handel befindliche Ware gemäß<br />

den gesetzlichen Bestimmungen abverkauft werden kann<br />

OZON-Gerät Fa Hansler, neuwertig, und Thermoregulationsgerat<br />

Fa Pitterhng zu verkaufen<br />

Tel (0 30)493 70 65<br />

Mi 16.00 - 18 00, Sa 10 30 - 12 30 h<br />

Neueinfuhrung arthrex® Cellugel<br />

In arthrex® Cellugel kommt Diclofenac-Naitnum erstmals perkutan<br />

zur Anwendung Klinische Studien beilegen die ausgezeichnete<br />

Freisetzung des Wirkstoffes aus <strong>der</strong> amin-freien Zellulose-<br />

Gelgrundlage und hohe Konzentrationen in <strong>der</strong> Synovialflussigkeit<br />

Die systemische Verfügbarkeit ist jedoch — verglichen mit an<strong>der</strong>en<br />

Darreichungsformen — gering, so daß die typischen Nebenwirkungen<br />

<strong>der</strong> NSAR nicht auftreten Hohe Wirksamkeit bei geringen<br />

Nebenwirkungen die Zukunft <strong>der</strong> Schmerztherapie<br />

Auch <strong>der</strong> Preis ist zukunftsweisend arthrex® Cellugel 50 g DM<br />

7,60, 100 g DM 12,60<br />

Nähere Informationen halt die Sagitta Arzneimittel GmbH, 8152<br />

Feldkirchen-Westerham, für Sie bereit<br />

Die 100er Reihe von Pascoe<br />

Mit Gallopas 100, Legapas 100 und Pascotox 100 stellt Pascoe<br />

Pharmazeutische Präparate GmbH dem Therapeuten jetzt Phytotherapeutika<br />

zur Verfugung, die jeweils nur einen Pflanzenextrakt<br />

mit definiertem Wirkstoffgehalt enthalten Die neuen<br />

Pascoe-Produkte zeichnen sich aus durch<br />

— gleichbleibende Qualität,<br />

— exakte Dosierbarkeit und damit gute Steuerung <strong>der</strong> Therapie,<br />

— gute Verträglichkeit,<br />

— Sicherheit in <strong>der</strong> Therapie<br />

Gallopas 100 enthalt einen Trockenextrakt (5, 3-7, 5 i) aus<br />

Schollkraut, entsprechend 4 mg Gesamtalkaloiden/Tablette Gallopas<br />

100 findet Anwendung in <strong>der</strong> Behandlung von krampfartigen<br />

Beschwerden im Bereich <strong>der</strong> Gallenwege und des Magen-<br />

Darmtrakts Gerade bei den häufigen funktionellen Beschwerden<br />

in diesem Bereich ist es aufgrund seiner milden spasmolytischen<br />

Wirkung sehr gut einsetzbar<br />

Legapas 100 enthalt einen Fluidextrakt aus Cascarannde (1 1,0-<br />

1, 2), entsprechend 40 mg Hydroxyanthracenglykoside pro 1,0 g<br />

Fluidextrakt Legapas 100 eignet sich hervorragend zur Behandlung<br />

von Leber- und Gallenleiden mit begleiten<strong>der</strong> Obstipation<br />

Pascotox 100 wird als unspezifisches Imrmunstimulans zur Steigerung<br />

<strong>der</strong> körpereigenen Abwehrkrafte eingesetzt Hier kommt<br />

ein Trockenextrakt aus Sonnenhutwurzeln (Echinacea/6, 1-7,<br />

2 1) in einer Konzentration von 3 mg je Tablette zur Anwendung<br />

Duoventrin® Magenpulver<br />

Kurzwelle Ultratherm 608<br />

für 850 DM zu verkaufen<br />

Tel (0 83 74)13 14<br />

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verkaufen<br />

Tel (0 58 23)70 52<br />

— Schutz <strong>der</strong> Schleimhaut und Rezidivprcophylaxe<br />

— Ehminierung des Campylobacter pylori lund an<strong>der</strong>er aggressiver<br />

Faktoren<br />

— Darmsanierung nach Durchfallerkrankiungen<br />

— Wundheilung<br />

Das basische Wismutsalz (Bismuthi subniitras) und die Schleimstoffe<br />

des Leinsamens (Lim semen) gewährleisten durch die Bildung<br />

eines Schutzfilmes auf <strong>der</strong> Magenschleimhaut die zuverlässige<br />

Wirkung von Duoventrin®<br />

Das basische Wismutnitrat übt zudem eine antiseptische (z B<br />

Campylobacter pylori) und adstnngierende Wirkung aus Daneben<br />

wirkt es sekretionseinschrankend Dies bedeutet Der für die<br />

Magenschleimhautentzündungen und Magen- und Zwolffmgerdarmgeschwure<br />

oft verantwortliche Erreger Campylobacter pylo-<br />

Arztezeitschr f. Naturheilverf 4/91, 32 Jahrg 347


Industrie-Informationen<br />

n wird durch das Wismutsalz sowohl eliminiert als auch daran gehin<strong>der</strong>t,<br />

die Schleimhautbamere anzugreifen Das Wismut<br />

hemmt einerseits die Ausschüttung aggressiver Faktoren im<br />

Magen, an<strong>der</strong>erseits for<strong>der</strong>t es die Bildung von Magenschleim<br />

(defensiver Faktor)<br />

Zum Ausheilen von Magengeschwüren und zur Rezidivprophylaxe<br />

ist das in Duoventrin® enthaltene Wismutsalz somit bestens<br />

geeignet Eine reaktive Sauresekretion tritt nicht auf<br />

Der Gehalt des Leinsamens an mehrfach ungesättigten Fettsauren<br />

(Linol- und ünolensaure) tragt weiterhin zur Wundheilung<br />

bei Durch seinen Faserstoffanteil wird die Motihtat des Darmes<br />

angeregt und somit die Darmpassage beschleunigt<br />

Der Milchzucker (Lactosum) wirkt ebenfalls leicht abführend und<br />

beseitigt zusammen mit dem Leinsamen die durch das Wismutsalz<br />

hervorgerufene leichte Verstopfung Zusatzlich verbessert<br />

<strong>der</strong> Milchzucker die Baktenenbesiedlung im Verdauungstrakt,<br />

eine unerläßliche Bedingung bei <strong>der</strong> biologischen Behandlung<br />

verschiedener Magen-Darm-Erkrankungen<br />

Zusammensetzung 1 Beutel enthalt Bismuthi subnitras 0,4 g,<br />

Lim semen 2,0 g, Lactosum 2,6 g<br />

Dosierung 3mal taglich vor dem Essen Inhalt eines Beutels in<br />

einem Glas Wasser einnehmen<br />

Handelsform 20 Beutel zu 5 g Pulver<br />

Preis DM 12,90 (Tagestherapiekosten nur DM 1,95)<br />

Hersteller Pharma Schworer GmbH, 6901 Wiesenbach<br />

Zur Wirkweise von Bazoton® können inzwischen folgende experimentell<br />

erhobenen Befunde als gesichert gelten<br />

— Die Konzentration von SHBG und seine Bmdungskapazitat<br />

für Testosteron werden vermin<strong>der</strong>t<br />

— Ostradiol und Ostron werden signifikant reduziert<br />

Aus diesen Ergebnissen laßt sich ableiten, daß Bazoton® an mehreren<br />

Stellen regulierend in die Pathogenese <strong>der</strong> Prostatahyperplasie<br />

eingreift und das bei diesen Patienten bestehende hormonelle<br />

Ungleichgewicht reguliert Es hegt nahe, daß die Reduktion<br />

<strong>der</strong> Ostrogen-Konzentrationen auf einer Hemmung des Enzyms<br />

Aromatase zurückzuführen ist<br />

Die klinische Wirksamkeit von Bazoton® konnte in verschiedenen<br />

Untersuchungen, wie z B von H Feiber (Sonographische Verlaufsbeobachtungen<br />

zum Einfluß <strong>der</strong> medikamentösen Therapie<br />

<strong>der</strong> benignen Prostatahyperplasie (BPH) durch objektive Parameter<br />

eindeutig nachgewiesen werden So ergab sich für Patienten<br />

im Stadium I o<strong>der</strong> II — im Vergleich zu einer Kontrollgruppe<br />

— bereits nach vierwochiger Gabe von Bazoton® in zwei Drittel<br />

<strong>der</strong> Falle eine sonographisch meßbare, deutliche Volumenreduktion<br />

Darüber hinaus zeigte die Uroflowmetne eine signifikante<br />

Verringerung <strong>der</strong> Restharnmenge 75% <strong>der</strong> Patienten waren<br />

restharnfrei bzw gebessert Die subjektiven Beschwerden <strong>der</strong><br />

Patienten hatten deutlich nachgelassen o<strong>der</strong> waren verschwunden<br />

Um unnötige Therapieunterbrechungen auszuschließen und die<br />

medikamentöse Versorgung des Patienten jeweils über längere<br />

Zeiträume sicherzustellen, bietet sich die Verordnung von Großpackungen<br />

an, die möglichst für ein Quartal ausreichen sollten<br />

Für Bazoton® steht eine <strong>der</strong>artige Großpackung mit 3mal 100<br />

Kapseln zur Verfugung Sie bietet, gegenüber <strong>der</strong> herkömmlichen<br />

Packung, einen 10%igen Preisvorteil Abgesehen vom häufigen<br />

Gang zur Apotheke spart <strong>der</strong> Patient damit auch zweimal<br />

die Rezeptgebuhr von DM 3,00<br />

Benigne Prostatahyperplasie<br />

Fast je<strong>der</strong> zweite Mann im Alter von über 50 Jahren muß heute<br />

davon ausgehen, eine benigne Prostatahyperplasie zu entwickeln<br />

Durch eine frühzeitig, d h im Stadium I o<strong>der</strong> II, einsetzende<br />

medikamentöse Behandlung ist es in vielen Fallen möglich,<br />

die Beschwerden <strong>der</strong> Patienten wirksam zu kontrollieren<br />

Dabei ist allerdings eine Langzeittherapie anzustreben Für die<br />

Sicherung des Therapieerfolges erscheint somit eine regelmäßige<br />

Arzneimitteleinnahme ebenso entscheidend wie die gute Verträglichkeit<br />

des Medikamentes<br />

Nach dem heutigen Erkenntnisstand spielen Ostrogene, Androgene<br />

und das sexualhormon-bindende Globulin (SHBG) in <strong>der</strong><br />

Pathogenese <strong>der</strong> Prostatahyperplasie eine wesentliche Rolle Es<br />

ist inzwischen nachgewiesen, daß sich im hyperplastischen Stroma<br />

<strong>der</strong> Prostata sowohl Ostrogen- als auch Androgenrezeptoren<br />

befinden Ostrogene stimulieren beispielsweise das Wachstum<br />

des fibromuskularen Gewebes <strong>der</strong> Prostata Die Ostrogenproduktion<br />

beim Mann steigt mit zunehmendem Lebensalter nahezu<br />

linear an Dieses Ostrogen entsteht aus Testosteron, wobei die<br />

Umwandlung durch das Enzym Aromatase gesteuert wird Erhöhte<br />

Ostrogenkonzentrationen bewirken eine Zunahme von<br />

SHBG Wegen <strong>der</strong> höheren Affinitat des Testosterons zu SHBG<br />

vermin<strong>der</strong>t sich dadurch <strong>der</strong> Anteil an freiem Testosteron Dies<br />

for<strong>der</strong>t ebenfalls die Hyperplasie des Prostatagewebes<br />

Für die Entscheidung unter den zur Verfugung stehenden Prostatapraparaten<br />

sollte berücksichtigt werden, in welchem<br />

Umfang sowohl experimentelle Ergebnisse zur Erklärung <strong>der</strong><br />

Wirkweise als auch klinische Befunde zur objektiven und subjektiven<br />

Besserung <strong>der</strong> Symptomatik vorliegen<br />

Das Urologikum Bazoton® (Kanoldt Arzneimittel) enthalt als Wirkstoff<br />

standardisierten Trockenextrakt aus Radix urticae (ERU)<br />

Es gilt als ein seilt 10 Jahren bewahrtes Präparat für die Behandlung<br />

<strong>der</strong> benigmen Prostatahyperplasie Seine Wirksamkeit ist<br />

sowohl mit experimentellen als auch mit klinischen Studien umfassend<br />

dokumemtiert<br />

Medizinisch-naturheilkundliche Datenbank MediNorm gegründet<br />

Um einer immer starker werdenden Nachfrage nach sinnvollen<br />

Computer-Anwendungen für den Praxis-Alltag gerecht zu werden,<br />

hat die Firma M Brunken, EDV- und Datenservice eine<br />

medizinisch-naturheilkundhche Datenbank MediNorm gegründet<br />

Namhafte Pharmafirmen haben ihre Produkt- und Therapiedaten<br />

bereitgestellt, so daß sich bereits ein respektabler Datenstamm<br />

angesammelt hat<br />

Damit die Anwen<strong>der</strong> mit den Daten arbeiten können, wird zusätzlich<br />

ein anwen<strong>der</strong>freundliches Suchprogramm „TIP" eingesetzt,<br />

damit zeitaufwendiges Suchen nach Daten in Zukunft zum Kin<strong>der</strong>spiel<br />

wird<br />

Weitere Vorteile liegen auf <strong>der</strong> Hand<br />

Durch einen umfassenden Datenservice werden die Daten immer<br />

auf dem neuesten Stand gehalten, so daß <strong>der</strong> Therapeut<br />

stets sofort mit den neuesten und aktuellsten Packungsgroßen,<br />

Inhaltsangaben, Indikationen usw arbeiten kann<br />

Das Informationsmaterial eines jeden Herstellers ist in einheitliche<br />

Strukturen zerglie<strong>der</strong>t, ohne jedoch den originalen Informationsinhalt<br />

zu veran<strong>der</strong>n<br />

Die Suche nach Daten ist in einheitlichen Schlagwortkatalogen<br />

organisiert<br />

Je<strong>der</strong> Softwarehersteller, <strong>der</strong> in seinen Programmen dieses Datenformat<br />

verarbeiten mochte, erhalt eine genaue Datenstrukturbeschreibung,<br />

so daß letztendhch jedes auf dem Markt befindliche<br />

Programm MediNorm-Daten verarbeiten kann<br />

Ab 1991 ist vorgesehen, alle MediNorm-Dienstleistungen auch<br />

online also per Telefon, abrufbar zu machen<br />

Informationen erhalten Sie bei Fa M Brunken, D-6956 Neudenau<br />

2, Kressbachstr 14 o<strong>der</strong> Ihrem Pharma-Referenten<br />

348 Arztezeitschr. f Naturheilverf. 4/91, 32. Jahrg.


Adressenän<strong>der</strong>ung<br />

Lieber Bezieher,<br />

lei<strong>der</strong> erhalten wir die ÄRZTEZEITSCHRIFT FÜR<br />

NATURHEILVERFAHREN oft zurück mit dem Hinweis<br />

„unbekannt verzogen".<br />

Im eigenen Interesse bitten wir alle Bezieher, uns<br />

Adressenän<strong>der</strong>ungen rechtzeitig mitzuteilen. Sie<br />

sparen sich und uns Unannehmlichkeiten<br />

Bei Umzug füllen Sie bitte das nebenstehende<br />

Formular aus und senden dies an:<br />

Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH<br />

Postfach 1151/1152<br />

3110 Uelzen 1<br />

Kunden-Nr.:<br />

Name, Vorname:<br />

Alte Anschrift:<br />

Straße:<br />

PIZ/Ort:<br />

Neue Anschrift:<br />

Straße.<br />

Pl 7/Ort:<br />

Nr..<br />

Nr..<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong> Arzte für Naturheilverfahren e V, Sitz Stuttgart, Geschäftsstelle<br />

Bismarckstraße 3,7290 Freudenstadt, sowie die dem <strong>Zentralverband</strong> angeschlossenen<br />

Gesellschaften und Arbeitsgemeinschaften<br />

Internationale medizinische Gesellschaft für Elektroakupunktur nach Dr Voll e V,<br />

Deutsche Gesellschafter Elektroneuraldiagnostik und -therapie nach Croon e V<br />

Deutsche Arztepesellschaft für Akupunktur e V,<br />

Internationale Ärztliche Arbeitsgemeinschaft für HOT (fotobiologische Oxydationstherapie<br />

e V),<br />

Internationale Gesellschaft für Homotoxikologie und antihomotoxische Therapie<br />

e V,<br />

internationale medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie nach Huneke e V,<br />

Deutsche Gesellschaft für Thermographie e V,<br />

Arbeitsgemeinschaft für Mikrobiologische Therapie,<br />

Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsvorsorge,<br />

Arbeitsgemeinschaft für Phytotherapie,<br />

Arbeitskreis für Homöopathie,<br />

Arztegesellschaft für Naturheilverfahren (Physiotherapie) e V Berlin<br />

Schriftleitung:<br />

Dr med K Cn Schimmel, Schloßplatz 8, 7758 Meersburg/Bodensee<br />

(Hauptschnftleiter)<br />

Dr med H Anemueller, 8214 Bernau am Chiemsee (Ernährung)<br />

Dr med L Fodor, Schulgasse 7a, 8393 Freyung (apparative Medizin)<br />

Dr med H Huneke, Erwin-v-Witzleben-Straße 17,4000 Dusseldorf-Nord (Regulationstherapie)<br />

Dr med H -P Legal, Orleansplatz 5, 8000 München 80 (Pressereferent)<br />

Prof Dr med P A Maurer, Harthauser Straße 10e, 8000 München 90 (Psychotherapie)<br />

Prof Dr H Schlicher, Gierkezeile 36/IV 1000 Berlin 10 (Phytotherapie)<br />

Dr med R Wilhelm Schmarjestraße 18,1000 Berlin 37 (Physiotherapie)<br />

Mitteilung <strong>der</strong> Schriftleitung:<br />

Zuschriften mit Originalen (wissenschaftlichen Beitragen), Referate, redaktionelle<br />

Nachrichten und Verbandsangelegenheiten werden an das Redaktionssekretariat<br />

<strong>der</strong> Arztezeitschnft für Naturheilverfahren, Schloßplatz 8, 7758 Meersburg<br />

am Bodensee, erbeten<br />

Originalen und Beitrage, die zur Veröffentlichung kommen, werden honoriert,<br />

die Schnftleitung behalt sich jedoch den Zeitpunkt <strong>der</strong> Veröffentlichung vor<br />

Grundsätzlich werden nur Erstveröffentlichungen angenommen<br />

Alle Manuskripte sind direkt an die Schnftleitung zu richten Grundsätzlich werden<br />

nur solche Arbeiten angenommen, die vorher we<strong>der</strong> im Inland, noch im Ausland<br />

veröffentlicht worden sind Die Manuskripte dürfen auch nicht gleichzeitig<br />

an<strong>der</strong>en Blattern zum Abdruck angeboten werden — Mit <strong>der</strong> Annahme des Manuskriptes<br />

erwirbt <strong>der</strong> Verlag für die Dauer <strong>der</strong> gesetzlichen Schutzfrist die ausschließliche<br />

Befugnis zur Wahrnehmung <strong>der</strong> Verwertungsrechte im Sinne des<br />

§ 15 f des Urheberrechtsgesetzes —Übersetzung, Nachdruck —auch von Abbildungen<br />

— .Vervielfältigungen auf fotomechanischem o<strong>der</strong> ähnlichem Wege<br />

o<strong>der</strong> in Magnetton-Verfahren, Vortrag, Funk- und Fernsehsendungen sowie<br />

Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen — auch auszugsweise — sind nur<br />

mit schriftlicher Zustimmung des Verlages gestattet — Für den persönlichen<br />

Gebrauch dürfen von Beitragen o<strong>der</strong> Teilen von diesen einzelne Kopien hergestellt<br />

werden — Jede im Bereich eines gewerblichen Unternehmens hergestellte<br />

Kopie dient im Sinne von § 54, Abs 2 UrhG gewerblichen Zwecken und ist gebührenpflichtig<br />

Die Gebuhr betragt DM —,40 je vervielfältigte Seite Sie wird entrichtet<br />

entwe<strong>der</strong> durch Anbringung einer entsprechenden Wertmarke o<strong>der</strong> durch<br />

Bezahlung an die VG WORT, Abteilung Wissenschaft, Goethestraße 49, 8000<br />

München, von <strong>der</strong> weitere Einzelheiten zu erfragen sind<br />

Die Beitrage dürfen daher nicht in gleichem o<strong>der</strong> ahnlichem Wortlaut an an<strong>der</strong>er<br />

Stelle veröffentlicht werden<br />

— Jede Arbeit soll eine Zusammenfassung enthalten, die beim Abdruck dem<br />

Text vorgeschaltet wird Diese wäre von Ihnen selbst zu verfassen Sie sollte<br />

aber 10 Druckzeilen nicht überschreiten Die Schnftleitung wird ohne Kosten<br />

eine englische und franzosische Übersetzung veranlassen, sofern Sie es<br />

nicht vorziehen, diese selbst zu verfassen<br />

— Die Arbeit sollte von den Charaktenstika des mündlichen Vortrages befreit<br />

und noch vom Autor so bearbeitet werden, daß sie druckreif vorliegt<br />

— In <strong>der</strong> Regel gilt als maximale Lange für jede Arbeit 8-10 Schreibmaschmenseiten<br />

(1 zeilig, 70 Anschlage pro Zeile)<br />

— Pro Arbeit sollten maximal 2 Abbildungen zuir Publikation vorgelegt werden<br />

Arbeiten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen wir Ihnen lei<strong>der</strong><br />

als unvollständig zurückreichen<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Verantwortung übernommen,<br />

Rucksendung erfolgt nur, wenn Rückporto beigefugt ist Arbeiten unter <strong>der</strong><br />

Rubrik .Erfahrungen aus <strong>der</strong> Praxis" stellen nicht unbedingt die Meinung <strong>der</strong><br />

Schnftleitung dar<br />

Editoriais drucken die persönliche Meinung des Autors, jedoch nicht unbedingt<br />

die von Herausgeber o<strong>der</strong> Schnftleitung aus<br />

Alle Manuskripte werden von <strong>der</strong> Schnftleitung nach medizinisch-wissenschaftlichen<br />

und vom Lektor des Verlages nach stilistisch-sprachlichen Gesichtspunkten<br />

redigiert<br />

Die Nennung von Markenbezeichnungen laßt keinerlei Rückschlüsse zu, ob es<br />

sich um geschützte Zeichen handelt<br />

Bei Leserzuschriften behalten wir uns die Veröffentlichung o<strong>der</strong> Kürzung aus<br />

redaktionellen Gründen vor<br />

Son<strong>der</strong>drucke:<br />

Von Origmalbeitragen erhalten die Verfasser auf Verlangen 30 Son<strong>der</strong>drucke<br />

kostenlos Dies muß jedoch mit dem Einreichen des Manuskriptes ausdrücklich<br />

vermerkt werden Wird eine höhere Stuckzahl (gewünscht, so erfolgt für diese eine<br />

Berechnung<br />

Nachdruck:<br />

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, <strong>der</strong> fotomechanischen<br />

Wie<strong>der</strong>gabe und <strong>der</strong> Übersetzung bleiben de'm Verlag nach Maßgabe <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Bestimmungen vorbehalten NachdJruck, auch auszugsweise, ist nur<br />

mit genauer Quellenangabe gestattet und bedarf bei Origmalbeitragen <strong>der</strong><br />

schriftlichen Genehmigung des Verlages Fuir innerbetriebliche fotomechanische<br />

Vervielfältigung gilt das Rahmenabkommen des Borsenvereins des Deutschen<br />

Buchhandels mit dem BDI vom 14 6 1S958 (10-Pf-Wertmarke pro Seite)<br />

Verlag:<br />

Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft rnbHH<br />

Postfach 1151/1152, D-3110 Uelzen 1 Tel (058 1) 808-150, Fax (05 81) 808-1 58<br />

Anzeigenverwaltung: Marlis Jess Tel (05 811)8 08-152<br />

Anzeigenpreisliste:<br />

Zur Zeit gilt die Liste Nr 29<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand Uelzen<br />

Erscheinungsweise: monatlich<br />

Bezugsbedingungen:<br />

Der Bezugspreis betragt jährlich 99,— DM eimschl UST Studentenpreis 70,—<br />

DM Preise jeweils zuzüglich Versandkosten EEinzelhefte werden zum Preis von<br />

je 11,— DM abgegeben Abonnementsgebuhrean sind nach Rechnungserhalt fallig<br />

o<strong>der</strong> zahlbar netto Kasse<br />

Im Falle höherer Gewalt o<strong>der</strong> bei Störungen dess Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch<br />

auf Kürzung bzw Ruckzahlung des Beezugsgeldes<br />

Die Kündigung des Jahresabonnements kanm nur schriftlich mit einer Frist von<br />

6 Wochen zum Jahresende beim Verlag erfollgen, nach diesem Termin eingehende<br />

Abbestellungen werden für das nachstte Jahr vorgemerkt<br />

Für die Bearbeitung aller Zuschriften bitte die' Lesernummer angeben<br />

Haftung:<br />

Sämtliche Angaben in diesem Heft sind nach bestem wissenschaftlichem Können<br />

<strong>der</strong> einzelnen Autoren gemacht Eine Gewvahr übernimmt <strong>der</strong> Verlag für diese<br />

Beitrage nicht Im Einzelfall bleibt es dem L.eser überlassen, diese Aussagen<br />

einer eigenen Prüfung zu unterziehen Die Arzneimittel- und Geratehersteller<br />

haften selbstfur ihre in den Anzeigen gemachtien Angaben Ebenfalls übernimmt<br />

<strong>der</strong> Verlag keine Haftung für Schaden, die durrch fehlerhafte o<strong>der</strong> unterbliebene<br />

Ausfuhrungen im Text o<strong>der</strong> in den Anzeigen eentstehen<br />

Zahlungen:<br />

Auf das Postscheckkonto Hamburg 2 39216-2201, Kreissparkasse Uelzen 5 405<br />

BLZ 258 50110<br />

Gerichtsstand Uelzen<br />

Druck: C Beckers Buchdruckerei GmbH & &o KG , Groß Lie<strong>der</strong>ner Straße 45,<br />

3110 Uelzen 1

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