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Berliner Hofgärten - Kraut und Rüben im Kiez - Grüne Liga Berlin e.V.

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4 August / September 2013 WASSER<br />

EU knickt vor Volk ein – Senat vor Veolia<br />

Dass private Wasserbewirtschaftung<br />

effizienter ist als die<br />

Bewirtschaftung der Wasserversorgung<br />

durch staatliche<br />

Monopole, kann wohl mittlerweile<br />

als Ammenmärchen<br />

verbucht werden – exklusive<br />

den konservativ-liberalen<br />

Märchenfiguren, die diese<br />

Illusion weiter leben. Im<br />

Gegenteil: private Unternehmen<br />

sind nur selten bereit,<br />

langfristige <strong>und</strong> kapitalintensive<br />

Investitionen in<br />

Infrastruktureinrichtungen<br />

zu leisten. Häufig geht die<br />

Qualität der Versorgung<br />

eher zurück, als das sie sich<br />

erhöht. Zugang zu Wasser<br />

wird bei Privatisierung, die<br />

nahezu <strong>im</strong>mer mit Preissteigerungen<br />

einhergeht, gerade<br />

dem ärmeren Teil der Bevölkerung<br />

erschwert. Und das<br />

ist längst kein Phänomen der<br />

Entwicklungsländer mehr,<br />

auch in Industrieländern<br />

ist dieser Trend verstärkt<br />

zu beobachten. Dabei ist<br />

das Recht auf Zugang zu<br />

sauberem Wasser von der<br />

Generalversammlung der Vereinten<br />

Nationen 2010 als Menschenrecht<br />

anerkannt worden. Vor einem Jahr<br />

wurden jedoch Zweifel, die Privatisierung<br />

der Wasserwirtschaft könne durch<br />

die Hintertür praktiziert werden, laut.<br />

Die erste Europäische Bürgerinitiative<br />

(EBI) gründete sich mit dem Ziel, einen<br />

universellen Zugang zu Wasser <strong>und</strong><br />

sanitärer Gr<strong>und</strong>versorgung zu schaffen,<br />

genauso wie den Erhalt der begrenzten<br />

Wasserressourcen für künftige Generationen<br />

durchzusetzen (siehe RABE<br />

RALF August / September 2012).<br />

EBI besteht Feuertaufe<br />

Mit dem überraschenden Erfolg<br />

der EBI „Right2Water“ hätte vor einem<br />

Jahr wohl noch niemand gerechnet. Die<br />

erste Europäische Bürgerinitiative, die<br />

schleppend <strong>und</strong> chaotisch ins Rennen<br />

startete, berührte mit der Thematik r<strong>und</strong><br />

um eine gerechte Wasserversorgung<br />

für alle einen für die Menschen sehr<br />

sensiblen <strong>und</strong> emotional geladenen<br />

Bereich. Sie erreichte bereits vor Ablauf<br />

der Frist <strong>im</strong> September das nötige Unterschriftenquorum<br />

in mindestens sieben<br />

EU-Mitgliedsstaaten. Der aktuelle<br />

Stand von über 1,6 Millionen Unterschriften<br />

zeigte bereits erste Wirkungen<br />

<strong>und</strong> ließ die EU-Kommission vor den<br />

Die Europäische Kommission vor dem Volke, die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Regierung vor der Wirtschaft<br />

1. Mai: Unterschriftensammlung zum Europäischen Bürgerbegehren (right2water)<br />

Bürger/-innen einknicken: Am 21. Juni<br />

gab EU-Kommissar Michel Barnier bekannt,<br />

die Wasserversorgung aufgr<strong>und</strong><br />

der anhaltenden Proteste ganz aus dem<br />

Anwendungsbereich der geplanten<br />

umstrittenen Konzessionsrichtlinie zur<br />

weiteren Liberalisierung der Märkte<br />

durch Privatisierung auszuschließen.<br />

Eine Unterschrift für die Initiative<br />

kann online noch bis 9. September,<br />

in Papierform bis zum 26. August<br />

geleistet werden, auch wenn die EBI<br />

bereits erfolgreich ist. Im Namen der<br />

GRÜNEN LIGA <strong>Berlin</strong> gratuliert DER<br />

RABE RALF der Bürgerinitiative ganz<br />

herzlich zum Bestehen der hohen Hürde<br />

<strong>und</strong> wünscht sich für die Zukunft mehr<br />

demokratische Beteiligungsmöglichkeiten<br />

dergleichen.<br />

Denn Gr<strong>und</strong>voraussetzung für eine<br />

erfolgreiche EBI ist es, dass ihr Anliegen<br />

eine breite Masse an Menschen in vielen<br />

Teilen Europas bewegt – ohnegleichen<br />

tut sie das auch in Deutschland, explizit<br />

in <strong>Berlin</strong>, wo die Entwicklungen aber<br />

einen wenig vielversprechenden Verlauf<br />

nehmen.<br />

Senat - Schaumschläger<br />

statt Wasserratte<br />

Grafik: gstq - www.flickr.com<br />

Zwar steht das Thema Rekommunalisierung<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wasserbetriebe in<br />

der Hauptstadt auf der Agenda – mit dem<br />

positiven Ergebnis<br />

des Volksentscheids<br />

von Februar 2011,<br />

der die Offenlegung<br />

der offensichtlich<br />

verfassungswidrigen<br />

Teilprivatisierungsverträge,<br />

die den privaten Anteilseignern<br />

eine Gewinngarantie versprachen,<br />

von 1999 forderte, wird nur halbherzig<br />

umgegangen. Auch klagten die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Wasserbetriebe jüngst gegen die<br />

Verfügung des B<strong>und</strong>eskartellamts, die<br />

deutlich zu hohen Trinkwasserpreise in<br />

<strong>Berlin</strong> nachträglich zu senken – den<br />

Verbraucher/-innen nützt diese Klage<br />

selbstverständlich gar nichts.<br />

Nach vielerlei Munkelei hat sich<br />

Veolia mittlerweile dazu bekannt, sich<br />

aus den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wasserbetrieben <strong>und</strong><br />

der <strong>Berlin</strong>wasser Holding AG vollständig<br />

zurückziehen zu wollen – mit<br />

einem stattlichen Sümmchen von etwa<br />

800 Millionen Euro Kaufpreis, den<br />

das Land <strong>Berlin</strong> aufbringen soll. Am<br />

25. Juni beschloss der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Senat<br />

daraufhin, die vollständige Rekommunalisierung<br />

der Wasserversorgung<br />

anzustreben, <strong>und</strong> Finanzsenator Ulrich<br />

Nußbaum mit den Verhandlungen zu<br />

beauftragen. Aufgr<strong>und</strong> der garantierten<br />

Gewinnrendite für den privaten Anteilseigner<br />

Veolia könnte sich der Kaufpreis<br />

bei Scheitern der Klage bezüglich<br />

des Senkens der Trinkwasserpreise<br />

aber noch weiter erhöhen, weil reguläre<br />

Gewinne, die jeweils für das kommende<br />

Jahr berechnet werden, schmaler<br />

ausfallen würden. Veolia hält noch<br />

25 Prozent der Anteile der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Wasserbetriebe <strong>und</strong> der entscheidenden<br />

<strong>Berlin</strong>wasser Holding AG inne.<br />

Was der Senat neben der Stellung<br />

als staatliches Monopol sowohl nach<br />

dem vollzogenen Rückkauf der RWE-<br />

Anteile (siehe RABE RALF Dezember<br />

2012 / Januar 2013) als auch dem sehr<br />

wahrscheinlichen Kauf der Anteile<br />

Fotos: <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wassertisch<br />

von Veolia qualitativ <strong>und</strong><br />

inhaltlich an der Politik<br />

bezüglich Wasserver- <strong>und</strong><br />

entsorgung verändern möchte,<br />

ist unklar. Fragen zu einer<br />

beispielgebenden Einführung<br />

einer vierten Klärstufe<br />

in den Wasserwerken <strong>Berlin</strong>s<br />

oder der gegenwärtig<br />

mangelnden Umsetzung<br />

der Europäischen Wasserrahmenlinie<br />

bleiben offen.<br />

Möglicherweise spielen<br />

inhaltliche Fragestellungen<br />

aber auch keine Rolle, weil<br />

die Wasserpolitik angesichts<br />

sinnfreier Großprojekte wie<br />

dem Weiterbau der A100<br />

nicht zu den Schwerpunkten<br />

der SPD/CDU-Koalition<br />

gehört.<br />

Vielmehr entsteht der<br />

Eindruck, es handele sich<br />

lediglich um eine Alibi-<br />

Rekommunalisierung, um<br />

möglichst wenig Aufsehen<br />

zu erregen <strong>und</strong> von der laufenden<br />

Organklage über die<br />

Verfassungswidrigkeit der<br />

Teilprivatisierungsverträge<br />

<strong>und</strong> einer möglichen Rückabwicklung<br />

der Verträge abzulenken.<br />

Scheinbar steht dem <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Senat das Wasser bis zum Hals, denn <strong>im</strong><br />

Geld schw<strong>im</strong>mt er, insbesondere nach<br />

dem Zensus, eigentlich nicht. Vielmehr<br />

erscheint er Veolia hörig <strong>und</strong> nur darauf<br />

abzuzielen, den privatwirtschaftlichen<br />

Partner zu besänftigen.<br />

Janine Behrens<br />

Weitere Informationen:<br />

www.berliner-wassertisch.info<br />

www.berliner-wassertisch.net<br />

Wasser <strong>im</strong> Überfluss, nicht für jedermann<br />

Foto: sejanc - www.fl ickr.com

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