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Regenbogenfamilien - wenn Eltern lesbisch, schwul, bi- oder ...

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Barbara Drinck<br />

Frank und Matthias: Die Kinder und Jugendlichen gehen sehr unterschiedlich<br />

damit um, dass sie bei einem <strong>schwul</strong>en <strong>Eltern</strong>paar leben.<br />

Frank und Matthias führen seit über zwanzig Jahren eine feste Beziehung.<br />

Vor einigen Jahren lasen sie in einer Annonce, dass Sozialpädagogen für die<br />

Betreuung von fremduntergebrachten Kindern und Jugendlichen gesucht<br />

werden. Es wurde in der Anzeige darauf hingewiesen, dass sich auch gleichgeschlechtliche<br />

Paare dort bewerben könnten. Frank und Matthias wohnten<br />

zum damaligen Zeitpunkt in verschiedenen Wohnungen. „Also mein<br />

Freund in seiner Wohnung und ich in meiner Wohnung, allein am Sonntag,<br />

da sind wir unabhängig voneinander auf diese Anzeige gestoßen und<br />

haben uns Gedanken darüber gemacht. Bei mir kam dieser Wunsch wieder<br />

hoch, diese Vorstellung, auch mit Kindern zusammen zu leben. Offensichtlich<br />

auch bei meinem Freund.“ Sie mieteten gemeinsam ein Haus an,<br />

das Jugendamt kam zur Begutachtung, ihre Qualifikation wurde geprüft<br />

„und natürlich wurde erst einmal geguckt, wie zwei Männer mit den Kindern<br />

zusammen leben wollen.“ „Wir haben auf einen Schlag drei Dinge<br />

verändert: Wir sind zusammengezogen, haben begonnen, unseren Wunsch<br />

nach Kindern zu verwirklichen und sind Arbeitskollegen geworden. Das<br />

führte anfangs zu einigen Schwierigkeiten in unserer Beziehung. Ich <strong>bi</strong>n<br />

dann später als Betreuer wieder ausgestiegen und arbeite außerhalb, wohne<br />

aber selbstverständlich mit den Kindern in der Erzieherwohngruppe weiter<br />

zusammen, <strong>bi</strong>n also involviert in alles, was bei uns zu Hause passiert.“ sagt<br />

Matthias. In den letzten Jahren sind vor allem Jugendliche mit problematischen<br />

Vorgeschichten zu ihnen gekommen. Ihre Betreuung erforderte<br />

größten Einsatz. Die meisten von ihnen sind schon wieder ausgezogen,<br />

weil sie volljährig geworden sind. Zur Zeit wohnen jüngere Kinder bei beiden,<br />

die auch länger dort bleiben können. Frank und Matthias hätten vor<br />

der Behörde ihre Bewährung bestanden, daher bekämen sie jetzt auch jüngere<br />

Kinder mit weniger Problemen.<br />

Frank glaubt, es war eine gute Voraussetzung für ihn und seinen Freund,<br />

dass sie Kinder wollten, denn das ist die Bedingung für diese „Familienarbeit“,<br />

aber „ich denke, man kann es nicht vorplanen. Man kann sich vorher<br />

nicht hinsetzen und alles durchspielen, was passieren kann, sondern<br />

man sollte sich das Schlimmste, was man sich vorstellen kann, auch noch<br />

vorstellen. Es gibt einen Unterschied zwischen einer Pflegefamilie und<br />

einer Erzieherwohngruppe, wir bekommen die besonders schwierigen <strong>oder</strong><br />

besonders auffälligen <strong>oder</strong> psychotischen und aggressiven Kinder, alle sind<br />

stark verhaltensauffällig. Wenn man eine heile Familie sucht, ist dies nicht<br />

die richtige Form.“ Aber beide fühlen sich dennoch sehr wohl: Und auch<br />

<strong>wenn</strong> sie manchmal am liebsten fortlaufen und alles hinter sich lassen<br />

möchten, versöhnt es sie immer wieder, <strong>wenn</strong> die ganze Familie zusammen<br />

frühstückt und den gemeinsamen Sonntag plant, <strong>wenn</strong> sie gemeinsame<br />

Feste mit den Kindern und den eigenen <strong>Eltern</strong> – den Großeltern – feiern<br />

können und <strong>wenn</strong> sie sehen, dass ihre Kinder von Tag zu Tag glücklicher<br />

und selbstbewusster werden.<br />

Mit den Nachbarn haben sie als „Männerpaar mit Kindern“ vorwiegend<br />

gute Erfahrungen gemacht. „Die waren total neugierig und haben über den<br />

Zaun geguckt; wir konnten auf die Leute zugehen und so hat es viel<br />

gebracht, dass wir was erzählt haben. Die wollten wissen, weshalb wir<br />

<strong>schwul</strong> sind und Kinder haben und wie das überhaupt geht, weil sie dachten,<br />

dass dies unmöglich wäre.“ Frank und Matthias haben mehrmals erlebt,<br />

dass sich Außenstehende beim Jugendamt gemeldet haben mit dem<br />

Hinweis, dass es doch nicht angehen könnte, dass Kinder und Jugendliche<br />

bei Schwulen untergebracht werden; denn da könne man ja „zwei und zwei<br />

zusammenzählen“ (es wird unterstellt, dass <strong>schwul</strong>e Männer Kinder sexuell<br />

missbrauchen würden). Sie wurden dann z.T. nochmals überprüft, gingen<br />

aber zunehmend selbst in die Offensive, indem sie die Unbegründetheit der<br />

„Hinweise“ aufklären konnten. „Und das war ein Schlüsselerlebnis, dass wir<br />

aufgrund dieser Auseinandersetzung mit dieser Öffentlichkeit auch gelernt<br />

haben, dass es gar nicht ganz so schlimm ist.“<br />

Die Kinder und Jugendlichen gehen sehr unterschiedlich damit um, dass<br />

sie bei einem <strong>schwul</strong>en <strong>Eltern</strong>paar leben: Einer der Älteren drückte seine<br />

Am<strong>bi</strong>valenz dadurch aus, dass er den sexuellen Aspekt austesten wollte:<br />

„Also <strong>wenn</strong> wir aus dem Bad kamen, dann stand er da und hatte nichts<br />

angezogen und wollte irgendwas fragen. Dann mussten wir erst mal sagen,<br />

dass er was anziehen sollte.“ Für ihn war es ganz wichtig, dieses Thema,<br />

die Homosexualität, das sozusagen anzugehen. Und so hat er es auch geschafft,<br />

für sich mit unserem Schwulsein umzugehen.<br />

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